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Leipziger Beratungsstelle für Opfer rechtsextremistischer Gewalt

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Lässt sich also den Tätern der rechtsextremistische oder fremdenfeindliche Hintergrund nicht<br />

zweifelsfrei nachweisen, werden die Straftaten auch nicht als solche dokumentiert und gelten<br />

die <strong>Opfer</strong> nicht als <strong>Opfer</strong> einer rechtsextremistischen bzw. fremdenfeindlichen <strong>Gewalt</strong>tat.<br />

Im Unterschied zu dieser an der Straftat und am Täter orientierten Begriffsbildung geht<br />

psychosoziale Beratung von den Erfahrungen, Wahrnehmungen und Selbstäußerungen<br />

des <strong>Opfer</strong>s aus. Diese Anerkennung der subjektiven Bewertung ist von entscheidender<br />

Bedeutung für die Verarbeitung von <strong>Gewalt</strong>erfahrungen und damit für den Erfolg der<br />

Beratungsarbeit. Es ist also legitim und damit auch Grundlage der Erfassung der Falldaten in<br />

der vorliegenden Evaluation, einen <strong>Opfer</strong>begriff zu Grunde zu legen, der von den<br />

strafrechtlichen Definitionsvorgaben unabhängig ist. 24<br />

Um von einem Klienten aus sozialwissenschaftlicher/ sozialarbeiterischer Sicht als von einem<br />

<strong>Opfer</strong> sprechen zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein, unabhängig davon, ob<br />

das ursächliche Ereignis tatsächlich strafrechtlich relevant ist:<br />

• Das Ereignis muss konkret identifizierbar sein.<br />

• Der Betroffene/ Rat Suchende muss es negativ werten.<br />

• Das Ereignis muss ihm widerfahren sein, er hat es also nicht selbst herbeigeführt, noch<br />

konnte er es selbst vollständig kontrollieren.<br />

• Das Ereignis muss personal zurechenbar sein, also z.B. kein Naturereignis darstellen.<br />

• Das Ereignis muss eine Verletzung intersubjektiv geteilter normativer Erwartungen<br />

darstellen (Relativierung der subjektiven Sicht.). 25<br />

Bei der Beratung von <strong>Opfer</strong>n rechtsextremer <strong>Gewalt</strong> kommt hinzu: Der Betroffene muss<br />

einen rechten/ rechtsextremen/ fremdenfeindlichen Handlungshintergrund erkannt bzw.<br />

erlebt haben und ihn beschreiben können.<br />

Die unterschiedlichen <strong>Opfer</strong>begriffe erklären neben der bekanntermaßen hohen Dunkelziffer<br />

nicht angezeigter <strong>rechtsextremistischer</strong> und fremdenfeindlicher Straftaten 26 und der (auch in<br />

24 Vergleiche dazu: Rainer Strobl: Soziale Folgen der <strong>Opfer</strong>erfahrung ethnischer Minderheiten – Baden-Baden:<br />

Nomos Verlagsgesellschaft, 1998, S. 9<br />

25 Ebenda<br />

26 Wetzels, Fabian, Danner, 2001 zitieren Schätzungen, dass ca. 75 % der Fälle <strong>rechtsextremistischer</strong>/<br />

fremdenfeindlicher <strong>Gewalt</strong>ausübung nicht angezeigt werden, S. 11.<br />

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