ALEK KAWKA – Natura Obscura
2014
2014
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<strong>ALEK</strong><br />
<strong>KAWKA</strong><br />
NATURA OBSCURA
<strong>ALEK</strong> <strong>KAWKA</strong><br />
NATURA OBSCURA<br />
CONTEMP KUNSTSALON #05
BUNCH OF PHYSALIS<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
DAS SCHMUCKE GEFIEDER
ALERTNESS<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
ROYAL ROBE<br />
50 cm · 7 0 cm<br />
2014
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
THE BLACK SWAN
STILLLEBEN MIT GRANATAPFEL<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
abgenabelt<br />
EIN TEXT VON<br />
ANDREA SAKOPARNIG<br />
Wie behauptet sich die Fotografie als Kunst, wenn sie<br />
ihr Technisches nicht unsichtbar macht, sondern sogar hervorkehrt?<br />
Hat sie einen ästhetischen Eigenwert oder ist ihr<br />
Wert nur ein geborgter? Leihgabe der Malerei? Wie kann<br />
sie mehr als nur Dokument der Realität sein?<br />
Die Frage nach dem künstlerischen Wert des fotografischen<br />
Bildes wird bis heute aus der Perspektive der vor und neben<br />
ihr etablierten Künste gestellt. Sie muss sich (so der Subtext)<br />
zu allererst bewähren, wider ihre Technizität, ihre<br />
Tendenz bloße Wiedergabe zu sein, und immer auch: wider<br />
die Errungenschaften von Skulptur, Malerei und Film.<br />
I<br />
III<br />
Alek Kawkas fotografische Arbeiten geben<br />
nicht hybrid vor zu wissen, was die Essenz des<br />
fotografischen Bildes ist. Sie suchen sie, im und<br />
als Bild. Sie umspielen die Bildlogiken, die den<br />
verschiedenen Künsten zugesprochen werden,<br />
und greifen die diskursiven Zu- und Vermutungen<br />
an und über das fotografische Bild kritisch auf.<br />
Sie erschließen uns das Fotografische von seinen<br />
Rändern her, perspektivieren es als Reflexion<br />
über die Potenziale des Bildlichen.<br />
So changieren sie zwischen expressiver Erhabenheit<br />
und präziser Nüchternheit. Sie geben wieder,<br />
repräsentieren und sind darin geradezu literal;<br />
komponieren, konstellieren, manipulieren und<br />
inszenieren aber auch und sind darin eher<br />
konzeptuell. Sie sind sowohl Abbilder als auch<br />
imaginäre Konstruktionen. Sie kehren ihren Bezug<br />
zur Realität hervor, zehren ihn aber in sich<br />
auf, und kappen ihn.<br />
So schälen sie Schicht um Schicht das Objekt aus<br />
der Realität, um es in der Realität des fotografischen<br />
Raums erneut zur Existenz zu bringen, mithin<br />
die Dinge ins Bild verschwinden zu lassen. Sie<br />
beanspruchen Geltung, weil in ihnen das Objekt<br />
zu "haften" scheint, und weisen zugleich jede Haftung<br />
von sich. Als Komplexion von Licht - und<br />
Handarbeit sind sie paradoxerweise objektive als<br />
auch subjektive Projektionen. Sie berühren die<br />
vordergründige Logik abstrakter Malerei, indem<br />
sie ihre Objekte an die Oberfläche zerren, als auch<br />
die erhabener romantischer Landschaftsmalerei,<br />
indem sie sie tiefentektonisch zu einem Bildraum<br />
schichten. Kawkas Bilder stellen der Realität<br />
nach, und indem sie sie in sich selbst herstellen,
