e-Procurement-Konzepte im Vergleich Praxiserfahrungen aus dem ...
E-PROCUREMENT
e-Procurement-Konzepte
im Vergleich
Praxiserfahrungen aus dem Technischen Handel
Wenn es um die elektronische
Auswahl von Artikeldaten mit
anschließender Bestellung geht,
gibt es verschiedene gängige
Verfahren zwischen Käufer-
und Verkäuferorganisation.
Vor- und Nachteile der Hauptverfahren
werden im folgenden
beleuchtet.
Online Shop des Lieferanten
für Auswahl von Produkten und Bestellung
Lieferant Kunde
Käuferseitiges e-Procurement-System (z.B. Ariba Buyer
oder SAP EBP) mit käuferseitiger Katalog-Engine
30 · INDUSTRIEBEDARF 10/2005
Rala bedient mit 180 Mitarbeitern Unternehmen
aller Branchen mit einem umfangreichen
Sortiment aus den Bereichen
Arbeitsschutz, Schlauch- und Armaturentechnik,
Antriebs- und Dichtungstechnik,
Kunststoffen und Förderband. Dazu kommen
Hilfs- und Betriebsstoffe sowie im
Rahmen der Systembelieferung kundenspezifische
Ergänzungsprogramme.
Ebenso vielfältig wie das Kundenspektrum
der Rala sind deren Anforderungen
an die elektronische Abwicklung der
Beschaffung. Die am Markt gängigen
Varianten zu Bereitstellung, Auswahl, und
Bestellung von Produkten lassen sich
aber dennoch in vier Hauptverfahren
kategorisieren.
Online Shop des Lieferanten
Das einfachste Verfahren stellt die Nutzung
des Online Shops des Lieferanten durch
den Kunden dar. Für diesen ist es der
denkbar einfachste Einstieg in die Online
Käuferseitiges e-Procurement-System
mit Anbindung an den Online Shop des Lieferanten
Lieferant Kunde
Beschaffung über einen Marktplatz mit
Anbindung an das eigene Backend
Lieferant Kunde Lieferant Marktplatz
Kunde
Beschaffung: Die meisten Lieferanten
verfügen heutzutage über einen Online
Shop. Das System steht dem Kunden
kurzfristig zur Verfügung und er muß sich
keine Gedanken über die Bereitstellung
und Verfügbarkeit des Shops und damit
verbundene Kosten machen. All das bietet
ihm der Lieferant.
In der Einfachheit liegen natürlich auch
die Grenzen. Auswählen von Ware und
Bestellen im Online Shop bedeutet auch,
daß es keinen Einkaufsbeleg im eigenen
System gibt, der beispielsweise als Grundlage
für den Wareneingang dienen kann.
Schwierig wird es außerdem dann, wenn
ein Freigabeverfahren für Bestellungen
eingesetzt werden soll. Auftrags- oder
zeitraumgebundene Wertgrenzen pro Shopanwender
stellen für einen guten Online
Shop kein Problem dar. Soll aber die
Bestellung dazu noch in Abhängigkeit des
Wertes von einem oder mehreren Vorgesetzten
freigegeben werden, muß die
Organisationsstruktur des Unternehmens
im Online Shop abgebildet werden, nicht
zu vergessen eventuelle Vertreterregelungen
für die ungeplante Abwesenheit
des Freigabeberechtigten. In aller Regel
werden aber die Online Shops mehrerer
Lieferanten zum Einsatz kommen, um
unterschiedliche Sortimente abzudecken,
so daß der aktuelle Stand der Organisationsstruktur
in jedem einzelnen aktuell
abgebildet werden muß. An dieser Stelle
wird klar, daß ein anderes Verfahren zum
Einsatz kommen muß, um die Anforderungen
zu bedienen.
Käuferseitiges e-Procurement-
System mit käuferseitiger
Katalog-Engine
An dieser Stelle setzen professionelle
e-Procurement Systeme wie Enterprise
Buyer Professional von SAP an. Auf
Kundenseite als ergänzendes System
zum ERP-System installiert, bildet es die
Einkaufsprozesse ab und stellt sie im
Internet Browser mittels Weboberfläche
zur Verfügung. Im e-Procurement-System
lassen sich die Freigabestrategien für
Bestellungen an zentraler Stelle definieren.
