Schritt für Schritt zurück ins Leben - MS und Ich
Schritt für Schritt zurück ins Leben - MS und Ich
Schritt für Schritt zurück ins Leben - MS und Ich
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Nr. 15 – August 2013<br />
Menschen<br />
++ Im Interview: <strong>MS</strong>-Patientin Silke Koch <strong>und</strong> Dr. Regina Ascheron, Fachärztin <strong>für</strong> Neurologie <strong>und</strong> Sportmedizin ++<br />
„Die Reha hat mir gezeigt,<br />
dass ich mich nicht hängen lassen darf“<br />
Die Rehabilitation ist eine wichtige<br />
Säule der Multiple Sklerose-Therapie.<br />
Sie hilft Patienten dabei, ihre Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Selbstständigkeit<br />
<strong>zurück</strong>zugewinnen – <strong>und</strong> damit auch<br />
ihr soziales <strong>Leben</strong>. Im Mittelpunkt<br />
stehen die Wiederherstellung der motorischen<br />
<strong>und</strong> kognitiven Funktionen<br />
sowie die Verbesserung der Mobilität<br />
der Betroffenen. Welche positiven<br />
Auswirkungen die Maßnahme noch<br />
mit sich bringt, zeigt das Beispiel von<br />
Silke Koch. Die 30-Jährige ist seit 2008<br />
an <strong>MS</strong> erkrankt <strong>und</strong> hat kürzlich eine<br />
vierwöchige Rehabilitation in Anspruch<br />
genommen. Mit ihr <strong>und</strong> Dr. Regina<br />
Ascheron sprach EXTRALIFE über<br />
Erwartungen, Zielsetzungen <strong>und</strong> die<br />
Zeit nach der Reha.<br />
Frau Koch, Sie haben sich aufgr<strong>und</strong><br />
Ihrer <strong>MS</strong>-Erkrankung <strong>für</strong> eine Reha<br />
entschieden. Wie kam es dazu?<br />
<strong>Ich</strong> habe längere Zeit mit dem Gedanken<br />
gespielt, die Planung aber immer<br />
wieder vor mir her geschoben. Im vergangenen<br />
Herbst häuften sich die Probleme<br />
mit meiner Krankheit <strong>und</strong> ich<br />
wollte nur noch aus dem Alltag heraus,<br />
um endlich wieder auf andere Gedanken<br />
zu kommen. Da einige meiner Bekannten<br />
ebenfalls in der Reha waren<br />
<strong>und</strong> sehr positiv darüber berichtet hatten,<br />
habe ich mich schließlich um den<br />
Antrag gekümmert. Danach ging alles<br />
sehr schnell.<br />
Frau Dr. Ascheron, wann halten<br />
Sie eine Rehabilitation bei Multipler<br />
Sklerose <strong>für</strong> sinnvoll?<br />
Nach meinen Erfahrungen ist eine<br />
Rehabilitation in jedem Stadium der<br />
<strong>MS</strong>-Erkrankung ein sinnvolles Behandlungsangebot.<br />
Patienten werden nicht<br />
nur in medizinischer, sondern auch in<br />
psychischer H<strong>ins</strong>icht unterstützt. Dabei<br />
wird auch ihr individuelles soziales<br />
Umfeld berücksichtigt. Die Betroffenen<br />
profitieren zudem von dem gegenseitigen<br />
Austausch.<br />
Frau Koch, wie war das Prozedere, bis<br />
Ihre Reha begann?<br />
Als ich die Reha beantragt habe, war<br />
ich in einem festen Arbeitsverhältnis.<br />
Deswegen habe ich mich nicht an die<br />
Krankenkasse, sondern an die Rentenversicherung<br />
gewandt. Das lief dann<br />
alles problemlos ab. Mein Antrag wurde<br />
sofort genehmigt.<br />
Frau Dr. Ascheron, wie sollte ein<br />
Patient vorgehen, wenn er eine<br />
Rehabilitationsmaßnahme erhalten<br />
möchte <strong>und</strong> welche Probleme<br />
können dabei auftreten?<br />
Frau Koch hat das ganz richtig gemacht,<br />
indem sie einen Antrag gestellt<br />
hat. Eine Reha muss in einem – nicht<br />
ganz einfachen – Verfahren genehmigt<br />
werden. Im Allgemeinen gilt, dass<br />
der Rentenversicherer vorrangig Leistungen<br />
bei berufstätigen Betroffenen<br />
übernimmt. Da hier ein hohes Interesse<br />
am Erhalt der Erwerbstätigkeit der<br />
Patienten besteht, werden Anträge<br />
recht großzügig genehmigt. Bei nicht<br />
im Erwerbsleben stehenden Patienten<br />
ist die Krankenkasse der Kostenträger.<br />
Entscheidend ist die genaue Begründung<br />
der medizinischen Notwendigkeit.<br />
Neben dem Rehabilitationsbedarf<br />
