DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG VON KRANKHAFTEM ÜBERGEWICHT
Patientenbroschüre Hirslanden Klinik Beau Site, Adipositas, http://www.rudolf-steffen.ch/praxis/aktuell/news-einzelansicht/news/detail/News/patientenbroschuere/
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<strong>DIE</strong> <strong>CHIRURGISCHE</strong><br />
<strong>BEHANDLUNG</strong> <strong>VON</strong><br />
<strong>KRANKHAFTEM</strong><br />
<strong>ÜBERGEWICHT</strong><br />
KOMPETENZ, <strong>DIE</strong> VERTRAUEN SCHAFFT.<br />
24H HERZ- UND BAUCHNOTFALL<br />
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KLINIK BEAU-SITE<br />
BERNER VISZERALCHIRURGIE<br />
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HIRSLANDEN<br />
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EINFÜHRUNG<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
3<br />
5<br />
8<br />
10<br />
11<br />
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17<br />
21<br />
24<br />
25<br />
EINFÜHRUNG<br />
Ursachen<br />
Vorurteile<br />
Folgekrankheiten<br />
KONSERVATIVE <strong>BEHANDLUNG</strong><br />
<strong>CHIRURGISCHE</strong> <strong>BEHANDLUNG</strong><br />
Das anpassbare Magenband<br />
Der Standard-Magenbypass<br />
Der Schlauchmagen («Sleeve-Magen»)<br />
Malabsorptive Eingriffe<br />
Übergewichtige sind mit ihrem Problem<br />
nicht allein. Die Weltgesundheitsorganisation<br />
bezeichnet Adipositas<br />
(krankmachendes Übergewicht) als<br />
das grösste chronische Gesundheitsproblem<br />
überhaupt. In den meisten<br />
westlichen Industrienationen liegt der<br />
Anteil an übergewichtigen Menschen<br />
bei über 30 Prozent. Je nach Nation<br />
verursachen Adipositas und ihre Folgeerkrankungen<br />
fünf bis zehn Prozent<br />
der Gesamtkosten des Gesundheitswesens.<br />
Was ist Adipositas?<br />
Adipositas ist eine Erbkrankheit und<br />
wird als übermässige Vermehrung von<br />
Körperfett, verbunden mit erhöhten<br />
Gesundheitsrisiken, definiert. Das krankhafte<br />
Übergewicht ist polygenetisch<br />
bedingt, das heisst, es sind mehrere,<br />
möglicherweise über 25 verschiedene<br />
Defekte an verschiedenen Genen<br />
möglich. Je nach Ausmass und Verteilung<br />
des Gendefektes entsteht das<br />
Übergewicht schon im Kleinkindesalter<br />
oder tritt später im Laufe des<br />
Lebens auf.<br />
Body Mass Index (BMI)<br />
Es gibt keine goldene Regel für das<br />
Körpergewicht. Heutzutage hat sich<br />
aber für internationale medizinische<br />
Vergleiche der so genannte Body-<br />
Copyright © 2014 PD Dr. med. Rudolf Steffen, Bern<br />
3
4<br />
Klassifikation Body-Mass-Index (BMI) kg/m 2<br />
Untergewicht < 20<br />
Normalgewicht 20 – 24.9<br />
Übergewicht 25 – 29.9<br />
Adipositas Grad I 30 – 34.9<br />
Adipositas Grad II 35 – 39.9<br />
Adipositas Grad III 40 – 49.9<br />
Super-Adipositas > 50<br />
mass-Index (BMI) durchgesetzt. Er<br />
basiert auf dem Körpergewicht in<br />
Kilogramm, geteilt durch die Körpergrösse<br />
in Metern im Quadrat. Eine<br />
Person, die 90 Kilogramm wiegt und<br />
eine Grösse von 1,75 Metern hat, kann<br />
ihren BMI also wie folgt berechnen:<br />
90 / (1,75 x 1,75) = 29,41.<br />
Übergewichtsklassen<br />
Die Aufteilung in unterschiedliche<br />
Übergewichtsklassen ist wichtig für<br />
die Behandlung. Ab einem BMI von<br />
27 kg/m 2 nimmt die Lebenserwartung<br />
mit steigendem Gewicht ab.<br />
Wenn ein Mensch einen BMI von 35<br />
und mehr erreicht hat, kann man davon<br />
ausgehen, dass eine erblich bedingte<br />
Adipositas vorliegt. In diesen Fällen ist<br />
prinzipiell eine Operation als Behandlungsstrategie<br />
zu wählen. Das gilt auch<br />
für Patientinnen und Patienten mit<br />
einem BMI von 30 und mehr, falls<br />
bereits Folgekrankheiten wie Zuckerkrankheit,<br />
hoher Blutdruck, Störungen<br />
der Blutfette oder gravierende Probleme<br />
an den Gelenken bestehen.<br />
Für die Risikoklassifizierung ist auch<br />
die Erscheinungsform des Übergewichts<br />
entscheidend. Diese wird am<br />
Verhältnis des Taillenumfangs zum<br />
Hüftumfang gemessen. Bei Männern<br />
spricht man von einer androiden<br />
Fettverteilung («apfelförmiger Typ»,<br />
Fett am Bauch), bei Frauen eher von<br />
einer gynoiden Fettverteilung («birnenförmiger<br />
Typ», Fett an Hüften und<br />
Oberschenkeln).<br />
«AB EINEM BMI <strong>VON</strong> 30 KG/M 2<br />
GILT DAS <strong>ÜBERGEWICHT</strong><br />
ALS ADIPOSITAS UND MUSS<br />
BEHANDELT WERDEN.»<br />
URSACHEN<br />
Krankhaft Übergewichtige können<br />
weder etwas dafür, dass sie dick sind,<br />
noch können sie leider viel dagegen<br />
unternehmen. Vielmehr leiden diese<br />
Menschen an den genetisch bedingten<br />
Defekten der Steuerung ihres Körpererscheinungsbildes.<br />
Vieles darüber ist<br />
unbekannt, einiges ist gut erforscht<br />
und belegt.<br />
«DER HAUPTGRUND FÜR <strong>DIE</strong><br />
ENTSTEHUNG <strong>VON</strong> KRANK-<br />
HAFTEM <strong>ÜBERGEWICHT</strong><br />
LIEGT MIT RUND 75% IN DER<br />
GENETISCH DEFEKTEN<br />
ERBSUBSTANZ.»<br />
Das Ausmass des Übergewichtes hängt<br />
nur zum Teil von der Ernährung ab.<br />
Soziokulturelle Einflüsse sind etwa<br />
zu 25 Prozent an den Ursachen der<br />
Adipositas beteiligt. Der Hauptgrund<br />
für die Entstehung des krankhaften<br />
Übergewichts liegt mit rund 75 Prozent<br />
in der defekten Erbsubstanz, die innerhalb<br />
der betroffenen Familien von<br />
Generation zu Generation weitervererbt<br />
wird.<br />
Genetische Faktoren<br />
Der Beweis für das Vorliegen einer<br />
Erbkrankheit hat die medizinische Forschung<br />
Mitte der 80er Jahre erbracht.<br />
Damals wurden in den Vereinigten<br />
Staaten fast 4000 Familien untersucht,<br />
wobei ein Elternteil krankhaft<br />
übergewichtig war und in der Familie<br />
sowohl adoptierte als auch eigene<br />
Kinder aufwuchsen. Die Ergebnisse<br />
zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass ein eigenes Kind ebenfalls krankhaft<br />
übergewichtig ist, bei 80 Prozent<br />
liegt. Demgegenüber war die Wahrscheinlichkeit<br />
des Übergewichts eines<br />
adoptiertes Kindes, das in der genau<br />
gleichen Familie unter denselben<br />
Bedingungen aufwuchs, nur bei 30 bis<br />
40 Prozent.<br />
In Zwillingsforschungen fand man eine<br />
signifikante Diskrepanz zwischen eineiigen<br />
und zweieiigen Zwillingen. Der<br />
kanadische Molekularbiologe Claude<br />
