VDV Das Magazin Ausgabe April 2014
Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland. Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.
Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland.
Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.
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Was uns bewegt. Wen wir bewegen. <strong>Ausgabe</strong> <strong>April</strong> <strong>2014</strong><br />
Europa: Weiter<br />
sorglos unterwegs?<br />
Busse und Bahnen<br />
brauchen stabile<br />
Verkehrspolitik Seite 6<br />
Schutzgebühr: 3,20 Euro<br />
Infrastruktur: Initiative in<br />
den Ländern ausgerollt<br />
Seite 10<br />
Blackout: Vorbereitung auf<br />
den Fall der Fälle<br />
Seite 16<br />
Nasser ÖPNV: Hadag verbindet<br />
Hamburg über die Elbe<br />
Seite 22
Inhalt<br />
22 Unersetzlich: Hafenlinien bringen<br />
Hamburger über die Elbe.<br />
26 Hautnah: TV-Journalisten begleiten<br />
Fahrgäste der EVAG-Linie 107.<br />
10 Infrastruktur-Initiative: Politik,<br />
Verbände und Bürger diskutieren.<br />
6 Europawahl: <strong>Das</strong> neue Parlament<br />
gestaltet auch den ÖPNV.<br />
20 Ästhetisch: Micha Pawlitzki setzt<br />
U-Bahn-Stationen in Szene.<br />
3 Editorial<br />
Europa stellt Weichen<br />
4 <strong>VDV</strong> im Bild<br />
Grün unterwegs<br />
6 Titelstory<br />
<strong>Das</strong> erhofft sich der <strong>VDV</strong><br />
von der Europawahl.<br />
10 Aktuell<br />
Infrastruktur-Initiative<br />
geht in die Länder.<br />
14 Aus dem Verband<br />
Jahrestagung an der<br />
Schnittstelle zur Politik<br />
2 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Editorial<br />
Europa stellt<br />
Weichen,<br />
auch im Verkehr –<br />
wohin entscheiden wir Wähler<br />
Wozu Europa? Eine Frage, die sich aktuell wieder<br />
mehr Menschen in der Europäischen Union stellen.<br />
Für uns als Verkehrsbranche stellt sich diese Frage<br />
nicht. Wir leben Europa. Über nahe und weite<br />
Entfernungen sind Menschen und Güter mit uns<br />
über Grenzen hinweg reibungslos unterwegs – eine<br />
wichtige Errungenschaft europäischer Politik und<br />
wirtschaftlicher Zusammenarbeit.<br />
Wenn wir am 25. Mai wieder unsere Abgeordneten<br />
ins Europäische Parlament wählen können, sollten<br />
wir uns der Tragweite bewusst sein. Denn dort<br />
werden Entscheidungen getroffen, die auch für unsere<br />
Branche richtungweisend sind. Nicht zuletzt deshalb<br />
hat der <strong>VDV</strong> seine Aktivitäten in Brüssel und Straßburg<br />
intensiviert. Die Verkehrsunternehmen planen<br />
für Jahrzehnte. So lange nutzen wir unsere Fahrzeuge<br />
und unsere Infrastruktur. Deshalb sind Rechtssicherheit<br />
und Stabilität für uns wichtig. Wegen der langen<br />
Lebensdauer unserer Hardware dürfen sich beispielsweise<br />
Standards nicht zu häufig verändern.<br />
Auch aus diesem Grund wünschen wir uns eine<br />
europäische Politik, die die Belange des Personennah-<br />
und -fernverkehrs sowie des Schienengüterverkehrs<br />
kennt und berücksichtigt. Im Europaparlament<br />
erleben wir eine zunehmende Bereitschaft, sich<br />
damit auseinander zu setzen und problemadäquate<br />
Ansätze zu finden. <strong>Das</strong> ist gut! Mit Sorge betrachten<br />
wir jedoch eine zunehmende Erosion des Subsidiaritätsgrundsatzes<br />
für lokal und regional gewachsene<br />
Lösungen im Öffentlichen Personenverkehr und<br />
Schienengüterverkehr. Zu viel Gleichmacherei, zu<br />
viel Detailregelung schadet lokal maßgeschneiderten,<br />
effizienten Strukturen und damit den betroffenen<br />
Bürgern. Insoweit sollte das neue Parlament noch mit<br />
mehr Augenmaß (und Selbstbewusstsein gegenüber<br />
den weiteren europäischen Institutionen) agieren.<br />
Europapolitik bewegt viel, betrifft viel, kann viel<br />
nützen, aber auch schaden. Wir Wähler haben es<br />
am 25. Mai in der Hand, in welche Richtung sie sich –<br />
auch für die Verkehrsbranche – entwickeln wird.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Herbert König<br />
16 Hintergrund<br />
Wenn ein Stromausfall<br />
den ÖPNV lahmlegt.<br />
20 Blick von außen<br />
U-Bahn-Stationen: im<br />
Sog der täglichen Ästhetik<br />
22 Unterwegs im Netz<br />
Elbfähren: Nahverkehr<br />
zwischen dicken Pötten<br />
26 Blick von außen<br />
Die Geschichten hinter den<br />
Gesichtern der EVAG-Linie 107<br />
28 Grenzenlos<br />
Brasilien: die letzten Minuten<br />
vor dem Anpfiff<br />
30 Abgefahren<br />
Kleine Geste, große Wirkung<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ finden<br />
Sie auch im Internet als<br />
E-Paper unter:<br />
www.vdv.de/das-magazin<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 3
Muster <strong>VDV</strong> im Bild<br />
4 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
<strong>VDV</strong> Muster im Bild<br />
Alles im grünen Bereich<br />
Gerade erst war noch Winter, und schon stehen die Bäume<br />
wieder in sattem Grün: Der Frühling kam in diesem Jahr<br />
mit Macht, wie hier in Freiburg. Davon profitieren auch die<br />
Fahrgäste in den Bahnen der Freiburger Verkehrs AG (VAG).<br />
Schließlich genießen sie eine im wahrsten Sinne des Wortes<br />
rundherum grüne Aussicht – zumindest dort, wo die Fahrzeuge<br />
auf Rasengleisen unterwegs sind. Aber die Stadt im Breisgau<br />
hat natürlich auch einen klaren Standortvorteil gegenüber dem<br />
Rest der Republik – gehört sie doch zu den wärmsten und<br />
sonnenreichsten Orten Deutschlands.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 5
„Ein Flugticket nach Brüssel<br />
darf nicht billiger sein<br />
als ein Bahnfahrschein.“<br />
Bei der Europawahl geht es aus Sicht<br />
des <strong>VDV</strong> vor allem darum, ob die<br />
bisherige kompromissorientierte<br />
Politik weitergeführt werden kann –<br />
ein Gespräch mit Annika Stienen,<br />
Leiterin des <strong>VDV</strong>-Büros in Brüssel.<br />
Die Kommunen und Regionalverbände<br />
sollen auch künftig entscheiden dürfen,<br />
ob sie Aufträge im Öffentlichen<br />
Personennahverkehr mit Bus und<br />
Straßenbahn direkt vergeben oder aus-<br />
schreiben. <strong>Das</strong> ist eines der Kernanliegen<br />
des <strong>VDV</strong> zur Europawahl.<br />
Weitere sind Rechtssicherheit und<br />
europaweit definierte, offene Schnittstellen,<br />
wie Annika Stienen, die Leiterin<br />
des <strong>VDV</strong>-Büros in Brüssel, erläutert.<br />
Sie hofft mit Blick auf die bevorstehende<br />
Wahl zum Europaparlament am 25. Mai,<br />
dass die moderaten Parteien deutlich die<br />
Oberhand behalten, damit die bisherige<br />
kompromissorientierte Politik in der EU<br />
fortgeführt werden kann.<br />
Die 28 EU-Staaten sind sich weitgehend<br />
in ihrer europapolitischen Posi-<br />
6 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Titelstory<br />
28<br />
EU-Staaten<br />
– also alle – sind sich<br />
weitgehend einig, wenn<br />
es darum geht, die<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu stärken.<br />
Grenzüberschreitender Schienengüterverkehr: Europaweites Thema sind die technische Standardisierung<br />
und der Wegfall von Zollkontrollen.<br />
tion einig, soweit es darum geht, die<br />
Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Im<br />
Bewusstsein der Europapolitiker muss<br />
verankert sein, „welchen wichtigen<br />
Beitrag Busse und Bahnen leisten,<br />
nicht nur ökologisch, sondern auch im<br />
Sozialen und im Wirtschaftsbereich“,<br />
sagt Annika Stienen. Gleichwohl gebe<br />
es in einzelnen Punkten unterschiedliche<br />
Auffassungen, weil „die Märkte<br />
historisch verschieden gewachsen<br />
sind“. So müsse in Deutschland bei der<br />
Eisenbahn in der Regel durch Ausschreibung<br />
vergeben werden, während<br />
bei Bus und Straßenbahn überwiegend<br />
städtische Betreiber tätig seien. In<br />
Frankreich sei es genau umgekehrt.<br />
Weitergehen müsse die Diskussion<br />
über die „Internalisierung der externen<br />
Kosten“, also über die Frage, ob externe<br />
Kosten wie Luftverschmutzung oder<br />
Unfallfolgen dem jeweiligen Verkehrsträger<br />
angerechnet werden sollen, etwa<br />
indem eine Pkw-Maut erhoben wird.<br />
„Zielvorgabe muss sein, dass ein Flugticket<br />
zwischen Berlin und Brüssel nicht<br />
