31.10.2012 Aufrufe

Weltrevolution Wettbewerb der Systeme Krieg und Frieden - Die Linke

Weltrevolution Wettbewerb der Systeme Krieg und Frieden - Die Linke

Weltrevolution Wettbewerb der Systeme Krieg und Frieden - Die Linke

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Marxistische Lesehefte 5<br />

Harald Neubert<br />

<strong>Weltrevolution</strong><br />

<strong>Wettbewerb</strong> <strong>der</strong> <strong>Systeme</strong><br />

Wolfgang Scheler<br />

<strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong><br />

Berlin 1998


Marxistische Lesehefte<br />

Heft 5<br />

ISBN 3-932725-xx-x<br />

Redaktion: Uwe-Jens Heuer, Harry Nick, Kurt Pätzold, Arnold Schölzel<br />

Satz: Kurt Pätzold, Hans-Joachim Siegel<br />

Herstellung: GNN Verlag Sachsen/Berlin GmbH<br />

Badeweg 1, 04435 Schkeuditz<br />

Tel.: (03 42 04) 6 57 11 FAX: (03 42 04) 6 58 93<br />

Preis: 9,00 DM


Inhalt<br />

Vorwort des Redaktionskollegiums 6<br />

<strong>Weltrevolution</strong>. <strong>Wettbewerb</strong> <strong>der</strong> <strong>Systeme</strong> 9<br />

(eingeleitet <strong>und</strong> ausgewählt von Harald Neubert)<br />

I. Einführung 9<br />

II. Texte 15<br />

1. Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich Engels über den internationalen Charakter von<br />

Kapitalherrschaft, den internationalen Charakter des Kampfes des<br />

Proletariats <strong>und</strong> <strong>der</strong> Revolution. 15<br />

2. Eduard Bernstein über die kapitalistische Gesellschaft <strong>und</strong> die Aussichten<br />

ihrer sozialistischen Überwindung (1899) 19<br />

3. Karl Kautskys Polemik gegen E.Bernstein 20<br />

4. Wladimir I. Lenin über die Revolution in Rußland <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Welt 21<br />

5. Antonio Gramscis Revolutionskonzept 24<br />

6. Rosa Luxemburgs Einschätzung <strong>der</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Folgen 26<br />

7. Karl Kautskys Polemik gegen Lenin <strong>und</strong> die Bolschewiki sowie seine<br />

Einschätzung <strong>der</strong> Oktoberrevolution (1920) 27<br />

8. Zum ursprünglichen Partei- <strong>und</strong> Revolutionsverständnis in <strong>der</strong><br />

Kommunistischen Internationale (1920) 28<br />

9. Zu Leo Trotzkis Revolutionsverständnis 30<br />

10. Josef W. Stalin zum Sozialismus in einem Lande (Dez. 1924) 31<br />

11. Antonio Gramscis Kritik an <strong>der</strong> KPdSU wegen mangeln<strong>der</strong> internationaler<br />

Verantwortung im Zusammenhang mit den innerparteilichen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen (erste Oktoberhälfte 1926) 32<br />

12. Josef W. Stalin über die internationale Bedeutung <strong>der</strong> Oktoberrevolution<br />

(1927) 32<br />

13. Josef W. Stalin für eine zeitweilige Koexistenz mit den kapitalistischen<br />

Staaten (Dez. 1927) 34<br />

14. Josef W. Stalin über die Verteidigung <strong>der</strong> Sowjetunion als wichtiges Prinzip<br />

des Internationalismus (1927) 34<br />

15. Der VI.Kongreß <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale 1928 35<br />

16. Leo Trotzki zu Stalins Konzept vom Sozialismus in einem Lande <strong>und</strong> zum<br />

Programm <strong>der</strong> Komintern von 1928 (1929) 36<br />

17. Leo Trotzki über die <strong>Die</strong>nstbarmachung <strong>der</strong> Komintern für sowjetische<br />

Interessen (1936) 37<br />

18. <strong>Die</strong> KPD über einen demokratischen Weg aus <strong>der</strong> Katastrophe (Juni 1945) 37<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