Bouchard hat 1991 einen so genannten<br />
«Auffütterungsversuch» durchgeführt.<br />
Er hat zwölf eineiige Zwillingspaare<br />
mit zwölf Einzelpersonen verglichen.<br />
Die zu Untersuchenden nahmen in<br />
100 Tagen einen Überschuss von<br />
84000 Kalorien zu sich. Die Zwillinge<br />
verhielten sich alle sehr ähnlich, das<br />
heisst, beide nahmen immer zusammen<br />
entweder stark oder schwach zu.<br />
5
Die Menge und die Verteilung der<br />
Fettreserven werden von einem sogenannten<br />
«Adipostaten» im Gehirn<br />
reguliert. Wenn dieser defekt ist, passiert<br />
das gleiche wie bei einem zu<br />
hoch eingestellten Thermostaten in<br />
einem Haus: Die Wohnung wird zu<br />
warm und entsprechend wird der<br />
Mensch zu dick. Ein übergewichtiger<br />
Mensch muss etwa drei bis vier Mal<br />
mehr essen als eine schlanke Person,<br />
um im Gehirn die gleiche Sättigungsmeldung<br />
zu erhalten. Hinzu kommt,<br />
dass bei übergewichtigen Menschen<br />
die Fettdepots aufgrund gewisser<br />
Enzyme weniger schnell abgebaut<br />
werden.<br />
Die molekularbiologische Forschung<br />
konzentriert sich auf die Suche nach<br />
den Gendefekten und hat bereits fassbare<br />
Resultate gebracht, unter anderem<br />
zum Hormon Leptin. Es wird von den<br />
Fettzellen produziert und ist verantwortlich<br />
für das langfristige Sättigungsgefühl.<br />
Bei krankhaft übergewichtigen<br />
Menschen wird das Hormon zu wenig<br />
produziert oder das Hirn kann die Konzentration<br />
im Blut nicht richtig messen.<br />
Die Folge ist, dass das Sättigungsgefühl<br />
bei den dicken Menschen nicht<br />
wie bei den schlanken durch das Leptin<br />
kontrolliert wird, sondern quasi entkoppelt<br />
die Nahrungsaufnahme erhöht.<br />
Die Forschung arbeitet zurzeit daran,<br />
das Leptin nachzubauen. Der komplexe<br />
Vorgang für die Entstehung einer Fettsucht<br />
kann jedoch nicht auf einem einzigen<br />
Mechanismus beruhen und so sind<br />
Entwicklungen in diesem Bereich mit<br />
einer gewissen Vorsicht zu betrachten.<br />
Nicht-genetische Faktoren<br />
Auch nicht-genetische Faktoren spielen<br />
bei der Entwicklung von Übergewicht<br />
eine wichtige Rolle. Jeder Mensch,<br />
der sich ungesund ernährt, läuft Gefahr,<br />
übergewichtig zu werden. Studien<br />
haben gezeigt, dass das Gewicht in<br />
den niedrigen sozioökonomischen<br />
Gruppen prozentual höher ist.<br />
Zunehmende Bewegungsarmut und<br />
veränderte Arbeitsformen führen zu<br />
einer deutlichen Abnahme des pro Tag<br />
notwendigen Energiebedarfs. Zusammen<br />
mit einer übermässigen Nahrungszufuhr<br />
führt dies zu einer Anhäufung<br />
überflüssiger Energie in Form von<br />
Körperfett.<br />
Obwohl die genetische Komponente klar<br />
ist, sollte jede übergewichtige Person<br />
vor einem operativen Eingriff während<br />
insgesamt mindestens zwei Jahren –<br />
unter spezialärztlicher Führung –<br />
versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren.<br />
6<br />
7
VORURTEILE<br />
Übergewichtig sein ist eine schreckliche<br />
Last. Dicke Menschen werden<br />
häufig mit Faulheit, Trägheit, fehlender<br />
Intelligenz, Unsauberkeit und Willensschwäche<br />
assoziiert. Keines dieser<br />
Vorurteile ist haltbar und trotzdem<br />
werden Übergewichtige in vielen<br />
Lebensbereichen diskriminiert.<br />
Schule<br />
Ein Grossteil der krankhaft Übergewichtigen<br />
ist bereits im Schulalter dick.<br />
Diese Kinder leiden nicht nur unter<br />
den Hänseleien der Mitschüler, sondern<br />
werden vom Lehrkörper häufig zurückgestellt.<br />
Viele werden im Turnen<br />
herumgehetzt und so zum Gespött<br />
aller Anwesenden. Kinder unter sechs<br />
Jahren bezeichneten ein dickes Kind<br />
auf einer Zeichnung als «faul, dreckig,<br />
dumm, hässlich, als Betrüger und als<br />
Lügner». Das gezeichnete dicke Kind<br />
wurde im Vergleich mit einem «normalen»<br />
Kind, einem Kind mit fehlenden<br />
Händen oder einem Kind mit Entstellungen<br />
im Gesicht als am wenigsten<br />
liebenswert bezeichnet. Besonders<br />
tragisch: Sogar dicke Kinder kamen<br />
selbst zur gleichen Rangfolge.<br />
Arbeit<br />
Über die Diskriminierung von Übergewichtigen<br />
bei der Arbeit gibt es etliche<br />
Untersuchungen. In einer Befragung<br />
gaben Arbeitgeber an, dass sie übergewichtige<br />
Angestellte als weniger<br />
leistungsfähig, weniger zuverlässig<br />
und als häufiger krankgeschrieben<br />
betrachten als Normalgewichtige. In<br />
einer anderen Studie wurden auf<br />
Video aufgenommene Bewerbungsgespräche<br />
untersucht und dicke mit<br />
schlanken Bewerbern verglichen:<br />
Einem schlanken Bewerber mit gleicher<br />
Qualifikation wurde in fast allen Fällen<br />
gegenüber einem dicken der Vorzug<br />
gegeben. 44 Prozent der Arbeitgeber<br />
gaben an, dass sie übergewichtige<br />
Menschen nur sehr ungern anstellen<br />
würden, 16 Prozent sagten, dass sie<br />
eine übergewichtige Person unter<br />
keinen Umständen unter Vertrag nehmen<br />
würden. Eine Studie bewertete<br />
die Gehaltsaussicht von Dicken und<br />
kam zum Schluss, dass pro Kilogramm<br />
übergewichtigem Fett rund 2000 Dollars<br />
pro Jahr an Gehalt verloren gehen.<br />
Partnerschaft<br />
Auch bei der Partnersuche werden<br />
übergewichtige Menschen diskriminiert.<br />
Die Wahrscheinlichkeit einer festen<br />
Beziehung ist deutlich geringer als bei<br />
Normalgewichtigen, wobei dicke<br />
Frauen noch mehr benachteiligt sind<br />
als dicke Männer. In Interviews mit<br />
Studenten wurden Kokainsüchtige,<br />
Ladendiebe oder körperlich Behinderte<br />
als Partner begehrenswerter eingeschätzt<br />
als Übergewichtige.<br />
Ein weiteres Vorurteil beruht auf der<br />
Ansicht, dass Übergewichtige aufgrund<br />
einer psychischen Krankheit<br />
dick sind. Häufig verhält es sich jedoch<br />
gerade umgekehrt: Viele Übergewichtige<br />
werden psychisch krank, weil sie<br />
dick sind. Diese Aussage ist durch<br />
amerikanische, skandinavische und<br />
eigene Studien belegt.<br />
8<br />
9
KONSERVATIVE <strong>BEHANDLUNG</strong><br />
FOLGEKRANKHEITEN<br />
Die mit Übergewicht assoziierten Krankheiten<br />
sind für adipöse Menschen oft<br />
die Hauptmotivation für eine Operation.<br />
Jede krankhafte Veränderung, die mit<br />
zunehmendem Übergewicht schlimmer<br />
und durch Gewichtsverlust verringert<br />
wird, gilt als Folgekrankheit. Dazu gehören<br />
