STRASSENBAHN MAGAZIN Aus Berlin für Hessen und Baden (Vorschau)
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6/2014 | Juni € 8,50
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Europas größte Straßenbahn-Zeitschrift
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Die Gelenkwagen der
DWM/Waggon Union
Betriebe
Fahrzeuge
Geschichte
ST7/ST8, Darmstadt
GT8-70 C,
Karlsruhe
GT6-EP,
Karlsruhe
ST11/12/13,
Darmstadt
Aus Berlin für
Hessen und Baden
120 Jahre Tram in
der Bauhausstadt
Duisburgs Linie 901: Mit der
Tram durchs Montanrevier
Betriebsporträt Dessau:
Es begann mit Gasmotoren
Liberec – Jablonec: Gesicherte
Zukunft für Überlandstrecke
Die schönsten
Seiten der Bahn
Das
neue Heft
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Einsteigen, bitte …
Straßenbahn als
Wahlkampfthema?
Stimmen Sie ab
In Hamburg ist die Debatte um die Straßenbahn
zurück. Die CDU-Fraktion
stellte Ende Februar ein Konzept für den
Bau eines Stadtbahnnetzes mit knapp
100 Kilometern Länge für die Hansestadtvor.
Demnach könnten ausgehend von drei
Haupttrassen bis zum Jahr 2029 womöglich
17 (!) Linien eingerichtet werden. Sie würden
die Verkehrsprobleme im Bereich zwischen
Burgwedel bzw. Poppenbüttel im Norden
und Veddel bzw. Billstedt im Süden sowie
zwischen dem Elbeeinkaufszentrum im Westen
und der Sieker Landstraße im Osten
entschärfen und eine wichtige Ergänzung zu
Hochbahn und Busnetz darstellen.
Wir Nahverkehrsfreunde freuen uns über
solche Nachrichten und denken: „Schön,
haben es die Hamburger endlich auch begriffen!?“
Doch was für uns nur konsequent und
vernünftig erscheint, entpuppt sich auf den
zweiten Blick als politisches Wahlkampf -
thema im Vorfeld der Urnengänge 2014. Der
aktuell amtierende SPD-Bürgermeister Olaf
Sollte der Bau von Straßen- und Stadtbahnen ein Wahlkampf -
thema sein?
• Ja, das erhöht die Chance, ihren Bau zu verwirklichen.
• Nein, Wahlkampfversprechen werden fast nie umgesetzt.
• Ob Thema oder nicht, Wahlkämpfe und Absichtserklärungen spielen
für die Verwirklichung überhaupt keine Rolle.
Stimmen Sie online ab: www.strassenbahn-magazin.de
Scholz schließt den Bau von Stadtbahnen
seit vielen Jahren regelrecht stur aus. Andere
Parteien wittern hier Morgenluft. Und so
verkommt das wichtige Thema Stadt- bzw.
Straßenbahn zu einem politischen Machtspiel.
Meine Kollegen von der Boulevardpresse
überbieten sich in diesem Ränkespiel
in Parteilichkeit und Inkompetenz – gegen
Stadtbahnen. Unausgereifte Passagen im
CDU-Papier nehmen sie zum Anlass, alles
zu zerreden; teure, neue Hochbahnpläne
der SPD bejubeln sie hingegen.
Klar ist, dass der Finanzierungsspielraum
des ÖPNV begrenzt ist. Aber zwei Schienenverkehrsmittel
in einer Stadt prinzipiell auszuschließen,
nur um private Vorlieben auszuleben,
ist weder zeitgemäß noch den
Bürgern gegenüber verantwortbar. Zudem
Städte wie Berlin, München oder Köln beweisen,
dass gerade das Zusammenspiel von
S-/U-Bahnen mit Stadt-/Straßenbahnen und
dem Busverkehr den Bedarf optimal deckt.
Doch davon sind auch mehrere norddeutsche
CDU-Politiker leider bis heute
nicht überzeugt – im Gegenteil.
Und so lesen Hamburgs
Bündnisgrünen entsetzt in
der Presse die abfälligen
Wortmeldungen einzelner
CDU-Köpfe contra der Stadtbahnpläne.
Aber hat dieses
sensible Thema eine solche
„Schlammschlacht“ verdient?
Im Schatten der
Hochbahn stand die
Hamburger Straßenbahn
meist, bis sie
schließlich 1978
endgültig eingestellt
wurde. Ob die Bürger
und Parteien endlich
die Vorteile eines
Stadtbahnnetzes für
ihre Stadt erkennen?
LINDSAY BRIDGE
André
Marks
Verantwortlicher
Redakteur
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
3
Inhalt
Inhalt
TITEL
DWM-/WU-Gelenkwagen für Darmstadt und Karlsruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Betriebe
Jubilar mit „unjewöhnlicher“
Geschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
120 Jahre Dessauer Straßenbahn – Sie blickt in diesem Jahr auf eine
120-jährige Geschichte zurück – eröffnet im November 1894 als erste ausschließlich
mit Gasmotorwagen betriebene Straßenbahn der Welt, verkehrt
sie seit 1901 elektrisch. Eine Zeit voller Höhen und Tiefen …
Einmal durch Montanstadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Duisburgs Linie 901 im Porträt – Kaum eine andere Linie im Ruhrgebiet
durchfährt so viele völlig unter schiedliche Welten wie sie! Vom beschaulichen
Mülheim geht es auf wackeligen Pfaden durch den Duisburger
Hafen und vorbei an fast bedrohlichen Hochöfen, neben denen die Stadt
ganze Wohnviertel platt macht
TITEL
TITEL
Land im Tram-Baufieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Neubaustrecken in
Algerien – Nach der Stilllegung der letzten Algierer Straßenbahnlinie
(1.055 mm Spurweite) im Dezember 1959 war Algerien jahrzehntelang
straßenbahnfrei. Seit diesem Jahrzehnt gibt es aktuell wieder drei Betriebe
– und es sollen ein Dutzend folgen!
Auf schmaler Spur im Neißetal . . . . . . . . . . . . . 36
Der Meterspurbetrieb zwischen Liberec und Jablonec – Sie ist die
letzte 1.000-Millimeter-Straßenbahn in der Tschechi schen Republik – am
14. März 2014 verkehrte sie in bisheriger Form vorerst zum letzten Mal.
Nun beginnen auf zwei Abschnitten umfangreiche Modernisierungen und
Umbauten. Aber was wird dann ab 2015 anders sein?
TITEL
Titelmotiv
Werksaufnahme des Karlsruher
GT6-EP, der noch von DWM geliefert
wurde. Die GT8-EP baute
dann bereits die Waggon Union
GROSSES BILD: SLG. AXEL REUTHER;
KLEINE BILDER RECHTS: J. SCHRAMM (OBEN),
M. KOCHEMS (2); KL. BILDER UNTEN
V.L.N.R.: C. LÜCKER, S. HILKENBACH, T. ANDERS
RUBRIKEN
„Einsteigen, bitte ...“ . . . . . . 3
Bild des Monats . . . . . . . . . . 6
Journal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Nächster Halt . . . . . . . . . . . . 25
Einst & Jetzt . . . . . . . . . . . . . 62
Fundstück des Monats . . . . . 75
Forum, Impressum . . . . . . . . 80
Vorschau . . . . . . . . . . . . . . . 82
„Ende gut ...“ . . . . . . . . . . . 82
Das besondere Bild. . . . . . . . 83
4 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
120 Jahre Straßenbahn in Dessau 16 Duisburgs Linie 901 im großen Porträt 26
Die Fahrzeugentwicklung der Bonner Straßenbahn 56 Würzburgs Straßenbahn vor 20 Jahren 64
Fahrzeuge
STRASSENBAHN im Modell
TITEL
Von der Kopie zum Original . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
GT6 und GT8 der DWM/Waggon Union – Zwischen 1959 und 1990
entstanden in Berlin insgesamt 194 sechs- und achtachsige Gelenktriebwagen.
Fast drei Viertel davon kamen nach Karlsruhe und Darmstadt .
Odyssee durch Mitteldeutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Erfurts Tw 121 – Ein Gothawagen in Thüringen? Das klingt nicht ungewöhnlich
– wenn er allerdings am Rande der Rhön im südthüringischen
Schwallungen steht, dann doch!
Spiegelbild des Zeitgeistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Die Fahrzeuge der Bonner Straßenbahn – Über 40 Jahre waren von
1902 bis 1914 beschaffte Altbauwagen unverzichtbar – erst 1957 trafen
die ersten Neubaufahrzeuge in Bonn ein.
Tram fast ohne Worte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
„Schätze“ aus der Schublade: Oben-ohne-Beiwagen, unvollendete
Kartonmodelle, Rostocker Fundstücke und eine blinkende Westernbahn
Geschichte
Privatprojekt Bayerntram. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Die Würzburger Straßenbahn vor 20 Jahren – 1994 stand die Ablösung
der aus Hagen übernommenen Düwag-GT6 in Würzburg kurz bevor.
Auch ein norddeutscher Straßenbahnfreund besuchte aus diesem Grund die
Stadt. Doch was erlebte er damals? Und was hat sich seitdem geändert?
Kuriosa am Stadtrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Besonderheiten in Berlin-Heinersdorf – Seit 1911 ist die bis 1920
selbstständige Landgemeinde Heinersdorf an das Berliner Straßenbahnnetz
angeschlossen. Im Bereich des heute wieder zum Bezirk Pankow gehörenden
Ortsteiles gibt es dabei einige Sonderfälle in Geschichte und Betrieb
Technisches Kleinod zum
Toelleturm in Wuppertal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
120. Jubiläum der Barmer
Bergbahn – Am 16. April 1894
nahm sie als erste elektrische Zahnradbahn
Deutschlands den Betrieb
auf – die Bergbahn vom Barmer
Zentrum zum Toelleturm. Nach 65
Jahren musste sie ihren Dienst
quittieren – eine Erinnerung an
diese ungewöhnliche Straßenbahn
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
5
Bild des Monats
Bild des Monats
In der kroatischen Hauptstadt Zagreb bestimmen seit einigen
Jahren 140 vom Firmenkonsortium CROTRAM hergestellte fünfteilige
Niederflurwagen das Bild des Straßenbahnbetriebs. Am
18. März 2014 fotografierte Wolfgang Kaiser den Wagen 2284 im
Einsatz auf Linie 11 am zentralen Platz, der nach dem Volkshelden
und Ban (Vizekönig) Josip Jelacic (1801–1859) benannt ist. Das
ganz links erkennbare Reiterstandbild stammt aus dem Jahr 1866.
Der jugoslawische Staatspräsident Tito ließ es 1947 entfernen, nach
Ausrufung des unabhängigen Staates Kroatien haben es die Zagreber
1991 wieder aufgestellt. Den Platz passieren in Spitzenzeiten
stündlich bis zu 100 Wagen der Linien 1, 6, 11, 12, 13, 14 und 17.
6
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Bild des Monats
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014 7
Meldungen aus Deutschland,
aus der Industrie und aus aller Welt
Innerhalb Nordhausens sind die Combino Duo als ganz normale Straßenbahn unterwegs. Die Unterschiede werden
erst beim Systemwechsel am Bahnhof deutlich, wenn die Fahrt mit abgesenktem Stromabnehmer und brummendem
Dieselaggregat weitergeht (alle drei Aufnahmen vom 6. August 2013) RONALD GLEMBOTZKY (3)
ONLINE-UMFRAGE
Geteilte Meinungen
zu Streiks im ÖPNV
Im Heft 5/2014 fragten wir die
Leser, wie sie die aktuellen Streikmaßnahmen
im öffentlichen Dienst
und deren mögliche Folgen bewerten.
Von den drei möglichen Antworten
stimmten 51 Prozent der sich an der
Umfrage beteiligenden Leser dem
Standpunkt 1 zu: „Ich habe Verständnis
und akzeptiere Streiks selbst
dann, wenn sie so ausgeprägt sind,
dass über mehrere Tage keinerlei Busse
und Bahnen fahren.“
Der differenzierteren Antwortmöglichkeit
2 „Ich habe Verständnis für mit Bedacht
gesetzte Streikmaßnahmen. Das
Lahmlegen kompletter Netze über mehrere
Tage ist aber inakzeptabel“, pflichteten
5,4 Prozent der Leser bei. 43,6
Prozent der Teilnehmer erklärten hingegen,
für Streiks generell kein Verständnis
zu haben, weil sich ÖPNV-Nutzer dadurch
von den öffentlichen Verkehrsmitteln
dauerhaft abwenden könnten. SM
Erfolgsgeschichte am Harzrand
10 Jahre Nordhäuser Modell mit Combino Duo
Vor einem Jahrzehnt begann im Nahverkehr
zwischen Nordhausen und Ilfeld
ein neues Zeitalter. Mit der Verknüpfung
der bis dato getrennten meterspurigen
Netze von Nordhäuser Straßenbahn und
Harzquerbahn eröffneten sich neue Perspektiven
für Direktverbindungen auf
Schmalspurgleisen am südlichen Rand
des Harzes. Seit dem 1. Mai 2004 wird
das Nordhäuser Modell – in Ableitung
des Vorbildes „Karlsruher Modell“ – als
innovatives Gemeinschaftsprojekt des
Freistaats Thüringen, der Harzer Schmalspurbahnen
GmbH (HSB) und der Verkehrsbetriebe
Nordhausen GmbH (VBN)
mit dem durchgängigen Betrieb der Linie
10 mit Zweisystemfahrzeugen vom
Typ Combino Duo zwischen Nordhausen,
Südharz-Klinikum und Ilfeld, Neanderklinik
realisiert.
Der Freistaat Thüringen als Aufgabenträger
für den Schienenpersonennahverkehr
(SPNV) beauftragte die HSB mit der
Erbringung von SPNV-Leistungen zwischen
Nordhausen und Ilfeld. Die HSB
als Linieninhaberin hat wiederum die
VBN als Betreiber des Straßenbahnbetriebes
in Nordhausen beauftragt, den
ganzjährigen und durchgängigen Linienbetrieb
in der Region durchzuführen.
Damit garantieren die beteiligten Partner
umsteige- und barrierefreie Verbindungen
aus dem ländlichen Raum in
das Nordhäuser Stadtgebiet.
Kern des Verkehrskonzeptes ist ein
attraktiver Taktfahrplan mit einem
Am Bahnhofsvorplatz in Nordhausen sind nicht nur Zusammentreffen von
„normalen“ Combinos mit Triebwagen der Harzer Schmalspurbahnen zu
beobachten, sondern wie hier auch mit Combino Duo
8
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Deutschland
Mischbetrieb von klassischen Eisenbahnfahrzeugen
der HSB und Einsätzen
von Zweisystem-Straßenbahnfahrzeugen
der VBN, wobei die Verkehrsleistungen
mit Personal beider Unternehmen
im Wechsel erbracht werden. Hierfür
stehen den VBN drei Triebwagen des
Typs „Combino Duo“ mit den Nummern
201 bis 203 (HSB-intern 187 201 bis
187 203) zur Verfügung. Am Bahnhof
Nordhausen wechseln diese zwischen
dem innerhalb des Stadtnetzes genutzten
elektrischen Betrieb und dem Dieselbetrieb.
Rechtlich bewegen sich die
Fahrzeuge – ebenso wie die zum Bahnhofsvorplatz
durchgebundenen Fahrten
von HSB-Dieseltriebwagen – sowohl im
Geltungsbereich der Straßenbahn-Bauund
Betriebsordnung (BOStrab) als auch
der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung
für Schmalspurbahnen (ESBO). Für
den fahrdrahtlosen Betrieb steht zur Erzeugung
der benötigten Elektroenergie
ein 180 Kilowatt starker BMW-Achtzylindermotor
zur Verfügung, der sich mittig
im fahrgestelllosen mittleren Wagensegment
der Combino Duo befindet.
Damit können die 20 Meter langen und
25 Tonnen schweren Wagen auf bis zu
70 Kilometer pro Stunde beschleunigen.
Aktuell absolvieren die Zweisystem-
Straßenbahnfahrzeuge werktags 16 und
wochenends acht Fahrtenpaare nach Ilfeld
und zurück.
Festakt zum Jubiläum
Am 30. April 2014 begingen die HSB
und VBN mit einem offiziellen Akt gemeinsam
die zehnjährige Umsetzung
des Nordhäuser Modells. Daran nahmen
auch zahlreiche Gäste aus Wirtschaft
und Politik teil. Anlässlich des
Jubiläums boten die Partner am 30.
April im frisch sanierten Empfangsgebäude
des Bahnhofs Nordhausen
Nord auch für die Öffentlichkeit einige
Höhepunkte. Neben einer Fotoausstellung
zum Nordhäuser Modell, einer
Tram-Modellanlage und einem Sonderstempel
der Deutschen Post fand
dort die Neueröffnung des vom Südharzer
Tourismusverband e. V. betriebenen
„Dampfladens“ statt. Dieser
öffnete seine Pforten im HSB-Bahnhofsgebäude
und bietet zukünftig neben
einer Vielzahl touristischer Dienstleistungen
auch die Produktpalette
der Harzer Schmalspurbahnen an.
Außerdem fanden am 30. April
mehrere Sonderfahrten statt: So boten
die VBN mit ihrem im vorigen Jahr
2013 in Gera hauptuntersuchten Oldtimer-Straßenbahntriebwagen
23 (Baujahr
1934) vom Bahnhof über Nordhausen
Ost zum Krankenhaus und
Die Nordhäuser Combino-Flotte weist bei einem Gesamtbestand von
zwölf Wagen mit fünf Bauarten eine bemerkenswerte Typenvielfalt
auf: Während die beiden im Jahr 2000 von der Düwag erstgelieferten
Tw 101 und 102 dem Typ Combino Basic angehören, kamen die Wagen
103 und 104 als erste Combino Advanced 2002 in Einrichtungsausführung
von Siemens. Weitere drei Combino Advanced folgten als Tw 105
bis 107 im gleichen Jahr in Zweirichtungsausführung. 2004 gingen die
drei Combino Duo 201 bis 203 in Betrieb. Im Jahr 2011 folgten die
Combino Advanced 108 und 109 mit abgewandelter Frontgestaltung.
zurück zum Bahnhof Fahrten mit Zustiegsmöglichkeit
an allen Zwischenhalten
an. Am Nachmittag gab es darüber
hinaus zwei Pendelfahrten mit
dem Traditionszug der Harzer Schmalspurbahnen
zwischen Nordhausen Nord
und Ilfeld. Der Zug wurde von der
1897 gebauten Mallet-Dampfloko motive
99 5901 gezogen.
MSP
Hamburg
Startschuss zur
U4-Verlängerung
Am 23. April gaben Hamburgs Senator
Frank Horch, der Vorstandsvorsitzende
der Hochbahn, Günter Elste, sowie
Johann Bögl von der Firmengruppe
Max Bögl den Startschuss zum Bau der
Verlängerung der Linie U4. Hamburgs
jüngste U-Bahn-Linie soll in den nächsten
Jahren eine Verlängerung von der
jetzigen Endhaltestelle HafenCity Universität
bis an die Elbbrücken erhalten.
Die Strecke schließt mit einem 940 Meter
langen Tunnel inklusive unterirdischer
Abstellanlage an die vorhandene
Tunnelhaltestelle an. Anschließend verläuft
sie in einem 230 Meter langen
Trog zur zukünftigen Endhaltestelle
Elbbrücken, die direkt an der Elbe in
Hochlage errichtet wird. Dort erschließt
sie das neu entstehende Wohn- und
Arbeitsquartier rund um die Elbbrücken
und den Baakenhafen, in dem in
den nächsten Jahren rund 2.800 Wohnungen
sowie 20.000 Arbeitsplätze
entstehen sollen. Die Lage der Halte-
Hamburg: In einem 90-Grad-Bogen wird die verlängerte Linie U4 ab dem
Jahr 2018 an die vorhandene Haltestelle anschließen, um sich bereit zum
späteren „Sprung über die Elbe“ zu machen
HOCHBAHN
Düsseldorf
Die Rheinbahn stellte am 30.
April im Rahmen des „Tages gegen
Lärm“ ihr neues Schienenschleiffahrzeug
vor. Es handelt
sich dabei um das erste Exemplar
einer selbst nicht fahrbaren
Maschine vom Typ HSG-City des
Herstellers Vossloh. Das knapp
800.000 Euro teure Gefährt wird
während der Schleifarbeiten von
einem Unimog mit bis zu 50 Kilometer
pro Stunde geschoben.
Die neue Technik mit 24 passiv
angetriebenen Schleifsteinen
verspricht zukünftig eine wesentlich
schnellere und leisere
Behandlung der Schienen. MÜC
Köln-Bonn
Der Verkehrsverbund Rhein-
Sieg (VRS) vermeldete für 2013 eine
Rekordbilanz. Demnach gab es
530,4 Mio. Fahrten mit Bus und
Bahn – 1,9 Prozent mehr als 2012
mit 9,98 Mio. Fahrten. Dadurch erwirtschafteten
die Verkehrsunternehmen
im VRS 27,7 Mio. Euro
mehr als 2012 (Plus 4,95 Prozent).
Großen Wert legt der Verbund auf
die Weiterentwicklung seiner
Fahrgastinformation. Dabei ist der
Trend zur mobilen Kundeninformation
ungebrochen, fast
285.000 Nutzer sind damit schon
mobil unterwegs. Pro Tag wird die
App bis zu 80.000 Mal für Auskünfte
genutzt. Seit April können
Fahrplanauskünfte für das Verbundgebiet
auch von Google
Maps abgerufen werden. MSP
Jena
Die Jenaer Partybahn präsentiert
sich in neuem Design. Seit
Anfang März 2014 wirbt der mit
spezieller Ausschankanlage und
Tischen modifizierte Triebwagen
666 (Düwag 1968) für die Köstritzer
Schwarzbierbrauerei.
Diese löst damit den alten Sponsor,
die Sternquell-Brauerei
Plauen, ab. Anstatt im gewohnten
Grün rollt der im Jahr 2003
aus Heidelberg übernommene
und dort unter der Nummer 221
eingesetzte GT6 nun im hellbraunen
Werbekleid zu Sonderfahrten
durch die Universitätsund
Zeiss-Stadt.
ROY
rz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
9
Aktuell
Berlin: Die Linie M2 fährt seit 27. April montags bis freitags abends länger im
5-Minuten-Takt und sonnabends zeitiger im 6/7/7-Minuten-Takt, hier Wagen
2045 hinter der Haltestelle Prenzlauer Allee/Ostseestraße JOHANN BECKER
Magdeburg: Anlässlich des Jubiläums „30 Jahre Straßenbahn nach Olvenstedt“
kam am 27. April unter anderem der historische Tatra-Großzug auf der
Linie 3 zum Einsatz, hier zwischen Sternebogen und Drosselsteig RONNY DAUER
stelle, die mit einer 136 Meter langen
Glashalle überspannt wird, lässt eine
spätere Verlängerung der U-Bahn-Strecke
über die Elbe zu.
Ab 2018 sollen die ersten Züge die
U-Bahn-Haltestelle anfahren, die dann
auch einen Umstieg zu einer neu errichteten
S-Bahn-Haltestelle der Linie
S3 bietet. Insgesamt sind für den Bau
der neuen 1,3 Kilometer langen Strecke,
inklusive der Abstellanlage und
der Haltestelle, aktuell 180 Millionen
Euro veranschlagt.
JEP
Magdeburg
Streckenjubiläum und
Tatra-Comeback
Die Arbeitsgruppe Gemeinwesenarbeit
Neu-Olvenstedt (GWA) feierte mit
Unterstützung der Magdeburger Verkehrsbetriebe
GmbH (MVB) und der Interessengemeinschaft
historischer Nahverkehr
(IGNah) am 27. April rund um
die Haltestelle „Am Stern“ den 30. Jahrestag
der Streckeneröffnung nach Olvenstedt.
Die IGNah bot zum Fest Sonderfahrten
mit Hechtwagen 70 und
Triebwagen 124 an, zudem fuhr der historische
Tatrazug (Tw 1001 + Tw 1120
+ Bw 2002) zeitweise im Regelbetrieb
auf der Linie 3 von Olvenstedt zur Leipziger
Chaussee. Als Ersatz für den defekten
MVB-Fahrschulwagen kam für
die gefragten Fahrschul-Publikumsfahrten
kurzfristig der Tatra-T6A2-Wagen
1280 zum Einsatz.
Unterdessen muss die MVB derzeit
werktags gelegentlich auf ihre Tatra-
Betriebsreserve zurückgreifen, um alle
Fahrten sicherzustellen. Im Januar
2013 feierlich aus dem Liniendienst
verabschiedet, können die Tatra-Wagen
nun vereinzelt wieder im Stadtbild
auftauchen, wobei der Einsatz nur
sporadisch auf Linie 8 erfolgen soll.
Die MVB halten vorsorglich zwei Zuggarnituren
der Bauart T6A2 als Reserve
im Betriebshof bereit, um einen
Fahrtausfall durch Wagenmangel zu
vermeiden. Eingesetzt werden die Züge
aber nur, wenn kein Niederflurwagen
einsatzbereit ist. Nötig ist der Tatra-Einsatz
vor allem durch einen
Straßenbahnauffahrunfall im Januar –
seitdem fehlen die beiden beteiligten
Unfallwagen dem Betrieb. MSP
Berlin
Angebotsausweitungen
im BVG-Fahrplan
Nachdem das Berliner Abgeordnetenhaus
im Dezember 2013 beschloss,
die Bestellerentgelte des Landes Berlin
an die BVG 2014 um vier und 2015
um 7,5 Millionen Euro zu erhöhen,
realisiert die BVG in Abstimmung mit
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
und Umwelt zahlreiche Angebotsausweitungen.
Die ersten, zum
Ende der Osterferien umgesetzten
Brandenburg: Der Nicolaiplatz als nördliche Verknüpfung des Innenstadtringes erfuhr von Anfang 2012 bis Dezember
2013 eine Umgestaltung. Die barrierefrei gestalteten Haltestellen sind durch eine Änderung der Gleisund
Straßenführung für beide Äste jetzt zusammengefasst und außerdem durch Omnibusse befahrbar IVO KÖHLER
Mehrleistungen umfassen im Straßenbahnbereich
für die Linien M2 und 62
die zeitliche Verlängerung der dichteren
Takte des Tagesverkehrs an Werktagen
in den Abend- und Morgenstunden.
Auf der Linie 61 wird während
der Sommermonate sonntags bis donnerstags
die Betriebszeit um zwei
Stunden bis 22 Uhr verlängert. Hinzu
kommen zahlreiche Angebotsverbesserungen
auf Buslinien, darunter die
stark frequentierten Metrobuslinien
M27, M29 und M41. Größtenteils
handelt es sich dabei ebenfalls um die
Verlängerungen der Tagesverkehrstakte,
womit den veränderten Lebens- und Arbeitsgewohnheiten
und dem sich hierdurch
ebenfalls ändernden Verkehrsverhalten
Rechnung getragen wird.
Auf einigen Linien wird während
der Hauptverkehrszeit der Takt weiter
verdichtet. Hierfür beschaffte die
BVG unter anderem aus Amsterdam
15 gebrauchte Niederflurgelenkbusse.
Für die zum 27. April realisierten
Mehrleistungen schafft die BVG zudem
50 zusätzliche Vollzeitstellen im
Fahrdienst.
In zwei weiteren Stufen setzt die
BVG ab August beziehungsweise Dezember
zusätzliche Verbesserungen
um, von denen dann unter anderem
die Fahrgäste weiterer Straßenbahnlinien
sowie der U-Bahn-Linien U1, U2,
U5, U7 und U8 profitieren. Auch hierbei
geht es größtenteils um die zeitliche
Ausdehnung der dichteren Taktintervalle
morgens und abends. Für zum
Teil ebenfalls wünschenswerte zusätzliche
Fahrten in den Hauptverkehrszeiten
wären zusätzliche Fahrzeuge nötig,
die jedoch nicht verfügbar sind. JBE
Strausberg
Streckenverlängerung?
Im April stellte das beauftragte Planungsbüro
PBV Überlegungen zur Reaktivierung
der Strecke der Strausber-
10
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Deutschland
ger Eisenbahn GmbH (STE) bis zum
Kulturpark im Ausschuss für Bauen
und Verkehr vor. Die dafür erforderlichen
Investitionen betragen voraussichtlich
über fünf Millionen Euro und
sind für Stadt oder Landkreis ohne zusätzliche
Förderung nicht finanzierbar.
Angeregt hatte die Linkspartei entsprechende
Analysen, weil ein Austausch
des Fahrbahnbelags auf der
ehemaligen Straßenbahn-Trasse in der
Großen Straße ansteht und hierin aus
Parteisicht die Chance für einen Wiederaufbau
bestünde. Wie Planer Thomas
Markgraf erklärte, könnte die Verlängerung
der Tram einen erwarteten
Fahrgastverlust durch den künftigen
20-Minuten-Takt der S-Bahn nach
Strausberg-Nord ausgleichen.
Nach PBV-Prognosen wandern
durch die S-Bahn-Taktverdichtung
rund 400 Fahrgäste – das entspricht
13 Prozent der Beförderungsfälle –
täglich zur S-Bahn ab. Etwa 200 Kunden
könnten nach „konservativer“
Schätzung mittels Streckenverlängerung
für die STE gewonnen werden,
mit dem geplanten Altstadtcenter an
der Großen Straße weitere 500.
Da insbesondere der „Binnenverkehr“
gestärkt werde, für den der
Haustarif der STE gezahlt wird, wäre
zugleich die Tarifergiebigkeit des neuen
Abschnitts höher. Infrastrukturseitig
hätte die STE zwei neue Weichen, 725
Meter Gleis mit Fahrleitung und zwei
neue Haltestellen zu errichten.
Statt auf der alten, bis 1970 genutzten
Trasse, die am Pflasterstreifen bis
heute erkennbar ist, würde der Neubau
am westlichen Fahrbahnrand verlaufen.
Zusätzliche Fahrzeuge sind für
die Verlängerung nicht erforderlich,
die jetzige Wendezeit am Lustgarten
ist ausreichend für die verlängerte
Straßenbahnstrecke.
MSP
Bad Schandau: Am letzten
Aprilwochenende setzte die OVPS
im Rahmen der „Bahnerlebnistage“
ihren 1938 ursprünglich für
Erfurt gebauten Triebwagen 8 mit
einem Gotha-Beiwagen im Linienbetrieb
ein. Üblicherweise wird
der drei Kurse umfassende Regelverkehr
ausschließlich von den
fünf vorhandenen Gothaer T57-
Zweiachsern erbracht. Triebwagen
8 erhält voraussichtlich ab Herbst
2014 eine grundlegende Aufarbeitung
mit Kor rosionsbehandlung
und Neulack. Momentan befindet
sich Beiwagen 22 (Typ B2-62) in
eigener Werkstatt zur Hauptuntersuchung
MICHAEL SPERL
Dresden
Standseilbahn
wieder in Betrieb
Pünktlich zum Karfreitag nahmen die
Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) ihre
Standseilbahn Loschwitz – Weißer
Hirsch nach umfangreicher Hauptuntersuchung
wieder in Betrieb. Zuletzt sanierten
die DVB die Bahn 1993/94 komplett.
Ihr Zustand war 2004 noch so gut,
dass nur kleine Reparaturen notwendig
wurden. Von Anfang 2014 bis Ostern
nun rollten beide Waggons zur Grundinstandsetzung
in die Hallen der Fahrzeugtechnik
Dessau GmbH, wo für
275.000 Euro umfangreiche Arbeiten
stattfanden. Unterdessen erledigten
Fachleute der DVB Arbeiten an der Infrastruktur,
prüften das 578 Meter lange
Drahtseil und wechselten am Viadukt
mit Abtscher Ausweiche verschlissene
Holzschwellen. Auch den 199 Kilowatt
starken Gleichstrommotor der Antriebsanlage
demontierten die Mitarbeiter
und überholten ihn komplett. In Betrieb
ist die Standseilbahn jetzt wieder täglich,
montags bis freitags jeweils von
6.30 bis 21.30 Uhr, an Wochenenden
und Feiertagen startet der Betrieb 2,5
Stunden später. Die Wagen sind in der
Hauptverkehrszeit alle zehn Minuten
unterwegs, außerhalb und am Wochenende
im 15-Minuten-Takt. Bei großer
Nachfrage wird häufiger gefahren. MSP
Duisburg
Haltestellenumbau
und Zusatzverkehr
Strausberg: Am Lustgarten könnte die Strecke künftig wie vor 1970 wieder
nordwärts Richtung Kulturpark weiterführen. Tatra KT8D5 sind hier allerdings
nur noch sporadisch im Einsatz zu beobachten TOBIAS MÜCKE
Bis zum Jahr 2020 sollen entlang
der Stadtbahnlinie U79 auch die restlichen
sechs Haltestellen zwischen
Stadtmitte und Wanheimerort barrierefrei
umgebaut sein. Die vom Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr bereitgestellten
Gelder mit einer Förderquote
von 85 Prozent für den Umbau müssen
allerdings bis zum Jahresende abgerufen
sein. Die Pläne für die Umgestaltung
der Haltestelle „Im Schlenk“
sind am weitesten gediehen, wonach
der bisherige Haltepunkt aus zwei
niedrigen Seitenbahnsteigen auf die
andere Seite der Kreuzung als Hochbahnsteig
zwischen den Gleisen verlagert
werden soll. Es existiert bereits
ein Planungsbeschluss des Stadtrates.
Pro Haltestelle wird mit Umbaukosten
in Höhe von drei bis vier Millionen
Euro gerechnet.
Aufgrund der wechselweisen Sperrung
der Autobahn A59 zwischen den
Autobahnkreuzen Duisburg und Duisburg-Nord
für Sanierungsarbeiten auf
der sogenannten Berliner Brücke über
die Ruhr und verschiedene Hafenanlagen
hat die Duisburger Verkehrsgesellschaft
AG (DVG) seit 1. Mai den Fahrplan
auf der SL 903 zwischen Walsum,
Watereck, und Wanheimerort, Rheintörchenstraße,
auf einen 5-Minuten-
Takt verdichtet. Das bedeutet, es verkehren
vier Bahnen zusätzlich pro
Stunde in jeder Richtung. Da die DVG
allerdings nicht über die erforderliche
Fahrzeugreserve verfügt, ist dadurch
der Betrieb auf Linie 901 insofern eingeschränkt,
als dass zwischen den
Haltestellen Scholtenhofstraße in Laar
und Obermarxloh Schleife seitdem
Busse im Schienenersatzverkehr fahren.
Die freigesetzten Bahnen kommen
auf der Linie 903 zum Einsatz.
Die üblicherweise auch vom Individualverkehr
mitbenutzten Gleiskörper
zwischen Hamborn und Bahnhof Meiderich
und auf der Ruhrorter Straße in
Kasslerfeld sind für den Kraftfahrzeugverkehr
gesperrt, um einen reibungslosen
Straßenbahnverkehr zu gewährleisten.
Die Bauarbeiten sollen bis
voraussichtlich Anfang Oktober dauern.
Die durch die Abweichung vom
eigentlichen Fahrplan entstehenden
Mehrkosten für die DVG betragen
rund 940.000 Euro, für die die Stadt
Duisburg aufkommt.
WRO
München
Spatenstich für
U-Bahn-Werkstatt
Neben der Allianz Arena in Fröttmaning
entsteht ein neuer Werkstattkomplex
für U-Bahn-Gliederzüge. Die
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014 11
Aktuell
München: Visualisierung der geplanten neuen U-Bahn-Werkstatt Fröttmaning
SWM
Bei dem vorgestellten Fahrzeug handelt
es sich um das erste von 18 Stadtbahnfahrzeugen
für die chinesische
Stadt Suzhou in der Provinz Jiangsu.
Die elf Millionen Einwohner zählende
Stadt möchte in den nächsten Jahren
ein 80 Kilometer umfassendes Stadtbahnnetz
errichten. Weitere Fahrzeuge
werden von Puzhen für die neuen
Strecken in Nanjing (Provinz Jiangsu)
gebaut, dort entstehen zunächst zwei
Linien. Dabei sind in Nanjing die ersten
fahrleitungslosen Abschnitte Chinas
geplant, die dazu verwendete
Technologie stammt vom Bombardier-
Primove System. Für Bombardier steht
mit dieser Partnerschaft das Tor zum
rasant wachsenden chinesischen Nahverkehrsmarkt
offen.
JEP
Stadtwerke München (SWM) bauen
auf dem Gelände der Technischen Basis
der U-Bahn eine zusätzliche Halle
für die Wartung, Inspektion und Reparatur
von C-Zügen sowie das dazugehörige
Betriebsgebäude. Der Vorsitzende
der MVG-Geschäftsführung und
gleichzeitig SWM-Geschäftsführer Verkehr
Herbert König, der Ressortleiter
und Geschäftsführer Schiene, Raimund
Paul, sowie Günter Pedall, Leiter der
U-Bahn-Sparte, übernahmen am 26.
