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neurologisch - Österreichische Gesellschaft für Neurologie

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oft nicht erwartet! Es ist hilfreich, auch selbst<br />

direkt darauf hinzuweisen, dass die Schwierigkeit<br />

des Themas eventuelle Widerholungen<br />

und vor allem Rückfragen rechtfertigt. Zum<br />

Fragen muss im Verlauf auch mehrfach ermuntert<br />

werden und durch Nachfrage die<br />

Verständlichkeit der Mitteilungen kontrolliert<br />

werden. („Habe ich mich verständlich ausgedrückt?“,<br />

„Bitte machen Sie mich aufmerksam,<br />

wenn ich medizinische Ausdrücke<br />

verwende, die Ihnen nicht geläufig sind“<br />

usw.)<br />

Letztendlich ist natürlich zu beachten, dass<br />

Gespräche über MS durchaus emotionsbeladen<br />

verlaufen. Die Sicherheit, dass Emotionen<br />

akzeptiert und verstanden werden, sollte den<br />

PatientInnen sowohl verbal als auch nonverbal<br />

vermittelt werden (Taschentücher am<br />

Schreibtisch sind praktisch).<br />

Das MS-Aufklärungsgespräch<br />

Lange Zeit wurde die sofortige und umfassende<br />

Aufklärung über das Vorliegen einer<br />

MS in Zweifel gestellt und manchmal sogar<br />

als nicht vertretbar abgelehnt oder der „Kompromiss“<br />

angeboten, schon aufzuklären, aber<br />

dabei den Namen „MS“ nicht zu nennen.<br />

Gesetzlich ist die Frage völlig klar und eindeutig<br />

geregelt. Die Aufklärung über Befunde<br />

und Erkrankung stellt eine klare und definierte<br />

ärztliche Pflicht dar. Dabei ist natürlich<br />

umfassend über Diagnostik und Befundergebnisse,<br />

über die Erkrankung allgemein,<br />

über alle infrage kommenden Behandlungsmethoden,<br />

deren Wirkungsausmaß sowie Risiken<br />

und Nebenwirkungen und sogar über<br />

eventuell notwendige Lebensführungsmaßnahmen<br />

zu informieren. Die Aufklärung wird<br />

auch in den Behandlungsunterlagen dokumentiert.<br />

Unabhängig von der rechtlichen Verpflichtung<br />

zur Aufklärung ergibt sich aber speziell<br />

bei chronischen Erkrankungen noch eine zusätzliche<br />

Motivation, nämlich die Hoffnung,<br />

mit umfassender Information für die erkrankte<br />

Person auch Wege der Bewältigung zu<br />

finden und den Umgang mit der Erkrankung<br />

zu erleichtern. Deshalb ist es sinnvoll, neben<br />

dem Erfüllen der Aufklärungspflicht, die Situation<br />

auch für den Beginn einer therapeutischen<br />

Führung und Unterstützung zu nutzen.<br />

Dass die Aufklärung bei MS oft die Basis<br />

für eine langjährige Partnerschaft legt, ist ein<br />

Grund mehr, sich diesem Thema intensiv zu<br />

widmen.<br />

Das Aufklärungsgespräch enthält natürlich<br />

eine Reihe von rein sachlichen Informationen,<br />

die als Erstinformation zu vermitteln sind,<br />

aber auch emotionale Botschaften, die den<br />

späteren Umgang mit der Erkrankung bestimmen.<br />

Beides ist von großer Bedeutung<br />

und eine klare ärztliche Aufgabe. Das Delegieren<br />

dieser Aufgabe an „Andere“ ist weder<br />

im sachlichen Bereich (z. B. an Aufklärungsbroschüren)<br />

noch im emotionalen Bereich (z.<br />

B. an PsychotherapeutInnen) zu akzeptieren.<br />

Sachinhalte des<br />

MS-Aufklärungsgespräches<br />

Das Informationsgespräch beginnt mit einer<br />

Zusammenfassung der relevanten Punkte aus<br />

der Anamnese, dem Erklären der Befunde<br />

mit Besprechen ihrer Wertigkeit (was ist normal,<br />

