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Renormierungstheorie und die Berechnung von Quantenkorrekturen

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Kapitel 5<br />

<strong>Renormierungstheorie</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Quantenkorrekturen</strong><br />

In den bisherigen Kapiteln haben wir einen allgemeinen Formalismus zur<br />

Quantisierung <strong>von</strong> klassischen Lagrange-Dichten, einschließlich Fermionen,<br />

<strong>und</strong> zur <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Green-Funktionen <strong>und</strong> Streumatrixelementen entwickelt.<br />

Dabei traten bei der Störungsentwicklung zwei Arten <strong>von</strong> Feynman-<br />

Diagrammen auf, Baum-Diagramme <strong>und</strong> Schleifen-Diagramme. Bei ersteren<br />

handelt es sich um Diagramme der Form<br />

Baum-Graphen sind dadurch charakterisiert, dass sie keine inneren Schleifen<br />

enthalten <strong>und</strong> treten beispielsweise auf, wenn man einen Streuprozess<br />

in niedrigster Ordnung der Störungstheorie berechnet. Die weitere diagrammatische<br />

Entwicklung eines solchen Streuprozesses führt in der Regel auf<br />

Diagramme, <strong>die</strong> innere Schleifen enthalten, z.B. für den Prozess q¯q → gg:<br />

202


p 1<br />

p<br />

k<br />

3<br />

p 2 p 4<br />

Die <strong>Renormierungstheorie</strong> befasst sich mit der <strong>Berechnung</strong> <strong>und</strong> Deutung<br />

<strong>von</strong> Schleifen-Diagrammen. Da das obige Diagramm relativ zum führenden<br />

Prozess <strong>von</strong> der Ordnung g 2 ist, spricht man in <strong>die</strong>sem Zusammenhang auch<br />

<strong>von</strong> <strong>Quantenkorrekturen</strong>.<br />

Bei der <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Schleifen-Diagrammen mit Hilfe der Feynman-Regeln<br />

bleiben nach Elimination aller δ-Funktionen so viele Impulsintegrationen<br />

übrig, wie das Diagramm Schleifen enthält. Für das obige Beispiel erhält<br />

man also einen Ausdruck der Form<br />

∫ d 4 k<br />

(2π) 4 I(p 1,p 2 ,p 3 ,k). (5.1)<br />

Diese Schleifenintegrale sind im allgemeinen divergent. Dies verlangt nach<br />

einer sorgfältigen Interpretation der Störungsentwicklung, was letztlich zur<br />

sog. renormierten Strörungstheorie führt.<br />

5.1 Regularisierung <strong>und</strong> Renormierung<br />

In <strong>die</strong>sem Unterkapitel behandeln wir das zweite in der Einleitung erwähnte<br />

Problem, nämlich dass Schleifendiagramme in der Regel divergieren. Die Interpretation<br />

<strong>die</strong>ser “Divergenzen” ist Gegenstand der <strong>Renormierungstheorie</strong>.<br />

Als Beispiel werden drei Modelltheorien behandelt:<br />

φ 4 -Theorie<br />

L = 1 2<br />

Yukawa-Theorie<br />

L = 1 2<br />

QED (in kovarianter Eichung)<br />

(<br />

∂µ φ 0 ∂ µ φ 0 − M 2 0 φ2 0)<br />

−<br />

λ 0<br />

4! φ4 0 (5.2)<br />

(<br />

∂µ φ 0 ∂ µ φ 0 − M0φ 2 2 )<br />

0 + ¯ψ0 (i̸∂ − m 0 )ψ 0 − g 0 ¯ψ0 ψ 0 φ 0 (5.3)<br />

L = − 1 4 (∂ µA 0ν − ∂ ν A 0µ ) (∂ µ A ν 0 − ∂ ν A µ 0 ) − 1 2ξ (∂ µA µ 0 ) (∂ νA ν 0)<br />

203


+ ¯ψ 0 (i̸∂ − m 0 )ψ 0 + e 0 ¯ψ0 γ µ ψ 0 A 0µ (5.4)<br />

Der Index “0” <strong>die</strong>nt der Unterscheidung der “nackten” bzw. “unrenormierten”<br />

Größen <strong>von</strong> den später einzuführenden renormierten Größen.<br />

5.1.1 Beispiel: Selbstenergie in der φ 4 -Theorie<br />

Bei der Selbstenergie Π(p 2 ,M 2 ) handelt es sich um <strong>die</strong> Einteilchen-irreduziblen<br />

Anteile der Zwei-Punkt-Funktion, wobei <strong>die</strong> äußeren Propagatoren<br />

amputiert werden, d.h.<br />

−iΠ(p 2 ,M 2 0) =<br />

1PI<br />

= + + + O(λ 3 0)<br />

= − iλ 0<br />

2<br />

∫<br />

d 4 k<br />

(2π) 4<br />

i<br />

k 2 − M 2 0 + iε + O(λ2 0 ) (5.5)<br />

Der Faktor 1/2 ergibt sich aus dem Symmetriefaktor für das erste Diagramm<br />

der zweiten Zeile. Dieses Schleifenintegral kann berechnet werden, indem<br />

man zunächst <strong>die</strong> k 0 -Integration mit Hilfe des Residuensatzes ausführt <strong>und</strong><br />

anschließend <strong>die</strong> Integration über ⃗ k separat behandelt.<br />

Im Folgenden führen wir ein Verfahren zur <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Schleifenintegralen<br />

ein, <strong>die</strong> sog. Wick-Rotation, welches sich als günstiger erweist, da es alle<br />

Komponenten des Vierervektors k µ in gleicher Weise behandelt <strong>und</strong> somit<br />

<strong>die</strong> relativistische Invarianz erhält. Im Wesentlichen handelt es sich dabei<br />

um eine Rotation der Integrationskontur.<br />

Das Integral (5.5) hat Pole in k 0 bei<br />

k 0 2<br />

= ⃗ k 2 + M 2 0 − iε. (5.6)<br />

Da der Integrand im Unendlichen schnell genug abfällt, kann <strong>die</strong> Integrationskontur<br />

in der komplexen k 0 -Ebene beliebig deformiert werden, so lange<br />

man dabei keine Pole überschreitet. Insbesondere können wir den Integrationsweg<br />

entlang der imaginären Achse wählen, d.h.<br />

204


k 0<br />

q<br />

k 0 = − ⃗k 2 +M<br />

0 2 + iε<br />

q<br />

⃗k 2 +M0 2 − iε = k0<br />

Für das Integral einer Funktion f(k 2 ) erhält man dann<br />

∫<br />

d 4 k f(k 2 ) =<br />

∫ ∞<br />

−∞<br />

dk 0 ∫<br />

d 3 ⃗ k f(k 2 ) =<br />

∫ +i∞<br />

−i∞<br />

dk 0 ∫<br />

d 3 ⃗ k f(k 2 ), (5.7)<br />

wobei vorausgesetzt werden muss, dass f(k 2 ) im Unendlichen schnell genug<br />

verschwindet. Nun nehmen wir <strong>die</strong> Umbenennungen ⃗ k E = ⃗ k <strong>und</strong> k 0 E = −ik0<br />

vor <strong>und</strong> definieren k 2 E ≡ k0 E2 + ⃗ kE 2 = −k 2 . Dies entspricht einem Skalarprodukt<br />

mit euklidischer Metrik, d.h. k E ist ein euklidischer Vierervektor.<br />

Damit folgt aus (5.7)<br />

∫<br />

d 4 k f(k 2 ) = i<br />

∫ ∞<br />

dkE<br />

0<br />

−∞<br />

∫<br />

∫<br />

d 3 ⃗ k f(−k<br />

2<br />

E ) = i<br />

d 4 k E f(−kE 2 ). (5.8)<br />

Unter Verwendung der Wick-Rotation geht das Schleifenintegral (5.5) in<br />

∫ d 4 k E<br />

i<br />

(2π) 4<br />

i<br />

−kE 2 − M2 0 + iε = −iλ ∫<br />

0 d 4 k E<br />

2<br />

−iΠ(p 2 ,M0 2 ) = −iλ 0<br />

1<br />

2<br />

(2π) 4 kE 2 + M2 0<br />

(5.9)<br />

über, wobei <strong>die</strong> iε-Vorschrift jetzt weggelassen werden kann, da der Nenner<br />

nie nahe bei Null ist. Aufgr<strong>und</strong> der kE 2 -Abhängigkeit des Integranden ist es<br />

zweckmäßig, sphärische Koordinaten einzuführen, d.h.<br />

∫ ∫ ∞ ∫<br />

d 4 k E = dkE<br />

2 1<br />

2 k2 E dΩ (4) . (5.10)<br />

0<br />

Die Oberfläche einer vierdimensionalen Kugel ∫ dΩ (4) ist 2π 2 , so dass<br />

−iΠ(p 2 ,M0) 2 = − iλ ∫ ∞<br />

0<br />

32π 2<br />

0<br />

dk 2 E<br />

k 2 E<br />

k 2 E + M2 0<br />

= ∞, (5.11)<br />

205


d.h. das Integral ist formal divergent. Da der Wert des Integrals für große<br />

Werte <strong>von</strong> k 2 E mit der zweiten Potenz der Integrationsvariablen k E wächst,<br />

spricht man hier <strong>von</strong> quadratischer Divergenz.<br />

Man definiert das Integral zunächst durch eine Regularisierung, z.B. durch<br />

einen cut-off:<br />

|k E | < Λ. (5.12)<br />

Das Integral (5.11) ist dann endlich <strong>und</strong> kann explizit berechnet werden:<br />

−iΠ(p 2 ,M0 2 ) = − iλ ∫ Λ 2<br />

0<br />

32π 2<br />

= (−i)<br />

0<br />

dk 2 E<br />

k 2 E<br />

(<br />

λ 0<br />

32π 2 Λ 2 − M0 2 ln<br />

kE 2 + M2 0<br />

( Λ 2 − M0<br />

2 ))<br />

M 2 0<br />

(5.13)<br />

Der Cut-off-Parameter Λ sei so gewählt, dass er großgegenüber allen physikalischen<br />

Skalen (→ M 0 ) ist, so dass wir in dem Verhältnis M 0<br />

Λ<br />

entwickeln<br />

können. Wir erhalten dann das folgende Resultat für <strong>die</strong> Selbstenergie in<br />

der φ 4 -Theorie:<br />

(<br />

( ))<br />

−iΠ(p 2 ,M0 2 ) = −i λ 0<br />

32π 2 Λ 2 − M0 2 Λ2 M<br />

4<br />

ln<br />

M0<br />

2 + O 0<br />

Λ 2 . (5.14)<br />

Mit der Zwei-Punkt-Funktion bzw. der Selbstenergie Π erhält man aus der<br />

Bedingung<br />

M 2 − M 2 0 − Π(p 2 = M 2 ,M 2 0) = 0 (5.15)<br />

<strong>die</strong> physikalische Masse<br />

M 2 = M0 2 + λ (<br />

0<br />

32π 2 Λ 2 − M0 2 Λ2<br />

ln<br />

M0<br />

2<br />

)<br />

+ ... + O(λ 2 0 ). (5.16)<br />

Außerdem folgt für <strong>die</strong> (on-shell) Feldrenormierungskonstante<br />

Z =<br />

1<br />

1 − ∂Π<br />

∂p 2 ∣<br />

∣p 2 =M 2 = 1 + O(λ 2 0). (5.17)<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle wollen wir <strong>die</strong> Resultate <strong>die</strong>ses einführenden Kapitels kurz<br />

festhalten <strong>und</strong> überlegen, wie <strong>die</strong>se zu interpretieren sind. Wir haben festgestellt,<br />

dass <strong>die</strong> Selbstenergie eines (punktförmigen) skalaren Teilchens (für<br />

Λ → ∞) quadratisch divergent ist. Insbesondere gilt <strong>die</strong>s auch für <strong>die</strong> Relation<br />

M = M(M 0 ,λ 0 ) zwischen der physikalischen <strong>und</strong> der nackten Masse.<br />

206


Der formal divergente Beitrag kommt <strong>von</strong> dem Integrationsbereich, in dem<br />

der Schleifenimpuls k wesentlich größer ist, als <strong>die</strong> im System auftretenden<br />

physikalischen Skalen, d.h. Massen <strong>und</strong> externe Impulse. Das Auftreten solcher<br />

virtuellen Zustände mit beliebig großem k ist letztlich eine Konsequenz<br />

der relativistischen Invarianz, welche fordert, dass das Spektrum der Theorie<br />

beliebig hohe Energien <strong>und</strong> Zustände mit beliebig großen Impulsen enthält.<br />

Eng damit verknüpft ist auch <strong>die</strong> Lokalität der Wechselwirkungen. Aus der<br />

Unschärferelation folgt, dass eine große Impulsunschärfe mit einer kleinen<br />

Ortsunschärfe verb<strong>und</strong>en ist, bzw. dass man mit großen Impulsen kleine<br />

Abstände auflösen kann. Die Tatsache, dass man über beliebig große Impulse<br />

integrieren muss, ist also darauf zurückzuführen, dass <strong>die</strong> Theorie bzw.<br />

deren Wechselwirkungen lokal sind. (Angemerkt sein allerdings, dass das<br />

Problem der divergenten Selbstenergie eines punktförmigen skalaren Teilchens<br />

schon in der klassischen Elektrodynamik für das Elektron auftritt.)<br />

L(φ 0 ;M 0 ,λ 0 ) beschreibt eine Theorie, <strong>die</strong> für alle Energien relativistisch invariant<br />

<strong>und</strong> lokal ist. Die Unschärferelation besagt jedoch auch, dass man bei<br />

einem Streuexperiment <strong>von</strong> Teilchen mit Maximalenergie E max (∼ höchste<br />

bisher erreichte Streuenergie) höchstens Distanzen x max ∼ 1<br />

E max<br />

auflösen<br />

kann. Empirisch gesprochen bedeutet <strong>die</strong>s aber, dass man <strong>die</strong> Lokalität einer<br />

Theorie niemals experimentell überprüfen kann.<br />

Vom empirischen Standpunkt aus gesehen können Relationen zwischen Observablen,<br />

<strong>die</strong> man aus Experimenten bei Energien ≤ E max gewinnt, nicht<br />

(wesentlich) <strong>von</strong> der Physik bei viel kleineren Abständen beeinflusst werden.<br />

Die beobachtbare Physik darf also nicht da<strong>von</strong> abhängen, was bei sehr<br />

großen inneren Impulsen stattfindet. Anderenfalls könnte man mit endlicher<br />

Energie beliebig kleine Strukturen auflösen.<br />

Wir schließen also, dass, sofern L(φ 0 ;M 0 ,λ 0 ) eine sinnvolle Theorie beschreibt,<br />

<strong>die</strong> Relationen zwischen physikalischen Größen unabhängig <strong>von</strong><br />

der Regularisierung sein müssen. M 0 , λ 0 sind aber keine physikalisch direkt<br />

messbaren Größen, sondern nur M, Streuquerschnitte, etc.<br />

Daraus ergibt sich folgende Hypothese: Ausgehend <strong>von</strong> der Lagrange-Dichte<br />

der Theorie L(φ 0 ;M 0 ,λ 0 ), welche <strong>die</strong> Parameter M 0 , λ 0 enthält, bestimmen<br />

wir <strong>die</strong> Zusammenhänge M(M 0 ,λ 0 ) bzw. λ(M 0 ,λ 0 ) zwischen den Parametern<br />

der Lagrange-Dichte <strong>und</strong> der physikalischen Masse, bzw. dem physikalischen<br />

Analog der Kopplungskonstante. Diese Relationen hängen <strong>von</strong> der<br />

207


Regularisierung ab. Berechnet man nun Zusammenhänge zwischen physikalischen<br />

Observablen <strong>und</strong> drückt <strong>die</strong>se durch <strong>die</strong> Größen M <strong>und</strong> λ aus, so<br />

sind <strong>die</strong>se Relationen unabhängig <strong>von</strong> der Regularisierung, d.h.<br />

f Obs = f Obs (M,λ). (5.18)<br />

Bei Kenntnis <strong>von</strong> M <strong>und</strong> λ liefern <strong>die</strong>se Relationen Vorhersagen der Theorie.<br />

Die nackten Parameter M 0 ,λ 0 sind dann nur Hilfsgrößen. Wenn <strong>die</strong>se Hypothese<br />

bzw. Interpretation richtig ist, kann man beliebige Regularisierungen<br />

wählen. Man wählt dann <strong>die</strong>jenige, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Rechnungen (Integrale) am<br />

einfachsten sind.<br />

5.1.2 Regularisierungsmethoden <strong>und</strong> Feynman-Parameter<br />

Um <strong>die</strong> verschiedenen Regularisierungsmetheoden zu illustrieren, betrachten<br />

wir das Integral<br />

∫<br />

A(a;∆) ≡<br />

d 4 k 1<br />

(2π) 4<br />

(k 2 − ∆ + iε) a Wick-<br />

Rotation<br />

= (−1) a i<br />

∫ d 4 k E<br />

(2π) 4 1<br />

(<br />

k<br />

2<br />

E<br />

+ ∆ ) a ,<br />

(5.19)<br />

welches typischerweise bei Einschleifendiagrammen auftritt. Für a ≤ 2 ist<br />

das Integral offensichtlich divergent.<br />

Cut-off Regularisierung<br />

Wie zuvor beschränken wir bei der cut-off-Regularisierung den Betrag des<br />

euklidischen Vierervektors k E nach oben durch einen Abschneidepararmeter<br />

Λ, welcher groß gegenüber allen auftretenden externen Skalen zu wählen ist.<br />

Da der Integrand nur <strong>von</strong> kE 2 abhängt, empfiehlt sich <strong>die</strong> Einführung <strong>von</strong><br />

sphärischen Koordinaten, d.h.<br />

so dass das Integral (5.19) in<br />

∫<br />

∫ Λ 2<br />

d 4 k E → π 2 dkE 2 k2 E , (5.20)<br />

∫<br />

A(a,∆) = (−1)a i Λ 2<br />

(4π) 2<br />

0<br />

0<br />

dk 2 E<br />

k 2 E<br />

(<br />

k<br />

2<br />

E<br />

+ ∆ ) a. (5.21)<br />

208


übergeht. Den Fall a = 1 haben wir bereits in Kap. 5.1.1 behandelt. Für<br />

a = 2 erhält man<br />

(<br />

i<br />

A(2;∆) =<br />

(4π) 2 ln ∆ + )<br />

Λ2<br />

∆ − Λ2<br />

∆ + Λ 2<br />

=<br />

( ( ))<br />

i<br />

(4π) 2 ln Λ2 ∆<br />

∆ − 1 + O Λ 2 . (5.22)<br />

Für a > 2 ist das Integral im Limes Λ → ∞ endlich.<br />

Dimensionale Regularisierung<br />

Diese Form der Regularisierung ist weit weniger physikalisch, vereinfacht<br />

aber <strong>die</strong> Rechnungen in der Praxis erheblich. Bei der dimensionalen Regularisierung<br />

stellen wir uns k E als einen d-dimensionalen Vektor vor. Auf <strong>die</strong>se<br />

Weise wird das Integral (5.19) als analytische Funktion <strong>von</strong> komplexem d<br />

definiert <strong>und</strong> konvergiert für a > d 2<br />

. Die Idee der dimensionalen Regularisierung<br />

ist nun, das Integral bei einem Wert <strong>von</strong> d zu berechnen, bei dem<br />

es existiert, d.h. endlich ist, <strong>und</strong> anschließend <strong>die</strong> analytische Fortsetzung<br />

zu d = 4 zu konstruieren, indem man d = 4 − 2ǫ setzt <strong>und</strong> den Grenzwert<br />

