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CHRISTOPHORUS | 354
DER BOXSTER –
DIE NEUE MITTE
Text Till Daun
Fotografie Rafael Krötz
Hans-Jürgen Wöhler ist bei Porsche „Mister Boxster“. Der Baureihenleiter erklärt
beim ersten Fotoshooting die Geheimnisse des Neuen und warum dieser Boxster mehr als eine
Evolution ist. Mit dem alten Roadster kann man ihn nur schwer vergleichen.
DARF ICH
VORSTELLEN:
BAUREIHEN-LEITER
HANS-JÜRGEN WÖHLER
UND DER NEUE
BOXSTER IM FOTO-
STUDIO.
PORSCHE FOTOLINK
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CHRISTOPHORUS | 354
LINIENFÜHRUNG:
DAS HECK WIRD VON
EINER SCHARFEN
KANTE GEFASST,
IN DER SICH DER
AUSFAHRBARE HECK-
FLÜGEL VERBIRGT.
„Hundertprozentig Boxster. Aber wir haben
nichts weniger gemacht, als ein vollständig neues
Auto entworfen.“
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D
Die Silhouette ist nur kurz zu erkennen: fließende Fronthaube,
flache Windschutzscheibe und ein muskulöses Heck. Im
Dämmerlicht des riesigen Fotostudios duckt sich ein schlanker
Sportwagen, wird jedoch überragt vom Wald der Blitzlichtstative
und den Schlingen der Elektrokabel. Ein kurzes,
energiegeladenes Summen, dann springen die Einstelllichter
der Studioblitzanlage an. Warmes Licht flutet jetzt
durch den hohen Raum, legt sich auf die mehrere Quadratmeter
messenden Reflektoren und den weiß gestrichenen
Hintergrund. Konzentrierte Stimmung liegt in der Luft,
man spricht in gedämpftem Ton: „Dreh doch bitte den Blitz
von rechts etwas nach hinten, ich habe da eine kleine Reflexion
im Lack der Tür. Ansonsten passt’s jetzt.“ Am anderen
Ende der Halle muss Hans-Jürgen Wöhler, Leiter Baureihe
Boxster, gerade eine eher ungewohnte Behandlung über sich
ergehen lassen: Mit geschlossenen Augen wartet der Ingenieur
auf die letzten Make-up-Tupfer, schließlich soll er
nicht mit seinem jüngsten Baby um die Wette glänzen: Ein
Hauch Puder an der Nase, dann entlässt ihn die Stylistin in
Richtung der Foto-Mannschaft. Der Baureihen-Chef
schlendert in den Kegel der Scheinwerfer und feixt dann:
„Na? Wie sehe ich aus?“ Aus den Schatten hinter der Kamera
ist ein Lachen zu hören, aber dann wird Wöhler mit knappen
Regie-Hinweisen neben den Boxster dirigiert. Und dort
sucht der gebürtige Hamburger sofort den Kontakt zum
Auto. Seinem Auto!
„Vor ungefähr vier Jahren haben wir mit dem 981 losgelegt
– so heißt der neue Boxster bei uns intern. Vier intensive
Jahre, und jetzt ist es beinahe so weit: Bald werden die ersten
Kunden im neuen Boxster fahren. Das ist ein tolles Gefühl.
Wow!“ Hans-Jürgen Wöhler präsentiert den Sportwagen
mit ruhiger, konzentrierter Miene. Da steht einer,
der stolz ist auf das Geschaffene. Dann geht das Klicken des
Kameraverschlusses im schnappenden Geräusch der Blitzanlage
unter. Selbst in den Köpfen der Umstehenden brennt
sich die Szenerie im taghellen Blitzlicht ein: ein Mann und
sein Werk, ein Sportwagen, der einem ganz bekannt vorkommt
und doch ungewohnt anders geworden ist.
PLATZ NEHMEN:
DER SCHALTHEBEL
IST DURCH DIE
ANSTEIGENDE
MITTELKONSOLE
GRIFFGÜNSTIG
POSITIONIERT.
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CHRISTOPHORUS | 354 CHRISTOPHORUS | 354
Später sitzen wir mit Hans-Jürgen Wöhler in der Besprechungsecke.
„Die grundlegende Boxster-Idee ist unverändert
geblieben, und genau das sieht man auch dem Design
an: hundertprozentig Boxster. Aber wir haben nichts weniger
gemacht, als ein vollständig neues Auto entworfen – und
auch das verströmt der neue Boxster aus jeder Linie. Sie
schauen sich das Auto also flüchtig an und sagen: Das ist ein
Boxster! Die Proportionen, die Linien, der ganze Spirit.