März dafür den symbolischen ersten
Spatenstich. Die Inbetriebnahme soll
Mitte 2015 erfolgen. Die neue Halle
wird über drei Gleise mit Wartungsgruben
verfügen, rund 160 Meter lang
und etwa 30 Meter breit sein. Dort
können die modernen Gliederzüge im
Ganzen – also ohne aufwendiges
Trennen – bearbeitet werden. Das angegliederte
Betriebsgebäude besteht
aus zwei Stockwerken: Im Untergeschoss
befinden sich Technikräume,
eine mechanische und eine elektronische
Werkstatt sowie ein Kleinteilelager;
im Obergeschoss sind unter anderem
Sozial- und Sanitärräume sowie
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Büros untergebracht. Die Projektkosten
liegen bei knapp 19 Millionen
Euro. Bei der Regierung von Oberbayern
liegt ein Antrag auf Förderung des
Projektes vor. Der Neubau ist zwingend
erforderlich, weil der Wagenpark
der U-Bahn – bis 2015 kommen insgesamt
21 neue C2-Züge – in den nächsten
Jahren weiter anwächst und damit
die Kapazitätsgrenze der bisher bestehenden
Werkstätten übersteigt. Für
die C-Züge bietet der neue Komplex
ganz im Norden der technischen Basis
optimale Bearbeitungsmöglichkeiten.
Die neue U-Bahn-Betriebswerkstätte
steht damit für den Erfolg und die Zukunft
der Münchner U-Bahn. PM
Industrie
CSR Puzhen
Flexity 2 für China
als Lizenzbau
Der chinesische Hersteller CSR Puzhen
stellte Anfang April in Nanjing den
ersten in China gebauten 100-Prozent-Niederflur-Triebwagen
der Öffentlichkeit
vor. Bei dem Fahrzeug
handelt es sich um einen Bombardier-
Lizenzbau des Flexity 2. Bombardier
erteilte seinem chinesischen Partner
die Genehmigung zum Bau dieser
Fahrzeuge für zehn Jahre. Ausgestattet
sind die Fahrzeuge mit Bombardier-
Drehgestellen vom Typ Flexx Urban
3000 sowie der Mitrac-Technologie.
Bombardier Transportation
Bald EBA-Zulassung
für Flexity Swift?
Nachdem Bombardier Transportation
am 31. März 2014 alle zur Zulassung
notwendigen Dokumente an das
Eisenbahnbundesamt (EBA) übergab,
rechnet der Hersteller bis Dezember
2014 mit einer Zulassung der ersten
Fahrzeuge.
Zu einer längeren Projektlaufzeit in
der Zulassungsphase führten die
während der Projektphase geänderten
Zulassungsvorschriften (neu: Verwaltungsvorschrift
für die Genehmigung
zur Inbetriebnahme von Eisenbahnfahrzeugen)
und Normen des EBA (Klebenorm,
messtechnischer Nachweis
von Rollierschwingungen und ähnliches).
Diese erfordern einen bis zu
vierfach höheren Prüfaufwand für externe
Gutachter. Erschwerend kamen
gegenläufige technische Anforderungen
und Normanforderungen bei Straßenbahn-
und Vollbahnbetrieb hinzu.
Darüber hinaus waren Modifikationen
am Bremssystem, am Schiebetrittsys-
CSR Puzhen/Bombardier: Den ersten Flexity „made in China“ präsentierte
CSR Puzhen am 9. April in Nanjing
BOMBARDIER TRANSPORTATION
Karlsruhe: Der aus Neckarsulm kommende neue Zweisystem-Tw 925 vom
Typ Flexity Swift überquert in Heilbronn den Neckar ROBERT SCHREMPF
12 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Deutschland · Industrie · Weltweit
tem der Türen und an den Kupplungen
notwendig. Bis Ende April 2014 waren
28 der 30 bestellten Triebwagen ausgeliefert,
zehn davon sind von der
Technischen Aufsichtsbehörde für den
Betrieb gemäß BOStrab unter 750 Volt
und 15 Kilovolt im Karlsruher und
Heilbronner Stadtbahnnetz zugelassen.
Die restlichen 20 Fahrzeuge werden
derzeit technisch auf den EBO-Zulassungsstatus
hochgerüstet. Bis Juni
2014 sollen 16 Fahrzeuge im EBO-Status
und darüber hinaus für Doppeltraktion
betriebsbereit zur Verfügung stehen.
Anfang August 2014 erwartet die
AVG den 24. Wagen.
ROS/UMÜ
Alstom
600 Vorortzüge
für Südafrika
Am 29. April unterzeichneten die
Passenger Rail-Agency of South Africa
(PRASA) und das Joint-Venture Gibela,
an dem neben Alstom mit 61 Prozent
die New Africa Rail mit neun Prozent
und die Ubumbano Rail mit 30 Prozent
beteiligt sind, die Finanzierungsverträge
über die Lieferung von 600
Vorortzügen X'Ttrapolis Mega nach
Südafrika. Die insgesamt 3.600 Einzelwagen
sollen über einen Zeitraum von
zehn Jahren zur Auslieferung kommen.
Die Züge mit einer Kapazität von bis
zu 1.218 Fahrgästen bestehen bei 131
Meter Länge und 2,75 Meter Breite
aus sechs Einzelwagen und können
bis zu 120 Kilometer pro Stunde
schnell fahren.
Der Auftrag umfasst auch den Bau
einer Produktionsstätte in Dunnottar,
50 Kilometer östlich von Johannesburg.
Gibela bietet auch technische
Hilfe für PRASA und übernimmt die
Versorgung mit Ersatzteilen für 18
Jahre. Der Gesamtwert des Vertrags
beträgt umgerechnet vier Milliarden
Euro und ist damit der größte Auftrag
in der Geschichte von Alstom.
Die Unterschrift bestätigt das Engagement
Alstoms, sich als eines der
führenden Unternehmen in Wachstumsmärkten
zu etablieren. Die neuen
X'Ttrapolis Mega sind eine auf die
Spurweite von 1.067 Millimeter angepasste
Weiterentwicklung des
X'Ttrapolis von Alstom. Die ersten 20
Züge werden bei Alstom in Lapa (Brasilien)
hergestellt, während die restlichen
580 am neuen Standort von
Dunnottar montiert werden.
Das Projekt wird mehr als 1.500
direkte und 33.000 indirekte Arbeitsplätze
in den ersten zehn Jahren schaffen.
Auch französische Alstom-Stand-
orte werden in die Produktion der
Vorortzüge einbezogen.
MSP
Ausland
Großbritannien: Manchester
Verlängerte Strecke
in Betrieb
Im März 2014 erfolgte der nächste
Meilenstein im umfangreichen Ausbau
des Straßenbahnnetzes von Manchester,
als die neue Endhaltestelle Rochdale
Town Centre in Betrieb ging. Die von
Manchester nach Norden verlaufende
Oldham and Rochdale Line ist mit einer
Gesamtlänge von 22,5 Kilometern fertiggestellt.
Seit Juni 2012 gingen etappenweise
immer wieder neue Streckenabschnitte
in Betrieb. Ab Februar 2013
erreichten die hochflurigen Metrolink-
Trams die temporäre Endhaltestelle
Rochdale Railway Station. Die jetzt
eröffnete Streckenverlängerung vom
Bahnhof Rochdale ins Zentrum des
Städtchens ist zwar nur einige hundert
Meter lang, verläuft aber komplett auf
der Straße und kostete 37 Mio. Pfund.
Gleich neben der Endhaltestelle der
Tram befindet sich auch der im November
2013 eingeweihte Busbahnhof.
Manchester Metrolink hat damit eine
aktuelle Netzlänge von 78 Kilometern
und insgesamt 77 Haltestellen.
Die Arbeiten an der 14,5 Kilometer
langen Manchester Airport Line laufen
gegenwärtig weiter und sollen wie geplant
2016 abgeschlossen sein. Seit
Anfang 2014 ist auch die zweite Tramachse
durch die Innenstadt im Bau,
deren Fertigstellung ist für 2016/17
vorgesehen.
AT
Frankreich: Reims
Tram vor dem Konkurs
Die Straßenbahn von Reims, seit
16. April 2011 in Betrieb, steht vor
dem finanziellen Ruin. 14 Millionen
Euro betrage das Defizit, das der Betreiber
Transdev für die vergangenen
Jahre ausweist und das für starke
Zweifel an der 2006 vereinbarten öffentlich-privaten
Partnerschaft (PPP)
zur Finanzierung des Straßenbahnprojekts
mit zwei Linien und 11,2 Kilometern
Länge sorgt. Für eine Konzession
von 34 Jahren übernahm damals ein
Konsortium – an dem unter anderem
Alstom, Transdev, Bouygues, SNC Lavallin
und Bankinstitute betreiligt sind
– Bau und Betrieb, rollendes Material
(18 Alstom Citadis-Züge Typ 302) der
Straßenbahn und für 30 Jahre Unterhalt
der Linien und des Busnetzes. Für
Manchester: Am 31. März 2014 rollten zum ersten Mal seit 1932 wieder
Trams im Regeldienst durch Rochdale. Von der Drake Street kommend befuhr
der Tw 3015 den Bogen vor der neuen Endhaltestelle ANDREW THOMPSON
Rotterdam: Der Leichtbautriebwagen 15 gehört zu den im Straßenbahnmuseum
Hillegersberg seit April ausgestellten Fahrzeugen HANS CASTELEIJN
die Finanzierung steht das Konsortium
ein, für den Betrieb überweist die Agglomeration
de Reims, der Stadtumlandverband,
zu dem Reims und 15
Nachbargemeinden gehören, eine
Pauschale, die für 2011 beispielsweise
46,22 Millionen Euro betrug.
Die Nachricht vom Defizit hatte im
September 2013 bereits zu einem
Streik der Beschäftigten und zum
Rücktritt von Direktor Alain Bourion
geführt. Die defizitäre Lage der Tram
sorgte auch im Kommunalwahlkampf
2014 für Schlagzeilen. Bürgermeisterin
Adeline Hazan (PS) hatte sie als Mittel
zur deutlichen Aufwertung des Stadtbilds
gewürdigt, Vertreter der kommunistischen
Koalitionspartner (Michel
Guillaudeau) bezeichneten sie als
„kostspielig und überdimensioniert“.
Der Machtwechsel im Rathaus von
Adeline Hazan (PS) zu Arnaud Robinet
(UMP) hat nun die Problematik eher
verschärft, bei Redaktionsschluss standen
Gespräche der politisch Verantwortlichen
von Umlandverband Mars,
Stadt Reims und dem Konsortium an.
Beobachter vermuten, dass der Umlandverband
Mars künftig selbst als
Betreiber fungieren könnte. Im Citura
genannten ÖPNV-Netz von Reims sind
18 Straßenbahnen, 107 Standardbusse,
50 Gelenkbusse und 11 Kleinbusse
im Einsatz.
VLC
Niederlande: Rotterdam
Trammuseum in
Hillegersberg eröffnet
Am 5. April eröffneten in Rotterdam
die liberale Stadtbeigeordnete
Jeannette Baljeu, der Tram-Fachbuchautor
Bas Schenk und der Museumschef
feierlich das neue Museum
im ehemaligen Betriebshof Hillegersberg.
Die Sammlung umfasst Wagen
der Tramweg Stichting, der Stichting
ROMEO und der Rotterdamse Elektrische
Tram N.V. (RET). Als 1969 die letzten
Vierachser der RET außer Betrieb
gingen, hatte das Unternehmen in seinen
Betriebshöfen viel Platz. Zahlreiche
Wagen blieben dort mehrere Jahrzehnte
ungenutzt abgestellt, andere
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014 13
Aktuell
Wien: Auf der Brünner Straße bieten die E 2 + c 5 -Züge noch einen ungewohnten
Anblick. Am 23. April verlässt der Zug 4068 + 1468 im Einsatz auf
der Verstärkerlinie 30 die Haltestelle Anton-Schall-Gasse WOLFGANG KAISER
Wien: Seit 2009 ist die Ring-Tram unterwegs, hier Wagen 4867 im Sommer
2010. Was die Wiener Linien in einer Pressemeldungen verschweigen: Die
Wagen sind im Durchschnitt eher schlecht ausgelastet ANDREAS MAUSOLF
Österreich: Wien
Düwag-Nachbauten erstmals in Floridsdorf
Typ E 2 links der Donau
Erstmals in ihrer mittlerweile 36-jährigen Einsatzzeit kommen die sechsachsigen
Gelenktriebwagen E 2 – Lizenzbauten des Düwag-Typs „Mannheim“ – im
Streckennetz links der Donau zum Einsatz. Seit 31. März 2014 fahren bis zu fünf
E 2 + c 5 -Züge auf der Verstärkerlinie 30, die an Werktagen von 6 bis 9 und von 12
bis 19 Uhr die Linie 31 im Streckenabschnitt Floridsdorf – Stammersdorf ergänzt.
Zu diesem Zweck stationierten die Wiener Linien (WL) die E 2 4065 bis
4069 und c 5 1464 bis 1468 beim Betriebsbahnhof Floridsdorf. Die ehemaligen
Favoritner Wagen waren in der alten Heimat seit der Kürzung der Linie 67 am
28. Februar (siehe STRASSENBAHNMAGAZIN 5/2014) überzählig. Weitere E 2
und c 5 wird Floridsdorf im Laufe des Jahres aus Speising erhalten, denn hier
treffen sukzessive fabrikneue Niederflurwagen Typ A1 ein. Auf der Linie 62, die
heute noch im Mischbetrieb mit A/A1 und E 2 + c 5 fährt, wollen die WL dann
ausschließlich Niederflurwagen einsetzen. Mit der Beheimatung von E 2 und c 5 in
Floridsdorf verkehren die 119 Trieb- und 117 Beiwagen nun in nahezu allen Teilen
des Netzes, und zwar auf den Linien D (neun Züge), 1 (zehn Züge), 6 (vier
Züge), 18 (acht Züge), 30 (fünf Züge), 38 (vier Züge), 40 (fünf Züge), 41 (fünf Züge),
58 (fallweise ein Zug), 60 (zehn Züge), 62 (acht Züge), 67 (13 Züge), 71
(zwölf Züge) und 72 (zwei Züge bei Bedarf), wobei der Einsatz ausschließlich
mit den zugehörigen Beiwagen c 5 erfolgt. In Folge schrittweiser Ausmusterung
der Altwagen E 1 ist mit einer weiteren Ausweitung des Einsatzgebietes zu rechnen,
denn auch in den kommenden Jahren streben die WL auf den meisten Linien
einen Mischbetrieb aus Hoch- und Niederflurwagen an. Die E 2 erhielten erst
in den Jahren 2010/11 eine moderne Choppersteuerung und sollen noch mindestens
zehn Jahre lang im Einsatz bleiben.
WK
Ring-Tram weiterhin mit großem Steigerungspotential
Vor fünf Jahren avancierte sie zum Begriff für Wien-Touristen: Seither verzeichneten
die Wiener-Linien in der Ring-Tram 300.000 Fahrgäste, die auf bequeme
Weise Wiens schönste Seiten erlebten. Die Trend geht aufwärts: 2013 waren es
70.000 Gäste und damit 60 Prozent mehr als 2010. Trotzdem sind die Wagen damit
schwach ausgelastet. Durchschnittlich sind sie zu 30 Prozent besetzt. Seit April
2014 ist die Haltestelle Schwedenplatz zentrale Ein- und Ausstiegs-Haltestelle, so
dass der von vielen als störend empfundene stetige Fahrgastwechsel entfällt. Täglich
fährt die Ring-Tram nun von 10 bis 17.30 Uhr zu jeder vollen und halben Stunde
ab. Die Tickets sind auch direkt beim Fahrtbegleiter erhältlich.
AMA/AM
fanden als Arbeitswagen eine neue
Verwendung – und entgingen so dem
Schneidbrenner. Über viele Jahre existierte
so eine ganze Wagenflotte im
„Dornröschenschlaf“. Daran änderte
sich bis zum Jahr 2000 wenig. Diesem
Umstand ist der heute ungewöhnlich
große Museumswagenbestand Rotterdams
zu verdanken. Da die RET ihre
originalen Beiwagen bis 1965 komplett
verschrottet hatte, entstanden nun übrigens
auch drei neue Beiwagen (1001,
1008 und 1020) aus ehemaligen Triebwagen.
Nach mehreren Jahren präsentiert
sich nun auch der Tw 15 teilaufgearbeitet.
Es handelt sich um einen
Leichttriebwagen mit nur 12,5 Tonnen
Leermasse, den Vorläufer heutiger Niederflurwagen
des Herstellers Schindler-
Pratteln aus der Reihe 1 bis 15 der Baujahre
1956/57.
CEIJ
Ungarn: Budapest
Eröffnung M4
Knapp eine Woche vor den ungarischen
Parlamentswahlen eröffneten
die Budapester Verkehrsbetriebe (BKV)
Budapest: Der teils bergmännisch
errichtete U-Bahnhof am Szent Gellért
tér präsentiert sich mit einem
mit Kleinmosaik verkleideten Mittelschiff
ROBERT SCHWANDL
im Beisein des Ministerpräsidenten am
28. März nach mehrjähriger Verzögerung
die vierte Metrolinie. Die 7,4 Kilometer
lange, durchgehend unterirdische
Strecke verbindet den gleichzeitig
ausgebauten Bahnhof Kelenföld im
Südwesten von Buda mit dem wichtigsten
Fernbahnhof der Stadt, dem
Keleti pályaudvar (Ostbahnhof) auf
Pester Seite, wobei sie acht Zwischenstationen
bedient. Der Großteil der
Strecke liegt in tiefen, im Schildvortrieb
aufgefahren eingleisigen Röhren,
die Stationen enstanden jedoch bis
auf Rákóczi tér und Szent Gellért tér
(direkt östlich der Donauunterquerung)
größtenteils in offener Bauweise
und präsentieren sich somit als großzügige
und individuell gestaltete Bauwerke,
wobei an einigen – vor allem
am Móricz Zsigmond körtér – ein gewisser
Einfluss der Münchner U-Bahn
14 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Weltweit
Wagen Nr. 2301 und 2302. Neben 60
T4YU + B4YU-Zügen, 51 KT4YU und
16 Achtachsern vom Typ TMK 2100
sind daher auch die mittlerweile bereits
40 Jahre alten Vierachser vom Typ
TMK 201 weiterhin im Linieneinsatz.
Die als Tw 201 bis 230 geführte Serie
entstand 1974 bei Duro-Dakovic in Slavonski
Brod. Bis zum Jahr 2007 setzte
die ZET die Triebwagen mit jeweils zwei
Beiwagen als Dreiwagenzüge auf den
Linien 11 und 12 ein. Als dort die Nienicht
zu übersehen ist. Am Keleti pálya -
udvar besteht eine Umsteigemöglichkeit
zur M2, am Kálvin tér zur M3.
Am Fövám tér ließen die BKV die alte
Haltestelle der Straßenbahnlinie 2
unter dem Brückenkopf der Szabadság
híd komplett umbauen und in das Zwischengeschoss
der Metro integrieren.
Ursprünglich war ein Weiterbau in
Richtung Nordosten zum Bosnyák tér
vorgesehen, doch die derzeitige Regierung
bevorzugt den Bau der M5 als
innerstädtische Nord-Süd-Verbindung
der HÉV-Vorortbahnen.
Wie bereits auf der Linie M2 verkehren
auf der neuen M4 durchgehend
begehbare, klimatisierte Züge
des Typs Metropolis von Alstom, anders
als auf der M2 jedoch nur aus
vier Wagen mit 80 Metern Zuglänge.
Die Züge sind für den fahrerlosen Betrieb
ausgelegt, jedoch wird mindestens
ein Jahr lang jeweils ein Fahrer in
der provisorisch eingebauten Kabine
anwesend sein. Das Signalsystem erlaubt
30 Züge pro Stunde. RSC
Schweden: Stockholm
Djurgårdslinie
wird verlängert
Seit August 2010 gibt es in der Innenstadt
von Stockholm wieder regulären
ÖPNV mit der Straßenbahn.
Dabei bedient das Nahverkehrsunternehmen
AB Storstockholms Lokaltrafik
(SL) die 1991 für museale Zwecke reaktivierte
Djurgårdslinie (Norrmalmstorg
– Waldemarsudde) mit Niederflurwagen
vom Bombardier-Typ Flexity
Classic, die zuvor von Norrmalmstorg
um zwei Stationen bis Sergels torg
verlängert worden war. Gegenwärtig
ist eine Verlängerung der als Linie 7
verkehrenden ÖPNV-Strecke von Sergels
torg bis T-Centralen im Bau. Dazu
lässt SL auch die Tragfähigkeit der unterirdischen
Fußgängerpassagen bei
Sergels torg dem Gewicht der Straßenbahnwagen
anpassen. Da für die
in Etappen geplante Verlängerung der
Prag: Zu Ostern fanden auf der
U-Bahn-Linie A Bauarbeiten statt.
Aus diesem Grund schlossen die
Prager Verkehrsbetriebe die Linie
A vom Abend des 18. April bis einschließlich
21. April. Als Ersatzverkehr
fuhr die Straßenbahnlinie X-A
im Takt aller 7,5 Minuten auf der
Strecke Podbaba – Nadrazi Strasnice.
Am 19. April 2014 passierte
T3SUCS-Zug 7134 + 7081 die Manesuv-Brücke
vor der Kulisse der
Prager Burg ONDREJ MATEJ HRUBES
Linie nicht jeweils Wendeschleifen
errichtet werden können, verkehren
Zweirichtungsfahrzeuge. Das Depot ist
für die momentan sechs eingesetzten
Straßenbahnwagen zu klein. Deshalb
ist ein Neubau auf dem Industriegelände
Frihamnen/Värtan geplant.
Ebenso ist eine Fortführung der Neubaustrecke
von T-Centralen auf die Insel
Kungsholmen zu einem Neubaugebiet
im Gespräch.
Der Straßenbahnverkehr in Stockholm
war mit der Umstellung des Straßenverkehrs
auf Rechtsverkehr 1967
eigentlich beendet worden. Nach vielen
Jahren ohne Nutzung nahmen
Tramfreunde 1991 die Djursgardslinie
als Nostalgielinie 7 wieder in Betrieb.
Seit 2010 fahren die Nostalgietrams
mit dem Liniensignal 7N. EGG/AM
Kroatien: Zagreb
Aktueller Einsatz
der Altwagen
Die Zagreber elektrische Straßenbahn
(ZET) der kroatischen Hauptstadt
beschaffte in den Jahren 2005 bis
2010 beim heimischen Firmenkonsortium
„Crotram“ 140 fünfteilige Niederflurtriebwagen.
Die 32 Meter langen
Fahrzeuge des Typs NT 2200
tragen die Betriebsnummern 2201 bis
2299 sowie 22100 bis 22140. Durch
diese Modernisierung des Fuhrparks
musterten die ZET im genannten Zeitraum
parallel sämtliche Zweiachser,
etliche Tatrawagen der Bauarten T4YU
und B4YU sowie die aus Mannheim
übernommenen Düwag-Sechsachser
aus. In den nächsten Jahren soll nun
eine Serie von kürzeren, dreiteiligen
Niederflurwagen weitere Altwagen ersetzen.
Aus finanziellen Gründen hat
die ZET bisher aber nur zwei Prototypen
des Typs NT 2300 beschafft – die
Stockholm: Tw 3 fährt am 13. Juni 2013 in die provisorische Endhaltestelle
Sergels torg ein. Ankommende Züge müssen oft mit der Einfahrt warten,
bis die eingleisige Endstelle frei ist
MATTHIAS EMMENEGGER
Zagreb: Die Zeit der Vierachser vom Typ TMK 201 läuft langsam ab. Am
18. März 2014 fahren die Zweiwagenzüge 223 + 707 und 215 + 711 nach einer
Betriebsstörung dicht hintereinander in Richtung Savisce WOLFGANG KAISER
derflurwagen vom Typ NT 2200 deren
Aufgaben übernahmen, erhielten die
verbliebenen 18 Triebwagen neue Einsatzpläne
und verkehren seither nur
noch mit einem Beiwagen. Bevorzugtes
Einsatzgebiet ist die den Hauptbahnhof
tangierende Ost-West-Durchmesserlinie
2, aber auch auf den Linien 1 und
12 kann man mit einzelnen Zweiwagenzügen
rechnen. Der Einsatz der
Veteranen beschränkt sich allerdings
auf Schultage.
WK
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
15
Betriebe
Jubilar mit
„unjewöhnlicher“
Geschichte
120 Jahre Dessauer Straßenbahn Sie blickt
in diesem Jahr auf eine 120-jährige Geschichte
zurück – eröffnet im November 1894 als erste
ausschließlich mit Gasmotorwagen betriebene
Straßenbahn der Welt, fährt sie seit 1901 elektrisch.
Eine Zeit voller Höhen und Tiefen …
Dessau galt bis zur Zerstörung der
Innenstadt am 7. März 1945 als
eine Perle Anhalts. Die 100 Jahre
zuvor einsetzende Industrialisierung
brachte wirtschaftlichen Aufschwung,
Wachstum, Probleme und einen bescheidenen
Wohlstand gleichermaßen mit sich. Namen
wie Hugo Junkers oder das Bauhaus
sind bis heute untrennbar mit Dessau verbunden.
In der DDR-Zeit war Dessau die
13. größte Stadt der Republik. Den seit
1. Juli 2007 amtlichen Namen „Dessau-
Roßlau“ haben bis heute nicht alle Einwohner,
aber schon gar nicht alle Gäste und
Freunde der Stadt verinnerlicht.
Die Einwohner mit ihrer ganz eigenen
Mundart („mit’s Rad in’n Jarten“) und ihren
Eigenarten kann man entweder nur lieben
oder kopfschüttelnd ignorieren. So
geht es vielen Nahverkehrsfreunden auch
mit der Dessauer Straßenbahn: In den vergangenen
Jahren fiel der kleine Regelspurbetrieb
mit seinen zwölf Kilometer Streckenlänge
und drei verkehrenden Linien
mit einem aktuellen Gesamtbestand von 16
Fahrzeugen meist kaum auf. Trifft man in
Magdeburg und Halle, aber durchaus auch
in Halberstadt und vor allem natürlich in
Naumburg regelmäßig Straßenbahnfotografen,
so wird der fünfte Trambetrieb in
16 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Dessau
Sachsen-Anhalt vergleichsweise wenig dokumentiert.
Die zehn heute von der Dessauer
Verkehrsgesellschaft (DVG) im Regelbetrieb
eingesetzten NGT6DE aus der
Flexity Classic-Familie von Bombardier
verrichten ihren Dienst eher unauffällig.
Überraschend ist auch die geringe Anzahl
von historischen Wagen – es gibt lediglich
zwei alte Zweiachser. Wertvolle Fahrzeuge
zu erhalten, liegt den Dessauern scheinbar
Straßenbahnalltag in Dessau:
Einer der zehn 2001
von Bombardier in Bautzen
gebauten Niederflurwagen
kommt von der Haltestelle
Hauptpost und fährt auf
Linie 4 zur Kreuzbergstraße.
Im Hintergrund der Aufnahme
vom 26. Juli 2012 steht
die Johanniskirche
DIRK WITTMANN
bisher weniger? Dabei haben sie in den vergangenen
120 Jahren bereits viel mit ihrer
Straßenbahn erlebt:
Die Anfänge im 19. Jahrhundert
Die ersten Bemühungen zum Bau einer Straßenbahn
in Dessau gehen bis in das Jahr
1876 zurück. Die Stadt hatte damals etwa
20.000 Einwohner und war durch die Industrialisierung
im starken Wachstum begriffen.
Entsprechend dem damaligen Stand
der Technik wäre eine Pferdebahn möglich
gewesen. Doch die Sache verlief im Sande.
In der Folgezeit gab es dazu weitere Anläufe
– sie waren ebenso erfolglos wie kurzzeitige
Versuche mit einem Pferdebus.
Im Jahr 1890 hatte die Einwohnerzahl die
40.000 überschritten, der Bau eines Nahverkehrsmittels
erschien immer dringlicher.
In einer Denkschrift schlugen der Geheime
Regierungsrat a. D. Aue und Ossian Richter,
der Direktor des Speditionsvereins Wallwitzhafen,
1892 den Bau von
elektrischen Straßenbahnen vor,
die vom Kleinen Markt nach
Roßlau, Jonitz und Alten sowie
vom Bahnhof zum Friedhof III
fahren sollten.
Zu diesem Zeitpunkt schaltete
sich die Dessauer Großindustrie
ein. Nach Mitteilungen über Probefahrten
eines Gasmo torwagens
in Dresden schritten die Deutsche
Continental-Gas-Gesellschaft (DCGG)
und die Berlin-Anhaltische Maschinenbau Aktiengesellschaft
(BAMAG) zur Initiative: Am
5. Januar 1893 beantragten beide Firmen gemeinsam
eine Konzession für eine Straßenbahn
mit motorischem Antrieb.
Der Bau der Gasbahn
Am 2. März 1894 gründeten die DCGG und
BAMAG die Dessauer Straßenbahn-Gesellschaft.
Im Vertrag mit der Stadtverwaltung
vom 9. April 1894 über den Bau einer Straßenbahn
ließ sie die Frage der Antriebsart
noch offen. In der Folgezeit begaben sich Abordnungen
aus Dessau zur Besichtigung des
Gasbahnversuchsbetriebes nach Dresden sowie
nach Gera, wo zu dieser Zeit schon eine
elektrische Straßenbahn verkehrte. Aufgrund
der anschließend aufgestellten Kalkulationen
entschied sich die Gesellschaft für den Gasmotorantrieb
nach dem in Dresden ausgeführten
System Lührig. Die BAMAG war zu
diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen ausgeschieden,
dafür waren die Gasmotorenfabrik
Deutz als Lieferant der Motoren und die
Gas Traction Co. London als Inhaberin der
Patente auf die Gasmotorwagen beigetreten.
Der Bau der Dessauer Straßenbahn begann
Ende April 1894 mit dem Verlegen der
Gleise durch die englische Firma Gas Traction
Co. Parallel entstanden auf damals noch
unbebautem Gelände vor der Stadt neben
dem Friedhof III ein Depot sowie auf dem
Gelände der Gasanstalt in der Nähe des
Bahnhofes und als Anbau der Depothalle je
eine Komprimierstation. In beiden Fällen
ließ die Straßenbahngesellschaft kurze
schmiedeeiserne Leitungen zu den Füllständern
an den Endstellen verlegen. Hier konnte
auch Kühlwasser nachgefüllt werden.
Am 17. Oktober 1894 traf der erste Motorwagen
aus Köln bzw. Deutz ein, kurze
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
17
Betriebe
Zeit später folgten acht weitere. Damit erfolgten
zunächst Probefahrten und die Unterweisung
des Personals.
OBEN Ein von einer
Lokomotive gezogener
Zug der Gasbahn;
am Schluss
einer der größeren
Sommerwagen
SLG. HEINZ GLODSCHEI (2)
LINKS Ab dem
28. März 1907 fuhr
die Dessauer Straßenbahn
bis auf den
Markt in Roßlau.
Aufgrund gegen
Ende des Zweiten
Weltkrieges zerstörter
Brücken endete
der Betrieb in den
heutigen Stadtteil
im April 1945 – die
Gleise dienten
später zum Wiederaufbau
in der Dessauer
Innenstadt
OBEN Auf den
Fahrscheinen der
Dessauer Straßenbahn
war das
Liniennetz schematisch
dargestellt
SLG. SIGURD HILKENBACH
LINKS Die Gleisführung
von Gas- und
elektrischer Straßenbahn
auf einer Ende
der DDR-Zeit herausgegebenen
Karte
SLG. REINHARD SCHULZ
Der Betrieb der Gasbahn
Die feierliche Eröffnung der ersten ausschließlich
mit Gasmotorwagen betriebenen
Straßenbahn der Welt fand am 14. November
1894 statt. Am nächsten Tag begann
der reguläre Betrieb auf der 2,5 Kilometer
langen Linie von der Linie Post zum Friedhof
III. Dieser Linie folgte bereits am 6. Dezember
die vom Bahnhof über den Markt
zum Leopolddankstift (seit 1927 Museum
für Naturkunde und Vorgeschichte) mit 1,9
Kilometer Länge.
Im Jahr 1895 stellte die Straßenbahngesellschaft
beide Linien in ihrer endgültigen Ausdehnung
fertig. Dazu verlängerte sie die erste
Strecke von der Post um 800 Meter durch die
Kaiserstraße bis zum Bahnhof sowie die zweite
Linie vom Leopolddankstift durch die Askanische
Straße um einen Kilometer bis zur
Raffinerie. Damit war die geplante erste Stufe
des Straßenbahnnetzes abgeschlossen, die
Streckenlänge betrug 6,2 Kilometer.
Die neun 1894 zur Eröffnung beschafften
Triebwagen waren von van der Zypen &
Charlier in Köln gebaut worden und mit 7-
PS-Motoren der Deutzer Gasmotorenfabrik
ausgestattet. Sie verfügten über zwölf Sitzund
14 Stehplätze. Unter den als Längsbänke
ausgeführten Sitzplätzen befand sich auf
der einen Seite der Motor und auf der anderen
einer der drei Gasbehälter. Außerdem
beschaffte die Straßenbahn gesellschaft noch
zwei offene und zwei geschlossene Beiwagen,
einen Bahnmeisterwagen sowie einen
Schneepflug. Gemäß Fahrplan
sollte morgens von 6.30 bis
9.00 Uhr alle 15 Minuten, danach
alle zehn Minuten ein
Wagen fahren. Die letzte
Fahrt war für 22 Uhr vom
Bahnhof zum Depot vorgesehen.
Doch es stellte sich
schon bald heraus, dass sich
die großen Erwartungen, die
man in den Gasbahnbetrieb
gesetzt hatte, nicht erfüllen. Achsbrüche,
Entgleisungen, Versagen der Motoren und
andere Störungen führten fast täglich zu Betriebsunterbrechungen.
Dadurch sanken die
Einnahmen und stiegen die Reparaturkosten,
so dass kein wirtschaftlicher Betrieb
möglich war. Der angedachte Ausbau des
Streckennetzes für den Gasbahnbetrieb unterblieb
deshalb.
Die Beschaffung neuer Triebwagen mit 10-
PS-Motoren ab 1895 und der durch die 1895
in Dessau gegründete Deutsche Gasbahn-Gesellschaft
ausgeführte Umbau eines Teils der
Wagen zu Gaslokomotiven, die ab Herbst
1897 mit Beiwagen fuhren, brachte keine
Verbesserung. So gab es in der Stadt immer
18 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Dessau
Aus dem Dessauer Hauptbahnhof entstand in den 1920er Jahren diese als Ansichtskarte vertriebene Aufnahme. Die Türme der Johanniskirche,
des Rathauses, der Hauptpost sowie des Museums sind aufgrund von DDR-Neubauten heute nicht mehr sichtbar
SLG. SIGURD HILKENBACH
mehr Stimmen für einen elektrischen Betrieb.
Daraufhin beschloss die Generalversammlung
der Dessauer Straßenbahn-Gesellschaft
am 25. Februar 1899 die Umstellung
– verbunden mit dem Neubau einer
Strecke von der Katholischen Kirche durch
die Albrechtstraße zum Elbhaus.
Der elektrische Betrieb bis 1918
Im Jahre 1900 erfolgten die notwendigen
Umbauarbeiten und die Beschaffung von 15
zweiachsigen Elektrotriebwagen mit offenen
Plattformen von einer der in Breslau ansässigen
Waggonbaufirmen. Zehn Beiwagen
der Gasbahn ließ die Dessauer Straßenbahn-Gesellschaft
zur Weiterverwendung
durch die elektrischen Triebwagen anpassen.
Danach endete am 24. März 1901 der
Gasbahnbetrieb.
Nach einem Tag Betriebsruhe für Restarbeiten
an den neuen Anlagen nahm die Straßenbahn
am 26. März 1901 den elektrischen
Betrieb auf und eröffnete gleichzeitig
die neue Strecke zum Elbhaus. Die Gleise
am Bahnhof waren zuvor so umgebaut
worden, dass die Wagen vom Friedhof III
über Leopolddankstift, Post, Bahnhof,
Markt und Leopolddankstift bis zur Raffinerie
durchgehend verkehren konnten.