Sven Engmann
Von 1996 bis 2003
im IT-Bereich von ABB
Deutschland als eBusiness
Consultant tätig; dort Studium
an der Berufsakademie
Mannheim zum Diplombetriebswirt(BA)/Schwerpunkt
Wirtschaftsinformatik;
Diplomarbeit zum Thema
e-Procurement; seit 2004 bei Rala GmbH & Co. KG
in Ludwigshafen, verantwortlich für den Bereich
eBusiness (Online Shop, elektronische Kataloge,
Homepage, Connectivity).
Das e-Procurement-System wird an einen
Katalogserver gekoppelt, der alle Daten
der zu beschaffenden Artikel bereithält.
Die Rolle der Lieferanten besteht dabei
darin, die Artikeldaten, also Texte, Bilder,
Preise etc. kundenspezifisch aufzubereiten
und in Form eines elektronischen
Kataloges zur Verfügung zu stellen.
Aus diesem Ansatz ergeben sich für den
Kunden zwei große Vorteile: Dadurch, daß
er die Präsentation der Artikeldaten mittels
des Katalogservers selbst übernimmt, kann
er die Sortimente aller Lieferanten unter
einer einheitlichen Bedienoberfläche zusammenfassen.
Damit lassen sich die
Eingewöhnungszeiten bei den Anwendern
senken, oder, andersherum formuliert,
deren Akzeptanz für die Online-Beschaffung
erhöhen, und diese ist letztlich ausschlaggebend
für den Erfolg des Projekts
insgesamt. Vorteil Nummer zwei besteht
darin, daß die Bestellung nicht in einem
externen System (dem Online Shop des
Lieferanten) erzeugt wird, sondern durch
das e-Procurement-System, das den
Beleg direkt im ERP-System generieren
E-PROCUREMENT
kann. Damit stehen die Bestelldaten auch
für Folgeprozesse wie dem Wareneingang
zur Verfügung.
Mit der gestiegenen Kontrolle über den
Bestellprozeß gehen aber auch gestiegene
Kosten einher. Katalogserver und e-Procurement-System
bedeuten auch Lizenzkosten,
ein Applikationsprojekt, Betriebskosten
für die Systeme und nicht zuletzt
auch Aufwand für das Katalogdatenmanagement.
Reduzierung von Kosten und Komplexität
versprechen hier Marktplatzanbieter wie
cc-hubwoo oder simple system. Vereinfacht
ausgedrückt nehmen sie dem Kunden zumindest
das Hosting des Katalogservers
und, soweit es um das Erzeugen syntaktisch
korrekter Katalogdaten geht, auch
einen Teil der Kommunikation Richtung
Lieferant ab. Der Kunde spart damit
Hosting-Kosten und muß weniger IT Knowhow
vorrätig halten, zumal der Marktplatzbetreiber
als spezialisierter Anbieter
in den meisten Fällen ohnehin effizienter
sein dürfte. Auch hier gibt es aber neben
Licht auch Schatten.
INDUSTRIEBEDARF 10/2005 · 31
Online Shop des Lieferanten für Auswahl von Produkten und Bestellung
Käuferseitiges eProcurement-System mit käuferseitiger Katalog-Engine
32 · INDUSTRIEBEDARF 10/2005
Pro Contra
Kein Integrationsprojekt mit Online Shop des Lieferanten erforderlich. Lieferant muß Erzeugung des kundenindividuellen Formats
für Artikeldaten zuverlässig beherrschen, ansonsten drohen
Probleme im Betrieb, z. B. Zeitverzug bei Katalogupdates
oder im Fall von unvollständigen oder falschen Artikeldaten
bei Auswahl und Bestellung der Produkte.
Vollständige Kontrolle über den Beschaffungsprozeß: Prüfung der Aufwand für die Prüfung der vom Lieferanten bereitgestellten
Lieferantenartikeldaten vor Einstellung in die Katalogengine möglich, Artikeldaten (syntaktische und inhaltliche Prüfung).
Freigabeworkflow im kundenseitigen Warenwirtschaftssystem
implementierbar.
Bedarfsträger benötigt keine Internetverbindung. Kosten für Implementierung und Betrieb des
e-Procurement-Systems und zusätzlich der Katalog-Engine.