Und irgendwann merken Sie, dass alles anders geworden ist:
muskulöser, dynamischer.“
Prüfend schauen wir hinüber zum Boxster, um den herum
gerade das Foto-Equipment eingepackt wird. Die Front
scheint etwas bulliger zu sein, als man das von den ersten
Generationen gewohnt ist. Die seitlichen Einzüge in den
Türen verleihen dem Roadster ungewohnte Dramatik, die
uns jedoch erstaunlich bekannt vorkommt. Hans-Jürgen
Wöhler wartet lächelnd, bis der Groschen fällt: Carrera
GT! „Stimmt“, so Wöhler, „von unserem Mittelmotor-Helden
stammt die Inspiration. Ich habe zusammen mit den
Designern regelrecht gekämpft, dass wir diese Türen umsetzen
konnten. Sie sehen einfach super aus, machen den
Boxster ungemein dynamisch. Viel wichtiger ist jedoch,
dass wir hier nun tatsächlich eine zweiflutige Ansaugung
realisieren konnten.“ Wöhler beschreibt gerne was dahintersteckt:
„Früher hat der Motor nur auf einer Seite Luft
angesaugt, auf der anderen Seite wurde Kühlluft geholt.
Jetzt wird ihm über beide Öffnungen vor den Hinterrädern
LEICHTBAU:
HOCHFESTE STÄHLE
UND ALUMINIUM-
BAUTEILE VERBIN-
DEN SICH ZU EINEM
SOGENANNTEN ALU-
HYBRID-ROHBAU.
Ansaugluft zugeführt. Viel Luft bringt mehr Motorleistung
– und der voluminöse Ansaugsound ist auch toll!“
Drüben am Auto verschwinden gerade die letzten Kabeltrommeln,
die Chance nutzen wir und wechseln hinüber
zum Boxster. „Wir haben hier ein Basis-Modell mit 195 kW
(265 PS) starkem 2,7-Liter-Motor und manuell geschaltetem
Sechsgang-Getriebe“, so Wöhler, „bitte, Platz zu
nehmen ...“ Sofort fällt die für den Boxster typische
Klarheit und Reduziertheit auf. Trotzdem wirkt der 981
moderner und dank weniger, gezielt eingesetzter Akzente
noch wertiger als sein Vorgänger. Der Schalthebel ist durch
die ansteigende Mittelkonsole griffgünstig nur wenige
Zentimeter von der rechten Hand entfernt, außerdem
scheint man durch dieses Layout richtig tief und sportlich
im Auto zu sitzen. Ohne sich jedoch beengt zu fühlen, das
Raumempfinden ist großzügig.
„Darauf haben wir gesteigerten Wert gelegt, das Interieur
ist zwar nur um zehn Millimeter gewachsen – subjektiv
spürt man aber jeden einzelnen. Einen riesigen Sprung gegenüber
dem Vorgänger machen der viel größere Verstellbereich
der Sitze aus und die weiter nach vorne platzierte
Pedalerie. Wenn ich den Fahrersitz bis nach hinten rücke,
komme ich kaum an die Pedale ...“ Der 1,87 Meter große
Mann sitzt hinter dem Lenkrad und unterstreicht seine Behauptung
lächelnd mit einer kleinen Demonstra tion. Dann
bewegt sich seine rechte Hand zielstrebig auf einen Knopf
„Sie schauen sich
das Auto flüchtig an
und sagen: Das ist ein
Boxster! Die Proportionen,
die Linien,
der ganze Spirit. Und
irgendwann merken
Sie, dass alles anders
geworden ist: muskulöser,
dynamischer.“
BOXSTER (TYP 981)
Motor: Sechszylinder-Boxer-Motor
Hubraum: 2706 cm 3
Leistung: 195 kW (265 PS)
Max. Drehmoment:
280 Nm bei 4500 bis 6500/min
0–100 km/h: 5,8 (5,7*) s
Höchstgeschwindigkeit: 264 (262*) km/h
CO2-Emission: 192 (180*) g/km
Verbrauch
innerorts: 11,4 (10,6*) l/100 km
außerorts: 6,3 (5,9*) l/100 km
kombiniert: 8,2 (7,7*) l/100 km
* mit Porsche-Doppelkupplungsgetriebe
BOXSTER S (TYP 981)
Motor: Sechszylinder-Boxer-Motor
Hubraum: 3436 cm 3
Leistung: 232 kW (315 PS)
Max. Drehmoment:
360 Nm bei 4500 bis 5800/min
0–100 km/h: 5,1 (5,0*) s
Höchstgeschwindigkeit: 279 (277*) km/h
CO2-Emission: 206 (188*) g/km
Verbrauch
innerorts: 12,2 (11,2*) l/100 km
außerorts: 6,9 (6,2*) l/100 km
kombiniert: 8,8 (8,0*) l/100 km
* mit Porsche-Doppelkupplungsgetriebe
BOXSTER (TYP 987)
CO2-Emission: 230 g/km (Boxster S) bis
221 g/km (Boxster)
Verbrauch: 9,8 l/100 km (Boxster S) bis
9,4 l/100 km (Boxster)
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zu, surrend setzt sich das Stoffverdeck in Bewegung. „Neun
Sekunden,“ sagt Wöhler kurz, „neun Sekunden zum Öffnen
und Schließen und es funktioniert auch während der
Fahrt bis 50 km/h.“ Beim letzten Wort hat sich die elegant
geschnittene Stoffmütze bereits mit einem saugenden Geräusch
geschlossen. Hans-Jürgen Wöhler steigt aus und
schiebt die Fahrertür gefühlvoll ins Schloss.