unter anderem Bluthochdruck,<br />
Zuckerkrankheit, Gicht, Überlastung<br />
der Gelenke mit Arthrose, Überlastung<br />
des Rückens, Atemnot und Schlafstörungen<br />
(Schlaf-Apnoe), Krebs und<br />
nicht zuletzt Hautinfektionen. Auch<br />
das Blutvolumen nimmt bei Übergewicht<br />
zu und belastet das eher schwächere<br />
Herz chronisch.<br />
Unter den genannten Folgekrankheiten<br />
bildet das «tödliche Quartett» eine<br />
Einheit: Diabetes, hoher Blutdruck,<br />
erhöhter Fettspiegel im Blut und<br />
Fettsucht. Sie stellen nebst Rauchen<br />
die vier der fünf Hauptrisikofaktoren<br />
für den Herzinfarkt dar. Auch die meisten<br />
Krebskrankheiten kommen bei<br />
Übergewichtigen häufiger vor als bei<br />
Normalgewichtigen.<br />
Folgekrankheiten von Übergewicht<br />
schränken die Lebenserwartung ein.<br />
Das Sterblichkeitsrisiko von Männern<br />
im Alter zwischen 15 und 39 Jahren,<br />
die mehr als 115 Kilogramm wiegen, ist<br />
fast 200 Prozent höher als das ihrer<br />
schlanken Altersgenossen. Mit Zunahme<br />
des Gewichtes steigen die Sterblichkeitsraten<br />
fast parallel. Bei krankhaft<br />
Übergewichtigen erreicht nur einer<br />
von sieben Patienten die normale<br />
Lebenserwartung.<br />
«EINE GEWICHTSREDUKTION<br />
HILFT, FOLGEKRANKHEITEN<br />
ZU REDUZIEREN UND SOMIT<br />
<strong>DIE</strong> LEBENSERWARTUNG ZU<br />
STEIGERN.»<br />
Schlanksein durch Rauchen ist<br />
gesundheistschädigend<br />
Raucher haben eine höhere Fettverbrennung<br />
als Nichtraucher. Deshalb<br />
nehmen Menschen, die aufhören zu<br />
rauchen oft zu, wenn sie nicht gleichzeitig<br />
kalorienreduziert essen. Viele<br />
Patientinnen und Patienten rauchen,<br />
um abzunehmen. Sie handeln sich<br />
dadurch ein hohes Krebsrisiko ein<br />
und treiben somit den Teufel mit<br />
dem Beelzebub aus.<br />
Bei einem BMI von über 30 kg/m 2 ,<br />
also beim Vorliegen einer Adipositas,<br />
muss Übergewicht behandelt werden,<br />
da längerfristig schwerwiegende gesundheitliche<br />
Konsequenzen durch<br />
Folgekrankheiten drohen. Nach einer<br />
Analyse der Ernährung durch eine<br />
Ernährungsberaterin kann bestimmt<br />
werden, ob die Zusammensetzung<br />
der Nahrung ausgewogen ist und ob<br />
beispielsweise ein Vitamindefizit vorliegt.<br />
Darauf basierend wird eine<br />
individuelle Diät zusammengestellt.<br />
Damit nehmen Patientinnen und<br />
Patienten pro Woche bis zu einem<br />
Kilo ab und in drei bis vier Monaten<br />
bis zu 20 Kilogramm.<br />
Daneben erhalten sie einen individuellen<br />
Trainingsplan für körperliche<br />
Aktivitäten unter fachkundiger Leitung<br />
(Physiotherapeut, Arzt). Besonders<br />
geeignet sind Nordic-Walking, Velofahren,<br />
Schwimmen und Aqua-Fit,<br />
also möglichst gelenkschonende Ausdauersportarten,<br />
sowie gezieltes<br />
Krafttraining. Nicht selten liegen auch<br />
psychopathologische und psychosoziale<br />
Probleme mit gestörtem Ess- und<br />
Ernährungsverhalten vor. Diese bedürfen<br />
manchmal der Unterstützung und<br />
Therapie.<br />
Da die an der Regulation der Nahrungsaufnahme<br />
beteiligten Mechanismen<br />
noch weitgehend unbekannt sind, ist<br />
eine medikamentöse Therapie der<br />
Adipositas erst in Ansätzen möglich<br />
und eine «Wunderdroge» noch nicht<br />
in Sicht. Zeitlich begrenzt und unter<br />
ärztlicher Kontrolle können appetitzügelnde<br />
Medikamente eingesetzt<br />
werden, wobei von amphetaminhaltigen<br />
Präparaten dringend abgeraten wird.<br />
Trotz all dieser Möglichkeiten gelingt<br />
es in der Regel den bisher bekannten<br />
konservativen Behandlungsprogrammen<br />
nicht, das Gewicht der Patientinnen<br />
und Patienten dauerhaft zu reduzieren.<br />
Jeder Therapieabbruch wird von einer<br />
überschiessenden Fettgewebs-Akkumulation<br />
gefolgt und beeinträchtigt<br />
spätere Fettgewebsreduktionen. Es<br />
finden sich deshalb immer häufiger<br />
Betroffene, die einen BMI von über<br />
35 kg/m 2 aufweisen. Für diese Gruppe<br />
der Betroffenen stellt die moderne<br />
chirurgische Behandlung der Krankheit<br />
eine gute Möglichkeit dar. Diese führt<br />
in der Regel zu einer langfristigen und<br />
dauerhaften Gewichtsreduktion.<br />
10<br />
11
<strong>CHIRURGISCHE</strong> <strong>BEHANDLUNG</strong><br />
1992 gab es in der Schweiz nur in<br />
Lausanne die Möglichkeit einer Übergewichtsoperation.<br />
PD Dr. Rudolf<br />
Steffen hat an der Klinik Beau-Site<br />
damals als erster in der deutschen<br />
Schweiz mit der bariatrischen Chirurgie<br />
begonnen und von Anfang an ein interdisziplinär<br />
strukturiertes Programm<br />
angeboten.<br />
1996 kamen die laparoskopisch implantierbaren<br />
Systeme («Schlüssellochtechnik»)<br />
auf. 1998 implantierten<br />
bereits 100 Chirurgen an 50 Spitälern<br />
Magenbänder. Das hatte den Vorteil,<br />
dass den in der Schweiz von dieser<br />
Krankheit betroffenen 150 000 bis<br />
200 000 Patientinnen und Patienten<br />
geholfen werden konnte und die Akzeptanz<br />
von Diagnose und Behandlung<br />
stieg. Leider hielt die Nachsorge<br />
vielerorts mit den Operationen nicht<br />
Schritt. Die Betreuung der operierten<br />
Patientinnen und Patienten ist von<br />
zentraler Bedeutung, da die Krankheit<br />
durch den Eingriff nicht geheilt wird<br />
und ein an sich gesundes Organsystem<br />
verändert wird.<br />
Ende der 90er Jahre waren dann auch<br />
die Techniken für die Bypasschirurgie<br />
zur breiten Anwendung reif. Da mit<br />
einem Magenband häufig funktionelle<br />
Speiseröhrenprobleme auftreten,<br />
setzte ein Wechsel vom Band zum<br />
Bypass ein.<br />
«HEUTZUTAGE GEHÖRT<br />
DER MAGENBYPASS ZU<br />
DEN STANDARDOPERATIONEN<br />
IN DER <strong>CHIRURGISCHE</strong>N<br />
<strong>BEHANDLUNG</strong> <strong>VON</strong> ÜBER-<br />
GEWICHT.»<br />
Bei welchen Patientinnen und Patienten ist eine Operation sinnvoll?<br />
Folgende Kriterien entsprechen internationalen Standards:<br />
• Übergewicht von mehr als 80 Prozent oder 42 Kilogramm über dem Idealgewicht<br />
• BMI (Bodymass-Index) über 35 kg/m 2 oder BMI über 35 kg/m 2 bei Patientinnen<br />
und Patienten mit Übergewichtsfolgekrankheiten. In der Schweiz werden<br />
nur Operationen bei BMI > 35 kg/m 2 von den Krankenkassen als Pflichtleistung<br />
übernommen<br />
• Mindestens 5 Jahre Übergewicht<br />
• Versagen der nichtoperativen Behandlungen. Die Versicherungen verlangen<br />
