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Arktische Dickschädel - Polar-Reisen.ch

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Gras und die Triebe von <strong>Polar</strong>weiden und<br />

anderen Zwergsträu<strong>ch</strong>ern fressen, was das<br />

Zeug hält. Allerdings bleibt das Tier dabei<br />

die Ruhe selbst: Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>sen legen beim<br />

Fressen im Sommer dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong> nur 2<br />

Kilometer am Tag in tief gelegenen Ebenen<br />

oder Flusstälern zurück.<br />

Wenn der Winter einzieht, reduziert der<br />

Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>se erst einmal seinen Stoffwe<strong>ch</strong>sel<br />

um 30 Prozent. Er rastet 7 bis 8<br />

Stunden lang am Stück, liegt viel im S<strong>ch</strong>nee<br />

und s<strong>ch</strong>läft und brau<strong>ch</strong>t dadur<strong>ch</strong> weniger<br />

Energie. Sobald S<strong>ch</strong>nee die Tundra zudeckt,<br />

muss der Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>se seine Nahrung ausgraben.<br />

Dabei zieht er windgepeits<strong>ch</strong>te<br />

Kuppen vor, wo weniger S<strong>ch</strong>nee liegt; ab 30<br />

Zentimetern S<strong>ch</strong>neehöhe kommt das kurzbeinige<br />

Huftier, dessen Vorfahren in den trockenen<br />

Kältesteppen der Eiszeit entstanden<br />

waren, ganz s<strong>ch</strong>ön ins S<strong>ch</strong>witzen. Von den mit<br />

den s<strong>ch</strong>arfkantigen Hufen ausges<strong>ch</strong>arrten<br />

Tri<strong>ch</strong>tern im S<strong>ch</strong>nee profitieren au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>neehase<br />

und Alpens<strong>ch</strong>neehuhn, zwei Tierarten,<br />

die ebenfalls ni<strong>ch</strong>ts vom Wegziehen in den<br />

sonnigen Süden wissen mö<strong>ch</strong>ten.<br />

Hornplatte sind bewährte Waffen. Mit<br />

Artgenossen wird etwa während des alljährli<strong>ch</strong>en<br />

Brunftgerangels gekämpft. Dabei lassen<br />

zwei kämpfende Männ<strong>ch</strong>en, immerhin je<br />

bis zu 400 Kilo s<strong>ch</strong>wer, ihre S<strong>ch</strong>ädel mit<br />

einer Urgewalt aufeinander prallen, dass<br />

man nur s<strong>ch</strong>on vom Zus<strong>ch</strong>auen Kopfs<strong>ch</strong>merzen<br />

bekommt. Das laute Knallen ist<br />

im Umkreis von bis zu einem Kilometer zu<br />

hören.<br />

Wenn einer ihrer natürli<strong>ch</strong>en Feinde, Eisbär<br />

und <strong>Polar</strong>wolf, auftau<strong>ch</strong>t, dann stellen si<strong>ch</strong> die<br />

Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>sen S<strong>ch</strong>ulter an S<strong>ch</strong>ulter in<br />

einem Kreis auf, die Hörner bewehrten<br />

S<strong>ch</strong>ädel dem Feind entgegen. Im Innern<br />

dieses Verteidigungskreises stehen die<br />

Weib<strong>ch</strong>en und Jungtiere. Was si<strong>ch</strong> über<br />

Zehntausende von Jahren als ges<strong>ch</strong>ickte<br />

Strategie erwiesen hatte, si<strong>ch</strong> gegen Feinde zu<br />

wehren, war für moderne Mens<strong>ch</strong>en mit<br />

Gewehren ein lei<strong>ch</strong>tes Ziel: In wenigen<br />

Minuten konnten Jäger eine ganze Herde problemlos<br />

erlegen. Diese Zeiten sind zum Glück<br />

vorbei – dank weitrei<strong>ch</strong>enden Naturs<strong>ch</strong>utzmassnahmen<br />