mehr günstiger ist als ein Bahnfahrschein.“<br />
Eigentlich müsse es mit der<br />
Bahn billiger sein, „weil sie eine bessere<br />
Ökobilanz hat“, meint Annika Stienen.<br />
Wobei sie begrüßt, dass die Parteien<br />
es verstanden haben, dass der ÖPNV<br />
„öffentliche Gelder benötigt, weil die<br />
Kosten nicht vollständig durch Fahrgeldeinnahmen<br />
gedeckt werden können.<br />
Obwohl wir ja in Deutschland schon<br />
ganz gute Werte erreichen, was den<br />
Kostendeckungsgrad angeht“.<br />
Ein weiteres wichtiges Anliegen an die<br />
Parlamentarier ist „eine kohärente Politik.<br />
Es kann doch nicht sein, dass sich<br />
engagierte Verkehrspolitiker und Umweltpolitiker<br />
dafür einsetzen, dass der<br />
Öffentliche Personennahverkehr<br />
Der <strong>VDV</strong> trete vehement dafür ein,<br />
dass die für den ÖPNV vor Ort zuständige<br />
Behörde weiterhin die Wahl<br />
hat, „auf welchem Weg sie Aufträge<br />
vergeben will“. Ihre eigene Aufgabe<br />
in Brüssel sieht Annika Stienen unter<br />
anderem darin, „auszuschließen, dass<br />
die EU durch Überregulierung und<br />
die einseitige Fixierung auf den Ausschreibungswettbewerb<br />
den Handlungsspielraum<br />
der Städte und Kreise<br />
einschränkt“. In den Europa-Wahlprüfsteinen,<br />
deren Ergebnisse der<br />
<strong>VDV</strong> rechtzeitig veröffentlichen wird,<br />
sollen daher auch entsprechende<br />
Positionen bei den Parteien abgefragt<br />
werden.<br />
„Es ist richtig und wichtig,<br />
zu wählen und Einfluss zu<br />
nehmen, welche Partei mit<br />
welchem Programm uns<br />
in Brüssel vertritt.“<br />
Annika Stienen<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 7
Titelstory<br />
Zahlreiche europäische Verkehrsunternehmen<br />
setzen punktuell Elektro- und Hybridbusse ein<br />
oder testen sie – wie hier die Pariser RATP.<br />
Im ÖPNV genössen Elektro- oder Hybridbusse<br />
schon „ein sehr hohes Ansehen<br />
in der Bevölkerung“, sagt Stienen. Sie<br />
würden in vielen Verkehrsunternehmen<br />
bereits punktuell eingesetzt, seien aber<br />
noch nicht wirtschaftlich zu betreiben.<br />
„Darum sind die Unternehmen noch<br />
auf Förderung angewiesen.“ Auch hier<br />
komme die EU ins Spiel, die derzeit ein<br />
Forschungsprojekt zu Elektrobussen<br />
mitfinanziert, an dem sich auch der <strong>VDV</strong><br />
beteiligt. Von der Idee, Busspuren für<br />
Elektroautos freizugeben, hält Annika<br />
Stienen hingegen nichts, weil das die<br />
Stausituation für die ÖPNV-Nutzer nur<br />
verschärfen würde. „Dagegen würden<br />
wir uns ganz vehement wehren.“<br />
gestärkt wird, und dass dann Industriepolitiker<br />
Maßnahmen ergreifen, um<br />
die Verkaufszahlen von Pkw in die Höhe<br />
zu treiben, weil die Autoindustrie angeschlagen<br />
ist“. Wenn die EU sich Ziele<br />
setze wie „weg vom Öl“, dann müssten<br />
auch alle Politikbereiche danach agieren.<br />
Apropos „weg vom Öl“: Zur Elektromobilität,<br />
die derzeit Gegenstand einer<br />
EU-Richtlinie ist, hat der <strong>VDV</strong> eine differenzierte<br />
Position, die vor allem kritisiert,<br />
dass einseitig elektrobetriebene<br />
Pkw im Fokus stehen. „Deren Vorteil ist,<br />
dass sich die Luft in den Städten verbessert.<br />
Ob sie sich dort verschlechtert,<br />
wo das Kraftwerk steht, das den Strom<br />
für den E-Pkw bereitstellt, das wird erst<br />
einmal außen vor gelassen.“ Eine größere<br />
Unabhängigkeit vom Öl werde vor<br />
allem durch eine Stärkung von Bussen<br />
und Bahnen erreicht. „Private E-Pkw<br />
lösen im Übrigen in den Städten nicht<br />
das Stauproblem.“<br />
Diesmal sei es ganz besonders wichtig,<br />
zur Wahl zu gehen, meint die Leiterin<br />
des Brüsseler <strong>VDV</strong>-Büros. Die EU bringt<br />
auch dem Verbraucher als ÖPNV-<br />
Nutzer erhebliche Vorteile. „Aachen<br />
und Maastricht in den Niederlanden<br />
beispielsweise sind zwei Städte, die<br />
immer mehr zusammenwachsen. Viele<br />
arbeiten oder studieren auf der einen<br />
und wohnen auf der anderen Seite und<br />
nutzen für den Transit selbstverständlich<br />
Busse.“<br />
„Den Vorteil, dass Güter,<br />
Dienstleistungen und<br />
Menschen sich europaweit<br />
freizügig bewegen dürfen,<br />
kann man gar nicht hoch<br />
genug einschätzen.“<br />
Annika Stienen<br />
Wie sich der Verkehrsmarkt<br />
entwickelt, entscheiden<br />
Parlament und<br />
Regierungsvertreter<br />
gleichberechtigt.<br />
8 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Titelstory<br />
Oder der grenzüberschreitende Schienengüterverkehr:<br />
Da geht es neben der technischen<br />
Standardisierung um den Wegfall<br />
von Zollkontrollen. „Den Vorteil, dass Güter,<br />
Dienstleistungen und Menschen sich<br />
europaweit freizügig bewegen dürfen, kann<br />
man gar nicht hoch genug einschätzen.“ Bei<br />
Fragen, wie sich der Verkehrsmarkt entwickelt,<br />
entscheidet das Parlament inzwischen<br />
gleichberechtigt mit Regierungsvertretern.<br />
„Vor dem Hintergrund denke ich,<br />
dass es richtig und wichtig ist, zu wählen<br />
und Einfluss zu nehmen, welche Partei mit<br />
welchem Programm uns in Brüssel vertritt.“<br />
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THE FUTURE<br />
OF<br />
MOBILITY<br />
Die gestiegenen Einflussmöglichkeiten des<br />
Parlaments machten diese Wahl zu einer<br />
ganz besonderen, erläutert Annika Stienen:<br />
„Es entscheidet zum ersten Mal mit, aus<br />
welchem politischen Lager der Kommissionspräsident<br />
kommt.“ Darüber hinaus<br />
gelte es zu verhindern, dass nationalistische,<br />
kompromisslos agierende Parteien<br />
zu großen Einfluss erhalten. „Ich denke,<br />
dass die unter Umständen gewisse positive<br />
Initiativen im Verkehrsbereich blockieren<br />
könnten. Der gut funktionierende, pragmatische,<br />
kompromissbereite Ansatz des Europäischen<br />
Parlaments würde stark darunter<br />
leiden.“<br />
Ob externe Kosten wie Luftverschmutzung oder Unfallfolgen dem<br />
jeweiligen Verkehrsträger angerechnet werden, muss weiter<br />
diskutiert werden.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 9
Aktuell<br />
Thema<br />
„Infrastruktur“<br />
Fahrt auf<br />
nimmt<br />
Gesperrte Brücken, Staus auf Straßen und Schienen, überfüllte Bahnen, veraltete Technik:<br />
Millionen Pendler und die Wirtschaft bekommen die sanierungsbedürftige Verkehrsinfrastruktur<br />
täglich zu spüren. Die Initiative „Damit Deutschland vorne bleibt“ trägt<br />
das Thema jetzt in die Bundesländer und Stadtstaaten.<br />
Bundesweit gewinnt das Thema Infrastruktur an Zugkraft<br />
– in Nordrhein-Westfalen sogar im wahrsten<br />
Wortsinn. DB Regio NRW schickt in den kommenden<br />
Monaten zehn Lokomotiven durch das bevölkerungsreichste<br />
Bundesland, die für die Initiative „Damit<br />
Deutschland vorne bleibt“ werben. „Mobilität ist der<br />
Motor, der unser Bundesland antreibt, und der Eisenbahnverkehr<br />
leistet einen erheblichen Beitrag dazu“,<br />
verdeutlichte Heinrich Brüggemann, Vorsitzender der<br />
Geschäftsleitung von DB Regio NRW: „Mit der Initiative<br />
setzen wir gemeinsam ein deutliches Zeichen für<br />
eines der wichtigsten Themen der kommenden Jahre.“<br />
Zusammen mit Landesverkehrsminister Michael<br />
Groschek (SPD) und den Nahverkehrsunternehmen<br />
machten die Akteure der Infrastruktur-Initiative<br />
auf einer Sonderzugfahrt zahlreichen Medienvertretern<br />
deutlich, dass angesichts des kontinuierlichen<br />
Verkehrswachstums, der intensiven Nutzung der<br />
Verkehrswege und der jahrelangen Unterfinanzierung<br />
weiter dringender Sanierungsbedarf besteht. <strong>Das</strong> gilt<br />
in NRW vor allem für die Schieneninfrastruktur auf<br />
der Achse von Westfalen durch das Ruhrgebiet ins<br />
Rheinland sowie bei den U- und Stadtbahnen, bei<br />
denen Anlagen erneuert und insbesondere die Leitund<br />
Sicherungstechnik modernisiert werden müssen.<br />
„Rund 1,1 Milliarden Euro müssten die Kommunen<br />
und Verkehrsunternehmen bis 2016 in die Sanierung<br />
von Tunneln, Gleisen, Bahnhöfen und Technik investieren“,<br />
erläuterte Dirk Biesenbach, Vorsitzender der<br />
NRW-Landesgruppe des <strong>VDV</strong> und Vorstandssprecher<br />
