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CHRISTOPHORUS | 359<br />
REKORDFAHRT<br />
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CHRISTOPHORUS | 359<br />
Ring frei<br />
<strong>Porsche</strong>-Versuchsfahrer Timo Kluck und der 911 Carrera S sind<br />
ein starkes Team. Auf der Nürburgring-Nordschleife dringen beide regelmäßig in den<br />
Grenzbereich vor. Neue Rekordrunde: 7:37,9 Minuten.<br />
Text Holger Eckhardt Fotografie Andreas Hempel<br />
PORSCHE FOTOLINK<br />
Anleitung Seite 12<br />
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„Du darfst vor dieser außergewöhnlichen Strecke nie<br />
den Respekt verlieren, nur weil du hier vielleicht schon ein paar<br />
Runden gedreht hast. Das kann fatal enden.“<br />
Timo Kluck (40) ist seit<br />
zwölf Jahren bei <strong>Porsche</strong>.<br />
Auf der Nordschleife<br />
hat er mindestens 6000<br />
Runden absolviert<br />
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Der Elfer im Karussell:<br />
Die Fugen im Betonkessel martern<br />
Mensch und Material<br />
Streckenabschnitt Brünnchen:<br />
Beim 24-Stunden-Rennen stehen<br />
hier mehr als 20 000 Fans<br />
E<br />
ben war da noch dieses verschmitzte Lächeln.<br />
Jetzt aber drückt die Miene von Timo<br />
Kluck höchste Konzentration aus. Der<br />
Versuchsfahrer Reifenentwicklung am<br />
Steuer des roten 911 Carrera S steht vor<br />
einer großen Herausforderung: die optimale Runde auf<br />
der Nürburgring-Nordschleife. Von dieser träumen<br />
praktisch alle Sportwagenfahrer. Denn das 20,8 Kilometer<br />
lange, geschwungene Asphaltband durch die<br />
Eifelregion rund um das Städtchen Adenau ist ein<br />
Mythos. Hatzenbach, Schwedenkreuz oder Galgenkopf<br />
– die Namen der einzelnen Streckenabschnitte<br />
rezitieren Fans immer wieder wie ein Mantra.<br />
Sieben Minuten und 40 Sekunden ist die offizielle Rundenzeitangabe<br />
für den 911 Carrera S mit optimalem<br />
Setup. Das rote Coupé bringt alle Voraussetzungen<br />
mit: Es hat das um 20 Millimeter tiefer gelegte PASM-<br />
Sportfahrwerk (<strong>Porsche</strong> Active Suspension Managesuchsfahrer“,<br />
wie es offiziell heißt – eine Bezeichnung,<br />
die nur unzureichend erklärt, was genau passiert, wenn<br />
Timo Kluck „Versuche fährt“. Er führt ein Leben im<br />
Grenzbereich, nicht selten darüber hinaus. Rennstrecken<br />
auf der ganzen Welt sind für gut 200 Tage im<br />
Jahr sein Zuhause. Auch wenn dies für den Familienvater<br />
große Entbehrungen bedeutet, es ist schlicht sein<br />
Traumberuf.<br />
Der Nürburgring spielt dabei eine besondere Rolle.<br />
Hier hatte er als Kind den ersten und zugleich prägenden<br />
Kontakt mit <strong>Porsche</strong> – bei der Präsentation des<br />
Technologieträgers 959. Heute kann er auf mehr als<br />
6000 Runden auf der Nordschleife zurückblicken. Er<br />
gehört zur eingeschworenen Gemeinde der Ringprofis.<br />
Dennoch sagt er: „Du darfst vor dieser außergewöhnlichen<br />
Strecke nie den Respekt verlieren, nur weil du<br />
Timo Kluck ist ganz in der Nähe geboren, vor 40 Jahren.<br />
Er ist ein „Eifeler Jung“, wie er sich selbst nennt.<br />
Seit dem Jahr 2000 arbeitet er bei <strong>Porsche</strong> als „Verhier<br />
vielleicht schon ein paar Runden gedreht hast. Das<br />
kann fatal enden.“ Tatsächlich gilt die Grüne Hölle als<br />
gefährlichste Rennstrecke der Welt. Wer sie lediglich<br />
von der Spielkonsole kennt, hat nie diese spezielle Leichtigkeit<br />
auf der Kuppe der Quiddelbacher Höhe gespürt.<br />
Nie in der Kompression der Fuchsröhre das Kribbeln<br />
gefühlt, wenn der Magen dem kleinen Zeh einen Kurzbesuch<br />
abstattet, oder wenn die Trennfugen im Betonkessel<br />
des Karussells auf die Wirbelsäule einhämmern.<br />
ment) an Bord, das zusätzlich eine größere Frontspoilerlippe<br />
beinhaltet. Außerdem fährt der Heckflügel in<br />
einem steileren Anstellwinkel aus. Der dynamische<br />
Wankausgleich PDCC (<strong>Porsche</strong> Dynamic Chassis<br />
Control) sorgt für die größtmögliche Reifenaufstandsfläche,<br />
indem das System die Karosserieneigung in<br />
Kurven auf ein Minimum begrenzt. Die Keramikbremse<br />