IIn einigen Metern Abstand schauen wir erneut auf den
neuen Boxster. Die schlichte, spannende Schönheit des Autos
wirkt einfach. Und was macht den Neuen nun tatsächlich
zu einer Neukonstruktion? Porsches „Mister Boxster“
breitet die Arme aus und sagt: „60 Millimeter mehr Radstand.
Das Auto sollte gegenüber seinem Vorgänger ein wesentlich
höheres Fahrdynamik-Potenzial besitzen und der
Schlüssel hierfür ist ein größerer Radstand. Im Radstand
steckt die Fahrstabilität und wenn die höher ist, das Auto
also ruhiger liegt, können sie gleichzeitig wieder das Handling
viel agiler auslegen, ohne ein nervöses oder gar
tückisches Auto zu bekommen. Ganz nebenbei erhalten sie
aber auch einen größeren Fahrkomfort.“
Und das ist nur die Einleitung, Wöhler öffnet ein wenig die
Porsche-Trickkiste: Der neu entwickelte Boxster basiert auf
einem Rohbau, der nicht nur einen 60 Millimeter größeren
Radstand besitzt, sondern auch in intelligenter Leichtbauweise
ausgeführt wurde. Hochfeste Stähle und Aluminium-Bauteile
aus Strangpress-Profilen oder Guss-Elementen
verbinden sich zu einem sogenannten Alu-Hybrid-
Rohbau, der 55 Kilogramm leichter ist als der Rohbau des
„Neun
Sekunden
braucht das
Stoffverdeck
zum Öffnen
und
Schließen
und es
funktioniert
auch
während der
Fahrt bis
50 km/h.“
Vorgängers, dabei aber um 40 Prozent verwindungssteifer.
Wöhler: „Wir wollten einfach eine neue Dimension öffnen.
Schließlich lenken wir das gesamte Fahrwerk am Rohbau
an – je steifer der ist, desto mehr Möglichkeiten haben wir
in der Fahrwerksabstimmung.“
Ganz einfach also? Neuer Rohbau, ein neu konzipiertes
Fahrwerk mit feinst ausgeklügelter Achskinematik, sensibel
ansprechenden Feder-/Dämpferelementen und PASM
mit sensibler Regelung. Am Ende steht ein Roadster, der
nicht nur wesentlich sportlicher ist als sein Vorgänger, sondern
sogar komfortabler und erwachsener. Die neue elektromechanische
Lenkung wird bedarfsgerecht angesteuert,
verschluckt also bei Geradeausfahrt keine Energie in dauernd
mitlaufenden Lenk-Ölpumpen, gleichzeitig sorgt die
feinfühlige elektrische Ansteuerung für weiteres Fahrdynamik-Potenzial.
Wöhler sagt: „Denken Sie nur mal an
feinste Lenkempfehlungen im Grenz bereich, die man wie
eine leise Ahnung in die Hände des Fahrers spielen könnte:
Für den Walter Röhrl wäre das das i-Tüpfelchen an präsenter
Rückmeldung, und für den Gelegenheitssportfahrer
eine willkommene Erleichterung, um beim Fahren die
natürliche Intuition zu unterstützen.“
Schließlich ist der Ingenieur beim Rundgang am Heck des
Fahrzeugs angekommen. „Zum guten Schluss kommt eines
meiner Lieblingselemente: die Heckleuchten!“ Das schlanke
Boxster-Heck wird von einer scharfen Kante gefasst, in der
sich ein ausfahrbarer Spoiler verbirgt. Anstatt aber an den
Rückleuchten auszulaufen, zieht sich die dramatische Abrisskante
bis hinein in die Leuchten. Hans-Jürgen Wöhler
vergräbt zufrieden die Hände in den Hosentaschen: „Ich
kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber der Boxster ist
eines von wenigen Fahrzeugen, bei denen die Heckleuchten
einen so integralen und sichtbaren Anteil an der aerodynamischen
Wirkung des Hecks haben.“ Es gibt eben viel zu entdecken
beim neuen Boxster – eigentlich ein alter Bekannter,
und doch völlig neu.
IM PROFIL:
SEITLICHE EINZÜGE
IN DEN TÜREN
VERLEIHEN DEM
ROADSTER DRAMATIK.
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