Die Strecke von der Katholischen Kirche
zum Elbhaus ließ die Straßenbahngesellschaft
1906 bis Roßlau Markt verlängern,
die Inbetriebnahme des 3,5 Kilometer langen
Abschnittes erfolgte am 28. März 1907.
Dafür beschaffte die Straßenbahn-Gesellschaft
zuvor Anfang 1907 drei weitere
Triebwagen des vorhandenen Typs sowie
vier Beiwagen mit offenen Bühnen aus Breslau.
Zum Wenden der Roßlauer Züge entstanden
am Markt insgesamt drei Gleise.
Aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens
bezog die Dessauer Straßenbahn 1911
bzw. 1914 insgesamt je drei Trieb- und Beiwagen
mit geschlossenen Bühnen. Hersteller
der Triebwagen war die Gottfried Lindner
AG in Ammendorf bei Halle, Hersteller der
Beiwagen die 1901 aus der Deutschen Gasbahn-Gesellschaft
hervorgegangene Dessauer
Waggonfabrik. Ein weiterer Ausbau des
Straßenbahnnetzes erfolgte zunächst nicht.
Die Entwicklung bis 1944
In den 1920er-Jahren richtete die Dessauer
Straßenbahn-Gesellschaft einen umfangreichen
Busverkehr in die Vororte und die
Gemeinden des Umlandes ein. Ab 1924 erneuerte
sie aber auch den Wagenpark der Stra-
Wagenzugänge nach Dessau im Zweiten Weltkrieg
Anzahl Typ Ankunft Herkunft Hersteller/Baujahre Nr. in Dessau weitere Angaben
4 Tw 1939 Kaiserslautern Wismar 1914/1916 13'', 15'', 20'', 21'' 1945 drei KV, ex 15'' ab 1947: Tw 22''
3 Bw 1940 Köln-Mühlheim Köln 1908 37''–39'' >108–110 1945 zwei KV, Bw 110 ab 1947: Bw 113''
3 Bw 1940 Köln-Mühlheim Düsseldorf 1906 40''–42'' >111–113 1945 Bw 111 KV, ab 1947: Bw 103'', 104''
7 Tw 1941 Gießen HaWa 1909/1910 6''–12'' 1945 fünf KV, 1947 ex Tw 10'' Umbau in Bw 114''
1 Tw 1941 Trier SSW 1905 ATw ohne Nr. Schleifwagen, vor 8/1945 ausgemustert
20 Tw 1942 Den Haag Werkspoor/La Brugeoise Tw 35–44 1945 sieben KV, Tw 35, 36, 41 ab 1947:
1905–1907 Tw 23'' bis 25''
davon zehn gleich zu Bw umgebaut Bw 117–126 1945 vier KV, übrige ab 1947: Bw 107'' bis 112''
4 Bw 1944 (ab Werk) Uerdingen 1943 101'', 102'' KSW, zwei KV, übrige beide 1970 a
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
19
Betriebe
ßenbahn. So beschaffte sie 13 Triebwagen mit
unterschiedlicher Fahrgestellbauweise von der
Dessauer Waggonfabrik und versah je einen
Triebwagen von 1901 und 1907 mit geschlossenen
Plattformen, die Beiwagen erhielten
ebenfalls geschlossene Plattformen. Einen Teil
der alten Triebwagen ließ die Gesellschaft zu
Bei- oder Arbeitswagen umbauen. Anfang der
1930er-Jahre führte die Dessauer Straßenbahn
Liniennummern ein. Die Strecke Friedhof III –
Den ex-Gießener Tw 2 fotografierte H. Rose aus Zerbst in den 1950er-Jahren in Dessau als Bw 116.
Zuvor hatte er in der Muldestadt mehrere Umzeichnungen durchlaufen
SLG. REINHARD SCHULZ
Bahnhof – Raffinerie erhielt das Liniensignal
1, die Strecke Raffinerie – Roßlau Markt die
Nummer 3. Lediglich als Verstärker verkehrte
die Linie 2 Markt – Elbhaus.
Dessau entwickelte sich in den 1930er-Jahren
zu einem Industrie- und Rüstungszentrum.
Vor allem im Süden der Stadt entstanden neue
Wohngebiete, die Einwohnerzahl wuchs kontinuierlich.
Der Wagenpark der Straßenbahn
reichte für das parallel steigende Beförderungsbedürfnis
nicht mehr aus. Da Neufahrzeuge
nicht finanzierbar waren, kamen nach
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ältere Wagen
aus anderen Städten nach Dessau – siehe
Kasten. Zur besseren Erschließung der Wohngebiete
im Süden Dessaus ließ die Straßenbahn-Gesellschaft
1942 die Strecke vom
Friedhof III entlang der Heidestraße zur Innsbrucker
Straße und 1943 weiter bis zur Tempelhofer
Straße verlängern. Dort entstand die
erste Wendeschleife des Betriebes. Außerdem
erbaute der Straßenbahnbetrieb für den erweiterten
Fahrzeugpark an der Innsbrucker
Straße eine neue Wagenhalle. 1944 trafen vier
20 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Dessau
LINKS In den 1970er-
Jahren eine alltägliche
„Parade“: In die Haltestelle
am Hauptbahnhof
einfahrende
Straßenbahn der Linie
1 und Stadtbusse neben
einem wartenden
Wagen der Linie 2.
Tw 23 führte an jenem
7. September 1973 die
Bw 112 und 123
SIGURD HILKENBACH
RECHTS Das Museum
für Naturkunde und
Vorgeschichte gehört
zu den Wahrzeichen
der Stadt. Wolfgang
Kaiser aus Wien verewigte
das ehemalige
Stiftsgebäude nach
dem Mauerfall im
Sommer 1990
Das ab den 1970er-
Jahren verwendete
Logo der Straßenbahn
BERNHARD KUSSMAGK
KSW-Beiwagen werksneu in Dessau ein, wovon
zwei kurz danach irreparable Bombentreffer
erlitten.
Das Kriegsjahr 1945
Die gegen Kriegsende zunehmenden Bombardierungen
Dessaus richteten immer größere
Schäden an Anlagen und Fahrzeugen
an. Trotzdem führte die Straßenbahngesellschaft
auch Anfang 1945 den Betrieb weiter
– wenn auch mit Einschränkungen und Unterbrechungen.
Der schwerste Bombenangriff
auf Dessau erfolgte am 7. März 1945
und führte zur völligen Zerstörung des Zentrums
und der angrenzenden Stadtteile. Davon
war auch die Straßenbahn betroffen:
Fast alle Wagen waren beschädigt, viele davon
ausgebrannt, die Gleise und Fahrleitungen
in der Innenstadt komplett unbrauchbar
– ein Betrieb unmöglich. In Trümmern lagen
aber auch der Betriebshof in der Heidestraße
sowie das Unterwerk in der Wallstraße. Da
die 1835/36 gebaute Holzbrücke über die
Elbe im März 1945 abgebrannt und die Brücken
über die Mulde sowie deren Flutgräben
von der Wehrmacht im April gesprengt waren,
bestand keine Verbindung nach Roßlau.
An eine Wiederaufnahme des Straßenbahnbetriebes
war deshalb nach Kriegsende
zunächst nicht zu denken. Die Strecke Rosenhof
– Roßlau wurde im Sommer 1945
schließlich zur Materialgewinnung für die Instandsetzung
der Innenstadtstrecken demontiert.
Mit den von den Beschäftigten der Wag-
Vor dem alten Depot am Friedhof III entstand am 29. Juni 1956 diese Aufnahme eines 1939 aus
Kaiserlautern übernommenen Wagens. Er diente inzwischen als ATw 21
DIETER WALTKING
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
21
Betriebe
Daten & Fakten:
Straßenbahn Dessau
Am 1987 eröffneten Abzweig zur Kreuzbergstraße entstand im Sommer 1994 diese Aufnahme
des 1992 aus Duisburg übernommenen GT8 002 (ex Duisburg 1046). Diese Neubaustrecke
bedient die Dessauer Verkehrs-GmbH heute als Linie 4
WOLFGANG MEIER
Spurweite: . . . . . . . . . . . . . . . . 1.435 Millimeter
Eröffnung Gasbetrieb: . . . . . . . . . . . 14.11.1894
Schließung Gasbetrieb: . . . . . . . . . . 24.03.1901
Eröffnung elektrischer Betrieb:. . . . . 26.03.1901
Max. Netzausdehnung:. . . 1943–45, 14,5 Kilometer
Aktueller Betreiber:
. . . . . . . . . . . . . . Dessauer Verkehrsgesellschaft
Adresse: . . . . . . . . . . . Dessauer Verkehrs GmbH
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich-Köckert-Straße 48
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 06849 Dessau-Roßlau
Telefon: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 03 40/89 90
Netz: . . . . . . . . . . . . . . . www.dvv-dessau.de/v1
Aktuelle Netzlänge: . . . . . . . . . . . . 12 Kilometer
Anzahl Linien:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Fahrgastzahl 2012:. . . . . . . . . . . . . . . 2.129.005
Grundtakt: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Minuten
Einzelfahrschein: . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,60 Euro
Tageskarte: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4,80 Euro
Aktueller Wagenbestand:
• 10 NGT6DE (Bombardier)
• 2 GT8 (Düwag)
• 2 ATw
• 2 HTw: – Tw 28 (Pullman 1928),
in Aufarbeitung
– Tw 30 (Werdau 1925,
Neuaufbau Werdau 1950)
Am 6. Juli 2002 nahm die DVG den Straßenbahnbetrieb auf der neuen Linie zum Junkerspark
in Dessau-Alten auf. Zur Eröffnung der Linie 3 verkehrten neben den damals noch neuen Niederflurwagen
auch die historischen Wagen – die Mitfahrt war frei
KAI MICHAEL NEUHOLD
gonfabrik Dessau reparierten drei Triebwagen
und sechs Beiwagen nahm die Straßenbahn
danach am 15. August 1945 den Betrieb zwischen
Friedhof III und Museum wieder auf.
Ab dem 28. September 1945 erreichten die
Bahnen auch wieder den Hauptbahnhof.
Entwicklung bis in die 1960er-Jahre
Im Jahr 1946 unterstellte die sowjetische Besatzungsmacht
die Dessauer Straßenbahn
der Provinzialverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt,
dem auch die in den Jahrhunderten
zuvor als Anhalt-Dessau politisch eigenständige
Stadt und Region zugeschlagen
worden war. In der Waggonfabrik Dessau
reparierten die Schlosser bis 1946 insgesamt
neun Trieb- und 14 Beiwagen. Nach dem
Wiederaufbau der zerstörten Gleisanlagen
im Süden der Stadt bediente die Straßenbahn
damit ab 1946 auch wieder den Streckenteil
vom Museum bis zur Tempelhofer
Straße. Die übrigen Innenstadtabschnitte
konnten auch nach ihrer Reparatur aufgrund
des Wagenmangels anfangs nicht befahren
werden. Erst nachdem der VEB
LOWA Werdau fünf auf den Fahrgestellen
zerstörter Wagen neu aufgebaute Triebwagen
nach Dessau geliefert hatte, nahm die
1948 dem Kommunalen Wirtschaftsunternehmen
(KWU) der Stadt angegliederte Straßenbahn
am 1. Mai 1950 auch wieder den
Betrieb auf der Linie 3 vom Hauptbahnhof
über den Markt zur Gärungschemie (ehemals
Raffinerie) auf. Linie 2 verkehrte als
Pendellinie zwischen Markt und Rosenhof.
Im Jahr 1951 gliederte die Stadtverwaltung
die Straßenbahn aus dem KWU aus – sie
agierte fortan als VEB Dessauer Verkehrsbetriebe
selbständig. Mit vier LOWA-Trieb- und
einem LOWA-Beiwagen sowie Gebrauchtfahrzeugen
aus Berlin und Leipzig gab es bis
Mitte der 1950er-Jahre eine Stabilisierung des
Fahrzeugparks. In den Jahren 1959/1961 trafen
aus Gotha drei DDR-Einheitstriebwagen
als Zweirichtungswagen in Dessau ein, denen
von 1964 bis 1967 acht Trieb- sowie 14 Beiwagen
in Einrichtungsbauart (T2-62/B2-62
bzw. T2-62/65 & B2-62/65) folgten.
Im Jahr 1963 begann der schaffnerlose
Betrieb auf der mit Solowagen betriebenen
Linie Gärungschemie – Rosenhof zunächst
in der Form mit Fahrgastfluss, ab 1964 waren
alle Fahrzeuge mit Zahlboxen und
Warnlampen ausgerüstet, so dass der vollständige
schaffnerlose Betrieb möglich war.
Ab Mitte der 1960er-Jahre erreichten
der Wiederaufbau des Stadtzentrums und
der gleichzeitige Ausbau des Straßennetzes
für den zunehmenden Individualverkehr
auch die von der Straßenbahn befahrenen
Straßen. Entsprechend zentraler Vorgaben
waren für Dessau in diesem Zusammenhang
auch die Einstellung der Straßenbahn
und der Ersatz durch Busverkehr vorgesehen.
Auf dieser Basis legte der Verkehrsbetrieb
zwischen 1967 und 1974 die Strecken
über den Markt, zur Gärungschemie und
zum Rosenhof still und ließ sie abbauen.
22 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Dessau
Nach einer Sonderfahrt entstand am 30. Januar 1993 diese Aufnahme des HTw 30, des Gotha-Wagens 24 sowie zweier Düwag-GT8. Den Gotha-
Wagen übernahm später ein Privatmann, der zuletzt als ATw genutzte GT8 012 ist seit Fristablauf 2013 abgestellt
KARSTEN RICHTER
Nur für die mit Drei-Wagen-Zügen im 7,5-
Minuten-Takt befahrene Linie Hauptbahnhof
– Tempelhofer Straße standen die
erforderlichen Gelenkbusse nicht zur Verfügung,
so dass hier die Straßenbahn weiterfahren
musste. Erst mit der Ölkrise war
die Einstellung endgültig vom Tisch. Die
Verkehrsbetriebe ließen nun die Gleise der
verbliebenen Strecke vom Bahnhof zur
Wendeschleife in Dessau Süd erneuern und
holten gebrauchte Gothawagen aus Magdeburg
sowie später auch aus Schwerin
und Dresden in die Stadt. Zu diesen kamen
sogar mehrere Rekowagen dazu. Damit
waren alle Alt- und LOWA-Fahrzeuge
schrittweise bis 1978 entbehrlich.
Ab Ende der 1970er-Jahre gab es aber auch
Pläne für Neubaustrecken in die westlichen
Stadtgebiete, zum Waggonbau im Norden
Dessaus und in das Neubaugebiet an der
Kreuzbergstraße. Doch die finanziellen und
vor allem personellen Kapazitäten in der DDR
ermöglichten nur den Bau letzterer Strecke.
Die feierliche Einweihung der in der Höhe des
Friedhofes III von der Heidestraße abzweigenden
Linie 2 fand am 30. April 1987 statt.
Die Entwicklung ab 1990
Das Ende der DDR und die Deutsche Einheit
brachten auch für die Dessauer Straßenbahn
große Veränderungen: Sinkende
Einwohnerzahlen, der Niedergang der
Im Sommer 1994 bediente der GT 009 (ex Duisburgs 1054) auf Linie 1 die Haltestelle Ackerstraße.
Im Jahr 2002 verschrottete die DVG diesen 1964 gebauten Düwag-Wagen WOLFGANG MEIER
Großindustrie und die starke Zunahme
des Individualverkehrs ließen die Fahrgastzahlen
erheblich sinken. Hinzu kamen
stark verschlissene Gleisanlagen und überalterte,
nicht mehr zeitgemäße Fahrzeuge.
Damit stellte sich die Frage nach der Weiterführung
des Straßenbahnbetriebes.
Nach ausführlicher Diskussion in den
städtischen Gremien und Einholung eines
Gutachtens entschied man sich für den Erhalt
und Ausbau der Straßenbahn. Bis
Mitte der 1990er-Jahre ließen die Dessau-
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
23
Betriebe
BSZ, Sporthalle
Köthen
Lindenstraße
Medizinisches
Versorgungszentrum
Köthener Str. Zoberberg-
Mitte
Städtisches Klinikum
3
Ellerbreite
Junkerspark Schule Zoberberg
1
3
4
Dessau-Alten
Auenweg
Hauptbahnhof – Dessau-Süd
Hauptbahnhof – Junkerspark
Hauptbahnhof – Sportplatz Kreuzbergstraße
Straßenbahn
Eisenbahnstrecken
1 km
BSZ, Haupteingang
Junkersstr.
Kleine Schaftrift
* Der Ast zum Sportplatz Kreuzbergstraße wird am Wochenende statt von der
Linie 4 von jedem zweiten Zug der Linie 1 in einer Schleifenfahrt bedient.
2014 © Robert Schwandl (aus Schwandl's Tram Atlas Deutschland)
Rodebillestraße
Robert-Bosch-Straße
Anhalt Arena
er Verkehrs-GmbH (DVG) das Bestandsnetz
erneuern und einen neuen Betriebshof
an der Erich-Köckert-Straße errichten.
1992 übernahm das Unternehmen aus
Duisburg 14 Düwag-GT8, womit es Ende
des Jahres den gesamten Gotha- und Rekowagenpark
ersetzte.
Im Jahr 1997 begann der Neubau der
Strecke vom Museum zum Wohngebiet
Zoberberg im Westen der Stadt. Den ersten
Teilabschnitt bis Kleine Schaftrift
Altener Str.
DESSAU
Hbf
Askanische Str.
Hauptbahnhof
1 3 4
Fritz-Hesse-Str.
August-
Bebel-Pl.
Amalienstraße
Theater
Hauptpost
Friedhofstraße
Am Alten Wasserturm
Wasserwerkstraße
Klughardtstraße
Dessau-Süd
Roßlau
Berlin
Friedhof III
Betriebshof
1
Kavalierstr. Franzstr. Heidestr. Heidestr.
Museum Nord
Dessau Center
Augustenstraße
Kaufhalle
Am Kreuzberg
Dessauer
Verkehrs GmbH
Damaschkestraße
Peterholzstraße
Dessau-Süd
Tempelhofer Straße
Bitterfeld
Mulde
4 *
Sportplatz
Kreuzbergstraße
nahm die DVG am 31. Oktober 2000 feierlich
in Betrieb, der zweite Teilabschnitt
bis zum Junkerspark folgte am 5. Juli
2002. In dieser Zeit beschaffte das Unternehmen
auch zehn sechsachsige Niederflurwagen,
die heute den täglichen Linienverkehr
bestreiten. Von den GT8 sind
noch ein Wagen für den Linien- bzw. Schülerverkehr
sowie zwei Wagen für Fahrschul-,
Sonder- und Winterdienstzwecke
im Bestand. Von den elf anderen sind sechs
Die Begegnung der Tw 307 und 309 hielt Nicolai Schmidt an der Dessauer Hauptpost im Bild fest
Quellen:
• Der Gasbetrieb (System Lührig) für Strassenbahnen.
Herausgegeben von der Deutschen
Gasbahn-Gesellschaft m. b. H. in Dessau 1895.
• Ueber die Gasbahn in Dessau von W. v. Oechelhäuser
in Dessau. Sonderabdruck aus Schilling’s
Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung
Jahrgang 1895, Seite 498,
herausgegeben von Dr. H. Bunte. München
1895.
• Bernhard Heese: 60 Jahre Dessauer Straßenbahn
1894 – 15. November 1954, Dessauer
Kulturspiegel 12/1954.
• Straßenbahn-Archiv, Band 4, transpress,
Ost-Berlin 1984.
Hinweise gaben außerdem
Rolf-Roland
Scholze und Jens Karkuschke,
von denen
spätestens im September
ein Buch über
die Dessauer Straßenbahn
erscheint. Die
Monographie mit
etwa 300 A4-Seiten
Umfang verlegt ein
Verlag aus Dessau.
bereits verschrottet, vier nach Norrköping
verkauft und Wagen 001 zur Verschrottung
freigegeben.
Das 120. Jubiläum 2014
Als Auftakt für das Festjahr eröffnete am
28. April im Saal der Stadtwerke Dessau eine
Ausstellung „120 Jahre Dessauer Straßenbahn
und Dessau-Wörlitzer Eisenbahn“. Bis zum
16. Mai waren dort Dokumente und Fotografien
zur Geschichte der beiden Verkehrsmittel
präsentiert. Neben derartigen Zeitdokumenten
bereicherten ein originaler Straßenbahnfahrschalter,
Straßenbahnmodelle sowie historische
Dienstbekleidung die Schau. Die wichtigsten
Teile von ihr werden voraussichtlich anlässlich
des Stadtfestes, was die Dessauer als Leopoldsfest
jeweils am ersten Juliwochenende feiern,
sowie Ende September gezeigt.
Am 1. Mai startete zudem ein Fotowett -
bewerb: Bis zum 15. August 2014 sucht die
DVG die schönsten Motive von der Dessauer
Straßenbahn und der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn.
Im Rahmen der Europäischen Woche
der Mobilität sind vom 16. bis 22. September
auch die Schautafeln bereits erwähnter Ausstellung
zu sehen. Höhepunkt des Festjahres
sind Themenfahrten mit historischen Triebwagen
am 15. November. Dann sollen sowohl
Tw 30 auch der bis dahin wieder betriebsfähige
Tw 28 zum Einsatz kommen. Einer von beiden
wird in diesem Jahr außerdem noch anlässlich
der Adventsfahrten am 30. November,
7., 14. sowie 21. Dezember unterwegs sein.
HEINZ GLODSCHEI/ANDRÉ MARKS
24 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Nächster Halt: …
Die Schotten dicht machen? Mit der Schott AG in Mainz kann diese Redewendung keinesfalls in Verbindung gebracht werden. Das Unternehmen prosperiert,
so dass die gleichnamige Haltestelle (hier eine Aufnahme vom 1. Juli 2013) zum Schichtwechsel stets gut frequentiert ist MICHAEL BEITELSMANN
Nächster Halt:
Schott AG
Das im Jahr 1884 in Jena durch Otto Schott,
Ernst Abbe und Carl Zeiss gegründete „Glastechnische
Laboratorium Schott & Genossen“
– später firmierend unter Jenaer Glaswerk
Schott & Gen. – ist ein weltweit führender
Hersteller von Spezialgläsern. Durch die Produktion
von hitze- und temperaturbeständigem
Borsilikatglas erweiterte sich das Angebot an
technischen Gläsern, beispielsweise für Thermometer,
Laborgläser, pharmazeutische
Am pullen und Fläschchen, Teegläser sowie Babymilchflaschen.
Später gesellten sich Fernsehkolben
und Glaskeramik-Kochflächen hinzu.
Nach der Enteignung des Stammwerkes in
Thüringen 1948 und seiner Umwandlung in
einen volkseigenen Betrieb siedelten die Geschäftsleitung
und ausgewählte Spezialisten
nach Mainz über. Im Stadtteil Mombach errichtete
Erich Schott 1952 den neuen Firmensitz
der heutigen Schott AG, während das
Stammwerk als VEB Jenaer Glaswerk für den
osteuropäischen Markt produzierte. Nach
dem Beitritt der DDR 1990 wurden beide Unternehmen
vereinigt. Heute beschäftigt die
Schott AG weltweit mehr als 15.400 Mitarbeiter,
davon rund 5.600 in Deutschland.
Schon früh führte die Mainzer Straßenbahn
am heutigen Firmensitz vorbei. Während
die 1890 eröffnete Dampfstraßenbahn
nach Gonsenheim der Mombacher Straße
folgte, verkehrte ab dem 15. Juli 1904 die
nun elektrifizierte Mainzer Straßenbahn über
Bismarckplatz und Waggonfabrik weiter
nach Mombach und ab 1906 auch elektrisch
nach Gonsenheim. Nach Ansiedlung der
Schott AG auf einem früheren Exerzierplatz
dienten die damaligen Linien 7 und 10 auch
der Beförderung der Beschäftigten des Werkes,
so dass die Haltestelle „Schott AG“ eine
wichtige Funktion besaß. Das 1965 errichtete
und 2009 grundlegend modernisierte Verwaltungsgebäude
liegt direkt gegenüber der Haltestelle.
Dahinter erstrecken sich die Werksanlagen.
Nachdem 1963 die Linie 7 nach
Mombach eingestellt wurde, verblieben die
Linien 10 bzw. 11 als wichtige Nord-Süd-Verbindung
auf dem nun arg geschrumpften
Mainzer Straßenbahnnetz. Heute verkehren
hier die Linien 50 und 51 der Mainzer Verkehrsgesellschaft
AG von Hechts heim, Bürgerhaus
nach Finthen, Römerquelle bzw. Finthen,
Poststraße. MICHAEL BEITELSMANN
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
25
Betriebe
Einmal durch
Montanstadt
Duisburgs Linie 901 im Porträt Kaum eine andere
Linie im Ruhrgebiet durchfährt so viele völlig unter -
schiedliche Welten wie sie! Vom beschaulichen Mülheim
geht es auf wackeligen Pfaden durch den Duisburger
Hafen und vorbei an fast bedrohlichen Hochöfen, neben
denen die Stadt ganze Wohnviertel platt macht
26 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Duisburg/Mülheim
Was für ein Inferno! Während auf dem
Thyssengelände glühend heiße Schlacke
ausgekippt wird, hält die 901 einsam
an der Matenastraße. Das Bild ist aus
einem Abbruchhaus entstanden, das
mittlerweile ausgebrannt ist
ALLE FOTOS: CHRISTIAN LÜCKER
Keine Eile! Die Linie 901 macht am
Mül heimer Hauptbahnhof ein paar Minuten
Pause, bevor sie ihre rund einstündige Fahrt
Richtung Obermarxloh Schleife antritt
Sonderlich schön ist es hier nicht! An
den Wänden prangen gelbe und
braune Kacheln. Auf den schwarz gefliesten
Boden sind schmächtige Halterungen
montiert, die olivgrüne Sitzschalen
halten. Und vor einigen Jahren haben ein
paar „ganz Pfiffige“ eine Packung feinen
Blatt spinat an die Wand neben den Gleisen
geklatscht. Der Spinat klebt da heute noch.
Willkommen am Mülheimer Hauptbahnhof!
Die Fahrgäste nehmen die eher schnöde
Erscheinung der Tunnelstation kaum wahr:
Sie hetzen meist gestresst zwischen den Zügen,
der Stadtbahnlinie U18 und den Straßenbahnlinien
102 und 901 hin und her.
Letztere werden wir auf ihrer Fahrt nach
Duisburg-Obermarxloh begleiten. Bis dorthin
sind es eine Stunde Fahrzeit und 22 Kilometer,
die die 901 zu einer außergewöhnlichen
Linie machen.
Seit 2000 bis Hauptbahnhof
Der Anfangspunkt Mülheim Hauptbahnhof
entstand in den 1970er-Jahren. Erst 1998 kam
die Tunnelverlängerung unter der Ruhr mit
den Stationen Stadtmitte und Schloss Broich
hinzu. Seitdem rauscht die Linie 102 unter der
Innenstadt hindurch. Die Duisburger VerkehrsGesellschaft
(DVG) schickt ihre 901 seit
dem Jahr 2000 ebenfalls durch den Tunnel.
Recht unspektakulär ist der Fahrzeugeinsatz
auf der 901: Hier sind ausschließlich die
speziell für Duisburg gebauten vierteiligen
GT10NC-DU unterwegs. Bis zum Verlassen
des Tunnels könnte der Fahrer theoretisch
noch gemütlich ein Butterbrot verdrücken.
Alles, was er tun muss, ist die Start-Taste im
Fahrzeug drücken. Dank der LZB-Technik
macht der Wagen dann alles von alleine: Tü-
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
27
Str.
(
(
Betriebe
Es ist zwar eng, passt aber: Zwischen Speldorf und Broich schieben sich die langen Stadtbahnwagen
vom Typ GT10NC-DU durch eine Eisenbahnunterführung
Rhein
Friedrich-Ebert-Str.
901
Thyssen
Tor 30
Friedrichsplatz
903
Heckmann
Musfeldstr.
Hermannstr.
Morian
Wolfstr.
Marxloh Pollmann Lohstr. Stift
Wilfriedstraße
Markgrafenstr.
Kaiser-Wilhelm-Str.
Ruhrort Bf
Karlstraße
Tausendfensterhaus
Vinckeweg
901
Thyssen Verwaltung
Matenastraße
Thyssen Kokerei
Beeck Denkmal
Brauerei
Stockumer Str.
Neanderstr.
Laar Kirche
Scholtenhofstr.
Ruhrorter Str.
Albertstr.
Kaßlerfelder Str.
Scharnhorststr.
DUISBURG Duisburg Rathaus
Steinsche Gasse
Platanenhof
Brückenplatz
Siechenhausstr.
901
Auf dem Damm
ren schließen, fahren, bremsen, Türen öffnen.
Also: Los geht’s!
Unter der Ruhr durch
Durch den Ruhrtunnel rollen die auf der
901 eingesetzten Wagen der ersten Haltestelle
– Stadtmitte – entgegen. Für einen
millionenschweren Tunnel ist hier zeitweise
erschreckend wenig los. Der folgende
Abschnitt war für die Mülheimer bei der
Eröffnung des Tunnels noch die große Sensation:
Hier geht es unter der Ruhr durch,
(
(
Rhein-Ruhr-Halle
Duisburger Str.
DUISBURG
(
Meiderich
Bahnhof
Duissern
Kaiserpl.
König-Heinrich-
Platz
Kremerstr.
Obermarxloh Schleife
Kopernikusstr.
Hamborn Betriebshof
Kampstr.
Hamborn Rathaus
Emilstraße
Meiderich Süd
U79 ·903
Hamborn Feuerwache
S
903
901
U79
Neumühler Str.
Amsterdamer Straße
Voßstraße
(
DUISBURG
Hbf
Theodor-Heuss-Str.
Landschaftspark Nord
Meiderich Ost
Schweizer
Str.
Lutherpl.
Verlauf der Linie 901 von Mülheim nach Duisburg
Ruhr
DU-Obermeiderich
S2
S1
MH-Monning
112
OB-Sterkrade
Eisenheim
Auszug aus „Schwandl‘s Tram Atlas Deutschland“
OLGA-Park
Bottrop
S3
S3 S
OB-Landwehr
S
MH-Styrum
Broicher
Mitte
Thüringer Straße
Neue Mitte
Oberhausen
Lipperfeld
Feuerwache
OBERHAUSEN Hbf
Luise-Albertz-Halle
bis der Wagen an der Haltestelle Schloss
Broich wieder zum Stehen kommt. Für die
901 heißt es jetzt: Anlauf nehmen! Mit ordentlichem
Schwung geht es ans Tageslicht.
Rechts lässt sich ein Blick auf die
stellenweise sehr desolate Wagenhalle der
Mülheimer Straßenbahn erhaschen. Meist
zeichnen sich in den Glasscheiben an der
Hallenseite die Umrisse der Mülheimer M-
Wagen oder der Niederflurwagen ab.
Das Rumpeln unter dem GT10NC-DU
verrät: Am Ende der Tunnelrampe trennt
(
Obere Marktstraße
Blücherstraße
Hilgenberg
Gathestr.
MH-Willy-Brandt-Schule
Rennbahn
MÜLHEIM Hbf
DU-Zoo/
Jakobstr. Kolkmann Friedrich-Ebert-Str.
Uni
Hansastr.
Rathausmarkt
Stadtmitte
901 Raffelberg
Speldorf Königstr.
Speldorf Bahnhof
Schloss Broich
Betriebshof
Wilhelmstr.
901
Linie
901
MAN TURBO
Duisburg Obermarxloh – Mülheim Hbf
OBERHAUSEN
MÜLHEIM
an der Ruhr
112
Mülheimer
102
112
(
OB-Osterfeld Süd
102
901 U18
S
104
Wertg.
S2
Gelsenkirchen
Sültenfuß Zehntweg
Dümptener Str.
Bessemerstr.
Marienplatz
Mühlenstr.
Buchenberg
S
Mülheim West
Aktienstr.
Feuerwache
Sandstr.
GRAFIK: ROBERT SCHWANDL
112
sich die 901 von ihrer meterspurigen
Schwester. Die Linie 102 verabschiedet
sich mit einem engen Linksbogen in Richtung
Uhlenhorst, geradeaus befindet sich
außerdem noch die meterspurige Zufahrt
zum Betriebshof. Die Linie 901 fädelt sich
dagegen auf die Duisburger Straße ein und
hält dort an der Königstraße. Das tat übrigens
auch schon die 1888 eröffnete
Dampf-Straßenbahn von Mülheim-Broich
nach Duisburg.
Hunderte neue Fahrgäste
Inmitten der Duisburger Straße strebt die
901 die nächste Haltstelle an. Bislang hieß
sie Kolkmann, in diesem Jahr soll sie unter
dem Namen Hochschule neu in Betrieb genommen
werden. Der Namensgeber schießt
gerade rechts der Strecke aus dem Boden:
Auf einem alten Brachgelände wächst der
Campus Mülheim Richtung Himmel, der
der Straßenbahn hunderte neue Fahrgäste
bescheren könnte, wenn die Hochschule im
kommenden Jahr komplett fertig ist.
Langsam zuckelt die 901 weiter in Richtung
Speldorf – für einen kurzen Moment
heißt es jetzt wieder abtauchen! Die langen
Wagen quetschen sich in einem S-Bogen
unter einer engen Eisenbahnunterführung
durch. Direkt dahinter stoppt die Bahn an
der Haltestelle Speldorf Bahnhof. Danach
geht es nahezu schnurgerade in das Speldorfer
Zentrum. Nach einem kurzen Halt an der
Hansastraße zwischen zum Teil noch prunkvoller,
gründerzeitlicher Bebauung steuert die
Bahn die Haltestelle Speldorf Betriebshof an.
Im Gegensatz zum Bahnhof ist der auch
noch vorhanden, heute aber in Form einer
größtenteils leer stehenden Einkaufspassage.
Für Straßenbahnfreunde lohnt sich das Aussteigen
trotzdem. Als kleiner Blickfang steht
auf einem meterspurigen Gleisstück nämlich
ein ehemaliger Stuttgarter Zweiachser vor
der Halle, der bis in die 1970er-Jahre in Mülheim
im Linienbetrieb stand (siehe SM 2/
2014, Seite 73).
„Huch, eine Straßenbahn“
Auf diesem Streckenabschnitt steht die Linie
901 übrigens immer wieder verdatterten Autofahrern
gegenüber, weil sich die Linksabbiegespuren
zum Teil auf dem Gleis in Richtung
Mülheim befinden. Auf die Idee, dass ihnen
auch einmal eine Bahn entgegenkommen
könnte, kommen viele Kraftfahrer nicht.
Weiter geht es durch Speldorf, vorbei an der
Haltestelle Jakobstraße führt die Linie zur
Mülheimer Rennbahn. Die versteckt in Fahrtrichtung
rechts hinter den Bäumen. Die 901
fährt immer noch über die Duisburger Straße
bis zur Haltestelle Raffelberg.
Geschafft! An der nächsten Haltestelle
Monning ist die Stadtgrenze erreicht. Bis
das gelbe Ortsschild endlich Duisburg anzeigt,
rollt die Straßenbahn inmitten der
28 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Duisburg/Mülheim
Daten & Fakten:
Duisburgs Linie 901
Betreiber: . . Duisburger Verkehrsgesellschaft AG
Linienverlauf:. . . . . . . Mülheim Hauptbahnhof –
Duisburg, Obermarxloh Schleife
Linienlänge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Kilometer
Haltestellen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Fahrzeit: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. eine Stunde
Wageneinsatz:. . . . . . . . GT10NCDU, sehr selten
Fahrschul-Tw 1000 (ex GT8)
Tickets: . . . . . . . . . . VRR-Ticket der Preisstufe B,
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfahrt 5,30 Euro
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tageskarte 13,– Euro
Hauptstraße durch ein kleines Waldstück
mit großem Parkplatz. Da, wo tagsüber
brave Familien ihr Auto zum Zoobesuch
abstellen, ist auch nachts eine Menge los.
Dann bieten hier allerdings leicht bekleidete
Damen ihre Dienste an.
Vom Zoo in die City
Der „Höhepunkt“ für die jüngeren Straßenbahnfahrgäste
ist da wohl eher der Blick
nach rechts. Denn kaum rollt die 901 über
Duisburger Boden, strecken die Giraffen
neugierig ihre Hälse aus dem Gehege: Die
Haltestelle Zoo/Uni ist erreicht.
Hier gibt es abseits der Strecke noch eine
dreigleisige Abstellanlage, in der meistens
ein Wagen pausiert: Zwischen Zoo/Uni und
Scholtenhofstraße in Laar verkehren die
GT wochentags im 7,5-Minuten-Takt.
Im Innenhafen fährt die 901 über die Schwanentorbrücke.