der Rheinbahn AG, Düsseldorf: „Aus eigener Kraft<br />
können die betroffenen Unternehmen nur etwa ein<br />
Viertel der Summe aufbringen.“<br />
Intensiv diskutiert wurde über die Finanzierung<br />
der Verkehrsinfrastruktur auf der Länderkonferenz<br />
Nordrhein-Westfalen. „Wir dürfen nicht zulassen,<br />
dass aus Schäubles schwarzer Null im Bundeshaus-<br />
10 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Aktuell<br />
10<br />
Lokomotiven<br />
der Baureihe 146 werben auf<br />
den nordrhein-westfälischen<br />
Regional-Express-Verbindungen<br />
für die Infrastruktur.<br />
Im Dortmunder Werk von DB Regio NRW wurden die Lokomotiven<br />
beklebt, bevor die erste in Hamm (Westfalen) von ...<br />
… Oliver Wolff (Infra Dialog), Burkhard Bastisch (NWL), NRW-Verkehrsminister<br />
Michael Groschek sowie Heinrich Brüggemann (DB Regio NRW) (v.l.) vorgestellt wurde.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 11
Aktuell<br />
Bremen<br />
Ulm<br />
halt ein schwarzes Loch für<br />
die Verkehrsinfrastruktur<br />
wird“, so NRW-Verkehrsminister<br />
Groschek. Politiker, Fachleute aus<br />
Verkehrsbetrieben und Bauindustrie sowie<br />
Bürger zeigten Wege auf, wie Güter- und Pendlerströme<br />
angesichts steigender Transit- und Binnenverkehre<br />
künftig bewältigt werden können – etwa<br />
durch die Instandsetzung und den Ausbau wichtiger<br />
Autobahnen, der Sanierung von Brücken, den Ausbau<br />
der Betuwe-Linie und die Erweiterung der Umschlaganlagen<br />
in den Binnenhäfen. Auch Leser der Rheinischen<br />
Post hatten sich mit Ideen beteiligt.<br />
Die Veranstaltung in Düsseldorf war die dritte von<br />
acht Länderkonferenzen. Den Auftakt bildete Bremen<br />
(<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> berichtete im Februar), gefolgt von<br />
Baden-Württemberg. In Ulm diskutierten ebenfalls<br />
Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker sowie<br />
Vertreter von Industrie, Bauwirtschaft, Bus und Bahn<br />
über die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Wie<br />
kann man diese<br />
auf sichere Beine stellen? Die Teilnehmer waren sich<br />
einig: nur durch eine solidarische, von allen getragene<br />
Lösung. Die Maut für Bundesstraßen und Pkw sei<br />
dabei der wichtigste Hebel, lautete das Urteil unisono.<br />
Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner unterbreitete<br />
zudem einen weiteren Vorschlag: den Solidaritätszuschlag<br />
in eine Infrastrukturabgabe für alle umzuwandeln.<br />
Eine verstärkte Nutzerfinanzierung – etwa über die<br />
Maut – hatte zuvor auch Dr. Karl-Heinz Daehre in<br />
seiner Keynote empfohlen. Der Vorschlag des Landesverkehrsministers<br />
a.D. und Vorsitzenden der nach<br />
ihm benannten Kommission klang ebenso simpel wie<br />
einleuchtend: Bei einem Durchschnittspreis von<br />
50 Euro pro Vignette und Jahr würde allein das schon<br />
mehr als 2 Milliarden Euro jährlich in die Kassen<br />
spülen. Und dass der Bedarf hoch ist, war über alle<br />
politischen Lager hinweg unumstritten. „Es fehlt<br />
drastisch an Geld“, stellte Landesverkehrsminister<br />
Mehr als 150 Teilnehmer lauschten bei der Länderkonferenz in Ulm der Diskussion<br />
auf dem Podium. Schwerpunktthema war die Finanzierung der Infrastruktur.<br />
Wolfgang Arnold (<strong>VDV</strong>), Norbert Barthle (CDU), Ivo Gönner, Minister<br />
Winfried Hermann und Rudolf Köberle (CDU) diskutierten (v.l.).<br />
12 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Aktuell<br />
Düsseldorf<br />
Winfried Hermann (Grüne) fest. Laut einer Zustandsanalyse<br />
seines Ministeriums befindet sich<br />
allein in Baden-Württemberg ein Viertel der Straßen<br />
in sanierungsbedürftigem Zustand.<br />
Ob dieser Alarm in Sachen Infrastrukturfinanzierung<br />
nicht übertrieben sei, fragte Moderator Klaus Jancovius<br />
vom Südwestrundfunk seine Gesprächspartner<br />
provokant. „Bei der Beschreibung des Sanierungsbedarfs<br />
wird für meinen Geschmack noch hoffnungslos<br />
untertrieben“, warnte Dr. Peter Kulitz, Präsident des<br />
Industrie- und Handelskammertages Baden-Württemberg.<br />
Wichtig sei dabei auch die Sensibilisierung<br />
der Öffentlichkeit. „Wir müssen den Erneuerungsund<br />
Instandhaltungsbedarf deutlich machen“, betonte<br />
etwa Wolfgang Arnold, Vorsitzender der <strong>VDV</strong>-<br />
Landesgruppe Baden-Württemberg. Zur Finanzierung<br />
ergänzte Oliver Wolff, <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer und<br />
Geschäftsführer der Infra Dialog Deutschland GmbH:<br />
„Maut oder Public Private Partnerships – es darf keine<br />
Denkverbote geben.“<br />
Mit Ideen<br />
nach Berlin<br />
Weitere Länderkonferenzen<br />
finden in Hamburg (19. Juni),<br />
Bayern, Niedersachsen, Sachsen<br />
und Hessen statt. Gesucht werden weiterhin gute Ideen und Beispiele,<br />
wie Mittel nachhaltig und effizient eingesetzt werden können. Alle<br />
Bürger können sich beteiligen. Die besten Vorschläge aus den Länderkonferenzen<br />
werden der Politik beim nächsten Infrastrukturgipfel<br />
(9. September) in Berlin übergeben.<br />
www.infra-dialog.de<br />
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<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 13
Aus dem Verband<br />
Deutsche Bahn<br />
Im <strong>VDV</strong> ist die Deutsche Bahn mit 38 Konzerngesellschaften<br />
vertreten und damit größtes<br />
Verbandsmitglied. 300.000 DB-Mitarbeiter –<br />
davon zwei Drittel hierzulande – sichern Mobilität<br />
und Logistik für Menschen und Märkte auf<br />
der ganzen Welt. In Deutschland nutzen täglich<br />
5,4 Millionen Menschen die Angebote der<br />
Deutschen Bahn im Schienenverkehr und zwei<br />
Millionen Fahrgäste die Busse. Pro Tag befördert<br />
das Unternehmen 670.000 Tonnen Güter.<br />
Dafür betreibt der Konzern das mit 34.000<br />
Kilometern längste Schienennetz Europas und<br />
5.645 Personenbahnhöfe. Vor zwei Jahren hat<br />
die DB ihre Strategie neu ausgerichtet. Ziel ist<br />
es, Ökonomie, Soziales und Ökologie miteinander<br />
in Einklang zu bringen.<br />
www.deutschebahn.com<br />
Plenarsaal: Verkehrspolitik<br />
ist ein zentrales<br />
Thema auf der Hauptveranstaltung<br />
und im<br />
Sonderprogramm.<br />
Branchentreff an der<br />
Schnittstelle zur Politik<br />
„Öffentlicher Verkehr – Wirtschaftsfaktor<br />
und Lebensqualität“:<br />
So lautet das Leitthema der diesjährigen<br />
<strong>VDV</strong>-Jahrestagung. Im<br />
Mai trifft sich die Verkehrsbranche<br />
auf Einladung von <strong>VDV</strong> und<br />
Deutscher Bahn drei Tage in Berlin.<br />
Sicher und zuverlässig kommen 30 Millionen<br />
Fahrgäste sowie Güter täglich<br />
ans Ziel. Die Unternehmen der Verkehrsbranche<br />
sind in Deutschland ein<br />
wichtiger Wirtschaftsfaktor und sorgen<br />
für hohe Lebensqualität. Dies ist Herausforderung<br />
und Verpflichtung zugleich<br />
– sowohl für die Verkehrsunternehmen<br />
als auch für die Auftraggeber der öffentlichen<br />
Hand: „Wir stehen vor entscheidenden<br />
politischen Entwicklungen in<br />
Fragen der künftigen Finanzierung, Regulierung<br />
und Leistungsfähigkeit des Öffentlichen<br />
Verkehrs“, so <strong>VDV</strong>-Präsident<br />
Jürgen Fenske und Hauptgeschäftsführer<br />
Oliver Wolff in der Einladung zur diesjährigen<br />
Jahrestagung. Stoff für anregende<br />
Diskussionen gibt es reichlich,<br />
wenn sich die Verkehrsbranche vom<br />
26. bis 28. Mai in Berlin trifft. „Wir<br />
hoffen auf einen konstruktiven Dialog<br />
innerhalb der Branche und mit den Politikern<br />
von Bund und Ländern“, erläutert<br />
Jana Schäfer, Leiterin des Organisationsteams<br />
auf Seiten der DB. Hauptredner<br />
auf dem Forum Verkehrspolitik wird<br />
Alexander Dobrindt, Bundesminister für<br />
Verkehr und digitale Infrastruktur, sein.<br />
14 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Besuche im Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) (Foto, l.) und im<br />
Deutschen Technikmuseum (Mitte) zählen zu den Highlights des Rahmenprogramms. Zum Museum geht<br />
es im historischen Bus.<br />
Vor zwanzig Jahren wurde die Bahnreform<br />
auf den Weg gebracht. Anlässlich<br />
dieses für die Branche historischen<br />