heben sie sie auf <strong>–</strong> den Weg zu ihr damit verstellend.<br />
Die ›Barthsche Nabelschnur‹ vom Bild zum<br />
Ursprünglichen ist durchtrennt. Das Bild hat sich<br />
abgenabelt, verselbstständigt.<br />
Die Kawkaschen Nebellandschaften zitieren<br />
nicht nur selbstbewusst Caspar David Friedrichs<br />
Gebirsglandschaften und reflektieren das Paradigma<br />
romantischer Erhabenheitsmalerei und<br />
damit die Apotheose des souveränen Subjekts,<br />
das sich gegenüber der übermächtigen Natur seiner<br />
Freiheit gewahr wird <strong>–</strong> sie überblenden sie.<br />
Die Ablichtung präparierter Tiere und Pflanzen,<br />
die an die objektivierenden kühlen wissenschaftlichen<br />
Bilder aus Naturkundefibeln erinnern,<br />
kommentieren überdies eben jene Hypostasierung<br />
des Subjekts, das die Natur zum Naturobjekt<br />
degradiert. Hier steht das Subjekt nicht<br />
mehr der gewaltigen, erhabenen Natur respektvoll<br />
(wenn auch überlegen) gegenüber, hier hat<br />
es selbst Hand angelegt, seine Unschuld verloren.<br />
Das Verfahren belegt es: Es wird seziert, ausgeschnitten,<br />
fragmentiert, zerlegt, geklebt, präpariert.<br />
Das Objekt ist Ergebnis manueller Intervention<br />
und Manipulation <strong>–</strong> und das Foto somit<br />
eben nicht physikalischer Abdruck, technisches<br />
Abbild, in dem das Abgebildete als unberührtes<br />
seine "magische" Präsenz findet.<br />
Die minimalistische Konzentration auf das Objekt<br />
verdichtet es zum Konzentrat. Das Individuelle,<br />
Singuläre kippt in das Exemplarische um. So<br />
zehrt das fotografische Bild die Logik ikonographischer<br />
und indexikalischer Referenz dissoziierend<br />
hervor, und entlarvt sie als pure Anmaßung.<br />
Besonders deutlich wird das im fotografischen<br />
Stillleben, das Malerei und Film in wechselvolle<br />
Spannung bringt. Die Bedeutungsschwere des<br />
barocken memento mori, das an die Endlichkeit<br />
der Zeit gemahnt und Trost nur in der Bezogenheit<br />
auf die jenseitige Ewigkeit findet, wird<br />
invertiert, indem das fotografische Stillleben die<br />
Objekte gleichsam in die eigene Absolutheit des<br />
fotografischen Zeit - / Raums holt. Gebrochen<br />
wird dies durch die ebenso starke Assoziation<br />
des Filmstills, das zufällig festgehaltene Einzelbild,<br />
das seine Notwendigkeit nur als funktionaler<br />
Durchgangspunkt im Plural bewegter Bilder<br />
findet. Das ›Jetzt‹ des Einzelbildes ist flüchtig, als<br />
Moment bedeutungslos, stets fortgerissen in das<br />
Geflecht von ›Vor‹ - und ›Nach‹ - Bild. Als stillgestelltes<br />
Bild folgt es der gleichen Dramaturgie des<br />
"fruchtbaren Augenblicks", von der die Dynamik<br />
der Skulptur lebt.<br />
Plastisch wirken die Bilder aber nicht nur durch<br />
ihre eigentümliche Zeitlichkeit, ihr ›Jetzt‹, das<br />
keinen Halt findet, sondern auch durch ihren<br />
Eigenraum, der im Leeren <strong>–</strong> bei Kawka oft im<br />
Dunkeln <strong>–</strong> gleichsam in der Luft hängt und darauf<br />
wartet von Licht getränkt und gekrümmt zu<br />
werden.