In dem Speicherhaus ist mittlerweile
das NRW-Landesarchiv eingezogen.
Dafür hat das Land mitten in das Gebäude
einen riesigen Turm „gepflanzt“
RECHTS Wo was im Duisburger Innenstadttunnel
hält – das erklären Orientierungspläne
Recht zügig wird in diesem Bereich die
Bebauung wieder dichter, bis zur Haltestelle
Schweizerstraße geht es leicht bergab –
abgesehen von verschiedenen Brücken- und
Tunnelrampen das einzige nennenswerte
Gefälle im Duisburger Netz. Anschließend
strebt die Bahn, noch immer als klassische
Straßenbahn, dem Lutherplatz entgegen.
Unter der Erde schlummert noch ein teures
Geheimnis, von dem kaum ein Duisburger
etwas weiß: ein Geisterbahnhof. Ursprünglich
sollte die Straßenbahn nämlich einmal
bis zum Zoo in den Tunnel verdrängt werden.
Die Linie 901 taucht nun in den 1992
zweigeschossig eröffneten Innenstadttunnel
ab. Zu Planungszeiten hatte man noch große
Zukunftsvisionen. Oben fahren die Linien
nebeneinander in die eine Richtung,
unten in die andere. Am Duisburger
Hauptbahnhof spucken die Wagen der Linie
901 täglich tausende Pendler aus, die
hier unter anderem in die Linie 903 nach
Dinslaken und Hüttenheim und in die U79
nach Meiderich und Düsseldorf umsteigen.
Kunst im Tunnel
Nächster Halt: König-Heinrich-Platz – die
Station der Kaufwütigen. Über dem Bahn-
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
29
Betriebe
Auf einer Hafen insel baut die Stadt gerade
zwischen Häusern und Straße eine neue Kanalbrücke
zusammen. Sie wird später über
den Kanal geschoben. Bis dahin fährt die 901
über ein Provisorium. Im Hintergrund links
steht das Tausendfensterhaus
hof schieben sich die Massen durch die Fußgängerzone
in die Geschäfte. Die meisten
Fahrgäste dürften kaum merken, dass sie in
einem echten Kunstwerk ein- und aussteigen.
Der Bahnhof ist nämlich von Gerhard
Richter mitgestaltet worden – er gilt als teuerster
lebender Künstler der Welt. Und so
etwas ausgerechnet im armen Duisburg?!
Auf dem Weg zur Station Rathaus fädelt
sich die 901 schließlich aus dem Doppelstocktunnel
aus und taucht direkt neben
dem Rathaus und der Salvatorkirche wieder
aus den Katakomben auf. „Mama, was ist
mit dem Kirchturm da? – Der ist kaputt“.
„Ja, das ist richtig.“ Um genau zu sein, ihm
fehlt seit dem letzten Krieg die Turmspitze.
Das scheint die wortkarge Mutter so genau
nicht zu wissen. Etwas besser dran ist die
Schwanentorbrücke: Ihre vier Brückentürme
tragen unverändert bis heute die vierspurige
Hauptstraße inklusive der Linie 901.
Langsam tasten sich der GT10NC-DU hier
Tipps für die Mitfahrt
Für die Strecke zwischen Mülheim Hauptbahnhof
und Obermarxloh Schleife ist ein VRR-Ticket der
Preisstufe B nötig. Ein Einzelticket gibt es für 5,30
Euro, die Tageskarte kostet 13 Euro. Reizvolle Fotomotive
gibt es vor allem in Mülheim-Speldorf, im
Bereich des Duisburger Hafens, zu erreichen an
den Haltestellen Albertstraße, Vinckeweg oder Tausendfensterhaus,
in der Ruhrorter Ortsdurchfahrt
vor. Die Brücke überspannt einen Kanal des
Innenhafens – früher wurde sie deshalb
regelmäßig hochgezgen. Wenn ein großes
Schiff durch wollte, musste die Straßenbahn
warten.
Schnell nach links und rechts geschaut:
Am Wasser posieren heute hochmoderne
Bürogebäude und zu Museen und Bars umfunktionierte
Speicherhäuser. Auf der anderen
Seite schießt der Autoverkehr auf der
Hochfelder Brücke über die Hafenschlucht
hinweg. Es ist die eher schmuddelige Seite
Duisburgs. Ab jetzt fahren wir in den Duisburger
Norden. Er ist eine völlig andere Welt
als der fast schon spießige Süden. Im Norden
tobt die Industrie, der Ausländeranteil
ist hoch: Türken, Rumänen, Bulgaren. Hier
ist es normal, dass getunte BMW mit 80 Sachen
durch die Straßen fegen oder selbst junge
Damen mit Kopftuch die Straßenbahnen
am Friedrichsplatz und vor der Kulisse der Thyssen-
Hochöfen in Beeck zwischen den Haltestellen
Brauerei und Beeck Denkmal. Für Fotos im Abbruchstadtteil
Bruckhausen sollte man am besten
an der Matenastraße aussteigen. Auch wenn es
hier besonders bei Nacht schaurig wirkt – nicht abschrecken
lassen! Die Bruckhausener sind größtenteils
sehr bodenständige und offene Menschen.
an den Haltestellen über den Bürgersteig
überholen. An der Albertstraße erreicht die
Linie 901 schließlich vor einem zweispurigen
Kreisverkehr die Hafenbrücken.
Durch den Hafen nach Ruhrort
Ob die schweren Zehnachser heil über die
Brücken kommen? Es kommen leise Zweifel
auf, wenn man sich die Konstruktionen
anschaut. Der Straßenbelag ist unterirdisch,
die Verkehrsinseln verdreckt, die Straßenschilder
teils völlig verschlissen und nicht
mehr lesbar. Im Hintergrund erheben sich
die riesigen Verladekräne und die dampfenden
Schornsteine von Thyssen. Auf mehreren
maroden Bogen- und Kastenbrücken
überquert die Bahn die vielen Hafenbecken.
Ein Blick aus dem Fenster: Schiffe, Wasser
und Kräne – während sich rechts und links
mit lautem Gepolter Autos und Lkw an der
30 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Duisburg/Mülheim
Straßenbahn vorbeischieben. Auf einer Zwischeninsel
stoppt die 901 am Vinckeweg. Der
Verkehr schlängelt sich hier um die erste neue
Brücke herum, die gerade an Land zusammengebaut
wird. Über eine provisorische Kanalbrücke
steuert die Bahn die Haltestelle
Tausendfensterhaus an. Das gleichnamige
Gebäude steht direkt neben der Haltestelle.
Zum Fenster nachzählen reicht der Stopp
nicht, deshalb hier die ernüchternde Wahrheit:
Das Haus hat in Wirklichkeit „nur“ 510
Fenster. Trotzdem: Es sieht beeindruckend
aus. Vor der Karlstraße biegt die 901 in einem
engen Bogen in das Herz des Hafenortes
Ruhrort ein. In Richtung Mülheim liegt hier
übrigens der engste Gleisbogen im Netz – die
Straßenbahnen stoßen hier fast an die Grenzen
ihrer Bogenläufigkeit.
Ruhrort ist eingekesselt von Hafen und
Rhein. Links und rechts zieht direkt neben
den Gleisen Vorkriegsbebauung vorbei. In
den idyllischen, maritimen Seitenstraßen
schmiegen sich prächtige Bäume an schmucke
Fassaden. Schließlich wird die Ortsdurchfahrt
so schmal, dass sich die Strecke teilt
und die 901 sich ihren Weg durch enge Bögen
durch die Straßen bahnen muss. Am
Friedrichsplatz treffen sich die Gleise wieder.
Links neben der Haltestelle schleppt ein
bärtiger Mann einen Kasten Bier zum
Kiosk. Er hätte auch einen Schluck in der
Kneipe „Endstation“ nehmen können. Ein
letzter Zeuge der Zeit, als hier am Friedrichsplatz
noch die Straßenbahnwagen gewendet
haben.
Ruhrpott-Flair in allen Facetten
Einige Fahrgäste schauen nervös auf die Uhr:
Mist! Der Zug fährt gleich! Zum Glück: Nur
wenige Meter weiter legt die 901 ihren nächsten
Halt am Ruhrorter Bahnhof ein. Der geschotterte
Vorplatz ist meist mit Pfützen
übersät. Hastig stöckeln und stapfen die
Fahrgäste über ihn hinweg, um auf einem
einfachen Stumpfgleis die Regionalbahn nach
Oberhausen zu erwischen. Unbeeindruckt
vom morbiden Flair dieses Ortes setzt sich die
Bahn wieder in Bewegung und durchfährt
rauschend eine große S-Kurve. Neben der
Strecke dampft ein riesiges Heizkraftwerk,
direkt dahinter fließt der Rhein vorbei. Die
zehn Achsen rollen schneller. Auf gerader
Strecke geht es zur Haltestelle Scholtenhofstraße
in Laar. Hier endet in der Regel jede
zweite Bahn. Direkt neben der Haltestelle
steht noch der letzte Bauernhof Laars. Als er
im Jahr 1861 hochgezogen wurde, dachte in
Laar noch niemand an Zechen, Stahlwerke
oder Straßenbahnen. Die Zechen sind schon
wieder verschwunden. Und kurioserweise
wird der Bauernhof wohl auch erleben, wie
Die ein gleisige Ortsdurchfahrt im alten Schifferdorf Ruhrort wird oft gezeigt. Der engste Gleisbogen
im Netz hinter der Karlstraße dagegen kaum. Langsam windet sich die 901 um die Ecke
Auf maroden Brücken überquert die Linie 901 den Duisburger Binnenhafen. Wenn sich hier
noch ein Lkw neben die Stadtbahn quetschen will, wird es ganz schön eng
Mitten in Beeck, aber direkt am Werk! Die
Hochöfen mögen für Auswärtige bedrohlich
wirken – aber sie sind typisch für Duisburg
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
31
Betriebe
ein Teil Laars wieder verschwindet. Die 901
fährt jetzt in die zweispurige Friedrich-
Ebert-Straße – eng und ruhig ist es hier, die
Autos müssen die Umgehungsstraße nutzen.
Hier und da tummeln sich Menschen: In
türkischen Gemüsemärkten, den kultigen
Ruhrpott-Trinkhallen, in denen Hassan,
Wolle und Co. sich Ayran und „Lecker Pilsken“
besorgen, bei „Kulübü“ im türkischen
Treff oder im Sommer einfach mit dem Gartenstuhl
am Straßenrand. Hier erfüllt der
Pott jedes Klischee!
Aber die Idylle trügt: Viele Laarer wissen
noch nicht, dass die Stadt Teile ihrer Heimat
zerstören will. Konkret geht es um den
Straßenzug, durch den die 901 fährt. Zwischen
Laar Kirche und dem Ortsausgang
nach Beeck sollen die historisch wertvollen
und teils frisch sanierten Häuser entlang
der Straße abgerissen werden, genau wie
sämtliche zum Teil sanierte und prachtvolle
Backstein-Bauten an der Thomasstraße
und Umgebung. Angeblich wegen hoher
Neben der Strecke …
Duisburg reißt sich
ab: Diese Szene aus
Bruckhausen ist keine
anderthalb Jahre
alt. Trotzdem ist fast
alles auf dem Bild
Geschichte. Der
Hochofen vier ist
abgebaut, die Häuser
in der Dieselstraße
sind verschwunden
und die
Straße soll zurückgebaut
werden
… liegen noch einige Relikte aus der längst vergangenen
Ära der Meterspurstrecken in Duisburg.
In der Friedrich-Engels-Straße am Pollmann in
Marxloh liegt noch ein kurzes Gleisstück, das schon
von der Straßenbahn aus zu sehen ist. Ein längeres
Stück Meterspurgleis hat noch auf der Matenastraße
im ehemaligen Fischerort Alsum überlebt
– zu erreichen ist es aber nur noch über einen großen
Umweg rund um das Thyssen-Werk. Außerhalb
von Laar lässt sich zudem noch Gleisarchäologie in
der Stahlstraße betreiben, dort drücken sich die
schon 1959 stillgelegten Meterspurgleise von Jahr
zu Jahr stärker durch den Asphalt.
Leerstände. Fakt ist: Die meisten Häuser
sind voll bewohnt! Die wenigen leeren
Wohnungen werden aber nicht mehr neu
bezogen. Und Fakt ist auch: Neben Laar
will sich ein Stahlkonzern ausbreiten. Weil
ein gewisser Abstand zur Wohnbebauung
eingehalten werden muss, müssen die Menschen
weichen. Das sind genau die, die
noch jeden Tag an der Haltestelle Laar Kirche
in die 901 steigen.
Treffen an der
Scholtenhofstraße
in Laar, wo wochentags
der 7,5-Minuten-Takt
endet. Die
Hälfte der zum Teil
frisch sanierten
Häuser entlang der
Strecke will die
Stadtverwaltung
abreißen lassen. Im
Hintergrund dampft
die Kokerei
Durch Beeck vor einmaliger Kulisse
Mehrere dunkle Werksbrücken und dicke
Gasrohren unterquerend verlässt die Straßenbahn
Laar in Richtung Beeck. Durch
mehrere Gleisbögen geht es zu den Haltestellen
Neanderstraße und Stockumer Straße.
Mittlerweile ist die 901 in Beeck angekommen.
An der Haltestelle Brauerei zieht
sie an der „König Pilsener“-Brauerei vorbei.
Neben der Strecke schieben ein paar Mädels
vom Balkan eine alte Couch über den Fußweg.
Im Café sitzen ein paar Duisburger,
schlürfen Getränke und wundern sich über
diese Szene offenbar kaum. So ist Duisburg
halt. Und das vor einer gigantischen Kulisse:
Durch die Häuserzeilen erheben sich fast
schon bedrohlich die Hochöfen von Thyssen,
ununterbrochen speit ein Kühlturm Dampf in
die Luft, als wolle er beweisen: Duisburg war,
ist und bleibt die gute, alte Montanstadt! Hier
leben die Menschen noch mit dem Werk.
Heute ist das kein Problem, die Zeiten, in denen
der Staub noch raschelnd auf das Laub
rieselte, sind vorbei. Hinter der Haltestelle
Beeck Denkmal zieht der Verkehr über eine
verkommene Brücke der A42, die Hinweisschilder
dorthin sind völlig verblichen.
Bruckhausen:
Zwischen Stahlwerk und Ruinen
Ab jetzt taucht die 901 in eine völlig andere
Welt ein. Direkt hinter der Autobahnbrücke
mutiert Duisburg zur Geisterstadt. Vor
Hochöfen reihen sich hübsch verzierte Häuser
aus der Gründerzeit. Sie stehen nach subtilem
Druck der Stadtverwaltung alle leer!
Die Fenster sind mit Verschlägen versperrt,
die Türen zugenagelt, die Dächer zum Teil
ausgebrannt. Auf der weiteren Fahrt geht es
durch ein völlig verwüstetes Gebiet. Ein Vorgeschmack
auf Bruckhausen, das direkt hinter
der Haltestelle Thyssen Kokerei beginnt.
Auch hier macht Duisburg Kahlschlag: Der
halbe Stadtteil wird abgerissen. Noch vor
wenigen Jahren war Bruckhausen ein belebtes
Viertel voller Gründerzeitbauten und
einem gut funktionierenden Multikulti-
Mix. Dann begann die systematische Zerstörung:
Ganze Straßenzüge sind schon verschwunden.
Unermüdlich fressen sich die
Bagger durch die Häuserreihen, lassen eine
Stuckfassade nach der anderen mit viel
Staub und Lärm zusammenkrachen.
Durch die zersplitterten Fenster der verlassenen
Häuser lässt sich aus der Bahn oft
noch ein Blick in die leeren Gebäude erhaschen.
Währenddessen spuckt das Thyssenwerk
gegenüber Dampfwolken in den Himmel,
Flammen schießen aus den Kaminen.
Besonders nachts ist die Atmosphäre hier
atemberaubend: Wenn quietschende Eisenbahnwaggons
die Schlacke auskippen, färbt
sich der Himmel über Bruckhausen in ein
feuriges Orange und hüllt die verlassenen
Straßenzüge in ein mystisches Licht.
Am besten lässt sich das im Bereich der
Haltestelle Matenastraße beobachten. Von
dort ist es auch nicht weit zum Matenatunnel.
Durch den verschlungenen Tunnel fuhr
einst die Meterspur-Straßenbahn unter dem
Thyssengelände hindurch in das ausgelöschte
Dorf Alsum am Rhein. Der mittlerweile
32
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Duisburg/Mülheim
In Bruckhausen vernichten die Bagger ein Haus nach dem anderen. Als wäre das alles völlig normal, rollt Wagen 1025 durch die staubige Luft
an der verruchten Kult-Eckkneipe „Schwarzer Diamant“ vorbei, während der Bagger krachend ein großes Dachteil herunter reißt
geschlossene Tunnel ist noch einsehbar und
zum Schutz vor Fledermäusen beleuchtet.
Aber was wird aus Bruckhausen, wenn der
halbe Stadtteil verschwunden ist? Die ernüchternde
Antwort: Ein Park! In etwa
zwei Jahren hält die 901 hier, wo heute zum
Teil noch Häuser stehen, am Rand des so
genannten Grüngürtels, eingerahmt von
Lärmschutzwänden aus Beton.
Fahrt ins Brautparadies
Auf der Fahrt in Richtung Marxloh wirken
die GT10NC-DU neben den riesigen Werkshallen
fast schon winzig. Rechts ragt die
Thyssen-Verwaltung in den Himmel. Für einen
kurzen Moment ist links ein Blick in die
Halle möglich. Glühende Stahlreste, Dampf
aus jeder Ecke – Ruhrpott, wie er leibt und
noch immer lebt! Kurz vor Marxloh fährt
die 901 noch einmal an der gigantischen
Kulisse der Thyssen-Werke vorbei.
Schließlich erreichen wir Marxloh. Wegen
des hohen Migrantenanteils sagt der
Duisburger auch gerne mal „Mürxlüh“.
Passt eigentlich – deutsche Geschäfte gibt es
in Marxloh kaum noch. Dafür Brautkleider
– und zwar massenhaft! Fast nirgendwo in
Europa tummeln sich so viele Brautmodengeschäfte
nebeneinander wie hier.
Während bei Alis Brautshop die Kasse
klingelt, klackern auf der Weiterfahrt nach
Obermarxloh die Radsätze: Eine Gleiskreuzung
– um genau zu sein, die einzige Kreuzung
mit der Straßenbahnlinie 903.
Von jetzt an geht es recht flott in Richtung
Endstelle: bis zur Herrmannstraße geradeaus,
unter der A59 durch und mit einem
Rechtsbogen auf den eigenen Gleiskörper
inmitten der Hauptstraße. Wenn es nach der
Stadt geht, soll auch hier die Wohnbebauung
verschwinden. Die ganze Siedlung rund
um den Zinkhüttenplatz soll einem Outlet-
Center weichen.
Betriebshof ist verschwunden
Am Seniorenheim Morianstift – zum Glück
hat jeder Wagen ein Niederflurmittelteil –
hält die 901 vor dem ehemaligen Hamborner
Bahnhof aus dem Jahr 1912. Anschlie-
Am Pollmann in
Marxloh kreuzen
sich die Strecken
der Linien 901 und
903. Das Werbeschild
am Gebäude
ganz links verrät
es: Marxloh macht
aus Frauen Prinzessinnen!
Hier reiht
sich ein Brautmodengeschäft
an
das andere ...
ßend rollen die Wagen durch eher dünn besiedeltes
Gebiet zur Kampstraße. Hier
konnten die Fahrgäste vor Jahrzehnten einmal
in die Meterspurstraßenbahn umsteigen.
Die Gleisreste lagen sogar noch bis
kurz nach der Jahrtausendwende. Ein letzter
Linksbogen: Jetzt sind es nur noch wenige
hundert Meter bis zur verdienten Pause.
Da, wo früher die hübschen Hallen des
Betriebshofs Hamborn standen, bietet heute
Aldi seine Produkte an. Und endlich:
Nach der Kopernikusstraße ist es geschafft!
Die Haltestelle Obermarxloh Schleife ist erreicht.
Drumherum steht lockere Nachkriegsbebauung
– und ein Klohäuschen.
Das können die Fahrer nach der Tour gut
gebrauchen … CHRISTIAN LÜCKER
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
33
Betriebe
In Algier verfügt die Haltestelle Mouhous über ein drittes Gleis. Gut erkennbar sind auf dieser Aufnahme vom 20. März 2014 die arabische und
die französische Zielschildbeschriftung der in Frankreich produzierten Straßenbahnwagen
ALLE FOTOS: BERNHARD KUSSMAGK
Land im Tram-Baufieber
Neubaustrecken in Algerien Nach der Stilllegung der letzten Algierer Straßenbahnlinie
(1.055 mm Spurweite) im Dezember 1959 war Algerien jahrzehntelang straßenbahnfrei. Seit
diesem Jahrzehnt gibt es aktuell wieder drei Betriebe – und es sollen ein Dutzend folgen!
In diesem Jahrzehnt eröffneten in Algerien
bereits drei Straßenbahnbetriebe: in Algier
am 8. Mai 2011, in Oran am 1. Mai
2013 sowie in Constantine am 4. Juli
2013. Doch das war noch nicht alles, denn in
einem guten Dutzend weiterer Städte sollen
demnächst Straßenbahnen fahren (siehe Grafik).
Die Städte Sidi Bel Abbès (vorgesehen ist
eine Linie), Mostaganem (geplant sind zwei
Linien), Ouargla (eine Linie) und Sétif (zwei
Linien) bauen bereits an neuen Netzen, in
den anderen sind sie geplant. In Annaba öffnete
unlängst ein Citadis-Werk, das im April
2014 das erste Fahrzeug fertigstellte.
Die Einwohnerzahl Algeriens wächst sehr
schnell und die Städte konzentrieren sich im
fruchtbaren und nicht von endloser Wüste
dominierten Norden des Landes. Schnelle,
ökonomische und ökologische Beförderung
einer großen Menge von Passagieren bei
deutlicher Reduzierung des Schadstoffe ausstoßenden
Bus- und Autoverkehrs sind die
erklärten Ziele der breiten Einführung der
Straßenbahn im Lande. Die Bahnen werden
analog zu den neuen französischen Trambetrieben
durch Straßenrückbau systematisch
auf eigener Trasse geführt – bei gleichzeitiger
Aufwertung der durchfahrenen Straßenzüge.
Die Ausgestaltung der Trassierung ist
nicht so hochwertig wie in Frankreich, aber
sie reicht nahe an sie heran. Alle drei Systeme
beschäftigen verhältnismäßig viel Personal.
Es gibt zahlreiche Fahrscheinverkäufer,
es finden umfangreiche Kontrollen statt und
viele Kreuzungen werden wegen der äußerst
gering ausgeprägten Verkehrsdisziplin der
Autofahrer durch Posten gesichert, da rote
Ampeln in Algerien generell missachtet werden.
Zusammenstöße sind daher ein von
den Straßenbahnverwaltungen beklagtes
großes Problem.
Aktuelles aus Algier und Constantine
Wie bereits im Journal 5/2014 gemeldet, erfolgte
am 16. April 2014 in Algier die Verlängerung
der bestehenden und ganztägig
im 5-Minuten-Takt bedienten Straßenbahnstrecke
von der Endhaltestelle Mimouni
Hamoud bis Carrefour Café-Chergui. Die
weitere Verlängerung bis Dergana, die die
Linie auf 23 Kilometer Länge bringen wird,
soll im Juni eröffnet werden.
In Constantine besteht die Straßenbahn
derzeit aus einer 7,8 Kilometer langen Linie
mit 10 Haltestellen, die an allen Wochentagen
von 5 bis 22 Uhr im 5-Minuten-Takt
bedient wird. Sie beginnt am Rand des
Stadtzentrums, durchquert dicht besiedelte
Quartiere, überbrückt auf einer eigens
für die Tram errichteten Brücke die
Schlucht des Flusses Rhummel und führt an
der Mentouri-Universität im Süden der
Stadt vorbei nach Zouaghi Slimane, wo
sich der Betriebshof befindet. Dieser ist
großzügig ausgelegt und beherbergt 27 Alstom
Citadis 302, von denen gegenwärtig elf
benötigt werden. Von hier aus wird die Linie
um 2,7 Kilometer zum Flughafen verlängert,
der damit ab 2015 per Tram an die
34 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Mittelmeer
Algerien
GRAFIK: DR. JÖRG HÄSELER
Innenstadt angeschlossen sein wird. Die
Strecke befindet sich im Bau und auch die
Planung einer längeren Zweiglinie in die
Neustadt Ali Mendjeli ist bereits weit vorangeschritten.
Pläne in Oran
Mit 32 Haltestellen erschließt die Straßenbahn
mit ihrer 18,7 Kilometer langen Linie
bei 62 Minuten Fahrzeit und 4-Minuten-
Takt im Berufsverkehr sowohl den Süden
als auch den Osten der Stadt, in dem sie
einen V-förmigen Verlauf von Senia Université
ins Zentrum und von dort zur Gare
Routier Sidi Maarouf beschreibt. In der Innenstadt
führt sie teilweise durch sehr enge
Straßenzüge, die die Stadtverwaltung verkehrsberuhigt
hat. Das große Depot im
Osten wird via 260 Meter langer Hochbahnstrecke
erreicht. Hier sind die 30 Citadis
302 stationiert, von denen bislang 18 benötigt
werden. Am anderen Endpunkt in
Senia Université besteht ein weiteres, kleineres
Depot, das noch nicht benutzt wird.
Von hier aus wird an einer fünf Kilometer
langen Streckenverlängerung zum Flughafen
gebaut, die 2016 eröffnet werden soll.
An der Haltestelle USTO im Osten der
Stadt sind bereits die Weichen für eine
16,5 Kilometer lange Neubaustrecke mit 28
Haltestellen nach Bir El Djir eingebaut. Mittelfristig
soll das Straßenbahnnetz 52 Kilometer
lang und noch damit umfangreicher
als das 1955 stillgelegte mit 1.055 mm
Spurweite werden, das in seiner maximalen
Ausdehnung acht Linien sowie eine Überlandlinie
umfasste. BERNHARD KUSSMAGK
Constantine: An der
Haltestelle Cité
Kheznadar in Constantine
passiert die
Tram durch Posten
gesichert eine querende
Straße, hier
eine Aufnahme vom
18. März 2014
In Oran fährt die
Straßenbahn an der
Haltestelle M'dina
Eldjadida in Mittellage
einer zurückgebauten
Straße
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
35
Betriebe
Auf schmaler
Spur im Neißetal
Der Meterspurbetrieb zwischen Liberec und Jablonec Sie ist die letzte 1.000-Millimeter-
Straßenbahn in der Tschechi schen Republik – am 14. März 2014 verkehrte sie in bisheriger
Form vorerst zum letzten Mal. Nun beginnen auf zwei Abschnitten umfangreiche Modernisierungen
und Umbauten. Aber was wird dann ab 2015 anders sein?
36 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Liberec – Jablonec
Charakteristische Linienführung
der Überlandstraßenbahn nach
Jablonec (Gablonz) im Tal der
Lausitzer Neiße - hier am Ortseingang
von Prosec (Proschwitz)
mit Tw 23 am 12. März 2014
WOLFGANG MEIER
Am Freitag, dem 14. März 2014, war
der vorläufig letzte Betriebstag auf
der meterspurigen Linie von Liberec
(Reichenberg) nach Jablonec nad
Nisou (Gablonz an der Neiße), der einzig
verbliebenen meterspurigen Überlandstraßenbahn
in der Tschechischen Republik. Doch für
die von den Linien 5 und 11 bediente Strecke
gibt es eine Zukunft: Während einer rund einjährigen
Gesamtsperrung lässt das als AG organisierte
kommunale Verkehrsunternehmen
„Dopravní podnik mest Liberce a Jablonce
nad Nisou“ (DPMLJ) den knapp drei Kilometer
langen Abschnitt von Nova Ruda nach
Vratislavice modernisieren und teilweise zweigleisig
ausbauen. Außerdem wird der Oberbau
zwischen Zelene udoli und Brandl erneuert.
Die meterspurigen Wagen bleiben
während dieser Zeit im Depot, da das übrige
Netz bereits auf Normalspur umgebaut ist.
Der alte Ausgangspunkt in Liberec
Ausgangspunkt für die als Linie 11 geführte
Überlandstraßenbahn war bis zum Jahr 2007
die ursprünglich vom übrigen Innenstadtnetz
isolierte Abfahrtsstelle Fügnerova, eine Parallelstraße
zur Revolucni-Straße, durch welche
die Straßenbahn einst vom Soukenne namesti
(Tuchplatz) aus eingleisig und für Hin- und
Rückfahrt in je getrennten Gassen im bis zu
zehn Prozent steilen An- bzw. Abstieg die
Oberstadt erschloss. Durch Gebäudeabrisse
zwischen Altstadt und Oberstadt schuf die
Stadtverwaltung den Platz, um die Straßenbahn
ab 1984 neu zu trassieren. Mit der zweigleisigen
Strecke war es möglich, die Fügnerova
im August 2008 direkt an die neue
innerstädtische Stammstrecke anzuschließen
und zu einem modernen Umsteigeknoten zwischen
allen Straßenbahnlinien und Bussen umzugestalten.
Seit 14. Mai 2007 befindet sich
der Endpunkt der Linie 11 in der Gleisschleife
unterhalb des Eisenbahnviaduktes der Zittau-Reichenberger
Eisenbahn. Damit wird
auch der Reichenberger Hauptbahnhof mit
einer Seehöhe von 375 Meter durch die steil
bis zur Haltestelle Rybnicek in die Unterstadt
abfallende Strecke von der Überlandlinie bedient.
Die 1966 eingeführte Verstärkerlinie
5 endet je nach Bedarf am Viadukt oder an
der Haltestelle Rybnicek, wo eine Betriebsstrecke
zum Depot abzweigt. Ab 1990 wurden
bei Gleiserneuerungen Dreischienengleise
eingebaut, verkehren die übrigen zwei
Linien in Liberec heute doch regelspurig.
Bisherige Modernisierungen
Liberec – Nova Ruda
Nach Eröffnung des zentralen Umsteigeknotens
Fügnerova 2008 ließ der DPMLJ
den innerstädtischen Teils der Überland-
Der mit einem Niederflurmittelteil versehene
Tw 42 kreuzt am 19. Oktober 2013 in Prosec
mit dem Tw 26 nach Jablonec ULLRICH MÜLLER
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
37
Betriebe
Durch die schrittweise Umstellung der Reichenberger Straßenbahn von Meter- auf Regelspur
gibt es in Liberec heute auch ungewöhnliche Dreischienenweichen und -kreuzungen TINO ANDERS
Aus der Geschichte der Überlandstrecke
Bodenbach
In der nordböhmischen Stadt Reichenberg nahm
im Jahr 1897 – im elf Kilometer entfernten Gab -
lonz hingegen drei Jahre später ein jeweils meter
spuriger Straßenbahnbetrieb den Verkehr auf.
Es lag schon damals nahe, die beiden aufstrebenden
Industrie- und Handelsstädte auch mit
einer Überlandstraßenbahn miteinander zu verbinden.
Die 1888 eröffnete Lokalbahn Reichenberg
– Gablonz – Tannwald erschien einem
schnellen und flexiblen Überlandverkehr langfristig
nicht gewachsen. Doch diese Bestrebungen
scheiterten aus Konkurrenzdenken der
jeweils zuständigen Staatsbahnen Österreich-Ungarns
bzw. der späteren Tschechoslowakei sowie
ab Herbst 1938 auch Deutschlands. Erst 1947
stimmten die neuen Machthaber in Prag einem
solchen Vorhaben zu. Im November 1953 ging
zunächst die 4,5 Kilometer lange Strecke zwischen
Jablonec nad Nisou dolni nadrazi (Gab -
Zittau
Viadukt
11 5
2
Hbf
2 3
Reichenberg /
Liberec
Fügnerova
U Lomu
Nova Ruda
Röchlitz /
Rochlice
Maffersdorf /
Neiße Vratislavice n.N.
5
Lausitzer
Überlandstraßenbahn
Reichenberg - Gablonz
Johannesberg /
Janov
Gablonz /
Jablonec n.N.
Schlag /
Paseky
Brandl
3
Proschwitz /
11
Prosec n.N.
Hbf Depot 1971
aufgelassen
Normalspur
Normalspur in Planung
Meterspur
Meterspur stillgelegt
Depot
Staatsbahn
lonz-Brandl) und Prosec nad Nisou (Proschwitz)
in Betrieb, ein Jahr später der Abschnitt bis Vratslavice
(Maffersdorf) und schlussendlich bis Reichenberg
am 1. Januar 1955. Seit 26. Dezember
1956 gab es auf der 12,5 Kilometer langen Überlandstraßenbahn
eine durchgehende Verbindung.
Die Verkehrsbetriebe von Liberec und Jablonec
stellten je zur Hälfte die für den 15-Minuten-Takt
benötigten und mit Beiwagen behängten sechs
Zweiachser-Garnituren vom Typ MT6 der Baujahre
1953 und älter.
Eine erste Erneuerung der Überlandstrecke
fand zwischen 1972 und 1976 statt. Dabei ließen
die Verkehrsbetriebe erste Abschnitte umtrassieren
und eine Hochkettenfahrleitung installieren.
Die maximale Fahrgeschwindigkeit betrug anschließend
60 km/h. Seitdem kamen ausschließlich
Tatra-Einrichtungstriebwagen vom Typ T3
zum Einsatz, zuletzt meist modernisierte.
P r a g
Reichenau /
Rychnov
Tannwald
strecke von Liberec bis zur Haltestelle
Nova Ruda in drei Abschnitten zweigleisig
ausbauen. Die zuvor sehr bogenreich trassierten
Gleise entstanden dabei nach neuzeitlichen
Gesichtspunkten zugleich in
gestreckter Linienführung völlig neu. Bis
zur Haltestelle „U Lomu“ (Am Steinbruch)
sind die Gleise dreischienig auf
Y-Stahlschwellen befestigt und von dort
aus auf Normalspurholzschwellen, aber
mit Schienen im Meterspurabstand, so
dass zu einem späteren Zeitpunkt eine
Umspurung erfolgen kann. Für diese Modernisierungen
bis Nova Ruda haben die
Verkehrsbetriebe umgerechnet 16,4 Millionen
Euro ausgegeben, überwiegend Fördergelder
der EU.
Von der Station „U Lomu“ ist perspektivisch
eine 1,6 Kilometer lange Neubaustrecke
nach Rochlice (Röchlitz) vorgesehen.
Das Netz der Straßen- und Eisenbahnen zwischen
Liberec und Jablonec GRAFIK: ULLRICH MÜLLER
38
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Liberec – Jablonec
Am östlichen Ortseingang
von Prosec erreicht
am 18. Oktober
2013 eine Doppeltraktion
von Jablonec die
Ausweichsstelle. Rechts
steht ein Blocksignal
ULLRICH MÜLLER
Diese Ortschaft war bereits bis 1960 – allerdings
auf anderem Weg – von der Straßenbahn
erschlossen worden.
Die Baupläne für 2014/15
In den nächsten Monaten wird die Strecke
nun bis zum Ortseingang von Vratslavice
(Maffersdorf) zweigleisig ausgebaut. Die beengte
Ortsdurchfahrt bleibt hingegen bis zur
Wendeschleife weiterhin eingleisig, wird aber
ebenfalls erneuert. Außerdem werden einzelne
Trassenabschnitte zwischen Zelene udoli und
Brandl begradigt und die neuen Schienen dabei
ebenfalls auf umspurbaren Y-Schwellen
befestigt. Des Weiteren sind die Verlegung der
Ausweiche Prosec skola nach Vratislavice
kyselka und der behindertengerechte Ausbau
der Haltestelle Brandl zur kombinierten Bus-
/Straßenbahnstation vorgesehen.
Für diese Arbeiten plant der DPMLJ Kosten
in Höhe von umgerechnet etwa 9,4 Millionen
Euro ein, die wiederum großteils von
der EU als Zuschüsse angekündigt sind.
Das bis zur Station „U Lomu“ liegende
Dreischiengleis wird im Rahmen der aktuellen
Arbeiten noch nicht verlängert – allerdings
kommen bis Vratslavice Y-Schwellen
zum Einbau, womit einer Umspurung auf
1.435 Millimeter zu einem späteren Zeitpunkt
weiter zugearbeitet wird. In der Vergangenheit
sanierte Gleisabschnitte und
Bahnübergänge sind ebenfalls bereits mit
Normalspurschwellen ausgerüstet worden,
so dass diese relativ einfach umgestellt werden
könnten. Die Umspurung der gesamten
Strecke war schon Anfang der 1990er-Jahre
ins Auge gefasst worden. Aber sie unterblieb,
weil die Stadtverwaltung von Jablonec damals
die Abschaffung der Straßenbahn
wünschte.