eine konservative Behandlung während insgesamt 2 Jahren (nicht am Stück)<br />
unter fachkundiger Führung<br />
• Keine schweren Allgemeinerkrankungen, keine Alkoholkrankheit oder gravierende<br />
psychische Krankheiten<br />
12<br />
13
Erwartungen<br />
Häufig sind die Hoffnungen, die mit<br />
einer Operation verbunden werden,<br />
unrealistisch. Nur wenige Patientinnen<br />
und Patienten erreichen nach einem<br />
Eingriff ihr Idealgewicht. Rund die<br />
Hälfte braucht nach der Gewichtsreduktion<br />
einen plastisch-chirurgischen<br />
Eingriff um überschüssige Haut zu<br />
entfernen. Nebst diesen Fakten müssen<br />
auch sekundäre Erwartungen bezüglich<br />
Arbeit, Partnerschaft und Sexualität<br />
genannt und diskutiert werden.<br />
Bedingungen für die<br />
Kostengutsprache<br />
Bevor ein chirurgischer Eingriff geplant<br />
werden kann, müssen wichtige Abklärungen<br />
durchgeführt werden, die von<br />
der «Swiss Society for the Surgery of<br />
Morbid Obesity and Metabolic Disorders<br />
(SMOB)» empfohlen werden.<br />
Diese Richtlinien wurden durch die<br />
politischen Behörden in der Krankenpflegeleistungsverordnung<br />
(KLV)<br />
vom 1.1.2011 in Kraft gesetzt. Die Krankenkassen<br />
bezahlen einen solchen<br />
Eingriff nur, wenn ein Body-Mass-Index<br />
von mindestens 35 kg/m 2 vorliegt und<br />
eine insgesamt zweijährige adäquate<br />
Therapie zur Gewichtsreduktion zuvor<br />
erfolglos war. Eine Altersgrenze für<br />
die Operation gibt es nicht mehr;<br />
bei Patientinnen und Patienten über<br />
65 Jahren sind jedoch Operationsrisiken<br />
und Lebenserwartung aufgrund<br />
der Begleiterkrankungen sorgfältig abzuwägen.<br />
Die Klinik Beau-Site in Bern<br />
zählt seit Jahren zu den renommiertesten<br />
Referenzzentren der Schweiz.<br />
2012 wurde sie mit PD Dr. Rudolf Steffen<br />
durch die «International Federation for<br />
the Surgery of Obesity and Metabolic<br />
Disorders» (IFSO) als bisher einziges<br />
Schweizer «Center of Excellence»<br />
akkreditiert.<br />
Ziele<br />
Damit eine Behandlung als erfolgreich<br />
gilt, werden folgende international<br />
gültigen Kriterien verlangt:<br />
1. Reduktion des Übergewichts um<br />
mindestens 50%<br />
2. und dies für mindestens 5 Jahre<br />
Das Ziel ist also eine anhaltende<br />
Reduktion des Übergewichts. Punkt 1<br />
können fast alle Diäten erreichen –<br />
das macht sie so populär. Punkt 2, der<br />
Langzeiterfolg, wird aber mit konservativen<br />
Methoden nur sehr selten<br />
erreicht. Die einzige Behandlungsform,<br />
die die oben erwähnten Kriterien<br />
erfüllt, ist ein chirurgischer Eingriff.<br />
Risiken<br />
Kandidatinnen und Kandidaten für<br />
einen chirurgischen Eingriff müssen<br />
sich bewusst sein, dass der Weg nicht<br />
eben ist. Es kann zu Komplikationen<br />
oder Zweitoperationen kommen. Je<br />
jünger Patientinnen oder Patienten<br />
Stellen Sie sich die richtigen Fragen<br />
Fragen Sie sich, ob Sie mit einer Reduktion von etwa 50% des Übergewichts<br />
zufrieden sind. Werden Sie sich bewusst, dass das Ziel der Behandlung nicht<br />
das Erreichen des Idealgewichts ist und dass wir keine Schönheitsoperation<br />
durchführen. Setzen Sie sich hin und rechnen Sie aus, wie viel 50 Prozent<br />
Übergewichtsreduktion für Sie ausmachen. Überlegen Sie sich auch, was es<br />
ausmacht, die Folgekrankheiten nicht mehr tragen zu müssen, zum Beispiel<br />
kein Insulin spritzen zu müssen, den Blutdruck in den Griff zu kriegen und nicht<br />
mehr die Folgen der Fettstoffwechselstörung fürchten zu müssen. Die letztgenannten<br />
Ziele werden schon bei wesentlich geringerer Übergewichtsreduktion<br />
in vielen Fällen erreicht.<br />
zum Zeitpunkt der Erstoperation sind,<br />
desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit<br />
dafür, dass sie in ihrem Leben<br />
noch weitere Eingriffe brauchen werden.<br />
Das Sterblichkeitsrisiko beträgt je nach<br />
gewähltem Eingriff 1:100 (Bypassoperation)<br />
bis 1:800 (nur Magenbandoperation).<br />
Dabei sind alle Patientinnen<br />
und Patienten eingeschlossen,<br />
also auch die Gewichtsklassen über<br />
200 Kilogramm oder Herzkranke, bei<br />
denen ein besonders hohes Risiko<br />
besteht. Diese Raten sind wiederum<br />
zehn Mal geringer als die Wahrscheinlichkeit,<br />
innerhalb von fünf Jahren an<br />
den Folgen des unbehandelten krankhaften<br />
Übergewichtes zu sterben.<br />
Zu den allgemeinen Risiken gehören<br />
die üblichen Risiken von Narkose und<br />
Operation, wie Blutung und Wundinfekte.<br />
Dazu gehört auch das Thromboserisiko<br />
und damit verbunden das<br />
Lungenembolierisiko. Letztere sind<br />
gegenüber der normalgewichtigen<br />
Vergleichsbevölkerung, die einen<br />
ähnlichen Eingriff zu überstehen hat,<br />
nicht erhöht.<br />
Auch Lungenentzündungen oder<br />
Narbenbrüche (bei Patientinnen und<br />
Patienten mit Bauchschnitt) können<br />
den Verlauf komplizieren. Daneben<br />
gibt es spezifische Risiken, die nur bei<br />
einer jeweiligen Operationstechnik<br />
auftreten können. Diese Risiken werden<br />
in den entsprechenden Abschnitten<br />
erläutert.<br />
Gewichtsabnahme<br />
Patientinnen und Patienten können mit<br />
einer Gewichtsabnahme von 40 bis<br />
70 Prozent des Übergewichts innerhalb<br />
von sechs Monaten bis zwei Jahren<br />
rechnen. Wenn nämlich der Körper nur<br />
noch so viele Kalorien verbraucht wie<br />
der Patient nach der Operation zu sich<br />
nehmen kann, stabilisiert sich das<br />
Gewicht.<br />
14<br />
15
DAS ANPASSBARE MAGENBAND<br />
Nachsorge<br />
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG)<br />
hat die Übergewichtschirurgie in die<br />
Liste der Pflichtleistungen für die<br />
Krankenkassen aufgenommen. Damit<br />
verbunden sind Qualitätskontrollen.<br />
Als anerkanntes Zentrum für bariatrische<br />
Chirurgie liefert die Klinik<br />
Beau-Site dem BAG die anonymisierten<br />
Daten der operierten Patientinnen und<br />
Patienten, aber auch die Nachsorgedaten,<br />
das heisst, den Verlauf der<br />
Behandlung. Das BAG verlangt im<br />
Minimum zwei Kontrollen beim Spezialisten<br />
pro Jahr. Dabei werden auch<br />
Begleiterkrankungen wie Mangelerscheinungen<br />
erfasst, was wiederum<br />
Untersuchungen bedingt. Um die Qualität<br />
der Nachsorge zu gewährleisten,<br />
muss die Klinik die operierten Patientinnen<br />
und Patienten an die Nachsorge<br />