ǫ → 0 bildet.<br />

Wir führen also zunächst im Integral (5.19) <strong>die</strong> Ersetzung<br />

∫ d 4 k E<br />

(2π) 4<br />

−→<br />

(√<br />

e<br />

γ<br />

4π · µ ) 4−d ∫ d d k E<br />

(2π) d (5.23)<br />

durch. Die Einführung des Parameter µ mit der Massendimension 1 ist notwendig,<br />

damit <strong>die</strong> Dimension des Integrals erhalten bleibt. Der Faktor eγ<br />

4π ,<br />

mit der Euler-Mascheroni-Konstanten γ = 0.5772... ist Konvention, <strong>und</strong><br />

wir definieren<br />

√<br />

e γ<br />

˜µ ≡<br />

4π · µ . (5.24)<br />

Analog zum Vorgehen bei der Cut-off Regularisierung führen wir zur <strong>Berechnung</strong><br />

des Integrals d-dimensionale sphärische Koordinaten ein, d.h.<br />

(√ ) 4−d ∫ e<br />

γ d d ∫<br />

4π · µ k ∞<br />

E<br />

(2π) d = ˜µ4−d dk 2 1 ∫<br />

2 (k2 ) d dΩ<br />

2 −1 (d)<br />

(2π) d . (5.25)<br />

0<br />

209


Da der Integrand nur <strong>von</strong> kE 2 abhängt, ergibt <strong>die</strong> Integration über den Raumwinkel<br />

dΩ (d) gerade <strong>die</strong> Oberfläche einer d-dimensionalen Kugel. Um <strong>die</strong>se<br />

zu berechnen, betrachten wir das Gauß-Integral<br />

(∫<br />

(√ ) ∞<br />

) d<br />

d<br />

π = dx e −x2 , (5.26)<br />

−∞<br />

welches man auch als d-dimensionales Integral auffassen kann, so dass<br />

∫ ( )<br />

(√ ) d<br />

d∑<br />

∫ ∫<br />

π = d d x exp − = dxx d−1 e −x2 dΩ (d) = 1 ∫<br />

2 Γ(d 2 ) dΩ (d) .<br />

i=1<br />

x 2 i<br />

Somit nimmt das Ausgangsintegral (5.19) <strong>die</strong> folgende Form an:<br />

(5.27)<br />

A(a;∆) =<br />

i<br />

(4π) d 2<br />

(−1) a ∫ ∞<br />

Γ( d 2 ) ˜µ4−d<br />

0<br />

dk 2 E<br />

(k 2 E ) d 2 −1<br />

(k 2 E<br />

+ ∆)a<br />

. (5.28)<br />

Führt man nun <strong>die</strong> Variablensubstitution x = durch, so geht A(a;∆)<br />

kE 2 +∆<br />

in<br />

A(a;∆) =<br />

i (−1) a ∫ 1<br />

(4π) d 2 Γ( d 2 ) ∆ d 2 −a ˜µ 4−d dx x a−1− d d<br />

2 ¯x 2 −1 (5.29)<br />

0<br />

über, wobei wir <strong>die</strong> Notation ¯x ≡ 1 − x eingeführt haben. Das Integral in<br />

(5.29) ist bekannt als <strong>die</strong> Eulersche β-Funktion, für <strong>die</strong> gilt<br />

∫ 1<br />

Damit erhalten wir das Resultat<br />

0<br />

∆<br />

dx x α−1¯x β−1 = Γ(α)Γ(β)<br />

Γ(α + β) . (5.30)<br />

A(a;∆) =<br />

i<br />

(4π) d 2<br />

(−1) a Γ(a − d 2 )<br />

Γ(a)<br />

˜µ 4−d ∆ d 2 −a<br />

=<br />

i Γ(a − d 2 ) ( ) d<br />

∆ 2 −2<br />

(4π) 2 Γ(a) 4π˜µ 2 (−∆) 2−a . (5.31)<br />

Alle in der Vorlesung benötigten Schleifenintegrale können auf <strong>die</strong>ses Resultat<br />

zurückgeführt werden. Um das Verhalten <strong>von</strong> A(a;∆) für verschiedene d<br />

zu verstehen, müssen wir uns etwas genauer mit der Γ-Funktion beschäftigen.<br />

Exkurs: Eigenschaften der Γ-Funktion Γ(x) =<br />

210<br />

∫ ∞<br />

0<br />

dt t x−1 e −t :


Γ(x) = (x − 1)Γ(x − 1)<br />

Γ(n) = (n − 1)!<br />

für n ∈ N<br />

Γ(x) hat einfache Pole bei x = 0, −1, −2,...<br />

(<br />

)<br />

∞∑ (−1) n<br />

Γ(1+ε) = exp −γε + ζ(n)ε n mit der Euler-Mascheronin<br />

n=2<br />

Konstanten γ <strong>und</strong> der Riemannschen ζ-Funktion ζ(k) = ∑ ∞<br />

m=1 1 .<br />

m k<br />

Der Ausdruck (5.31) hat also für d = 4 nur Pole für a = 1,2, obwohl<br />

das Ausgangsintegral (5.19) für alle a ≤ 2 divergierte. Somit ist (5.31) als<br />

analytische Fortsetzung des ursprünglichen Integrals für komplexe Werte<br />

<strong>von</strong> d zu betrachten.<br />

Uns interessiert vor allem der Fall d = 4. Um <strong>die</strong> entsprechenden Ausdrücke<br />

für A(a;∆) zu erhalten, setzen wir d = 4 − 2ǫ <strong>und</strong> entwickeln um den<br />

physikalischen Wert ǫ = 0. Für den Fall a = 1 erhält man:<br />

A(1;∆) =<br />

=<br />

=<br />

( )<br />

i Γ(−1 + ǫ) ∆ −ǫ<br />

(−∆)<br />

(4π)<br />

2<br />

Γ(1) 4π˜µ 2<br />

i<br />

(4π) 2<br />

(<br />

(−∆)<br />

ǫ(ǫ − 1) exp −γǫ +<br />

)<br />

∞∑ (−1) n<br />

ζ(n)ǫ n + γǫ − ǫln ∆ n<br />

µ 2<br />

n=2<br />

(<br />

i 1<br />

(4π) 2 (+∆) ǫ − ln ∆ )<br />

µ 2 + 1 + O(ǫ) . (5.32)<br />

Analog folgt für a = 2:<br />

A(2,∆) = i<br />

4π 2 ( 1<br />

ǫ − ln ∆ µ 2 + O(ǫ) )<br />

. (5.33)<br />

Wie zu erwarten war, sind <strong>die</strong>se Ausdrücke im formalen Limes ǫ → 0 divergent.<br />

Vergleicht man <strong>die</strong>s mit der cut-off-Regularisierung, dann sieht man<br />

<strong>die</strong> Korrespondenz<br />

1<br />

ε − ln ∆ µ 2 ←→ ln Λ2<br />

∆ . (5.34)<br />

Die Resultate, <strong>die</strong> man mit den beiden Regularisierungsmethoden erhält,<br />

sind offensichtlich verschieden. Zum einen sind <strong>die</strong> Konstanten verschieden,<br />

<strong>und</strong> zum anderen treten in der dimensionalen Regularisierung keine quadratischen<br />

Divergenzen auf, da das Ausgangsintegral (5.19) als Repräsentant<br />

211


einer analytischen Funktion aufgefasst wird. Jedoch ist <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

der beiden Resultate <strong>von</strong> den externen Skalen, d.h. Massen <strong>und</strong> Impulsen,<br />

identisch, denn <strong>die</strong>se sind in ∆ enthalten.<br />

γ-Matrizen in der dimensionalen Regularisierung: Für Fermionen treten<br />

in Schleifenintegralen in der Regel γ-Matrizen auf. Deshalb wollen wir nun<br />

klären, wie γ-Matrizen in d Dimensionen zu verstehen sind. Zunächst halten<br />

wir fest, dass<br />

{γ µ ,γ ν } = 2g µν (5.35)<br />

als definierende Eigenschaft erhalten bleibt. Formal laufen <strong>die</strong> Indizes in<br />

einem d-dimensionalen Raum <strong>von</strong> 1 bis d, so dass<br />

γ µ γ µ = δ µ µ = d, (5.36)<br />

γ µ γ ν γ µ = γ µ {γ ν ,γ µ } − γ µ γ µ γ ν = (2 − d)γ ν , (5.37)<br />

usw. γ 5 = iγ 0 γ 1 γ 2 γ 3 <strong>und</strong> ε µνρσ sind intrinsisch vierdimensional <strong>und</strong> lassen<br />

sich nicht natürlich auf d Dimensionen erweitern. Die Behandlung <strong>von</strong> γ 5<br />

in der dimensionalen Regularisierung bedarf besonderer Sorgfalt. Auf <strong>die</strong>sen<br />

Punkt gehen wir hier nicht ein (→ chirale Anomalie).<br />

Feynman-Parameter<br />

Eine nützliche Formel zur <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Schleifenintegralen mit mehreren<br />

Propagatoren ist<br />

1<br />

P a 1<br />

1 P a 2<br />

2<br />

...P<br />

an<br />

n<br />

= Γ(a 1 + ... + a n )<br />

Γ(a 1 )...Γ(a n )<br />

×<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx 1 ... dx n δ(1 − x 1 − ... − x n )<br />

x a 1−1<br />

1 ...x an−1<br />

n<br />

(x 1 P 1 + ... + x n P n ) a 1+...+a n<br />

, (5.38)<br />

wobei man <strong>die</strong> x i als Feynman-Parameter bezeichnet. Mit <strong>die</strong>ser Formel<br />

gelingt es in Schleifenintegralen, Produkte <strong>von</strong> Propagatornennern P i in eine<br />

Summe umzuschreiben. (5.38) gilt für beliebige komplexe a i .<br />

Die wichtigsten Spezialfälle sind<br />

1<br />

A a B b =<br />

Γ(a + b)<br />

Γ(a)Γ(b)<br />

∫ 1<br />

0<br />

xa−1¯x b−1<br />

dx<br />

, (5.39)<br />

a+b<br />

(xA + ¯xB)<br />

1 Γ(a + b + c)<br />

A a B b =<br />

Cc Γ(a)Γ(b)Γ(c)<br />

mit ¯x ≡ 1 − x <strong>und</strong> ȳ ≡ 1 − y.<br />

∫ 1<br />

0<br />

dxdy<br />

x(xy) a−1 (xȳ)<br />

b−1¯x<br />

c−1<br />

, (5.40)<br />

a+b+c<br />

(xyA + xȳB + ¯xC)<br />

212


5.1.3 φφ → φφ Streuung in der φ 4 -Theorie<br />

Im Folgenden soll an einem Beispiel illustriert werden, wie man <strong>die</strong> bisher<br />

vorgestellten Techniken anwendet <strong>und</strong> zu physikalisch sinnvollen Resultaten<br />

gelangt. Dazu betrachten wir den einfachsten Streuprozess in der φ 4 -Theorie,<br />

nämlich<br />

q 2<br />

= 〈q 1 ,q 2 ; out|p 1 ,p 2 ; in〉 | connected . (5.41)<br />

p 2<br />

q 1<br />

p 1<br />

Gemäß dem LSZ-Reduktionsformalismus gilt für <strong>die</strong> Streuamplitude<br />

〈q 1 ,q 2 ; out|p 1 ,p 2 ; in〉 = (2π) 4 δ (4) (q 1 + q 2 − p 1 − p 2 )<br />

(√ ) 4<br />

× Z ˜G(4) amp (q 1,q 2 , −p 1 , −p 2 ) ∣ q 2=M 2<br />

i<br />

, (5.42)<br />

p 2 i =M2<br />

(4)<br />

mit der amputierten Vier-Punkt-Funktion ˜G amp, welche auf der Massenschale<br />

bei der physikalischen Masse M auszuwerten ist.<br />

Wir wollen <strong>die</strong> Streuamplitude einschließlich der Ordnung λ 2 0 der Störungstheorie<br />

berechnen. Aus Kap. 5.1.1 ist bereits bekannt, dass <strong>die</strong> erste nichtverschwindende<br />

Korrketur zur (on-shell) Feldrenormierungskonstante Z <strong>von</strong><br />

der Ordnung λ 2 0 ist, so dass √<br />

Z = 1 + O(λ<br />

2<br />

0 ). (5.43)<br />

In der Einschleifenordnung erhält man für <strong>die</strong> amputierte Vier-Punkt-Funktion<br />

˜G amp den folgenden<br />

(4)<br />

Ausdruck:<br />

˜G (4)<br />

amp =<br />

p 1<br />

q 2<br />

p 2<br />

= −iλ 0 + (−iλ 0 ) 2 1 2<br />

q 1 p 1 q<br />

k 1<br />

+<br />

q 2<br />

p 2<br />

[∫ d 4 k<br />

(2π) 4<br />

+<br />

p 1<br />

q 2<br />

p 2<br />

i<br />

k 2 − M 2 0 + iε<br />

q 1<br />

k +<br />

p 1<br />

q 2<br />

p 2<br />

q 1<br />

k + O(λ 3 0)<br />

i<br />

(p 1 + p 2 + k) 2 − M 2 0 + iε<br />

[ ] ] zwei weitere Terme mit<br />

+<br />

(5.44)<br />

p 1 + p 2 → p 1 − q 1 <strong>und</strong> p 1 + p 2 → p 1 − q 2<br />

213


Zur <strong>Berechnung</strong> der amputierten Green-Funktionen müssen Diagramme mit<br />

Selbstenergiekorrekturen an den äußeren Beinen nicht berücksichtigt werden,<br />

da <strong>die</strong>ser Effekt bereits in M 2 <strong>und</strong> Z enthalten ist.<br />

Exkurs: Massendimension <strong>von</strong> Feldern <strong>und</strong> Kopplungskonstanten in der dimensionalen<br />

Regularisierung<br />

Zur Behandlung <strong>von</strong> Schleifenintegralen in der dimensionalen Regularisierung<br />

ist es notwendig, <strong>die</strong> Theorie in d Dimensionen zu formulieren. Dies<br />

beeinflusst <strong>die</strong> Massendimension der in der Lagrange-Dichte auftretenden<br />

Objekte. Da <strong>die</strong> Wirkung S weiterhin im Exponenten des Pfadintegrals<br />

steht, muss sie dimensionslos sein. Schreibt man sie allerdings als Raumintegral<br />

über <strong>die</strong> Lagragne-Dichte, d.h.<br />

e iS = e i R d d x L , (5.45)<br />

so ist <strong>die</strong>ses Raumintegral nun d-dimensional. Dies hat zur Folge, dass <strong>die</strong><br />

Lagrange-Dichte <strong>die</strong> Massendimension d haben muss. Folglich gilt <strong>die</strong>s auch<br />

für <strong>die</strong> kinetischen Terme, d.h.<br />

[∂ µ φ 0 ∂ µ φ 0 ] = d,<br />

[ ¯ψ̸∂ψ<br />

]<br />

= d. (5.46)<br />

Wie zuvor ist [∂ µ ] = 1 <strong>und</strong> [m] = 1, so dass man für <strong>die</strong> Massendimensionen<br />

der Felder abliest<br />

[skalares Feld] = [Vektorfeld] = d 2 − 1, [<br />

Spin-<br />

1<br />

-Feld] 2<br />

= d − 1 . (5.47)<br />

2<br />

Damit können wir nun <strong>die</strong> Dimension der Kopplung in der φ 4 -Theorie bestimmen.<br />

Als Teil der Lagrange-Dichte hat der Wechselwirkungsterm <strong>die</strong><br />

Massendimension d, so dass<br />

( )<br />

[<br />

λ0 φ 4 ] d<br />

0 = d =⇒ [λ0 ] = d − 4<br />

2 − 1 = 4 − d = 2ǫ, (5.48)<br />

d.h. <strong>die</strong> unrenormierte Kopplung ist in d Dimensionen dimensionsbehaftet.<br />

(4)<br />

Wir wenden uns nun der <strong>Berechnung</strong> der in ˜G amp auftretenden Schleifenintegralen<br />

zu. Unter Verwendung der dimensionalen Regularisierung sind <strong>die</strong>se<br />

<strong>von</strong> der Form<br />

(<br />

k 2 − M 2 0 + iε) ( (P + k) 2 − M 2 0<br />

˜µ 4−d ∫ d d k<br />

(2π) d 1<br />

+ iε)<br />

. (5.49)<br />

214


Der erste Schritt besteht darin, das Produkt der Propagatoren mit Hilfe <strong>von</strong><br />

(5.39) in eine Summe umzuschreiben, d.h.<br />

˜µ 4−d ∫ d d k<br />

(2π) d 1<br />

(<br />

k 2 − M 2 0 + iε) ( (P + k) 2 − M 2 0 + iε)<br />

= ˜µ 4−d ∫ 1<br />

0<br />

∫ d d k<br />

1<br />

dx<br />

(2π) d (<br />

xk 2 + ¯x(P + k) 2 − M0 2 + iε) 2 . (5.50)<br />

Nun nehmen wir im Nenner des Integranden zunächst eine quadratische<br />

Ergänzung vor, so dass<br />

k 2 + 2¯xP · k + ¯xP 2 − M 2 0 + iε = (k + ¯xP) 2 + x¯xP 2 − M 2 0 + iε (5.51)<br />

<strong>und</strong> führen anschließend <strong>die</strong> Variablentransformation k → k ′ ≡ k + ¯xP<br />

durch. An <strong>die</strong>ser Stelle verdeutlichen sich <strong>die</strong> Vorteile der dimensionalen<br />

Regularisierung, denn im Gegensatz zur Cut-off-Regularisierung führt <strong>die</strong><br />

Variablentransformation nicht zu einer Verschiebung der Integrationsgrenzen.<br />

Somit geht (5.50) in<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx ˜µ 4−d ∫ d d k<br />

(2π) d 1<br />

(<br />

k 2 − [M 2 0 − x¯xP 2 − iε] ) 2<br />

(5.52)<br />

über. Dieses Integral ist <strong>von</strong> der From (5.33) mit ∆ = M0 2 − x¯xP 2 − iε, so<br />

dass<br />

( ∫<br />

i 1 1<br />

(5.49) =<br />

(4π) 2 ǫ − dx ln M2 0 − x¯xP 2 )<br />

− iε<br />

0 µ 2 + O(ǫ)<br />

( ∫<br />

i 1 1<br />

=<br />

(4π) 2 ǫ − ln M2 0<br />

µ 2 − dx ln<br />

(1 − x¯x P 2 ) )<br />

0<br />

M0<br />

2 − iε + O(ǫ)<br />

( )<br />

i 1<br />

≡<br />

(4π) 2 ǫ − ln M2 0<br />

µ 2 − A(P 2 ) + O(ǫ) . (5.53)<br />

Würde man zur <strong>Berechnung</strong> der Integrale statt der dimensionalen Regularisierung<br />

<strong>die</strong> Cut-off-Regularisierung verwenden, so wäre das Resultat bis auf<br />

<strong>die</strong> Ersetzung<br />

1<br />

ǫ − ln M2 0<br />

µ 2 −→ − ln M2 0<br />

Λ 2 − 1 (5.54)<br />

identisch. Insbesondere ist zu beachten, dass <strong>die</strong> Abhängigkeit <strong>von</strong> den externen<br />

Größen, d.h. den Impulsen P, in beiden Regularisierungsmethoden<br />

gleich ist.<br />

215


Mit dem Resultat (5.53) erhalten wir letztlich folgenden Ausdruck für <strong>die</strong><br />

amputierte Vier-Punkt-Funktion:<br />

˜G (4)<br />

amp = (−iλ 0 )<br />

(1 − λ 0˜µ −2ǫ [ ] )<br />

3<br />

32π 2 ǫ − 3ln M2 0<br />

µ 2 − A(s) − A(t) − A(u) + ... ,<br />

(5.55)<br />

wobei wir <strong>die</strong> Mandelstam-Variablen s = (p 1 + p 2 ) 2 , t = (p 1 − q 1 ) 2 <strong>und</strong><br />

u = (p 1 − q 2 ) 2 eingeführt haben. ˜G(4) amp ausgedrückt durch <strong>die</strong> Parameter<br />

der Lagrange-Dichte M 0 , λ 0 hängt offensichtlich <strong>von</strong> der Regularisierung ab<br />