Die Trassierung
Hinter Nova Ruda erreicht die Überlandstrecke
bei 420 Meter Höhe über dem
Meeresspiegel den Brechpunkt. Von dort
führt sie bergauf/bergab wechselnd stets
Die Straßenbahn in Jablonec
Die am 7. Februar 1900 eröffnete Gablonzer
Straßenbahn erschloss seit dem 10. Mai 1900
das kleine Industriegebiet mit dem Gaswerk in
Brandl. Bis 1950 gab es dort einen Güterumschlag
von der Straßenbahn zur Eisenbahn. In
Gablonz dominierte die Straßenbahn zur Feinverteilung
der von der Glas-, Schmuck- und Textil -
industrie hergestellten Produkte mit einem intensiven
Güter- und Postverkehr. So besaßen
alle drei Gablonzer Postämter entsprechende
Gleisanschlüsse. Mit dem „Wegzug“ – wie die
Vertreibung der deutschen Bevölkerung meist
offiziell bezeichnet wird – zogen auch Wissen
und Arbeitskraft mit, dementsprechend reduzierten
sich Warenabsatz und Produktion erheblich.
Der Güterverkehr mit der Straßenbahn
lohnte sich nicht mehr, 1954 kam die endgül -
tige Umstellung auf Lkw. Der Personenverkehr
fand – bis auf den Restbetrieb der Linie 11 –
am 31. März 1964 sein Ende.
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
39
Betriebe
In Nova Ruda endete bisher
der zweigleisig ausgebaute
Abschnitt. Gut sichtbar die
Holzschwellen, die eine
spätere Umspurung auf
1.435 mm ermöglichen
ULLRICH MÜLLER (2)
Quellen:
• Anton Schlupek: „Die Straßenbahnen in
Reichenberg und Gablonz“, in: „Straßenbahn-Magazin“,
Heft 5/1974.
• Jiri Vogel: „Die Zukunft des ÖPNV in
Liberec (Reichenberg/CSSR)“, in: „Stadtverkehr“,
Heft 3/1985.
• „Gleise in schlechtem Zustand“, in: „Stadtverkehr“,
Heft 2/1991.
• Helge Mai u. a.: „Straßenbahn im Iser -
gebirge“, in: „Stadtverkehr“, Heft 9/1993.
• Gerhard Bauer u. a.: „Straßenbahnen in der
Tschechischen und Slowakischen Republik“,
Dresden 1995.
auf eigenem Bahnkörper in Seitenrandlage
der Straßen und Wege nach Vratislavice.
Ganz in der Nähe der Haltestelle Kostel
(Kirche) hat in einer kleinen Grünanlage
eine im Original erhaltene Gedenktafel
Internet:
• Transport Gesellschaft Liberec und
Jablonec – Historie 1895 bis 1981 (in
Deutsch mit historischen Fotos):
www.dpmlj.cz/historie/tramvaje-v-liberci/jablonci
• „Straßenbahnen in Liberec & Jablonec“ in
Deutsch:
www.strassenbahn-liberec.de
• Baustellenfototagebuch mit aktuellen
Aufnahmen:
http://boveraclub.drat.eu/index.php?page=
home&read=2014032921164713
von Franz Joseph I. über die Erhebung
Maffersdorfs 1906 zur Marktgemeinde
die Wirren der Zeit überlebt. In einem
langgestreckten S-Bogen neigt sich die
Strecke danach wieder hinab in das Tal der
Zittauer bzw. Lausitzer Neiße. Am Ortsende
wendet die Verstärkerlinie 5 an der
Haltestelle Vratislavice vyhybna. Die Linie
11 verläuft nun meist auf eigenem Bahnkörper
oder maroden Dorfstraßen sehr romantisch
im mit Obstwiesen und verstreuten
Siedlungen durchsetzten Tal der
Lausitzer Neiße. Auf halber Höhe des südlichen
Talhanges begleitet die Staatsbahn
die Straßenbahnstrecke, die aber – um der
Straßenbahn keine Konkurrenz zu machen
– an den meisten Bahnhöfen nicht hält.
Im Bereich von Jablonec
Kurz vor dem Bahnhof Jablonec nad Nisou
dolni nadrazi (Gablonz-Brandl) verlässt die
Straßenbahn in einem steigungsreichen S-
Bogen die Talaue und führt in Seitenrandlage
der Hauptverkehrsstraße am Empfangsgebäude
des Bahnhofes Brandl vorbei zur
gleichnamigen Ausweiche, die ihren alten
Namen behalten hat. Dann geht es noch
800 Meter in Seitenrandlage weiter, um
40 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Liberec – Jablonec
Die Endschleife in Jablonec. Als Ersatz für die 600 Meter entfernt im Zentrum aufgelassene Wagenhalle
entstand hier eine Untersuchungsgrube ohne Überdachung
WOLFGANG MEIER
Neuer Fahrzeugtyp in
der Erprobungsphase
kurz vor der Innenstadt von Jablonec in einem
scharfen Rechtsbogen zur in einer
Grünanlage befindlichen Endschleife abzubiegen.
Einen Anschluss an das Stadtbussystem
gibt es hier nicht, dafür aber inmitten
der Wendeschleife eine nicht überdachte
Untersuchungsgrube. Bis 1972 führte die
Straßenbahn noch 600 Meter weiter an den
Rand der Innenstadt.
Verkehr und Betrieb
Obwohl das durchfahrene Gebiet recht
dünn besiedelt erscheint, füllen sich die
Straßenbahnwagen nicht nur in Vratislavice
und an den beiden Endhaltestellen
schnell, sondern auch die Unterwegshalte
sind frequentiert. Das liegt an der in der
Tschechischen Republik geringeren Dichte
von 427 Pkw als 517 in Deutschland
pro 1.000 Einwohner. Bei einem durchschnittlichen
Monatseinkommen von umgerechnet
900 Euro beträgt der Fahrpreis
für die einfache Fahrt zwischen Reichen-
Parallel zur Erneuerung der Gleise nach Vratislavice
ist die Beschaffung von zwölf regelspu rigen Niederflurbahnen
des Typs EVO 2 vorgesehen. Derzeit
ist der sechsachsige Gelenkwagen Nr. 86 in der
Erprobungsphase im Fahrgastbetrieb. Die neuen
Bahnen haben eine Länge von 21,95 Meter, eine
Breite von 2,56 Meter und bieten Platz für 161 Fahrberg
und Gablonz 22 Kronen, was 90
Cent entspricht. Die Tageskarte für alle Linien
in beiden Verkehrsgebieten einschließlich
der Überlandstrecke kostet 100
Kronen (3,90 Euro).
Bis zum 14. März 2014 waren in fast jedem
Zugverband neu karossierte Tatras
vom Typ T3R.PLF eingesetzt, die seit 2005
aus Fahrzeugen der Typen T2R und T3 mit
33 Prozent Niederfluranteil entstanden sind
und gegenüber den Originalen einen um
1.000 Millimeter verlängerten Wagenkasten
aufweisen. Sie bieten jeweils 110 Fahrgästen
Platz, je nach Bestuhlung gibt es zwischen
24 und 32 Sitzplätze. Auf der Linie
gäste (46 Sitzplätze). Der minimale befahrbare Radius
beträgt 18 Meter, die Höchstgeschwindigkeit
65 km/h. Im Gegensatz zu den über 30 Jahre alten
Tatrawagen dröhnen die ansonsten bequemen Fahrzeuge
innen wie außen, worüber sich bereits erste
Anwohner beschwerten. Die Aufnahme entstand
2013 kurz vor der Zentralhaltestelle Fügnerova.
11 kommen vorrangig die Wagen mit hoher
Sitzplatzzahl zum Einsatz. Aber auch
die beiden letzten in Liberec vorhandenen
Tatra-T2 (Nr. 18 und 19 – beide über 50
Jahre alt) kamen bis zum März häufig auf
der Linie 11 zum Einsatz. Ab 17 Uhr sowie
an den Wochenenden verkehrten Solowagen.
Aufgrund des schlechten Oberbauzustandes
betrug die technisch mögliche
Höchstgeschwindigkeit noch 40 km/h, die
Durchschnittsgeschwindigkeit bei zuletzt
28 Minuten Fahrzeit 23,6 km/h. Die eingleisige
Strecke wird durch einen Streckenselbstblock
mit vierbegriffigen Lichtsignalen
gesichert.
ULLRICH MÜLLER
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
41
Fahrzeuge
Von der Kopie zum
Original aus Berlin
GT6 und GT8 der DWM/Waggon Union für Darmstadt und Karlsruhe Zwischen 1959
und 1990 entstanden in Berlin insgesamt 194 sechs- und achtachsige Gelenktriebwagen. Fast
drei Viertel davon kamen nach Südhessen und Nordbaden. Aber wie haben sich die Gelenkwagen
bewährt und wann sind die ersten aus dem Dienst ausgeschieden? Wo sind sie geblieben?
42 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Gelenkwagen der DWM/WU
Mitte der 1950er-Jahre bestand
auch in Westdeutschland ein Bedarf
an neuen Straßenbahnwagen
– viele Städte wollten auf
das leistungsfähige Nahverkehrsmittel nicht
verzichten und beschafften neue Fahrzeuge,
um den teils völlig überalterten Betriebsmittelpark
zu ersetzen. Die in dieser Zeit entstandenen
Großraumwagen waren dazu ein
erster, wichtiger Ansatz. Noch mehr Erfolg
versprachen aber für Netze ohne Wendeschleifen
als Zweirichtungsfahrzeuge ausgeführte
Gelenktriebwagen. Die von der Düsseldorfer
Waggonfabrik AG (Düwag) ab
1956 gebauten Sechsachser (GT6) sowie die
erstmals 1958 gefertigte achtachsige Version
(GT8) kamen daher genau im richtigen Moment
auf den Markt. Die Verkehrsbetriebe
vieler Städte zeigten sich von den leistungsfähigen
Fahrzeugen sehr angetan. Egal ob
als Ein- oder Zweirichtungswagen ausgeführt
– mit den GT6 und GT8 traf die Düwag
einen gewissen Nerv. Die Gelenktriebwagen
trugen so maßgeblich dazu bei, dass
das Unternehmen in der Bundesrepublik
eine marktbeherrschende Position erlangte.
Konkurrenz-Versuche zur Düwag
Ab Ende der 1950er-Jahre sprangen mehrere
andere deutsche Fahrzeughersteller auf
den „Gelenkwagen-Zug“ der Düwag auf.
Sie fertigten dabei entweder in Lizenz (zum
Beispiel die Waggonfabrik Rastatt und die
Arbeitsgemeinschaft der Kasseler Waggonindustrie)
oder entwickelten eigene Gelenktriebwagen
– am bekanntesten sind darunter
die von der Maschinenfabrik Esslingen
gelieferten GT6 bzw. die in großer Stückzahl
gefertigten GT4.
Eigene Wege ging ebenfalls die in Berlin-
Borsigwalde ansässige Deutsche Waggonund
Maschinenfabrik GmbH (DWM). Als
dieses Unternehmen den in Köln geborenen
Eugen Cramer im Juni 1958 zum Leiter des
Konstruktionsbüros ernannte, suchte dieser
rasch nach Möglichkeiten, den von der Düwag
in Düsseldorf erreichten Erfolg nach
Berlin zu holen.
Die spezielle Situation der unter den Siegermächten
des Zweiten Weltkrieges aufgeteilten
Stadt brachte für diesen Produktionsstandort
mehrere Vorteile mit sich, die Axel
Reuther bereits in seinen Beiträgen über die
Gelenkwagen aus Berlin in den Heften 6
und 7 des STRASSENBAHN MAGAZIN-
Jahrganges 2007 dargestellt hat.
Obwohl Cramer noch Anfang der
1940er-Jahre an der Entwicklung des Einheitsstraßenbahnwagens
(ESW) beteiligt
war und sich Ende der 1950er-Jahre über
mangelnde Versuche einer Typisierung von
damals produzierten Straßenbahnwagen beklagte,
war er es, der in Berlin die Konstruktion
eines eigenen sechsachsigen Gelenktriebwagens
forcierte. Zwar orientierte
sich die DWM 1958/59 noch an den
Düwag-Wagen und fertigte die Tandemantriebe
der Triebdrehgestelle und Falttüren
direkt in Lizenz nach Düsseldorfer Vorbild;
das Laufgestell und Gelenkportal waren
hingegen Berliner Neuentwicklungen.
Dennoch ähnelten die 1959 von der
DWM gefertigten GT6 den „Originalen“
der Düwag. Dazu trug vor allem die Frontgestaltung
bei, welche ebenfalls durch eine
schräggestellte, sich pfeilförmig nach oben
verjüngende Stirnscheibe geprägt war. Den
elektrischen Teil der Wagen steuerte die
BBC aus Mannheim bei.
Verkehrsbetriebe Karlsruhe
als erster Abnehmer
Erste Interessenten an sechsachsigen Gelenktriebwagen
aus Berlin waren die Kölner und
die Karlsruher Verkehrsbetriebe. Die von der
DWM für Betriebe in Nordrhein-Westfalen
produzierten Wagen sollen in diesem Beitrag
weitestgehend ausgeklammert bleiben, da
über die dort eingesetzten Fahrzeuge aktuell
zahlreiche Berichte schon erschienen sind
bzw. demnächst erscheinen sollen.
Einer der Hintergründe für die Bestellung
aus Nordbaden dürfte in der Unterneh-
Der 1990 von der Waggon Union
gebaute Tw 9119 vom HEAG-Typ
ST12 war am 4.März 2013 wie
so oft mit einem Beiwagen in
Darmstadt-Kranichstein unterwegs
MICHAEL KOCHEMS
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
43
Fahrzeuge
Die von der DWM als Einrichtungswagen ausgeführten GT6-EP orientierten sich an den Düwag-
GT6 aus den 1950er-Jahren, waren aber Eigenkonstruktionen SLG. AXEL REUTHER (2)
mensgeschichte der DWM versteckt liegen –
die Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik
war einst auch aus einer Karlsruher Metallpatronenfabrik
hervorgegangen. Gemäß den
Bestimmungen des Versailler Vertrages änderte
die DWM 1922 ihre Firmenbezeichnung
in Berlin-Karlsruher Industrie-Werke
AG (BERKA – ab 1936 wieder DWM).
Nach dem Zweiten Weltkrieg firmierte der
Karlsruher Teil der DWM als Industrie-
Die DWM bzw. Waggon Union
Die Ursprünge des hier beschriebenen Gelenkwagenherstellers
liegen in verschiedenen Rüstungsbetrieben,
die sich bereits im Deutschen Kaiserreich
1896 zur Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken
AG (DWM) zusammengeschlossen hatten. Nach
verschiedenen Umbenennungen – stets im Spiegelbild
der jeweiligen politischen Entwicklungen –
firmierte das Berliner Stammwerk in Wittenau ab
den 1950er-Jahren als „Deutsche Waggon- und
Maschinenfabriken GmbH“. Es benutzte jedoch
weiterhin das Logo des Rüstungsherstellers, wie
auch die Abkürzung DWM unverändert blieb. Das
Produktionsprofil entwickelte sich hingegen tatsächlich
weg von Kriegsmaterial hin zu
Schienen- und Straßenfahrzeugen unterschiedlichster
Art. Stand anfangs die
Reparatur von S-Bahnzügen und Berliner
Straßenbahnwagen im Mittelpunkt, so
entstanden später Busse und ab 1959
auch Straßenbahngelenktriebwagen für
Karlsruhe, Köln, Essen und Darmstadt.
Im Jahr 1971 fusionierten die DWM
mit der SEAG Waggonbau in Dreis-Tiefenbach
(seit 2000 ein Stadtteil von
Werke Karlsruhe AG (IWK), zwischen Berlin
und Karlsruhe bestanden aber freundschaftliche
Kontakte weiter.
Hatten die Verkehrsbetriebe Karlsruhe
(VBK) zwischen 1954 und 1958 zunächst
23 vierachsige Großraumtriebwagen und
zehn Großraumbeiwagen aus Rastatt bezogen,
so bestellten sie 1958 in Berlin fünf
sechsachsige Gelenktriebwagen. Gemäß
Axel Reuther (1) war es dabei ein Wunsch
Netphen) und der Rheinstahl Transporttechnik zur
Waggon Union (WU). Firmensitze befanden sich
fortan in Berlin-Borsigwalde sowie Netphen (Kreis
Siegen).
Knapp 20 Jahre später kaufte 1990 ABB Henschel
die Waggon Union auf, welche später zunächst
in die Firma ADtranz überging, die wiederum
später im kanadischen Bombardier-Konzern
aufging. Während Bombardier heute in Netphen
bei Siegen seinen Produktionsstandort für Drehgestelle
betreibt, ist der Standort Berlin heute als
„Fahrzeugwerke Miraustraße (FWM) GmbH“ in
Reinickendorf aktiv.
der VBK, dass die GT6 den im selben Jahr
von der Albtal Verkehrs-GmbH (AVG) in
Düsseldorf bestellten GT6 hinsichtlich Länge
und Breite weitestgehend entsprachen.
Reuther schreibt: „Äußerliche Unterschiede
ergaben sich durch den größeren Abstand
zwischen Fensteroberkante und Dachunterkante
und die im oberen Bereich etwas abgewandelten
Stirnfronten …“ Das von der
DWM entwickelte Gelenkportal ermöglichte
eine größere Durchgangsbreite als bei anderen
Gelenkwagen. Den Bühnenbereich
deckte das Berliner Unternehmen mit einem
hochgezogenen Gummituch ab, das zugleich
als Klemmschutz fungierte. Weitere
technische Details findet man in Reuthers
Text von 2007 (1).
Die Berliner GT6 bewähren sich
Die fünf 1959/60 aus Berlin in Karlsruhe
eingetroffenen GT6 bewährten sich sehr
gut. Sie kamen im Schwerpunkt auf der
Stadtbahn Karlsruhe im Albtal zwischen der
Karlsruher Innenstadt und Herrenalb zum
Einsatz. Da die VBK von Anfang an von einem
bedarfsweisen Einsatz auf der Albtalbahn
ausgegangen waren, verfügten die als
Tw 142 bis 146 geführten Fahrzeuge ab
Werk über zwei Stirnlampen, eine Sicherheitsfahrschaltung,
eine Warnpfeife sowie
eine elektropneumatische Schützensteuerung
für den Einsatz im Zugverband. Aus
letzterem Grund führten die VBK die Wagen
als GT6-EP – der Zusatz „EP“ verschlüsselte
das Wort „elektropneumatisch“.
In den 1960er- und 1970er-Jahren bestellten
die VBK in Berlin innerhalb fünf Serien
in Summe weitere 57 Sechsachser. Sie
belegten die Betriebsnummern 147 bis 176
Werkfoto eines für Karlsruhe gebauten GT6-EP
Mit den für Darmstadt gebauten
GT8 vom HEAG-Typ ST11 warb die
WU 1983 für neue Kunden
44 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Gelenkwagen der DWM/WU
Bei einer Ausstellung in Essen
präsentierte die DWM 1960 den
für die Verkehrsbetriebe Karlsruhe
gebauten GT6-EP Nr. 143
GERD LEIMBACH, SLG. VDVA
sowie 189 bis 215. Die in den Jahren 1972
und 1978 gebauten Wagen trafen in Karlsruhe
dabei mit einem Fabrikschild der
Waggon Union ein, in welcher die DWM
1971 aufgegangen war. Da sie anstatt mit
einer elektropneumatischen Steuerung mit
einer direkten Steuerung versehen waren,
führten die VBK alle 57 zwischen 1961 und
Die Namen der
Karlsruher GT6-EP
Nummer Berliner Name Sektor
142 Wittenau (Reinickendorf) französisch
143 Britz (Neukölln) amerikanisch
144 Buckow (Neukölln) amerikanisch
145 Rudow (Neukölln) amerikanisch
146 Johannisthal (Treptow) sowjetisch
1978 gebauten Wagen unter der Bezeichnung
GT6-D. Wiesen die fünf GT6-EP eine
Wagenbreite von 2,40 Meter auf, so waren
die GT6 mit direkter Steuerung 2,37 Meter
breit. 30 Fahrzeuge dieses Typs erhielten
zwischen 1975 und 1991 ein Mittelteil und
verkehrten anschließend als GT8.
Die nicht auf der Albtalbahn verwendbaren
GT6-D kamen zunächst auf der am
stärksten belasteten Straßenbahnlinien 1
von Durlach nach Knielingen zum Einsatz.
Nach dem Bau von Wendeschleifen waren
sie jedoch nach und nach auf alle Strecken
anzutreffen. Gemeinsam mit den GT6-EP
lösten die GT6-D dadurch bis 1972 alle
Zweiachser der Karlsruher Straßenbahn ab.
Auf der Linie 1 und 2 (Durlach – Rheinstrandsiedlung)
verkehrten die Tw 165 bis
173 ab 1983 teilweise in Traktion mit Düwag-Sechsachern.
Später bildeten die VBK
Innenaufnahme eines für Karlsruhe gebauten
GT6-EP. Das Gelenk deckt ein Gummituch ab
WERKFOTO, SLG. PAUL-HEINZ PRASUHN, ARCHIV AXEL REUTHER (2)
auch gemischte Züge mit Düwag-Achtachsern.
Gemeinsam mit den achtachsigen Gelenktriebwagen
stellten die GT6 bis zum
Eintreffen der Niederflurwagen in den
1990er-Jahren das Rückgrat der VBK dar.
Das Ausscheiden der GT6
Die Ausmusterung der Karlsruher GT6 begann
(vom 1967 verunfallten Tw 154 abgesehen)
1986 und zog sich bis ins Jahr 2000
hin. 1995 lösten neu eintreffende Wagen die
fünf zuvor auch auf den Straßenbahnlinien
Karlsruhes eingesetzten GT6-EP komplett
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
45
Fahrzeuge
Am 17. September 1995 fotografierte
Wolfgang Kaiser einen der 22 im Jahr 1975
durch Einfügen eines Mittelteils zum GT8-D
umgebauten ehemaligen GT6 in der
Karlsruher Innenstadt
ab. Den Tw 142 ließen die VBK im gleichen
Jahr verschrotten, die Tw 143 bis 146 verkaufte
sie 1995 nach Rumänien, wo die
Fahrzeuge im Jahr 2002 in Timisoara nach
insgesamt 43 Dienstjahren ausschieden und
verschrottet wurden.
Von den GT6-D ließen die VBK in den
1980er- und 1990er-Jahren mehrere Exemplare
zu Sonderwagen umbauen. So entstand
beispielsweise 1990 aus dem Tw 155 ein
Fahrradtransportwagen für die Albtalbahn
(2005 ausgemustert). Die A-Teile der Tw 158
Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Auch bei den für die VBK gebauten GT8-D orientierte sich die DWM an der Düwag SLG. AXEL REUTHER
und 164 sind hingegen der Ursprung des
sechsachsige Schleifwagens 89 (ab 1994
ATw 489). Das A-Teil von Tw 151 war die
Basis für einen vierachsigen Batteriebeiwagen.
Der 1963 gebaute Tw 167 ist hingegen
bis heute als Museumswagen im Zustand
der 1980er-Jahre erhalten und als Sechsachser
in Dienst.
Zwischen 1967 und 1992 ließen die VBK
andererseits ein Dutzend GT6-D verschrotten
– zehn andere gab das Unternehmen
1995 bzw. 2000 nach Timisoara ab, wo
fünf bis heute verwendet werden. Dabei
handelt es sich um die ehemaligen Tw 166,
168 sowie 170 bis 172.
Die GT8-D der
Verkehrsbetriebe Karlsruhe
Nach dem Erfolg mit den sechsachsigen
Gelenktriebwagen aus Berlin bestellten die
VBK Ende der 1960er-Jahre bei der DWM
eine Serie von zwölf achtachsigen GT.
Wieder orientierten sich die dortigen Konstrukteure
an den entsprechenden Wagen
aus Düsseldorf. Im Jahr 1969 trafen die
als GT8-D geführten Fahrzeuge in Nordbaden
ein. Die dreiteiligen Einrichtungs-
Gelenktriebwagen besaßen an Bug und
Heck konventionelle Drehgestelle, während
die Mittelteile jeweils auf zwei Ja-
46 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Gelenkwagen der DWM/WU
Die Namen der Karlsruher GT6-D (mit Umbaujahr zu GT8-D)
Nr. Berliner Name Sektor
147 Niederschöneweide (Treptow) sowjetisch
148 Adlershof (Treptow) sowjetisch
149 Altglienicke (Treptow) sowjetisch
150 Bohnsdorf (Köpenick) sowjetisch
151 Schmöckwitz (Köpenick) sowjetisch
152 Müggelheim (Köpenick) sowjetisch
153 Rahnsdorf (Köpenick) sowjetisch
154 Friedrichshagen (Köpenick) sowjetisch
155 Oberschöneweide (Treptow) sowjetisch
156 Friedrichsfelde (Lichtenberg) sowjetisch
157 Schöneberg amerikanisch
158 Tiergarten britisch
159 Wedding französisch
160 Kreuzberg amerikanisch
161 Charlottenburg britisch
162 Spandau britisch
163 Wilmersdorf britisch
164 Steglitz amerikanisch
165 Tempelhof amerikanisch
166 Neukölln amerikanisch
167 Reinickendorf französisch
168 Zehlendorf amerikanisch
169 Mitte sowjetisch
170 Treptow sowjetisch
171 Prenzlauer Berg sowjetisch
172 Friedrichshain sowjetisch
173 Köpenick sowjetisch
174 Lichtenberg 1991 sowjetisch
175 Weißensee 1975 sowjetisch
Nr. Berliner Name Sektor
176 Pankow 1975 sowjetisch
189 Staaken (Spandau) 1975 britisch
190 Haselhorst (Spandau) 1975 britisch
191 Siemensstadt (Spandau) 1975 britisch
192 Gatow (Spandau) 1975 britisch
193 Kladow (Spandau) 1975 britisch
194 Schmargendorf (Wilmersdorf) 1975 britisch
195 Lichterfelde (Steglitz) 1975 amerikanisch
196 Lankwitz (Steglitz) 1975 amerikanisch
197 Mariendorf (Tempelhof) 1975 amerikanisch
198 Marienfelde (Tempelhof) 1975 amerikanisch
199 Lichtenrade (Tempelhof) 1975 amerikanisch
200 Pichelsdrof (Spandau) 1975 britisch
201 Moabit (Tiergarten) 1975 britisch
202 Halensee (Wilmersdorf) 1975 britisch
203 Stralau (Friedrichshain) 1975 sowjetisch
204 Eichkamp (Charlottenburg) 1975 britisch
205 Ruhleben (Charlottenburg) 1975 britisch
206 Westend (Charlottenburg) 1975 britisch
207 Hakenfelde (Spandau) 1975 britisch
208 Friedenau (Schöneberg) 1975 amerikanisch
209 Grünau (Köpnick) 1980 sowjetisch
210 Karlshorst (Lichtenberg) 1980 sowjetisch
211 Märkisches Viertel (Reinickendorf) 1980 französisch
212 Wilhelmsruh (Pankow) 1980 sowjetisch
213 Schönholz (Pankow) 1980 sowjetisch
214 Steinstücken (Zehlendorf) 1980 amerikanisch
215 Tegel (Ort) (Reinickendorf) 1980 französisch
kobsdrehgestellen ruhten. Während sich in
den Mittelteilen keine Türen befanden,
griff die DWM in Lizenz in den Köpfen
auf je vier Düwag-Doppelfalttüren zurück.
Den elektrischen Teil steuerte in bewährter
Form die BBC aus Mannheim bei. Ab
Werk verfügten die als Tw 177 bis 188 geführten
Wagen über einen Nockenfahrschalter.
Ähnlich der ersten GT-Serie für
Karlsruhe betrug die Breite der über Puffer
27.7 Meter langen Fahrzeuge 2.37 Meter.
Gemeinsam mit den GT6-D lösten die
GT8-D die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen
zweiachsigen Fahrzeuge der
Karlsruher Straßenbahn bis 1972 vollständig
ab. Zum Einsatz kamen sie vor allem
auf der am stärksten belasteten Linie 1
(Durlach – Knielingen), schrittweise aber
auch auf allen anderen Strecken nach BO-
Strab. Wie die GT6 verkehrten viele GT8
später auch in Doppeltraktion mit Düwags.
Nachdem sich 22 im Jahr 1975 mit einem
Mittelteil zu GT8 verlängerte vormalige
GT6 bewährten, unterzogen die VBK 1980
nochmals sieben und 1990 einen 30. Sechsachser
dem Umbau zum GT8-D. Damit gab
es insgesamt einmal 42 derartige Fahrzeuge
im Bestand der VBK.
Die Tw 211 und 215 unterzog das Unternehmen
1999 einer umfangreichen Modernisierung,
bei der sie u. a. eine elektronische
Choppersteuerung erhielten. Die Typenbezeichnung
dieser beiden Fahrzeuge lautet
seitdem GT8-60C – dabei steht die Zahl für
die Höchstgeschwindigkeit und das „C“ für
die Chopper-Steuerung.
Die reguläre Ausmusterung der GT8 begann
ebenfalls 1986. Aktuell verkehren die
14 verbliebenen Wagen lediglich noch auf
der Linie 5 (Rintheim – Rheinhafen) sowie
auf den Schulstraßenbahnlinien 16, 17 und
18 zur Europäischen Schule; Tw 188 wird
als Museumswagen im Zustand der 1970er-
Jahre erhalten.
Drei Wagen gaben die VBK im Jahr 2000
an die Straßenbahn Timisoara in Rumänien
ab, zehn 2002/03 an die Straßenbahn Minsk.
Nach ihrem Einsatzende in Weißrussland
(2009) begann die Verschrottung der auf
1.524 Millimeter umgespurten Fahrzeuge,
derzeit ist lediglich noch ein Exemplar als
Museumswagen vorhanden. In Rumänien
Der ex Karlsruher Tw 144 war am 2. Mai 1996 in Timisoara unterwegs. In der Schleife AEM am südöstlichen
Stadtrand traf er einen TIMIS-Zug aus der Waggonfabrik Timisoara WOLFGANG KAISER
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
47
Fahrzeuge
Die 1975 für die Albtalbahn gebauten GT8-EP basierten auf den Düwag-Stadtbahnwagen vom
Typ B – in Seitenmitte eine zeitgenössische Anzeige dieser Fahrzeuge SLG. AXEL REUTHER (2)
kommen noch alle drei aus Karlsruhe übernommene
Wagen zum Einsatz.
Die GT8-EP der Albtal Verkehrs-GmbH
Im Jahr 1975 beschaffte auch die Albtal
Verkehrs-Gesellschaft (AVG) bei der Waggon
Union vier achtachsige Gelenktriebwagen.
Die unter den Betriebsnummern 22 bis
25 geführten GT8-EP schlossen damit an
die in den Jahren 1958 bis 1969 in zwei Lieferserien
von der Düwag gelieferten GT8-
EP an. Die kantigeren WU-Fahrzeuge übernahmen
vor allem Leistungen auf dem 1975
eröffneten Streckenabschnitt Langensteinbach
– Ittersbach der Stadtbahnlinie A.
Dank ihrer elektropneumatischer Steuerung
waren sie mit den älteren Düwag-Wagen
kompatibel. So sind auch Traktionen mit
den Wagen 1 bis 21 möglich.
Die mit den „Berlinern“ eingeführte zitronengelb-hellgrüne
Poplackierung brachte
den Wagen vorübergehend den Spitznamen
„Salatschüssel“ ein. Aufgrund ihrer
ähnlich der Seifenablage bei vielen älteren
Badewannen ausgeführten Ellenbogenauflage
unterhalb der Fenster tauften andere
Fahrgäste die Wagen auf „Badewanne“.
Etwa 1987 lösten modernere GT6-80C
und GT8-80C die fünf Jahre zuvor in Tw
122 bis 125 umgezeichneten Waggon Union-Achtachser
auf der Albtalbahn und der
Hardtbahn ab. Seitdem setzten die VBK die
buchmäßig weiterhin im AVG-Eigentum befindlichen
Fahrzeuge im Karlsruher Straßenbahnnetz
ein. Die im Jahr 2003 abgestellten
Tw 122 und 123 dienten zunächst
als Ersatzteilspender, ehe sie VBK und AVG
In seiner grün/gelben AVG-Lackierung der 1980er-Jahre zeigt sich hier einer der GT8-EP von
1975 in Ettlingen Stadt. Der ehemalige Tw 22 ist bereits als Tw 122 bezeichnet AVG-ARCHIV
Der 1990 zum Fahrradtransport umgebaute
GT6-D Nr. 155
KLAUS BINDEWALD
WU-Wagen
als Fahrradexpress
Nachdem der AVG genügend Stadtbahnfahrzeuge
zur Verfügung standen, setzte sie sonntags
von Neureut nach Bad Herrenalb einen
Sonderzug als Fahrradexpress ein. Zuerst wurden
dazu zwei Achtachser der AVG verwendet,
der erste für die Fahrgäste, der zweite für die
Fahrräder. Im Jahr 1990 wurde der sechsachsige
Tw 155 entsprechend für den Fahrradtransport
umgerüstet und an den weiß lackierten Stadtbahn-Tw
540 angehängt. Dieser Fahrradtransport
war solange erfolgreich, bis der Stadtbahnbetrieb
im Murgtal startete. Dort gibt es
von Freudenstadt bis Rastatt einen schönen
Radweg und die Fahrgäste bevorzugten nun
diese Route. Für Fahrgäste ohne Fahrrad war
und ist dies allerdings oft eine Zumutung, da die
Fahrräder in den Stadtbahnwagen mindestens
in den ersten Jahren kreuz und quer herumstanden.
KLAUS BINDEWALD
im Sommer 2012 verschrotten ließen. Die
Tw 124 und 125 sind unter anderem mit einer
Chopper-Steuerung modernisiert inzwischen
als GT8-70C unterwegs. Sie verkehren
heute überwiegend auf den Linien 5 und
8. Mit den GT8-D gehören sie zu den ältesten
planmäßig eingesetzten Fahrzeugen im
Karlsruher Straßenbahnverkehr.
Die GT6-80C der VBK von 1983
Anfang der 1980er-Jahre bestellten die VBK
eine letzte Gelenktriebwagenserie in Berlin.
1983/84 lieferte die Waggon Union die 20 in
Karlsruhe als Tw 501 bis 520 geführten
GT6-80C. Diese Typenbezeichnung verrät
bereits, dass es sich um sechsachsige Gelenkwagen
mit 80 km/h Höchstgeschwindigkeit
und Choppersteuerung handelt. Die
elektrische Ausrüstung stammte auch bei
den WU-Wagen von der BBC.
Erneut nahm der Berliner Hersteller für
diesen Stadtbahnwagen „konstruktive Anleihen“
bei der Düwag. So basieren die
GT6-80C auf den hochflurigen Stadtbahnwagen
vom Typ B aus Düsseldorf. Die Waggon
Union führte die 20 Sechsachser allerdings
als Einrichtungswagen aus und versah
nur die Bahnsteigsseite (in Fahrtrichtung
rechts) mit Einstiegstüren. Die Front- und
Heckpartien fertigten die Berliner asymmetrisch,
das Heck erhielt lediglich einen Hilfs-
48 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Gelenkwagen der DWM/WU
führerstand für Rangierfahrten. Zum Einsatz
kamen die 20 Fahrzeuge zunächst auf
den AVG-Strecken – bis heute bedienen sie
die Albtalbahn, die Linie Busenbach – Ittersbach
und die Hardtbahn (Stadtbahnlinie
A, seit 1994 Linien S1 und S11). Die VBK
nutzen sie ab 1987 auch auf der Straßenbahnlinie
2 (Rheinstetten – Durlach), später
auch S2 und 5. Zwischen 1985 und 2011
gaben die VBK alle 20 Wagen auch buchmäßig
an die AVG ab, während die 25 von
der Düwag 1987/89 für die VBK gebauten
GT6-80C alle im Bestand dieses Unternehmens
geblieben sind. Bei der AVG verkehren
die WU-Wagen sowohl solo als auch bei
Bedarf in Doppeltraktion mit anderen achtachsigen
Gelenkwagen.
