Landtag Brandenburg P-ABJS 5/42 Protokoll
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<strong>Landtag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-<strong>ABJS</strong> 5/<strong>42</strong> S. 40<br />
Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport 04.07.2013<br />
<strong>42</strong>. Sitzung Stenogr. Dienst/bo-ma<br />
gearbeitet, in einer der erwähnten 390 Einrichtungen und zwar in einer Wohngruppe<br />
mit zwölf Kindern. Ich kann ein wenig einschätzen und nachfühlen, was dort geschieht.<br />
Ich glaube, es gibt zu „freiheitsbegrenzenden Maßnahmen“ viele falsche Vorstellungen.<br />
Ist ein Stubenarrest eine freiheitsbegrenzende Maßnahme? Offensichtlich<br />
ja. Einen Stubenarrest - ich wette darauf - hat jeder von Ihnen, der Kinder hat, seinen<br />
Kindern schon bei irgendeiner Gelegenheit verhängt.<br />
(Zustimmung und Widerspruch aus der Runde der Abgeordneten)<br />
- Gut, Sie waren offensichtlich vorbildlich und haben das anders geregelt. - Das ist<br />
nur ein Beispiel. Ich muss niemanden verteidigen oder zu entlasten versuchen.<br />
Die Fachleute streiten sich in den Zeitungen. Manche sagen: Es gibt nur ein Zehntel<br />
der Plätze, die man braucht, um diesen Jugendlichen zu helfen. - Andere sagen: Man<br />
braucht solche Plätze gar nicht. - Wenn wir nur einen einzigen Fall eines solchen jungen<br />
Menschen einmal aufrollen würden - was wir aus rechtlichen Gründen nicht können<br />
- würden hinterher etliche Menschen sagen: „Ich weiß auch nicht, was man tun<br />
könnte, um diesem Jugendlichen zu helfen.“<br />
Ich gebe zu bedenken: Was ist die Alternative? Wo bleiben diese jungen Menschen,<br />
wenn wir beschließen, dass wir solche Einrichtungen nicht wollen. Auch wenn wir<br />
einen Grund finden, um diese zu schließen, bleiben die Menschen trotzdem da - sie<br />
kommen dann entweder in die Psychiatrie oder ins Gefängnis. Eine Einrichtung, die<br />
am Schluss, wenn wir diesen Prozess abgeschlossen haben, im besten Fall so ist,<br />
wie wir sie uns wünschen - hoffentlich auch so transparent, dass jeder damit leben<br />
kann -, ist eine Chance.<br />
Damit komme ich zu dem Wort „Erfolg“. Wer erwartet, dass aus einer Jugendhilfeeinrichtung<br />
90 %, 95 % oder auch nur 70 % der Kinder erfolgreich als lebenstüchtige<br />
Menschen herauskommen, der hat sich mit der Thematik offenkundig nicht auseinandergesetzt.<br />
Kinder, die in solchen Einrichtungen sind, kommen zum großen Teil<br />
aus Familien, die nicht in unserem Sinne erfolgreich sind. In meiner Einrichtung war<br />
es so: Wenn wir gewährleisten konnten, dass ein Jugendlicher mit 16, 17 oder 18<br />
Jahren in ein betreutes Wohnen wechselt und dort Strukturen einhält und ein geregeltes<br />
Leben führt - dass er sich regelmäßig zu essen macht, wäscht und die Nachbarn<br />
nicht auf die Palme bringt -, dann waren wir bereits erfolgreich. Andere würden das<br />
nicht als Erfolg ansehen, weil dieser Jugendliche nicht für sich selbst sorgen kann<br />
und immer noch eine Betreuung benötigt.<br />
Ich gebe zu bedenken: Was können wir diesen Jugendlichen - außer einem Hilfeversuch<br />
in einer letzten Einrichtung - bieten? Man kann sich ganz leicht einen schlanken<br />
Fuß machen und sagen: Wir wollen das hier nicht! - Aber wo bleiben diese Menschen<br />
dann? Was geschieht mit ihnen? - Bitte denken Sie daran.