was weicht ab, was bedeutet das) sowie<br />

mit dem Sichten und eventuellen Zeigen der<br />

MRT-Bilder. Anhand dieser Informationen<br />

wird die Diagnose MS abgeleitet und erklärt,<br />

auf welchen Informationen sie beruht und<br />

wie stabil die Abstützung dieser Diagnose<br />

durch die vorliegenden Befunde ist. Dabei erfordert<br />

speziell die Diagnose „mögliche MS“<br />

besondere Beachtung, da dieser Ausdruck oft<br />

dazu führt, dass aus einem Gefühl mangelnder<br />

Absicherung die Bewältigung der Erkrankung<br />

beiseitegeschoben wird und bei einem<br />

Zweitschub massive psychische Probleme riskiert<br />

werden. Andererseits muss man noch<br />

bestehende diagnostische Unsicherheiten<br />

auch klar ansprechen, um eventuell notwendige<br />

Verlaufskontrollen zu begründen und<br />

die Motivation dazu zu schaffen.<br />

Bei Durchsicht der MRT-Bilder muss auch beachtet<br />

werden, dass normale Strukturen gezeigt<br />

und benannt werden sollen (ein in der<br />

T 2 -Sequenz heller Ventrikel erzeugt als vermeintliche<br />

„große Läsion“ Ängste, wenn<br />

helle Veränderungen als pathologisch erklärt<br />

werden). Auch das Ausmaß der Veränderungen<br />

ist meist zu diskutieren und auch eventuell<br />

eine klinisch-radiologische Dissoziation<br />

zu besprechen bzw. ist die jeweilige Bedeutung<br />

der MRT für Prognoseeinstufung und<br />

Therapieentscheidungen mit zu erklären.<br />

Nach der Erklärung der persönlichen Befunde<br />

und Nennung der Diagnose ist die Frage an<br />

den/die Patienten/-in sinnvoll, wie die jeweils<br />

eigene Vorstellung von der Erkrankung MS<br />

aussieht, um schon zu diesem Zeitpunkt Fehlvorstellungen<br />

ausräumen zu können. Auch<br />

der „schlechte Ruf“ der Erkrankung kann angesprochen<br />

und im Hinblick auf seine Berechtigung<br />

diskutiert werden.<br />

In der Praxis hat es sich bewährt, das erste<br />

Aufklärungsgespräch in zwei große „Blöcke“<br />

zu teilen, nämlich in „Allgemeines“ und<br />

„Therapie“, wobei den Betroffenen diese Art<br />

der Strukturierung auch vorab kurz vermittelt<br />

wird. („Wir besprechen zuerst alles Wissenswerte<br />

über die Krankheit und dann erst die<br />

Behandlungsmöglichkeiten.“) Dies hilft bei<br />

der Fokussierung der Gesprächsinhalte.<br />

Allgemeine Informationen über MS, Häufigkeit,<br />

Verläufe, Entstehung, betroffene Altersgruppen,<br />

Symptome usw. erfordern meist<br />

einen längeren Monolog, der zumindest begleitet<br />

sein sollte von der Aufforderung:<br />

„Bitte unterbrechen Sie mich, wenn zu viel<br />

Information auf einmal nicht mehr erfassbar<br />

ist oder Fragen auftauchen.“ Kurze Pausen<br />

nach einzelnen Themengruppen mit der<br />

Rückfrage, ob alles verständlich war, sind<br />

sinnvoll.<br />

Thema Therapie: Nach Besprechung der allgemeinen<br />

Informationen ist die Therapie das<br />

nächste große Thema. Vorausgeschickt sollte<br />

die Bemerkung werden, dass man MS zwar<br />

noch immer nicht heilen kann, aber gute<br />

Möglichkeiten zur Verminderung der Aktivität<br />

der Erkrankung zur Verfügung stehen, die<br />

helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.<br />

Als nächster Schritt ist die individuelle<br />

Situation im Hinblick auf die Indikationsstellung<br />

für eine Behandlung zu bewerten<br />

und zu erklären.<br />

Bei vorhandener Therapieindikation sollten u<br />

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