erinnern und diejenigen, die nicht zu<br />
den Kontrollen erscheinen, schriftlich<br />
mahnen.<br />
Eingriffsarten<br />
In den folgenden Kapiteln werden die<br />
wichtigsten Operationsverfahren erläutert.<br />
Diese stellen nur eine Auswahl<br />
aus einem fast zweiseitigen Sammelkatalog<br />
von möglichen Eingriffen dar.<br />
Die Techniken, in denen wir besondere<br />
Erfahrungen haben und die wir anbie-<br />
ten, werden ausführlicher vorgestellt.<br />
Grundsätzlich unterscheiden wir zwei<br />
Grundprinzipien:<br />
• Restriktive Eingriffe<br />
(Latein: restringere = einschnüren)<br />
Dabei wird der Magen zweigeteilt,<br />
in einen sehr kleinen Vormagen und<br />
den übrigen Hauptmagen. Patientinnen<br />
und Patienten haben nach<br />
diesem Eingriff beim Essen ein frühzeitiges<br />
Sättigungsgefühl, wodurch<br />
sie weniger Kalorien zu sich nehmen.<br />
Zu den restriktiven Eingriffen gehören<br />
unter anderem das anpassbare<br />
Magenband, der Standard Magenbypass<br />
und der Schlauchmagen.<br />
• Malabsorptive Eingriffe<br />
(Latein: Malabsorption = schlecht<br />
aufnehmen oder schlecht verdauen)<br />
Durch Umleitung des natürlichen<br />
Speiseweges vom Magen bis zum<br />
Dickdarm kann nur noch ein Teil der<br />
gegessenen Nahrung aus dem Darm<br />
aufgenommen werden. Das gängigste<br />
Prinzip ist dabei die teilweise Ausschaltung<br />
des Dünndarms.<br />
Die Klinik Beau-Site bietet die Technik<br />
der anpassbaren Magenbänder seit<br />
1996 an. Seither wurden über tausend<br />
Magenbänder eingepflanzt. Im Laufe<br />
der schon bald 20 Jahre musste bei<br />
mehr als der Hälfte der Patientinnen<br />
und Patienten das Band wieder entfernt<br />
werden. Fast immer wurde gleichzeitig<br />
ein Magenbypass angelegt. Auf Grund<br />
der Ergebnisse ist das Spezialistenteam<br />
der Klinik Beau-Site mit der Implantation<br />
von Magenbändern zurückhaltend<br />
geworden. Junge Menschen, speziell<br />
Jugendliche, sind aber nach wie vor<br />
Kandidaten für einen solchen Eingriff,<br />
weil die Anatomie intakt bleibt und<br />
sich die Erfolge in dieser Altersgruppe<br />
durchaus sehen lassen können.<br />
Der Eingriff<br />
Die Operation wird in Vollnarkose<br />
durchgeführt, die Patientin oder der<br />
Patient steht unter antibiotischem<br />
Schutz und erhält Medikamente gegen<br />
tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien.<br />
Die Operation erfolgt<br />
laparoskopisch, das heisst, dass der<br />
Bauch nicht aufgeschnitten wird.<br />
Durch fünf kleine Einschnitte werden<br />
eine stabförmige Fernsehkamera und<br />
die Instrumente in die aufgeblähte<br />
Bauchhöhle geführt. Das Magenband<br />
wird durch die Bauchwand in die<br />
Bauchhöhle hineingebracht und um<br />
den Magen herum verschlauft. Es<br />
besteht aus einem festen Teil und einem<br />
Ballonteil. Der Ballon ist verbunden<br />
mit einem Schlauch und dieser wiederum<br />
mit einem Port, das heisst ein<br />
Ventil, das unter die Haut auf den<br />
Knochen des Brustbeines angenäht<br />
wird. In dieses Ventil wird nach der<br />
Operation mit einer speziellen Nadel<br />
wasserähnliche Flüssigkeit eingefüllt.<br />
Danach wird der Verbindungsschlauch<br />
durch einen der Instrumentenkanäle,<br />
herausgezogen. Das Fett wird durchtrennt,<br />
bis der Knochen des Brustbeins<br />
freigelegt ist. Anschliessend wird eine<br />
Tasche gebildet. Den Übergang vom<br />
Das Magenband wird um den obersten Teil des Magens<br />
herum geschlungen, so dass der Magen, ähnlich einer<br />
Sanduhr, in zwei Abteilungen eingeschnürt wird.<br />
16<br />
17
kleinen Vormagen (Pouch = Tasche)<br />
zum Hauptmagen kann man sich wie<br />
bei einer Sanduhr vorstellen. Die Grösse<br />
des Pouches hilft, das Sättigungsgefühl<br />
mitzubestimmen. Die Erfahrung<br />
hat gezeigt, dass ein funktionierender<br />
Pouch mit dem Durchmesser einer<br />
Espressotasse ideal ist. Bei den anpassbaren<br />
Magenbändern bildet sich<br />
dieser Pouch im Laufe von einigen<br />
Monaten nach der Operation von selber<br />
aus und der Ausgang des Pouches kann<br />
fein eingestellt werden.<br />
Gegen Ende der Operation wird der<br />
Verbindungsschlauch auf den Port<br />
aufgesteckt und letzterer wird in der<br />
gebildeten Tasche festgenäht. Über<br />
dem Port wird die Wunde verschlossen.<br />
Anschliessend werden die Patientinnen<br />
oder der Patienten für wenige<br />
Stunden auf die Überwachungsstation<br />
gebracht, danach ins Zimmer. Nach<br />
dem Aufwachen dürfen sie bereits<br />
trinken und erhalten ausreichend<br />
Schmerzmittel. Die Schmerzen halten<br />
sich insgesamt jedoch in Grenzen.<br />
Was am meisten weh tut, ist die Stelle,<br />
wo der Port eingenäht ist.<br />
Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit<br />
Der Spitalaufenthalt beträgt zwischen<br />
zwei und drei Tagen, die Arbeitsunfähigkeit<br />
je nach Beruf ein bis drei Wochen.<br />
Nachsorge<br />
In der ersten Woche dürfen die Patientinnen<br />
und Patienten nur trinken, in<br />
der zweiten Woche pürierte Kost zu<br />
sich nehmen und ab der dritten Woche<br />
dann faserarme Normalkost. Bezüglich<br />
Mengen bestehen keine Vorschriften.<br />
Am Anfang ist das Band noch leer<br />
und viele nehmen in der ersten Phase<br />
möglicherweise kein Gewicht ab. Im<br />
Durchschnitt gehen aber etwa zehn<br />
Prozent des Übergewichts bereits verloren.<br />
Danach kommt die Bandanpassung<br />
in drei bis vier Schritten in monatlichen<br />
Abständen. Das geschieht mit einer<br />
schmerzarmen Spritze in den Port.<br />
Eingefüllt wird ein wasserähnliches<br />
Röntgenkontrastmittel, mit dem das<br />
Band unter Durchleuchtung sichtbar<br />
ist. Der Port wird in kleinen Schritten<br />
gefüllt, damit die optimale Bandweite<br />
langsam gefunden werden kann. Diese<br />
ist erreicht, wenn Patientinnen und<br />
Patienten mit etwa einem Drittel bis<br />
einem Viertel der bisherigen Nahrungsmenge<br />
satt sind. Danach werden die<br />
Kontrollintervalle länger und individuell<br />
abgemacht. Die Hausärztin oder der<br />
Hausarzt übernimmt die Aufgabe der<br />
Zucker-, Blutwerte- und Blutdruckkontrollen.<br />
Risiken<br />
In der Klinik Beau-Site gab es bisher<br />
keine Todesfälle nach diesem Eingriff.<br />
Seltene Komplikationen sind Blutungen,<br />
Lungenentzündungen, Verletzung der<br />
Milz mit nachfolgend notwendiger<br />