<strong>und</strong> ist im formalen Limes ǫ → 0 divergent. Entscheidend ist aber, dass der<br />

divergente Anteil nicht <strong>von</strong> der externen Kinematik abhängt, <strong>die</strong> in A(P 2 )<br />

enthalten ist. Bestimmt man also den Wirkungsquerschnitt durch experimentelle<br />

Messung für eine einzige kinematische Konfiguration <strong>und</strong> drückt<br />

λ 0 durch <strong>die</strong>se Observable aus, so sollte der Streuquerschnitt für alle anderen<br />

kinematischen Konfigurationen vorhersagbar sein.<br />

Wir definieren also eine physikalische Kopplung λ durch <strong>die</strong> Stärke der Wechselwirkung<br />

an der Paarerzeugungsschwelle s = 4M 2 , t = u = 0, d.h.<br />

(√ ) 4 ∣<br />

Z ˜G(4) ≡ −iλ˜µ 2ǫ . (5.56)<br />

amp<br />

∣ s=4M 2<br />

t=u=0<br />

In der dimensionalen Regularisierung muss der Faktor ˜µ 2ǫ eingeführt werden,<br />

damit λ dimensionslos bleibt. Wir verlangen, dass (5.56) zu allen Ordnungen<br />

der Störungstheorie gilt, so dass aus Vergleich mit (5.55) der Zusammenhang<br />

(<br />

λ˜µ 2ε = λ 0 1 − λ 0˜µ −2ε [ ] )<br />

3<br />

32π 2 ε − 3ln M2 0<br />

µ 2 − A(4M2 ) + ... (5.57)<br />

zwischen der physikalischen Kopplung <strong>und</strong> dem Parameter λ 0 folgt. Analog<br />

erhält man in der Cut-off-Regularisierung <strong>die</strong> Relation<br />

(<br />

λ = λ 0 1 − λ [<br />

] )<br />

0<br />

32π 2 3ln Λ2<br />

M0<br />

2 − 3 − A(4M 2 ) + ... . (5.58)<br />

Der Zusammenhang λ(λ 0 ,M 0 ) zwischen der physikalischen Kopplung <strong>und</strong><br />

den Parametern der Lagrange-Dichte hängt wie erwartet <strong>von</strong> der Regularisierung<br />

ab. Wie bereits erwähnt, ist der divergente Term unabhängig <strong>von</strong><br />

der Kinematik. Wir nehmen deshalb an, dass <strong>die</strong> renormierten Größen M<br />

<strong>und</strong> λ aus den definierenden Bedingungen experimentell bestimmt werden<br />

<strong>und</strong> drücken <strong>die</strong> Streuamplitude durch M <strong>und</strong> λ aus, indem wir <strong>die</strong> Relation<br />

(5.57) iterativ invertieren, so dass<br />

(√<br />

Z<br />

) 4 ˜G(4) amp = (−iλ˜µ 2ε )<br />

(<br />

1 + λ<br />

32π 2 [ 3<br />

ε − 3ln M2 0<br />

µ 2 − A(4M2 )<br />

216<br />

]<br />

)<br />

+ ...


(<br />

× 1 − λ [ ] )<br />

3<br />

32π 2 ε − 3ln M2 0<br />

µ 2 − A(s) − A(t) − A(u) + ...<br />

(<br />

= −iλ 1 + λ [<br />

A(s) + A(t) + A(u) − A(4M 2<br />

32π 2 ) ] )<br />

+ O(λ 2 )<br />

(5.59)<br />

Da sich <strong>die</strong> divergenten Terme gerade herausheben, kann der Limes ǫ → 0<br />

nun durchgeführt werden. Die renormierte Streuamplitude, d.h. <strong>die</strong> Streuamplitude<br />

ausgedrückt durch <strong>die</strong> renormierten Parameter M, λ, ist also<br />

endlich <strong>und</strong> unabhängig <strong>von</strong> der Regularisierung. Die funktionale Form der<br />

Amplitude hängt <strong>von</strong> der Definition der Kopplung λ ab, nicht aber ihr numerischer<br />

Wert. Somit ist der Wirkungsquerschnitt dσ<br />

dΩ<br />

einschließlich der<br />

<strong>Quantenkorrekturen</strong>, in Abhängigkeit der externen Impulse, eine Vorhersage<br />

der Theorie.<br />

Eine alternative Definition der Kopplung wäre<br />

(√<br />

Z<br />

) 4 ˜G(4) amp | s=t=u=−4ν 2 ≡ −iλ ′˜µ 2ε , (5.60)<br />

mit einen beliebigen Parameter ν. Dann nimmt <strong>die</strong> Streuamplitude <strong>die</strong> From<br />

(√ ) (<br />

4<br />

Z ˜G(4) amp = −iλ ′ 1 + λ′ [<br />

A(s) + A(t) + A(u) − 3A(−4ν 2<br />

32π 2 ) ])<br />

+ O(λ ′ 3 ) (5.61)<br />

an, was aber wegen<br />

(<br />

λ ′ = λ 1 + λ [<br />

3A(−4ν 2<br />

32π 2 ) − A(4M 2 ) ] )<br />

+ O(λ 2 )<br />

(5.62)<br />

mit dem Ausdruck (5.59) bis auf Terme der Ordnung λ 3 übereinstimmt.<br />

(5.62) erhält man aus (5.58) <strong>und</strong> einer entsprechenden Beziehung zwischen<br />

λ ′ <strong>und</strong> λ 0 durch Elimination <strong>von</strong> λ 0 .<br />

5.1.4 Nackte <strong>und</strong> renormierte Störungstheorie;<br />

Skalenabhängige Parameter<br />

In <strong>die</strong>sem Unterkapitel werden wir <strong>die</strong> renormierte Störungstheorie einführen,<br />

welche <strong>die</strong> Renormierung auf eine alternative Weise organisiert.<br />

217


Renormierte Felder<br />

Wie wir bereits wissen hat <strong>die</strong> Fourier-transformierte Zwei-Punkt-Funktion<br />

des unrenormierten Feldes φ 0 im Limes p 2 → M 2 einen einfachen Pol, d.h.<br />

〈Ω|T(φ 0 (x 1 )φ 0 (x 2 )) |Ω〉<br />

p 2 →M 2<br />

−→<br />

iZ<br />

p 2 + [nicht singuläre Terme] .<br />

− M2 (5.63)<br />

Das Residuum an der Stelle p 2 = M 2 definiert <strong>die</strong> (on-shell) Feldrenormierungskonstante<br />

Z, welche im Allgemeinen divergent ist. Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong><br />

definieren wir das (on-shell) renormierte Feld durch<br />

φ 0 ≡ √ Zφ. (5.64)<br />

Berechnet man nun <strong>die</strong> Zwei-Punkt-Funktion mit φ statt mit φ 0 , so hebt<br />

sich für p 2 → M 2 das Residuum gerade heraus.<br />

Desweiteren führen wie <strong>die</strong> renormierten Green-Funktionen ein, welche sich<br />

<strong>von</strong> den unrenormierten dadurch unterscheiden, dass man sie aus den renormierten<br />

Feldern bestimmt, d.h.<br />

G (n) (x 1 ,...,x n ) = 〈Ω|T(φ(x 1 )... φ(x n )) |Ω〉<br />

=<br />

(√<br />

Z<br />

) −n<br />

G<br />

(n)<br />

0 (x 1,...,x n ) =<br />

(√<br />

Z<br />

) −n<br />

〈Ω|T(φ0 (x 1 )... φ 0 (x 2 )) |Ω〉.<br />

(5.65)<br />

Zur <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Streumatrixelementen benötigen wir <strong>die</strong> amputierte<br />

n-Punkt-Funktion. Diese erhält man aus G (n) indem man <strong>die</strong> renormierte<br />

Zwei-Punkt-Funktion n-mal herausdivi<strong>die</strong>rt, so dass<br />

G (n)<br />

amp(x 1 ,...,x n ) =<br />

(√<br />

Z<br />

) n<br />

G<br />

(n)<br />

0 amp (x 1,... ,x n ). (5.66)<br />

Die rechte Seite ist genau <strong>die</strong> Kombination <strong>die</strong> im LSZ-Theorem auftritt,<br />

d.h. man benötigt keinen Faktor √ Z in der LSZ-Gleichung, wenn man mit<br />

der renormierten Green-Funktion arbeitet.<br />

Die <strong>Berechnung</strong> der renormierten Green-Funktionen in der “nackten” Störungstheorie<br />

gliedert sich in folgende Schritte:<br />

(1) Zunächst berechne man <strong>die</strong> Zusammenhänge M(M 0 ,λ 0 ), λ(M 0 ,λ 0 )<br />

<strong>und</strong> Z(M 0 ,λ 0 ) bis zu der benötigten Ordnung in λ 0 unter der Verwendung<br />

irgendeiner Regularisierung. (λ ist durch eine physikalische<br />

Größe zu definieren.)<br />

218


(2) Man berechne G (n)<br />

0 (x 1,... ,x n ) in der Störungstheorie in Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> M 0 , λ 0 .<br />

(3) Man eliminiere in G (n)<br />

0 (x 1,... ,x n ) M 0 , λ 0 zugunsten <strong>von</strong> M, λ indem<br />

man <strong>die</strong> Relationen aus (1) iterativ invertiert <strong>und</strong> multipliziere<br />

( √Z ) −n<br />

mit wobei Z = Z(M0 (M,λ),λ 0 (M,λ)). Die renormierten<br />

Green-Funktionen sind frei <strong>von</strong> Divergenzen <strong>und</strong> unabhängig <strong>von</strong> der<br />

Regularisierung.<br />

Häufig verwendet man auch ein alternatives Verfahren, <strong>die</strong> sog. renormierte<br />

Störungstheorie, in der kein expliziter Gebrauch <strong>von</strong> nackten Größen gemacht<br />

wird. Dazu ersetzt man direkt in der Lagrange-Dichte <strong>die</strong> nackten<br />

durch <strong>die</strong> renormierten Größen, welche wie folgt definiert werden:<br />

φ 0 = √ Z φ, (5.67)<br />

M 2 0 = M2 + δM 2 , (5.68)<br />

λ 0 = Z λ λ ˜µ 2ǫ . (5.69)<br />

Der zusätzliche Faktor µ 2ε ist notwendig, damit <strong>die</strong> renormierte Kopplung<br />

λ dimensionslos ist. Ausgedrückt durch <strong>die</strong> renormierten Größen nimmt <strong>die</strong><br />

Lagrange-Dichte <strong>die</strong> Form<br />

L = 1 2<br />

(<br />

∂µ φ 0 ∂ µ φ 0 − M 2 0φ 2 0)<br />

−<br />

λ 0<br />

4! φ4 0<br />

= 1 2 Z∂ µφ∂ µ φ − 1 2 Z ( M 2 + δM 2) φ 2 − Z λ Z 2˜µ 2ǫ λ 4! φ4 (5.70)<br />

an. Da Z − 1, Z λ − 1 <strong>und</strong> δM 2 <strong>von</strong> der Ordnung λ sind, behandeln wir <strong>die</strong><br />

jeweiligen Terme als Wechselwirkungen, so dass<br />

L = 1 2 ∂ µφ∂ µ φ − 1 2 M2 φ 2 − λ˜µ2ǫ φ 4 + 1 4! 2 (Z − 1)∂ µφ∂ µ φ<br />

− 1 (<br />

(Z − 1)M 2 + ZδM 2) φ 2 − ( Z λ Z 2 − 1 ) λ˜µ 2ǫ<br />

2<br />

4!<br />

≡ L r + L ct . (5.71)<br />

Mit L r bezeichnen wir den Teil der Lagrange-Dichte, der <strong>die</strong>selbe funktionale<br />

Form wie L aufweist. Die restlichen Terme fassen wir in der Gegenterm-<br />

Lagrange-Dichte L ct zusammen. L ct wird als Teil <strong>von</strong> L int aufgefasst <strong>und</strong><br />

φ 4<br />

219


führt zu weiteren Wechselwirkungsvertices. Der Propagator ist demnach gegeben<br />

durch<br />

i<br />

p 2 − M 2 + iε , (5.72)<br />

mit der physikalischen Masse M, statt wie bisher M 0 . Bei den aus der<br />

Lagrange-Dichte (5.71) berechneten Green-Funktionen handelt es sich direkt<br />

um renormierte Green-Funktionen, ausgedrückt durch M,λ.<br />

Die Gegenterme δ Z ≡ Z−1, δ M ≡ (Z−1)M 2 +ZδM 2 , δ λ ≡ Z λ Z 2 −1 müssen<br />

dabei Ordnung für Ordnung aus drei geeigneten Renormierungsbedingungen<br />

bestimmt werden. Wie zuvor wählen wir <strong>die</strong> on-shell-Bedingungen, d.h. wir<br />

betrachten zunächst <strong>die</strong> renormierte Zwei-Punkt-Funktion <strong>und</strong> verlangen<br />

=<br />

i<br />

p 2 − M 2 − Π(p 2 ,M 2 )<br />

p 2 →M 2<br />

−→<br />

i<br />

p 2 − M 2 . (5.73)<br />

Diese Forderung ist konsistent mit den Überlegungen zu Beginn <strong>die</strong>se Kapitels,<br />

bei denen wir festgestellt haben, dass das Residuum der (on-shell)<br />

renormierten Zwei-Punkt-Funktion bei p 2 = M 2 gerade 1 ist. Aus (5.73)<br />

folgt dann, dass <strong>die</strong> renormierte Selbstenergie Π(p 2 ,M 2 ) folgenden Bedingungen<br />

genügen muss:<br />

Π(p 2 ,M 2 )| p 2 =M2 = 0, (5.74)<br />

dΠ<br />

dp 2 ∣<br />

∣p 2 =M 2 = 0. (5.75)<br />

Diese Bedingungen legen δ M <strong>und</strong> δ Z fest. Zusätzlich benötigt man eine Renormierungsbedingung<br />

für <strong>die</strong> Kopplung. Beispielsweise fordert man für <strong>die</strong><br />

renormierte Vier-Punkt-Funktion:<br />

q 2<br />

p 2<br />

q 1<br />

∣<br />

∣∣∣amputiert<br />

= −iλ (2π) 2 δ (4) (q 1 + q 2 − p 1 − p 2 ). (5.76)<br />

p 1<br />

s = 4M 2 , t = u = 0<br />

Analog zu Kap. 5.1.1 wollen wir nun <strong>die</strong> Selbstenergie Π(p 2 ,M 2 ) in der Ordnung<br />

λ der φ 4 -Theorie berechnen. Neben dem bereits bekannten Diagramm<br />

ist in der renormierten Störungstheorie ein Gegentermvertex zu berücksichtigen,<br />

so dass<br />

−iΠ = +<br />

220


(<br />

(<br />

λ<br />

= (−i)<br />

32π 2 Λ 2 − M 2 ln Λ2 M<br />

4))<br />

M 2 + O Λ 2 + i ( δ Z p 2 )<br />

− δ M .(5.77)<br />

(5.14)<br />

Unter Verwendung der Renormierungsbedingungen (5.74) <strong>und</strong> (5.75) erhält<br />

man<br />

δ Z M 2 − δ M =<br />

λ (<br />

)<br />

32π 2 Λ 2 − M 2 ln Λ2<br />

M 2 , (5.78)<br />

δ Z = 0. (5.79)<br />

In der Ordnung λ ist also δ M = δM 2 , so dass<br />

δM 2 = −<br />

λ (<br />

)<br />

32π 2 Λ 2 − M 2 ln Λ2<br />

M 2<br />

(5.80)<br />

in Übereinstimmung mit (5.16). Analog bestimmt man δ λ aus der Vier-<br />

Punkt-Funktion in der Ordnung λ 2<br />

∣ = + + + + (5.81)<br />

amp<br />

wobei man auch hier im Vergleich zu (5.44) einen zusätzlichen Gegentermvertex<br />

−iδ λ λ˜µ 2ǫ berücksichtigen muss.<br />

Die Vorteile der renormierten Störungstheorie werden besonders bei der Behandlung<br />

höherer Schleifenordnungen deutlich. In der Zweischleifenordnung<br />

muss man für <strong>die</strong> Selbstenergie beispielsweise folgende Diagramme berücksichtigen:<br />

−iΠ (2) = + + +<br />

+ . (5.82)<br />

Im dritten <strong>und</strong> vierten Diagramm müssen lediglich <strong>die</strong> schon bekannten<br />

Einschleifengegentermvertizes eingesetzt werden, so dass der Zwei-Schleifen-<br />

Gegenterm im letzten Diagramms aus der Renormierungsbedingungen (5.74)<br />

<strong>und</strong> (5.75) bestimmt werden kann. Auf <strong>die</strong>se Weise lässt sich das Verfahren<br />

zu beliebigen Ordnungen der Störungstheorie fortsetzen.<br />

221


Skalenabhängige Parameter <strong>und</strong> Renormierungsschemata<br />

Bisher hatten wir <strong>die</strong> Feldrenormierungskonstante Z <strong>und</strong> <strong>die</strong> renormierte<br />

Masse M stets aus dem Residuum bzw. dem Pol der Zwei-Punkt-Funktion<br />

bestimmt. Um zu verdeutlichen, dass es sich dabei um <strong>die</strong> on-shell Feldrenormierungskonstante<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> physikalische Masse handelt, werden wir<br />

<strong>die</strong>se Größen im Folgenden mit Z OS bzw. M phys bezeichnen.<br />

Man kann jedoch allgemeinere Renormierungsbedingungen stellen, indem<br />

man z.B. in (5.74) statt 0 einen anderen Wert festlegt oder einen Wert nicht<br />

bei p 2 = M 2 vorgibt. Dies bedeutet nur eine Reparametrisierung der Theorie<br />

durch anders normierte Felder <strong>und</strong> Parameter. Die einzige Forderung <strong>die</strong><br />

man an Z <strong>und</strong> M stellen muss ist <strong>die</strong> Berechenbarkeit der Zwei-Punkt-<br />

Funktion. Wir schreiben also:<br />

φ 0 = √ Z OS φ OS = √ Z φ, (5.83)<br />

M 2 0 = M 2 phys + δM2 phys = M 2 + δM 2 . (5.84)<br />

Jede <strong>die</strong>ser Gleichungen definiert einen Zusammenhang zwischen den renormierten<br />

<strong>und</strong> den nackten Größen, welche verwendet werden können um <strong>die</strong><br />

physikalische Masse als Vorhersage der Theorie durch <strong>die</strong> Parameter M <strong>und</strong><br />

λ auszudrücken. Dabei ist <strong>die</strong> Relation<br />

stets endlich <strong>und</strong> berechenbar.<br />

M phys = M phys (M,λ) (5.85)<br />

Bei der <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Streumatrixelementen sind dann zusätzlich folgende<br />

Punkte zu beachten:<br />

Z OS<br />

Z<br />

• Man muss – unabhängig <strong>von</strong> den Renormierungsbedingungen – weiterhin<br />