3


19. Georgi Dimitroff über den nationalen Weg Bulgariens zum Sozialismus<br />

(Februar 1946) 38<br />

20. Anton Ackermann über einen beson<strong>der</strong>en deutschen Weg zum Sozialismus<br />

(Februar 1946) 39<br />

21. Maurice Thorez über Frankreichs Weg zum Sozialismus (Nov. 1946) 40<br />

22. Andrei A. Shdanow über die Spaltung <strong>der</strong> Welt in zwei Lager (Sep. 1947) 40<br />

23. Michail A. Suslow über zwei Linien <strong>und</strong> zwei Lager in <strong>der</strong> Weltpolitik <strong>der</strong><br />

Nachkriegszeit (Nov. 1949) 40<br />

24. Nikita S. Chruschtschow über das Wesen friedlicher Koexistenz zwischen<br />

den entgegengesetzten <strong>Systeme</strong>n (1956) 41<br />

25. Zum Epocheverständnis <strong>der</strong> internationalen kommunistischen Bewegung<br />

(1960) 42<br />

26. <strong>Die</strong> internationale kommunistische Bewegung über den Fortgang des<br />

weltrevolutionären Prozesses (1969) 42<br />

27. <strong>Die</strong> Auffassungen <strong>der</strong> chinesischen Führung unter Mao Tse-tung über die<br />

„<strong>Weltrevolution</strong>“ <strong>und</strong> die Generallinie <strong>der</strong> internationalen<br />

kommunistischen Bewegung (1963) 44<br />

28. <strong>Die</strong> Polemik <strong>der</strong> chinesischen Führung gegen die sowjetische Politik <strong>der</strong><br />

friedlichen Koexistenz (1963) 45<br />

29. <strong>Die</strong> europäischen kommunistischen Parteien über den Imperialismus, die<br />

<strong>Krieg</strong>sgefahr, über die Notwendigkeit von Entspannung <strong>und</strong> friedlicher<br />

Koexistenz zwischen den <strong>Systeme</strong>n sowie die Perspektive sozialistischer<br />

Umwälzungen im Kapitalismus (1976) 46<br />

30. <strong>Die</strong> Leitung <strong>der</strong> Italienischen Kommunistischen Partei zu Situation <strong>und</strong><br />

Perspektive des Sozialismus im „Osten“ <strong>und</strong> im „Westen“ (Dez. 1981) 47<br />

III.Literaturverzeichnis 48<br />

<strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> 52<br />

(eingeleitet <strong>und</strong> ausgewählt von Wolfgang Scheler)<br />

I. Einführung 52<br />

II. Texte 56<br />

1. Karl Marx über <strong>Krieg</strong>srüstung <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> (1859) 56<br />

2. Karl Marx über <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse (1864) 56<br />

3. Karl Marx über Bürgerkrieg <strong>und</strong> die Macht, <strong>Frieden</strong> zu gebieten (1869) 57<br />

4. Karl Marx über die gesellschaftlichen Bedingungen des <strong>Frieden</strong>s (1870) 58<br />

5. Friedrich Engels über die Rolle <strong>der</strong> Gewalt in <strong>der</strong> Geschichte (1878) 58<br />

6. Friedrich Engels über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> Revolution (1882) 59<br />

4 Inhaltsverzeichnis


7. Friedrich Engels über sozialistische Ordnung <strong>und</strong> <strong>Krieg</strong> (1882) 59<br />

8. Friedrich Engels über Ursprung <strong>und</strong> Wesen des <strong>Krieg</strong>es (1884) 60<br />

9. Friedrich Engels über Abrüstung <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> (1893) 61<br />

10. Karl Liebknecht über Militarismus <strong>und</strong> Antimilitarismus (1907) 61<br />

11. Karl Kautsky über die Garantie für eine ständige Fortdauer des <strong>Frieden</strong>s<br />

(1911) 63<br />

12. Rosa Luxemburg über den Gegensatz von bürgerlicher <strong>und</strong> sozialistischer<br />

<strong>Frieden</strong>sidee <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>saktion (1911) 63<br />

13. Rosa Luxemburg über Bedingungen <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sverhütung (1914) 64<br />

14. Franz Mehring über das Wesen des <strong>Krieg</strong>es (1914) 65<br />

15. Franz Mehring über die moralische Unvernünftigkeit <strong>und</strong> die wirkliche<br />

Erkenntnis des <strong>Krieg</strong>es (1915) 65<br />

16. Wladimir I. Lenin über die Stellung <strong>der</strong> Sozialisten zum <strong>Krieg</strong>(1915) 66<br />

17. Karl Liebknecht über den imperialistischen <strong>Krieg</strong> (1916) 67<br />

18. Wladimir I. Lenin über den imperialistischen <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> die sozialistische<br />

