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Seite 96<br />
Christophorus 331<br />
Christophorus 331<br />
Seite 97<br />
Text<br />
Elmar Brümmer<br />
Fotografie<br />
Jerry B. Soare<br />
Es ist der blanke Purismus, mit dem sich das <strong>Porsche</strong> Design-Studio aufs<br />
Wasser wagt. Die als Auftragsarbeit konzipierte Yachten-Familie für die<br />
amerikanische Luxusmarke Fearless überzeugt durch die Kombination aus<br />
Ästhetik und Leistung. Vom edlen wie intelligenten Materialmix bis hin<br />
zum kühnen Schwung ist ein unverwechselbares Motorboot entstanden.<br />
Davon wünscht man sich mehr auf der Aquabahn.<br />
Design<br />
Ocean’s<br />
Nine Eleven
Seite 98 Christophorus 331<br />
Christophorus 331 Seite 99<br />
Der Hinweis wird zunächst als rein sachdienlich empfunden. „Sie<br />
brauchen nichts weiter zu tun, als zu gucken und zu hören“, sagt<br />
Testpilot Jason Edmonds und deutet einladend auf den cremefarbenen<br />
Ledersitz zu seiner Linken. Sollte er dabei zwinkern,<br />
bleibt es hinter der verspiegelten Sonnenbrille verborgen. Es handelt<br />
sich um eine versteckteWarnung, das wird schnell klar. Kaum<br />
sind er und sein Boot in ihrem Element, erschließt sich auch, warum<br />
das <strong>Porsche</strong> Design-Studio so viel Energie in die ergonomische<br />
Gestaltung des Sitzes gesteckt hat, der sich– elektrisch bedienbar–<br />
mit seinen hohen Wangen fest um den Körper des Beifahrers<br />
schließt. Einen Gurt sucht man vergebens, das verstößt hier gegen<br />
die Ehre. Zwischen dem Sitz und dem Gast entwickelt sich bald<br />
eine enge Beziehung. Man könnte sie als krampfhaft bezeichnen.<br />
Wer sich alsYachtbauer den Namen „Fearless“ gibt, wird an diesem<br />
Versprechen gemessen.<br />
Motorbootfahren ist ein besonderesVergnügen, im <strong>Porsche</strong>-Tempo<br />
beschleunigen sich Gefühle und Herzschlag entsprechend. Die<br />
Chronik des angekündigten Staunens beginnt bereits am Bootssteg<br />
der Marina von Miami Beach, wo die Fearless 28 (die Zahlenkombination<br />
steht für die Bootslänge in Fuß – gut achteinhalb<br />
Gentleman, start your engine: Schlanke 2268 Kilogramm bringt<br />
die Fearless 28 ins Wasser, 340 Liter fasst der Tank<br />
Meter) für die Probefahrt festgemacht hat. Es gibt immer nur eine<br />
Gelegenheit, einen guten ersten Eindruck zu machen, und diese<br />
Yacht versteht die Chance zu nutzen.Wäre es nicht etwas zu despektierlich,<br />
könnte man von einem zu Wasser gelassenen Carrera GT<br />
sprechen. Der charakteristischeV-Rumpf spiegelt sich glänzend im<br />
smaragdgrünenWasser, wie zum Gruß hebt sich keck der spitze Bug,<br />
der kühne Schwung des Hecks vermittelt Souveränität. Ein Teakholzstreifen<br />
teilt die Motorabdeckung aus perforiertem Aluminium.<br />
MiamiVice, nur rasanter–und eleganter.<br />
DieWegstrecke von derWerft in Sarasota an die Atlantikküste hat<br />
die Fearless 28 hauptsächlich auf einem Bootsanhänger verbracht.<br />
Mehrfach mussteTestpilot Jason auf dem Highway anhalten, weil<br />
andere Autofahrer ihm Lichtzeichen gaben und hupten. Am Straßenrand<br />
klärte sich die Angelegenheit stets auf ähnlicheWeise.„Nein,<br />
nein, Sie haben kein Problem am Auto –wir wollten einfach nur mal<br />
das Boot näher betrachten.“Von der Autobahn zur Aquabahn.<br />
Die wahre Bestimmung der Fearless 28 entfaltet sich just hinter<br />
dem Kanal, der den Ozean und die Biscayne Bay miteinander<br />
verbindet. Hinter der Brücke zum Festland öffnet sich die Bucht,<br />
synchron dazu zieht Jason den Gashebel nach hinten. Die Analog-<br />
Instrumente, deren Anmutung sich puristisch am Sportwagen-<br />
Cockpit orientiert, registrieren das mit begeistertem Ausschlag –<br />
bis hin zur Spitze von 150 km ⁄ h. Die gefühlte Geschwindigkeit auf<br />
dem Wasser entspricht etwa Tempo 300 mit dem Auto. Ohne Gurt,<br />
wie erwähnt.Was dann dramatisch erscheint, wenn sich das Boot<br />
mit aufragendem Bug in eine Kurve legt und sich die Innenseite fast<br />
auf Wasserlinie befindet. Die Entschiedenheit des Steuermanns A<br />
Mit der Leidenschaft für Stil und<br />
Leistung sind das <strong>Porsche</strong> Design-Studio<br />
und Fearless Yachts in ihrem Element.<br />
Purismus in der Gestaltung und Anspruch<br />
in der Technik schlagen eine Brücke vom<br />
Automobil- zum Bootsbau.