G amp on shell, d.h. bei p 2 = Mphys 2 berechnen.<br />

(√ ) n<br />

• Man muss G amp mit multiplizieren, um <strong>die</strong> Streuamplituden<br />

gemäßdem LSZ-Theorem zu erhalten, wenn man mit den nicht<br />

on-shell renormierten Feldern φ arbeitet.<br />

Ein sehr gebräuchliches Schema, wenn man <strong>die</strong> dimensionale Regularisierung<br />

verwendet, ist das MS-Schema (“modifizierte minimale Subtraktion”). In<br />

<strong>die</strong>sem werden <strong>die</strong> in den Gegentermen auftretenden Größen δ Z , δ M <strong>und</strong> δ λ<br />

so bestimmt, dass sie nur <strong>die</strong> divergenten Polterme in ǫ enthalten.<br />

222


MS-Masse<br />

Zur <strong>Berechnung</strong> der renormierten Masse betrachtet wir wie üblich <strong>die</strong> Selbstenergie<br />

Π. Unter Verwendung der dimensionalen Regularisierung erhält man<br />

in der Einschleifenordnung<br />

(−i)Π = − iλ ( )<br />

1<br />

32π 2 (−M2 M2<br />

) − ln<br />

ε µ 2 + 1 + i ( δ Z p 2 )<br />

− δ M . (5.86)<br />

Im on-shell-Schema folgt mit der Renormierungsbedingung Π| p 2 =M 2 = 0<br />

δ M = + λ ( )<br />

1<br />

32π 2 M2 M2<br />

− ln<br />

ǫ µ 2 + 1 . (5.87)<br />

Im MS-Schema verwenden wir eine andere Renormierungsvorschrift. Zum<br />

einen soll der divergente Term herausgehoben werden, so dass <strong>die</strong> Zwei-<br />

Punkt-Funktion endlich wird <strong>und</strong> zum anderen soll δ M keine endlichen Terme<br />

erhalten. Somit folgt<br />

δ M =<br />

λ<br />

32π 2 M2 1 ǫ . (5.88)<br />

Mit <strong>die</strong>ser Wahl ist aber Π| p 2 =M2 ≠ 0, so dass <strong>die</strong> MS-Masse nicht mit der<br />

physikalischen Masse übereinstimmt. Um den Zusammenhang zu bestimmen<br />

betrachten wir<br />

M0 2 = M2 phys + δM2 phys<br />

(<br />

= Mphys<br />

2 1 + λ [ ] )<br />

1 M2<br />

32π 2 − ln<br />

ǫ µ 2 + 1 + ...<br />

(5.89)<br />

woraus folgt<br />

M 2 phys = M2 (µ)<br />

= M 2 (µ) + δM 2 (µ)<br />

(<br />

= M 2 (µ) 1 + λ [ ] ) 1<br />

32π 2 + ... , (5.90)<br />

ǫ<br />

(<br />

[ ]<br />

1 + λ<br />

32π 2 ln M2 (µ)<br />

µ 2 − 1<br />

+ O(λ 2 )<br />

)<br />

. (5.91)<br />

Die rechte Seite <strong>die</strong>ser Relation hängt explizit <strong>von</strong> dem Parameter µ ab,<br />

während <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> physikalische Masse offensichtlich nicht der Fall ist.<br />

Die MS-Masse muss also auch <strong>von</strong> µ abhängen <strong>und</strong> zwar so, dass sich <strong>die</strong><br />

µ-Abhängigkeit gerade mit der expliziten heraushebt.<br />

223


MS-Kopplung<br />

Analog zur MS-Masse wollen wir nun <strong>die</strong> renormierte Kopplung im MS-<br />

Schema bestimmen. Dazu betrachten wir <strong>die</strong> amputierte Vier-Punkt-Funktion<br />

∣ = ( −iλ˜µ 2ε) ( 1 −<br />

λ [ 3 M2<br />

amp 32π 2 − 3ln<br />

ε µ 2<br />

] )<br />

− A(s) − A(t) − A(u) + δ λ . (5.92)<br />

Zuvor hatten wir <strong>die</strong> physikalische Kopplung durch den Wert der Vier-<br />

Punkt-Funktion an einem festen kinematischen Punkt definiert, beispielsweise<br />

für s = 4M 2 <strong>und</strong> t = u = 0, so dass<br />

δ λ =<br />

λ [ ]<br />

3 M2<br />

32π 2 − 3ln<br />

ǫ µ 2 − A(4M2 ) . (5.93)<br />

Aus der Renormierungsvorschrift des MS-Schemas folgt<br />

δ λ =<br />

λ [ ] 3<br />

32π 2 , (5.94)<br />

ǫ<br />

<strong>und</strong> man erhält den Zusammenhang<br />

λ = Z¯λ ¯λ(µ) = (1 +<br />

Z<br />

δ¯λ − δ λ + ...)¯λ(µ)<br />

λ<br />

(<br />

= ¯λ(µ) 1 + ¯λ(µ) [<br />

]<br />

32π 2 3ln M2<br />

µ 2 + A(4M2 )<br />

)<br />

+ ... , (5.95)<br />

Wie <strong>die</strong> MS-Masse hängt auch <strong>die</strong> MS-Kopplung notwendigerweise <strong>von</strong> µ<br />

ab. Ein ähnliches Resultat ergab sich auch für λ ′ (vgl. (5.62)). Dort war λ ′<br />

ν-abhängig.<br />

Das MS-Schema hat in der Praxis verbreitete Anwendung. Die Tatsache,<br />

dass <strong>die</strong> µ-Abhängigkeit <strong>von</strong> M bzw. λ durch <strong>die</strong> Relationen (5.90) bzw.<br />

(5.95) vollständig festgelegt ist führt auf ein zentrales Konzept in der Quantenfeldtheorie,<br />

nämlich dem der sog. laufenden Parameter bzw. Kopplungen.<br />

Dies hat beispielsweise zur Folge, dass <strong>die</strong> Kopplungsstärke in der starken<br />

Wechselwirkung <strong>von</strong> einer Energieskala abhängt (siehe Kap. 5.5).<br />

224


5.1.5 Renormierung der Yukawa-Theorie<br />

Um einige weitere Aspekte der Renormierung zu illustrieren, wenden wir<br />

uns nun der Yukawa-Theorie zu, welche aus reellen skalaren Feldern φ 0<br />

<strong>und</strong> Dirac-Fermionen ψ 0 bzw. ¯ψ 0 besteht. Die auftretenden Parameter sind<br />

<strong>die</strong> Massenparameter M 0 <strong>und</strong> m 0 , sowie der Kopplungsparameter g 0 . Ausgedrückt<br />

durch <strong>die</strong> renormierten Größen lautet <strong>die</strong> Lagrange-Dichte der<br />

Yukawa-Theorie<br />

L = 1 2 Z φ<br />

(<br />

∂µ φ∂ µ φ − ( M 2 + δM 2) φ 2) + Z ψ ¯ψ (i̸∂ − Zm m)ψ<br />

− Z ψ<br />

√<br />

Zφ Z g g ¯ψψφ (5.96)<br />

Die Vorgehensweise ist nun völlig analog zum Fall der φ 4 -Theorie. Zunächst<br />

spaltet man <strong>die</strong> Lagrange-Dichte in der bekannten Weise auf, d.h.<br />

L = L r + L ct . (5.97)<br />

Die Gegenterme müssen nun durch geeignet gewählte Bedingungen festgelegt<br />

werden. Beispielsweise verwendet man <strong>die</strong> Zwei-Punkt-Funktionen<br />

φ<br />

φ<br />

bzw.<br />

ψ<br />

¯ψ<br />

(5.98)<br />

um mittels geeigneter Vorschriften Z φ , δM 2 , bzw. Z ψ , Z m zu bestimmen. Die<br />

renormierte Kopplung g könnte, sofern M > 2m, durch <strong>die</strong> Zerfallsamplitude<br />

φ → ¯ψψ im MS-Schema über <strong>die</strong> Forderung, dass <strong>die</strong> Drei-Punkt-Funktion<br />

φ<br />

ψ ∣<br />

∣∣amp<br />

= + + +O(g 3 ) (5.99)<br />

¯ψ<br />

endlich ist definiert werden. Für den Vertexfaktor des Gegenterms erhält<br />

man ( Z ψ<br />

√<br />

Zφ Z g − 1 ) g. Alternativ könnte man <strong>die</strong> Kopplung durch <strong>die</strong> ψψ-<br />

Streuung definieren.<br />

Im Gegensatz zur φ 4 -Theorie genügt <strong>die</strong>s jedoch nicht, um alle physikalischen<br />

Größen divergenzfrei zu machen. Dazu betrachten wir <strong>die</strong> φφ → φφ<br />

Streuung in <strong>die</strong>ser Theorie. In der Einschleifenordnung<br />

p 1<br />

p ′ 2 k<br />

∣<br />

∣∣amp<br />

=<br />

p 2<br />

p 1 p ′ 1<br />

k<br />

p ′ 2<br />

p 2<br />

p ′ 1<br />

+<br />

[<br />

Terme mit Permutationen<br />

der äußeren Impulse<br />

]<br />

(5.100)<br />

225


Man beachte, dass es keine Gegentermdiagramme in der Ordnung g 4 gibt.<br />

Das erste Diagramm liefert beispielsweise folgenden Ausdruck:<br />

(−ig) 4 ∫<br />

d 4 k i(̸k + m) i(̸k− ̸p 1 + m)<br />

(2π) 4 k 2 − m 2 (k − p 1 ) 2 − m 2<br />

× i(̸k− ̸p 1− ̸p 2 + m)<br />

(k − p 1 − p 2 ) 2 − m 2 i(̸k− ̸p ′ 1 + m)<br />

(k − p ′ 1 )2 − m 2<br />

∫ d<br />

= g 4 4 k k 4<br />

(2π) 4 (k 2 − m 2 + endliche Terme . (5.101)<br />

) 4<br />

Dieses Integral ist aber logarithmisch divergent, so dass <strong>die</strong> Theorie in <strong>die</strong>ser<br />

Form also nicht wohldefiniert ist. Wir ad<strong>die</strong>ren zur Lagrange-Dichte einen<br />

Gegenterm<br />

−¯δ λ<br />

4! φ4 (5.102)<br />

<strong>und</strong> bestimmen ¯δ λ durch eine weitere Renormierungsbedingung für <strong>die</strong> φφ →<br />

φφ Streuamplitude. Definiert man dann<br />

¯δ λ ≡ Z 2 φ Z λλ (5.103)<br />

so folgt daraus, dass <strong>die</strong>s äquivalent dazu ist, dass <strong>die</strong> Yukawa-Theorie <strong>von</strong><br />

Beginn an einen Term<br />

− λ 0<br />

4! φ4 0 (5.104)<br />

enthält, d.h. einen zusätzlichen, unabhängigen Parameter, der nicht vorhersagbar<br />

ist (sondern aus der φφ → φφ-Streuung experimentell bestimmt<br />

werden muss). Ein analoges Resultat gilt für <strong>die</strong> Dreipunktfunktion der φ-<br />

Felder, <strong>die</strong> einen weiteren Gegenterm<br />

−¯δ λ3<br />

3!<br />

φ 3 (5.105)<br />

erfordert. Nur mit <strong>die</strong>ser Ergänzung ist <strong>die</strong> Yukawa-Theorie renormierbar,<br />

d.h. alle Green-Funktionen werden nach Reskalierung der Felder <strong>und</strong> Parameter<br />

berechenbar.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle drängt sich natürlich <strong>die</strong> Frage auf, wie man feststellt, welche<br />

Terme ad<strong>die</strong>rt werden müssen, bzw. welcher Systematik <strong>die</strong>ses Verfahren<br />

folgt. Außerdem ist zu prüfen, ob <strong>die</strong> Green-Funktionen wirklich zu allen<br />

Ordnungen der Störungstheorie berechenbar sind.<br />

226


Die Antwort auf <strong>die</strong>se Fragen gibt <strong>die</strong> allgemeine <strong>Renormierungstheorie</strong>, <strong>die</strong><br />

wir in Kap. 5.3 behandeln. Um <strong>die</strong> Antwort bereits vorwegzunehmen, sei<br />

an <strong>die</strong>ser Stelle erwähnt, dass <strong>die</strong> Theorie renormierbar ist, wenn L nur<br />

Terme mit einer Massendimension kleiner oder gleich vier enthält. Eventuell<br />

muss man Terme zu L hinzufügen, so dass L alle möglichen Terme der<br />

Dimension ≤ 4 enthält, <strong>die</strong> mit den Symmetrien der Theorie verträglich<br />

sind. Dies war für <strong>die</strong> Yukawa-Theorie nötig, <strong>die</strong> ursprünglich keine φ 3 bzw.<br />

φ 4 -Wechselwirkung enthielt.<br />

Bevor wir <strong>die</strong>s näher betrachten, wenden wir uns einigen klassischen <strong>Quantenkorrekturen</strong><br />

in der Elektrodynamik zu.<br />

5.2 Renormierung <strong>und</strong> Quanteneffekte der Quantenelektrodynamik<br />

Nach den bisher behandelten Modelltheorien wenden wir uns nun der Renormierung<br />

der Quantenelektrodynamik zu. Um ein tieferes Verständnis der<br />

Renormierung zu erlangen betrachten wir vor allem zwei Effekte, <strong>die</strong> in der<br />

Natur tatsächlich auftreten, nämlich zum einen <strong>die</strong> Abschirmung der elektrischen<br />

Ladung durch <strong>die</strong> Quantenfluktuationen des Vakuums <strong>und</strong> zum<br />

anderen das anomale magnetische Moment des Elektrons.<br />

Wie üblich beginnen wir mit der Lagrange-Dichte der Theorie, welche für<br />

<strong>die</strong> Quantenelektrodynamik in der kovarianten Eichung wie folgt lautet:<br />

L = − 1 4 (∂ µA 0ν − ∂ ν A 0µ ) (∂ µ A ν 0 − ∂ν A µ 0 ) − 1<br />

2ξ 0<br />

(∂ µ A µ 0 )(∂ νA ν 0 )<br />

+ ¯ψ 0 i̸∂ ψ 0 + (−e ψ )e 0 ¯ψ0 ̸A 0 ψ 0 − m 0 ¯ψ0 ψ 0 . (5.106)<br />

Der Index “0” bezeichnet <strong>die</strong> unrenormierten Größen, welche <strong>von</strong> den später<br />

einzuführenden renormierten Größen zu unterscheiden sind. Um zu verdeutlichen,<br />

dass <strong>die</strong> Kopplungsstärke des Fermionfelds an das Eichfeld <strong>von</strong> der<br />

Ladung abhängt, haben wir zunächst den Faktor (−e ψ ) eingeführt, der <strong>die</strong><br />

Ladung des Fermionfelds in Einheiten der Positronladung e angibt. Im Folgenden<br />

gehen wir jedoch <strong>von</strong> einem Elektronfeld ψ aus, so dass e ψ = −1.<br />

Die Renormierungskonstanten werden wie folgt definiert:<br />

ψ 0 (x) ≡ √ Z 2 ψ(x), (5.107)<br />

227


A µ 0 (x) ≡ √ Z 3 A µ (x), (5.108)<br />

m 0 ≡ Z m m , (5.109)<br />

e 0 ≡ Z e e, (5.110)<br />

ξ 0 ≡ Z ξ ξ . (5.111)<br />

Es ist a priori nicht klar, dass nur e 0 reskaliert wird <strong>und</strong> nicht auch e ψ ,<br />

d.h., dass <strong>die</strong> Reskalierung der Kopplung <strong>von</strong> ψ abhängt. Später werden wir<br />

sehen, dass <strong>die</strong>s nicht der Fall ist.<br />

Wir drücken nun L wie üblich durch <strong>die</strong> reskalierten Größen aus <strong>und</strong> spalten<br />

<strong>die</strong> Z i in Z i = 1 + (Z i − 1) auf. Da alle Z i <strong>von</strong> der Form Z i = 1 + O(e 2 )<br />

sind, ist Z i − 1 proportional zur Kopplungskonstanten e, weshalb wir <strong>die</strong><br />

entsprechenden Terme als Wechselwirkungsterme behandeln. Dies führt auf<br />

folgende Form der Lagrange-Dichte:<br />

L = − 1 4 Z 3 (∂ µ A ν − ∂ ν A µ ) (∂ µ A ν − ∂ ν A µ ) − Z 3<br />

Z ξ<br />

1<br />

2ξ (∂ µA µ ) (∂ ν A ν )<br />

+Z 2 ¯ψ i̸∂ ψ − Z2 Z m m ¯ψψ + Z e Z 2<br />

√<br />

Z3 e ¯ψ ̸Aψ<br />

= − 1 4 F µνF µν − 1 2ξ (∂ µA µ ) (∂ ν A ν ) + ¯ψ (i̸∂ − m + e̸A) ψ<br />

− 1 ( )<br />

4 (Z 3 − 1) F µν F µν Z3 1<br />

− − 1<br />

Z ξ 2ξ (∂ µA µ ) (∂ ν A ν )<br />

+ (Z 2 − 1) ¯ψ i̸∂ ψ − (Z 2 Z m − 1) m ¯ψψ +<br />

( √ )<br />

Z e Z 2 Z3 − 1 e ¯ψ ̸Aψ<br />

≡ L r + L ct . (5.112)<br />

L r bezeichnet wieder den Teil der Lagrange-Dichte, welcher in den reskalierten<br />

Größen <strong>die</strong>selbe funktionale Form wie (5.106) hat <strong>und</strong> L ct <strong>die</strong> Lagrange-<br />

Dichte der Gegenterme (“counterterms”). Wie bereits erwähnt, wird L ct<br />

zusammen mit e ¯ψ ̸Aψ aus L r als Wechselwirkungsanteil L int aufgefasst.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle wollen wir folgendes festhalten:<br />

• Im Verlauf <strong>die</strong>ses Kapitels werden wir zeigen, dass<br />

Z 3<br />

Z ξ<br />

− 1 = 0, Z e Z 2<br />

√<br />

Z3 = Z 2 . (5.113)<br />

228


• Durch <strong>die</strong> Einführung der Renormierungskonstanten entsteht in L ct<br />

kein Term der Form<br />

A µ A µ , (5.114)<br />

d.h. kein Photonmassenterm.<br />

• Unter der Voraussetzung, dass <strong>die</strong> Regularisierung <strong>die</strong> Eichsymmetrie<br />

respektiert, folgt aus der Symmetrie, dass man nicht alle Terme mit<br />

Massendimension ≤ 4 der Form<br />

A µ A µ , (∂ µ A ν ) A ν A µ , A µ A ν A µ A ν (5.115)<br />

zu L hinzuad<strong>die</strong>ren muss. Der Unterschied zur Yukawa-Theorie, bei der<br />

wir <strong>die</strong> skalare Drei-Punkt- <strong>und</strong> Vier-Punkt-Wechselwirkung einführen<br />

mussten, um <strong>die</strong> Renormierbarkeit sicherzustellen, besteht darin, dass<br />

<strong>die</strong> Yukawa-Theorie keiner Symmetrie unterliegt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Existenz solcher<br />

Terme verbietet.<br />

Aus <strong>die</strong>sen Überlegungen folgt, dass das Photon weiterhin masselos bleibt<br />

<strong>und</strong> dass <strong>die</strong> Vier-Punkt-Funktion der Photon-Photon-Streuung<br />

ohne <strong>die</strong> Einführung zusätzlicher Gegenterme zu allen Ordnungen der Störungstheorie<br />

berechenbar ist.<br />

Definition <strong>von</strong> Z 2 , Z m im on-shell Schema<br />

Zur Bestimmung der Renormierungskonstanten im on-shell Schema betrachtet<br />

man <strong>die</strong> Zwei-Punkt-Funktion des jeweiligen Feldes in der Nähe des<br />

Teilchenpols p 2 = m 2 phys<br />

, wobei <strong>die</strong> renormierte Masse m in <strong>die</strong>sem Schema<br />

gerade der physikalischen Masse m phys des Teilchens entspricht.<br />

Nach dem LSZ-Theorem nimmt <strong>die</strong> Fourier-transformierte Elektron-Zwei-<br />

