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Sektorübergreifender<br />
Naturschutz<br />
Verlust an biologischer Vielfalt, invasive<br />
gebietsfremde Arten (Neobiota),<br />
erneuerbare Energieformen und<br />
Klimawandel sind Herausforderungen<br />
unserer Zeit. UMWELT & energie befragte<br />
unterschiedliche Interessensvertreter-<br />
Innen, wie sie diese Entwicklungen einschätzen<br />
und wo sie in ihrem Tätigkeitsbereich<br />
Ansatzpunkte sehen, um diese<br />
Hürden gemeinsam mit anderen VerantwortungsträgerInnen<br />
zu bewältigen.<br />
Umfassende Biodiversitätsstrategie.<br />
Eine der größten Herausforderungen unserer<br />
Zeit ist es, den Rückgang der biologischen<br />
Vielfalt zu stoppen, um wichtige Ökosystemleistungen<br />
sicherzustellen. Der Österreichische<br />
Umweltdachverband<br />
setzt sich dafür<br />
ein, dass für eine österreichweite,<br />
sektor- und<br />
länderübergreifende Biodiversitätsstrategie<br />
auf allen<br />
wirtschaftlichen und<br />
politischen Regelungsebenen<br />
an einem Strang gezogen wird. Auch der<br />
Ausbau erneuerbarer Energieträger muss<br />
Biodiversitätskriterien und andere ökologische<br />
Grenzen berücksichtigen. Für den<br />
Windkraftausbau sind z. B. Kriterien für eine<br />
naturverträgliche Nutzung, ein planerischer<br />
Zugang mit der Ausweisung von Eignungsgebieten<br />
und/oder Tabuzonen erforderlich.<br />
Um die Klima- und Energieziele zu erreichen,<br />
gilt es jedoch auch die Effizienzpotenziale<br />
auszuschöpfen – zum Energiesparen gibt es<br />
weder wirtschaftlich noch politisch eine Alternative!<br />
←<br />
Dr. Gerhard Heilingbrunner, ehrenamtlicher Präsident<br />
des Österreichischen Umweltdachverbandes<br />
Lebensräume rückerobern. Da der<br />
Mensch in den letzten Jahrhunderten eigennützig<br />
in den Lebensraum der Tier- und<br />
Pflanzenwelt eingegriffen hat, ist es heute<br />
eine der Aufgaben von Jägerinnen und Jägern,<br />
wichtige Lebensraumelemente wieder<br />
zurückzuführen. Hecken, Feldgehölze,<br />
Mischwälder mit Wildobstbäumen oder<br />
ganzjahresfeuchte Biotope sind Strukturelemente,<br />
die landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />
vernetzen und regional auch das Klima<br />
und den Wasserhaushalt regulieren. Hecken<br />
beispielsweise geben Wind- und Erosionsschutz,<br />
liefern über Jahre Werk- sowie<br />
Brennholz, tragen zur allgemeinen Bodengesundheit<br />
bei und erweitern<br />
das Nahrungsangebot für<br />
unser heimisches Wild.<br />
Die Wildökolandaktion<br />
des NÖ Landesjagdverbandes<br />
hat seit dem Jahr<br />
1966 zwischenzeitig 3.369<br />
Projekte in allen Bezirken erfolgreich abgewickelt.<br />
Über 1.500 ha wurden bepflanzt,<br />
begrünt und mit rund zwei Millionen Sträuchern,<br />
300.000 Wildobstbäumen, 900.000<br />
Laubbäumen und 150.000 Nadelbäumen<br />
ausgestattet. Diese Lebensräume konnten<br />
somit dem Menschen wieder abgerungen<br />
werden, zum Wohl des heimischen Wildes,<br />
der vielen heimischen Kleinlebewesen und<br />
standortgerechter Pflanzen. ←<br />
Dr. Peter Lebersorger, Generalsekretär NÖ Landesjagdverband<br />
Vielfalt in der Kulturlandschaft forcieren.<br />
Die biologische Vielfalt ist hauptsächlich<br />
ein Produkt aus Bauernhand und<br />
von regelmäßigen Leistungen abhängig. Betriebswirtschaftliche<br />
Alternativen zur drohenden<br />
Nutzungsaufgabe von Grenzertragsflächen<br />
und die naturschutzkonforme Landbewirtschaftung<br />
braucht eine faire Anerkennung<br />
und finanzielle Abgeltung der bäuerlichen<br />
Leistung. Rd. 80 % aller NÖ Betriebe, die 95 %<br />
der landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften,<br />
nehmen beim Agrarumweltprogramm<br />
ÖPUL<br />
teil. So sichern wir nicht<br />
nur bestehende Landschaftselemente<br />
wie Hecken,<br />
Raine, Streuobstwiesen,<br />
Trockenrasen, Feuchtwiesen,<br />
sondern schaffen<br />
unter dem Titel Blühflächen auch neue Lebensräume<br />
in Ackerbaugebieten. Wir verfolgen<br />
einen flächendeckenden Ansatz statt<br />
nur punktueller Naturschutzauflagen. Parallel<br />
dazu trägt Biomasse aus der Land- und Forstwirtschaft<br />
neben Versorgungssicherheit auch<br />
wesentlich zur Reduktion von Treibhausgasen<br />
und somit zum Klimaschutz bei. ←<br />
Ök.-Rat Ing. Hermann Schultes, Präsident der NÖ<br />
Landwirtschaftskammer<br />
Nachhaltigkeit ist ein Entwicklungsprozess.<br />
Projekte wie die „Wiesenmeister-Wiesenpartner“<br />
und der „Tag der Artenvielfalt“<br />
helfen das Bewusstsein für die Kulturlandschaft<br />
und den hohen Stellenwert der<br />
biologischen Vielfalt im Wienerwald zu stärken.<br />
Interessierte BesucherInnen können dabei<br />
die Pflanzen- und Tierwelt vor der eigenen<br />
Haustüre entdecken und den Biosphärenpark<br />
(be)greifen lernen. Auf diese Weise<br />
werden nachhaltiges Leben und Wirtschaften,<br />
die Freizeitgestaltung aber auch die notwendigen<br />
Eingriffe in die Natur mit den Zielsetzungen<br />
des UNESCO-Biosphärenparks<br />
Wienerwald bestens in Einklang gebracht.<br />
Durch Partnerschaftskooperationen wird beispielsweise<br />
auch eine Strategie zum Umgang<br />
mit Neobiota im Biosphärenpark entwickelt.<br />
Dazu werden unter anderem Informationsveranstaltungen<br />
in den Gemeinden abgehalten.<br />
Auch im Team selbst<br />
wird Nachhaltigkeit groß<br />
geschrieben: im Büroalltag<br />
wie im persönlichen<br />
Leben der einzelnen MitarbeiterInnen.<br />
Denn Nachhaltigkeit<br />
strebt den ökologischen,<br />
ökonomischen<br />
und sozialen Gleichklang in allen Lebenslagen<br />
an und ist somit kein starrer, allgemein<br />
gültiger Zustand, den man irgendwann einmal<br />
erreicht hat, sondern eine stetige Entwicklung,<br />
die nie abgeschlossen ist. ←<br />
Mag. a Hermine Hackl, Direktorin des Biosphärenparks<br />
Wienerwald<br />
In der ökologischen Zwickmühle. Es ist<br />
unbestritten, dass der Klimawandel durch<br />
physikalische Prozesse verursacht wird und<br />
dass Kohlendioxid als Dipolgas Wärme- bzw.<br />
Infrarotstrahlung absorbiert. WissenschaftlerInnen<br />
zusammengeschlossen im IPCC (International<br />
Panel of Climate Change) versuchen<br />
hektisch mittels Computermodellen<br />
die Zukunft zu simulieren. In der Öffentlichkeit<br />
werden schnell Katastrophen daraus.<br />
Tatsächlich bei uns nachgewiesen sind bereits<br />
Veränderungen der Gebirgsvegetation<br />
wie das zeitverzögerte „Höherwandern“ der<br />
Vegetationszonen. Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion<br />
reichen von Depotbildung<br />
(Aufforsten), Reduzierung des Verbrauchs<br />
bis zur Nutzung möglichst vieler erneuerbarer<br />
Energieformen. Im Eifer des Gefechtes,<br />
sei dies nun die Nutzung von Wald und<br />
Energieholz, der Ausbau<br />
letzter Reste ganzer Flüsse,<br />
das Errichten Vögel gefährdender<br />
Windkraftanlagen<br />
oder das Erstellen von<br />
Kollektorlandschaften in<br />
Bergtälern, übersieht man,<br />
dass jedes Mittel – wie<br />
in der Medizin – Nebenwirkungen hat. Mit<br />
Wucht überrollen Technik und Wirtschaft die<br />
Natur, ungeachtet der Nebeneffekte. ←<br />
Univ.-Prof. i. R. Mag. Dr. Georg Grabherr, Wissenschaftler<br />
des Jahres 2012<br />
© privat (4), spiola<br />
umwelt & energie 02|2013 9