müssen auch Therapieziele formuliert<br />
sein. Wichtig ist ebenso der Hinweis,<br />
dass diese nicht mit ambulanten Maßnahmen<br />
erreichbar sind. Problematisch<br />
kann ein Antrag bei berenteten Patienten<br />
sein, die mitunter schon Leistungen<br />
aus der Pflegeversicherung beziehen.<br />
Wann empfehlen Sie eine stationäre<br />
<strong>und</strong> wann eine ambulante Reha?<br />
Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen<br />
sind dann zu empfehlen, wenn<br />
überwiegend motorische Beeinträchtigungen<br />
vorliegen, die durch Krankengymnastik<br />
<strong>und</strong> Ergotherapie gut<br />
behandelbar sind. Bestehen komplexere<br />
Funktionsstörungen, neuropsychologische<br />
Beeinträchtigungen oder<br />
auch psychosoziale Probleme, ist eine<br />
stationäre Rehabilitation angebracht.<br />
Dadurch, dass sie Patienten erheblich<br />
entlastet, ist sie sehr effektiv.<br />
»Eine gute .<br />
Reha-Therapie .<br />
verbindet .<br />
Individual- <strong>und</strong> .<br />
Gruppenbetreuung«<br />
Gibt es spezielle Rehabilitationskliniken?<br />
Worauf sollte man Ihrer<br />
Meinung nach bei der Wahl einer<br />
Klinik achten, Frau Dr. Ascheron?<br />
Ja, zum Beispiel das Neurologische<br />
Rehabilitationszentrum Quellenhof<br />
in Bad Wildbad. Es wurde 1996 auf<br />
Initiative der Aktion Multiple Sklerose<br />
Erkrankter Landesverband Baden<br />
Württemberg (A<strong>MS</strong>EL) eröffnet <strong>und</strong> ist<br />
bemüht, die Konzepte umfassend den<br />
Bedürfnissen aller <strong>MS</strong>-Patienten anzupassen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte darauf geachtet<br />
werden, eine <strong>MS</strong>-Schwerpunktklinik<br />
auszusuchen, deren Ärzte <strong>und</strong><br />
Betreuer umfassende Kenntnisse mit<br />
der Behandlung von Multipler Sklerose<br />
haben. Merkmale <strong>für</strong> gute Rehazentren<br />
sind moderne Individualbetreuung<br />
sowie spezielle Gruppentherapien <strong>und</strong><br />
Schulungen der Patienten, z. B. zum<br />
richtigen Umgang mit Medikamenten.<br />
Frau Koch, hatten Sie Einfluss auf die<br />
Auswahl der Klinik?<br />
Ja, das hatte ich. Ein Bekannter war<br />
im von Frau Dr. Ascheron genannten<br />
Quellenhof im Schwarzwald zur Reha<br />
<strong>und</strong> meinte, dass es ihm dort sehr gut<br />
gefallen habe. Sein Bericht klang überzeugend.<br />
Daher wollte ich meine Reha<br />
gerne in der gleichen Klinik machen.<br />
<strong>Ich</strong> habe sie dann als konkreten Vorschlag<br />
auf meinem Antrag angegeben<br />
<strong>und</strong> bekam dort einen Platz.<br />
Was waren Ihre Erwartungen an die<br />
Reha? Und: Haben sich diese erfüllt?<br />
Seit meinem letzten Schub im Juli 2012<br />
litt ich an Beschwerden am Fuß. Daher<br />
ging es mir in erster Linie darum, dass<br />
dieser Sache auf den Gr<strong>und</strong> gegangen<br />
wird. Ansonsten war es mir einfach<br />
wichtig, mal wieder etwas anderes zu<br />
machen. Diese Erwartungen haben<br />
sich erfüllt.<br />
»Der Erhalt der .<br />
Selbstständigkeit ist .<br />
ein großes Ziel«<br />
Frau Dr. Ascheron, welche Zielsetzung<br />
haben Sie als Ärztin bei den<br />
unterschiedlichen Rehabilitationsmaßnahmen?<br />
Von großer Bedeutung ist <strong>für</strong> mich,<br />
dass jeder Patient durch die medizinische<br />
Rehabilitation die eigene Selbstständigkeit<br />
wiedererlangt beziehungsweise<br />
einen großen Teil von ihr erhält.<br />
Denn das ist <strong>für</strong> Betroffene vor allem<br />
h<strong>ins</strong>ichtlich ihres sozialen Umfeldes<br />
<strong>und</strong> auch ihres Berufes sehr wichtig.<br />
Frau Koch, welche Anwendungen<br />
haben Sie bekommen? Was hat Ihnen<br />
persönlich am meisten gebracht?<br />
<strong>Ich</strong> war jeden zweiten Tag morgens<br />
vor dem Frühstück schwimmen. Außerdem<br />
habe ich Kunsttherapie, Nordic<br />
Walking <strong>und</strong> Gymnastik gemacht<br />
6