Punkt-Funktion, ausgedrückt durch <strong>die</strong> unrenormierten Felder, für p 2 → m 2<br />

<strong>die</strong> folgenden Form an:<br />

∫<br />

d 4 (x − y) e ip(x−y) 〈Ω|T ( ψ 0α (x) ¯ψ 0β (y) ) |Ω〉<br />

229


p 2 →m<br />

−→ 2 i(̸p + m) αβ<br />

Z 2 ·<br />

p 2 − m 2 + [nicht singuläre Terme] (5.116)<br />

+ iε<br />

Lage <strong>und</strong> Residuum des Pols definieren <strong>die</strong> physikalische Masse m = Z −1<br />

m m 0<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Feldrenormierungskonstante Z 2 .<br />

Analog zur Behandlung des skalaren Feldes in Kap. 3.2 wollen wir <strong>die</strong> (onshell)<br />

Feldrenormierungskonstante Z 2 <strong>und</strong> <strong>die</strong> physikalische Masse m durch<br />

<strong>die</strong> Selbstenergie Σ 0 (p,m 0 ) des Elektrons, d.h. <strong>die</strong> Einteilchen-irreduziblen<br />

Anteile der (unrenormierten) Zwei-Punkt-Funktion ausdrücken. Auf dem<br />

Einschleifenniveau ist <strong>die</strong> Matrix Σ 0 (p,m 0 ) durch<br />

−iΣ 0 (p,m 0 ) ≡ 1PI = + O(e 3 0 ). (5.117)<br />

gegeben. Die Ableitung der Bestimmungsgleichungen für Z 2 <strong>und</strong> m verläuft<br />

analog zum Vorgehen für den skalaren Fall. Dazu zerlegen wir <strong>die</strong> Elektron-<br />

Zwei-Punkt-Funktion zunächst in ihre Einteilchen-irreduziblen Anteile, d.h.<br />

∫<br />

d 4 (x − y) e ip(x−y) 〈Ω|T ( ψ 0α (x) ¯ψ 0β (y) ) |Ω〉 =<br />

p p<br />

=<br />

p<br />

+ p<br />

1PI + p<br />

1PI 1PI + ...<br />

=<br />

i<br />

̸p − m 0 + iε +<br />

i<br />

̸p − m 0 + iε (−iΣ(p,m 0))<br />

i<br />

+ ... . (5.118)<br />

̸p − m 0 + iε<br />

Die einzelnen Terme ad<strong>die</strong>ren sich zu einer geometrischen Reihe auf, so dass<br />

∫<br />

d 4 (x − y) e ip(x−y) 〈Ω|T ( ψ 0α (x) ¯ψ 0β (y) ) i<br />

|Ω〉 =<br />

̸p − m 0 − Σ 0 (p,m 0 ) .<br />

(5.119)<br />

Aus der Forderung, dass <strong>die</strong> Zwei-Punkt-Funktion im on-shell-Schema einen<br />

Pol bei p 2 = m 2 hat, folgt dann<br />

̸p − m 0 − Σ(p,m 0 ) ∣ ∤p=m<br />

= 0. (5.120)<br />

Um das Residuum zu bestimmen, entwickeln wir um den Teilchenpol p 2 =<br />

m 2 <strong>und</strong> erhalten<br />

(<br />

i<br />

̸p→m i<br />

−→ 1 − ∂Σ<br />

) −1 [ ]<br />

∣<br />

+ nicht singuläre<br />

Terme<br />

.<br />

̸p − m 0 − Σ 0 (p,m 0 ) ̸p − m ∂̸p<br />

∤p=m<br />

(5.121)<br />

230


Aus Vergleich mit (5.116) folgt also für <strong>die</strong> (on-shell) Feldrenormierungskonstante<br />

Z2 −1 = 1 − ∂Σ<br />

∣<br />

. (5.122)<br />

∂̸p<br />

∤p=m<br />

Bei der oben verwendeten Schreibweise ist zu beachten, dass sowohl ̸ p als<br />

auch m 0 = m 0 ·½als Matrizen im Spinorraum zu verstehen sind. Etwas<br />

präziser lassen sich (5.120) <strong>und</strong> (5.122) formulieren, indem man <strong>die</strong> Matrix<br />

Σ in <strong>die</strong> allgemeinstmöglichen Spinor-Strukturen wie folgt zerlegt<br />

Σ(p,m 0 ) = m 0 Σ 1 (p 2 ,m 0 ) ·½+Σ 2 (p 2 ,m 0 )·̸p (5.123)<br />

<strong>und</strong> Z m <strong>und</strong> Z 2 durch <strong>die</strong> skalaren Funktionen Σ 1 <strong>und</strong> Σ 2 ausdrückt (vgl.<br />

Übungsaufgabe).<br />

5.2.1 Z 3 , Z ξ – Photonvakuumpolarisation <strong>und</strong> <strong>die</strong> Abschirmung<br />

der elektrischen Ladung<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich berechnet man Renormierungskonstanten, <strong>die</strong> mit Termen<br />

der Lagrange-Dichte verknüpft sind, welche quadratisch in den Feldern sind,<br />

aus der entsprechenden Zwei-Punkt-Funktion. Neben dem kinetischen Term<br />

des Eichfeldes ist auch der Eichfixierungsterm quadratisch in A 0µ , so dass<br />

sowohl <strong>die</strong> Feldrenormierungskonstante Z 3 als auch Z ξ mittels geeigneter<br />

Bedingungen an <strong>die</strong> Photon-Zwei-Punkt-Funktion zu bestimmen sind.<br />

Mit der Analyse der Zwei-Punkt-Funktion haben wir uns bereits in Kap.<br />

4.3.2 beschäftigt. Dort hatten wir mit der BRS-Symmetrie verknüpfte Ward-<br />

Identitäten für allgemeine Eichtheorien abgeleitet, mit Hilfe derer wir zeigen<br />

konnten, dass der Teil der Zwei-Punkt-Funktion, welcher den Eichparameter<br />

ξ 0 enthält, keine Korrektur in der Störungstheorie erfährt. Die (unrenormierte)<br />

Photon-Zwei-Punkt-Funktion nimmt also, zerlegt in <strong>die</strong> allgemeinstmöglichen<br />

Lorentzstrukturen, zu allen Ordnungen der Störungstheorie <strong>die</strong><br />

folgende Form an:<br />

∫<br />

G 0 µν ≡ d 4 (x − y) e ip(x−y) 〈Ω|T(A 0µ (x)A 0ν (y)) |Ω〉<br />

=<br />

([<br />

i<br />

k 2 −g µν + k ]<br />

)<br />

µk ν<br />

+ iε k 2 A(k 2 k µ k ν<br />

) − ξ 0<br />

k 2 . (5.124)<br />

231


Die Tatsache, dass der kµkν<br />

-Term den Koeffizienten ξ<br />

k 2 0 zu allen Ordnungen<br />

behält, hat direkte Konsequenzen für <strong>die</strong> Renormierungskonstanten. Im onshell<br />

Schema ist Z 3 so zu bestimmen, dass <strong>die</strong> renormierte Zwei-Punkt-<br />

Funktion in der Nähe des Teilchenpols bei k 2 = M 2 = 0 <strong>die</strong> Form des freien<br />

Photon-Propagators annimmt, d.h.<br />

G 0 µν<br />

k 2 →0<br />

−→ Z 3 ·<br />

i<br />

k 2 + iε<br />

(<br />

−g µν + (1 − ξ) k )<br />

µk ν<br />

k 2 +[nicht singuläre Terme] .<br />

(5.125)<br />

Aus Vergleich mit der allgemeinen Form (5.124) liest man für <strong>die</strong> Renormierungskonstanten<br />

Z 3 = A(k 2 = 0), (5.126)<br />

Z ξ = Z 3 (5.127)<br />

ab. (5.127) garantiert, dass <strong>die</strong> Zwei-Punkt-Funktion der renormierten Felder,<br />

ausgedrückt durch den renormierten Eichparameter ξ = (Z ξ ) −1 ξ 0 , nahe<br />

dem Pol <strong>die</strong>selbe Form wie <strong>die</strong> freie Zwei-Punkt-Funktion annimmt. Aus der<br />

Tatsache, dass der ξ 0 -Term aufgr<strong>und</strong> der Ward-Identität in der Störungstheorie<br />

nicht modifiziert wird folgt also, dass <strong>die</strong> beiden Renormierungskonstanten<br />

Z 3 <strong>und</strong> Z ξ zu allen Ordnungen identisch sind.<br />

Zur weiteren Analyse führen wir wieder <strong>die</strong> Photon-Selbstenergie Π (0)µν ,<br />

auch als Photonvakuumpolarisation bezeichnet, als <strong>die</strong> Einteilchen-irreduziblen<br />

Anteile der (unrenormierten) Zwei-Punkt-Funktion ein, so dass<br />

G 0 µν =<br />

p<br />

+ p<br />

1PI + p<br />

1PI 1PI + ...<br />

=<br />

(<br />

i<br />

k 2 −g µν + (1 − ξ 0 ) k ) (<br />

µk ν i<br />

+ iε<br />

k 2 +<br />

k 2 −g µρ + (1 − ξ 0 ) k )<br />

µk ρ<br />

+ iε<br />

k 2<br />

× iΠ (0)ρσ (k)<br />

(<br />

i<br />

k 2 −g σν + (1 − ξ 0 ) k )<br />

σk ν<br />

+ iε<br />

k 2 + ... (5.128)<br />

Die Photonvakuumpolarisation kann nun selbst in <strong>die</strong> allgemeinst-möglichen<br />

Lorentzstrukturen zerlegt werden, wobei, genau wie im Fall der Zwei-Punkt-<br />

Funktion, Π (0)µν als Tensor zweiter Stufe nur <strong>von</strong> den beiden Strukturen g µν<br />

<strong>und</strong> k µ k ν abhängen kann. Wir definieren also<br />

Π (0) µν (k) ≡ ( k 2 g µν − k µ k ν<br />

)<br />

Π0 (k 2 ) + k µ k ν Π 2 (k 2 ). (5.129)<br />

232


Setzt man <strong>die</strong>se allgemeine Zerlegung in (5.128) ein, so erhält man<br />

(<br />

i<br />

G 0 µν =<br />

k 2 −g µν + (1 − ξ 0 ) k )<br />

µk ν<br />

+ iε<br />

k 2<br />

(<br />

i<br />

+<br />

k 2 −g µν + k )<br />

µk ν<br />

+ iε k 2 Π 0 (k 2 i<br />

) +<br />

k 2 + iε (−ξ 0) k µk ν<br />

k 2 Π 2 (k 2 )<br />

+ ... . (5.130)<br />

k<br />

Der dritte Term stellt eine Korrektur der ξ µk ν 0 Struktur dar, <strong>von</strong> der wir<br />

k 2<br />

aber aufgr<strong>und</strong> der Ward-Identität wissen, dass sie nicht modifiziert wird.<br />

Aus Vergleich mit dem Endresultat (5.124) können wir also schließen, dass<br />

Π 2 (k 2 ) zu allen Ordnungen der Störungstheorie verschwinden muss.<br />

Führt man den Ausdruck (5.130) zu höheren Ordnung in Π 0 fort, so stellt<br />

man fest, dass sich <strong>die</strong> Struktur des Zweiten Terms mit höheren Potenzen<br />

<strong>von</strong> Π 0 reproduziert. Diese Terme summieren sich zu einer geometrischen<br />

Reihe auf, so dass das Endresultat <strong>die</strong> folgende Form annimmt:<br />

G 0 µν (k) =<br />

i<br />

k 2 + iε<br />

([<br />

−g µν + k ]<br />

µk ν<br />

k 2<br />

Aus Vergleich mit dem allgemeinen Resultat (5.124) folgt<br />

)<br />

1<br />

1 − Π 0 (k 2 ) − ξ k µ k ν<br />

0<br />

k 2 . (5.131)<br />

A(k 2 ) =<br />

1<br />

1 − Π 0 (k 2 )<br />

(5.132)<br />

<strong>und</strong> somit erhält man für <strong>die</strong> on-shell Feldrenormierungskonstante des Photonfeldes<br />

Z −1<br />

3 = 1 − Π 0 (k 2 = 0). (5.133)<br />

Damit <strong>die</strong> Photon-Zwei-Punkt-Funktion weiterhin einen Pol bei k 2 = 0 hat,<br />

d.h. das Photon masselos bleibt, muss Π 0 (0) endlich sein, bzw. Π 0 (k 2 ) darf<br />

keinen Pol bei k 2 = 0 haben. Dies ist plausibel, da Π 0 nur Einteilchenirreduzible<br />

Diagramme enthält, <strong>die</strong> keine masselosen Zwischenzustände (als<br />

solcher käme nur der 1-Photonzustand in Frage) erlauben (siehe allgemeines<br />

LSZ-Theorem zu Polen <strong>von</strong> Green-Funktionen).<br />

233


<strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Π(q) in der Einschleifenordnung<br />

Im Folgenden verwenden wir <strong>die</strong> renormierte Störungstheorie <strong>und</strong> bestimmen<br />

direkt Π µν (q), d.h. <strong>die</strong> Einteilchen-irreduziblen Anteile der renormierten<br />

Zwei-Punkt-Funktion. In der Einschleifenordnung erhält man<br />

iΠ µν (q) ≡<br />

q<br />

1PI = q<br />

k+q<br />

k<br />

+<br />

q<br />

+ O(e 3 )<br />

= i ( q 2 g µν − q µ q ν<br />

)<br />

Π(q 2 ). (5.134)<br />

Der Gegenterm ist durch den Zwei-Punkt-Vertex − 1 4 (Z 3 − 1)F 2 aus L ct<br />

gegeben, welcher auf den Vertexfaktor (−i)(Z 3 − 1)(q 2 g µν − q µ q ν ) führt.<br />

Gemäß der bekannten Feynman-Regeln lautet der Ausdruck für das Schleifenintegral<br />

(−1)(ie) 2˜µ 2ǫ ∫ d d k<br />

(2π) d<br />

tr (γ µ i(̸k + m) γ ν i(̸k+ ̸q + m))<br />

(k 2 − m 2 + iε)((k + q) 2 − m 2 + iε) . (5.135)<br />

Auf <strong>die</strong> <strong>Berechnung</strong> des Integrals wird hier nicht im Detail eingegangen.<br />

Die Vorgehensweise ist jedoch identisch zu der in Kap. 5.1, d.h. man führt<br />

zunächst Feynman-Parameter ein, um <strong>die</strong> Propagatoren zu kombinieren,<br />

ergänzt den Nenner quadratisch <strong>und</strong> berechnet letztlich das Schleifenintegral.<br />

Aus dem Resultat, welches <strong>von</strong> der Form (5.134) sein muss, kann man<br />

dann Π(q 2 ) direkt ablesen <strong>und</strong> erhält<br />

Π(q 2 ) = Π 0 (q 2 ) − (Z 3 − 1)<br />

= − 2α ∫ 1<br />

( m 2<br />

π Γ(ǫ) − x¯xq 2 ) −ǫ<br />

− iε<br />

dx x¯x<br />

4π˜µ 2 − (Z 3 − 1), (5.136)<br />

0<br />

mit der Feinstrukturkonstanten α = e2<br />

4π<br />

. Nun können wir <strong>die</strong> on-shell Feldrenormierungskonstante<br />

Z 3 bestimmen, welche durch (5.133) festgelegt ist.<br />

In der Einschleifennäherung bedeutet <strong>die</strong>s<br />

Z 3 = A(q 2 = 0) =<br />

1<br />

1 − Π 0 (q 2 = 0) = 1 + Π 0(q 2 = 0) + O(α 2 ), (5.137)<br />

wobei hier <strong>die</strong> unrenormierte Photonvakuumpolarisation Π 0 auftritt. Mit<br />

(5.136) folgt dann<br />

Z 3 − 1 = − 2α ∫ 1<br />

( ) m<br />

2 −ǫ<br />

π Γ(ǫ) dx x¯x<br />

0 4π˜µ 2 = − α ( )<br />

1 m2<br />

− ln<br />

3π ǫ µ 2 + O(ǫ) .<br />

(5.138)<br />

234


Das Zusammenfügen <strong>von</strong> (5.138) <strong>und</strong> (5.136) liefert letztlich folgenden Ausdruck<br />

für <strong>die</strong> Photonvakuumpolarisation:<br />

Π(q 2 ) = 2α π<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx x¯x ln m2 − x¯xq 2 − iε<br />

m 2 . (5.139)<br />

Π(q 2 ) ist nach Konstruktion im Limes ǫ → 0 endlich <strong>und</strong> spiegelt einen<br />

physikalischen Effekt wieder, den wir im Folgenden diskutieren werden.<br />

Interpretation des Resultats<br />

Um <strong>die</strong> physikalischen Konsequenzen <strong>von</strong> Π(q 2 ) zu verstehen, betrachten wir<br />

<strong>die</strong> Streuung zweier Elektronen durch Austausch eines Photons. Berücksichtigt<br />

man dabei <strong>die</strong> <strong>Quantenkorrekturen</strong> zum Photon-Propagator, so tritt im<br />

entsprechenden Feynman-Diagramm der volle Photon-Propagator auf, d.h.<br />

⃗p 1<br />

⃗p 2<br />

⃗p ′ 1<br />

⃗p ′ 2<br />

In niedrigster Ordnung würde man naiv ein Resultat erwarten, welches sowohl<br />

proportional zum Quadrat der Kopplungskonstanten (→ e 2 ) als auch<br />

zum Photon-Propagator (→ 1 ) ist. Bei der Berücksichtigung <strong>von</strong> <strong>Quantenkorrekturen</strong><br />

muss das Resultat modifiziert werden, da nun zusätzlich <strong>die</strong><br />

q 2<br />

Funktion A(q 2 ) im Photon-Propagator auftritt, d.h.<br />

e 2<br />

q 2 → e 2<br />

q 2 (1 − Π(q 2 )) ≡ e2 eff (q2 )<br />

q 2 (5.140)<br />

Die Photonvakuumpolarisation Π(q 2 ) führt also zu einer effektiven Stärke<br />

der Kopplung e eff (q 2 ) zwischen geladenen Teilchen, <strong>die</strong> vom virtuellen Impuls<br />

des Photons abhängt.<br />

Für nicht-relativistische Elektronen (m ≫ ⃗q, d.h. ⃗p 1 ≈ ⃗p 2 ) entspricht der<br />

Photonaustausch in erster Näherung gerade dem statischen Coulomb-Potential.<br />

Dies lässt sich leicht verifizieren, indem man <strong>die</strong> Fourier-Transformierte<br />

des Photon-Propagators berechnet<br />

∫ d 3 ⃗q −e2<br />

V (r) =<br />

3<br />

ei⃗q·⃗x<br />

(2π) ⃗q 2 = −α r , (5.141)<br />

235


mit der Feinstrukturkonstanten α. In (5.141) haben wir verwendet, dass<br />

der Impulsübertrag für nicht-relativistische Elektronen vom Dreierimpuls<br />

⃗q dominiert wird, so dass wir den Energieübertrag vernachlässigen <strong>und</strong> q 2<br />

durch −⃗q 2 ersetzen können. In <strong>die</strong>ser nicht-relativistischen Näherung ist<br />

Π(−⃗q 2 ) stets positiv <strong>und</strong> wächst mit ⃗q 2 (vgl. (5.139)). Dann wächst auch<br />

<strong>die</strong> effektive Kopplung e eff (q) mit ⃗q an, so dass das Potential für kleine<br />