Bestelldaten liegen (für Reporting, Kontierung, Wareneingang) Aufwand für Prüfung und Hosting (Bereitstellung von Speicher
im kundenseitigen Warenwirtschaftssystem vor. und Performance) von Lieferantenartikeldaten (Texte, Preise,
Multimedia-Informationen). Dieser Punkt fällt umso mehr ins
Gewicht, je mehr Artikel das Sortiment der Lieferanten umfaßt.
Online Shop mit OCI und Kunden-Backend-System
Kundenseitige Katalog-Engine ist nicht abgestimmt auf ge-
hostete Sortimente der Lieferanten, optimiertes Look & Feel oder
verschiedene Suchfunktionen, kein Sortiment-Katalogsuchbaum etc.
Pro Contra
Begrenzte Investitionskosten für Import der OpenTrans Dokumente Bedarfsträger muß sich beim Einsatz von mehreren Online
in das kundenseitige Warenwirtschaftssystem. Shops auch mit mehreren Oberflächen vertraut machen.
Keine Kosten für Implementierung und Betrieb eines Bedarfsträger benötigt Internetverbindung.
eigenen e-Procurement-Systems oder Katalog-Engine.
Kontrolle über den Beschaffungsprozeß: Freigabeworkflow Erfordert vertrauensvolles Verhältnis zum Lieferanten und
im kundenseitigen Warenwirtschaftssystem implementierbar. Lieferantenkompetenz, da die technische Kontrolle über in den
Shop eingestellte Artikel und Preise auf Lieferantenseite liegt.
Lieferant kennt sein Produktspektrum am besten und bietet eine
darauf abgestimmte Funktionalität (Look & Feel) in seinem Online Shop.
Bestelldaten liegen (für Reporting, Kontierung etc.)
im kundenseitigen Warenwirtschaftssystem vor.
OpenTrans als standardisiertes Format für die im Online Shop
selektierten Artikel.
Pro Contra
Keine Aufwände zur Integration mit dem eigenen Backend. Keine Abbildung der bestellten Artikel im Backend/Warenwirtschaftssystem
des Kunden, Bestellung wird erst zum
Zeitpunkt des Rechnungseingangs sichtbar.
Sofort verfügbar. Bedarfsträger muß sich beim Einsatz von mehreren Online
Shops auch mit mehreren Oberflächen vertraut machen.
Lieferant kennt sein Produktspektrum am besten und bietet eine Erfordert vertrauensvolles Verhältnis zum Lieferanten und
darauf abgestimmte Funktionalität (Look & Feel) in seinem Online Shop, Lieferantenkompetenz, da die technische Kontrolle über in den
beispielsweise Darstellung der Produkte und ihrer Attribute oder einen Shop eingestellte Artikel und Preise auf Lieferantenseite liegt.
gezielt aufgebauten Katalogsuchbaum.
Kein Aufwand für Prüfung und Hosting von Lieferantenartikeldaten Bedarfsträger benötigt eine Internetverbindung.
(Texte, Preise, Multimedia-Informationen).
Kein Aufwand für Prüfung und Hosting von Lieferantenartikeldaten
(Texte, Preise, Multimedia-Informationen). Lieferant muß Speicher
und Performance zur Verfügung stellen. Dieser Punkt fällt umso mehr
ins Gewicht, je mehr Artikel das Sortiment des Lieferanten umfaßt.
Auch der Marktplatzanbieter arbeitet nicht
umsonst, und sind erstmal die wichtigsten
Lieferanten auf diesem Wege angebunden,
entsteht eine hohe Bindung an den Dienstleister.
Zwar finanziert sich dieser zunächst
einmal oft über Transaktions- und Jahresgebühren,
die meistens der Lieferant
trägt, aber auch diese Kosten spiegeln
sich letzten Endes in den Produktpreisen.
Gerade ein gutes halbes Jahr ist es beispielsweise
her, daß Ariba von heute auf
morgen zusätzliches Geld einsammeln
wollte und pro Kunden-Lieferanten-Beziehung,
die über das Ariba Supplier Network
abgewickelt wird, eine Jahresgebühr
von mehreren hundert Euro erhob. Ein
zusätzlicher Partner kann die Kommunikation
auch verkomplizieren, und auch
die Kosten für das e-Procurement-
System bleiben dem Kunden erhalten.