Entfernung des Organs, Thrombose<br />
und Lungenembolien, Luftembolien<br />
durch die Luft, die es zur laparoskopischen<br />
Operation braucht.<br />
Risiken am Port<br />
Der Port kann schmerzen, wandern,<br />
vereitern oder kippen. Zudem kann<br />
der Schlauch abrutschen. Bei ausgeprägter<br />
Gewichtsabnahme kann er<br />
auch unter der Haut vorstehen und<br />
sichtbar werden. Diese Risiken liegen<br />
im Bereich von zwei bis drei Prozent<br />
Wahrscheinlichkeit pro Jahr. Sie bedürfen<br />
einer operativen Korrektur, die<br />
jedoch nicht aufwändig ist und in den<br />
meisten Fällen mit einem ambulanten<br />
Eingriff erledigt werden kann.<br />
Risiken am Band<br />
Bänder können durchlässig werden.<br />
Die Flüssigkeit, die beim Leck austritt,<br />
ist harmlos (es handelt sich um Wasser),<br />
aber das Band verliert dann sofort<br />
seine Funktion und muss operativ<br />
ersetzt werden. Das Band kann auch<br />
vereitern, was jedoch eine sehr seltene<br />
Komplikation ist. Daneben sind in der<br />
Literatur Verletzungen der Speiseröhre<br />
und des Magens beschrieben.<br />
Technische Komplikationen<br />
Die häufigste Komplikation ist das so<br />
genannte «Slipping». Dabei rutscht der<br />
Magen durch das Band hinauf, so dass<br />
der Pouch viel zu gross wird. In der<br />
Klinik Beau-Site kam das bei 2.7% der<br />
Fälle pro Jahr vor. Auch diese Komplikation<br />
bedarf einer erneuten Operation.<br />
Weiter kann das Magenband in den<br />
Magen hineinwandern (1% pro Jahr).<br />
Die meisten dieser in den Magen hinein<br />
gewanderten Bänder konnten durch<br />
eine Magenspiegelung entfernt werden.<br />
In aller Regel sind sowohl das Slipping<br />
als auch die Bandpenetration ungefährlich,<br />
ziehen aber eine Nachoperation<br />
nach sich. In äusserst seltenen Fällen<br />
kann es beim Slipping zu gefährlichen<br />
Einklemmungen von Magenanteilen<br />
kommen, bis hin zum Absterben solcher<br />
Magenanteile. Dies ist dann eine sehr<br />
gravierende Komplikation, die unter<br />
Umständen die Entfernung des gesamten<br />
Magens nach sich zieht.<br />
Slippings müssen ernst genommen<br />
werden, damit das Band frühzeitig<br />
gelockert werden kann. Bei Bandpenetrationen<br />
sind in der Literatur Blutungskomplikationen<br />
beschrieben. Auch ein<br />
Magenleck könnte theoretisch auftreten.<br />
Beides kam in der Klinik Beau-Site<br />
bisher noch nicht vor.<br />
18<br />
19
Bei Komplikationen müssen sich Patientinnen<br />
und Patienten immer umgehend<br />
an das Spezialistenteam wenden. Nur<br />
so können schlimmere Komplikationen<br />
vermieden werden. Zusammenfassend<br />
muss mit drei bis fünf Prozent solcher<br />
technischen Komplikationen pro Jahr<br />
gerechnet werden, was Zweit- oder<br />
Mehroperationen zur Folge hat.<br />
Funktionelle Komplikationen<br />
Langfristig kommen mehr als die Hälfte<br />
der Patientinnen und Patienten mit der<br />
Einschnürung nicht zu Gang. Sie erbrechen<br />
dauernd, die Speiseröhre wird<br />
überlastet und sie nehmen dabei sogar<br />
an Gewicht zu. Die Ursachen sind noch<br />
nicht klar. In diesen Fällen muss das<br />
Band entfernt und meistens gleichzeitig<br />
ein Magenbypass gemacht werden.<br />
Das Erbrechen nach der Operation<br />
gilt nicht unbedingt als Komplikation,<br />
sondern eher als Folge des Bandes.<br />
Erbrochen wird in der Regel nur dann,<br />
wenn Betroffene unter Stress und Zeitdruck<br />
essen und grosse Bissen hinunter<br />
schlingen. Wenn ein Bissen stecken<br />
bleibt, sollten sie unverzüglich einen<br />
Spezialisten kontaktieren, damit das<br />
Band geöffnet werden kann. Mit zu-<br />
Vorteile<br />
Geringe Belastung durch die laparoskopische<br />
Technik.<br />
Der Magen wird weder geschnitten<br />
noch genäht.<br />
Die Bandweite kann angepasst<br />
werden.<br />
Der Eingriff ist sicher.<br />
nehmender Erfahrung im Umgang mit<br />
der neuen Situation lernen fast alle<br />
Patientinnen und Patienten, dass sie<br />
sehr sorgfältig kauen und sich fürs<br />
Essen Zeit nehmen müssen.<br />
Das Magenband führt seltener zu<br />
Mangelerscheinungen als der Bypass.<br />
Trotzdem müssen insbesondere die<br />
Spurenelemente überwacht werden.<br />
Die häufigste Mangelerscheinung ist<br />
bei menstruierenden Frauen der Eisenmangel.<br />
Entsprechende Präparate,<br />
auch Polyvitaminpräparate werden<br />
vom Nachsorgeteam bei Bedarf verschrieben.<br />
Gewichtsverlust<br />
Mit dem Band verlieren Betroffene<br />
etwa 60 Prozent des Übergewichts. So<br />
kann zum Beispiel eine 160 cm grosse<br />
Frau mit 120 kg Körpergewicht und<br />
damit 60 kg Übergewicht erwarten,<br />
dass sie die Hälfte verliert, das heisst,<br />
etwa 30 kg. Für Patienten und Patientinnen,<br />
die weniger Gewicht verlieren,<br />
muss ein anderer Weg gefunden<br />
werden, beispielsweise eine zusätzliche<br />
medikamentöse Behandlung<br />
oder ein operatives Bypassverfahren.<br />
Nachteile<br />
Rund drei Viertel aller Magenbandpatienten<br />
erfahren Komplikationen<br />
oder nehmen ungenügend ab.<br />
DER STANDARD-MAGENBYPASS<br />
Der Standard-Magenbypass ist der<br />
häufigste Routineeingriff des Zentrums<br />
für bariatrische Chirurgie der Klinik<br />
Beau-Site. Bisher wurden mehr als<br />
2000 Magenbypassoperationen durchgeführt,<br />
im Schnitt zwischen 150 bis<br />
200 pro Jahr. Obwohl die Laparoskopie<br />
für Patientinnen und Patienten immense<br />
Vorteile bringt, bleibt der Magenbypass<br />
ein grosser Eingriff, bei dem<br />
geschnitten und genäht wird. Entsprechend<br />
birgt er gegenüber dem Magenband<br />
mehr Risiken.<br />
Der Eingriff<br />
Die Vorbereitungen für den Eingriff<br />
sind mit denen einer Magenbandoperation<br />
im vorangehenden Kapitel<br />
vergleichbar. Beim Magenbypass wird<br />
der Pouch (=Tasche) aber chirurgisch<br />
gebildet und entspricht etwa dem halben<br />
Durchmesser einer Espressotasse.<br />
Er weitet sich innerhalb eines Jahres aus.<br />
Entsprechend ist die Einschränkung beim<br />
Essen anfänglich ausgeprägt und nimmt<br />
mit der Zeit ab. Die Pouchgrösse bestimmt<br />
das Essverhalten nach der<br />
Operation. Bei einem gut funktionierenden<br />
Bypass stellt sich das Sättigungsgefühl<br />
bereits bei einem Viertel bis<br />
einem Drittel der bis zur Operation<br />
eingenommenen Mahlzeitenmenge<br />
ein. Der Ausgang in den Hauptmagen<br />