Revolution (1918) 67<br />

19. Wladimir I. Lenin über friedliche Koexistenz (1922) 68<br />

20. Karl Kautzky über <strong>Krieg</strong>, Fortschritt <strong>und</strong> Demokratie (1929) 69<br />

21. <strong>Die</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> als<br />

Hauptfrage <strong>der</strong> Menschheit (1960) 71<br />

22. Palmiro Togliatti über die mögliche Selbstvernichtung <strong>der</strong> Menschheit <strong>und</strong><br />

den <strong>Frieden</strong> als Notwendigkeit (1963) 72<br />

23. Erich Honecker über den <strong>Frieden</strong> als das vorrangige, gemeinsame,<br />

einigende Interesse (1983) 72<br />

24. Michail Gorbatschow über das neue Denken (1987) 73<br />

25. Sozialdemokraten <strong>und</strong> Marxisten über <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> gemeinsame Sicherheit<br />

(1987) 74<br />

III.Literaturverzeichnis 75<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

5


Vorwort des Redaktionskollegiums<br />

Im Aufruf „In großer Sorge“ hatten dessen Unterzeichner 1995 vor <strong>der</strong> Gefahr einer<br />

Richtungsän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> PDS gewarnt, die dem Anpassungsdruck nachgibt. <strong>Die</strong><br />

Unterzeichner for<strong>der</strong>ten dagegen, „gemeinsam den Versuch zu unternehmen, vernünftig,<br />

also radikal, Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart zu analysieren <strong>und</strong> dabei für<br />

unsere Strategie das, was wir bei Marx Wichtiges <strong>und</strong> Richtiges gelernt haben, nicht<br />

leichtfertig zugunsten neuer Moden über Bord zu werfen“ 1 . Der Prozeß hat sich nicht<br />

mit <strong>der</strong> Schnelligkeit vollzogen, wie viele von uns damals befürchteten, aber er geht<br />

weiter. Überwiegen<strong>der</strong> Pragmatismus geht mit theoretischer Bedenkenlosigkeit einher.<br />

Eine auf radikale Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bestehenden Verhältnisse zielende Strategie <strong>der</strong><br />

PDS bedarf unabdingbar entsprechen<strong>der</strong> Theorie. Statt dessen werden auf unterschiedlichem<br />

Niveau Teilaussagen <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>netheorien mit marxistischen Aussagen<br />

<strong>und</strong> tagespolitisch begründeten For<strong>der</strong>ungen kombiniert. Viele theoretisch Interessierte<br />

innerhalb <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> PDS finden sich dabei nicht zurecht, sind sich<br />

unsicher, was von dem früher Gelernten denn heute noch gilt, ob <strong>und</strong> inwieweit <strong>der</strong><br />

Marxismus helfen könne, was denn heute Marxismus sei. Der ständige Druck, „durch<br />

den Zusammenbruch des europäischen Sozialismus ist <strong>der</strong> Marxismus, ist Marx<br />

wi<strong>der</strong>legt“, bleibt nicht ohne Wirkung. Manche haben auch die Sehnsucht nach <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>herstellung eines geschlossenen Denksystems (übrigens ist auch die heute<br />

verbreitete Ideologie weitgehend geschlossen, ohne daß diese Geschlossenheit etwas<br />

mit theoretischem Anspruch zu tun hat). Links-kritisch denkende Jugendliche<br />

suchen vergeblich nach einem Zugang zu marxistischer Theorie.<br />

Was ist in dieser Situation möglich, was könnte vielleicht das Marxistische Forum leisten?<br />

Viele veröffentlichen Arbeiten, auch in unserer Schriftenreihe. Das aber genügt<br />

diesen Anfor<strong>der</strong>ungen nicht. Eine theoretische Antwort auf unsere heutige Gesamtsituation<br />

kann niemand geben. Sieben Jahre nach einem solchen Zusammenbruch ist<br />

das unmöglich. Erst muß sich <strong>der</strong> Staub dieses Zusammenbruchs gelegt haben, müssen<br />

die neuen Wi<strong>der</strong>sprüche voll sichtbar werden, ehe überhaupt an eine solche Antwort<br />

herangegangen werden kann. Abendroth hatte schon 1967 resignierend gesagt:<br />

„Wir müssen unsere Situation im wesentlichen mit <strong>der</strong> Lage vergleichen, in welcher<br />

sich am Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts Fourier o<strong>der</strong> Sismondi <strong>und</strong> solche Leute bef<strong>und</strong>en<br />

haben.“ 2<br />

Eine Lösung kann auch nicht in dem einfachen Rückgriff auf Karl Marx liegen, was<br />

er denn wirklich gesagt habe, wie dies vor Jahrzehnten Ernst Fischer <strong>und</strong> kürzlich<br />