Abstände r gegenüber dem Coulomb-Potential verstärkt wird.<br />

Diesen Effekt kann man so interpretieren, dass das Vakuum in dem sich<br />

das Elektron befindet, durch virtuelle Quantenfluktuationen (e + e − -Paare)<br />

polarisiert wird <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Vakuumpolaristation <strong>die</strong> Ladung mit größerem<br />

Abstand immer stärker abschirmt. Anschaulich kann man sich folgendes<br />

Bild machen:<br />

e eff (r) < e eff (r = 0)<br />

−<br />

− + −<br />

+ +<br />

+<br />

+<br />

−<br />

+<br />

−<br />

−<br />

Die Feinstrukturkonstante α = e2<br />

Grenzfall r → ∞, bzw. q 2 → 0.<br />

4π ≈ 1<br />

137<br />

entspricht dem “makroskopischen”<br />

Diesen Effekt kann man inzwischen überzeugend experimentell messen, da<br />

man mittlerweile Streuenergien zur Verfügung hat, <strong>die</strong> wesentlich größer als<br />

Elektronmasse sind. Am deutlichsten ist der Effekt bei der hochenergetischen<br />

Elektron-Positron-Vernichtung in Photonen oder Z-Bosonen nachzuweisen,<br />

etwa bei dem Prozess<br />

e −<br />

e +<br />

q<br />

f<br />

¯f<br />

= + ... .<br />

Quarks <strong>und</strong> Leptonen tragen ungefähr zu gleichen Teilen zur Fermionschleife<br />

in der führenden Ordnung bei. Der Impulsübertrag q 2 ist gerade <strong>die</strong> Schwerpunktsenergie<br />

s der Collision. Die Messungen liefern folgendes Resultat:<br />

α eff (0) =<br />

1<br />

137.026...<br />

−→ α eff (M z ) =<br />

1<br />

128.927... . (5.142)<br />

Um <strong>die</strong> Definition der Renormierungskonstanten abzuschließen, wenden wir<br />

uns der Renormierung der elektromagnetischen Ladung bzw. des Photon-<br />

Fermion-Vertex zu.<br />

236


5.2.2 Z e – Definition der physikalischen Kopplung <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Struktur der Vertexfunktion<br />

Wie üblich müssen wir zunächst eine Bedingung formulieren, welche <strong>die</strong><br />

renormierte Ladung definiert. Aus Kap. 5.1 ist uns aber bekannt, dass <strong>die</strong><br />

Wahl einer solchen Bedingung nahezu beliebig ist.<br />

Physikalisch versteht man unter der elektromagnetischen Ladung bzw. der<br />

Feinstrukturkonstanten <strong>die</strong> Stärke der Wechselwirkung eines Photons mit<br />

einem Elektron, beispielsweise bei der Thomson-Streuung. Üblicherweise ist<br />

<strong>die</strong> Energie des Photons, welches an einem Elektron gestreut wird, sehr<br />

viel kleiner als <strong>die</strong> relevanten Skalen der QED (→ Elektronmasse). Es liegt<br />

deshalb nahe, <strong>die</strong> physikalische Ladung als <strong>die</strong> Stärke der Elektron-Photon-<br />

Kopplung bei kleinem Impulsübertrag ⃗q ≪ m durch <strong>die</strong> Bedingung<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )γ(q,λ); out|e − (p,s); in〉<br />

q µ →0<br />

≡ (2π) 4 δ (4)( p ′ + q − p ) ieū(p ′ ,s ′ )γ µ u(p,s)ε ∗ µ (q,λ) (5.143)<br />

zu definieren. Wir verlangen also, dass das Matrixelement (5.143) zu allen<br />

Ordnungen der Störungstheorie <strong>die</strong>sselbe Form wie in niedrigster Ordnung<br />

hat. Dies definiert <strong>die</strong> Renormierungskonstante Z e .<br />

Nach dem LSZ-Theorem ist ein Matrixelement der Form (5.143) mit der<br />

amputierten Drei-Punkt-Funktion verknüpft. Im on-shell Schema erhält man<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )γ(q,λ); out|e − (p,s); in〉<br />

= √ Z 3 Z 2 · amp<br />

q<br />

p p ′<br />

[ ]<br />

∣ · Spinoren <strong>und</strong> Polarisationsvektoren<br />

unrenormiert<br />

= (2π) 4 δ (4)( p ′ + q − p ) √<br />

Z3 Z 2 ie 0 ū(p ′ ,s ′ )Γ µ 0 (p′ ,p)u(p,s)ε ∗ µ(q,λ)<br />

(5.144)<br />

Das Objekt Γ µ 0 bezeichnet man als <strong>die</strong> (unrenormierte) Vertexfunktion. In<br />

niedrigster Ordnung gilt<br />

Γ µ 0 (p′ ,p) =<br />

q<br />

p p ′<br />

+ O(e 2 ) = γ µ + O(e 2 ). (5.145)<br />

237


Aus Vergleich <strong>von</strong> (5.144) <strong>und</strong> (5.143) folgt dann für <strong>die</strong> Ladungsrenormierungskonstante:<br />

Ze −1 = √ “ Γ<br />

µ<br />

0<br />

Z 3 Z 2 ·<br />

(p′ ,p)| p=p<br />

”<br />

′<br />

γ µ . (5.146)<br />

Dieser zunächst artifizielle Ausdruck wird später noch präzisiert.<br />

Im Folgenden wollen wir <strong>die</strong> Vertexfunktion in der Einschleifenordnung bestimmen.<br />

Vor Beginn der eigentlichen Rechnung ist es sinnvoll, <strong>die</strong> Vertexfunktion<br />

allgemein zu charakterisieren. Dazu überlegen wir uns zunächst,<br />

analog zur Photonselbstenergie, welche Struktur das Resultat haben muss,<br />

bzw. welches <strong>die</strong> allgemeinsten Lorentzstrukturen sind, in <strong>die</strong> wir Γ µ 0 zerlegen<br />

können.<br />

Γ µ 0 ist eine 4 × 4-Matrix im Raum der Spinoren <strong>und</strong> gleichzeitig ein Vektor<br />

bzgl. des Lorentz-Index µ. Wie wir wissen, bilden <strong>die</strong> 16 Matrizen<br />

½, γ 5 , γ µ , γ µ γ 5 , [γ µ ,γ ν ] ≡ 2 i σµν (5.147)<br />

eine Basis für sämtliche Ausdrücke, <strong>die</strong> γ-Matrizen enthalten (vgl “Relativistische<br />

Quantentheorie”). Diese Basisgrößen kann man nun mit den vorhandenen<br />

Vektoren p µ <strong>und</strong> p ′µ multiplizieren, so dass sich folgende mögliche<br />

Strukturen ergeben:<br />

p µ , p ′ µ , γ µ , ̸pp ′ µ , ̸p ′ p µ , ̸pp µ , ̸p ′ p ′ µ ,<br />

[γ µ , ̸p] , [ γ µ , ̸p ′] , [̸p, ̸p ′] p µ , [̸p, ̸p ′] p ′ µ ,<br />

ǫ µνρσ γ ν γ 5 p ρ p ′ σ . (5.148)<br />

Pseudovektorielle Größen wie γ 5 p µ sind nicht möglich, da <strong>die</strong> elektromagnetische<br />

Wechselwirkung <strong>die</strong> Parität erhält. In einer allgemeinen Zerlegung <strong>von</strong><br />

Γ µ 0 treten <strong>die</strong> Strukturen (5.148) zwischen den Spinoren u(p,s) <strong>und</strong> ū(p′ ,s ′ )<br />

auf (vgl. (5.144)). Nun gilt aber aufgr<strong>und</strong> der Bewegungsgleichung<br />

̸p u(p,s) = m u(p,s), (5.149)<br />

ū(p ′ ,s ′ )̸p ′ = m ū(p ′ ,s ′ ), (5.150)<br />

so dass Größen, welche ̸p oder ̸p ′ enthalten, in einer Zerlegung <strong>von</strong> Γ µ 0 nicht<br />

unabhängig sind. Dasselbe Argument führt zu dem Schluss, dass wegen<br />

ǫ µνρσ γ ν γ 5 ∝ γ µ γ ρ γ σ + [Permutationen <strong>von</strong> µ, ρ, σ] (5.151)<br />

238


auch ǫ µνρσ γ ν γ 5 p ρ p ′ σ für Γ µ 0 keine unabhängige Struktur darstellt, so dass<br />

sämtliche Terme auf p µ , p ′µ <strong>und</strong> γ µ zurückgeführt werden können. Folglich<br />

können wir Γ µ 0 wie folgt zerlegen:<br />

Γ µ 0 (p′ ,p) = H 1 (q 2 ,m 2 )γ µ + H 2 (q 2 ,m 2 ) ( p + p ′) µ + H3 (q 2 ,m 2 ) ( p − p ′) µ .<br />

(5.152)<br />

Der entscheidende Aspekt einer solchen Zerlegung ist, dass <strong>die</strong> Funktionen<br />

H i keine Lorentz- oder Spinor-Indizes mehr tragen. Sie sind also skalar, <strong>und</strong><br />

können nur <strong>von</strong> p 2 = m 2 , p ′2 = m 2 <strong>und</strong> q 2 = (p − p ′ ) 2 abhängen, da <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

einzigen Skalare sind, <strong>die</strong> man aus p µ <strong>und</strong> p ′µ bilden kann. Für ein reelles<br />

Photon ist auch q 2 = 0 (on-shell). Dies muss aber bei einer allgemeineren<br />

Definition <strong>von</strong> Γ µ 0 für ein “off-shell” Photon nicht vorausgesetzt werden. In<br />

den folgenden Betrachtungen schließen wir den Fall q 2 ≠ 0 mit ein (aber<br />

p 2 = p ′2 = m 2 ).<br />

Wir können (5.152) allerdings noch weiter einschränken. Die Eichinvarianz<br />

der Theorie impliziert, dass das Produkt eines Diagramms mit einer externen<br />

Photonlinie <strong>und</strong> dem Impuls des Photons verschwindet (vgl. Kap. 4.2.3), d.h.<br />

Da q = (p − p ′ ), liefert <strong>die</strong>s<br />

q µ Γ µ 0 (p′ ,p) = 0. (5.153)<br />

0 ! = (̸p − ̸p ′ )H 1 + (p + p ′ ) µ (p − p ′ ) µ H 2 + q 2 H 3<br />

= ( (̸p − m) − (̸p ′ − m) ) H 1 + H 3 q 2 (5.154)<br />

Der erste Term verschwindet, wenn man ihn zwischen den Spinoren u(p,s)<br />

<strong>und</strong> ū(p ′ ,s ′ ) auswertet aufgr<strong>und</strong> der Gleichungen (5.149) <strong>und</strong> (5.150). Da<br />

(5.153) auch im Fall q 2 ≠ 0 gilt, folgt somit<br />

H 3 (q 2 ,m 2 ) = 0. (5.155)<br />

Im letzten Schritt der Charakterisierung <strong>von</strong> Γ µ 0 verwenden wir <strong>die</strong> Gordon-<br />

Identität<br />

[ p ′µ<br />

ū(p ′ ,s ′ )γ µ u(p,s) = ū(p ′ ,s ′ + p µ<br />

)<br />

2m − iσµν (p ν − p ′ ν ) ]<br />

u(p,s) (5.156)<br />

2m<br />

um den (p + p ′ ) µ -Term durch γ µ <strong>und</strong> σ µν q ν zu ersetzen, was einem Übergang<br />

<strong>von</strong> H 1 <strong>und</strong> H 2 zu einer neuen Linearkombination <strong>von</strong> p µ , p ′µ <strong>und</strong> γ µ<br />

239


entspricht. Dies führt auf <strong>die</strong> folgende konventionelle Zerlegung der Vertex-<br />

Funktion:<br />

Γ µ 0 (p′ ,p) = γ µ F 0 1 (q 2 ,m) + iσµν (p ′ ν − p ν)<br />

2m<br />

F 0 2 (q 2 ,m). (5.157)<br />

Wir haben also <strong>die</strong> Vertex-Funktion durch zwei unbekannte, skalare Funktionen<br />

F1 0 <strong>und</strong> F 2 0 parametrisiert. Mit (5.157) können wir den Ausdruck<br />

(5.146) für <strong>die</strong> Ladungsrenormierungskonstante Z e präzisieren. Da der F2 0-<br />

Term offensichtlich für p ′ → p verschwindet, folgt<br />

1<br />

Z e<br />

= √ Z 3 Z 2 F 0 1 (q 2 = 0,m). (5.158)<br />

Ähnlich wie für den Renormierungsfaktor des Photonfeldes, bei dem wir Z 3<br />

durch <strong>die</strong> skalare Vakuumpolarisation Π(q 2 ) ausgedrückt haben, haben wir<br />

<strong>die</strong> <strong>Berechnung</strong> der Ladungsrenormierungskonstanten Z e auf <strong>die</strong> <strong>Berechnung</strong><br />

der Funktion F1 0 (0,m) zurückgeführt.<br />

Tatsächlich gilt aufgr<strong>und</strong> der Ward-Identität, <strong>die</strong> aus der Erhaltung des<br />

elektromagnetischen Stromes (d.h. der Eichinvarianz) folgt, dass<br />

F 0 1 (q2 = 0,m) = 1 Z 2<br />

. (5.159)<br />

Bevor wir <strong>die</strong>s formal beweisen, wollen wir einige Folgerungen festhalten:<br />

• Einsetzen <strong>von</strong> (5.159) in (5.158) liefert<br />

Z e = 1 √<br />

Z3<br />

. (5.160)<br />

Dies ist ein interessanter Aspekt der QED: Die drei a priori unabhängigen<br />

Renormierungskonstanten Z 3 , Z ξ <strong>und</strong> Z e , <strong>die</strong> mit dem Photon <strong>und</strong><br />

der Kopplung an das Photon zusammenhängen, sind letztlich alle aufgr<strong>und</strong><br />

der Eichsymmetrie miteinander verknüpft.<br />

• Das Produkt <strong>von</strong> Ladung <strong>und</strong> Photonfeld wird nicht renormiert, d.h.<br />

e 0 A µ 0 = eAµ . (5.161)<br />

240


• Wie eingangs bereits erwähnt, wird <strong>die</strong> Kopplungsstärke (−e ψ )e 0 des<br />

Fermions an das Photon unabhängig <strong>von</strong> ψ, bzw. unabhängig <strong>von</strong><br />

1<br />

der elektrischen Ladung e ψ des Fermions, universell mit √ Z3<br />

reskaliert.<br />

Daraus erklärt sich, dass Positronen, Protonen, Quarks etc. unabhängig<br />

<strong>von</strong> der Renormierung immer gleiche elektrische Ladungsverhältnisse<br />

tragen, denn Z e hängt nur <strong>von</strong> der Photonfeldreskalierung<br />

ab.<br />

Beweis <strong>von</strong> (5.159):<br />

Offenbar benötigt man einen Zusammenhang zwischen der Zweipunktfunktion<br />

des Fermionfeldes, da <strong>die</strong>se mit Z 2 verknüpft ist, <strong>und</strong> der Dreipunktfunktion,<br />

welche <strong>die</strong> Vertex-Funktion definiert. Solche Relationen werden durch<br />

<strong>die</strong> Ward-Identitäten hergestellt, <strong>die</strong> zu allen Ordnungen der Störungstheorie<br />

Green-Funktionen mit verschiedener Anzahl <strong>von</strong> Feldern in Verbindung<br />

setzen.<br />

Wir benötigen <strong>die</strong> Ward-Identität für den elektromagnetischen Strom, der<br />

mit der Eichsymmetrie verknüpft ist. Mit δψ 0 = iε(x)ψ 0 , der Variation des<br />

Fermionfeldes unter einer infinitesimalen Eichtransformation, folgt für den<br />

erhaltenen Noether-Strom:<br />

j µ 0 =<br />

∂L<br />

∂ (∂ µ ψ 0 ) iψ 0 = − ¯ψ 0 γ µ ψ 0 (5.162)<br />

wobei sich bei der hier verwendeten Konvention ein Minuszeichen ergibt.<br />

Durch Einsetzung des Strom j µ 0 in eine Green-Funktion aus zwei Fermionen<br />

können wir folgende off-shell Erweiterung (d.h. q 2 ≠ 0, p 2 ,p ′2 ≠ m 2 ) <strong>von</strong> Γ µ 0<br />

definieren:<br />

∫<br />

(−1) d 4 xd 4 z 1 d 4 z 2 e iqx+ip′ z 1 −ipz 2<br />

∂ µ (x) 〈Ω|T( j µ 0 (x)ψ 0α(z 1 ) ¯ψ 0β (z 2 ) ) |Ω〉<br />

≡ (2π) 4 δ (4)( q + p ′ − p ) (−iq µ ) Sαα 0 ′(p′ ) ̂Γ µ 0 α ′ β<br />

(p ′ ,p)S 0 ′ β ′ β (p), (5.163)<br />

mit S 0 der vollen (unrenormierten) Elektron-Zweipunktfunktion. Diagrammatisch<br />

bedeutet (5.163):<br />

q<br />

̂Γ<br />

p p ′<br />

241


Eine störungstheoretische Entwicklung <strong>von</strong> ˆΓ µ 0 führt auf<br />

j µ + ... .<br />

̂Γ =<br />

j µ +<br />

j µ +<br />

Bis auf das letzte Diagramm stimmt das durch (5.163) definierte Objekt<br />

̂Γ µ 0 mit der gesuchten Vertex-Funktion überein, allerdings verallgemeinert<br />

auf den Fall p 2 ,p ′2 ≠ m 2 . Das letzte Diagramm ist jedoch proportional zu<br />

q 2 g µν −q µ q ν (vgl. (5.134)) <strong>und</strong> fällt bei der Multiplikation mit q µ heraus. Dies<br />

gilt für alle Diagramme <strong>die</strong>ses Typs. Die Identifikation <strong>von</strong> ̂Γ µ 0 in (5.163) mit<br />

der Vertex-Funktion Γ µ 0 gilt also nur für q µ̂Γ µ 0 . Nur <strong>die</strong>s wird im Folgenden<br />

benötigt.<br />

Um <strong>die</strong> in (5.163) auftretende Dreipunktfunktion in Beziehung zur Zweipunkt-Funktion<br />

des Fermionfeldes zu setzen verwenden wir nun <strong>die</strong> Ward-<br />

Identität für den Strom (2.318) in der Form:<br />

∂ (x)<br />

µ 〈Ω|T( j µ 0 (x)ψ 0α(z 1 ) ¯ψ 0β (z 2 ) ) |Ω〉<br />

= δ (4) (x − z 1 ) 〈Ω|T ( ψ 0α (z 1 ) ¯ψ 0β (z 2 ) ) |Ω〉<br />

− δ (4) (x − z 2 ) 〈Ω|T ( ψ 0α (z 1 ) ¯ψ 0β (z 2 ) ) |Ω〉. (5.164)<br />

Wie in Kapitel 2.4 kann <strong>die</strong>se Ward-Identität auch direkt abgeleitet werden.<br />

Dazu verwendet man zunächst <strong>die</strong> Definition des zeitgeordneten Produkts<br />

<strong>und</strong> erhält<br />

∂ (x)<br />

µ 〈Ω|T ( j µ 0 (x)ψ 0(z 1 ) ¯ψ 0 (z 2 ) ) |Ω〉<br />

= ∂ (x)<br />

µ 〈Ω|( θ(x 0 − z 0 1 )θ(z0 1 − z0 2 )jµ ψ ¯ψ − θ(x 0 − z 0 2 )θ(z0 2 − z0 1 )jµ ¯ψψ<br />

+ θ(z 0 1 − x 0 )θ(x 0 − z 0 2)ψj µ ¯ψ − θ(z<br />

0<br />

2 − x 0 )θ(x 0 − z 0 1) ¯ψj µ ψ<br />

+ θ(z 0 1 − z 0 2)θ(z 0 2 − x 0 )ψ ¯ψj µ − θ(z 0 2 − z 0 1)θ(z 0 1 − x 0 ) ¯ψψj µ) |Ω〉<br />

