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Landtag Brandenburg P-ABJS 5/47 Protokoll

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Pädagogik in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH<br />

schürt werden. Auch die den Kindern und Jugendlichen vermittelten Hausordnungen<br />

bzw. Schulordnungen waren sehr restriktiv und verletzen die Menschenwürde (vgl.<br />

BAG 2010, siehe oben), z. B. mit Blick auf längere Isolierung bzw. die Wahrung des<br />

Post- und Telekommunikationsgeheimnisses. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum<br />

Kinder und Jugendliche nicht allein telefonieren dürfen oder das Postgeheimnis gebrochen<br />

werden darf. Aus Sicht der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie<br />

(KJPP) ist das fast nie erforderlich. Man kann sowohl die Bewohner/-innen als auch<br />

die Mitarbeiter/-innen durch Reglementierung der Zeit, die mit Telekommunikation verbracht<br />

werden, vorAgieren von außen schützen. Der Wunsch, grundsätzlich zu verhindern,<br />

dass die Kinder und Jugendlichen „schlecht" über die Einrichtung reden, zeugt<br />

eher von Angst und Hilflosigkeit. Sollte der Verdacht auf Straftaten (Drogenhandel,<br />

Planung krimineller Handlungen etc.) bestehen, sollten eher die staatlichen Ordnungskräfte<br />

eingesetzt werden, als selbstmandatiert ohne Kontrolle Bürgerrechte einzuschränken.<br />

Die vorgeschriebene Auflistung biografischer Ereignisse ist zumindest in der vorgelegten<br />

schriftlichen Form ebenfalls etwas den Kindern und Jugendlichen Aufoktroyiertes<br />

und entsteht nicht aus der Beziehung zwischen Betreuenden und Kindern und Jugendlichen,<br />

sondern verhindert diese unter Umständen sogar. Auch hier ist ein deutlich<br />

überreglementiertes Handeln innerhalb der Aufnahmesituation vorgezeichnet.<br />

Werden Kinder und Jugendliche gezwungen, biografische Ereignisse aufzuschreiben,<br />

obwohl sie (erneut) nicht wissen können, wem und warum sie dies anvertrauen, kann<br />

dies dazu führen, dass Dinge anders wiedergegeben werden, als sie sie selbst erlebt<br />

haben — sei es unbewusst, sei es, um sich selbst oder auch die Eltern zu schützen.<br />

Dies wiederum kann dazu führen, dass in der Beziehung zu den Betreuer/-innen Empathie<br />

verhindert wird und sich eine aggressive Beziehungsgestaltung Bahn bricht.<br />

Eine zwangsweise Auseinandersetzung auch mit traumatisierenden Ereignissen aus<br />

der Vergangenheit kann bei Kindern und Jugendlichen, die belastende Erfahrungen<br />

gemacht haben, erneut zu Ausnahmesituationen führen, die sich in auto- bzw. fremddestruktivem<br />

Handeln zeigen. Hinzuzufügen ist, dass auch bestimmte vorgegebene<br />

Entspannungsübungen, so z. B. die Progressive Muskelrelaxation (PMR), kontraindiziert<br />

sind, wenn man diese nicht durchführen möchte. Es muss eine innere Bereitschaft<br />

bestehen, die durch die vorgegebenen Regeln eher zerstört als aufgebaut wird.<br />

Es ist auch nicht hilfreich, diese Übungen zweimal am Tag durchzuführen, sondern<br />

circa ein- bis zweimal in der Woche.<br />

Material aus Vor-Ort-Besuchen und Anhörungen<br />

In der Anhörung berichtete KJP II, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und<br />

Psychotherapie, dass er die Einrichtung Neuendorf regelmäßig einmal im Monat besucht<br />

habe und ihm zu diesem Anlass Patient/-innen, ausgewählt von der Teamleitung,<br />

vorgestellt worden seien. Hervorzuheben ist der erhöhte Vertrauensschutz bei Visiten<br />

des ambulanten Psychiaters in der Einrichtung. Früher war stets einte Betreuer/-in<br />

zugegen, heute nur im Ausnahmefall (Anhörung KJPP vom 12.9.2013, Anhang 53).<br />

Frau XY, ebenfalls Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,<br />

berichtete einem Mitglied der Untersuchungskommission in einem Gespräch unter<br />

Kollegen (Jugendhilfekommissionssitzung der Berufsverbände der Kinder und Jugendpsychiater<br />

am 12.8.2013 in Berlin), dass sie die Einrichtung Müncheberg ebenfalls<br />

regelmäßig einmal im' Monat besuche und ihr dort ebenfalls von den Betreuerinnen<br />

Patient/-innen vorgestellt würden. Beide Fachärzte äußerten, dass die<br />

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