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
THE CLARITY OF VISION
THE DEER HUNTER<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
50 cm · 70 cm<br />
2014<br />
VOGEL DER WEISHEIT
A REMINISCENCE OF BEAUTY<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
INTO THE WILD
DAS PRACHTVOLLE GEFIEDER<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
abgenabelt<br />
EIN TEXT VON<br />
ANDREA SAKOPARNIG<br />
Wie behauptet sich die Fotografie als Kunst, wenn sie<br />
ihr Technisches nicht unsichtbar macht, sondern sogar hervorkehrt?<br />
Hat sie einen ästhetischen Eigenwert oder ist ihr<br />
Wert nur ein geborgter? Leihgabe der Malerei? Wie kann<br />
sie mehr als nur Dokument der Realität sein?<br />
Die Frage nach dem künstlerischen Wert des fotografischen<br />
Bildes wird bis heute aus der Perspektive der vor und neben<br />
ihr etablierten Künste gestellt. Sie muss sich (so der Subtext)<br />
zu allererst bewähren, wider ihre Technizität, ihre<br />
Tendenz bloße Wiedergabe zu sein, und immer auch: wider<br />
die Errungenschaften von Skulptur, Malerei und Film.<br />
II<br />
III<br />
Alek Kawkas fotografische Arbeiten geben<br />
nicht hybrid vor zu wissen, was die Essenz des<br />
fotografischen Bildes ist. Sie suchen sie, im und<br />
als Bild. Sie umspielen die Bildlogiken, die den<br />
verschiedenen Künsten zugesprochen werden,<br />
und greifen die diskursiven Zu- und Vermutungen<br />
an und über das fotografische Bild kritisch auf.<br />
Sie erschließen uns das Fotografische von seinen<br />
Rändern her, perspektivieren es als Reflexion<br />
über die Potenziale des Bildlichen.<br />
So changieren sie zwischen expressiver Erhabenheit<br />
und präziser Nüchternheit. Sie geben wieder,<br />
repräsentieren und sind darin geradezu literal;<br />
komponieren, konstellieren, manipulieren und<br />
inszenieren aber auch und sind darin eher<br />
konzeptuell. Sie sind sowohl Abbilder als auch<br />
imaginäre Konstruktionen. Sie kehren ihren Bezug<br />
zur Realität hervor, zehren ihn aber in sich<br />
auf, und kappen ihn.<br />
So schälen sie Schicht um Schicht das Objekt aus<br />
der Realität, um es in der Realität des fotografischen<br />
Raums erneut zur Existenz zu bringen, mithin<br />
die Dinge ins Bild verschwinden zu lassen. Sie<br />
beanspruchen Geltung, weil in ihnen das Objekt<br />
zu "haften" scheint, und weisen zugleich jede Haftung<br />
von sich. Als Komplexion von Licht - und<br />
Handarbeit sind sie paradoxerweise objektive als<br />
auch subjektive Projektionen. Sie berühren die<br />
vordergründige Logik abstrakter Malerei, indem<br />
sie ihre Objekte an die Oberfläche zerren, als auch<br />
die erhabener romantischer Landschaftsmalerei,<br />
indem sie sie tiefentektonisch zu einem Bildraum<br />
schichten. Kawkas Bilder stellen der Realität<br />
nach, und indem sie sie in sich selbst herstellen,
heben sie sie auf <strong>–</strong> den Weg zu ihr damit verstellend.<br />
Die ›Barthsche Nabelschnur‹ vom Bild zum<br />
Ursprünglichen ist durchtrennt. Das Bild hat sich<br />
abgenabelt, verselbstständigt.<br />
Die Kawkaschen Nebellandschaften zitieren<br />
nicht nur selbstbewusst Caspar David Friedrichs<br />
Gebirsglandschaften und reflektieren das Paradigma<br />
romantischer Erhabenheitsmalerei und<br />
damit die Apotheose des souveränen Subjekts,<br />
