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Frauen der Moderne - Art Salzburg

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<strong>Art</strong><br />

<strong>Salzburg</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

FINE ART FAIR<br />

2011<br />

<strong>Art</strong> <strong>Salzburg</strong> Magazin<br />

Seite<br />

50<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />

2010 hat die Ex-Bankerin Dr. Renate Krümmer ihre Passion zum Beruf gemacht und<br />

betreibt in Hamburg die Kunstgalerie Krümmer fine art. Schwerpunkt ihres Angebots<br />

sind <strong>Frauen</strong>bildnisse <strong>der</strong> Klassischen Mo<strong>der</strong>ne<br />

DODO (1907–1998), Der Herr mit dem Gletscherauge, 1928, Gouache über Bleistift auf Karton, 41 x 30 cm<br />

<strong>Art</strong> <strong>Salzburg</strong>: Unter den Galeristen zählen Sie zu den<br />

Newcomern. Über 25 Jahre lang waren Sie sehr erfolgreich<br />

im Management tätig und haben dort als eine von<br />

wenigen <strong>Frauen</strong> eine steile Karriere hingelegt. Jetzt<br />

sind Sie unter die Galeristen gegangen und verfolgen<br />

diesen Weg mit einer vergleichbaren Stringenz. Wie<br />

kam es zu Ihrem Gesinnungswandel?<br />

Dr. Renate Krümmer: Durch die Leidenschaft für die<br />

Kunst. Schon während meiner Tätigkeit in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

habe ich bereits seit über 15 Jahren Kunst gesammelt und<br />

mich Anfang 2010 entschieden, Händlerin zu werden.<br />

Einer Ihrer Ausstellungsschwerpunkte ist das Thema<br />

„<strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne“. Was genau ist darunter zu<br />

verstehen?<br />

Das Abbild <strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Bildenden Kunst ist seit<br />

etwa 1870 durch eine unvergleichliche Vielfalt gekennzeichnet<br />

und spiegelt neben weiblicher Anmut und<br />

Individualität auch die soziokulturellen Verhältnisse<br />

und das weibliche Rollen- und Selbstverständnis wi<strong>der</strong>,<br />

das in <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne stärker als je zuvor neu definiert<br />

wurde. <strong>Frauen</strong>- und Mädchenbildnisse <strong>der</strong> Klassischen<br />

Mo<strong>der</strong>ne und ihrer Wegbereiter sind häufig die Krö-<br />

Abb. Dr. Renate Krümmer, Hamburg, vg bild-kunst, bonn. 2011


<strong>Art</strong> <strong>Salzburg</strong> Magazin<br />

Seite<br />

51<br />

nung <strong>der</strong> Kunst dieser Zeit; faszinierend und bahnbrechend,<br />

wie sie mit unterschiedlichsten Ausdrucksformen<br />

auf Leinwand o<strong>der</strong> Papier, in Bronze o<strong>der</strong> Stein<br />

gebannt wurden.<br />

Welche Künstler haben sich Ihrer Meinung nach in<br />

diesem Spannungsfeld bewegt?<br />

Unter den ausgestellten Künstlern finden sich große<br />

Namen <strong>der</strong> deutschen Mo<strong>der</strong>ne wie Max Liebermann,<br />

Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Dix, George<br />

Grosz, Carl Hofer und viele an<strong>der</strong>e mehr. Ebenso<br />

kommen jedoch auch Schaffende <strong>der</strong> Seitenwege <strong>der</strong><br />

Avantgarde zu Wort.<br />

Die Lust, neben den etablierten Namen auch die Künstler<br />

<strong>der</strong> verlorenen Generation zu erforschen, ist ungebrochen.<br />

Häufig als entartet gebrandmarkt, verfemt<br />

und verfolgt, haben etwa Josef Eberz, Karl Hubbuch<br />

o<strong>der</strong> Bruno Voigt die Kunst <strong>der</strong> 1920er und 1930er<br />

Jahre mit wun<strong>der</strong>baren Werken bereichert, ohne dass<br />

sie dabei die Chance bekommen hätten, sich ihren Namen<br />

im Gleichklang mit ihrer Leistung zu bilden. Ihre<br />

qualitativ hochwertigen Arbeiten sind im Laufe des 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts mit seinen zwei Weltkriegen ungerechtfertigter<br />