Ereignisses ist die Deutsche Bahn <strong>2014</strong><br />
der gastgebende Partner der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung,<br />
die im Maritim Hotel in der<br />
Stauffenbergstraße stattfindet. „Nach<br />
den bisherigen Anmeldungen sind wir<br />
optimistisch, die Zahl von 1.000 Teilnehmern<br />
knacken zu können“, berichtet<br />
Kai Uhlemann, der auf Seiten des <strong>VDV</strong><br />
gemeinsam mit Mareike Bitter und Britta<br />
Böhne das Branchenevent organisiert.<br />
„Die Hauptstadt als Schnittstelle zur<br />
Politik und die DB als Gastgeber vor Ort<br />
verstärken die Anziehungskraft unserer<br />
Tagung in besonderer Weise.“<br />
mit Anreise im historischen Bus sowie<br />
die Besichtigungen der U 5-Baustelle<br />
und des Innovationszentrums für Mobilität<br />
und gesellschaftlichen Wandel<br />
(InnoZ), das zur vernetzten Mobilität<br />
forscht. Zudem ist ein attraktives touristisches<br />
Begleitprogramm buchbar.<br />
An Verkehrsatmosphäre fehlt es bei<br />
der Jahrestagung auch nicht im feierlichen<br />
Teil. Am Potsdamer Platz findet im<br />
trendigen U 3-Bahnhof und Tunnel, ein<br />
ungenutzter Teil des Berliner U-Bahn-<br />
Systems, der legere Treffabend statt.<br />
Festlich wird es am Dienstag beim Galaabend<br />
in The Station – einem denkmalgeschützten<br />
ehemaligen Postbahnhof aus<br />
der Kaiserzeit.<br />
Neben der Teilnahme an allen Veranstaltungen<br />
und den Fachbesichtigungen am<br />
Mittwoch, 28. Mai, ist im Tagungsbeitrag<br />
die Freifahrt in allen Verkehrsmitteln<br />
der BVG und der S-Bahn Berlin sowie<br />
die kostenlose Nutzung des Call a Bike-<br />
Angebots der Deutschen Bahn enthalten.<br />
www.vdv.de/jahrestagung.aspx<br />
Themen der Fachforen werden die vollständige<br />
Barrierefreiheit im ÖPNV, der<br />
neue Bundesverkehrswegeplan sowie<br />
innovative Vertriebswege sein. Um Mobilität,<br />
Technik und Politik geht es auch<br />
im Sonderprogramm und bei den abwechslungsreichen<br />
Fachbesichtigungen,<br />
die das gemeinsame Organisationsteam<br />
von <strong>VDV</strong> und DB zusammengestellt hat.<br />
In Begleitung des Verkehrsausschuss-<br />
Vorsitzenden Martin Burkert gibt es<br />
ein – leider bereits ausgebuchtes – verkehrspolitisches<br />
Gespräch im Saal des<br />
Ausschusses. Weitere Highlights: der<br />
Besuch im Deutschen Technikmuseum<br />
Besprechung im Bahntower: Jana Schäfer und Kai Uhlemann (beide im Vordergrund) bilden mit<br />
Wolfgang Schwenk, Clara-Johanna Homann, Mareike Bitter und Florian Wrobel (hintere Reihe v.l.)<br />
das gemeinsame Planungsteam von <strong>VDV</strong> und Deutscher Bahn.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 15
Hintergrund<br />
197<br />
Mal<br />
standen die Übertragungsnetze im<br />
Winter 2011/2012 so kurz vor dem<br />
Blackout, dass die Leitstellen<br />
der jeweiligen Netzbetreiber<br />
eingreifen mussten.<br />
Wenn<br />
ein Blackout<br />
alles<br />
lahmlegt<br />
Und schlagartig ist alles dunkel. Ein Stromausfall kann eine komplette Stadt lahmlegen oder<br />
eine ganze Region. Ein Szenario, auf das die Verkehrsunternehmen in der Regel vorbereitet<br />
sind – so lange es sich um wenige Stunden handelt. Aber was passiert, wenn es nicht Stunden,<br />
sondern Tage werden? Mit dieser Frage haben sich die Teilnehmer einer <strong>VDV</strong>-Tagung in<br />
Dresden beschäftigt.<br />
16 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Hintergrund<br />
Ratlose Fahrgäste: Bei einem Blackout am Frankfurter Hauptbahnhof blieben im September 2012 die Anzeigetafeln mit den<br />
Abfahrtszeiten schwarz. Auch sonst hatten Teile des Bahnhofs keinen Strom. Grund war wohl ein Kurzschluss im Gleisbereich.<br />
Eigentlich hat Deutschland eines der zuverlässigsten<br />
Stromnetze Europas. 2012 blieb nach Angaben der<br />
Bundesnetzagentur für gerade einmal 15,91 Minuten<br />
pro Letztverbraucher der Strom weg, im internationalen<br />
Vergleich ist das ein guter Schnitt. Doch das Risiko<br />
des großen Blackouts wächst. <strong>Das</strong> befürchtet auch<br />
Ralf Baumann, Direktor Infrastruktur bei den Berliner<br />
Verkehrsbetrieben (siehe Interview, Seite 19). Die<br />
Netze werden anfälliger, mahnte er als Vorsitzender<br />
des <strong>VDV</strong>-Ausschusses für Elektrische Energieanlagen<br />
(AEE), der die Fachtagung zusammen mit der<br />
Berufsgenossenschaft VBG – Branche ÖPNV/Bahnen<br />
organisiert hatte. „Im Winter 2011/2012 standen die<br />
Übertragungsnetze 197 Mal so kurz vor dem Blackout,<br />
dass die Leitstellen der jeweiligen Netzbetreiber eingreifen<br />
mussten – im Winter davor waren es nur<br />
39 Fälle“, berichtete Baumann.<br />
„Langanhaltende Stromausfälle und ihre Auswirkungen“<br />
hieß deswegen auch die Sequenz, in der sich die<br />
Teilnehmer der Tagung mit dem Thema beschäftigten.<br />
Deutlich wurde: Die Herausforderungen solcher<br />
Szenarien sind komplex, Vorbereitung ist alles. „Die<br />
Erfahrungen aus kurzzeitigen Stromausfällen sind<br />
nicht übertragbar“, betonte zum Beispiel Dr. Leon<br />
Hempel in seinem Vortrag zum Krisenmanagement.<br />
Der Wissenschaftler der Technischen Universität<br />
Berlin erforscht unter anderem die Risikoarchitektur<br />
städtischer Infrastruktur.<br />
<strong>Das</strong> Besondere bei langen Blackouts aus Sicht von<br />
Leon Hempel: Hier kommt vieles zusammen, die Auswirkungen<br />
sind überall und immer stärker zu spüren.<br />
U- und Straßenbahnen bleiben stehen, Busse stecken<br />
nach dem Ausfall der Ampeln im Stau fest. Fahrgäste<br />
müssen aus Tunneln oder Aufzügen evakuiert werden.<br />
Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen<br />
Einsatz unter der Erde: Feuerwehrleute in Berlin proben den Ernstfall in<br />
einem U-Bahn-Tunnel. Dazu gehört auch die Bergung von hilfsbedürftigen<br />
Personen.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 17
Hintergrund<br />
fahren auf Notstrom, so auch die Einsatzzentralen<br />
der Rettungskräfte – und die Leitstellen der Verkehrsbetriebe.<br />
Der Notstrom reicht in der Regel nur<br />
für wenige Stunden, dann sind die Dieselvorräte der<br />
Generatoren erschöpft, so Hempel. Treibstoff werde<br />
jedoch zu einem raren Gut – schließlich laufen auch<br />
die Pumpen der Tankstellen nicht ohne Strom. Die<br />
Kommunikation sei ebenfalls ein Problem. Mobilfunk<br />
und Festnetz sind zunächst überlastet und fallen dann<br />
aus. In den Verkehrsbetrieben beispielsweise trifft<br />
das auch auf die Basisstationen des Betriebsfunks zu.<br />
Nach acht Stunden funktioniert dort nur noch das<br />
interne Festnetz – die meisten Standorte sind nicht<br />
mehr erreichbar. Dort wie in der ganzen Stadt gilt: Die<br />
Kommunikation liegt danieder.<br />
<strong>Das</strong> ist die Situation, auf die die Verkehrsbetriebe<br />
reagieren müssen. Wie können die Krisenstäbe<br />
innerhalb der Betriebe noch kommunizieren, wie mit<br />
den Krisenstäben von Rettungskräften und Behörden?<br />
Können sie auch über mehrere Tage einen Notbetrieb<br />
mit Bussen aufrechterhalten? Nicht zu vergessen,<br />
dass das Personal nur eingeschränkt zur Verfügung<br />
steht. Mitarbeiter mit Kindern und pflegebedürftigen<br />
Angehörigen fallen unter Umständen aus.<br />
Wie man sich auf solche Szenarien vorbereiten kann,<br />
haben die Verkehrsbetriebe aus Wien und Hamburg<br />
auf der AEE-Fachtagung vorgestellt. Die Hamburger<br />
Hochbahn etwa sorge durch sogenannte Redundanzen<br />
in der Stromversorgung für eine möglichst hohe<br />
Absicherung der Netze, berichtete Frank Steinhorst,<br />
Bereichsleiter Infrastruktur im Unternehmen. Falle<br />
die Haupteinspeisung aus, werde automatisch auf<br />
einen separaten 400-Volt-Hausanschluss umgeleitet,<br />
der die wichtigen und sicherheitsrelevanten Verbraucher<br />
versorgt. Ist auch diese Einspeisung gestört,<br />
springt eine batteriegestützte Notversorgung ein.<br />
Die AEE-Fachtagung<br />
356 Teilnehmer und 43 Aussteller nahmen an der<br />
diesjährigen Fachtagung „Elektrische Energieanlagen<br />
von Gleichstrom-Nahverkehrsbahnen“ teil. Veranstaltet<br />
wurde sie vom <strong>VDV</strong>-Ausschuss für Elektrische Energieanlagen<br />
(AEE) und der Berufsgenossenschaft VBG<br />