wird komplett verschlossen. An dieser<br />
Stelle wird eine Dünndarmschlinge<br />
hochgenäht, so dass der Magen und<br />
der Zwölffingerdarm aus der Nahrungspassage<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit<br />
• Laparoskopisch Operierte sind<br />
4–5 Tage im Spital und<br />
2–4 Wochen arbeitsunfähig<br />
• Offen Operierte sind 8–10 Tage<br />
im Spital und 8–10 Wochen arbeitsunfähig.<br />
Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass eine Patientin oder ein Patient<br />
offen operiert werden muss, beträgt<br />
weniger als ein Prozent<br />
Beim Standard-Magenbypass wird der Magen ganz<br />
oben zweigeteilt.<br />
20<br />
21
Nachsorge<br />
Mangelerscheinungen für Spurenelemente<br />
und Vitamine sind beim Magenbypass<br />
sehr häufig. Die Nachsorge ist<br />
deshalb lebenswichtig. Die Mangelerscheinungen<br />
betreffen nebst dem<br />
Spurenelementstoffwechsel (Eisen,<br />
Zink, usw.) auch die Vitamine und<br />
damit auch den Knochenstoffwechsel.<br />
Langfristig drohen bei nicht angemessenen<br />
Ersatzbehandlungen Komplikationen.<br />
Betroffene spüren die Mängel<br />
nicht und es können Schäden auftreten,<br />
die bleibende Folgen (z.B. am zentralen<br />
Nervensystem, Knochen) hinterlassen!<br />
«LANGFRISTIG DROHEN<br />
BEI NICHT ANGEMESSENEN<br />
ERSATZ<strong>BEHANDLUNG</strong>EN<br />
KOMPLIKATIONEN.»<br />
Risiken<br />
Frühe Komplikationen<br />
Eine gefürchtete Komplikation ist das<br />
Nahtleck. Es kommt bei offen Operierten<br />
häufiger vor als bei laparoskopisch<br />
Operierten und ist in der Klinik Beau-<br />
Site bei Ersteingriffen praktisch verschwunden.<br />
Bei Zweiteingriffen liegt<br />
die Wahrscheinlichkeit eines Nahtlecks<br />
unter einem Prozent.<br />
Die zweithäufigste Komplikation im<br />
Zusammenhang mit der Operation sind<br />
Blutungen. Diese treten fast ausschliesslich<br />
an den Nähten auf. Betroffene<br />
haben am zweiten oder dritten Tag<br />
nach der Operation Blut im Stuhl.<br />
Meist ist dieses Ereignis harmlos und<br />
hört von selbst auf. Die Patientinnen<br />
und Patienten werden beobachtet und<br />
falls Anzeichen bestehen, dass die<br />
Blutung nicht von selbst stoppt, wird<br />
die Blutungsquelle anlässlich einer<br />
Magenspiegelung verödet.<br />
Intraoperative Verletzungen von<br />
Begleitorganen könnten rein theoretisch<br />
eine Erweiterung des Eingriffs<br />
notwendig machen. Das kann die Milz<br />
betreffen, aber auch den Restmagen<br />
oder die Leber. Bei voroperierten<br />
Patientinnen und Patienten ist allgemein<br />
das Blutungsrisiko etwas höher, ebenfalls<br />
das Verletzungsrisiko des Dünndarms<br />
bei Verwachsungen. Letzteres<br />
ist in der Klinik Beau-Site bisher nicht<br />
aufgetreten. Wundinfektionen und<br />
kleinere Lungenentzündungen können<br />
ebenfalls in seltenen Fällen auftreten,<br />
machen aber kaum eine erneute Operation<br />
notwendig.<br />
Im Zeitraum von vier bis sechs Wochen<br />
nach der Operation kann es zu Nahtschrumpfung<br />
am Übergang zwischen<br />
der geschaffenen Magentasche und<br />
dem Darm führen. Betroffene merken<br />
das daran, dass sie immer schlechter<br />
essen und am Schluss kaum mehr trinken<br />
können. Sie sollten sich frühzeitig beim<br />
Spezialistenteam melden. Die Behandlung<br />
dieser Nahtschrumpfung erfolgt<br />
ambulant durch eine Magenspiegelung.<br />
Im Durchschnitt beträgt die Wahrscheinlichkeit<br />
einer Nahtschrumpfung<br />
etwa zehn Prozent. In der Klinik Beau-<br />
Site sind bei Aufdehnungen bisher<br />
keine Komplikationen eingetreten.<br />
Späte Komplikationen<br />
Nach einem Eingriff kann es bei zirka<br />
zwei bis drei Prozent zu einem Darmverschluss<br />
kommen. Ursache dafür<br />
sind Verwachsungen oder eine innere<br />
Darmverschlingung. Etwa ein Prozent<br />
der Betroffenen entwickelt ein Magengeschwür,<br />
dessen Behandlung medikamentös<br />
ist.<br />
Das Dumping ist eher eine Folge des<br />
Eingriffs als eine Komplikation. Es tritt<br />
bei etwa 15 Prozent der Patienten mit<br />
Magenbypass auf und ist eigentlich<br />
eine Zuckerunverträglichkeit. Wenn<br />
Zucker in grösseren Mengen (z.B. in<br />
Form von Kuchen, Torten, Coca Cola)<br />
in die dem Pouch angenähte Darmschlinge<br />
gelangt, wird Wasser aus der<br />
Blutbahn in den Darm gezogen. Die<br />
Folge ist Herzklopfen, Schwindel und<br />
Durchfall. Seltener, aber gefährlicher<br />
ist das Spätdumping. Dies ist eine<br />
Unterzuckerung und kann sogar zu<br />
einem Koma führen. Gemeinsam sind<br />
beiden Dumpingformen der schnelle<br />
Übertritt der Nahrung von Magenpouch<br />
in den Dünndarm. Zur Behand-<br />
Vorteile<br />
<strong>DIE</strong> international anerkannte<br />
Operation zur Gewichtsreduktion.<br />
Effiziente Übergewichtsabnahme um<br />
rund 70 Prozent mit Versagerquote<br />
von langfristig etwa 15 Prozent durch<br />
sekundäre Gewichtszunahme. Zweitoperationen<br />
sind hier die Regel.<br />
Dokumentierte Langzeiterfahrung<br />
(mehr als 30 Jahre).<br />
Weniger Festnahrungsprobleme als<br />
bei den Magenbändern.<br />
Kann aufgehoben resp. zurückoperiert<br />
werden.<br />
lung muss der Magen wieder eingeschnürt<br />
werden, damit die Nahrungspassage<br />
verzögert wird. Das kann zum<br />
Beispiel durch einen Ring (Fobi-Ring)<br />
um den Magenpouch erreicht werden.<br />
Gewichtsverlust<br />
Patientinnen und Patienten mit einem<br />
Standard-Magenbypass können etwa<br />
10 bis 15 Prozent mehr Übergewichtsreduktion<br />
erwarten als mit einem<br />
alleinigen einschnürenden Eingriff,<br />
also etwa 60 bis 70 Prozent des Übergewichtes.<br />
Sie nehmen schneller ab<br />
als Magenbandträger. Nach neun bis<br />
zwölf Monaten flacht die Kurve ab,<br />
etwa dann, wenn der chirurgisch<br />
geschaffene Pouch sich auf den Durchmesser<br />
einer halben Kaffeetassengrösse<br />
erweitert hat.<br />
Nachteile<br />
Invasiver Eingriff mit potentiell<br />
schlimmen Komplikationen bis hin<br />
zur Sterblichkeit .<br />
Fast sichere Mangelzustände für<br />
Vitamine und Mineralstoffe. Regelmässige<br />
Kontrollen sind lebenswichtig.<br />
22<br />
23
DER SCHLAUCHMAGEN<br />
MALABSORPTIVE EINGRIFFE<br />
Beim Schlauchmagen («Sleeve-Magen»)<br />
werden 80 bis 85 Prozent des gesunden<br />
Magens definitiv entfernt. Es bleibt ein<br />
schlauchartiger Restmagen in der Verlängerung<br />
der Speiseröhre übrig. In<br />