Weise beinahe dem Vergessen anheim gefallen.<br />

Auch ihnen ein Forum zu bieten, ist mein Bestreben<br />

für Krümmer fine art.<br />

Wie steht es denn mit Künstlerinnen, die sich des Themas<br />

angenommen haben?<br />

Neben den arrivierten Künstlerinnen Gabriele Münter,<br />

Marianne von Werefkin, Jeanne Mammen und Tamara<br />

de Lempicka wären hier auch Dorothea Maetzel-Johanssen,<br />

Anita Rée o<strong>der</strong> Lea Grundig zu nennen.<br />

Mit einem Werk von Lea Grundig haben Sie ja im Oktober<br />

vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt.<br />

In einer New Yorker Galerie habe ich vor einiger Zeit<br />

Grundigs Tuschpinselzeichnung „In den Abgrund“<br />

entdeckt, ein bestürzendes Zeitdokument über den<br />

Holocaust.<br />

Das dann bei Ketterer in München einen Auktionsrekord<br />

für die Künstlerin einspielte.<br />

Das Blatt verfügt über eine lückenlose Provenienz.<br />

Der Fotojournalist John Phillips, bekannt für seine<br />

Reportagen im Life Magazin, hatte es Anfang <strong>der</strong><br />

1940er Jahre in Palästina direkt von <strong>der</strong> Künstlerin<br />

erhalten. Lea Grundig war die Tochter jüdischer<br />

Kaufleute und studierte gegen den Willen ihrer<br />

Eltern Kunst, zunächst an <strong>der</strong> Kunstgewerbeschule<br />

und dann an <strong>der</strong> Akademie in Dresden. Ähnlich<br />

wie Käthe Kollwitz beschäftigte sie sich mit dem<br />

beklemmenden Dasein <strong>der</strong> Arbeiterklasse und in<br />

zunehmendem Maße auch mit den allgegenwärtigen<br />

Schrecken <strong>der</strong> Judenverfolgung. „In den Abgrund“<br />

thematisiert ihre Flucht aus Deutschland unter<br />

lebensbedrohlichen Umständen auf <strong>der</strong> „Pacific“,<br />

einem sogenannten Totenschiff. Ein griechischer<br />

Sammler erwarb das Blatt in <strong>der</strong> Auktion für rund<br />

34 000 Euro.<br />

Und das war nicht Ihre einzige Entdeckung auf dem<br />

Kunstmarkt.<br />

Eine Sternstunde musealer Bedeutung ist sicher meine<br />

Entdeckung <strong>der</strong> Berliner Künstlerin DODO und ihres<br />

außergewöhnlichen Nachlasses. Ihre prachtvollen,<br />

farbexplosiven Darstellungen des Gesellschaftslebens<br />

<strong>der</strong> späten 1920er Jahre dürften selbst passionierte<br />

Kunstsammler erstaunen, da ihre Arbeiten unsere<br />

Vorstellung <strong>der</strong> glamourös-mondänen und doch so<br />

kurzlebigen Golden Twenties <strong>der</strong> Berliner Metropole<br />

gut repräsentieren. Von März bis Mai 2012 ist die erste<br />

monografische Ausstellung über DODO in den Staatlichen<br />

Museen Berlin geplant, weitere namhafte Museumsstationen,<br />

auch im Ausland, werden folgen.<br />

Bis dahin bleibt ihre wahre Identität verschleiert?<br />

Nur soviel – DODO wurde 1907 in Berlin geboren und<br />

wuchs in einer gut situierten jüdischen Familie auf. Die<br />

an <strong>der</strong> Reimann-Schule ausgebildete Künstlerin porträtierte<br />

in scheinbar unterkühlten Genreszenen <strong>der</strong><br />

arrivierten Berliner Gesellschaft das spannungsreiche<br />

Mann-Frau-Verhältnis; ihre farbintensiven Gouachen,<br />

häufig ganzseitig o<strong>der</strong> auf dem Titel des Satiremagazins<br />

ULK veröffentlicht, standen gleichberechtigt neben<br />

Werken ihrer Zeitzeugin und Kollegin Jeanne Mammen.<br />

Repressalien, Emigration und <strong>der</strong> Krieg setzten<br />

ihrer künstlerischen Aktivität zunehmend ein Ende.<br />

Welche künstlerischen Highlights präsentieren Sie<br />

darüber hinaus auf <strong>der</strong> <strong>Art</strong> <strong>Salzburg</strong>?<br />

Zeitgeschichtlich beson<strong>der</strong>s berührend ist das aus <strong>der</strong><br />

Galerie Flechtheim und dem Nachlass von George<br />

Grosz stammende Aquarell „Pompe Funèbre“, zu dem<br />

es ein Gemälde in <strong>der</strong> Kunsthalle Bremen gibt, welches<br />

in <strong>der</strong> Öffentlichkeit wie<strong>der</strong>holt hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Eigentumsrechte thematisiert wurde und um dessen<br />

Restituierung an die Grosz-Erben seit bereits sieben<br />

Jahren debattiert wird. Unser Aquarell wird in den in<br />

Vorbereitung befindlichen Werkkatalog <strong>der</strong> Arbeiten<br />

auf Papier von George Grosz aufgenommen. Darüber<br />

hinaus ein „Junges Mädchen“ von Erich Heckel, eine<br />

1911 datierte, aquarellierte Kreidezeichnung seiner<br />

späteren Ehefrau Sidi aus seiner Brücke-Zeit, entstanden<br />

im ersten Berliner Atelier in <strong>der</strong> Mommsenstraße.<br />

Augenfänger ist das betörend sinnliche Gemälde <strong>der</strong><br />

„Ruhenden Elsa im roten Kleid“, welches <strong>der</strong> später<br />

nach <strong>Salzburg</strong> emigrierte Berliner Künstler Albert<br />

Birkle 1926 von seiner Frau schuf. Eine Rarität ist<br />

Gerhard Marcks‘ „Odaliske“ von 1968, „1/10“ nummeriertes<br />

Exemplar von nur zwei ausgeführten Bronzegüssen.<br />

Und als exklusive Premiere:<br />

DODOs „Der Herr mit dem<br />

Gletscherauge“, eine Gouache<br />

über Bleistift auf Karton, die<br />

am 17. August 1928 in <strong>der</strong> Nr.<br />

33 von ULK als ganzseitige<br />

Illustration erschienen ist.<br />

C.O.<br />

Händleradresse siehe S. 97

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