- Branche ÖPNV/Bahnen. In den Vorträgen ging es vor<br />
allem um den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung<br />
von Stromversorgungs-, Licht- und Kraftanlagen von<br />
Straßen-, Stadt- und U-Bahnen sowie von O-Bussen.<br />
<strong>2014</strong> standen auch Vorträge zum Arbeitsschutz, Speichertechnologien<br />
oder zur Erhöhung der Speisespannung<br />
in der Fahrstromversorgung auf dem Programm.<br />
In der Betriebszentrale der Hamburger Hochbahn werden auch bei<br />
einem Stromausfall die Abläufe koordiniert.<br />
Leistungsstark: eines der drei Dieselaggregate, die die<br />
Notstromversorgung der Wiener Linien sichern<br />
18 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Hintergrund<br />
Blick in zwei U-Bahn-Tunnel: Fällt hier der Strom aus, müssen die Fahrgäste evakuiert werden.<br />
Besonders bei hilfsbedürftigen Personen ist das eine Herausforderung.<br />
Für mindestens eine Stunde können so die Notbeleuchtung<br />
und die Funktion sicherheitsrelevanter<br />
Anlagen aufrechterhalten werden. Steinhorst: „Diese<br />
Redundanzen sorgen auch bei einem langanhaltenden<br />
flächendeckenden Stromausfall dafür, dass die Fahrgäste<br />
unsere Züge und Bahnanlagen sicher verlassen<br />
können.“<br />
In der österreichischen Hauptstadt denkt man unterdessen<br />
in großen Dimensionen. Die Wiener Linien<br />
„Die Erfahrungen aus kurzzeitigen<br />
Stromausfällen<br />
haben in riesige Aggregate investiert:<br />
drei Dieselmotoren mit einer jeweiligen<br />
Leistung von 5,3 Megawatt anhaltende übertragbar.“<br />
sind nicht auf langund<br />
48.000-Liter-Vorratstank. „Bei<br />
Dr. Leon Hempel<br />
halber Füllung lässt sich für immerhin<br />
24 Stunden der Notstrombetrieb<br />
aufrechterhalten“, sagte Reinhard Glaser, beim<br />
Verkehrsbetrieb verantwortlich für die 20-kV-Netzstromversorgung.<br />
In diesem Frühjahr soll ein viertes<br />
Aggregat folgen. Vorbereitung ist schließlich alles.<br />
Vier Fragen an Ralf Baumann (Foto), Direktor Infrastruktur bei der BVG und<br />
Vorsitzender des AEE-Fachausschusses<br />
» Herr Baumann, langanhaltende Stromausfälle:<br />
Warum ist dieses Thema für die<br />
Verkehrsbetriebe so interessant?<br />
Wir haben zwar noch keinen großen<br />
Blackout erlebt, aber doch schon bedrohliche<br />
Netzsituationen, aus denen so etwas<br />
hätte entstehen können. Deswegen ist uns<br />
das Thema wichtig. Als Verkehrsunternehmen<br />
sichern wir schließlich Mobilität.<br />
Deswegen sind wir dazu verpflichtet, uns<br />
redundant abzusichern. Wir brauchen zum<br />
Beispiel Ersatznetze, um unsere Anlagen<br />
auch bei einem flächendeckenden Stromausfall steuern beziehungsweise<br />
kontrolliert herunterfahren zu können.<br />
» Warum wird das Thema gerade jetzt akut?<br />
<strong>Das</strong> Risiko ist gestiegen. Grund dafür sind einerseits Netzinstabilitäten<br />
in Folge der Energiewende, bei der Strom weniger regelmäßig eingespeist<br />
wird. Aber auch der Investitionsstau in die entsprechende Infrastruktur<br />
ist ein Problem. Auch deswegen haben wir die Infrastruktur-Initiative<br />
„Damit Deutschland vorne bleibt“ ins Leben gerufen.<br />
» Können die Verkehrsunternehmen langanhaltenden Ausfällen<br />
entgegenwirken?<br />
Man kann und muss vorsorgen, ganz klar. Die Verkehrsbetriebe müssen<br />
schon vorbereitet sein, bevor ein solches Ereignis eintritt – wir nennen es<br />
T 0<br />
. Jedes Unternehmen sollte zum Beispiel ein Handbuch für die Mitarbeiter<br />
herausgeben, damit jeder in einer solchen Situation sofort weiß, was zu<br />
tun ist. Schließlich ist nicht garantiert, dass die Kommunikationsanlagen<br />
funktionieren.<br />
» Wie bereitet sich die BVG auf einen langanhalten Stromausfall vor?<br />
Wir haben viel Geld in die Hand genommen und einen Krisenraum eingerichtet,<br />
von dem aus wir alles koordinieren. Und wir werden noch ein<br />
Tankfahrzeug beschaffen. <strong>Das</strong> wird bei einem langen Stromausfall aus<br />
unseren eigenen Diesel-Tankstellen für die BVG-Omnibusflotte schöpfen<br />
und die Notstromaggregate versorgen. Feuerwehr und Polizei haben schon<br />
angekündigt, dass sie im Notfall den Tanklaster nutzen wollen.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 19
Blick von außen<br />
„Meine Fotografie ist sehr<br />
pur und grafisch. Personen<br />
lenken nur vom Motiv ab.“<br />
Micha Pawlitzki, Fotograf<br />
Eineinhalb Jahre hat Micha Pawlitzki die unterirdischen Stationen der Republik bereist und die interessanten fotografiert – wie hier Altenessen-Mitte.<br />
Im<br />
Sog der<br />
Ästhetik<br />
täglichen<br />
Unter deutschen Innenstädten liegen architektonische<br />
Juwelen: Der Fotograf Micha Pawlitzki setzt U-Bahn-<br />
Stationen streng symmetrisch in Szene – und öffnet<br />
ungewöhnliche Blickwinkel auf das Gewohnte.<br />
Einst waren sie reine Zweckbauten: graue<br />
Funktionsträger des Personennahverkehrs.<br />
Seit einigen Jahren verändern<br />
Deutschlands U-Bahn-Stationen jedoch<br />
ihr Gesicht. Unter den Städten entstehen<br />
beeindruckende Hallen mit kühnen<br />
Deckenkonstruktionen, ausgeklügelten<br />
Lichteffekten und anspruchsvollen<br />
künstlerischen Konzepten. Paläste urbaner<br />
Mobilität. Micha Pawlitzki hat sie alle<br />
gesehen – die modernsten und die in die<br />
Jahre gekommenen. Eineinhalb Jahre bereiste<br />
der Fotograf die unterirdischen Stationen<br />
der Republik. Die architektonisch<br />
interessantesten und originellsten zeigt<br />
sein Bildband „Unter Grund“. Wartende<br />
Fahrgäste oder Pendlerströme kommen<br />
darin nicht vor. „Meine Fotografie ist sehr<br />
pur und grafisch“, erklärt Micha Pawlitzki:<br />
„Personen lenken nur vom Motiv ab.“<br />
Und so entsteht durch Bahnsteige, Säulen<br />
und Decken eine Raumwirkung, die den<br />
Betrachter förmlich ins Bild zieht.<br />
20 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
In München Westfriedhof (o.) herrscht, so der Fotograf,<br />
„Lounge-Atmosphäre, aber es sieht auch ein bisschen<br />
gruftig aus“. Gerhard Richter, höchst gehandelter Gegenwartskünstler,<br />
gestaltete mit der Bildhauerin Isa Genzken<br />
Duisburgs König-Heinrich-Platz (r.).<br />
Seine Motive entdeckt Micha Pawlitzki<br />
aus dem Zug heraus. „Ich fahre alle unterirdischen<br />
Stationen ab und entscheide<br />
sofort, welche Potenzial hat.“ Besonders<br />
reizvoll findet er es, wenn hinter den<br />
Bahnhöfen ein künstlerisches Konzept<br />
steckt und die Architektur eine Verbindung<br />
zur Umgebung herstellt – etwa in der<br />
Hamburger Hafencity oder am Münchner<br />
Westfriedhof. Für die geschmackvolle<br />
Gestaltung der Stationen bricht Pawlitzki<br />
eine Lanze: „Die relativ geringen Mehrausgaben<br />
fallen angesichts der hohen<br />
Gesamtkosten beim U-Bahn-Bau nicht<br />
ins Gewicht.“ Dafür erhöhten sich die<br />
Akzeptanz der Menschen und der Wohlfühlwert.<br />
heit und zum Schutz seiner wertvollen<br />
Ausrüstung nicht mehr verzichten möchte.<br />
Aufgeräumt wirken seine Fotografien<br />
nicht nur im übertragenen Sinn. „Ich war<br />
überrascht, wie sauber es war.“ <strong>Das</strong>s er<br />
Papier aus dem Blickwinkel der Kamera<br />
nehmen musste, war genauso eine Ausnahme<br />
wie der Einsatz einer Nürnberger<br />
Reinigungskolonne. Kurz bevor Pawlitzki<br />
ans Werk ging, wurden die Stationen auf<br />
Vordermann gebracht. <strong>Das</strong> war von ihm<br />
so zwar nicht explizit gewünscht, kam<br />
aber seiner reinen Lehre entgegen: „Auch<br />
überfüllte Papierkörbe lenken nur vom<br />
Motiv ab.“<br />
www.micha-pawlitzki.com<br />
Drei Bildbände<br />
zu gewinnen<br />
So schnell wie sich Micha Pawlitzki, der<br />
auch Fotoworkshops anbietet, für ein Motiv<br />
entscheidet, muss es manchmal bei seiner<br />
Arbeit gehen. Oft bleiben nur wenige<br />
Sekunden, in denen keine Menschen auf<br />
dem Bahnsteig sind. Einfacher wird es,<br />
wenn er in den Betriebspausen bis in die<br />
frühen Morgenstunden fotografiert. Ohne<br />
die Unterstützung und die Genehmigung<br />
der Verkehrsunternehmen geht dann und<br />
auch tagsüber nichts. Nicht zuletzt verursacht<br />
seine Arbeit Kosten, die ihm in<br />
Rechnung gestellt werden – etwa für die<br />