der Klinik Beau-Site besteht vor allem<br />
in seiner ursprünglichen Anwendung<br />
als Teil des Marceaux Magenbypasses<br />
Erfahrung. Er wird auch bei entzündlichen<br />
Darmerkrankungen oder nach<br />
Voroperationen mit vielen Verwachsungen<br />
angewendet.<br />
Vorteile (gegenüber dem Bypass)<br />
Einfachere Operation.<br />
Keine Veränderung des Speiseweges.<br />
Keine Komplikationen am Darm.<br />
Kein Dumping.<br />
Die Operation kann als sicher gewertet<br />
werden und Komplikationen sind<br />
sehr selten geworden. Aus der Zeit der<br />
offenen Chirurgie wurde aber auch die<br />
Erfahrung gemacht, dass Lecks eher<br />
schwierig zu behandeln sind.<br />
Nachteile (gegenüber dem Bypass)<br />
Kann nicht zurückoperiert werden<br />
und 85 Prozent des gesunden<br />
Magens werden entfernt.<br />
Lecks gehen schlechter zu.<br />
Belastung der Speiseröhre häufiger.<br />
Langzeitresultate noch nicht gesichert.<br />
Schwieriger zu standardisieren<br />
(unterschiedliche Schlauchgrössen<br />
= unterschiedliche Resultate).<br />
Gemeinsames Ziel dieser Operationen<br />
ist es, das Fett im Darm durchgehen<br />
zu lassen, so dass es im Stuhl direkt<br />
ausgeschieden wird. Bei sogenannten<br />
biliopankreatischen Diversionen wird<br />
im Magen-Darm-Trakt eine Situation<br />
geschaffen, mit der die Verdauungsfermente<br />
aus der Bauchspeicheldrüse<br />
und die Galle nur noch auf etwa zehn<br />
Prozent der ursprünglichen Dünndarmlänge<br />
einwirken können. Verdauungsfermente<br />
und Galle braucht es aber im<br />
Dünndarm, um Fett zu verdauen.<br />
Durch die Verkürzung dieser Einwirkstrecke<br />
reicht diese nicht mehr, um das<br />
mit der Nahrung eingenommene Fett<br />
zu verdauen und es wird mit dem Stuhl<br />
ausgeschieden.<br />
Bei dieser Variante wird aber nicht<br />
ausschliesslich das Fett ausgeschieden,<br />
sondern ebenfalls Eisen, gewisse<br />
Vitaminen und Salze. Diese lebenswichtigen<br />
Substanzen müssen nach<br />
der Operation mindestens in der<br />
Phase der raschen Gewichtsabnahme<br />
ersetzt werden. Entsprechend sind<br />
mehr Kontrollen als bei den einfacheren<br />
Eingriffen notwendig.<br />
Da diese Eingriffe einerseits hoch<br />
effizient, andererseits potentiell<br />
gefährlich sind, sind sie für eine bestimmte<br />
Patientengruppe reserviert.<br />
Prinzipiell sind dies Patientinnen und<br />
Patienten im Bereich der so genannten<br />
Superobesitas, das heisst ab einem<br />
BMI von 50 kg/m2, insbesondere,<br />
wenn eine Stammfettsucht besteht<br />
und wenn gravierende Stoffwechselkrankheiten<br />
wie Zuckerkrankheit und<br />
Bluthochdruck vorhanden sind.<br />
Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit<br />
• Gleich wie beim Magenbypass<br />
• Wahrscheinlichkeit eines Bauchschnittes<br />
ist höher (um die fünf<br />
Prozent)<br />
Nachsorge<br />
Die Nachsorge in einem Team, das<br />
Erfahrung mit malabsorptiven Eingriffen<br />
hat, ist lebenswichtig.<br />
Gewichtsverlust<br />
Zu erwarten ist ein Gewichtsverlust<br />
von 70 bis 80 Prozent des Übergewichts.<br />
Bei Patientinnen und Patienten der<br />
Klinik Beau-Site betrug er im Mittel<br />
76 Prozent nach zwei Jahren.<br />
24<br />
25
Risiken<br />
Das Sterblichkeitsrisiko und schwerwiegende<br />
Komplikationen sind höher<br />
als bei den einfachen Eingriffen.<br />
Allerdings nicht wegen der Operationstechnik,<br />
sondern wegen den weit<br />
gewichtigeren und damit kränkeren<br />
Patientinnen und Patienten. Auch<br />
Blutungen, Wundinfekte, Lungenentzündungen<br />
und Narbenbrüche gehören<br />
zu den allgemeinen Risiken.<br />
Frühe Komplikationen<br />
Gefürchtetste Komplikation ist<br />
wiederum das Nahtleck. Daneben<br />
die Thrombose und Embolie und<br />
wie oben erwähnt, die Blutung.<br />
Späte Komplikationen<br />
Die Nahtschrumpfung tritt bei rund<br />
fünf Prozent der Betroffenen innerhalb<br />
von vier bis sechs Wochen nach der<br />
Operation auf. Drei Prozent leiden<br />
unter einem Anastomosengeschwür<br />
am neuen Übergang vom Magen in<br />
den Darm. Säurehemmende Medikamente<br />
sind lebenswichtig, da solche<br />
Geschwüre durchbrechen oder heftig<br />
bluten können.<br />
Der Magenbypass kann zu «scharf»<br />
sein. Rund drei bis vier Prozent der<br />
Betroffenen entwickeln chronische<br />
Durchfälle oder schwere Eiweissmangelzustände.<br />
Patientinnen und<br />
Patienten mit chronischen Durchfällen<br />
müssen nach der Stuhluntersuchung<br />
meistens erneut operiert werden,<br />
wobei die Verdauungsstrecke verlängert<br />
wird. Eiweissmangelzustände können<br />
unter Umständen durch Eiweisszusätze<br />
zum Essen verbessert werden. Wenn<br />
dies nicht ausreicht, muss auch hier<br />
eine Zweitoperation geplant werden.<br />
Vorteile<br />
Der Gewichtsverlust ist noch höher<br />
als bei Magenbändern und dem<br />
Standard-Magenbypass und beträgt<br />
um die 70 bis 80 Prozent des<br />
Übergewichts.<br />
Die für alle einschnürenden Verfahren<br />
typischen Gewichtswiederanstiege<br />
nach zwei bis drei Jahren kommen bei<br />
malabsorptiven Eingriffen nicht vor.<br />
Rund drei bis vier Prozent der Operierten<br />
erfahren innere Hernien, das heisst<br />
Darmabknickungen. Diese treten eher<br />
mild in Form von Koliken nach dem Essen<br />
auf und müssen in der Regel reoperiert<br />
werden. Es gibt aber auch akute Darmverschlüsse<br />
(0,5 – 1%). Solche sind<br />
lebensgefährlich und eine Notoperation<br />
innerhalb von kurzer Zeit ist unumgänglich.<br />
Nachteile<br />
Der Hauptnachteil liegt in den<br />
Mangelerscheinungen. Diese treten<br />
fast immer auf und sind zum Teil<br />
erheblich. Patientinnen und Patienten<br />
die sich nicht nachkontrollieren lassen,<br />
können an den Mangelerscheinungen<br />
sterben oder bleibende Gesundheitsschäden<br />
wie Osteoporose, Nierensteine,<br />
Nierenschädigung, Haarausfall<br />
davon tragen. Sämtliche fettlöslichen<br />
Vitamine müssen regelmässig ersetzt<br />
werden.<br />
Ein weiterer Nachteil sind die stinkenden<br />
Fettstühle. Stuhlentleerungen<br />
sind zwischen drei und fünf Mal pro<br />
Tag die Regel. Der Stuhlgang ist breiig.<br />
Wind und Stuhlgang können derart<br />
störend stinken, dass Betroffene sich<br />
sozial zurückziehen. Diese Nebenerscheinungen<br />
können durch Auswahl<br />
der Nahrung und auch durch Medikamente<br />
günstig beeinflusst werden.<br />
26<br />
27