1 Aufruf „In großer Sorge”, 1995, in: Neues Deutschland vom 18. Mai 1995<br />

2 Wolfgang Abendroth, Gespräche mit Georg Lukàcs, Reinbek 1967, S. 93<br />

6<br />

Vorwort


Wolfgang Leonhard vornahmen. Hier handelt es sich um eine Reaktion auf die marxistisch-lenininstische<br />

Orthodoxie, die gegenwärtiges politisches Handeln unmittelbar<br />

aus den Aussagen <strong>der</strong> „Klassiker“ ableitete, in dem wirklich o<strong>der</strong> scheinbar entgegengesetzte<br />

Zitate aufgelesen wurden, das Werk von Marx <strong>und</strong> Engels von <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite her als Steinbruch für Zitatenschlachten benutzt wurde.<br />

Was also könnte geschehen, um bei <strong>der</strong> marxistischen Aneignung <strong>der</strong> Gegenwart zu<br />

helfen?<br />

Ein Beitrag des Marxistischen Forums soll die gemeinsame Erarbeitung eines „Marxistischen<br />

Lesebuchs“ sein. Das kann <strong>und</strong> darf keine Zusammenstellung „richtiger“,<br />

also auch einan<strong>der</strong> nicht wi<strong>der</strong>sprechen<strong>der</strong>, Texte sein. An<strong>der</strong>erseits können wir uns<br />

nicht auf die Darstellung <strong>der</strong> Methode beschränken, was ja hieße, daß es keinerlei<br />

Ergebnisse mehr gäbe. Es muß marxistisches Denken in seiner historischen Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit erscheinen. Was aber ist eigentlich marxistisches<br />

Denken?<br />

Marxistisches Denken im Gefolge von Marx ist immer eingreifendes materialistischdialektisches<br />

Denken. Wir sagen <strong>der</strong> Welt nicht, schrieb Marx 1843 an Ruge, „Laß<br />

ab von deinen Kämpfen, sie sind dummes Zeug, wir wollen dir die wahre Parole des<br />

Kampfes zuschrein. Wir zeigen ihr nur, worum sie eigentlich kämpft, <strong>und</strong> das<br />

Bewußtsein ist eine Sache, die sie sich aneignen muß, wenn sie auch nicht will.“ 3<br />

Praxisrelevanz <strong>der</strong> Theorie ist damit ebenso gemeint, wie die Sicht <strong>der</strong> Theorie als<br />

integrales Moment <strong>der</strong> Praxis. Der Marxismus enthält damit notwendig sowohl Aussagen<br />

über die Welt, über ihre Alternativen <strong>und</strong> Möglichkeiten wie normative Aussagen<br />

über Ziele. Das Verhältnis von Theorie <strong>und</strong> Praxis, von Theorie <strong>und</strong> Politik steht<br />

im Mittelpunkt seines Interesses. Dem Marxismus wohnt damit notwendig die Frage<br />

nach dem Adressaten, nach dem Subjekt <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung inne. Das war zunächst die<br />

Arbeiterbewegung (Marx: „Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet<br />

das Proletariat in <strong>der</strong> Philosophie seine geistigen Waffen.“ 4 ) später mehr <strong>und</strong><br />

mehr die Partei <strong>und</strong> <strong>der</strong> von ihr dominierte Staat.<br />

<strong>Die</strong>se Beziehung von Theorie <strong>und</strong> Subjekt hatte zwiespältige Folgen. Für den Erfolg<br />

<strong>der</strong> Verbreitung mußte ein Preis bezahlt werden. <strong>Die</strong> Theorie wurde den Interessen<br />

<strong>und</strong> dem Verständnis des Subjekts unterworfen. Im <strong>Die</strong>nste <strong>der</strong> Überzeugungskraft<br />

einer geschlossenen Weltanschauung (Lenin: „<strong>Die</strong> Lehre von Marx ist allmächtig,<br />

weil sie wahr ist. Sie ist in sich geschlossen <strong>und</strong> harmonisch.“ 5 ), wurde <strong>der</strong> Marxismus<br />

immer stärker aus einem Paradigma, das stets an <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Wirklichkeit<br />

zu überprüfen war, zu einem alles erklärenden Dogma, unterlag er den<br />

3 Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 1, Berlin 1978, S. 345<br />