zusätzliche Security nach Betriebsschluss,<br />
auf die Pawlitzki zu seiner eigenen Sicher-<br />
Wir verlosen dreimal „Unter Grund“ (Foto)<br />
aus der Edition Panorama. Frage: Welche<br />
Künstler gestalteten<br />
die Duisburger Station<br />
König-Heinrich-<br />
Platz? Antworten an:<br />
Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong><br />
<strong>Magazin</strong>“, AD HOC PR,<br />
Berliner Str. 107, 33330<br />
Gütersloh. Rechtsweg und Teilnahme über<br />
gewerbliche Gewinngemeinschaften ausgeschlossen.<br />
Einsendeschluss: 31. Mai <strong>2014</strong>.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 21
8<br />
Millionen<br />
Fahrgäste nutzten im vergangenen<br />
Jahr die „Bügeleisen”-Schiffe<br />
der Hadag – 70 Prozent<br />
sind Stammkunden aus Hamburg<br />
und Umgebung.<br />
Unverwechselbar in ihrer<br />
Form: Ein „Bügeleisen“-<br />
Schiff der Traditionsreederei<br />
Hadag und die Hamburger<br />
Elbphilharmonie
Unterwegs im Netz<br />
Die Hadag<br />
in Zahlen<br />
- 23 Schiffe<br />
- 7 Linien<br />
- rund 30 km Linienlänge<br />
- 21 Anlegestellen<br />
Staufrei über die Elbe, schnell und sicher zum Arbeitsplatz: Wer im Hafen beschäftigt ist<br />
und die Fähren nutzt, spart sich als Berufspendler etliche Autokilometer.<br />
Nasser Nahverkehr<br />
Docks<br />
zwischen<br />
und dicken<br />
Pötten<br />
Ein einheitliches Ticket nicht nur für Busse und Bahnen, sondern auch für Fähren:<br />
Im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) gehören sieben Schiffslinien auf der Elbe und<br />
in den Häfen zum fahrplanmäßigen Nahverkehrsangebot – lebensnotwendig für<br />
viele Hansestädter, attraktiv für Touristen.<br />
Gabriele Müller-Remer ist sich ziemlich sicher:<br />
„Hafenlinien gibt es auch anderswo auf der Welt,<br />
doch die Einbindung unseres Schiffsverkehrs in den<br />
Verkehrsverbund – das ist bislang einzigartig. Andere<br />
Großstadtregionen wie etwa London arbeiten<br />
aber daran und interessieren sich für unser Modell.“<br />
Von der Hafencity bis zur Insel Finkenwerder und<br />
nach Teufelsbrück ein gutes Stück stromab, von den<br />
Landungsbrücken in St. Pauli bis tief in Häfen und<br />
Elbe-Seitenarme betreibt die Hamburger Traditionsreederei<br />
Hadag – heute eine Tochtergesellschaft<br />
des kommunalen Bus- und Bahnunternehmens<br />
Hamburger Hochbahn AG – ein etwa 30 Kilometer<br />
langes nasses Streckennetz mit 21 Anlegestellen.<br />
„Es ist eigentlich nicht viel anders als ÖPNV an<br />
Land“, sagt Hadag-Vorstandschefin Müller-Remer:<br />
„Man richtet Linien ein, legt einen Takt fest, baut<br />
einen Fahrplan möglichst mit guten Anschlüssen<br />
auch zu den anderen Verkehrsmitteln und kümmert<br />
sich um Personal und Fahrzeuge.“ Gewisse Unterschiede<br />
gibt es schon. So findet sich im Fahrplan<br />
der eher klein gedruckte Hinweis: „Unsere Fahrzeiten<br />
sind von der Tide abhängig.“ Zwar fahren die<br />
23 Hadag-Schiffe im Viertel- oder Halb-Stundentakt<br />
bis zu 20 Stunden am Tag, doch wenn Ebbe und<br />
Flut heftiger ausfallen, können die Anlegemanöver<br />
schon mal etwas länger dauern.<br />
Hinzu kommt: Ein Schiff ist deutlich teurer in der<br />
Anschaffung als ein Linienbus. Müller-Remer:<br />
„Dafür passen auch 250 Leute hinein, und wenn man<br />
es gut pflegt und immer wieder modernisiert, dann<br />
hält es auch hundert Jahre.“ So alt ist allerdings kein<br />
Hadag-Schiff. In den letzten Jahren wurde die Flotte<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 23
Unterwegs im Netz<br />
Leistungsträger und Markenzeichen<br />
des nassen<br />
Nahverkehrs: Ein Schiff<br />
vom Typ 2000 kann<br />
250 Passagiere an Bord<br />
nehmen.<br />
Elbabwärts begegnet kurz vor Finkenwerder ein Bügeleisen-<br />
Linienschiff einem modernen Riesen-Containerschiff.<br />
„Hafenlinien gibt es<br />
auch anderswo, doch<br />
die Einbindung unseres<br />
Schiffsverkehrs in den<br />
Verkehrsverbund ist<br />
einzigartig.“<br />
Gabriele Müller-Remer<br />
weithin modernisiert. Markenzeichen<br />
sind die seit Ende des 20. Jahrhunderts<br />
angeschafften Schiffe vom Typ 2000, die<br />
ob ihrer Form gerne „Bügeleisen“ genannt<br />
werden.<br />
Gefahren wird der Liniendienst nicht<br />
etwa von mehrköpfigen Crews, sondern<br />
von einem einzigen Mann oder einer<br />
einzigen Frau an Bord. Von einer rundum<br />
verglasten Kanzel und zusätzlich<br />
unterstützt durch Kamera-Augen hat<br />
die Schiffsführung alles im Blick und mit<br />
moderner Technik auch im Griff. Dank<br />
des Bugstrahlruders kann das Schiff an<br />
den Anlegestellen so präzise „geparkt“<br />
werden, dass Passagiere über die per<br />
Knopfdruck ausgefahrene Gangway gefahrlos<br />
an und von Bord kommen, ohne<br />
dass dicke Taue um Poller gewunden<br />
werden müssen. „Dieses Verfahren“,<br />
so die Chefin nicht ohne Stolz, „hat die<br />
Aufenthaltsdauer an den Pontons auf ein<br />
Drittel reduziert.“ Über acht Millionen<br />
Passagiere zählte die Hadag im vergangenen<br />
Jahr. Müller-Remer schätzt, dass<br />
etwa 70 Prozent der Fahrgäste Stammkunden<br />
aus Hamburg und Umgebung<br />
sind. Zum großen Teil Berufspendler, die<br />
aus der Hansestadt über die Elbe schnell,<br />
staufrei und sicher zu ihren Arbeitsplätzen<br />
im Hafen gelangen – und sich damit<br />
etliche Autokilometer ersparen. Für<br />
Hafenarbeiter war der Fährdienst vor<br />
126 Jahren eingerichtet worden, als im<br />
wachsenden Freihafen immer mehr Arbeitsplätze<br />
in den Werften, Warenlagern<br />
und Veredlungsbetrieben entstanden.<br />
Bevor die H.D.A.G. Hafen-Dampfschifffahrt-Actien-Gesellschaft<br />
1888 ihre<br />
erste Konzession für den Fährverkehr<br />
erhielt, waren – heute schier unvorstellbar<br />
– die Arbeiter in Ruderboot-Fahrgemeinschaften<br />
über die Elbe gependelt.<br />
Neben den Stammkunden mit HVV-Abo<br />
heute sieht sich die Linienschifffahrt<br />
als ganz normales Verkehrsmittel. „Wir<br />
versuchen, eine vernünftige Alternative<br />
zum Auto zu bieten: zum Einkaufs-<br />
24 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Unterwegs im Netz<br />
Cranz<br />
Blankenese Teufelsbrück<br />
Rüschpark<br />
Neuenfelde<br />
64<br />
Neumühlen/<br />
Övelgönne<br />
62<br />
Bubendey-Ufer<br />
Finkenwerder<br />
Dockland<br />
(Fischereihafen)<br />
61<br />
Waltershof<br />
Neuhof<br />
Landungsbrücken<br />
Altona<br />
Fischmarkt<br />
62<br />
75<br />
61<br />
Steinwerder Theater<br />
im Hafen<br />
Argentinienbrücke<br />
Baumwall<br />
72<br />
Elbphilharmonie<br />
Norderelbstraße<br />
72<br />
73<br />
Arningstraße<br />
73<br />
Ernst-August-Schleuse<br />
Liniennetz zu Wasser: Die Hafenfähren der Hadag<br />
erschließen das maritime Hamburg und können<br />
auch mit einem entsprechenden HVV-Ticket für<br />
U- und S-Bahn sowie Bus genutzt werden.<br />
bummel, zum Treffen mit Verwandten<br />
oder Freunden, zum Kino- oder Konzertbesuch<br />
oder was auch immer“, sagt<br />
Müller-Remer. Als Personalchefin der<br />
Hochbahn AG hatte die Hadag-Chefin<br />
lange Zeit den Aufsichtsrat der kleinen<br />
Aktiengesellschaft geleitet. Und als<br />
ihr Vorgänger in den Ruhestand ging,<br />
wechselte sie in das Chefbüro am Altonaer<br />
Fischmarkt. Sie begab sich auf<br />
buchstäblich schwankendes Terrain:<br />
Die kleine Hadag-Firmenzentrale ist<br />
auf einem Ponton unmittelbar vor dem<br />
Museums-U-Boot U 434 eingerichtet<br />
– und sie vermittelt durchaus maritime<br />
Eindrücke: Ein sanftes Schaukeln in<br />
der vom Schiffsverkehr bewegten Elbe<br />
ist der Normalfall. Doch wenn kräftige<br />
Winde die Fluten unter Druck setzen,<br />
dann braucht man an diesem Arbeitsplatz<br />
eine gewisse Standfestigkeit.<br />
Schön für die Chefin: Alle paar Minuten<br />
fährt eines ihrer Schiffe vorbei, ein<br />
schneller Gruß hinüber zum Schiffsführer<br />
ist allemal drin.<br />
Etwa 30 Prozent der Fahrgäste sind<br />
Hamburg-Besucher, die besonders an<br />
schönen Tagen die Hafenrundfahrt zum<br />
HVV-Tarif lieben. Für 5,90 Euro steht<br />
ihnen ganz Hamburg ab 9 Uhr morgens<br />
offen, mit vielen Verknüpfungen von<br />
Bus, Bahn und eben Schiff. In einer halben<br />