das sich gegenüber der übermächtigen Natur seiner<br />
Freiheit gewahr wird <strong>–</strong> sie überblenden sie.<br />
Die Ablichtung präparierter Tiere und Pflanzen,<br />
die an die objektivierenden kühlen wissenschaftlichen<br />
Bilder aus Naturkundefibeln erinnern,<br />
kommentieren überdies eben jene Hypostasierung<br />
des Subjekts, das die Natur zum Naturobjekt<br />
degradiert. Hier steht das Subjekt nicht<br />
mehr der gewaltigen, erhabenen Natur respektvoll<br />
(wenn auch überlegen) gegenüber, hier hat<br />
es selbst Hand angelegt, seine Unschuld verloren.<br />
Das Verfahren belegt es: Es wird seziert, ausgeschnitten,<br />
fragmentiert, zerlegt, geklebt, präpariert.<br />
Das Objekt ist Ergebnis manueller Intervention<br />
und Manipulation <strong>–</strong> und das Foto somit<br />
eben nicht physikalischer Abdruck, technisches<br />
Abbild, in dem das Abgebildete als unberührtes<br />
seine "magische" Präsenz findet.<br />
Die minimalistische Konzentration auf das Objekt<br />
verdichtet es zum Konzentrat. Das Individuelle,<br />
Singuläre kippt in das Exemplarische um. So<br />
zehrt das fotografische Bild die Logik ikonographischer<br />
und indexikalischer Referenz dissoziierend<br />
hervor, und entlarvt sie als pure Anmaßung.<br />
Besonders deutlich wird das im fotografischen<br />
Stillleben, das Malerei und Film in wechselvolle<br />
Spannung bringt. Die Bedeutungsschwere des<br />
barocken memento mori, das an die Endlichkeit<br />
der Zeit gemahnt und Trost nur in der Bezogenheit<br />
auf die jenseitige Ewigkeit findet, wird<br />
invertiert, indem das fotografische Stillleben die<br />
Objekte gleichsam in die eigene Absolutheit des<br />
fotografischen Zeit - / Raums holt. Gebrochen<br />
wird dies durch die ebenso starke Assoziation<br />
des Filmstills, das zufällig festgehaltene Einzelbild,<br />
das seine Notwendigkeit nur als funktionaler<br />
Durchgangspunkt im Plural bewegter Bilder<br />
findet. Das ›Jetzt‹ des Einzelbildes ist flüchtig, als<br />
Moment bedeutungslos, stets fortgerissen in das<br />
Geflecht von ›Vor‹ - und ›Nach‹ - Bild. Als stillgestelltes<br />
Bild folgt es der gleichen Dramaturgie des<br />
"fruchtbaren Augenblicks", von der die Dynamik<br />
der Skulptur lebt.<br />
Plastisch wirken die Bilder aber nicht nur durch<br />
ihre eigentümliche Zeitlichkeit, ihr ›Jetzt‹, das<br />
keinen Halt findet, sondern auch durch ihren<br />
Eigenraum, der im Leeren <strong>–</strong> bei Kawka oft im<br />
Dunkeln <strong>–</strong> gleichsam in der Luft hängt und darauf<br />
wartet von Licht getränkt und gekrümmt zu<br />
werden.
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
STILLLEBEN MIT ARTISCHOCKE
THE PURITY OF A SWAN<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
PORTRAIT OF POWER
VANITAS<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
70 cm · 50 cm<br />
2014<br />
DAS EDLE GEFIEDER
KUMQUAT FESTIVAL<br />
70 cm · 5 0 cm<br />
2014
50 cm · 70 cm<br />
2014<br />
THE UNCERTAINTY OF HUMIDITY I
abgenabelt<br />
EIN TEXT VON<br />
ANDREA SAKOPARNIG<br />
Wie behauptet sich die Fotografie als Kunst, wenn sie<br />
ihr Technisches nicht unsichtbar macht, sondern sogar hervorkehrt?<br />
Hat sie einen ästhetischen Eigenwert oder ist ihr<br />
Wert nur ein geborgter? Leihgabe der Malerei? Wie kann<br />
sie mehr als nur Dokument der Realität sein?<br />