4 MEW, Bd. 1, Berlin 1978, S. 391<br />

5 Lenin-Werke (LW), Bd. 19, Berlin 1981,S. 3<br />

Vorwort<br />

7


Gefahren <strong>der</strong> Ideologie. Das begann schon mit dem Anti-Dühring, setzte sich in den<br />

Schriften von Kautsky (dem Begrün<strong>der</strong> des „Marxismus“) fort <strong>und</strong> erreichte seinen<br />

Höhepunkt unter Stalin.<br />

Der Ausweg kann nicht sein, den Zusammenhang zwischen Theorie <strong>und</strong> gesellschaftlicher<br />

Praxis zu zerreißen. Er bleibt die Seele des Marxismus, war auch die<br />

Gr<strong>und</strong>lage seiner wissenschaftlichen Fruchtbarkeit. Der Ausweg kann nur in einer<br />

konsequent historischen Sicht auf die eigene Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart liegen. Der<br />

Marxismus ist als theoretische Bewegung stets mit <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Welt verknüpft,<br />

antwortet auf sie, korrigiert seine Antworten. Er ist zu keinem Zeitpunkt ein<br />

geschlossenes System, son<strong>der</strong>n immer nur Antwort, besser ein Feld von Antworten auf<br />

die Welt. Er steht nicht nur in Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Welt, son<strong>der</strong>n stets auch<br />

in innerer Auseinan<strong>der</strong>setzung. Er unterliegt damit immer auch <strong>der</strong> Gefahr irriger,<br />

unreifer <strong>und</strong> apologetischer Antworten, bestimmt durch ungenügende Kenntnis, den<br />

Druck des Gegners, auch aber des eigenen Dogmatismus.<br />

Jedes neue marxistische Nachdenken muß bemüht sein, an die bisherige Gesamtentwicklung<br />

anzuknüpfen, frühere Auseinan<strong>der</strong>setzungen nicht zu wie<strong>der</strong>holen, aber<br />

fortzuführen. Ein vereinfachtes, primitives Geschichtsbild hat in vielen Fällen<br />

Kampfwillen <strong>und</strong> Kampfentschlossenheit geför<strong>der</strong>t. Es konnte aber auch dazu führen,<br />

daß - im Vertrauen auf den ohnehin sicheren Sieg - vor dem konkreten, immer unsicheren,<br />

Kampf zurückgewichen wurde. Es war dem Marsch in <strong>der</strong> Kolonne dienlich,<br />

nicht aber dem eigenverantwortlichen, selbständigen Kampf. Vor allem aber, <strong>und</strong> das<br />

ist ja heute erschreckende Wirklichkeit, führt die Nie<strong>der</strong>lage dann zum ideellen<br />

Zusammenbruch. Der „Sieger <strong>der</strong> Geschichte“ ist auf Nie<strong>der</strong>lagen nicht vorbereitet,<br />

er ordnet sich <strong>der</strong> neuen „objektiven Gesetzmäßigkeit“ unter.<br />

Eine neue Aneignung des marxistischen Erbes könnte durch ein Marxistisches Lesebuch<br />

unterstützt werden. Es soll auch unsere eigenen Fragen <strong>und</strong> Zweifel wi<strong>der</strong>spiegeln,<br />

die Diskussion herausfor<strong>der</strong>n. Es enthält klassische Texte von Marx ebenso wie<br />

von Engels, Texte von Kautsky, Bernstein, Luxemburg, Lenin, Trotzki, Stalin, Lukàcs,<br />

Gramsci, Thalheimer bis zu Mandel u. a. (keine lebenden Autoren), Texte, die in ihrer<br />

Einheit <strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit den Reichtum <strong>und</strong> die Probleme marxistischen<br />

Denkens zum Weiterdenken enthalten. Hauptkriterium <strong>der</strong> Auswahl ist theoretisches<br />

Niveau, Sprachgewalt <strong>und</strong> historische Wirksamkeit.<br />

Es werden zu etwa dreißig Begriffen Texte mit einer kurzen Einführung vorgelegt.<br />