Seite 100<br />
Christophorus 331<br />
und die Reaktion des Bootes sorgen für Furchtlosigkeit. Kurven<br />
sind ohnehin das Beste im Leben, nicht nur Leistungskurven. Das<br />
erhabene Gefühl, dass sich das Wasser vor einem teilt, steigert sich<br />
zu einem 360-Grad-Erlebnis, wenn sich der Testpilot entschließt,<br />
einen exakten Kreis zu drehen. Zum Nabel der Welt wird vorübergehend<br />
Fisher Island, die Miami vorgelagerte Insel der Prominenten.<br />
Sollte Boris Becker gerade zu Hause sein, könnte er erleben,<br />
wie man mit einem <strong>Porsche</strong>Wellen macht.<br />
Im Prinzip gilt beim Bootsbau die gleiche Aufgabenstellung wie<br />
bei der Rennwagenfertigung: Mehr Leistung, weniger Gewicht.<br />
Die Fearless 28, die mit Acht-oder Zehnzylinder-Motoren zu haben<br />
ist, welche nicht von <strong>Porsche</strong>, sondern von Mercury und Ilmor<br />
stammen, schafft zusätzlich den Spagat zwischen der gewollten<br />
Lebhaftigkeit und der gewünschten Sanftheit. Die Bootsbauer aus<br />
Florida verlassen sich in ihrer Zusammenarbeit mit dem <strong>Porsche</strong><br />
Design-Studio daher auf Wahlsprüche, nicht auf Werbeslogans.<br />
„Die Kunst der Ingenieure besteht darin, unsere Visionen zu verwirklichen“,<br />
sagt Jeffrey Binder, der CEO von Fearless International,<br />
Inc. Seine Vision ist nicht, nur ein weiteres schnittiges Boot auf den<br />
Markt zu bringen: „Wir möchten vielmehr eine Luxusmarke für<br />
dasWasser schaffen. Und wir sind uns der Tradition und der Ideale<br />
des <strong>Porsche</strong> Design-Studios bewusst. Dies ist für unsVerpflichtung.“<br />
„Showtime“, ruft Jason gegen denWind, und lenkt quer zur Route<br />
der Kreuzfahrtschiffe. Wir nehmen Kurs auf Downtown Miami.<br />
Der Hochhausturm, in dem <strong>Porsche</strong> Latin America residiert, dient<br />
als Leuchtturm. Links und rechts fliegen Hafenkais, Gangways<br />
und Ladekräne vorbei. Der Testpilot lässt das Boot über die Wellenkämme<br />
springen, eine reine Machtdemonstration. Als ob er<br />
zeigen will, dass es sich nicht um ein Showboat, sondern ein Powerboot<br />
handelt. Es gilt, den Ehrentitel „Der Hai“ aus der Fachpresse<br />
zu rechtfertigen. Von der Gischt ist trotzdem nichts zu spüren im<br />
mit feinemTeakholzboden ausgekleideten Cockpit. Und selbst die<br />
Unterhaltung mit den Gästen in der zweiten (Sitz)Reihe ist problemlos<br />
möglich.„Es ist ein sehr trockenes und sehr ruhiges Boot“,<br />
sagt Chris Elmes, und darauf ist er stolz. Auf der Visitenkarte des<br />
Fachmanns aus dem Süden Englands, der jahrelang in Südfrankreich<br />
gelebt hat und nun in South Florida Teil einer Revolution im<br />
Bootsbau ist, steht „Naval Architect“. Das trifft das Tun des Fach-<br />
Ingenieurs sehr genau.<br />
Im Zusammenspiel mit dem <strong>Porsche</strong> Design-Studio in Zell am See<br />
ist es den Yacht-Experten gelungen, das attraktive Erscheinungsbild<br />
mit einer ungeheuren Stabilität zu verbinden. Die ausgeklügelte<br />
Materialmischung aus Glasfaser und Karbon sorgt für eine<br />
steifere Form des Rumpfes. Eine nahtloseTechnik, die nur wenige<br />
Fachleute beherrschen. Eine Reling gibt es nicht, und schon deshalb<br />