Optimale Kombination
aus Online Shop und
e-Procurement-System
Das aus Sicht des Autors optimale Verfahren
bietet eine Kombination aus e-Procurement-System
auf Kunden- und Online
Shop auf Lieferantenseite. Als Quasi-
Standard zur Direktverbindung zwischen
diesen Systemen hat sich die von
SAP entwickelte OCI-Schnittstelle (Open
Catalogue Interface) etabliert. Dabei kann
auf den Einsatz eines Katalogservers
verzichtet werden. Der Anwender startet
stattdessen den Bestellvorgang im e-Procurement-System
und verzweigt per Mausklick
auf den gewünschten Online Shop.
Dort füllt er seinen Warenkorb mit den
benötigten Artikeln und transportiert
diesen ebenfalls per Mausklick über die
OCI-Schnittstelle zurück in das Kundensystem.
Erst in diesem wird dann, evtl.
nach Durchlaufen eines Freigabeverfahrens,
die Bestellung ausgelöst.
uvex academy wird erste freie
Fortbildungsinstitution im Arbeitsschutz
Auf diese Weise werden mehrere Vorteile
kombiniert:
– Der Kunde behält die volle Kontrolle über
den Beschaffungsprozeß, spart aber
gleichzeitig die Kosten für das Kataloghosting.
– Der Lieferant trägt den Aufwand für den
kundenspezifischen Online Shop, dafür
fallen aber keine Marktplatzgebühren an.
– Zudem bleibt die direkte Kommunikation
zwischen Kunde und Lieferant
erhalten und letzterer kann sehr schnell
auf vom Kunden gewünschte Sortimentsanpassungen
reagieren, da er direkten
Zugriff auf das System hat. Das wiederum
ist wichtig für die Akzeptanz des
ganzen Systems bei den Bedarfsträgern.
Werden diese gezwungen, am System
vorbei Faxbestellungen für Artikel abzusetzen,
weil diese online nicht oder
nicht schnell genug zur Verfügung
stehen, wird das ganze System unterminiert.
Auch bei diesem Ansatz bleiben Nachteile
erhalten, denn der Endanwender arbeitet
wiederum mit verschiedenen Shopoberflächen
und auch die Kosten für das
e-Procurement-System bleiben erhalten.
Insgesamt entsteht aber eine bzgl. Kosten
und Flexibilität für beide Seiten sehr
attraktive Kombination, die sich wachsender
Beliebtheit erfreut.
Schien der Markt für Online Beschaffungsverfahren
in den letzten Jahren
weitestgehend ausgereift zu sein, gibt es
neuerdings Entwicklungen, die die OCI-
Variante auch für kleinere Firmen attraktiv
machen.
Mit der Integration der OCI-Logik direkt
in das ERP-System kann, unter weitestgehender
Beibehaltung der Vorteile,
auf den Einsatz eines separaten e-
Procurement-Systems verzichtet werden.
�
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind durch das Arbeitssicherheitsgesetz zur regelmäßigen
Fort- und Weiterbildung verpflichtet. Zum 1. Juli 2005 hat der Verband Deutscher
Sicherheitsingenieure e. V. (VDSI) mit der Einführung des VDSI-Weiterbildungsnachweises
erstmalig Standards für die gesetzlich vorgeschriebene Fortbildung gesetzt.
Mit den anerkannten Seminaren „Laserschutzbeauftragter (LB) für technische Applikationen“
und „Industrieller Augenschutz“ startet die uvex academy, das Fort- und Weiterbildungszentrum
der Uvex Arbeitsschutz GmbH in Fürth, ab Herbst 2005 sein anwendungsorientiertes
Weiterbildungsangebot rund um Persönliche Schutzausrüstung und
Arbeitssicherheit erweitern.
Das Themenangebot der uvex academy wird weitere Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen
in den Bereichen Augenschutz, Laserschutz, Gehörschutz, Handschutz, Schutzbekleidung,
Fußschutz und Arbeitssicherheitsmanagement sowie Beratungsangebote
für Arbeitsplatzanalysen und -bewertungen umfassen. Ausführliche Informationen über
die uvex academy und das Seminarangebot finden Sie unter www.uvex-academy.de.
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