Dabei war Textzusammenstellung <strong>und</strong> Einführung Sache des jeweiligen Autors. Sie<br />

erscheinen zunächst als Marxistische Lesehefte mit in <strong>der</strong> Regel zwei Begriffen. Später<br />

sollen sie als Buch veröffentlicht werden.<br />

8 Vorwort


<strong>Weltrevolution</strong>. <strong>Wettbewerb</strong> <strong>der</strong> <strong>Systeme</strong><br />

Eingeleitet <strong>und</strong> ausgewählt von Harald Neubert<br />

I. Einführung<br />

1. <strong>Die</strong> Zusammenstellung von Zitaten zum internationalen Charakter marxistischen<br />

Revolutionsverständnisses <strong>und</strong> zur Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen den entgegengesetzten<br />

<strong>Systeme</strong>n für ein marxistisches Lesebuch verlangt neben einer Kommentierung<br />

<strong>der</strong> wichtigsten Aussagen zunächst eine generelle Vorbemerkung. Man wird<br />

sofort mit <strong>der</strong> Frage konfrontiert, was in Anbetracht <strong>der</strong> vielfältigen Interpretationen<br />

<strong>und</strong> Infragestellungen in <strong>der</strong> Gegenwart generell unter Marxismus zu verstehen ist<br />

<strong>und</strong> in welchem Maße die angeführten Zitate als marxistisch zu werten sind, zumal<br />

in ihnen ganz unterschiedliche, teils sogar sich wi<strong>der</strong>sprechende <strong>und</strong> ausschließende<br />

Thesen enthalten sind. Manche <strong>der</strong> im Verlaufe <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> politischen<br />

Kämpfe zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten wirken sogar bis zum heutige<br />

Tage fort <strong>und</strong> drängen noch immer auf eine Klärung o<strong>der</strong> Überwindung. Da man<br />

demnach mit eindeutigen Antworten einer überhaupt erst bzw. erneut zu lösenden<br />

Aufgabe vorgreifen <strong>und</strong> möglicherweise Irritationen erzeugen würde, kann es bei<br />

dieser Zitatensammlung nur darum gehen, einige für wesentlich erachtete Aussagen<br />

vorzulegen, die im Namen des Marxismus zum genannten Thema in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

gemacht wurden. Mit an<strong>der</strong>en Worten bedeutet dies, daß mit dem hier ausgewählten<br />

Material dem Leser nicht <strong>der</strong> Anspruch o<strong>der</strong> gar die Überzeugung offeriert<br />

wird, es wäre - im Sinne heutiger Erkenntnis - alles durchweg marxistisch <strong>und</strong> als<br />

solches heute uneingeschränkt richtig bzw. gültig. <strong>Die</strong> Durchsicht des gesamten einschlägigen<br />

Materials macht offenk<strong>und</strong>ig, daß all das, was als marxistisch zu diesem<br />

Thema überliefert ist, Anlaß für eine Dreiteilung bietet, die in bezug auf die jeweiligen<br />

konkreten Zitate allerdings - gerade wegen des heutigen relativierten Erkenntnisstandes<br />

- weitgehend dem Leser selbst überlassen bleiben muß. Gemeint ist a)<br />

authentischer Marxismus in den Werken von Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich Engels,<br />

zugleich wie<strong>der</strong>um unter einem dreifachen Gesichtspunkt, nämlich, was von ihm<br />

noch gültig, was geschichtlich überholt ist <strong>und</strong> was von vorn herein illusorisch war;<br />

b) die unterschiedlichen Rezeptionen, Interpretationen <strong>und</strong> Weiterentwicklungen<br />

des Marxismus nach dem Tode von Marx <strong>und</strong> Engels entsprechend <strong>der</strong> sich wandelnden<br />

Realität, dies ebenfalls unter den genannten drei Gesichtspunkten; c) ausgesprochene<br />

Verfälschungen, Fehlinterpretationen, Vulgarisierungen, Simplifizierungen<br />

marxistischen Gedankengutes, die zwar im Namen des Marxismus geschahen,<br />

für Marxismus ausgegeben wurden, ihm jedoch nicht zuzurechnen sind.<br />

Bei dieser Zitatensammlung mit dem Anspruch, marxistisches Denken in Geschichte<br />

<strong>und</strong> Gegenwart zu belegen, ist ein weiterer Aspekt zu bedenken. Der Marxismus<br />

Einführung<br />

9


zw. all das, was in seinem Namen verkündet wurde, hat sich nicht als reine Theorie<br />

aus sich selbst heraus entwickelt. <strong>Die</strong> Entwicklung wird nur verständlich in <strong>der</strong><br />