hat die Fearless eine unverwechselbare Optik. Sehr erwünschter<br />
Nebeneffekt: Ein schwänzelndes Heck wird durch die charakteristische<br />
Formgebung ausgeschlossen, auf demWasser ist dieses<br />
„fishtailing“ so unerwünscht wie bei Sportwagen. Immer wieder<br />
verbinden sich bei dieser Auftragsarbeit des <strong>Porsche</strong> Design-Studios<br />
die Disziplinen Boots- und Automobilbau. Aus dem Sprachgebrauch<br />
von Jeffrey Binder und seinem Partner Chuck DeAngelo<br />
ist dasWort „maritimisieren“ nicht mehr wegzudenken. Sie sind A
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Christophorus 331<br />
stolz auf die selbst erfundene Vokabel, kommt sie doch dem Ideenund<br />
Technologietransfer sehr nahe. Auf dem Wasser verliert die<br />
Fearless-Yacht gegenüber der Animation aus dem Studio nichts an<br />
Eleganz, sie gewinnt eher. Raffinesse, das gehört zu den Prinzipien<br />
von Roland Heiler, dem Geschäftsführer des <strong>Porsche</strong> Design-Studios,<br />
darf nicht auf Außenwirkung beschränkt bleiben. Deshalb<br />
hat der Entstehungsprozess der Yacht mit rein technischen Aspekten<br />
begonnen. Binder: „Der Unterschied zu anderen liegt deshalb<br />
nicht allein im Stil, sondern in der Leistungsfähigkeit des Bootes.<br />
<strong>Porsche</strong> Design und uns verbindet die Leidenschaft, ein exzellentes<br />
Produkt anzubieten.“<br />
Die Flut von Eindrücken von der Probefahrt unterstreicht den<br />
ebenso einfachen wie anspruchsvollen Grundsatz, der die Entstehungsgeschichte<br />
des Fearless-Projektes kennzeichnet: Nur in sich<br />
perfekte Teile werden für denYachtbau verwendet. Die große Linie<br />
Hebel-Wirkung: Mit rechts entlockt der Kapitän der<br />
Zehnzylinder-Motorenvariante 550 Pferdestärken<br />
schließt die Liebe zum Detail mit ein. So findet sich auf beiden Seiten<br />
des Bootes ein Tankeinlass, damit man an jedem Hafensteg festmachen<br />
kann. Solcher Komfort ist bei einem Preis von 300 000<br />
US-Dollar an aufwärts inklusive.<br />
„Die Fearless 28 ist unser Neunelfer“, sagt Manager Binder, und<br />
diese Botschaft taugt – in Anlehnung an den Filmklassiker – zum<br />
plakativen Beinamen: Ocean’s 911.<br />
B<br />
Fearless 68:<br />
Wieder eine Klasse für sich<br />
Auch die Fearless Yacht 68 trägt die Handschrift des <strong>Porsche</strong> Design-<br />
Studios. Die Luxusyacht weist neben einer futuristischen Linienführung<br />
ein hohes Maß an Purismus,Wendigkeit und Stil auf – bei einer gleichzeitig<br />
gewichtsparenden Konstruktionsweise. Die 1500 PS starken<br />
Motoren sorgen für ein besonders sanftes Fahrgefühl.<br />
Die komfortable Innenausstattung wird in Zusammenarbeit mit den<br />
Designern nach den Vorstellungen des Kunden maßgefertigt. Das Unterdeck<br />
der über 20,5 Meter langen und knapp fünf Meter breiten Yacht<br />
lässt sich in zwei oder drei Kajüten einteilen. Für den Innenausbau werden<br />
elastische Träger verwendet, die geräusch- und schwingungsdämpfend<br />
wirken. Mit einem großen Hardtop-Sonnendach kann eine angenehme<br />
Freiluftatmosphäre hergestellt werden.<br />
www.fearlessyachts.com<br />
www.porsche-design.com