(5.165)<br />

Da im Pfadintegral-Formalismus das T-Produkt immer als T ∗ -Produkt zu<br />

verstehen ist, kann man <strong>die</strong> Ableitung in den Vakuumerwartungswert hineinziehen.<br />

Berücksichtigt man zusätzlich <strong>die</strong> Erhaltung des Stromes, d.h.<br />

∂ µ j µ = 0, so folgt<br />

∂ (x)<br />

µ 〈Ω|T( j µ 0 (x)ψ 0(z 1 ) ¯ψ 0 (z 2 ) ) |Ω〉<br />

242


= δ(x 0 − z 0 1) 〈Ω| ( θ(z 0 1 − z 0 2)j 0 ψ ¯ψ − θ(x 0 − z 0 2)ψj 0 ¯ψ − θ(z<br />

0<br />

2 − x 0 ) ¯ψj 0 ψ<br />

+ θ(z 0 2 − z 0 1) ¯ψψj 0) |Ω〉 + δ(x 0 − z 0 2) 〈Ω| ( − θ(z 0 2 − z 0 1)j 0 ¯ψψ<br />

+ θ(z 0 1 − x 0 )ψj 0 ¯ψ + θ(x 0 − z 0 1) ¯ψj 0 ψ − θ(z 0 1 − z 0 2)ψ ¯ψj 0) |Ω〉<br />

= δ(x 0 − z 0 1 ) 〈Ω|T([ j 0 (x),ψ(z 1 ) ] ¯ψ(z2 ) ) |Ω〉<br />

+ δ(x 0 − z 0 2 ) 〈Ω|T( ψ(z 1 ) [ j 0 (x), ¯ψ(z 2 ) ]) |Ω〉. (5.166)<br />

Die auftretenden Kommutatoren kann man mit Hilfe der kanonischen Antivertauschungsregeln<br />

berechnen <strong>und</strong> erhält z.B. [ j 0 (x),ψ(z i ) ] = −i ·iδ (3) (⃗x −<br />

⃗z i )ψ(z i ). Somit ist <strong>die</strong> Ward-Identität (5.164) verifiziert.<br />

Nun bilden wir <strong>die</strong> Fourier-Transformation der Ward-Identität (5.164). Nach<br />

Elimination einer Integration durch <strong>die</strong> δ-Funktionen auf der rechten Seite<br />

der Gleichung, liefern <strong>die</strong> verbleibenden Integrationen gerade <strong>die</strong> Fourier-<br />

Transformierte der Zweipunktfunktion, d.h.<br />

∫<br />

(−1) d 4 xd 4 z 1 d 4 z 2 e iqx+ip′ z 1 −ipz 2<br />

δ (4) (x − z 1 ) 〈Ω|T ( ψ 0 (z 1 ) ¯ψ 0 (z 2 ) ) |Ω〉<br />

∫<br />

= (−1)<br />

d 4 z 1 d 4 z 2 e i(q+p′ )z 1 −ipz 2<br />

〈Ω|T ( ψ 0 (z 1 ) ¯ψ 0 (z 2 ) ) |Ω〉<br />

= (−1)(2π) 4 δ (4) (q + p ′ − p)S 0 (p) (5.167)<br />

Auf der linken Seite <strong>von</strong> (5.164) integrieren wir zunächst partiell <strong>und</strong> verwenden<br />

anschließend <strong>die</strong> Definition (5.163), so dass wir das folgende Resultat<br />

erhalten:<br />

(2π) 4 δ (4) (q + p ′ − p)(−iq µ ) S 0 (p ′ )Γ µ 0 (p′ ,p)S 0 (p)<br />

= (2π) 4 δ (4) (q + p ′ − p)(−1) ( S 0 (p) − S 0 (p ′ ) ) . (5.168)<br />

Multiplikation mit dem Inversen der Fermionpropagatoren liefert<br />

(<br />

p ′ − p ) µ Γµ 0 (p′ ,p) = iS 0 (p ′ ) −1 − iS 0 (p) −1 . (5.169)<br />

Dies ist eine völlig allgemeine Relation zwischen den vollen Fermionpropagatoren<br />

<strong>und</strong> der off-shell Vertex-Funktion. Wir benötigen (5.169) jedoch für<br />

den Fall der speziellen kinematische Konfiguration p ′ → p <strong>und</strong> p 2 = p ′2 =<br />

m 2 . Dazu entwickeln wir <strong>die</strong> rechte Seite in p ′ um p <strong>und</strong> vergleichen <strong>die</strong><br />

Terme proportional zu (p ′ − p) µ . Dies ergibt:<br />

Γ µ 0 (p,p) = i ∂<br />

∂p µ<br />

S 0 (p) −1 . (5.170)<br />

243


Im Grenzwert p 2 → m 2 ist der Propagator <strong>von</strong> der Form<br />

S 0 (p)<br />

−→<br />

iZ 2<br />

+ [nicht singuläre Terme] (5.171)<br />

̸p − m + iε<br />

<strong>und</strong> Γ µ 0 geht in <strong>die</strong> on-shell Vertex-Funktion (5.157) über. Da der F 2-Term<br />

für p ′ → p verschwindet, folgt letztlich<br />

γ µ F 0 1 (0,m) = 1 Z 2<br />

Damit ist der gesuchte Zusammenhang gezeigt.<br />

∂<br />

∂p µ<br />

(̸p − m) = 1 Z 2<br />

γ µ . (5.172)<br />

Dies schließt <strong>die</strong> Diskussion der Renormierungskonstanten in der QED ab.<br />

Im folgenden Abschnitt 5.2.3 wollen wir einen Effekt diskutieren, der mit<br />

der Vertexfunktion verknüpft ist.<br />

✷<br />

Definition des verbesserten elektromagnetischen Stroms<br />

Wir präzisieren zunächst den im Anschluss an (5.163) erwähnten Unterschied<br />

zwischen dem durch (5.163) definierten ̂Γ µ 0 αβ<br />

<strong>und</strong> der off-shell Erweiterung<br />

(q 2 ≠ 0; p 2 , p ′2 ≠ m 2 ) der in (5.144) definierten Vertex-Funktion.<br />

Diagrammatisch können wir ̂Γ µ 0 wie folgt darstellen:<br />

1PI<br />

j µ 0<br />

̂Γ<br />

p p ′<br />

q<br />

= Γ +<br />

∞∑<br />

n=1<br />

1<br />

ie 0<br />

·<br />

1PI<br />

.<br />

Γ<br />

wobei 1PI = iΠ (0)µν <strong>die</strong> in Kapitel 5.2.1 diskutierte Photonvakuumpolarisation<br />

bezeichnet. Die zweite Klasse <strong>von</strong> Diagrammen auf der rechten Seite<br />

244


enthält Diagramme vom Typ des letzten Diagramms in der Diskussion nach<br />

(5.163). Völlig analog zur Behandlung des Photonpropagators können <strong>die</strong><br />

1PI-Einsetzungen aufsummiert werden. Man erhält<br />

[ ] (<br />

̂Γ µ 0 = Γµ 0 + 1<br />

1 − Π 0 (q 2 ) − 1 g µν − qµ q ν )<br />

q 2 Γ ν0 . (5.173)<br />

Offensichtlich gilt q µ̂Γµ 0 = q µΓ µ 0 , was bei der Ableitung der Ward-Identität<br />

(5.159) verwendet wurde. Π 0 (q 2 ) wird durch (5.129) definiert.<br />

Die Gleichung (5.173) offenbart ein Problem mit der Definition der zu j µ 0 (x)<br />

gehörenden Noether-Ladung. Um <strong>die</strong>s zu sehen, betrachten wir <strong>die</strong> mit<br />

(5.163) eng verwandte Größe<br />

∫<br />

[ ]<br />

d 4 x e iqx 〈e − (p ′ ,s ′ )| − j µ 0 (x) |e − (p,s)〉<br />

= (2π) 4 δ (4)( q + p ′ − p ) Z 2 ū(p ′ ,s ′ ) ̂Γ µ 0 u(p,s), (5.174)<br />

wobei ̂Γ µ 0 nun bei q2 ≠ 0, aber p 2 = p ′2 = m 2 ausgewertet wird. Für on-shell<br />

Elektronen gilt q µ Γ µ 0 = 0, so dass<br />

[ ])<br />

̂Γ µ 0<br />

(1 = 1<br />

+<br />

1 − Π 0 (q 2 ) − 1 Γ µ 0 (p 2 = p ′ 2 = m 2 ). (5.175)<br />

Der Operator −j0 0(x) = ( ¯ψγ 0 ψ)(x) ohne den Ladungsfaktor ist gerade der<br />

Elektrondichteoperator (ein Positron hat negative Elektronzahl). Der Elektronzahloperator<br />

ist ∫<br />

Q = d 3 ⃗x ( −j0 0 (x)) . (5.176)<br />

Q ist eine erhaltene Noether-Ladung. Die Elektronzahl eines Einelektronzustands<br />

muss – unabhängig <strong>von</strong> der Renormierung – Eins betragen. Die<br />

Rechnung ergibt (bei x 0 = 0)<br />

∫ dq<br />

〈e − (p,s)|Q|e − 0<br />

∫<br />

[ ]<br />

(p,s)〉 = lim d 4 x e iqx 〈e − (p ′ ,s)| − j 0<br />

q→0 2π<br />

0(x) |e − (p,s)〉<br />

∫<br />

(5.174) dq<br />

0<br />

= lim<br />

q→0 2π (2π)4 δ (4)( q + p ′ − p ) Z 2 ū(p ′ ,s) ̂Γ 0 0 u(p,s)<br />

= (2π) 3 δ (3) (0) Z 2 F 0 1 (q 2 = 0)ū(p ′ ,s)γ 0 u(p,s)<br />

245<br />

( [ ])<br />

1<br />

1 +<br />

1 − Π 0 (0) − 1 ,<br />

(5.177)


wobei ū(p ′ ,s)γ 0 u(p,s) = 2p 0 <strong>und</strong> Z 2 F 0 1 (q2 = 0) = 1, aufgr<strong>und</strong> der Ward-<br />

Identität. Insbesondere findet man aber<br />

〈e − (p,s)|Q|e − (p,s)〉 ≠ (2π) 3 δ (3) (0) 2p 0 = 〈e − (p,s)|e − (p,s)〉. (5.178)<br />

Nicht nur ist der Eigenwert <strong>von</strong> Q ungleich Eins, er ist sogar divergent, da<br />

Π 0 (0) divergent ist.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle sei daran erinnert, dass man zu einem Noether-Strom immer<br />

<strong>die</strong> Divergenz eines antisymmetrischen Tensors ad<strong>die</strong>ren kann, ohne <strong>die</strong> Stromerhaltung<br />

zu verletzen. Da<strong>von</strong> haben wir in Kapitel 1.4 bei der Konstruktion<br />

des symmetrischen Energie-Impuls-Tensors Gebrauch gemacht. Wir definieren<br />

also den verbesserten Noether-Strom<br />

−J µ 0 ≡ −jµ 0 + A∂ νF νµ<br />

0 , (5.179)<br />

worin F µν<br />

0 den unrenormierten elektromagnetischen Feldstärketensor bezeichnet<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Konstante A im Folgenden bestimmt wird.<br />

Berechnet man jetzt <strong>die</strong> Green-Funktion (5.163) mit J µ 0 statt jµ 0 , erhält man<br />

eine zusätzliche Klasse <strong>von</strong> Diagrammen, nämlich<br />

q<br />

Γ<br />

p p ′<br />

welche den vollen Photonpropagator (5.131) enthält <strong>und</strong> den neuen Vertex<br />

q<br />

µ ν<br />

= (−A)(q 2 g µν − q µ q ν ). (5.180)<br />

Der zusätzliche Beitrag zu ̂Γ µ 0 ist leicht berechnet. Statt (5.173) ergibt sich<br />

̂Γ µ 0 = Γµ 0 + Π 0(q 2 ) − e 0 A<br />

(g µν<br />

1 − Π 0 (q 2 − qµ q ν )<br />

) q 2 Γ ν0 . (5.181)<br />

Entsprechend erhält man in (5.175) <strong>und</strong> (5.177)<br />

1<br />

1 − Π 0 (q 2 ) − 1 −→ Π 0(q 2 ) − e 0 A<br />

1 − Π 0 (q 2 . (5.182)<br />

)<br />

246


Der verbesserte Noether-Strom J µ 0 liefert also <strong>die</strong> korrekte Elektronzahl,<br />

wenn <strong>die</strong> Konstante<br />

A = Π 0(0)<br />

(5.183)<br />

e 0<br />

gewählt wird, d.h.<br />

Man beachte, dass<br />

−J µ 0 = −jµ 0 + Π 0(0)<br />

e 0<br />

∂ ν F νµ<br />

0 . (5.184)<br />

e 0 = 1 √<br />

Z3<br />

e, (5.185)<br />

1<br />

1 − Π 0 (q 2 ) = Z 3<br />

1 − Π(q 2 ) , (5.186)<br />

wobei Π(q 2 ) <strong>die</strong> renormierte Photonvakuumpolarisation ist. (Die letzte Gleichung<br />

folgt aus der Reskalierung der Photon-Zweipunktfunktion mit Z 3 ).<br />

Damit kann Π 0(0)<br />

e 0<br />

durch renormierte Größen <strong>und</strong> Z 3 ausgedrückt werden.<br />

5.2.3 Das anomale magnetische Moment<br />

Eng mit dem magnetischen Moment eines Teilchens ist der sogenannte g-<br />

Faktor verb<strong>und</strong>en. Der g-Faktor des Elektrons nimmt nicht exakt den Wert<br />

2 an, wie er aus der Betrachtung der Dirac-Gleichung folgt, sondern erfährt<br />

Korrekturen durch Schleifendiagramme. Diese Korrekturen, <strong>die</strong> man auch<br />

als das anomale magnetische Moment des Elektrons bezeichnet, wollen wir<br />

im Folgenden in der Einschleifenordnung berechnen.<br />

Um den Zusammenhang mit dem bisher Gesagten herzustellen, betrachten<br />

wir nochmals das Matrixelement (5.143) ausdrückt durch <strong>die</strong> renormierten<br />

Größen. Mit √ Z 3 e 0 = e erhält man<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )γ(q,λ); out|e − (p,s); in〉<br />

= (2π) 4 δ (4)( p ′ + q − p ) ieū(p ′ ,s ′ )Z 2 Γ µ 0 (p′ ,p)u(p,s) · ε ∗ µ(q,λ).<br />

(5.187)<br />

Wir definieren Γ µ (p ′ ,p) ≡ Z 2 Γ µ 0 (p′ ,p) als <strong>die</strong> renormierte Vertexfunktion.<br />

Verallgemeinert man Γ µ nun wieder auf off-shell Photonen q 2 ≠ 0 (aber<br />

247


weiterhin p 2 = p ′2 = m 2 ), dann können wir Γ µ genau wie <strong>die</strong> unrenormierte<br />

Vertexfunktion wie folgt zerlegen:<br />

Γ µ (p ′ ,p) = γ µ F 1 (q 2 ,m) + iσµν (p ′ − p) ν<br />

2m<br />

Wie wir oben gezeigt haben, ist<br />

F 2 (q 2 ,m). (5.188)<br />

F 1 (q 2 = 0,m) = Z 2 F 0 1 (q 2 = 0,m) = 1 (5.189)<br />

zu allen Ordnungen in der Feinstrukturkonstanten α. Im Allgemeinen erhält<br />

man für q 2 ≠ 0 jedoch eine Korrektur, d.h.<br />

F 1 (q 2 ,m) ≡ Z 2 F 0 1 (q2 ,m) = 1 + O(α), (5.190)<br />

F 2 (q 2 ,m) ≡ Z 2 F 0 2 (q2 ,m) = O(α) (5.191)<br />

da der Vertex in niedrigster Ordnung gerade γ µ ist.<br />

Im Folgenden wollen wir zeigen, dass F 2 für q 2 = 0 gerade das anomale<br />

magnetische Moment eines Fermions liefert. Experimentell kann man das<br />

magnetische Moment eines Elektrons oder Muons beispielsweise bestimmen,<br />

indem man <strong>die</strong> Spin-Präzession, welche mit dem magnetischen Moment verknüpft<br />

ist, in einem äußeren Magnetfeld misst. Da es sich bei dem äußeren<br />

Feld typischerweise um ein makroskopisches Feld mit kleiner Frequenz handelt,<br />

wird <strong>die</strong> Kopplung des Elektrons an ein klassisches elektromagnetisches<br />

Feld betrachtet. Auf dem Niveau der Lagrange-Dichte bedeutet <strong>die</strong>s, dass<br />

wir einen zusätzlichen Wechselwirkungsterm der Form<br />

L int = −eJ µ 0 A µ cl = e ¯ψ 0 ̸A cl ψ 0 + ... (5.192)<br />

zur üblichen QED-Lagrange-Dichte ad<strong>die</strong>ren müssen, wobei ̸A cl als nicht<br />

quantisiert aufgefasst wird. Wegen e 0 A µ 0 = eAµ tritt hier <strong>die</strong> renormierte<br />

Kopplung an das klassische Feld im on-shell Schema auf. J µ 0 ist der oben<br />

diskutierte verbesserte elektromagnetische Strom.<br />

Da (5.187) <strong>die</strong> Streuung an einem quantisierten Photon beschreibt, betrachten<br />

wir stattdessen das Matrixelement<br />

∫<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )|H int |e − (p,s)〉 = e d 3 ⃗x 〈e − (p ′ ,s ′ )|J µ 0 (x) |e− (p,s)〉A µ cl (x),<br />

(5.193)<br />

248


wobei H int = ∫ d 3 ⃗x (−L int ). Wir nehmen an, dass A cl zeitunabhängig ist, so<br />

dass wir A cl mittels Fourier-Transformation wie folgt darstellen können:<br />

∫<br />

A µ cl (⃗x) =<br />

d 3 ∫<br />

⃗q<br />

e−i⃗q·⃗x<br />

(2π) 3 Ã µ cl (⃗q) =<br />

dx 0 ∫<br />

d 4 q<br />

(2π) 4 eiqx à µ cl (⃗q). (5.194)<br />

Der letzte Ausdruck enthält zwei red<strong>und</strong>ante Integrationen, da <strong>die</strong> δ-Funktion,<br />

<strong>die</strong> aus der q 0 -Integration resultiert, gerade durch <strong>die</strong> x 0 -Integration<br />

eliminiert wird. Einsetzen <strong>von</strong> (5.194) in (5.193) liefert dann<br />

∫<br />

e<br />

d 4 ∫<br />

q<br />

(2π) 4 õ cl(⃗q)<br />

∫<br />

= −e<br />

d 4 x e iqx 〈e − (p ′ ,s ′ )|J µ 0 (x) |e− (p,s)〉<br />

d 4 q<br />

(2π) 4 õ cl(⃗q)(2π) 4 δ (4)( p ′ + q − p ) 1<br />

1 − Π(q 2 )<br />

× ū(p ′ ,s ′ )Z 2 Γ µ 0 (p′ ,p)u(p,s), (5.195)<br />

wobei wir das Matrixelement unter Verwendung <strong>von</strong> (5.174), (5.175) <strong>und</strong><br />