Die Frage nach dem künstlerischen Wert des fotografischen<br />
Bildes wird bis heute aus der Perspektive der vor und neben<br />
ihr etablierten Künste gestellt. Sie muss sich (so der Subtext)<br />
zu allererst bewähren, wider ihre Technizität, ihre<br />
Tendenz bloße Wiedergabe zu sein, und immer auch: wider<br />
die Errungenschaften von Skulptur, Malerei und Film.<br />
III<br />
III<br />
Alek Kawkas fotografische Arbeiten geben<br />
nicht hybrid vor zu wissen, was die Essenz des<br />
fotografischen Bildes ist. Sie suchen sie, im und<br />
als Bild. Sie umspielen die Bildlogiken, die den<br />
verschiedenen Künsten zugesprochen werden,<br />
und greifen die diskursiven Zu- und Vermutungen<br />
an und über das fotografische Bild kritisch auf.<br />
Sie erschließen uns das Fotografische von seinen<br />
Rändern her, perspektivieren es als Reflexion<br />
über die Potenziale des Bildlichen.<br />
So changieren sie zwischen expressiver Erhabenheit<br />
und präziser Nüchternheit. Sie geben wieder,<br />
repräsentieren und sind darin geradezu literal;<br />
komponieren, konstellieren, manipulieren und<br />
inszenieren aber auch und sind darin eher<br />
konzeptuell. Sie sind sowohl Abbilder als auch<br />
imaginäre Konstruktionen. Sie kehren ihren Bezug<br />
zur Realität hervor, zehren ihn aber in sich<br />
auf, und kappen ihn.<br />
So schälen sie Schicht um Schicht das Objekt aus<br />
der Realität, um es in der Realität des fotografischen<br />
Raums erneut zur Existenz zu bringen, mithin<br />
die Dinge ins Bild verschwinden zu lassen. Sie<br />
beanspruchen Geltung, weil in ihnen das Objekt<br />
zu "haften" scheint, und weisen zugleich jede Haftung<br />
von sich. Als Komplexion von Licht - und<br />
Handarbeit sind sie paradoxerweise objektive als<br />
auch subjektive Projektionen. Sie berühren die<br />
vordergründige Logik abstrakter Malerei, indem<br />
sie ihre Objekte an die Oberfläche zerren, als auch<br />
die erhabener romantischer Landschaftsmalerei,<br />
indem sie sie tiefentektonisch zu einem Bildraum<br />
schichten. Kawkas Bilder stellen der Realität<br />
nach, und indem sie sie in sich selbst herstellen,
heben sie sie auf <strong>–</strong> den Weg zu ihr damit verstellend.<br />
Die ›Barthsche Nabelschnur‹ vom Bild zum<br />
Ursprünglichen ist durchtrennt. Das Bild hat sich<br />
abgenabelt, verselbstständigt.<br />
Die Kawkaschen Nebellandschaften zitieren<br />
nicht nur selbstbewusst Caspar David Friedrichs<br />
Gebirsglandschaften und reflektieren das Paradigma<br />
romantischer Erhabenheitsmalerei und<br />
damit die Apotheose des souveränen Subjekts,<br />
das sich gegenüber der übermächtigen Natur seiner<br />
Freiheit gewahr wird <strong>–</strong> sie überblenden sie.<br />
Die Ablichtung präparierter Tiere und Pflanzen,<br />
die an die objektivierenden kühlen wissenschaftlichen<br />
Bilder aus Naturkundefibeln erinnern,<br />
kommentieren überdies eben jene Hypostasierung<br />
des Subjekts, das die Natur zum Naturobjekt<br />
degradiert. Hier steht das Subjekt nicht<br />
mehr der gewaltigen, erhabenen Natur respektvoll<br />
(wenn auch überlegen) gegenüber, hier hat<br />
es selbst Hand angelegt, seine Unschuld verloren.<br />
Das Verfahren belegt es: Es wird seziert, ausgeschnitten,<br />
fragmentiert, zerlegt, geklebt, präpariert.<br />