GT6 für Darmstadt – die ST7/ST8
Der als Hessische Eisenbahn-Aktiengesellschaft
(HEAG) gegründete meterspurige
Straßenbahnbetrieb von Darmstadt bestellte
1960 bei der DWM in Berlin 13
sechsachsige Gelenktriebwagen. Die
1961/62 ausgelieferten Tw 21 bis 33 erhielten
die Typenbezeichnung ST7. 1963
folgten die sieben von außen fast identische
Tw 91 bis 97, welche die HEAG als
Typ ST8 führte, da in den 13 ersten Wagen
BBC-Fahrschalter, in den ST8 hingegen
von Kiepe gelieferte Steuerungen eingebaut
waren. Aber auch die Ausführung
der Türen wich bei den beiden Typen voneinander
ab: Verfügten die ST7 über vierteilige
Türblätter mit Einzelscheiben, so
hatte die DWM die ST8 in Lizenz mit Düwag-Falttüren
versehen.
Bis heute typisch für Darmstadt ist der
Beiwagenbetrieb, für welchen die HEAG
bis heute auch die GT6 nutzt. Zogen die
OBEN Noch immer Werbung
für eine Darmstädter
Zeitung trug
der im rumänischen
Iasi als Tw 337
geführte ehemalige
Tw 28, als er am
10. September 1998
im Verlauf des Bulevardul
Alexandru del
Bun unterwegs war
WOLFGANG KAISER
RECHTS Am 28. März
1992 fotografierte
Jörn Schramm in Darmstadt
einen Wagen
vom Typ ST7 von innen
neuen Gelenkwagen anfangs noch zweiachsige
Beiwagen aus den 1920er-Jahren,
so ersetzten zwölf 1965 gebaute Düwag-
Großraumbeiwagen rasch diese Zweiachser.
Durch den Bau von Wendeschleifen an
allen Endstationen bediente die HEAG mit
den Einrichtungswagen Schritt für Schritt
alle Linien. Im Laufe ihrer Einsatzzeit ließ
der Verkehrsbetrieb die GT6 mehrfach
modernisieren. So ertüchtigte die Werk-
Die Namen der Karlsruher GT8-D
Nummer Berliner Name Sektor
177 Borsigwalde (Reinickendorf) französisch
178 Grunewald (Wilmersdorf) britisch
179 Dahlem (Zehlendorf) amerikanisch
180 Nikolassee (Zehlendorf) amerikanisch
181 Wannsee (Zehlendorf) sowjetisch
182 Lübars (Reinickendorf) französisch
statt die in den 1960er-Jahren gebauten
Wagen ab 1994 noch für den Einsatz mit
den Niederflurbeiwagen. Nach der Inbetriebnahme
der ersten Niederflurtriebwagen
1998 gab die HEAG zehn Fahrzeuge
der Serie ST7 und sechs ST8 ins rumänische
Iasi ab, wo sie bis ca. 2010 im Einsatz
waren. Fast alle von ihnen sind dort inzwischen
verschrottet worden, was nach
einem Brand 1994 in Darmstadt schon
Nummer Berliner Name
Sektor
183 Waidmannslust (Reinickendorf) französisch
184 Hermsdorf (Reinickendorf) französisch
185 Frohnau (Reinickendorf) französisch
186 Tegel (Reinickendorf) französisch
187 Konradshöhe (Reinickendorf) französisch
188 Heiligensee (Reinickendorf) französisch
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
49
Fahrzeuge
Bis in die 1980er-Jahre trafen die in Berlin für die HEAG gebauten Triebwagen noch per Bundesbahn in Darmstadt ein. Die Aufnahme vom 2. September
1982 zeigt die Ankunft des Wagens 8209 vom Typ ST11
JÖRN SCHRAMM
den siebten ST8 (Tw 96) ereilt hatte. Für
Sonderverkehre hält die HEAG die drei
übrigen ST7 vor – die Tw 25, 26 und 31.
Der Typ ST10 der HEAG
Um ihre letzten zweiachsigen Tw zu ersetzen,
beschloss die HEAG 1976 weitere Gelenktriebwagen
zu beschaffen. Dazu schaute das
Unternehmen erneut nach Berlin, wo die
Waggon Union im Jahr zuvor für die AVG einen
achtachsigen Stadtbahnwagen gebaut
hatte. Die HEAG orderte acht solcher Wagen
– allerdings als Sechsachser. Ab Dezember
1976 trafen die an die Darmstädter Verhältnisse
angepassten GT in Südhessen ein. Die
als Tw 7601 bis 7608 geführten Wagen (Typ
ST10) weichen neben der Achsanzahl sowohl
hinsichtlich ihrer elektrischen Anlage
als auch Inneneinrichtung von den AVG-
GT8 ab (z.B. größere Gangbreite durch andere
Sitzbreite, Einzelsitze auf der Türseite).
Neu war die von der AEG gelieferte halbautomatische
Fahrschaltersteuerung der Bauart
GEAMATIC-M. Da sich diese bewährte, erhielten
auch mehrere ST7 und ST8 eine derartige
Steuerung nachgerüstet. Auf diese älteren
Fahrzeuge übertrug sich nach 1977
auch die bei den ST10 ab Werk aufgebrachte
creme/rotbraune Lackierung.
Der Typ ST11 der HEAG
Als in Darmstadt Anfang der 1980er-Jahre der
Bedarf an neuen Straßenbahnwagen mit großem
Fassungsvermögen wuchs, löste die
HEAG bei der Waggon Union in Berlin den
Auftrag zum Bau von sechs achtachsigen Gelenktriebwagen
aus. Grundlage der im Herbst
1982 gelieferten und als Typ ST11 geführten
Tw 8209 bis 8214 waren die Sechsachser vom
Typ ST10. Die GT8 verfügen allerdings z.B.
über die von der AEG weiterentwickelte Geamatic-Chopper-Steuerung.
Um einen raschen
Fahrgastwechsel zu ermöglichen, gibt es auch
im Mittelteil der Darmstädter Achtachser Türen.
Ihre ersten Einsatzjahre verbrachten die
ST11 auf der Linie 9, nach dem Eintreffen
weiterer Großraumbeiwagen verkehrten die
GT8 ab 1988 auch im Schlepp mit diesen.
Der Typ ST12 der HEAG
Als sich die deutschen Straßenbahnbetriebe
1989/90 über das Für und Wider einer Beschaffung
niederfluriger Wagen austausch-
Der HEAG-Typ ST10 basierte auf dem 1975 gebauten GT8 für die AVG
SLG. AXEL REUTHER
Die Namen der
ST11 und ST12 in Darmstadt
8209 Ushgorod (Ukraine)
8210 Alkmaar (Nordholland)
8211 Liepaja (Libau in Lettland)
8212 Chesterfield (England)
8213 Troyes (Frankreich)
9115 Bursa (Türkei)
9116 Graz (Steiermark)
9117 Trondheim (Norwegen)
9118 Plock (Polen)
9119 Saanen (Schweiz)
9120 Szeged (Ungarn)
9121 Freiberg (Sachsen)
9122 Brescia (Italien)
9123 Gyönk (Ungarn)
Tw 8214 und 9124 ohne Namen; nach der Ausmusterung
der ST 11 (Tw 8209 bis 8213) gingen
deren Namen auf neu abgelieferte Nf-Tw über.
50 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Gelenkwagen der DWM/WU
Gelenktriebwagen der DWM/WU
für Karlsruhe und Darmstadt
Bauart Typ Baujahre Stück Tw-Nr. Länge Breite
Karlsruhe – VBK bzw. AVG*
6x-ER GT6-EP 1959 5 142–146 20,4 m 2,40 m
6x-ER GT6-D 1961 10 147–156 20,4 m 2,37 m
6x-ER GT6-D 1963 20 157–176 20,4 m 2,37 m
8x-ER GT8-D 1969 12 177–188 27,7 m 2,37 m
6x-ER GT6-D 1969 11 189–199 20,4 m 2,37 m
6x-ER GT6-D 1972 9 200–208 20,4 m 2,37 m
8x-ER GT8-EP* 1975 4 (1)22–(1)25 26,4 m 2,40 m
Tw 124/125 nach Umbau GT8-70C
6x-ER GT6-D 1978 7 209–215 20,4 m 2,37 m
6x-ER GT6-80C 1983 20 501–520 28,6 m 2,65 m
Darmstadt – HEAG
6x-ER ST7 1961/62 13 21–33 19,9 m 2,30 m
6x-ER ST8 1963 7 91–97 19,9 m 2,30 m
6x-ER ST10 1976/77 8 7601–7608 21,4 m 2,40 m
8x-ER ST11 1982 6 8209–8214 27,1 m 2,40 m
8x-ER ST12 1990/91 10 9115–9124 27,1 m 2,40 m
ten, entschied sich die HEAG 1990 bewusst,
nochmals zehn achtachsige Gelenkwagen
des bewährten Typs bei der WU zu
bestellen. Die zehn Wagen trafen zwischen
Dezember 1990 und Juni 1991 aus Berlin in
Darmstadt ein, wo sie die Betriebsnummern
9115 bis 9124 erhielten und innerhalb des
Typs ST12 geführt werden. Ab Werk trugen
die Achtachser die 1988 eingeführte neue
weiß-blaue Lackierung.
Nach Abstellung der 1969 gebraucht aus
Remscheid übernommenen GT4 bestand
der Wagenpark der HEAG von 1993 bis
zum Eintreffen der LHB-Niederflurwagen
vom Typ „Magdeburg“ (Serie ST13) 1998
ausschließlich aus in Berlin von der DWM
bzw. WU gefertigten Gelenkwagen. Die
acht sechsachsigen ST10 und in Summe 16
achtachsigen ST11/12 waren technisch dabei
weitgehend einheitlich ausgeführt, was
ihrer Unterhaltung zuträglich war.
In Iasi sind die aus
Darmstadt übernommenen
GT6 vom Typ
ST10 noch im regulären
Dienst – hier ex
Tw 7602 am 27. April
2013 als Tw 278
CHRISTIAN LÜCKER
Der Verbleib der ST10, ST11 und ST12
Im Vorfeld der geplanten Verlängerung der
Strecke der Linien 7 und 8 bis ans nördliche
Ende Arheilgens (2011 eingeweiht) beschaffte
die HEAG mobilo 2007 insgesamt 18 Niederflurwagen
des Typs ST14. Da die von der
Waggon Union gebauten Fahrzeuge in der
deutschen Straßenbahn-Landschaft damals
bereits „Exoten“ darstellten, war es schwierig
geworden, Ersatzteile zu beschaffen. Aus
diesem Grund musterte die HEAG mobilo
im Rahmen des im Zusammenhang mit der
Verlängerung innerhalb Arheilgens aufgestellten
Fahrzeugkonzepts alle ST10 und
ST11 in den Jahren 2007/08 aus.
In Darmstadt verblieben im Bestand der
historischen Fahrzeuge die Tw 7608 (ST10)
und 8210 (ST11). Die zum letzteren Typ gehörenden
Wagen 8209 und 8214 ließ der
Betrieb zur Gewinnung von Ersatzteilen für
die ST12 verschrotten. Die übrigen drei
ST11 sowie sieben ST10 gingen – wie schon
ihre Vorgänger von DWM – nach ihrer Ausmusterung
ins rumänische Iasi. Dort sind sie
heute nach wie vor im Einsatz – im Gegensatz
zu den früheren „Auswanderern“ der
Typen ST7 und ST8. Diese gingen dort
2013 fast alle den Weg alten Eisens. Mit
dem Tw 103 (ex Darmstadts Tw 23) in Iasi
wird jedoch ein vierter für Darmstadt gebauter
ST7 museal erhalten. Im Bestand der
historischen HEAG-Fahrzeuge befinden
sich nach wie vor die Wagen 25, 26 und 31.
ANDRÉ MARKS, JÖRN SCHRAMM
Verwendete Quellen
• Axel Reuther: „Gelenkwagen aus Berlin“
in SM 6/2007 – zitiert als Quelle (1)
• Axel Reuther: „Im neuen Design“ in SM
7/2007
• Wikipedia-Seiten zu den VBK- und AVG-
Wagen-Typen
Die zehn Achtachser vom Typ ST12 kommen bis heute in Darmstadt zum Einsatz – meist mit
Niederflur-Bw, so hier auch Tw 9124 am 4. März 2013 am Hauptbahnhof
MICHAEL KOCHEMS
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
51
Fahrzeuge
Odyssee durch
Mitteldeutschland
Erfurts Tw 121 Ein Gothawagen in Thüringen? Das klingt nicht ungewöhnlich – wenn er
allerdings am Rande der Rhön im südthüringischen Schwallungen steht, dann doch! Aber wie kam
der Zweiachser in das beschauliche Dörfchen? Das gleicht fast einer Odyssee …
52 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Erfurts Gothawagen 121
Seit Juli 2011 befindet
sich der ehemals Erfurter
Gothawagen im süd -
thüringischen Schwal -
lungen. Mit einer neuen
Lackierung zeigte er
sich hier am 7. Juni 2013
gut in Schuss
RONNY DAUER
Kurz vor seiner Inbetriebnahme in Erfurt entstand im Herbst 1957 diese Aufnahme des fabrikneuen
Tw 121. Die Aluminiumstoßstangen sollen kurz danach entfernt worden sein
HANS WIEGARD
Ab 1980 kam der aus Erfurt übernommene Wagen in Frankfurt (Oder) als Tw 54 zum Einsatz,
hier am 23. März 1981 auf Linie 2 am Platz der Republik
IVO KÖHLER
Gothawagen sind in Thüringen an
sich nichts Besonderes, stellte doch
einerseits die Waggonfabrik in Gotha
von 1894 bis 1967 Straßenbahnwagen
unterschiedlichen Typs her, andererseits
sind bis heute bei den Betrieben in
Erfurt, Jena, Gera, Nordhausen und Gotha
mehrere einst in Gotha gebaute Fahrzeuge
vorhanden.
Im beschaulichen Schwallungen am Rande
der Rhön stellt ein Gothawagen allerdings
schon eine Besonderheit dar. Das liegt
nicht nur daran, dass der einst in Erfurt eingesetzte
Tw 121 der einzige Straßenbahnwagen
in Südthüringen ist, sondern auch an
seiner überraschenden Nutzungsgeschichte.
Sie führte das Fahrzeug inzwischen schon in
fünf Städte bzw. Ortschaften.
Der Gotha-Typ „Erfurt 57“
Im Herbst 1957 lieferte der VEB Waggonbau
Gotha unter den Fabriknummern 079 bis
082 vier zweiachsige Triebwagen vom
Grundtyp T57 nach Erfurt. Die auf Wunsch
der damaligen Erfurter Verkehrsbetriebe als
Einrichtungswagen ausgeführten Fahrzeuge
stellten eine Sonderausführung dar und erhielten
deshalb die Bezeichnung „Erfurt 57“.
Zu ihren Besonderheiten zählte, dass erstmals
bei der T57-Grundbauart Schaffnersitzplätze
mit Zahltisch sowie eine Einbaumöglichkeit
für einen Geldwechsler vorhanden
waren. Mit den vier als Tw 121 bis 124
eingereihten Fahrzeugen begann in Erfurt die
Ära der DDR-Einheitswagen der Bauart Gotha.
Nach Anfang der 1970er-Jahre im Raw
Berlin-Schöneweide ausgeführten Generalreparaturen
blieben die vier Zweiachser bis
1979/80 im Einsatz, danach musterten sie die
Erfurter Verkehrsbetriebe aus.
Eine neue Nutzung für Tw 121
Im Jahr 1980 gelangte der im Vorjahr in
Erfurt abgestellte Tw 121 nach Frankfurt
(Oder), wo ihn die dortigen Verkehrsbe-
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
53
Fahrzeuge
Diese Farbaufnahme vom 17. Juni 1988 zeigt den in Frankfurt (Oder) als Tw 54 geführten Zweiachser
mit seiner roten Farbgebung in die Karl-Marx-Straße einbiegend BERNHARD KUSSMAGK
Ab 1993 wurde der Triebwagen in Frankfurt (Oder) mit neuer Lackierung als Partywagen
genutzt, hier am 9. Mai 1998 in der Karl-Marx-Straße
BERNHARD KUSSMAGK
triebe 13 Jahre als Triebwagen 54 II im regulären
Liniendienst nutzten. Danach erfolgte
1993 der Umbau zum Partywagen.
Als solcher erfreute er sich einer großen
Beliebtheit. Als der Betreiber – ein heute
nicht mehr existentes Hotel – sein Engagement
kündigte, endeten diese Einsätze
1997. Im Mai 1998 kam der Wagen noch
einmal bei einem Korso anlässlich des 100.
Jubiläums der Frankfurter Straßenbahn
zum Einsatz, im August 1998 folgte eine
Abschiedsfahrt im Liniennetz der Oderstadt
an der Grenze zu Polen.
Danach übernahm ein Unternehmer aus
Burg im Spreewald den Zweiachser und
ließ ihn zur Cottbuser Straßenbahn bringen.
Ab 26. September 1998 kam der Partywagen
dort als Privatfahrzeuge mit der
Nummer 99 mehrfach bei Sonderfahrten
sowie als „Cottbuser Café-Bahn“ zum
Einsatz. Der Cottbusverkehr stellte dazu
gegen Rechnung das Fahrpersonal und unterhielt
das Fahrzeug technisch. Doch der
Wagen erlangte in Cottbus nie eine so große
Präsenz wie zuvor in Frankfurt (Oder),
so kam es nach Fristablauf am 10. September
2000 zu seiner Außerdienststellung.
Die nächsten zwei Jahre war der Tw
im alten Cottbuser Betriebshof an der Berliner
Straße abgestellt, wo der Verein
„Technorama Niederlausitz e.V.“ ein Museum
plante.
Seit 2002 stets abseits der Schiene
Ab 31. Mai 2002 diente der Zweiachser
mehrere Jahre lang am Cottbuser Flugplatzmuseum
als Ausstellungsobjekt, teilweise
auch als Imbisswagen. Am 15. Januar
2010 holte ihn ein neuer Eigentümer
in das nur wenige Kilometer von Cottbus
entfernte Spreewaldörtchen Burg. Dreieinhalb
Monate lang gehörte der Wagen zum
Inventar des dortigen DDR-Museums und
fungierte als Ausstellungsobjekt sowie
Café. Dazu erhielt das in Gotha gebaute
Fahr zeug neue Werbe aufschriften.
Am 1. April 2010 erfolgte die Umsetzung
nach Greiz in Ostthüringen. Ein Antiquitätenhändler
hatte den Straßenbahnwagen erworben,
um ihn im hier ansässigen DDR-
Museum als Café zu nutzen. Doch an
beiden Standorten lief diese Idee nicht so
recht an.
Allerdings sollte es für den ehemaligen
Tw 121 nicht die letzte Station sein, denn im
Jahr 2011 war vorgesehen, eine Fabrikhalle
in unmittelbarer Nähe des Wagens abzu-
Während seiner Zeit in Burg im Spreewald
trug der Tw eine Zeit lang nur den in Cottbus
aufgetragenen Schriftzug „Technorama Niederlausitz
e.V.“ unter dem rechten Fahrerseitenfenster.
Seine Cottbuser Wagennummer
prangt bis heute im Liniennummernkasten
des Einrichtungs-T57
RONNY DAUER
54 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Erfurts Gothawagen 121
Mit dem Schriftzug des DDR-Museums Burg (Spreewald) stand der Tw vom März 2010 bis zum Juli 2011 in Greiz in einer ähnlichen Einrichtung.
Selbst die Zielanzeige „Endhaltestelle Krabatweg“ blieb in dieser Zeit unverändert
RONNY DAUER
reißen. Daraufhin suchte sein damaliger Eigentümer
in Greiz einen neuen Platz, den er
nicht fand.
Auf nach Südthüringen!
Als ein Fahrzeughändler und Oldtimerliebhaber
aus Schwallungen davon erfuhr, besichtigte
er den Wagen und war von ihm
rasch angetan. Er übernahm den Zweiachser
und holte ihn nach Südthüringen. Seit
Juli 2011 ziert neben anderen Oldtimern
auch der Triebwagen sein Firmengelände,
das R & S Automobilzentrum an der Hilderser
Straße 3. Auf diese Adresse weisen
inzwischen auch die geänderten Zielanzeigen
des Wagens hin. Mit der „99“ im Liniennummernkasten
lässt aber auch eine der
vorherigen Station aus der bewegten Laufbahn
des Fahrzeuges erahnen. Übrigens: Bei
diesem während der Geschäftszeiten des Unternehmens
öffentlich zugänglichen Straßenbahnwagen
in Schwallungen handelt es
sich um das älteste erhaltene Fahrzeug des
Typs T57 in Einrichtungsausführung. Ob
der Wagen in Zukunft als Ausstellungsobjekt,
Café oder Imbiss genutzt wird, steht bisher
noch nicht fest. Ebenso ist offen, ob er
nicht irgendwann sein jetziges Domizil wieder
verlässt – wohin auch immer ...
RONNY DAUER/ANDRÉ MARKS
Daten & Fakten: Tw 121
Hersteller: . . . . . . . . . . . VEB Waggonbau Gotha
Baujahr: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1957
Fabriknummer: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 079
Basistyp: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T57
Unterreihe: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Erfurt 57“
Ausführung: . . . . . . . . . . . . . Einrichtungswagen
Linieneinsätze: . . . . . . . . . . . . 1957–1979 Erfurt
. . . . . . . . . . . . . . . . 1980–1993 Frankfurt (Oder)
Partywagen:. . . . . . 1993–1998 Frankfurt (Oder)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1998–2000 Cottbus
Ausstellungsobjekt:
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9/2000-5/2002
Betriebshof Cottbus Berliner Straße
. . . . . . . . . . . 5/2002–1/2010 Flugplatz Cottbus
. . . . . . . . . . . . 1 bis 3/2010 DDR-Museum Burg
. . . . . . . . . 4/2010–7/2011 DDR-Museum Greiz
. . . . . . . . . . . . seit 7/2011 privat Schwallungen
In Cottbus warb das in Privateigentum befindliche Fahrzeug als Tw 99 am Wagen und im Liniennummernkasten
für den Spreewaldbahnhof in Burg. Hier steht der von der Cottbusverkehr GmbH
auf Rechnung gewartete Wagen am 24. Mai 1999 im Betriebshof Schmellwitz ULRICH THOMSCH
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
55
Fahrzeuge
Spiegelbild
des Zeitgeistes
Die ersten für die Bonner Pferdebahn von der
Firma van der Zypen & Charlier in Köln-Deutz
beschafften Wagen waren äußerst klein
SIEMENS-ARCHIV, SLG. KARL-HEINZ WIPPERFÜRTH; ARCHIV REUTHER
Die Fahrzeuge der Bonner
Straßenbahn Über 40 Jahre
waren von 1902 bis 1914
beschaffte Altbauwagen unverzichtbar
– erst 1957 trafen
die ersten Neubaufahrzeuge in
Bonn ein. Doch wer hatte die
unverwüstlichen Vorkriegswagen
gebaut? Und wie erfolgte
ihre Ablösung genau?
Nachdem das STRASSENBAHN
MAGAZIN 5/2014 die Geschichte
der Straßenbahn in Bonn vorstellt
hat, widmet sich dieser Beitrag den
dort seit Betriebseröffnung der Pferdebahn am
19. April 1891 und Aufnahme des elektrischen
Betriebes 1902 eingesetzten Fahrzeugen.
Die meterspurigen Pferdebahnwagen
Für die meterspurigen Pferdebahnstrecken
hatten die Rheinisch-Westfälische Bahngesellschaft
und die Havestadt, Contag &
Companie (H & C) 1891 von der Waggonfabrik
van der Zypen & Charlier in Köln-
Deutz 14 zweiachsige Wagen beschafft. Sie
erhielten die Betriebsnummern 1 bis 14 und
sind anhand verschiedener erhalten gebliebener
Aufnahmen vergleichsweise gut dokumentiert.
Die vier Wagen 9 bis 12 waren
als Sommerwagen ausgeführt.
In den Jahren 1893 und 1896 kamen weitere
zwei (Nr. 24 und 25) bzw. drei (Nr. 55
bis 57) Wagen größerer Bauart hinzu. Von
1893 bis 1895 stockte die H & C den Bestand
aufgrund des gestiegenen Verkehrsaufkommens
besonders im Ausflugsverkehr
um insgesamt zwölf Sommerwagen auf, die
sie gebraucht aus München übernahm (Wagen
Nr. 26 bis 31 sowie 43 bis 48). Im Jahr
1897 kamen aus München auch noch vier
geschlossene Beiwagen an den Rhein (Nr.
64 bis 67). Hersteller aller Münchner Fahr-
56 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Tw und Bw der Bonner Straßenbahn
zeuge war die Waggonfabrik Rathgeber.
Aus dem elsässischen Kreis Rappoldsweiler
gelangten drei geschlossene Wagen nach
Bonn (Nr. 52 bis 54). Zum Ersatz altersschwacher
und zu kleiner Fahrzeuge kaufte
die Stadt nach Übernahme der Pferdebahn
1905 bei van der Zypen noch einmal sechs
vierfenstrige Pferdebahnwagen (69 bis 74).
Die fehlenden 29 Nummern waren durch
Beiwagen der Dampfbahn nach Bad Godesberg
belegt, so dass der Pferdebahnbetrieb
maximal 45 Wagen besaß.
Die Wagenbeschaffungen
von 1902 bis 1918
Am 21. Mai 1902 nahm die Stadtverwaltung
den elektrischen Straßenbahnverkehr
in Bonn auf. Für diesen anfangs ebenfalls
meterspurigen Betrieb hatte sie von der Firma
van der Zypen & Charlier in Köln 1902
acht Trieb- und sechs Beiwagen (Tw 1 bis 8
sowie Bw 21 bis 26) eines weit verbreiteten
Typs mit dreifenstrigem Wagenkasten beschafft.
Der elektrische Teil dieser Fahrzeuge
war von den Siemens-Schuckertwerken
gebaut worden.
Als die Firma Siemens & Halske im zweiten
Quartal 1906 die vorhandenen Strecken
von 1.000 auf 1.435 mm umspurte, fand
auch die Umspurung der acht Trieb- und
sechs Beiwagen statt. Für den Regelspurbetrieb
beschaffte die Stadtverwaltung 1906 parallel
24 regelspurige Triebwagen des Typs
von 1902, die sie als Tw 9 bis 32 in den Bestand
einreihte. Die ehemals meterspurigen
Beiwagen erhielten aus diesem Grund die neuen
Betriebsnummern 101 bis 106. Zehn
1906/07 neu gebaute Beiwagen mit nunmehr
gleichgroßen Seitenfenstern ergänzten den Bestand
als Bw 107 bis 116.
1908 kamen vom vorhandenen Typ noch
einmal acht Triebwagen zur Ablieferung (Tw
33 bis 40), denen 1910 drei etwas längere
Wagen mit drei gleichgroßen Seitenfenstern
folgten (Tw 41 bis 43). Diese waren Zeit ihres
Einsatzes immer nur solo unterwegs.
Mit fünf Triebwagen des Herstellers Herbrand
(Tw 44 bis 48) endete 1914 für über
40 Jahre die Beschaffung von Motorwagen.
Van der Zypen lieferte 1918 die letzte Serie
Beiwagen mit fünf Einheiten (Bw 117 bis
121), die über geschlossene Plattformen verfügten.
Auch hier sollten 44 Jahre bis zur
nächsten Neuanschaffung vergehen.
Darüber hinaus besaß die städtische Straßenbahn
einige Dienstfahrzeuge in Form
zweiachsiger Anhängewagen, die als Entstörwagen,
Schneekehre und Salzwagen,
Sand- und Schleifwagen dienten.
Zweiter Weltkrieg und
erste Nachkriegsjahre
Die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg
führten zu erheblichen Schäden an
den Anlagen und Fahrzeugen der Bonner
Werksaufnahme des Tw 6 des elektrischen Schmalspurbetriebes 1902. Dieser Typ von van der
Zypen fand bei etlichen Betrieben Verwendung SIEMENS-ARCHIV, SLG. KARL-HEINZ WIPPERFÜRTH; ARCHIV REUTHER
Straßenbahn, die ihren Betrieb zwischen
Oktober 1944 und Januar 1945 dadurch
schrittweise einstellen musste.
Von den zu Kriegsbeginn vorhandenen 48
Triebwagen der Baujahre 1902 bis 1914 waren
drei Stück durch Kriegseinwirkung zerstört,
weitere drei Trieb- und Beiwagen gingen
1945 durch Brandstiftung verloren, andere
Fahrzeuge hatten unterschiedlich starke Beschädigungen
erlitten – nach ihrer Reparatur
kamen sie nach und nach teils mit Neuaufbauten,
die sich an der jeweiligen historischen
Bauform anlehnten, wieder in Betrieb.
Für den Liniendienst standen danach 42
Trieb- und 18 Beiwagen zur Verfügung. Fünf
1944 im Rahmen des Reichsleistungsgesetzes
aus Den Haag nach Bonn verfügte Sommerbeiwagen
(FrancoBelge 1895/96) setzte der
Straßenbahnbetrieb ab Juli 1944 für den Gemüsetransport
ein, sie wurden nach Kriegsende
in Bonn verschrottet.
Bonn wird Bundeshauptstadt
Die Wahl der Stadt Bonn zur Bundeshauptstadt
und der danach einsetzende Aufschwung
im zuvor eher beschaulichen Universitätsstädtchen
stellte auch die städtische
Straßenbahn vor große Herausforderungen.
Sie versuchte so gut es ging, mit ihrem veralteten
Wagenpark das steigende Fahrgast-
Bilder von der 1936 aufgegebenen Linie 5 sind selten. 1933 stellt sich das Personal des Tw 19
am Clemens-August-Platz dem Fotografen SOMMER, SLG. CLAUS VAN DEN DRIESCH, ARCHIV HANS-PETER ARENZ
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
57
Fahrzeuge
Die neuen Fahrzeuge ermöglichten ab 1960 die Ausmusterung nahezu aller alten Wagen, deren
Verschrottung im Betriebshof Beuel stattfand
PETER BOEHM, SLG. AXEL REUTHER
aufkommen in den Griff zu bekommen.
Obwohl schon seit Ende der 1940er-Jahre
für die Erneuerung und Erweiterung des
Wagenparks dringender Handlungsbedarf
bestanden hätte, verhielt sich die Stadt sehr
lange abwartend und verweigerte die Bereitstellung
von Geldern. Nach Ansicht vieler
Stadtpolitiker boten schienenlose Verkehrsmittel
wie Obus und Bus die bessere
und vor allem preisgünstigere Alternative.
Durch die Stilllegungen einzelner Strecken
und/oder deren Umstellung auf Obusse
standen mehr Wagen für die überlasteten
Hauptlinien zur Verfügung. Erst Mitte der
1950er-Jahre fiel der Beschluss, die beiden
innerstädtischen Linien beizubehalten und
grundlegend zu modernisieren. 1956 trat
eine neue Betriebsordnung für Straßenbahnen
in Kraft, die für Wagen mit Holzkasten
und ohne Schienenbremsen und Sicherheitsverglasung
nur noch einen übergangsweisen
Einsatz bis 1960 vorsah.
Modernisierung mit Großraumund
Gelenktriebwagen
Als Ersatz für die Altwagen waren zunächst
Großraumwagen der Düsseldorfer Waggonfabrik
ausgewählt worden, die seit Beginn
der 1950er-Jahre in zahlreichen Städten
zur Zufriedenheit der Betreiber im Einsatz
waren. Wegen der zahlreichen engen
Gleisbögen und der zum Teil befahrenen
sehr schmalen Straßen kamen die auf der
Straßenbahn Bonn – Bad Godesberg – Mehlem
(BGM) eingesetzten Dreiachser für die
Linien 1 und 2 nicht in Betracht.
Um Erfahrungen mit den neuen Wagen
sammeln zu können, erhielt die Düsseldorfer
Waggonfabrik Ende 1956 den Auftrag
zum Bau von zunächst vier Großraumtriebwagen.
Die Lieferung erfolgte im Juli
1957 (Tw 101 bis 104). Ein Einsatz erfolgte
aufgrund zunächst noch fehlender Wendemöglichkeiten
an den Endstellen zunächst
nur im Zusatzverkehr der Linie 1
zwischen Rheindorfer Straße (Depot) und
Bahnhof (Quantiusstraße).
Ab November 1958 fuhren die Großraumwagen
dann auf der Linie 2 im Mischbetrieb
mit alten Zweiwagenzügen. Die
neuen Fahrzeuge bestanden schon nach relativ
kurzer Zeit ihre Bewährungsprobe. An
Stelle weiterer Großraumwagen bestellte
Bonn aber zunächst zehn sechsachsige Gelenkwagen
bei der Düwag zur Lieferung
1959 (Tw 131 bis 140) und in einem zweiten
Schritt, zusammen mit elf achtachsigen
Gelenkwagen für die SSB, zur Lieferung
1960 zehn weitere vierachsige Großraumtriebwagen
(Tw 105 bis 114). Mit den zwei
Fahrzeuggrößen konnte nach Ansicht des
Verkehrsbetriebes besser auf die unter-
Der Wagenpark der Bonner Straßenbahn
1. Nummern Nr. ab 1966 Stück Bauart Hersteller Baujahr Verbleib, Bemerkungen
Triebwagen
1–8 – 8 2x van der Zypen/SSW 1902 1902–1906 = 1.000 mm, 1927–1929 Plattformen geschl.; KV: 2,
3; 1, 5, 6 1960 = a; 7, 8 1961 = ATw; 4 1964 =a; 7 1971 = KVB
Köln HTw 407; 8 = DSM Wehmingen = a
9–32 – 24 2x van der Zypen/SSW 1906 24–32 mit verglasten Plattformen ab Werk, Rest 1927 umgebaut.
KV: 24, 25, 29, 31; übrige 1954–1960 = a, außer 13 = 1961 HTw
33–40 – 8 2x van der Zypen/SSW 1908 KV: 36; übrige 1958–1960 = a
41–43 – 3 2x van der Zypen/SSW 1910 KV: 41; übrige 1958 = a
44–48 – 5 2x Herbrand/AEG 1914 1958–1960 = a
101–104 201–204 4 4x ER Düwag/Siemens 1957 202 = 1992 a; übrige drei 1995 nach Sofia verkauft
105–114 205–214 10 4x ER Düwag/Siemens 1960 alle 1995 nach Sofia verkauft
131–140 231–240 10 6x ER Düwag/Siemens 1959 alle 1995 nach Sofia verkauft
A 21 1 2x Fuchs/SSW 1944 1970 aus Düsseldorf übernommen (dort bis 1970 Nr. 15, bis
1956 Nr. 37), 1995 als Ersatzteilspender nach Düsseldorf verkauft
– 9151 1 6EFF ZR Düwag 1991 VÖV-Niederflurwagen, nach Probefahrten 1992 zurück an Hersteller
– 9451–9474 24 6x ER Düwag/Siemens 1994 Niederflurwagen Typ R 1.1
Beiwagen
21–26 – 6 2x van der Zypen 1902 1902–1906 = 1.000 mm, 1906 UN 101–106; 1957–60 = a
107–116 – 10 2x van der Zypen 1906/07 KV 110, 112; Rest 1960 = a
117–121 – 5 2x van der Zypen 1918 KV 118, 120; Rest 1960 = a
181–185 281–285 5 4x ER Düwag 1962 alle 1995 nach Sofia verkauft
– 286–289 4 4x ER Düwag 1967 alle 1995 nach Sofia verkauft
Legende: KV – Kriegsverlust; UN – Umnummerierung
58 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Tw und Bw der Bonner Straßenbahn
Etliche Beiwagen behielten bis in die 1950er-Jahre ihre offenen Plattformen. Die Aufnahme aus Graurheindorf vom Oktober 1952 zeigt den Bw 109.
Der im Folgejahr umgebaute Wagen wurde nach einer weiteren Modernisierung 1957 im Mai 1960 verschrottet MANFRED SCHOEN, SLG. HANS-PETER ARENZ
schiedliche Auslastung der beiden Linien
reagiert werden.
Beiwagen schaffen weiteren Platz
Nach dem Eintreffen von fünf Beiwagen (Nr.
181 bis 185) verkehrten ab 1962 fünf Großraumzüge.
Sie ersetzten auf der Linie 1 die Gelenkwagen,
die nun auch auf der Linie 2 eingesetzt
und auch dort für mehr Platz sorgten.