Stunde beispielsweise ist etwa von<br />
den Landungsbrücken aus das beschauliche<br />
Finkenwerder erreicht. Am Ende der<br />
dortigen Landungsbrücke empfiehlt ein<br />
kleiner Stadtplan drei Rundgänge durch<br />
das Elbinsel-Dorf und fordert auf gut<br />
plattdeutsch: „to Foot lopen“. Schon klassisch<br />
ist der Musical-Besuch auf dem<br />
St. Pauli gegenüber liegenden Elbufer,<br />
wo der „König der Löwen“ seit Jahren die<br />
Besucher lockt. <strong>Das</strong> Schiffchen, mit dem<br />
man übersetzt, ist in den Ocker-Farben<br />
des Musical-Auftritts gehalten – und<br />
natürlich eine Hadag-Linie.<br />
Wer mag, kann bei der Hadag „tolle Törns<br />
zwischen Docks und dicken Pötten“<br />
buchen, natürlich nicht zum HVV-Tarif.<br />
Die „Große Hafenrundfahrt“ und, neu in<br />
diesem Jahr, den „Elb-Hüpfer“: ein neudeutsch<br />
„Hop-on-Hop-off“ genanntes<br />
Angebot, bei dem das nasse Fahrprogramm<br />
durch individuelle Landgänge<br />
ergänzt werden kann. Auf allen Linien.<br />
Drei, die zusammengehören: das Unternehmen,<br />
die Stadt und der Verbund –<br />
repräsentiert durch ihre Fähnchen.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 25
Blick von außen<br />
Die Geschichten<br />
hinter denGesichtern<br />
Eine Straßenbahn im Ruhrgebiet und ihre Fahrgäste: Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft und aller Altersgruppen legen meist schweigend ihren Weg zur Arbeit und<br />
nach Hause zurück. Einige haben die Filmemacherin Marion Försching und den<br />
Kameramann Jürgen Dahlhoff in ihr Leben schauen lassen.<br />
Ein Mann zupft ein paar Akkorde auf seiner Gitarre.<br />
Eine junge Frau ist eingenickt, ein Kind schaut sich<br />
neugierig um. Draußen zieht der Förderturm der<br />
Zeche Zollverein vorbei. <strong>Das</strong> Kind versucht, einen<br />
Fahrschein in den Entwerter zu stecken. Vergeblich,<br />
es ist noch zu klein. Alltag in der Straßenbahn<br />
zwischen Essen und Gelsenkirchen. Zehn Tage<br />
waren die Autorin Marion Försching und Kameramann<br />
Jürgen Dahlhoff mit der Linie 107 der Essener<br />
Verkehrs-AG (EVAG) unterwegs. Ihre halbstündige<br />
Dokumentation für die WDR-Reihe „hier und heute“<br />
holt Menschen in der Bahn aus ihrer Anonymität<br />
und begleitet sie nach dem Aussteigen noch ein<br />
Stück ihres Lebensweges. Vor der Kamera erzählen<br />
sie ihre Geschichten. Von Obdachlosigkeit, vom<br />
Glück einer neuen Liebe, von der Geborgenheit auf<br />
der Schalker Fantribüne oder der erfüllenden Arbeit<br />
mit Demenzkranken. „Dieser Film war für uns ein<br />
Experiment“, berichtet Marion Försching. Herausgekommen<br />
ist ein Stück<br />
Fernsehen, das unter die<br />
Haut geht – und eine Nominierung<br />
für den renommierten<br />
Grimme-Preis.<br />
„Bei diesem Film mit den<br />
vielen nahen Gesichtern<br />
wirkt Schwarz-Weiß<br />
intensiver und poetischer.“<br />
Marion Försching<br />
Marion Försching und<br />
Jürgen Dahlhoff suchen bei<br />
ihrer Arbeit Alltagsbegegnungen:<br />
im Waschsalon,<br />
am Kiosk, beim Damenfrisör. Irgendwann entstand<br />
die Idee, in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu<br />
drehen. Die Wahl fiel auf die Linie 107 der EVAG.<br />
26 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Blick von außen<br />
Drei Menschen, die die Linie 107 verbindet:<br />
eine junge Frau mit Kopfhörern, der Mann<br />
mit der Gitarre und Straßenbahnfahrer<br />
Wolfgang Hinz<br />
Vier Fragen an<br />
Marion Försching<br />
Eine knappe Dreiviertelstunde benötigen die Züge<br />
für die Fahrt zwischen dem wohlhabenden Essener<br />
Stadtteil Bredeney und dem Gelsenkirchener<br />
Hauptbahnhof. Eine Strecke mit sozialem Gefälle<br />
und genug Zeit, um mit den Fahrgästen ins Gespräch<br />
zu kommen. „Wir haben uns aber auch für das Ruhrgebiet<br />
entschieden, weil die Menschen dort ihren<br />
eigenen Humor haben und offen sind“, erklärt die<br />
Kölner Journalistin. Von der EVAG haben Försching<br />
und Dahlhoff die Unterstützung bekommen, die sie<br />
sich gewünscht haben: „Wir erhielten spontan die<br />
Drehgenehmigung und hatten nie eine Begleitung“,<br />
so Försching. Nach einer Anfrage bei der Pressestelle<br />
kam auch ein Gespräch mit Straßenbahnfahrer<br />
Wolfgang Hinz zustande, den das Fernsehteam<br />
zuvor unterwegs kennengelernt hatte. Bei Kaffee<br />
und Zigarette erzählt er seine Geschichte. Ein weiterer<br />
sehr persönlicher Moment der Dokumentation:<br />
Wolfgang Hinz schildert, wie er den Neuanfang nach<br />
dem Tod seiner Frau gemeistert hat. „Ich habe mich<br />
vollkommen verändert. Ich wollte nicht mehr der<br />
Alte sein und die Vergangenheit hinter mir lassen.“<br />
Von den Haaren trennte er sich, einen modischen<br />
Kinnbart und einen Ohrring legte er sich zu. Und er<br />
hat sich wieder verliebt. Eine Kollegin hatte ihn in<br />
der Trauerphase unterstützt. Jetzt sind sie miteinander<br />
verheiratet.<br />
» Frau Försching,<br />
was hat Sie bei der<br />
Arbeit an „Linie 107“<br />
so fasziniert?<br />
Eine Straßenbahn<br />
und ihre Fahrgäste<br />
sind etwas<br />
Alltägliches und<br />
Marion Försching und Jürgen Dahlhoff doch so besonders.<br />
In derselben Bahn<br />
fahren Menschen aller Schichten und Altersgruppen. Und jeder<br />
Mensch hat eine Geschichte, die er erzählt oder nicht. Eine traurige<br />
oder eine lustige Geschichte.<br />
» Warum haben Sie in Schwarz-Weiß gedreht?<br />
Schwarz-Weiß fanden wir intensiver. Denn es geht um die Menschen.<br />
Farben hätten nur abgelenkt. Bei diesem Film mit den vielen<br />
nahen Gesichtern wirkt Schwarz-Weiß einfach intensiver und<br />
poetischer. Gerade die Poesie spielt bei unseren Filmen immer eine<br />
wichtige Rolle.<br />
» Fühlten sich die Menschen nicht dadurch belästigt, dass Sie mit<br />
der Kamera so nah an ihren Gesichtern waren?<br />
Nur wenige haben abgewunken und Nein gesagt. Die Leute spürten<br />
den Spaß, den wir bei der Arbeit hatten, und wollten mitmachen.<br />
Aber es gab auch Tage, wo sich kein Gesprächspartner fand.<br />
Die Dokumentation „Linie 107“ ist in der<br />
Online-Mediathek des WDR abrufbar:<br />
» Sind Sie auch privat mit der Straßenbahn unterwegs?<br />
Ich versuche, es zu vermeiden. Ich bin Motorradfahrerin und damit<br />
flexibler.<br />
www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/hier_<br />
und_heute/videohierundheutelinie100.html<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 27
Grenzenlos<br />
30.000<br />
Kilometer<br />
umfasst das brasilianische<br />
Schienennetz. Gemessen an<br />
der Fläche – Brasilien ist<br />
24 Mal größer als Deutschland<br />
– ist das relativ klein.<br />
<strong>Das</strong> Schnellbussystem<br />
BRT – das steht für Bus Rapid Transit, das Busschnellsystem,<br />
bei dem die geräumigen Fahrzeuge auf separaten, für Autos und<br />
Lkw gesperrten Spuren unterwegs sind. Der Vorteil: Die Kosten<br />
für das BRT-System sind relativ gering, die Bauzeit ist kurz.<br />
Nichtsdestotrotz erhöhen die Busse den Straßenverkehr und<br />
Schadstoffausstoß. Viele lateinamerikanische Staaten – nicht nur<br />
Brasilien – fassen deswegen verstärkt den Ausbau des Schienennahverkehrs<br />
ins Auge, so die GTAI. Der SPNV solle die Straßen<br />
entlasten und die CO 2<br />
-Emissionen reduzieren. In Brasilien setzten<br />
die Städte dabei vor allem auf Monorails – die Einschienenbahnen.<br />
Diese Lösung sei günstiger und schneller umzusetzen.<br />
Bahn mit Aussicht: Die Bonde de Santa Teresa ist Rios historische Tram. Derzeit pausiert ihr Betrieb, <strong>2014</strong> soll sie aber wieder fahren.<br />
28 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Grenzenlos<br />
Brasilien: Die letzten Minuten<br />
vor dem Anpfiff<br />
Nur noch wenige Wochen, dann<br />
rollt der Ball. Am 12. Juni beginnt<br />
in Brasilien die Fifa-Fußballweltmeisterschaft<br />
<strong>2014</strong>. Zwölf Städte,<br />
in denen 32 Teams um den Pokal<br />
kämpfen. Doch noch wird schwer<br />
gebaut – an den Fußballstadien<br />
ebenso wie an der Infrastruktur<br />
des Landes.<br />
Etwa 12 Milliarden brasilianische Real<br />
sollten nach ursprünglichen Plänen des<br />
Sportministeriums allein ins Verkehrsnetz<br />
