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Landtag Brandenburg P-ABJS 5/47 Protokoll

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Pädagogik in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH<br />

werde den Lehrer erschießen." XY brachte zwar aufgebracht, doch in verständlicher<br />

Form diese Äußerungen vor: „So ein Blödsinn, ich habe das nicht gesagt. Wie und was<br />

soll ich denn erschießen? Ich habe nur gesagt. Ich könnte den auf den Mond schießen."<br />

Daraufhin die Erzieherin: „Du hast das so gesagt und der Lehrer sah das als<br />

Bedrohung an und deswegen bekommst du keinen Schulchip."<br />

Die Situation eskalierte. XY sprang auf, laut brüllend stürmte sie aus dem Zimmer und<br />

warf die Tür krachend zu. Eine Erzieherin blieb ruhig sitzen, die anderen Jugendlichen<br />

auch. Die andere Erzieherin verließ den Raum. Ein Kollege wurde benachrichtigt, dass<br />

XY den Raum verlassen hat. Es wurde wieder zur Tagesordnung übergegangen. Der<br />

Jugendliche ZH übernahm die Auswertung, die jedoch sehr kurze Zeit später beendet<br />

wurde. Anschließend waren Fragen an die Besucher möglich.<br />

Die Gesprächsrunde verlief außerhalb des Zwischenfalls weitgehend wie routinemäßiges<br />

Abarbeiten, ohne innere Beteiligung: Es schien so, als wollte man es schnell hinter<br />

sich bringen. Auf Kritik (z. B., dass etwas ungerecht sei) wurde nicht eingegangen.<br />

Auffällig schien uns bei den Rückmeldungen der Erzieherinnen an die Jugendlichen,<br />

dass sie häufig sehr pauschal und bewertend waren („Fand ich nicht schön", „Das bist<br />

du, wie du lebst", „Gut fand ich ..."). So wurden die Chancen vertan, die Jugendlichen<br />

durch verhaltensnahe Beschreibungen für die Wirkungen ihres Verhaltens zu sensibilisieren,<br />

eventuell auch durch Fragen zur Selbstwahrnehmung anzuregen (Besuch in<br />

Müncheberg, 12.8.2013, Anhang 42)).<br />

6.2.1.7 Anti-Aggressionsmaßnahmen<br />

Dokumentenanalyse<br />

Der Einsatz von sogenannten Anti-Aggressionsmaßnahmen (AAM) im Anti-Aggressionsraum<br />

(oder im Zimmer der Kinder und Jugendlichen) wurde als allerletztes Mittel<br />

deklariert („Vorherige Deeskalationsmaßnahmen sind erfolglos geblieben. Hierzu ist<br />

der ,Stufenplan zur Deeskalation' unbedingt zu befolgen." (II, Dienstanweisung zum<br />

Umgang mit Freiheitsentzug gemäß 1631b BGB, 1). Als Interventionsgrundlage bzw.<br />

Anlässe galten: Schlagen, Treten, Festhalten, an den Haaren ziehen, Kratzen, Beißen,<br />

Würgen, Werfen und Stechen von/mit Gegenständen, Zertrümmern von Gegenständen,<br />

selbstverletzendes Verhalten. Auch in diesem Kontext sollte „zu jedem Zeitpunkt<br />

die Wahrung der Würde der/des Jugendlichen und die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung<br />

seiner Autonomie" das Ziel sein (II, Anti-Aggressionsmaßnahmen, 1) bzw.<br />

es ist darauf zu achten, dass ein „menschenwürdiger Ablauf gewahrt wird" (II, Dienstanweisung<br />

zum Umgang mit Freiheitsentzug gemäß 1631b BGB, 1). Die familiengerichtlichen<br />

Voraussetzungen nach § 1631b BGB und das schriftliche Einverständnis<br />

der Sorgeberechtigten im Sinne einer „Generalbevollmächtigung" mussten vorliegen.<br />

Eine beobachtende und dokumentierende Person wurde von Trägerseite verpflichtend<br />

gefordert. Ziel ist, dass pädagogisches Handeln durch Deeskalation, d. h. „Reduktion<br />

von Aggressivität" und „Beruhigung" durch „physische Begrenzung", wieder möglich<br />

wird. Es sollte eine „deutliche Grenzsetzung" erfolgen, anschließend sollten dann Reflexion<br />

und die Thematisierung von Verhaltensalternativen angeboten werden. Hier<br />

wurde erwartet, dass Kinder und Jugendliche „Fehlverhalten klar" bekennen, sich entschuldigen<br />

(„Reue" zeigen) und sich „glaubhaft einsichtig" verhalten. Eine sofortige,<br />

ggf. telefonische Meldung an die Sorgeberechtigten sowie in schriftlicher Form an das<br />

fallführende Jugendamt und das Landesjugendamt galten als zwingend geboten. Zu<br />

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