lässt si<strong>ch</strong> heute der urtümli<strong>ch</strong>e<br />

Verteidigungsring der Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>sen<br />

wieder an vielen Orten der Arktis<br />

bewundern. Die Phalanx dieser urigen, zottigen<br />

Tiere, deren langes Haar im ständigen<br />

Tundrawind weht, ist eines der na<strong>ch</strong>haltigsten<br />

Bilder aus dem hohen Norden. Und wer hätte<br />

geda<strong>ch</strong>t, dass man heute no<strong>ch</strong> einem Tier<br />

begegnen kann, das einst ein Freund der<br />

Mammuts war?<br />

Grasen mit Köpf<strong>ch</strong>en<br />

Besonders s<strong>ch</strong>wierig wird das winterli<strong>ch</strong>e<br />

S<strong>ch</strong>arren na<strong>ch</strong> Nahrung, wenn die S<strong>ch</strong>neeoberflä<strong>ch</strong>e<br />

vereist. Das kann zum Beispiel<br />

dur<strong>ch</strong> Föhnwinde im Winter ges<strong>ch</strong>ehen, wie<br />

wir sie aus den Alpen kennen. Sie sind an<br />

einigen Orten der Arktis, so etwa in<br />

Grönland, ein Charakteristikum des Klimas.<br />

Wie in unseren klassis<strong>ch</strong>en Föhntälern au<strong>ch</strong>,<br />

steigt die Temperatur über der grönländis<strong>ch</strong>en<br />

Tundra in 2, 3 Stunden um 10 bis 20<br />

Grad, die Luft wird trocken wie in einer<br />

Wüste, und der Wind errei<strong>ch</strong>t Ges<strong>ch</strong>windigkeiten<br />

bis über 150 Kilometer pro Stunde.<br />

Die Grönländer im Osten der Insel nennen<br />

diese Wetterlage neqqajaaq – sie hat katastrophale<br />

Folgen für die Tiere. Wenn es<br />

nämli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem plötzli<strong>ch</strong>en Tauwetter<br />

wieder gefriert, verwandelt si<strong>ch</strong> die zuvor<br />

ges<strong>ch</strong>molzene S<strong>ch</strong>neeoberflä<strong>ch</strong>e in eine<br />

dicke, steinharte Eiskruste.<br />

Daran haben si<strong>ch</strong> Rentiere und S<strong>ch</strong>neehasen<br />

s<strong>ch</strong>on bu<strong>ch</strong>stäbli<strong>ch</strong> die Zähne ausgebissen.<br />

Aber unser Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>se ist im Vorteil: Er<br />

hebt seinen mä<strong>ch</strong>tigen S<strong>ch</strong>ädel und lässt<br />

seine Hornplatte, wel<strong>ch</strong>e die beiden spitzen,<br />

gebogenen Hörner verbindet, kräftig auf die<br />

Hars<strong>ch</strong>kruste sausen. Falls einmal gar ni<strong>ch</strong>ts<br />

mehr geht, der S<strong>ch</strong>neesturm tobt, und trotzdem<br />

Energie gespart werden muss, dann lassen<br />

si<strong>ch</strong> oft ganze Herden einfa<strong>ch</strong> eins<strong>ch</strong>neien.<br />

Der fur<strong>ch</strong>terregende S<strong>ch</strong>ädel des Mos<strong>ch</strong>uso<strong>ch</strong>sen<br />

dient allerdings ni<strong>ch</strong>t nur zur lei<strong>ch</strong>teren<br />

Nahrungsbes<strong>ch</strong>affung im Winter. Die<br />

spitzen Hörner und die Zentimeter dicke<br />

Stois<strong>ch</strong> wartet dieser Bulle, bis der S<strong>ch</strong>neesturm vorüber ist. Gut si<strong>ch</strong>tbar sind jetzt seine massiven<br />

Hornplatten auf der Stirn, auf denen si<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>nee ni<strong>ch</strong>t absetzt.<br />

24 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

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