des Landes fließen – umgerechnet<br />
etwa 3,8 Milliarden Euro. Schließlich<br />
erwarten die Veranstalter 600.000 ausländische<br />
Fußball-Fans, und die wollen<br />
mobil sein.<br />
Der Aufholbedarf der sechstgrößten<br />
Volkswirtschaft der Welt in Sachen Infrastruktur<br />
ist dabei riesig. <strong>Das</strong> Schienennetz<br />
ist mit 30.000 Kilometern Gesamtlänge<br />
relativ klein. Zum Vergleich: <strong>Das</strong> Bahnnetz<br />
im vergleichsweise winzigen Deutschland<br />
umfasst eine Streckenlänge von etwa<br />
38.000 Kilometern. Und der ÖPNV stößt<br />
schon ohne Weltmeisterschaft vor allem<br />
in den Städten an seine Kapazitätsgrenzen.<br />
Die Folge sind verstopfte Straßen und<br />
stundenlange Staus.<br />
Vor dem Hintergrund der Fußball-WM<br />
und der Olympischen Spiele 2016 in Rio<br />
de Janeiro hatte die brasilianische Regierung<br />
deswegen die umfangreichen<br />
Maßnahmen geplant. Ein Ausbau des<br />
Schnellbussystems (BRT – Bus Rapid<br />
Transit), die Erweiterung der Flughäfen,<br />
neue Straßen- und rund 100 Kilometer an<br />
neuen U-Bahn-Strecken – das sind nur<br />
einige Beispiele im Infrastrukturbereich.<br />
Doch kurz vor dem Anpfiff hängt das Land<br />
den Plänen noch immer hinterher. Erst<br />
drei von 45 geplanten Nahverkehrsvorhaben<br />
seien bislang umgesetzt worden,<br />
berichtete die Deutsche Welle Mitte März.<br />
Nichtsdestotrotz vermeldet die Regierung<br />
auch Fortschritte bei der Infrastruktur.<br />
In Rio de Janeiro beispielsweise ist die<br />
Transcarioca nach jüngsten Behördenangaben<br />
zu 88 Prozent fertiggestellt. Die<br />
39 Kilometer lange Schnellbus-Strecke<br />
verbindet den Stadtteil Barra da Tijuca<br />
im Südwesten mit dem Flughafen Rio de<br />
Janeiro-Antônio Carlos Jobim im Norden.<br />
440.000 Fahrgäste sollen nach Fertigstellung<br />
täglich auf der Transcarioca unterwegs<br />
sein, weitere Schnellbusstrecken bis<br />
2016 folgen. Ein Großprojekt hat sich auch<br />
die Metropole São Paulo auf die Fahnen<br />
geschrieben: <strong>Das</strong> U-Bahn-Netz soll nach<br />
Angaben der Gesellschaft Germany Trade<br />
& Invest (GTAI) des Bundeswirtschaftsministeriums<br />
von derzeit 74 auf 201<br />
Kilometer in 2021 erweitert werden. Bis<br />
Ende dieses Jahres sollen insgesamt sieben<br />
neue Linien in Bau sein. Die Fertigstellung<br />
erfolgt dann zwar deutlich nach WM und<br />
Olympischen Spielen. Der Nutzen für die<br />
Qualität des Nahverkehrs jedoch soll sich<br />
langfristig bemerkbar machen.<br />
ÖPNV in Brasilien (von li.): zwei Elektrobusse in São Paulo, ein Luftdruckzug in Porto Alegre und eine Bahn in São Paulo mit Ex-Fußballer Ronaldo (li.) und<br />
Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke (re.) als Passagiere. Sie nutzten die Bahn 2012, um sich ein Bild von den Bauarbeiten am Stadion zu machen.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 29
Abgefahren<br />
zu warten – mit dieser kämen sie schneller<br />
zum Ziel. Was Shaw nicht wusste und erst<br />
später erfuhr: Gerade diese Verbindung fiel<br />
an diesem Tag komplett aus.<br />
Kleine Geste, große Wirkung<br />
Shaw fühlte sich schlecht – und verfasste<br />
eine Entschuldigung. „Ich war geschockt<br />
und wütend“, schrieb er da. Zum einen,<br />
weil sein Arbeitgeber Metro North ihn<br />
nicht über den Ausfall informiert hätte,<br />
und zum anderen, weil Shaw seine<br />
Passagiere falsch beraten habe. „Es tut mir<br />
wirklich leid, Ihr Fahrer Michael Shaw“,<br />
unterzeichnete er den Brief, kopierte ihn<br />
500 Mal und verteilte ihn am Montagmorgen<br />
auf den Sitzen im Zug.<br />
Eine Entschuldigung kann Wunder bewirken<br />
– diese Erfahrung hat zumindest<br />
Metro-Fahrer Michael Shaw (Foto) aus<br />
New Haven, einer Stadt nördlich von New<br />
York, gemacht. Durch eine kleine Aktion<br />
wurde der 48-Jährige nämlich schlagartig<br />
berühmt. Damit hatte Shaw wohl selbst<br />
kaum gerechnet.<br />
Seine Geschichte beginnt mit einem<br />
falschen Ratschlag. Kürzlich war Shaw mit<br />
seinem Zug im morgendlichen Berufsverkehr<br />
unterwegs. Eigentlich fährt er den<br />
Express-Zug, doch an diesem Tag sollte er<br />
zusätzliche Zwischenstopps einlegen. Den<br />
Menschen an den Bahnhöfen riet er deswegen,<br />
doch lieber auf die nächste Bahn<br />
Bei seinen Passagieren kam das an. „Sie<br />
fragten mich, ob ich nicht ihre Tickets<br />
und Zeitungen signieren könnte“, erzählte<br />
Shaw den „Daily News“. Seine Geschichte<br />
verbreitete sich übers Internet und wurde<br />
auch von internationalen Medien aufgegriffen.<br />
Jetzt ist Shaw bekannt. Wegen<br />
einer kleinen, aber aufrichtigen Geste.<br />
Gewinner<br />
Termin<br />
Märklin-Preisausschreiben<br />
Jannes gewinnt Startset<br />
Ein digitales Startset „Regional-<br />
Express“ von Märklin steht jetzt<br />
im Kinderzimmer von Jannes Althoff. In<br />
unserer Weihnachtsausgabe wollten wir<br />
wissen, wie viele Radgeometrien Märklin<br />
für seine Loks anfertigt. Jannes wusste die<br />
richtige Antwort: mehr als 300.<br />
13. bis 14. Mai <strong>2014</strong><br />
11. Marktplatzveranstaltung<br />
DSLV/<strong>VDV</strong> in Siegburg<br />
In den „Siegburger Gesprächen“<br />
diskutieren die Teilnehmer über die<br />
Zusammenarbeit von Eisenbahnen und<br />
Speditionen. Thema sind der „Erhalt und<br />
Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“.<br />
www.vdv.de/termine.aspx<br />
Die nächste<br />
<strong>Ausgabe</strong> von<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />
erscheint Ende<br />
Juni <strong>2014</strong>.<br />
Impressum<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Herausgeber:<br />
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (<strong>VDV</strong>),<br />
Kamekestraße 37-39, 50672 Köln,<br />
Tel. 02 21/5 79 79-0<br />
E-Mail: info@vdv.de,<br />
Internet: www.vdv.de<br />
Redaktion <strong>VDV</strong>:<br />
Lars Wagner (V.i.S.d.P.),<br />
Pressesprecher und Leiter Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Realisierung, Text und Redaktion:<br />
AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.), Elena Grawe,<br />
Christian Horn<br />
Mitarbeit:<br />
Eberhard Krummheuer, Thomas Rietig<br />
Gesamtleitung und Anzeigen:<br />
Christian Horn (AD HOC PR)<br />
Tel. 0 52 41/90 39-33 | horn@adhocpr.de<br />
Grafik-Design:<br />
Volker Kespohl (Volker.Kespohl ı Werbung Münster)<br />
Lars Haberl (AD HOC PR, Gütersloh)<br />
Bildnachweise:<br />
Titelmotiv: picture-alliance/Fotolia (Montage).<br />
AD HOC/Screenshot: 27; Berliner Verkehrsbetriebe: 19;<br />
DB Regio NRW/Smilla Dankert: 10, 11; ddp images 2, 8, 9,<br />
14, 16, 22, 23, 24, 25, 28, 29; Deutsche Bahn: 7, 8; Michael<br />
Fahrig: 15; Fotolia: 2, 6, 29, 30; Freiburger Verkehrs AG<br />
(VAG): 4,5; Ruth Fremson/The New York Times/Redux/laif:<br />
30; Hadag: 24, 25; Hamburger Hochbahn: 18; Infra Dialog<br />
Deutschland/PPfotodesign/Leif-Hendrik Piechowski:<br />
12; Infra Dialog Deutschland: 2, 12, 13; InnoZ/Foto: Kai<br />
Abresch: 15; Eberhard Krummheuer: 24, 25; René Melzow:<br />
15; Micha Pawlitzki & Edition Panorama: 2, 20, 21; picturealliance:<br />
17, 19, 28, 29; SDTB/Foto: F.-M. Arndt: 15; <strong>VDV</strong>: 3,<br />
7; WDR: 2, 26, 27; Wiener Linien: 18<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>),<br />
Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“,<br />
Leipziger Platz 8, 10117 Berlin,<br />
magazin@vdv.de<br />
Produktion und Druck:<br />
Druckhaus Rihn, Blomberg<br />
Anzeigenpreise:<br />
Laut Mediadaten <strong>2014</strong><br />
Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter magazin@vdv.de<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal<br />
im Jahr). Alle im <strong>Magazin</strong> erscheinenden Beiträge und<br />
Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der<br />
Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die<br />
Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. <strong>Das</strong> gilt vor<br />
allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die elektronische<br />
Speicherung und Verarbeitung.<br />
30 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
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