PCCB (<strong>Porsche</strong> Ceramic Composite Brake)<br />
senkt das Gewicht der ungefederten Massen und garantiert<br />
höchste Standfestigkeit. Das Siebengang-<br />
<strong>Porsche</strong>-Doppelkupplungsgetriebe mit elektronisch<br />
geregelter Quersperre und das Sport Chrono Paket plus<br />
Schaltwippen am Lenkrad komplettieren das Fahrdynamik-Setup.<br />
Jetzt „muss der Kittel brennen“, wie Kluck es salopp formuliert.<br />
Übersetzt heißt das: Er muss jetzt alles andere<br />
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schwindigkeiten jedoch offenbart die Realität: Der<br />
Versuchsfahrer fährt im absoluten Grenzbereich. „Der<br />
Grat zwischen richtiger Aggressivität hinterm Lenkrad<br />
und der Überlastung des Autos ist sehr schmal. Es<br />
ist nicht wie im Rennauto mit profillosen Slicks, ein<br />
Straßenreifen muss viel mehr leisten. Und er leidet auch<br />
mehr. Jeder unnötige Lenkwinkel stresst den Reifen<br />
und bringt Unruhe ins Auto.“<br />
Ein interessierter Beobachter ist Walter Röhrl. Er war<br />
es, der Kluck unterstützte, als er zu <strong>Porsche</strong> kommen<br />
wollte. Und er ist Klucks Vorbild. „Der Walter stoppt<br />
immer noch jede Runde mit und wir sprechen dann hinterher<br />
darüber – auch über das jeweilige Auto“, sagt<br />
Kluck. Röhrl sieht den roten Carrera vorbeifliegen.<br />
Kurz darauf kommt aus dem Auto der Anruf: „Sieben<br />
Minuten und 37,9 Sekunden. Das hat gepasst!“ Damit<br />
unterbietet Kluck die offizielle Zeit um mehr als zwei<br />
Sekunden. Als er Minuten später aus dem noch knisternden<br />
Auto steigt, ist es wieder da: das verschmitzte<br />
Grinsen.<br />
911 CARRERA S (TYP 991)<br />
Motor: Sechszylinder-Boxer-Motor<br />
Hubraum: 3800 cm 3<br />
Leistung: 294 kW (400 PS)<br />
Max. Drehmoment: 440 Nm bei 5600/min<br />
0–100 km/h: 4,5 (4,3*) s<br />
Höchstgeschwindigkeit: 304 (302*) km/h<br />
CO2-Emission: 224 (205*) g/km<br />
Verbrauch<br />
innerorts: 13,8 (12,2*) l/100 km<br />
außerorts: 7,1 (6,7*) l/100 km<br />
kombiniert: 9,5 (8,7*) l/100 km<br />
* mit <strong>Porsche</strong>-Doppelkupplungsgetriebe<br />
Timo Kluck (li.)<br />
im Gespräch mit seinem<br />
Vorbild Walter Röhrl<br />
um sich herum vergessen, komplett abschalten. Die<br />
Taktik scheint einfach: „Ich setze mich rein und gebe<br />
Vollgas“, die Umsetzung birgt dann aber doch die eine<br />
oder andere Tücke. Kluck: „Es gibt viele schwierige<br />
schnelle Passagen. Das Einlenken nach der Kuppe am<br />
Flugplatz zum Beispiel. Eine ähnliche Situation wartet<br />
500 Meter später hinter der Kuppe am Schwedenkreuz –<br />
nur ungleich schneller bei rund 250 km/h. Wenn du danach<br />
die Linkskurve zu früh anbremst und nicht wartest,<br />
bis der Wagen eingefedert hat, steckst du in Schwierigkeiten.<br />
Die Fuchsröhre erfordert volle Konzentration,<br />
das Fahrwerk leistet Schwerstarbeit. Dann Metzgesfeld,<br />
Wehrseifen, Wippermann, Pflanzgarten II. Die Nordschleife<br />
hat einiges zu bieten, das dich erschrecken kann.“<br />
Der Elfer entschwindet auf der Döttinger Höhe, der<br />
leicht ansteigenden langen Geraden. In der schnellen<br />
Runde wird Kluck hier bis zu 276 km/h erreichen. Jetzt<br />
nimmt er Anlauf, muss die Serienreifen anwärmen.<br />
Gerade die Vorderräder müssen im ersten Streckenabschnitt<br />
mit seinen vielen Richtungsänderungen sofort<br />
greifen. „Der größte Vorteil des neuen Carrera ist seine<br />
fast schon stoische Ruhe. Einfacher macht es dies aber<br />
nur auf den ersten Blick“, sagt Kluck. „Du musst bedenken,<br />
der neue Elfer ist auf der Nordschleife 14 Sekunden<br />
schneller als sein Vorgänger. Er ermöglicht aus dem<br />
Stand GT3-Zeiten. Das musst du als Fahrer auch umsetzen.<br />
Da wird die Luft schon dünn.“<br />
Auf der Strecke läuft alles wie geplant, Kluck gibt Vollgas.<br />
Eine saubere Linie ohne hektische Aufbaubewegungen,<br />
zielgenaues Einlenken fast ohne Korrekturen<br />
– die Videodokumentation zeigt später ein ruhiges<br />
Bild. Ein Blick auf die im Display angezeigten Ge-<br />
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