1<br />

(5.177) ausgewertet haben. Der zusätzliche Faktor ergibt sich aus<br />

1−Π(q 2 )<br />

1 + Π 0(q 2 ) − Π 0 (0)<br />

1 − Π 0 (q 2 )<br />

= 1 − Π 0(0)<br />

1 − Π 0 (q 2 ) = 1 − Π(0)<br />

1 − Π(q 2 ) = 1<br />

1 − Π(q 2 ) , (5.196)<br />

da <strong>die</strong> renormierte Photonvakuumpolarisation im on-shell Schema bei q 2 = 0<br />

verschwindet, vgl (5.139).<br />

Weiter nehmen wir an, dass für den Impulsübertrag ⃗q gilt |⃗q | ≪ m. Dies<br />

bedeutet, dass das externe Feld räumlich im Vergleich zur Compton-Wellenlänge<br />

des Elektrons langsam variiert. Außerdem gehen wir <strong>von</strong> nichtrelativistischen<br />

Elektronen aus, d.h. |⃗p |, |⃗p ′ | ≪ m.<br />

Unter <strong>die</strong>sen Voraussetzungen, <strong>die</strong> bei Experimenten zur Messung des magnetischen<br />

Moments üblicherweise erfüllt sind, können <strong>die</strong> in (5.195) auftretenden<br />

Objekte nicht-relativistisch entwickelt werden. Dazu benötigen wir<br />

<strong>die</strong> folgenden expliziten Ausdrücke der Spinoren:<br />

u(p,s) =<br />

̸p + m<br />

√ u(0,s), (5.197)<br />

2m(p 0 + m)<br />

mit<br />

u(0,s) =<br />

( )<br />

ξs<br />

, ξ1<br />

ξ s 2<br />

( ) 1<br />

=<br />

0<br />

, ξ −<br />

1<br />

2<br />

=<br />

( 0<br />

1<br />

)<br />

. (5.198)<br />

249


0½<br />

Da nun Zweier-Spinoren auftreten, muss man auch <strong>die</strong> explizite Form der<br />

γ-Matrizen verwenden. Diese lauten wie folgt:<br />

( ) ( )<br />

γ 0 = , γ i 0 σ<br />

i<br />

=<br />

½0<br />

−σ i , (5.199)<br />

0<br />

mit den Pauli-Matrizen σ i . Des weiteren benötigt man <strong>die</strong> folgenden Objekte:<br />

( ) ( ) (<br />

σ i0 σ<br />

i<br />

0<br />

= i<br />

0 −σ i , σ ij = ǫ ijk σ<br />

k<br />

0<br />

0 σ k , γ j γ i σ<br />

= −<br />

j σ i )<br />

0<br />

0 σ j σ i .<br />

(5.200)<br />

Mit der Zerlegung (5.188) <strong>von</strong> Γ µ treten in (5.195) zwei Strukturen auf, <strong>die</strong><br />

wir bis zur ersten Ordnung in q µ entwickeln. Für den F 2 -Term erhält man<br />

ū(p ′ ,s ′ ) −iσiν q ν<br />

2m<br />

u(p,s)<br />

≈ m<br />

(ξ † s<br />

,ξ † ′ s<br />

)γ 0 1 + γ0 (−iσ iν q ν ) 1 + γ 0<br />

′<br />

2 2m 2<br />

( )<br />

= m ξ † s<br />

,ξ † (−i)σ iν ( )<br />

q ν ξs<br />

′ s ′ 2m ξ s<br />

Analoge Überlegungen liefern für den F 1 -Term<br />

(<br />

ξs<br />

ξ s<br />

)<br />

= 2m ξ † s ′ iǫ ijk q j σ k<br />

2m ξ s . (5.201)<br />

ū(p ′ ,s ′ )γ i u(p,s) ≈<br />

1<br />

√<br />

2m(p ′0 + m)<br />

1<br />

√<br />

2m(p 0 + m) · m<br />

)<br />

×<br />

(ξ [ † s<br />

,ξ † ′ s<br />

γ 0 m(1 + γ 0 )γ i m(1 + γ 0 ) + (−p ′ j )γ j γ i m(1 + γ 0 )<br />

′<br />

] ( )<br />

+ m(1 + γ 0 )γ i γ j (−p j ) + O(p 2 ξ<br />

) s<br />

ξ s<br />

≈ 1 ( ) [ (<br />

ξ †<br />

2<br />

s<br />

,ξ † ′ s<br />

p ′ j σ j σ i ) (<br />

0<br />

′<br />

0 σ j σ i + p j σ i σ j )]( )<br />

0 ξs<br />

0 σ i σ j ξ s<br />

= 2m ξ † s ′ [ (p + p ′ ) i<br />

2m<br />

+ iǫijk q i σ k<br />

2m<br />

]<br />

ξ s , (5.202)<br />

wobei wir <strong>die</strong> Relationen<br />

σ i σ j = δ ij + iǫ ijk σ k ,<br />

(<br />

iǫ jik p ′ j + iǫ ijk p j) σ k = iǫ ijk q j σ k (5.203)<br />

250


verwendet haben.<br />

Da wir <strong>von</strong> einem externen Magnetfeld ausgehen, muss <strong>die</strong> Nullkomponente<br />

des Vektorpotentials verschwinden, d.h. Ã 0 cl<br />

≡ 0. Mit (5.201) <strong>und</strong> (5.202)<br />

erhält man also <strong>die</strong> folgende nicht-relativistischen Näherung für das Matrixelement<br />

(5.195):<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )|H int |e − (p,s)〉<br />

∫ d 4 q<br />

= e<br />

(2π) 4 Ãi cl (⃗q)ū(p′ ,s ′ )Γ i (p ′ ,p)u(p,s)(2π) 4 δ (4)( p ′ + q − p )<br />

∫ d 4 q<br />

≈ e<br />

(2π) 4 (2π)4 δ (4)( p ′ + q − p ) [<br />

2m ξ † (p + p ′ ) i<br />

s ′ 2m F 1(0)<br />

+ iǫijk q j σ k<br />

]<br />

2m (F 1(0) + F 2 (0)) ξ s · Ãi cl (⃗q). (5.204)<br />

1<br />

Der Faktor<br />

1−Π(q 2 ) kann in <strong>die</strong>ser Näherung (q2 → 0) zu Eins gesetzt werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Ward-Identität ist F 1 (0,m) = 1 zu allen Ordnungen in α. Die<br />

Struktur ǫ ijk q j à i cl kann man mit dem Magnetfeld B ⃗ identifizieren, denn<br />

∫<br />

B i = ǫ ijk ∇ j A k ⇒ ˜B i = d 4 x e i⃗q·⃗x ǫ ijk ∇ j A k = −iǫ ijk q j à k . (5.205)<br />

Damit erhalten wir das Resultat<br />

〈e − (p ′ ,s ′ )|H int |e − (p,s)〉<br />

[<br />

= 2m ξ † (⃗p + ⃗p ′ )e ⃗ ]<br />

A cl (⃗p − ⃗p ′ )<br />

s<br />

+ e<br />

′<br />

2m 2m · 2(1 + F 2(0)) ⃗σ 2 · ⃗B cl (⃗p − ⃗p ′ ) ξ s .<br />

(5.206)<br />

Dies ist gerade <strong>die</strong> Wechselwirkung eines Elektrons mit einem magnetischen<br />

Feld, wie sie in der nicht-relativistischen Quantenmechanik auftritt. Der erste<br />

Term entspricht der nicht-relativistischen Dipolwechselwirkung aus<br />

(<br />

⃗P + e ⃗ Acl<br />

) 2<br />

2m<br />

. (5.207)<br />

Man beachte, dass <strong>die</strong> Dipol-Kopplung wegen F 1 (0) = 1 nicht durch Quantenfluktuationen<br />

modifiziert wird. Der zweite Term in (5.206) entspricht der<br />

Wechselwirkung −⃗µ · ⃗B mit dem magnetischen Moment<br />

⃗µ = − e<br />

2m · 2(1 + F 2(0)) · ⃗σ 2 . (5.208)<br />

251


Für den Landé-Faktor des Elektrons liest man ab<br />

g = 2(1 + F 2 (0)). (5.209)<br />

Gegenüber dem Resultat der Dirac-Theorie (g = 2), erfährt also <strong>die</strong> Spinwechselwirkung<br />

eine Korrektur durch Quantenfluktuationen. Man bezeichnet<br />

g − 2 = 2F 2 (0) als das anomale magnetische Moment.<br />

<strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> F 2 (0) zur Ordnung α<br />

In der Ordnung α sind zur <strong>Berechnung</strong> der Vertex-Funktion folgende Diagramme<br />

zu berücksichtigen:<br />

p − k p ′ − k<br />

+<br />

→<br />

p p ′ k<br />

Der Gegenterm ist <strong>von</strong> der Struktur ie(Z e<br />

√<br />

Z3 Z 2 − 1)γ µ <strong>und</strong> trägt deshalb<br />

nur zu F 1 bei. Da es aber im Folgenden das Ziel sein wird, F 2 zu berechnen,<br />

werden wir alle Terme, <strong>die</strong> proportional zu γ µ sind, stets weglassen, weil<br />

<strong>die</strong>se keinen Betrag zu F 2 liefern. Um <strong>die</strong>s in den folgenden Rechnungen zu<br />

verdeutlichen führen wir das Symbol “∼” mit der Bedeutung “gleich bis auf<br />

Terme, <strong>die</strong> nicht zu F 2 beitragen” ein.<br />

Aus der Struktur des Gegenterms können wir also schließen, dass der Beitrag<br />

des obigen Diagramms zu F 2 divergenzfrei ist <strong>und</strong> somit keiner Regularisierung<br />

bedarf.<br />

Unter Verwendung der bekannten Feynman-Regeln erhält man für das Diagramm<br />

den folgenden Ausdruck<br />

(ie) 2 ∫<br />

d 4 k ū(p ′ ,s ′ )γ ν i(̸p ′ − ̸k + m)γ µ i(̸p− ̸k + m)γ ρ u(p,s)<br />

(2π) 4 [(p ′ − k) 2 − m 2 + iε] [(p − k) 2 − m 2 + iε]<br />

× (−i)<br />

k 2 + iε<br />

(<br />

g νρ − (1 − ξ) k )<br />

νk ρ<br />

k 2 . (5.210)<br />

252


Der Term proportional zu k ν k ρ ergibt keinen Beitrag zu F 2 . Da <strong>die</strong> äußeren<br />

Linien on-shell sind, gilt (̸p − m)u(p,s) = 0, <strong>und</strong> wir können beispielsweise<br />

schreiben<br />

(̸p − ̸k + m)̸k u(p,s) = (̸p − ̸k + m) (−[̸p −̸k] + m) u(p,s)<br />

= ( −(̸p −̸k) 2 + m 2) u(p,s) = ( −(p − k) 2 + m 2) u(p,s). (5.211)<br />

Analog kann man mit k ν verfahren, so dass nur γ µ übrig bleibt. Im nächsten<br />

Schritt vertauschen wir γ ν mit ̸p ′ bzw. γ ν mit ̸p <strong>und</strong> erhalten<br />

∫ d<br />

∼ −ie 2 4 k 1 ū(p ′ ,s ′ )(2p ′ν − γ ν̸k)γ µ (2p ν − ̸kγ ν ) u(p,s)<br />

(2π) 4 k 2 + iε [(p ′ − k) 2 − m 2 + iε] [(p − k) 2 − m 2 + iε] .<br />

(5.212)<br />

Nun verwenden wir <strong>die</strong> on-shell Bedingungen p 2 = m 2 bzw. p ′2 = m 2 , um<br />

den Nenner wie folgt zu vereinfachen:<br />

(p − k) 2 − m 2 = p 2 − 2p · k + k 2 − m 2 = −2p · k + k 2 (5.213)<br />

<strong>und</strong> entsprechend für den anderen Faktor. Die Einführung <strong>von</strong> Feynman-<br />

Parameter führt dann auf den folgenden Ausdruck:<br />

(5.212) = −2ie 2 ∫ 1<br />

0<br />

∫<br />

dxdy x<br />

d 4 k<br />

(2π) 4<br />

× ū(p′ ,s ′ )(2p ′ν − γ ν̸k) γ µ (2p ν − ̸kγ ν ) u(p,s)<br />

(xy(k 2 − 2p · k) + xȳ(k 2 − 2p ′ · k) + ¯xk 2 ) 3 . (5.214)<br />

Im Nenner ergänzen wir zunächst quadratisch <strong>und</strong> verwenden anschließend<br />

−2p · p ′ = q 2 − 2m 2 , so dass<br />

k 2 − 2xy p · k − 2xȳp ′ · k<br />

= (k − xyp − xȳp ′ ) 2 − (xy) 2 m 2 − (xȳ) 2 m 2 − 2x 2 yȳp · p ′<br />

= (k − xyp − xȳp ′ ) 2 + x 2 yȳ q 2 − x 2 (y + ȳ) 2 m 2 (5.215)<br />

Nach der Variablentransformation k → k + xyp + xȳp ′ nimmt das Schleifenintegral<br />

<strong>die</strong> folgende Form am:<br />

∫ 1 ∫<br />

(5.214) = −2ie 2 dxdy x<br />

0<br />

d 4 k ū(p ′ ,s ′ )(2p ′ν − γ ν (̸k + xy̸p + xȳ̸p ′ ))<br />

(2π) 4 (k 2 + x 2 yȳ q 2 − x 2 (y + ȳ) 2 m 2 ) 3<br />

× γ µ ( 2p ν − (̸k + xy̸p + xȳ̸p ′ )γ ν<br />

)<br />

u(p,s). (5.216)<br />

253


Unter Verwendung <strong>von</strong> (̸p −m)u(p,s) = 0 werden wir den Zähler nun systematisch<br />

vereinfachen. Auf <strong>die</strong>se Weise können wir <strong>die</strong> Zahl der γ-Matrizen<br />

in den einzelnen Ausdrücken reduzieren, so dass viele Terme proportional zu<br />

γ µ entstehen. Zusätzlich können wir alle Terme mit ungeraden Potenzen <strong>von</strong><br />

k weglassen, da <strong>die</strong>se bei der Integration verschwinden. Man erhält zunächst<br />

Zähler ∼ ( 2p ′ ν − γ ν (xy̸p + xȳ̸p ′ ) ) γ µ ( 2p ν − (xy̸p + xȳ̸p ′ )γ ν<br />

)<br />

− γν̸kγ µ̸kγ ν .<br />

(5.217)<br />

Nach der Integration über k muss der letzte Term proportional zur Metrik<br />

g ρσ sein, d.h. er ist <strong>von</strong> der Form<br />

γ ν γ ρ γ µ γ σ γ ν g ρσ ∝ γ ν γ ρ γ µ γ ρ γ ν ∝ γ µ , (5.218)<br />

<strong>und</strong> kann somit weggelassen werden. Weiter folgt<br />

Unter Verwendung <strong>von</strong><br />

Zähler ∼ 2̸p(xy̸p + xȳ̸p ′ )γ µ − 2γ µ (xy̸p + xȳ̸p ′ )̸p ′<br />

+ γ ν (xy̸p + xȳ̸p ′ )γ µ (xy̸p + xȳ̸p ′ )γ ν . (5.219)<br />

̸p̸p ′ γ µ = 2p · p ′ γ µ − ̸p ′̸p γ µ = 2p · p ′ γ µ − 2mp µ + m 2 γ µ ∼ −2mp µ , (5.220)<br />

was zwischen ū(p ′ ,s ′ )...u(p,s) gilt, erhält man<br />

Zähler ∼ 4mxȳp µ + 4mxyp ′ µ + (xy) 2 γ ν̸pγ µ̸pγ ν<br />

+ (xȳ) 2 γ ν̸p ′ γ µ̸p ′ γ ν + x 2 yȳ(γ ν̸pγ µ̸p ′ γ ν + γ ν̸p ′ γ µ̸pγ ν ). (5.221)<br />

Die verbleibenden Objekte betrachten wir separat:<br />

γ ν̸pγ µ̸pγ ν ∼ 2p 2 γ µ − mγ ν̸pγ µ γ ν ∼ −8mp µ + mγ ν γ µ̸pγ ν<br />

∼ −8mp µ + 2m̸pγ µ ∼ −4mp µ , (5.222)<br />

γ ν̸pγ µ ̸p ′ γ ν ∼ 2p µ γ ν̸p ′ γ ν − γ ν γ µ̸p̸p ′ γ ν ∼ −4mp µ + γ ν γ µ̸p ′̸pγ ν<br />

∼ −4mp µ − mγ ν γ µ̸p ′ γ ν + 2̸pγ µ̸p ′ + 2̸pγ µ̸p ′<br />

∼ −4mp µ − 8mp ′ µ + mγν̸p ′ γ µ γ ν + 4mp ′ µ − 2̸p̸pγ<br />

µ<br />

∼ −4mp µ − 4mp ′ µ + 2mγµ̸p ′ + 2m̸pγ µ<br />

∼ 0, (5.223)<br />

γ ν̸p ′ γ µ̸pγ ν ∼ 2̸p̸p ′ γ µ − mγ ν̸p ′ γ µ γ ν ∼ −2m̸pγ µ − 2mγ µ̸p ′<br />

254


∼ −4mp µ − 4mp ′ µ . (5.224)<br />

Somit folgt<br />

Zähler ∼ 4mp µ (xȳ − (xy) 2 − x 2 yȳ) + 4mp ′ µ (xy − (xȳ) 2 − x 2 yȳ)<br />

= 4mp µ (xȳ − x 2 y) + 4mp ′ µ (xy − x2ȳ). (5.225)<br />

Zerlegt man <strong>die</strong>s in einen Anteil proportional zu (p µ + p ′µ ) = P µ <strong>und</strong> einen<br />

Anteil proportional zu (p µ − p ′µ ) = q µ , so erhält man<br />

Zähler = 2mP µ (xȳ − x 2 y + xy − x 2 ȳ) + (q µ -Term)<br />

= 2mP µ x¯x + (q µ -Term). (5.226)<br />

Der Term proportional zu q µ verschwindet, wenn er mit ǫ µ multipliziert wird<br />

<strong>und</strong> trägt deshalb nicht zu F 2 bei. Unter Verwendung der Gordon-Identität<br />

(5.156) folgt<br />

Zähler ∼ (4m) 2 (−iσµν (p − p ′ ) ν )<br />

x¯x. (5.227)<br />

2m<br />

Damit nimmt das Resultat <strong>die</strong> Form<br />

∫ 1<br />

∫ d<br />

(5.216) = 2ie 2 4 k 4m 2 x¯xū(p ′ ,s ′ ) iσµν<br />

2m<br />

dxdy x<br />

(p′ − p) ν u(p,s)<br />

0 (2π) 4 (k 2 + x 2 yȳq 2 − x 2 m 2 ) 3 (5.228)<br />

an <strong>und</strong> wir erhalten<br />

∫ 1<br />

F 2 (q 2 = 0) = +2ie 2 dxdy x 2¯x4m ∫<br />

2<br />

0<br />

d 4 k<br />

(2π) 4 1<br />

(k 2 − x 2 m 2 ) 3 . (5.229)<br />

Das Integral über k ist <strong>von</strong> der Form A(3,x 2 m 2 ) (siehe Kap. 5.1), so dass<br />

F 2 (q 2 = 0) = − 2e2 Γ(1)<br />

(4π) 2 Γ(3)<br />

∫ 1<br />

0<br />

dxdy x2¯x · 4m 2<br />

−x 2 m 2 = 2 ·<br />

α<br />

4π · 1<br />

2 · 1<br />

2 · 4 = α 2π .<br />

(5.230)<br />

Für das anomale magnetische Moment des Elektrons erhält man also<br />

g − 2 = 2F 2 (0) = α π . (5.231)<br />

Dieses Resultat wurde erstmals 1948 <strong>von</strong> Julian Schwinger berechnet.<br />

Experimentell kann das anomale magnetische Moment sehr präzise bestimmt<br />

werden. Die Messungenauigkeit δ(g −2) beträgt für das Muon 10 −9 , für das<br />

255

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