Das Objekt ist Ergebnis manueller Intervention<br />
und Manipulation <strong>–</strong> und das Foto somit<br />
eben nicht physikalischer Abdruck, technisches<br />
Abbild, in dem das Abgebildete als unberührtes<br />
seine "magische" Präsenz findet.<br />
Die minimalistische Konzentration auf das Objekt<br />
verdichtet es zum Konzentrat. Das Individuelle,<br />
Singuläre kippt in das Exemplarische um. So<br />
zehrt das fotografische Bild die Logik ikonographischer<br />
und indexikalischer Referenz dissoziierend<br />
hervor, und entlarvt sie als pure Anmaßung.<br />
Besonders deutlich wird das im fotografischen<br />
Stillleben, das Malerei und Film in wechselvolle<br />
Spannung bringt. Die Bedeutungsschwere des<br />
barocken memento mori, das an die Endlichkeit<br />
der Zeit gemahnt und Trost nur in der Bezogenheit<br />
auf die jenseitige Ewigkeit findet, wird<br />
invertiert, indem das fotografische Stillleben die<br />
Objekte gleichsam in die eigene Absolutheit des<br />
fotografischen Zeit - / Raums holt. Gebrochen<br />
wird dies durch die ebenso starke Assoziation<br />
des Filmstills, das zufällig festgehaltene Einzelbild,<br />
das seine Notwendigkeit nur als funktionaler<br />
Durchgangspunkt im Plural bewegter Bilder<br />
findet. Das ›Jetzt‹ des Einzelbildes ist flüchtig, als<br />
Moment bedeutungslos, stets fortgerissen in das<br />
Geflecht von ›Vor‹ - und ›Nach‹ - Bild. Als stillgestelltes<br />
Bild folgt es der gleichen Dramaturgie des<br />
"fruchtbaren Augenblicks", von der die Dynamik<br />
der Skulptur lebt.<br />
Plastisch wirken die Bilder aber nicht nur durch<br />
ihre eigentümliche Zeitlichkeit, ihr ›Jetzt‹, das<br />
keinen Halt findet, sondern auch durch ihren<br />
Eigenraum, der im Leeren <strong>–</strong> bei Kawka oft im<br />
Dunkeln <strong>–</strong> gleichsam in der Luft hängt und darauf<br />
wartet von Licht getränkt und gekrümmt zu<br />
werden.
* 1980 in Düsseldorf,<br />
lebt und arbeitet in Wien<br />
Biografie<br />
<strong>ALEK</strong> <strong>KAWKA</strong><br />
• Absolvierung des Lehrgangs für<br />
künstlerische Fotografie am »fotoK«<br />
• Studium an der »Akademie der<br />
bildenden Künste Wien« in der<br />
• Klasse für Kunst und Fotografie bei<br />
Matthias Herrmann<br />
• Diplom ebendort bei Martin Guttmann<br />
Alek Kawka setzt sich in ihrem Werk<br />
konsequent mit der räumlichen<br />
Er weiterung der Fotografie auseinander;<br />
mittels Leuchtkästen, Dioramen sowie<br />
Collagen mit mehreren Bildebenen.
BIOGRAFIE<br />
Alek Kawka<br />
2014
Herausgeber<br />
Jutta Stolitzka<br />
contemp<br />
Agentur für zeitgenössische Kunst<br />
Schönbrunnerstraße 28<br />
1050 Wien<br />
http://contemp.at<br />
Impressum<br />
CONTEMP #05<br />
Fotografie<br />
Alek Kawka<br />
http://alek.at<br />
Text<br />
Andrea Sakoparnig<br />
http://andrea-sakoparnig.de<br />
Grafik<br />
FAT • Ink<br />
Florian Regl<br />
http:// florianregl.com<br />
Antonia Schwaiger<br />
Druck<br />
Gugler<br />
http://gugler.at<br />
Die im Katalog abgebildeten Arbeiten<br />
verstehen sich als exemplarische<br />
Darstellungen. Die ausgestellten Werke<br />
wurden auf Glas gedruckt sowie durch<br />
mehrere Ebenen und Schichten<br />
zusammengefügt und manipuliert.
THE UNCERTAINTY OF HUMIDITY II<br />
50 cm · 7 0 cm<br />
2014
CONTEMP<br />
KUNST<br />
SALON<br />
#05