Großraumzüge mit Beiwagen gab es dort im
Normalfall nicht. Der Mischbetrieb von
Großraum- und Gelenkzügen auf der Linie 1
führte mit seinem unterschiedlichen Platzangebot
und Personalbedarf immer wieder zu
Problemen. Im Jahr 1967 beschaffte die Stadt
Bonn daher weitere vier Großraumbeiwagen
(Nr. 286–289), sodass es nunmehr möglich
war, den Grundauslauf der Linie 1 mit Großraumzügen
und jenen der Linie 2 mit Gelenkwagen
zu bestücken. Die übriggebliebenen
Fahrzeuge verkehrten als Einsatzwagen, wobei
aber die vierachsigen Triebwagen im Normalfall
ohne Beiwagen unterwegs waren. Ab
Ende der 1960er-Jahre konnten die Großraumwagen
in den verkehrsschwachen Zeiten
im schaffnerlosen Betrieb eingesetzt werden,
wenn sie einzeln unterwegs waren. Dies führte
erneut zu Verschiebungen im Wageneinsatz
um Personal zu sparen. Die Sechsachser fuhren
dann auf der Linie 1 und die Vierachser
einzeln auf der Linie 2. Diese Aufteilung blieb
auch nach der generellen Einführung des
schaffnerlosen Betriebes 1974 erhalten.
Die neuen Fahrzeuge – technisch alle einheitlich
ausgerüstet – besaßen ein erheblich
größeres Fassungsvermögen als die kleinen
Zweiachser. 16 Sitz- und 32 Stehplätzen eines
zweiachsigen Trieb-, die mit einem Beiwagen
um 18 Sitz- und bis zu 51 Stehplätzen erhöht
werden konnten, standen 33 (23) Sitz- und 75
(96) Stehplätze in einem Vierachser der ersten
Lieferung sowie 35 Sitz- und 131 Stehplätzen
in einem Sechsachser gegenüber. Die Zahlen
in Klammern galten für den Berufsverkehr, da
ein Teil der Doppelsitze dann zur Schaffung
von mehr Gesamtkapazität übereinander geschoben
werden konnte. Die zweite Lieferung
verfügte über 25 Sitz- und 84 Stehplätze
Die alten Fahrzeuge nahm die Stadt nach
Lieferung der Großraum- und Gelenkwagen
Ende der 1950er-Jahre nach und nach
Als Dienstwagen übernahm Bonn 1970 einen KSW von Düsseldorf, der zumeist als Schleppwagen
für den Sandwagen diente. Hier im Oktober 1984 im Betriebhof Graurheindorfer Str. AXEL REUTHER
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
59
Fahrzeuge
aus dem Betrieb und ließ sie bis auf wenige
Ausnahmen verschrotten. Ab Ende 1960
kamen ausschließlich die neuen Wagen zum
Einsatz und die Bonner Straßenbahn hatte
quasi ihr zweites „Leben“ begonnen. Der
schon seit 1940 als Arbeitswagen verwendete
Tw 4 der Erstserie wurde 1964 verschrottet,
die Tw 7 und 8 im Jahr 1961 in
Arbeitswagen für den Rottendienst bzw. als
Entstörwagen umgebaut. Den Tw 7 verkaufte
Bonn 1971 an die Kölner Verkehrsbetriebe,
die aus ihm in den Werkstätten der
Tiroler Zillertalbahn einen historischen
Triebwagen nach Kölner Vorbild mit der
Nummer 407 entstehen ließen. Aufgrund
der gleichen Bauform der für Bonn und
Köln beschafften ersten Triebwagenserien
war dies problemlos möglich.
Der Tw 8 gelangte in die Sammlung des
Deutschen Straßenbahn-Museums in Sehnde-Wehmingen,
der Tw 13 der Serie von
1906 blieb dank der Initiative einiger Bonner
Straßenbahnfreunde erhalten und wurde in
den Zustand seiner Anlieferung zurückversetzt.
Er ist nicht fahrfähig vorhanden.
Für die Einrichtungswagen
entstand 1958
in Dottendorf am
Quirinusplatz eine
Wendeschleife im
Schatten des dortigen
Hochbunkers. Ein
Großraumzug mit
Tw 204 wartet 1986
auf die Rückfahrt
nach Rheindorf.
Das Bild unten links
mit Tw 9456 entstand
22 Jahre später von
der gegenüberliegenden
Seite der Schleife.
Mit der neuen Betriebsfarbe
weiß mit
rot gab es ab 2008 in
Bonn wieder werbefreie
Wagen zu sehen
AXEL REUTHER (2)
Die Niederflur-Ära
Ab 1994 kamen 24 dreiteilige Niederflurwagen
für Zweirichtungsbetrieb von Düwag
zur Auslieferung. Die 2,40 Meter breiten
Wagen 9451 bis 9474 haben einen Niederfluranteil
von 65 Prozent. Vorne und
hinten gibt es angetriebene Drehgestelle, der
Mittelwagen läuft auf vier angelenkten Einzelrädern,
die Gelenke sind freischwebend.
Sie erhielten den Spitznamen „Bönnsche
Bütt“, welcher bei der Umfrage einer Tageszeitung
den ersten Platz belegte.
Der Bestellung dieser Wagen vorausgegangen
war in den Jahren 1991/92 ein
glückloser Test mit dem vom Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen (VDV) als Einheitswagen
vorgesehenen Niederflurwagen
mit Einzelfahrwerken. Die mit viel Vorschusslob
bedachte Konstruktion erwies
sich als kaum praxistauglich und kam über
wenige Präsentationen für die Öffentlichkeit
und einige nächtlichen Probefahrten nicht
hinaus. 1992 gaben sie die Stadtwerke an
den Hersteller zurück.
Die Niederflurwagen fuhren ab Juli 1994
zunächst auf der Linie 61, da wegen der
Verkürzung bis Bonner Berg hier keine Einrichtungswagen
mehr eingesetzt werden
konnten. Auch die Endstation der Verlängerungsstrecke
Auerberg besaß keine Schleife
mehr. Die Großraumzüge fuhren nun vor -
übergehend auf der Linie 62, wo sie für ein
vergrößertes Platzangebot sorgten.
Nach Verlängerung der Linie 62 von
Beuel nach Ramersdorf bzw. Oberkassel
Süd zum Ersatz der mit SSB-Achtachsern
bedienten Linie 64 am 25. September 1994
konnten auch hier nur noch Niederflurwagen
eingesetzt werden. Bis zur kompletten
Auslieferung aller Niederflurwagen fuhren
Großraum- und Gelenkzüge bis Dezember
1994 noch als Einsatzwagen. Danach gelangte
der gesamte Bestand von 24 Triebund
neun Beiwagen per Schiff nach Sofia.
AXEL REUTHER
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Geschichte
Einst
&Jetzt
Am 15. September 1956 fährt der zu diesem
Zeitpunkt 53 Jahre alte Triebwagen 574 (Typ
G) mit einem nur unwesentlich jüngeren Beiwagen
vom Typ g im 20. Wiener Gemeindebezirk
über den Brigittaplatz. Er bedient die
Verstärkerlinie 31/5, die hier von 1928 bis
1996 mit wechselnden Fahrzielen unterwegs
war. Der mit offenen Plattformen gelieferte
Triebwagen erhielt 1929 eine einfache Kobelverglasung
(„Aquarium“), mit der die Bedienbarkeit
der Handbremskurbel ohne Verlängerung
des Wagenkastens gewährleistet blieb.
Im Gegensatz zum Beiwagen, der erst kurz
vor dem Aufnahmezeitpunkt eine Ausbesserung
erhielt, präsentiert sich der „Gustl“ noch
mit seinen originalen Scheuerleisten an den
Seitenwänden. Bildbestimmend ist auch die
1950/51 von der Gemeinde Wien erbaute
Wohnhausanlage „Karl-Michal-Hof“, die
sich in der Jägerstraße nach Norden bis zur
Pappenheimgasse erstreckt. Auf der gegenüberliegenden
Straßenseite bietet die Jägerstraße
noch reichlich ländliches Flair.
Anlässlich der Verlängerung der Linie U6
nach Floridsdorf am 4. Mai 1996 führten die
Wiener Linien auch Anpassungen im Straßenbahnverkehr
durch und die Linie 31/5 erhielt
die neue Bezeichnung 33. Da sie nun als einzige
Linie die Jägerstraße und den Brigittaplatz
bedient, verkehrt sie täglich und ganztägig.
Seit September 2011 sind hier neben solo fahrenden
E1-Triebwagen auch kurze Niederflurwagen
Typ A unterwegs. Die aktuelle Aufnahme
zeigt eine dicht bebaute Jägerstraße. Das
im Hintergrund erkennbare Hochhaus entstand
Ende der 1970er-Jahre und beherbergt
das Technologische Gewerbemuseum (TGM).
Es handelt sich dabei um eine höhere technische
Schule mit rund 2.800 Schülern.
TEXT: WOLFGANG KAISER
FOTOS: ALFRED LUFT (EINST) UND
WOLFGANG KAISER (JETZT)
62 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Einst & Jetzt
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
63
Geschichte
Privatprojekt Bayerntram
Die Würzburger Straßenbahn vor 20 Jahren 1994 stand die Ablösung der aus Hagen übernommenen
Düwag-GT6 in Würzburg kurz bevor. Auch ein norddeutscher Straßenbahnfreund besuchte
aus diesem Grund die Stadt. Doch was erlebte er damals – und was hat sich seitdem geändert?
Der farbig lackierte Tw 242 passierte am 22. März 1994 die Augustinerstraße; im Hintergrund
ist das Rathaus zu erkennen
FOTOS, WENN NICHT ANDERS ANGEGEBEN: STEFAN HINDER
Der 1975 aus Hagen übernommene Tw 272 war 1994 das einzige Fahrzeug mit Doppelscheinwerfern.
Hier verlässt der heutige HTw gerade auf der linken Mainseite die Ludwigsbrücke
Anfang der 1990er-Jahre war ich im
Hinblick auf das Straßenbahn-
Hobby schon gut und gerne 20 Jahre
„im Geschäft“. Durch meinen
Wohnort in Norddeutschland hatte ich allerdings
so gut wie nie Gelegenheit gehabt,
Straßenbahnbetriebe in Bayern zu besuchen.
Nur in Würzburg hatte es in den Jahren
1973/74 für einige schnelle Schnappschüsse
auf dem Bahnhofsvorplatz gereicht, aufgenommen
während eines Umsteigeaufenthaltes
– wohl jeder Straßenbahnfotograf dürfte
Ähnliches in seinem Repertoire haben.
Im Jahre 1994 kündigten sich bei allen
bayerischen Straßenbahnbetrieben durchgreifende
Änderungen an: Niederflurwagen
waren bestellt, Prototypen in Augsburg und
München bereits unterwegs, so dass die Betriebe
bald ihr damals gewohntes Gesicht
verlieren würden. Aber nie in München die
klassischen Lenkdreiachser gesehen zu haben?
Nie die in der Welt einmaligen fünfachsigen
Gelenkwagen in Augsburg? Nein,
damit wollte ich mich nicht abfinden.
Also beschloss ich für mich das Projekt
„Bayerntram“. Der Plan: eine sechstägige
Rundreise im März 1994 zu den vier bayerischen
Straßenbahnbetrieben Augsburg,
München, Nürnberg und Würzburg. Das
an der Grenze zu Bayern liegende Ulm baute
ich in die Tour gleich mit ein, denn auch
dort wartete Neuland auf mich. In diesem
Heft schildere ich meine Erlebnisse in Würzburg
vor 20 Jahren – am Vorabend drastischer
Veränderungen.
LHB-Wagen nur auf Linie 5
Montag, 21. März 1994: Am frühen Nachmittag
traf ich in Würzburg ein. Der Straßenbahnbetrieb
war derjenige, der schon am
meisten dem heutigen Zustand ähnelte: Die
Neubaustrecke nach Heuchelhof war bereits
Liniennetz Würzburg 1994
1 Sanderau – Grombühl
2 Hbf – Zellerau
3 Hbf – Heidingsfeld
4 Sanderau – Zellerau
5 Heuchelhof, Athener Ring – Grombühl
64 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Würzburg
Der Tw 239 war 1994 einer
der wenigen Wagen mit der
1975 eingeführten gelb-roten
Standardlackierung, hier am
22. März auf der Domstraße in
Richtung Dom fahrend. Hinten
erhebt sich der Rathausturm
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
65
Betriebe
OBEN Der aus Hagen stammende Tw 277
am 21. März 1994 auf der Linie 3 im
Ortskern von Heidingsfeld. Der Sechsachser
gelangte 1998 nach Graudenz
in Betrieb; und eigens für sie hatte Würzburg
1988/89 – etwa zeitgleich mit Freiburg – als
erster deutscher Betrieb schon Triebwagen
mit einem Niederfluranteil beschafft, die
LHB-Triebwagen 201 bis 214.
Zugegebenermaßen haftete ihnen noch
ein gewisser Versuchscharakter an: Man
hatte noch konventionelle Drehgestelle verwendet,
der Niederfluranteil war daher
klein und durch ziemlich steile Treppen und
Rampen zu erreichen, was wiederum viel
Platz kostete. Aber immerhin: Der Anfang
war gemacht und die Wagen versahen zu-
Auf dem Ast in Richtung Zellerau bediente
am 21. März 1994 Schwesterwagen 276
die Haltestelle Talavera. Er kam 1997 mit
anderen Würzburgern nach Arad
66 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Würzburg
Am Kranenkai (Zellerauer Linienast) war im März 1994 der achtachsige Tw 234 (Düwag 1968)
unterwegs. Er wurde 2011 in Salzgitter bei einem Zwischenhändler verschrottet
verlässig ihren Dienst auf der neuen Linie 5,
die nur von diesen Wagen befahren werden
konnte. Denn die Neubaustrecke hatte eine
Neigung von bis zu 9,1 Prozent, und der
Rest des Fahrzeugparks bestand aus klassischem
Düwag-Wagen (18 Achtachser und
zwölf Sechsachser), die wegen ihrer ungebremsten
Laufdrehgestelle dafür nicht zugelassen
waren.
Die GT8 Nr. 231 bis 248 unterschieden
sich in allerlei Details vom Gewohnten: Wegen
enger Gleisbögen waren ihre Enden
stärker zugespitzt als bei der Normalausführung,
das Mittelteil aus dem gleichen
Grund kürzer. Bemerkenswert auch die
Ausrüstung der Einrichtungs-Triebwagen
mit Notführerständen hinten und Behelfsausstiegen
vorne und hinten links; auf diese
Weise konnten die Wagen zur Not auch
über einen einfachen Gleiswechsel wenden.
Gelegentlich ist für diese Bauart (die es
ähnlich auch in Duisburg gab) etwas spöttisch
der Begriff „Anderthalbrichtungswa-
Auf der rechte Mainseite traf Stefan Hinder am sonnigen 22. März 1994 im Bereich der Ludwigsbrücke
den Tw 237 an. Im Hintergrund erhebt sich die Festung Marienberg
Wagenpark Würzburg 3/1994 (nur betriebsfähige Wagen des Personenverkehrs)
Tw-Nr. Typ Bauart Hersteller Baujahr Bemerkungen
201–214 GT-E 8x-1R-Gel-Tw Nfm LHB 1988/89 Mittelteil niederflurig
231–240 GT-D8 8x-1/2R-Gel-Tw Düwag 1968 „Anderthalbrichtungswagen“
(Notführerstand hinten, Behelfsausstiege
links); 1982 Umbau aus GT6
241–248 GT-D8 8x-1/2R-Gel-Tw Düwag 1975 „Anderthalbrichtungswagen“
(siehe oben)
270–281 GT-H 6x-1R-Gel-Tw Düwag 1962/63 1975 ex Hagen Tw 70–81; Umbau
aus 2R-Tw (275, 279–281 noch 2R-Tw)
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
67
Betriebe
Auf der Ludwigsbrücke
fotografierte
Bodo Schulz
am 24. September
1999 den achtachsigen
Tw 248. Im
Hintergrund
erneut die Festung
Marienberg
OBEN Der 1989 von
LHB gebaute achtachsige
Tw 210 erreicht
am 22. März
1994 die Haltestelle
Dallenbergbad. Wie
fast alle Würzburger
Straßenbahnfahrzeuge
trägt er
Ganzreklame, allerdings
in dezentem
weißen Grundlack
gen“ verwendet worden. Wohl zum letzten
Mal war in diesen erst zwischen 1968 und
1975 gebauten Fahrzeugen der BBC-Feinstufenfahrschalter
mit Unterflurwiderständen
verwendet worden, weswegen die
Wagen über keine Dachwiderstände verfügten.
Die GT6 aus Hagen
Die aus Hagen übernommenen Sechsachser
Nr. 270 bis 281 waren Düwag-Zweirichtungswagen,
die allerdings in Würzburg größtenteils
zu Einrichtungstriebwagen umgebaut
worden waren. Diesen Fahrzeugen galt mein
Hauptinteresse, denn zu ihrem Ersatz waren
bereits 20 neue Niederflurtriebwagen bestellt.
Nach meiner Beobachtung war im März
1994 täglich etwa die Hälfte der zwölf Wagen
im Liniendienst, während der Rest der Hauptverkehrszeit-Verstärkung
oder Reservezwecken
diente. An meinem Anreisetag – es
herrschte permanenter Nieselregen – befuhr
ich die Streckenäste nach Sanderau, Zellerau,
Heidingsfeld und zum Hauptbahnhof. Dass
der reizvolle eingleisige Heidingsfelder Streckenast
acht Jahre später eingestellt werden
würde, ahnte damals kaum jemand. Die Linien
1 und 4 waren umlaufmäßig in Sanderau
miteinander gekuppelt und fuhren ausschließlich
mit Achtachsern.
Ganzreklame allenthalben
Die Linien 2 und 3 fuhren ebenfalls im Umlaufverbund,
hier kamen jeweils etwa zur
Hälfte Achtachser und die ehemals Hagener
Sechsachser zum Einsatz – von letzteren waren
an diesem Tag die Tw 273, 276, 277,
280 und 281 unterwegs. Zu meinem Bedauern
trugen schon damals fast alle Würzburger
Straßenbahnwagen Ganzreklame.
Mit der 1975 eingeführten gelb-roten Standardlackierung
fuhren nur noch die Tw
LINKS Wenige Minuten
später passierte
der 1962 von der
Düwag gebaute und
„wespenfarbig“ mit
Ganzreklame ausgestatte
Tw 271 die
Haltestelle. Der Wagen
kam 1997 ins
ru mänische Arad
232, 234, 239, 241 sowie der Tw 270. Am
folgenden Dienstag, 22. März 1994, überraschte
mich der Morgen mit strahlendem
Sonnenschein. Erneut standen Sanderau, Heidingsfeld
und der Innenstadtbereich auf meinem
Plan. Letzterer erwies sich mit seinen engen
Straßen gerade bei Sonnenschein wegen
der Gebäudeschatten als fototechnisch schwierig.
An „Hagenern“ waren diesmal die Tw
270, 271, 272, 274, 275 und 279 unterwegs –
also durchweg andere als die am Vortag gesichteten.
Damit hatte ich bis auf den Tw 278
alle Wagen dieser Serie zu Gesicht bekommen.
Gegen Mittag hieß es dann Abschied nehmen
von Würzburg, da mein Tagesziel Stadtbergen
bei Augsburg lautete und vorher noch ein
Zwischenstopp in Ulm eingeplant war. „Die
Zeit in Würzburg war etwas knapp, drei Stunden
für Ulm dagegen reichen völlig“, notierte
ich abends in mein Reisetagebuch.
STEFAN HINDER · Fortsetzung folgt
68 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Würzburg
Und 20 Jahre danach?
In Würzburg machten 1996/97 insgesamt 20 neue
Niederflurzüge sämtliche aus Hagener stammenden
GT6 und einen Teil der GT8 überflüssig. Etwa zeitgleich
verlängerten die Stadtwerke die Neubaustrecke
von Heuchelhof nach Rottenbauer. Da allerdings
ab 2002 der kurze eingleisige Streckenast zum Heidingsfelder
Ostbahnhof nicht mehr befahren und im
Jahre 2013 komplett stillgelegt wurde, hat sich an
der Größe des Würzburger Straßenbahnnetzes gegenüber
1994 praktisch nichts geändert. Verschiedene
Neubaustrecken sind geplant, ihr Bau wurde
bislang aber immer wieder verzögert – einige Projekte
(zum Beispiel den Anschluss des Stadtteils
Frauenland ans Straßenbahnnetz) gab es bereits in
den 1970er-Jahren!
Noch sechs der alten Düwag-Achtachser (Tw 236,
38 und 43 bis 46) sind in Betrieb und laufen an
Schultagen in der Früh- und Mittagsspitze. Sie werden
vorläufig weiter unterhalten. Vermutlich erfolgt
ihr Ersatz mittelfristig in einem Rutsch zusammen
mit den ältesten Niederflur-Tw 201 bis 214, die ja
mittlerweile auch schon 25 Jahre alt sind.
Auf dem ab 2002 nicht mehr bedienten eingleisigen Streckenstück zum Heidingsfelder
Ostbahnhof nahm Lars Naumann kurz vor Einstellung des Betriebes noch den Tw 250 auf
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
69
Geschichte
Kuriosa am Stadtrand
Besonderheiten in Berlin-Heinersdorf Seit 1911 ist die bis 1920 selbstständige Landgemeinde
Heinersdorf an das Berliner Straßenbahnnetz angeschlossen. Im Bereich des heute wieder zum
Bezirk Pankow gehörenden Ortsteiles gibt es dabei einige Sonderfälle in Geschichte und Betrieb
Im STRASSENBAHN MAGAZIN 1/2004
beschrieb der Beitrag „In 25 Minuten
vom Alex aufs Dorf“ den heutigen Verlauf
der Linie M2 vom Alexanderplatz
nach Berlin-Heinersdorf. Dem Abschnitt
„Heinersdorf entgegen“ entnimmt der Leser,
dass dem nördlichen Linienende zwei eingleisige
Abschnitte, unterbrochen durch einen
kurzen zweigleisigen, vorgelagert sind.
Die Formulierung „ ... signalgeregelt wieder
eingleisig ...“ könnte nun vermuten lassen,
dass das zweigleisige Zwischenstück zu
signalgesicherten Kreuzungen genutzt werden
kann. Dem ist seit mehr als 30 Jahren
nicht mehr so. Der Abschnitt wird zwar mit
begrenzenden Rückfallweichen auf Rechtsstrang
im Richtungsbetrieb durchfahren, ist
aber zugfolgeunwirksam.
Der gesamte Endabschnitt einschließlich
der nicht nutzbaren Kreuzungsstelle bildet
eine eingleisige Strecke im Verständnis der
Berliner Fahrdienstordnung. Mit 1,1 Kilometer
Länge ist sie die längste eingleisige Strecke
im BVG-Netz. Das stellte auch zu Zeiten eines
15-Minuten-Taktes in der Hauptverkehrszeit
selbst bei Unregelmäßigkeiten kaum
ein Problem dar, hingegen trägt der Wegfall
In den 1980er-Jahren bediente die BVB
Heinersdorf mit Tatrawagen vom Typ
KT4D. Ein solcher näherte sich hier der
Haltestelle Romain-Rolland-Straße
LUTZ HABRECHT
70 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
von Zugkreuzungen auf dem zweigleisigen
Zwischenstück erheblich zum Flüssighalten
des Straßenverkehrs in dem extrem stark befahrenen
Hauptstraßenabschnitt bei.
Straßenbahngesellschaft befreite
Gemeinde von Pflicht
Nun sei noch auf ein anderes Heinersdorfer
Kuriosum beim Stichwort „gepflasterte
Straße“ aufmerksam gemacht: Die Bauausführung
des Endabschnitts der Straßenbahnlinie
war Gegenstand des im Jahr 1910
zwischen der Gemeinde Heinersdorf und
der Großen Berliner Straßenbahn (GBSt)
abgeschlossenen sogenannten Zustimmungsvertrags.
Abweichend von aller Regel
befreite die GBSt per Vertrag die Gemeinde
von den sonst üblichen Pflasterbeiträgen
und stellte obendrein kostenlos ein Grundstück
für einen (später allerdings nie ausgeführten)
Betriebshof zur Verfügung. Solch
„noble Geste“ erwies die GBSt beim Vorstrecken
ihres Netzes in keinem anderen
Berliner Vorort ...
Maximumwagen mit LOWA-Beiwagen
Bezüglich der Aussagen zum Fahrzeugeinsatz
ist eine kleine Korrektur angezeigt:
Wenn der Autor von Vorkriegsgarnituren
als Vorgängerrollmaterial der Reko-Züge
spricht, bleibt anzumerken, dass mehr als
zehn Jahre lang die Regelzugbildung der
71er-Kurse aus Maximum-Triebwagen mit
einem LOWA-Beiwagen bestand. „Epochemäßig“
waren also Mischgarnituren eingesetzt.
LUTZ HABRECHT
Lesen
Sie noch oder
sammeln
Sie schon?
Zu den Besonderheiten der damaligen Linie 71 nach Heinersdorf zählte, dass auf ihr eine Zeit
lang Maximumwagen mit LOWA-Beiwagen verkehrten. Hier eine Aufnahme aus der Mitte der
1960er-Jahre noch im Bereich der Friedrichstraße
JOHN STAVE, SLG. SIGURD HILKENBACH
Heinersdorf 1988: Das zweigleisige Zwischenstück in eher kleinstädtischer Umgebung war
damals beidseits noch von Zweibogenweichen begrenzt, aber für signalgesicherte Zugkreuzungen
bereits nicht mehr nutzbar
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Geschichte
Um 1903 entstand diese Aufnahme des Zahnradtriebwagens 6 – einem Sommerwagen ohne Verglasung. Im Hintergrund ist nicht der Toelleturm,
sondern der Aussichtsturm des Denkmals zur Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sichtbar
SLG. SIGURD HILKENBACH
Technisches Kleinod zum
Toelleturm in Wuppertal
120. Jubiläum der Barmer Bergbahn Am 16. April 1894 nahm sie als erste elektrische Zahnradbahn
Deutschlands den Betrieb auf – die Bergbahn vom Barmer Zentrum zum Toelleturm. Nach
65 Jahren musste sie ihren Dienst quittieren. Eine Erinnerung an diese ungewöhnliche Straßenbahn
Stolz meldete die „Barmer Zeitung“ in
ihrer Ausgabe vom 16. April 1894:
„Die Eröffnung der Barmer Bergbahn
fand heute morgen fahrplanmäßig
statt. Bei großem Andrang wurde der
erste festlich mit Laubgewinden geschmückte
Wagen um 6.27 Uhr von dem Hauptbahnhof
Barmen, Cleferstraße, abgelassen,
es mußte aber sofort, um die zahlreichen
Passagiere zu befördern, ein zweiter Wagen
abgelassen werden. Das 1. Billet wurde mit
10 Mark bezahlt; im ersten Wagen befanden
sich 40 Personen. Nach 14 Minuten langer
Bergfahrt langten die Wagen am Bahnhof
Toellethurm an, wo sie mit Böllerschüssen,
die der Inhaber des Luftcurhauses, Herr Reichert,
abbrennen ließ, und mit lauten Hurrarufen
empfangen wurden.“
Skandalöser Fall bürokratischen
Fortschrittsglaubens
Im Jahre 2014 können keine Fahrgäste
mehr am Toelleturm empfangen werden,
um das 120. Jubiläum der Barmer Bergbahn
zu feiern. Denn nach 65 Jahren eines zu allen
Jahreszeiten zuverlässigen und unfallfreien
Fahrbetriebs und nach mehrjährigen
kommunalpolitischen Auseinandersetzungen
wurde sie am 4. Juli 1959 stillgelegt.
Widerstand aus der Bevölkerung und Protestdemonstrationen
hatten dies nicht verhindern
könnten. 1960 wurde die erste
elektrische Zahnradbahn Deutschlands abgebaut
und verschrottet.
Was als Beispiel für mutigen bürgerlichen
Unternehmungsgeist mit der Eröffnungs-
72 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Barmer Bergbahn
Der Talbahnhof lag zwischen Clefer Straße (heute Am Clef) und Kampstraße (heute Saarbrücker Straße). Sein Erscheinungsbild veränderte sich
durch die Erweiterung des Kraftwerks in den 1930-Jahren sowie durch den vereinfachten Wiederaufbau nach 1945 SLG. SIGURD HILKENBACH (2)
fahrt der Bergbahn am 16. April 1894 seinen
Anfang nahm, endete als ein skandalöser
Fall bürokratischen Fortschrittsglaubens
und bürgerferner Kommunalpolitik in der
geschichtsvergessenen Abrisseuphorie der
Nachkriegszeit, so urteilen nicht nur Straßenbahnfreunde
aus heutiger Sicht.
Reich an technischen Besonderheiten
Es half 1959 nicht, dass die Zahnradbahn
schon sieben Jahre vor der Wuppertaler
Schwebebahn eine verkehrstechnische Innovation
darstellte, indem sie die 1,6 Kilometer
lange Strecke von der Barmer Innenstadt
zu dem 171 Meter höher gelegenen
Aussichtspunkt Toelleturm in zwölf Minuten
bewältigte und dabei mit der Stromrückgewinnung
bei der Talfahrt energietechnisch
ihrer Zeit weit voraus war. Zu
ihren technischen Besonderheiten zählte
auch ein System dreier voneinander unabhängiger
Bremsen, das auf der zweigleisigen
Strecke mit dem Zahnstangensystem Riggenbach
bei einer maximalen Steigung von
16,8 Prozent während der gesamten Betriebszeit
die Sicherheit gewährleistet hat.
Der Fahrzeugpark bestand ursprünglich aus
elf Wagen, davon drei kürzere, sogenannte
„Schülerwagen“.
Betrieb bis zum Schluss
mit Originalfahrzeugen
Nach Verlusten im Zweiten Weltkrieg standen
bis zur Einstellung noch sechs Wagen
zur Verfügung, von denen sich vier noch annähernd
im Originalzustand von 1894 befanden.
Die Kriegszerstörungen des Luftangriffs
auf Barmen von 1943 hatten auch
neben der Bergbahnstrecke ihre Spuren hinterlassen
und Ausflugsziele wie die Stadthalle,
das Planetarium und das Luftkurhaus
zerstört bzw. beschädigt. Doch nach 65 Jahren
war die elektrische Zahnradbahn schon
selbst zu einer traditionsreichen technikgeschichtlichen
Attraktion geworden, die immer
noch eine Funktion für den Alltagsund
Ausflugsverkehr besaß.
Am Bahnhof Toelleturm trafen zu dieser
Zeit neben der Zahnradbahn auch mehrere
Straßenbahnlinien aus Richtung Barmen,
Vor der Einfahrt in den Talbahnhof stehen zwei Bergbahnwagen auf der Brücke über die Bergisch-
Märkische-Eisenbahn „im Stau“. Deren spätere Elektrifizierung 1963/64 diente der Stadt als ein
Argument für die Notwendigkeit der Bergbahnstilllegung
DORIS HANNIG, SLG. BARMER BERGBAHN E.V.
Anlässlich der VDVA-Sonderfahrt 1958 begegnen sich an der Haltestelle Talblick drei Fahrzeugtypen:
links der 1949 neu aufgebaute Tw 6, rechts in Fahrtrichtung Toelleturm der 1939
umgebaute Tw 5 und der Tw 8 mit offener Plattform im Zustand von 1894
ALFRED SPÜHR
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
73
Geschichte
Der 1888 eröffnete Toelleturm, Endstation der
Zahnradbahn auf den Barmer Südhöhen, 1994
aus 26 Meter Höhe von einem Hubsteiger fotografiert.
Durch die Bäume erkennt man die
Gaststätte „Zur alten Bergbahn“, das ehemalige
Bahnhofsrestaurant
JÜRGEN EIDAM
Ronsdorf/Remscheid und Cronenberg/Solingen
zusammen.
Der nachhaltigen Beseitigung von Spuren
der Bergbahn wurde erst 1984 auf Initiative
einer Versicherungs-Pensionärskasse entgegengesteuert.
Sie ließ eine von der Stuttgarter
Zahnradbahn übernommene baugleiche Antriebsachse
als Denkmal aufstellen. Das
Strukturförderprogramm „Regionale 2006“
brachte die Freilegung der etwa einen Kilometer
langen Trasse auf der Waldstrecke und
deren Markierung mit Granitstelen.
Wie stehen die Chancen für
einen Wiederaufbau?
Seit einigen Jahren werden mit Hilfe privater
Sponsoren entlang der gesamten Trasse
Informationstafeln aufgestellt. Sie halten die
Erinnerung an die Bergbahn ebenso wach,
wie das ehemalige Bahnhofsgebäude Toelleturm,
das bis heute, äußerlich nahezu unverändert,
als beliebtes Restaurant „Zur alten
Bergbahn“ existiert.
Der 2009 gegründete Verein „Barmer
Bergbahn e.V.“ hat sich langfristig den Wiederaufbau
der Barmer Bergbahn zum Ziel
gesetzt und möchte zunächst mit einer wissenschaftlich
fundierten Machbarkeitsstudie
die Möglichkeiten für einen Neubau einer
Zahnradbahn in Wuppertal ausloten.
Ein zum Jubiläumsjahr 2014 erschienener
Wandkalender führt die Bergbahn auf ihrer
Fahrt durch die Barmer Anlagen dem heutigen
Betrachter noch einmal vor Augen.
Literatur
JÜRGEN EIDAM
• Jürgen Eidam/Wolfgang R. Reimann: Die Barmer
Bergbahn – Zur Stilllegung der Wuppertaler
Zahnradbahn vor 50 Jahren, Edition
Köndgen, Wuppertal 2009
• Barmer Bergbahn e.V. (Hrsg.): Die Barmer
Bergbahn 1894–1959–2014, Immerwährender
Kalender, Edition Köndgen, Wuppertal 2013
Ein Jahr vor der Stilllegung unternahm 1958
der Verband Deutscher Verkehrs-Amateure
(VDVA) eine Abschiedsfahrt mit der Bergbahn.
Ein begleitender Vierbeiner übt sich an der
Kurbel des Tw 8 vor der Bahnhofsgaststätte
Toelleturm DIETER VOGT, SLG. REINER BIMMERMANN
74 STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Fundstück des Monats
FOLGE 16
Hamburg
Straßburger Str.
Nein, kein Zebrastreifen der besonderen Art, sondern eines der letzten Gleisstücke von Hamburgs Straßenbahnlinie 8
ist in der Straßburger Straße in Hamburg-Wandsbek zu finden
JENS ODE
Tramtrasse als Parkplatz
Wer im Hamburger Stadtbezirk Wandsbek in der Straßburger Straße einen Parkplatz sucht, der
kommt mit einem Stück Verkehrsgeschichte in Berührung – er muss einen der letzten Gleisreste
der Hamburger Straßenbahn überqueren! Aber welche Linie fuhr hier einst?
Nach schweren Zerstörungen im Zweiten
Weltkrieg kam die Hamburger Straßenbahn
bis Anfang der 1950er-Jahre zum Wohle der
Stadt noch einmal kräftig in Schwung. Ab
dem 24. Juni 1951 führte die Straßenbahnlinie
8 von Dehnhaide wieder nach Farmsen
zur Trabrennbahn. Später folgten Streckenverlängerungen
bis in die Innenstadt und sogar
nach Altona.
Im Stadtbezirk Wandsbek nutzte die Straßenbahn
in der Straßburger Straße unabhängig
vom Individualverkehr einen eigenen
Gleiskörper in Mittellage der Straße. Diese
Strecke war relativ bogenarm, so dass hier
der 1951 gelieferte PCC-Probewagen (Tw
3060), der dann später seinen „Brüdern“
nach Brüssel folgte, verkehrte. Das Einzelstück
lief überwiegend als Verstärker zwischen
Straßburger Straße und Dehnhaide.
Auch die einzigartigen Umbau-„Gelenkwa-
gen“ (VG bzw. „V8“) fuhren viel auf dieser
Strecke. Der ab 1950 massiv betriebene Straßenausbau
führte bekanntlich zur schrittweisen
Einstellung der Straßenbahn, die
Stadtplaner empfanden sie schlichtweg als
Störfaktor. 1967 war das Liniennetz bereits
auf 213 Kilometer Länge „halbiert“, die Linie
8 ist seit 1960 Geschichte. Eine neue U-
Bahnlinie (U1) nach Wandsbek bzw. später
bis Wandsbek-Gartenstadt sollte nun die
Hauptlast des Verkehrs bewältigen, unzählige
Buslinien kamen hinzu.
Wie so oft in Hamburg wurden nach Einstellung
einer Straßenbahnlinie die Gleise
und Oberleitungen schnellstmöglich „entfernt“,
um mehr Platz für den Individualverkehr
zu bekommen. Doch bis heute nutzen
nicht einmal vier Buslinien die ehemalige
Trasse. Wie man auf der Aufnahme oben gut
erkennen kann, dient diese inzwischen als
kostenloser Parkplatz. Täglich parken dort
Hunderte von Autos auf einer Länge von fast
einem Kilometer.
Auf dem sichtbaren Gleisrest verkehren nun
schon seit 54 Jahren keine Straßenbahnen
mehr. Erhalten geblieben sind in Hamburg
aber auch viele Masten der Tram. An ihnen
sind heute Straßenlampen befestigt. Der geübte
Betrachter kann also in Hamburg noch
heute „Straßenbahn-Archäologie“ betreiben.
Insbesondere auf breiten Straßen mit „verdächtigem“
Mittelstreifen oder hängender
Straßenbeleuchtung sind ehemalige Trassen
gut zu erkennen. Ein Potential, das für eine
moderne Stadtbahn mit eigenem Gleiskörper
teilweise von großem Vorteil wäre. Die in
Hamburg nicht abreißende Diskussion zur
Wiedereinführung einer Straßen- bzw. Stadtbahn
wird zur kommenden Bürgerschaftswahl
2015 in die nächste Runde gehen. JENS ODE
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
75
n Miniatur-Nahverkehr: Anlagen, Fahrzeuge, Tipps und Neuheiten
m sm-modell@geramond.de
Für seine Anlage mit zahlreichen H0-Fahrzeugen von Thüringer Straßenbahnen baute Ullrich Rau aus Tabarz auch diesen Cabrio-Bw, der den Erfurter
Beiwagen 275 zum Vorbild hat. Leider verstarb der Erbauer im Jahr 2012 U. Rau, olga Bandelowa, u. fröhberg (2), h. gieramm (2), R. felgentreu (2)
Tram fast ohne Worte
Die „Schätze“ aus der Schublade n Oben-ohne-Beiwagen, unvollendete Kartonmodelle,
Maßstabsvielfalt, Rostocker Fundstücke und eine blinkende Westernbahn unterm Fahrdraht
Schon 1977 hat Berthold Dietrich-Vandoninck den Bau des Modells des
Münchner Beiwagens vom Typ g begonnen. Bis heute ist es unfertig
Immer wieder erhalten wir Bilder
von Trammodellen unserer
Leser, die aus den verschiedensten
Gründen nicht veröffentlicht
werden. Einmal passen die Modelle
gerade wegen der Themenmischung
nicht, dann fehlen wieder jegliche
Informationen zu den Eigenbauten,
die auch auf Nachfrage von den
Erbauern nicht geliefert werden.
Manchmal sind die eingereichten
Fotos aber schlicht nicht druckbar,
weil sie selbst mit viel Wohlwollen
den Qualitätsmaßstäben nicht entsprechen.
Gelegentlich ist aber auch
die Modellredaktion schuld daran,
dass interessante Bilder einfach mal
übersehen oder über längere Zeit
vergessen werden. Heute holen wir
mal einige dieser „Schätze“ aus der
Schublade und stellen sie Ihnen mit
nur wenigen Worten vor.
Karin Sowa-Rau schickte dem SM im
September 2011 das Bild des H0-Modells
einer Cabrio-Tram, die ihr Mann
gebaut hatte. Unsere Bitte um erhellende
Informationen blieb unbeantwortet.
Erst eine weitere Nachfrage
76 strassenbahn magazin 6|2014
Fahrzeugba
Im Maßstab 1:43,5 entstand dieser Kopenhagener Triebwagen 550, den
Ulrich Fröhberg aus Hofgeismar vorwiegend aus Kunststoff baute
Fröhbergs Modelle fahren nicht immer für den Vorbild-Verkehrsbetrieb.
„Der New Haven-Bridgeport Transit ist eine Spinnerei von mir“, sagt er
Als blinkender Westernzug fährt das Vorbild dieses 00-Trammodells seit
1962 durchs englische Blackpool. Ein TV-Sender hatte den Bau bezahlt
Bis 2007 fuhr die von Shell bezahlte „Hovertram“ durch Blackpool. Peter
Whiteley baute die 00-Modelle mit etwa 2.000 LEDs pro Fahrzeug
zwei Jahre später brachte die traurige
Nachricht, dass Erbauer Ullrich Rau,
dessen Anlage im SM 12/01 vorgestellt
wurde, im Mai 2012 nach kurzer,
schwerer Krankheit verstorben
ist. Seine Witwe hat inzwischen viel
von der Modelltram verkauft. „Die
kleine Cabrio-Straßenbahn bleibt
allerdings als Andenken in meinem
Besitz“, schloss sie ihre E-Mail.
Vorwiegend aus Karton hat der gelernte
Buchbindermeister und SM-Reporter
Berthold Dietrich-Vandoninck
sein Modell eines Münchner Beiwagens
Typ g von 1944 im Maßstab
1:50 gebaut. Beim Vorbild entstand
das Fahrzeug als Wiederaufbau eines
Bw Typ e von 1925. Schon 1977 begann
der Hobbyfreund mit dem Bau
des Modells, dessen Räder von einer
H0-Dampflok stammen. Das Foto von
vor etwa 15 Jahren sollte eigentlich
einen Zwischenzustand festhalten,
tatsächlich wurde seitdem aber nicht
mehr weitergebaut. Auch beim dazu
passenden Triebwagen Typ D fehlt
noch das komplette Fahrgestell.
Ulrich Fröhberg hat seit seinem 14.
Lebensjahr schon über 100 Trammodelle
in den unterschiedlichsten Maßstäben
gefertigt. Von 1:15 bis 1:500
hat er schon alles ausprobiert. Zurzeit
entstehen ein Zweiachser aus Kopenhagen
und ein Wagen der Straßenbahn
in Paris, beide im Maßstab 1:22.
Für eine umfassende Vorstellung der
fröhbergschen Modelle mangelt‘s
noch an druckbaren Bildern.
Bilder zur falschen Zeit
Genügend gute Fotos hatte uns
dagegen Helmut Gieramm 2012
von einer englischen Ausstellung
geschickt. Leider passten die Aufnahmen
unmittelbar nach den Messeberichten
und vielen Bildern von
„Kleine Bahn ganz groß“ nicht so
recht zur Themen-Mischung und gerieten
in Vergessenheit. Zwei ungewöhnliche
Modelle der Blackpooler
Straßenbahn reichen wir jetzt nach.
Für eine Folge der SM-Serie „Fundstück
des Monats“ über Gleisreste
der alten Rostocker Linie 4 sandte
René Felgentreu aus Berlin auch einige
Bilder mit entsprechenden Straßenbahnmodellen
ein. In den einseitigen
Artikel im SM 11/13 passten
sie damals nicht, hier können wir sie
Ihnen nun aber doch zeigen. jog
1949 erhielt Rostock von der Warnemünder Strandbahn den Flensburger
Tw 22. Das H0-Modell ist ein Bausatz von SM-Autor Guido Mandorf
Auf der Wismarer Werft entstand 1950 der zweiachsige Triebwagen 40
der Rostocker Straßenbahn. Das H0-Modell stammt von Torsten Löbl
strassenbahn magazin 6|2014 77
aßenbahn im Modell
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VDVA-
TAGUNG 2014
n Unsere diesjährige Tagung vom
23. bis 29. August in und um Dresden
weist wieder einige Höhepunkte auf:
Die Vortagung bietet Fahrten mit der
Döllnitzbahn Oschatz – Glossen und
der Döbelner Pferdebahn. In Dresden
und Chemnitz werden die Straßenbahnmuseen
besucht.
Einsatz historischer Fahrzeuge in Dresden,
Bad Schandau, Chemnitz und
Plauen und Depotbesichtigungen.
Ferner Besuch der Parkeisenbahnen in
Dresden, Chemnitz und Plauen, eine
Dampfschifffahrt auf der Elbe, Fahrten
mit historischen Autobussen, den
Dresdner Bergbahnen und Dampf-
Schmalspurbahnen um Dresden.
Ein Ausflug nach Görlitz und ein
Besuch der Waggonfabrik in Bautzen
beschließt das Programm.
DER VDVA
STELLT SICH VOR
n Der Verband Deutscher Verkehrs-
Amateure wurde 1956 gegründet, um
den Straßenbahn- und Nahverkehrs-
Vereinen „ein Dach“ zu bieten. Die
jährliche Tagung mit überregionalem
Erfahrungsaustausch und ausgewählten
Nahverkehrs-Exkursionen entwickelte
sich schnell zum Hauptzweck des VDVA.
GÄSTE WILLKOMMEN
n Wen unser Tagungsprogramm interessiert,
kann auch als Nicht-Mitglied
daran teilnehmen. Bitte fordern Sie
die kompletten Tagungsunterlagen
umgehend an. Anmeldeschluss ist der
10. Juni, Frühbucherrabatt noch bis
25. Mai (bei Zahlung bis 10. Juni).
1988
Im Jahr 1988: Zweiachser und KT4D im BVB-Orange teilen sich die Straße mit Trabis, Wartburg und W50
1989
Im Jahr 1989: Im November ist die Mauer offen – Wurstbuden machen auf, BVG-Busse kommen nach Ostberlin
Berliner Jahre
Bus und Bahn im Zeitraffer n Vom hauptstädtischen Nahverkehr
ist Peter Bell aus Köln fasziniert. Fürs Regal hat er ihn nachgestaltet
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Als Kölner, tief im Westen
der Republik beheimat,
kam ich erstmals nach der
Wende 1990 in den Ostteil
des lange geteilten Berlin. Natürlich
faszinierten mich sofort die Tram
und die S-Bahnen mit ihrem etwas
altmodischen Charme. Wieder zu
Hause, habe ich mir in einem Regal
ein kleines Modul gestaltet. Eine
MZZ-Kulisse eines Bahnhofs mit
anschließender Stahlbrücke erschien
mir typisch berlinerisch und bot die
Möglichkeit, eine Straßenszene mit
einer S-Bahn-Strecke und typischen
Modellen zu gestalten. Die Kulisse
wurde reliefartig ausgeschnitten und
bietet so ein bisschen Plastizität.
Beeindruckt hatten mich auch die
Großverbundplatten, die die Schienen
der Straßenbahn einfassten.
Entsprechend meinem damaligen
Etat als Student und dem (nicht)
verfügbaren Modellbahnmaterial
Ihre Arbeit
gewinnt
zeichnete ich die Straßen-
struktur und kopierte sie auf einem
Schwarzweißkopierer. Auch heute
noch beeindruckt mich die Authentizität
dieser Gestaltung.
In den folgenden Jahren zog das Modul
mehrfach um und wurde immer
wieder mit neuen Modellen „aktualisiert“.
Auf diese Weise kommt es
nun zu einer Zeitreise von mittlerweile
25 Jahren. Das Modul und auch
meine Anlage nach Kölner Vorbild
(SM 11/07) habe ich schon auf Ausstellungen
gezeigt. PETER BELL
n Haben Sie auch eine Anlage, ein
Modul oder ein Trammodell gebaut?
Dann stellen Sie Ihr Werk doch einmal
den anderen SM-Lesern in Text
und Bild vor. Alle unter dieser Rubrik
veröffentlichten Arbeiten werden
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78 strassenbahn magazin 6|2014
Anlagenba
1990
2004
Im Jahr 1990: Viel mehr Verkehr – ein Münchener Bus hilft aus, West-
Gebrauchte verdrängen die Trabis. Westbanken starten in Containern
Im Jahr 2004: Die S-Bahnen fährt mit BR 481. BVG-Busse sind gelb. Nur
„Meyer‘s Rostbratwürstchen“ (mit Deppen-Apostroph) gibt‘s weiterhin
2013
h. gieRamm P. Bell (5), olga Bandelowa (2)
Im Jahr 2013: Gelbe Niederflurfahrzeuge GT6N-ZR und Flexity bedienen jetzt die Verkehrsbedürfnisse. Ganz links fährt der Autor mit seinem Auto
TLRS zum 11. Mal in Nürnberg
n Werner Jurkowski aus Berlin ist
ein Modellstraßenbahner, der es
ganz genau nimmt. Bei seinen H0-
Messingmodellen legt er viel Wert
auf Maßgenauigkeit. Das von ihm
verwendete Rillengleis vom US-
Hersteller Proto:87 kommt mit einer
Rillentiefe von nur 0,35 mm dem
Maßstab 1:87 schon sehr nahe. „Ich
Werner Jurkowski (2. v. r.) zeigte beim
diesjährigen Treffen der „Tramway
and Light Railway Society“ (TLRS)
seine Messingmodelle, die er nach
internationalen Vorbildern gebaut hat
bin bisher wohl der einzige Modellstraßenbahner
in Deutschland,
der mit dem Gleis eine komplette
Anlage gebaut hat“, freut sich der
68-Jährige. Beim nun schon elften
Treffen der deutschen TLRS-Gruppe
in Nürnberg konnte er seine Präzisionsmodelle
den fachkundigen Teilnehmern
und Besuchern zeigen. jog
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strassenbahn magazin 6|2014 79
Ihre Seiten: Ergänzungen, Anmerkungen, Kritik und Anregung
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STRASSENBAHN MAGAZIN
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Zu „Umfrage Bielefelds Linie 5“
(SM 4/2014)
Zwei Systeme
unvernünftig
Was für eine Stadt von der Größe
Kölns noch vertretbar sein mag, ist für
Bielefeld unvernünftig. Man sollte keinesfalls
zwei Teilsysteme schaffen. Die Linie
5 sollte als Hochflurlinie gebaut werden.
Martin Heyneck, Minden
Zwei System
rechnen sich
Soweit es nur um die Strecke nach
Heepen geht, betrifft die Einführung eines
zusätzlichen Niederflurnetzes nur die Frage
nach der Wirtschaftlichkeit eines unterschiedlichen
Wagenparks. Deutlich komplexer
wird das Problem aber, wenn man
bedenkt, dass die neue Linie 5 nicht nur
nach Heepen, sondern auch nach Sennestadt
verkehren soll. Dazu müsste sie die
Strecke der Linie 1 zwischen Bethel und
Senne übernehmen, auf welcher bereits
sieben Haltestellen mit Hochbahnsteigen
vorhanden sind. Wenn kein Mischbetrieb
entstehen soll, müssten diese also wieder
abgetragen werden – zugunsten von lediglich
vier Haltestellen im Brackweder
Zentrum, die noch nicht ausgebaut sind –
angeblich, weil die Verhältnisse (Einkaufsstraße)
es nicht zulassen. Dabei zeigen
Beispiele aus Stuttgart, wie man selbst in
einem solchen Umfeld städtebaulich
verträgliche Lösungen realisieren kann.
Würde man dies auch in Brackwede versuchen,
wäre eine Hochflurlinie nach Sennestadt
möglicherweise doch die bessere
Alternative. So könnten zudem weiterhin
umsteigefreie Verbindungen zum Hauptbahnhof
und (wie jetzt schon gelegentlich)
zur Universität angeboten werden. Beides
ist nach der derzeitigen Planung mit der
Linie 5 nicht möglich.
Trotzdem könnte sich langfristig die
Einrichtung eines zusätzlichen Niederflur-
Betriebsteils rechnen, vorausgesetzt, man
baut auch diesen konsequent aus. Hier
wäre eine Möglichkeit die Umstellung
der Linie 3 zwischen Rathaus und Sieker
Mitte, wo ebenfalls noch einige Hochbahnsteige
fehlen. Die restliche, komplett
hochflurige Strecke nach Stieghorst
könnte über den Betriebshof in Sieker mit
der Linie 2 verknüpft werden, neben der
4 momentan die Linie mit dem größten
Hochfluranteil und einer kürzeren Fahrtzeit
ins Zentrum. Dies wäre erst Recht
von Vorteil, wenn die Linie 3 eines Tages
bis Hillegossen verlängert wird.
Johannes Osing, Essen
Zu „Problem Parallelverkehr“
(SM 3/2014)
Störfaktor
Bahnübergang?
Ich sehe hier keinen Parallelverkehr
mit der S-Bahn, da diese nur das Markkleeberger
Zentrum und die Agra erschließt.
Man will wohl eher den BÜ in
Markkleeberg los werden, es gibt Planungen
als neue Endstelle Markkleeberg-Mitte
zu nehmen, da bleibt der
nördliche Teil mit Agra erschlossen. Das
Zentrum würde man der S-Bahn überlassen.
Es gibt aber auch eine Planung, die
Linie 9 am Forsthaus Raschwitz wie die
alte Obuslinie C zum südlichem Ende zu
verlängern, da bleiben die meisten
Wohnbereiche fußläufig erreichbar und
man könnte das neue Gewerbegebiet erschließen.
Dies würde aber wahrscheinlich
dem Streckenabschnitt Forsthaus Raschwitz
– Markkleeberg-Mitte entfallen
lassen. Da aber die LVB am Hungertuch
nagt, wird diese Verbesserung bestimmt
nicht realisiert.
Beim derzeitigen Takt wäre es ja nicht
schlecht, wenn jede zweite Bahn bis
Markkleeberg-West (Süd) fährt und die
anderen in Mitte enden, um diesen Teil
angeschlossen zu lassen.
Lutz Krause, Mockrehna,
OT Audenhain
Einst am Niederrhein
Die 1950er- und 1960er-Jahre, die
Zeiten des Wirtschaftswunders in
Westdeutschland, wecken bei Straßenbahnfreunden
eher gemischte Gefühle.
Einerseits war es eine Ära der
Modernisierung – Großraum- und Gelenkwagen
lösten die zum Teil noch
aus den Anfangsjahren stammenden
Zweiachser ab. Andererseits war es
die Zeit der „autogerechten Stadt“,
als in der Bundesrepublik Dutzende
Straßenbahnbetriebe durch angeblich
moderne und wirtschaftlichere Dieselbusse
sowie teil- wie zeitweise auch
durch Obusse ersetzt wurden.
Zu den Städten, die ihre Trams trotz
Modernisierung bis Ende der 1960er-
Jahre einstellten, gehören Mönchengladbach,
Rheydt und Viersen am Niederrhein.
Noch Anfang der 1950er
bildeten sie das westliche Ende des
großen, zusammenhängenden Straßenbahnnetzes
an Rhein und Ruhr.
Wer wollte, konnte von hier aus mit
der Straßenbahn – und vielfachem Umsteigen
– über Krefeld, Düsseldorf, Duisburg
(oder Wuppertal) nach Essen, Bochum
und sogar bis Dortmund reisen,
auch wenn er dafür einen ganzen Tag
brauchte.
Im April dieses Jahres legten Axel
Ladleif, der langjährige Layouter des
STRASSENBAHN MAGAZIN, und Wolfgang.
R. Reimann, profunder Kenner
der Trambetriebe an Rhein, Ruhr, Emscher
und Wupper, gemeinsam einen
Bildband vor, der sich diesen drei Städten
widmet. Warum diesen Dreien?
Zum Einen, weil Mönchengladbach und
Rheydt jahrelang ein gemeinsames
Netz betrieben, zum Anderen, weil hier
bis 1969 nicht nur moderne Düwag-
Großraum- und Gelenkwagen fuhren,
sondern noch so manches schöne alte
Gefährt. Als drittes Argument zählt die
Tatsache, dass sich bisher noch kein lokaler
Verkehrshistoriker diesem Thema
angenommen hatte.
Der Untertitel des Bildbandes „Eine
Foto-Rundreise durch Mönchengladbach,
Rheydt und Viersen“ ist wörtlich
zu nehmen. Die Fotografen sind bzw.
waren samt und sonders Ortsfremde,
sie kamen nach Gladbach, um Straßenbahnen
zu fotografieren. Ihr Blick war
unvoreingenommen auf der Suche nach
guten Motiven. Und dieser Blick prägt
mit der Kenntnis der Fotografen und
Autoren von Fahrzeugen und interessanten
Betriebssituationen den Band
gleichermaßen.
Die Aufnahmen lohnen das Betrachten
und laden auch zum Verweilen ein,
Axel Ladleif hat da und dort ein Motiv
von heute eingestreut, was dem Leser
direkte „Einst & Jetzt“-Vergleiche erlaubt.
Die Autoren zeigen aber eben
nicht nur Trams, sondern auch die Obusse,
die in Rheydt für einige Jahre anstelle
der Straßenbahnen verkehrten, sowie
den einen oder anderen interessanten
Dieselbus. Bildqualität und Bildwieder-
gabe sind sehr gut. Das Layout ist
klar, die Bildtexte sind knapp, aber informativ.
Was will man mehr von einem
Bildband? STEFAN VOCKRODT
Axel Ladleif, Wolfgang R. Reimann:
Mit der Straßenbahn durchs Wirtschaftswunder
– Eine Foto-Rundreise
durch Mönchengladbach,
Rheydt und Viersen, Hardcover, 132
Seiten, 24 x 22 cm, ca. 200 Farbund
SW-Fotos sowie Karten, DGEG-
Medien, Hövelhof 2014, ISBN 978-
3-937189-80-2, Preis: 27,80 Euro
80
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014
Nummer 296 • 6/2014 • Juni • 45. Jahrgang
In diesen Fachgeschäften erhalten Sie das STRASSENBAHN MAGAZIN
Termine
24./25. Mai, Sehne-Wehmingen: Modelltrucker-Treffen
im Hannoverschen
Straßenbahn-Museum. Geöffnet ist an
beiden Tagen von 11 bis 17 Uhr. Nähere
Informationen demnächst auf der Website
www.tram-museum.de
24./25. Mai, Magdeburg: Markt 1814
rund um den Ambrosiusplatz in Sudenburg,
Straßenbahnverkehr mit historischen
Wagen auf der Linie 77 zwischen
Museumsdepot Sudenburg und Neue
Neustadt, Fahrbetrieb jeweils von 11 bis
17 Uhr, Details unter ignah.net
25. Mai, Berlin/Eberswalde: Von Berlin
mit historischem Omnibus nach Eberswalde,
dort Rundfahrt mit historischem
Obus; Fahrpreise: Erwachsene 20,– Euro,
Kinder 15 Euro; Voranmeldung erforderlich
unter vorverkauf@dvn-berlin.de
25. Mai, München: Öffnungstag des
MVG-Museums in der Ständlerstraße 20
von 11 bis 17 Uhr
25. Mai, Stuttgart: Besuchstage der
Straßenbahnwelt von 11 bis 17 Uhr. Am
Muttertag (11. Mai) kostenloser Zutritt
für alle Damen. Historischer Fahrbetrieb
mit der Straßenbahn-Oldtimerlinie 21
und der Oldtimer-Buslinie 23E. Nähere
Informationen unter www.shb-ev.info.
7. Juni, Augsburg: Rundfahrten von avg
und „Freunden der Augsburger Straßenbahn
e.V.“ (F.d.A.S.) mit KSW Nr. 506, bei
technischen Defekten GT 8; Abfahrt Königsplatz,
B2: 14.05, 15.05 und 16.05
Uhr, Fahrscheine beim Schaffner im
Wagen, Fahrpreise: Erwachsene 3,– Euro,
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Thalia-Buchhandlung, 02625 Bautzen,
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& Spielwaren Michael Turberg, 10789
Berlin, Lietzenburger Str. 51 · Buchhandlung
Flügelrad, 10963 Berlin,
Stresemannstr. 107 · Modellbahn-
Pietsch, 12105 Berlin, Prühßstr. 34
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28217 Bremen, Wartburgstr. 59
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Buchhandlung Decius, 30159 Hannover,
Marktstr. 52 · Train & Play, 30159
Hannover, Breite Str. 7 · Pfankuch
Buch, 38023 Braunschweig, Postfach
3360 · Pfankuch Buch, Kleine Burg
10, 38100 Braunschweig
Postleitzahlgebiet 4
Menzels Lokschuppen, 40217 Düsseldorf,
Friedrichstr. 6 · Goethe-Buchhandlung,
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Hofstr. 12, 40723 Hilden · Fach -
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Duis burg, Ottilienplatz 6
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Technische Spielwaren Karin Lindenberg,
50676 Köln, Blaubach 6-8 ·
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Buchhandlung, 52064 Aachen,
Matthiashofstr. 28-30 · Buchhandlung
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Postleitzahlgebiet 7
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Mössner, 79261 Gutach, Landstr.
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Fachbuchzentrum & Antiquariat Stiletto,
80634 München, Schulstr. 19 ·
Augsburger Lok schuppen, 86199
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hausen, Ingolstädter Str. 54
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Gisela Scholz, 90451 Nürnberg,
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94032 Passau, Nibe lun gen platz 1 ·
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1020 Wien, Novaragasse 47 · Technische
Fachbuch handlung, 1040 Wien,
Wiedner Hauptstr. 13 · Leporello – die
Buchhandlung, 1090 Wien, Liechtensteinstr.
17 · Buchhandlung Morawa,
1140 Wien, Hackinger Str. 52 · Buchhandlung
J. Heyn, 9020 Klagenfurt,
Kramergasse 2-4
Belgien
Musée du Transport Urbain Bruxellois,
1090 Brüssel, Boulevard de Smet de
Naeyer 423/1
Tschechien
Rezek Pragomodel, 110 00 Praha 1
Klimentska 32
Dänemark
Peter Andersens Forlag, 2640 Hede -
husene, Brandvaenget 60
Spanien
Librimport, 8027 Barcelona, Ciudad
de Elche 5
Großbritannien
ABOUT, GU46 6LJ, Yateley,
4 Borderside
Ob Tag der offenen Tür, Sonderfahrt oder Sym posium:
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Fax (0 89) 13 06 99-700 · E-Mail: redaktion@geramond.de
Kinder 1,50 Euro (Mitglieder von Straßenbahnvereinen
frei)
7. Juni, Berlin: Führungen durch den Betriebshof
Niederschönhausen mit der
Sammlung historischer Straßenbahnen und
Busse der BVG, Dietzgenstraße 100 (Straßenbahnlinie
M1 bis Haltestelle Nordend,
Buslinien 107 und 124 bis Haltestelle
Dietzgenstr./Mittelstr.), Beginn stündlich
von 10 Uhr bis 15 Uhr; Eintritt: Erwachsene
2,– Euro, Kinder die Hälfte; weitere Informationen
unter www.dvn-berlin.de oder
030/256 33 880
7. Juni, Dresden: Führungen durch das
Straßenbahnmuseum Dresden von 10 bis
16 Uhr, letzte Führung 15 Uhr, Unkostenbeitrag
3,– Euro, siehe www.strassenbahnmuseum-dresden.de
7. Juni, Döbeln: Öffentlicher Fahrtag der
Pferdestraßenbahn jeweils 10 bis 12.30
und 14 bis 17 Uhr. Die Fahrten beginnen
am Pferdebahnmuseum, Niederwerder 6.
Das Museum ist Dienstag bis Freitag 10 bis
17 Uhr und sonnabends 9.30 bis 12.30
Uhr geöffnet (an Fahrtagen bis 17 Uhr)
7. Juni Freiburg: Die Oldtimerlinie 7 verkehrt
aufgrund von Bauarbeiten 2014 auf
der Route Haid/Munzinger Straße – Weingarten
– Technisches Rathaus – Hauptfriedhof
– Hornusstraße – Zähringen/Gundelfinger
Straße; die Mitfahrt ist kostenfrei,
es werden aber limitierte Spenden-Sonderfahrscheine
zum Erhalt der Wagen angeboten,
Betriebszeit 9.26 bis 17.19 Uhr
7., 14. und 21. Juni, Halle (Saale): Die
Hallesche Straßenbahnfreunde e.V. laden
Niederlande
van Stockum Boekverkopers, 2512 GV,
Den Haag, Westeinde 57 · Norsk
Modell jernbane AS, 6815 ES, Arnheim,
Kluizeweg 474
von 11 bis 17 Uhr ins Historische Straßenbahndepot
auf die Seebener Straße
191 ein, am 7. Juni zusätzlich Kindertag
mit Verkehrserziehung
7./8. Juni, Nürnberg: Öffnungstag im
Historischen Straßenbahndepot St. Peter
von 10 bis 17.30 Uhr (17 Uhr letzter Einlass),
während der Öffnungszeiten fährt
die historische Burgringlinie 15 entlang
der Nürnberger Altstadt
7. bis 9. Juni, Bad Schandau: Sonderbetrieb
über das Pfingstwochenende mit
historischen Wagen auf der Kirnitzschtalbahn
zum Lichtenhainer Wasserfall
8. und 22. Juni, München: Öffnungstag
des MVG-Museums in der Ständlerstraße
20 von 11 bis 17 Uhr
15. Juni, Leipzig: Der „Historische Straßenbahnhof
Leipzig-Möckern“ hat von
10 bis 17 Uhr geöffnet. Stündlich pendelt
im Zubringerverkehr die Linie 29E mit historischen
Wagen zwischen dem Museum
und der Innenstadt; Sonderfahrten mit
historischen Wagen. Weitere Informationen
unter:
www.strassenbahnmuseum.de
22. Juni, Berlin: Themenfahrten mit historischen
Straßenbahnen; Beginn der
2,5-stündigen Rundfahrten jeweils 11
und 14 Uhr; Fahrpreise: Erwachsene 6,–
Euro, Kinder die Hälfte, Fahrscheine in
den Wagen erhältlich, keine Platzreservierung;
Informationen ca. zwei Wochen vor
der Fahrt unter www.dvn-berlin.de oder
030/256 33 880
Betriebe
Fahrzeuge
Geschichte
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erscheint monatlich. Sie erhalten die Reihe in Deutsch -
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ISSN 0340-7071 • 10815
STRASSENBAHN MAGAZIN 6 | 2014 81
Vorschau
Liebe Leser,
Sie haben
Freunde, die
sich ebenso
für die
Straßenbahn
mit all Ihren
Facetten begeistern
wie Sie? Dann empfehlen
Sie uns doch weiter! Ich freue mich
über jeden neuen Leser
Im Porträt: Die Straßenbahn in Dortmund
Drei Trambetriebe, viele Fahrgäste und zwei getrennte Netze machten jahrzehntelang die Dortmunder Straßenbahn aus. Der
Zweite Weltkrieg und die Konkurrenz durch Omnibus und Obus änderten jedoch Einiges. Das große Porträt stellt die Dortmunder
Straßenbahn von der Eröffnung der Pferdestraßenbahn im Juni 1881 über die Aufnahme des elektrischen Verkehrs
vor 120 Jahren und dessen Veränderungen bis heute vor – emotionale Erinnerungen an die „Städtische Straßenbahn Dortmund“,
die „Bahnen des Landkreises Dortmund“, Schnellstraßenbahnen und „U-Boote“ der Dortmunder Straßenbahn.
Mit der Zeitmaschine
ins Straßenbahnmuseum
Weitere Themen der kommenden Ausgabe
Einmal sich in die Vergangenheit versetzen und erleben, wie
die im Museum ausgestellten Dinge funktionierten, wie die
Menschen damit umgingen, was sie dachten und sagten. Derart
„living history“ können Besucher des Nationalen Straßenbahnmuseum
Crich in England an bestimmten Wochenenden
tatsächlich erleben. Ein Überblick über die Angebote.
Die Schulstraßenbahnlinien
in Karlsruhe
Sie sind in Deutschland einmalig – die Straßenbahnlinien in
Kooperation mit der Europäischen Schule in Karlsruhe. Doch
nicht nur das ist etwas Besonderes, sondern inzwischen auch
ein Teil der eingesetzten Triebwagen. Der Beitrag stellt Hintergründe,
Fahrzeuge und den aktuellen Fahrplan vor.
MICHAEL KOCHEMS
BRIAN TURNER
FREUNDE DER NÜRNBERGER STRASSENBAHN E.V.
Ein Fenster in die Vergangenheit
Der Pferdebahnwagen 11 ist nicht nur das älteste Fahrzeug
in der Sammlung des Historischen Straßenbahndepots St. Peter
in Nürnberg, sondern zugleich ältester erhaltener Straßenbahnwagen
Süddeutschlands. Nach umfangreichen Untersuchungen
und gut einjähriger konservatorischer Behandlung
zeigt er sich nun wieder in Erscheinungsbild der Auslieferung
im Jahr 1881 – ein Fahrzeugporträt.
Eingestellt vor 40 Jahren –
die Straßenbahn durch Freital
Ab Oktober 1902 verkehrte vor den Toren Dresdens die Plauensche
Grundbahn von Löbtau bis Deuben, ab 1906 bis
Hainsberg. Anfangs als eigenständige staatliche Linie betrieben,
bediente sie das 1921 gegründete Freital später als
Dresdner Linie 22, ab 1949 als neue Linie 3. Eine Erinnerung
an die Einstellung der Straßenbahn in Freital vor 40 Jahren.
André Marks,
Verantwortlicher Redakteur
Ende gut …?
April, April! – nicht
nur in Stuttgart
Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB)
jubelte den Lesern ihrer monatlich erscheinenden
Kundeninformation „Fahrgast-Raum“
auch in diesem Jahr wieder
einen Aprilscherz unter. Demnach hatte
sich im Laufe der ersten Einsatzmonate
der neuen Stadtbahnen vom Typ DT8.12
angeblich herausgestellt, dass deren
Scheinwerfer zu übermäßiger Verschmutzung
durch Staub neigen. Um dem
vorzubeugen, hätten die erfinderischen
SSB-Techniker einen speziellen Windabweiser
entwickelt, der zuvor aufwendigen
Windkanaltests unterzogen worden wäre.
Vom Ergebnis konnten sich die Fahrgäste
am 1. April überzeugen, als der mit
„Windabweisern“ ausgerüstete Versuchsträger
Tw 3521/22 auf der U5 zwischen
Killesberg und Leinfelden unterwegs
war: Über den Scheinwerfer klebten
an diesem Tag große schwarze Wimpern!
Vor allem weibliche Passanten sollen
davon sehr angetan gewesen sein.
Trotzdem verkehrte das Fahrzeug am
Folgetag wieder in gewohnter Form.
In Dessau sorgte ein Straßenbahnfreund
mit einer auf sein Facebook-Profil gestellten
Fotomontage für Aufsehen. Er hatte
einen Niederflurwagen der DVG auf das
Foto des Marktplatzes kopiert, als Probefahrt
deklariert und angekündigt, dass
die DVG ab 6. April die wiederaufgebaute
Strecke zum Rathaus in Betrieb nehmen
würde. Gut, dass in Deutschland über
den Neubau von Straßenbahnstrecken gesprochen
wird, aber schade, dass es am
Ende ein Aprilscherz war! ANDRÉ MARKS
DAS STRASSENBAHN-MAGAZIN 7/2014 erscheint am 20. Juni 2014
82
… oder schon 2 Tage früher mit bis zu 36 % Preisvorteil und Geschenk-Prämie! Jetzt sichern unter www.strassenbahn-magazin.de
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Ihrer Wahl:
z.B. DVD »Trams
im Wirtschafts -
wunderland«
Das besondere Bild
Das besondere Bild
So ein Platz an der Sonne ist schon eine feine Sache. Ein Klappstuhl,
ein Sonnenschirm – fertig ist der sommerliche Freisitz.
Unter dem Pflaster liegt der Strand! Was soll’s, wenn der Verkehr
rundherum auf der Ausfallstraße brandet – solange die
Stadtbahnen brav einen Bogen um die Insel der Glückseligkeit machen.
Ist es ein Nahverkehrsfreund, der eher extremen Sorte samt
eigener Schiene, oder wird hier eine Straße, die es sichtlich nötig hat,
instandgesetzt?
Nun – der Mann, der hier am heißen 3. August 1999 gut beschirmt
mitten auf der Strecke einen kühlen Kopf behalten musste, arbeitete.
Er arbeitete sogar für den geordneten Ablauf des Stadtbahnverkehrs,
obwohl es danach auf den ersten Blick nun wirklich nicht aussah.
Er verteilte vor jeder Überfahrt die Bahnen auf das richtige der
beiden Gleise im Vordergrund, die während einer baustellenbedingten
Streckensperrung vorübergehend als Kehranlage dienten. Links die
Linie 4, rechts die Linie 5 – oder wie grad Platz war.
Das besondere Bild
Zum Aufnahmezeitpunkt nähert sich links ein von Triebwagen
6250 geführter Langzug der provisorischen Kehranlage, rechts fährt
ein Zug der Linie 5 im Bereich der damaligen Haltestelle Uhlhornstraße
stadteinwärts nach Stöcken.
Richtung Innenstadt liegt hier in Hannovers Kirchröder Straße
eine zweite Weiche, aber die federt selbsttätig in die richtige Lage
zurück. Nur die andere bediente damals rund um die Uhr der Posten,
was wohl billiger war als eine elektrische Weiche, für die ja auch
noch die erforderlichen Kontakte ein- und eine Steuerung aufzubauen
gewesen wären.
Ob dieser Arbeitsplatz nun traumhaft oder eher das ganze Gegenteil
war, mag jeder Betrachter für sich selbst entscheiden. Am Straßenrand
gab es immerhin noch einen kleinen Wohnwagen als Aufenthaltsraum
sowie eine transportable Toilette. Und ohne die den Raum verkürzende
Wirkung eines Teleobjektivs sah die ganze Angelegenheit ohnehin viel
unspektakulärer aus …
TEXT UND FOTO: ACHIM UHLENHUT
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