Verknüpfung <strong>der</strong> Theorie mit <strong>der</strong> sozialistischen bzw. kommunistischen Arbeiterbewegung,<br />

<strong>der</strong>en Organisationen politische Ziele mit entsprechenden Strategien, taktischen<br />

Wendungen, ideologischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen usw. im geschichtlichen<br />

Wandel verfolgten, für die das marxistische Denken nicht kategorischer Imperativ<br />

war, son<strong>der</strong>n immer wie<strong>der</strong> pragmatisch instrumentalisiert wurde. Und noch aus<br />

einem an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>e existierten Dissonanzen zwischen Theorie, Realität <strong>und</strong> Politik.<br />

Nicht selten war nicht die sich verän<strong>der</strong>nde Realität Maßstab für die das Theorieverständnis,<br />

son<strong>der</strong>n die Realität wurde durch das Prisma feststehen<strong>der</strong> ideologischer<br />

Postulate beurteilt. Was die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus <strong>und</strong><br />

die Erreichung des Sozialismus anbelangt, durchzog stets eine euphorische, hoffnungsvolle<br />

Erwartung <strong>und</strong> Überzeugung das Selbstverständnis <strong>der</strong> sozialistischen,<br />

vor allem <strong>der</strong> kommunistischen Arbeiterbewegung, begründet mit einer schematischen<br />

Auffassung historischer Gesetzmäßigkeiten <strong>und</strong> irreversibler Prozesse. Historischer<br />

Materialismus verkam auf diese Weise häufig zu historischem Determinismus.<br />

In diesem Sinne waren zwei nachfolgenden simplifizierte Interpretationen an<br />

sich richtiger Marxscher Gedanken verhängnisvoll: die ausschließliche Reduktion<br />

historischer Triebkräfte, vornehmlich <strong>der</strong> Ursachen für eine sozialistische Revolution,<br />

auf die Ökonomie, vor allem auf die Entwicklung <strong>der</strong> Produktivkräfte; <strong>und</strong> die<br />

Verwirklichung sozialistischer Ziele, von <strong>der</strong> sozialistischen Revolution bis zur<br />

Schaffung einer sozialistischen <strong>und</strong> kommunistischen Gesellschaft, lediglich als das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> historischen Mission <strong>der</strong> Arbeiterklasse, verb<strong>und</strong>en mit einer Mystifizierung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt an sich.<br />

2. Gr<strong>und</strong>legung <strong>der</strong> Revolutionstheorie durch Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich Engels war<br />

das Ergebnis ihrer kritischen Analyse von Bourgeoisie <strong>und</strong> Kapitalismus. Ihre Entwicklung<br />

habe alle nationalen Schranken nie<strong>der</strong>gerissen <strong>und</strong> <strong>der</strong>artige Eigentums-,<br />

Produktions- <strong>und</strong> Verkehrsverhältnisse hervorgebracht, die ihr die Möglichkeit nehmen,<br />

die Entwicklung zu beherrschen, die mit ihren Wi<strong>der</strong>sprüchen die bürgerliche<br />

Gesellschaft immerfort in Krisen <strong>und</strong> durch die brutale Ausbeutung die Arbeiterschaft<br />

ins Elend stürzen. <strong>Die</strong>s führe zu folgenden Konsequenzen:<br />

- die revolutionäre Ablösung des Kapitalismus durch eine sozialistische Gesellschaft<br />

werde zur historischen Notwendigkeit;<br />

- diese Ablösung könne in Anbetracht des internationalen Charakters des Kapitals<br />

nur international, gleichzeitig in den vergleichbaren europäischen Län<strong>der</strong>n durchgesetzt<br />

werden;<br />

- die Bourgeoisie erzeugt ihren eigenen Totengräber in Gestalt <strong>der</strong> Klasse <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen, doppelt freien Lohnarbeiter, <strong>der</strong> Proletarier, die nichts als ihre Ketten zu<br />

verlieren <strong>und</strong> eine Welt zu gewinnen hätten, indem sich diese aufgr<strong>und</strong> ihrer sozia-<br />

10 Einführung


len Situation <strong>und</strong> Interessen zur politischen Partei konstituieren <strong>und</strong> als Ergebnis<br />

ihres Klassenkampfes die Revolution vollbringen;<br />

- da die Revolution eine län<strong>der</strong>übergreifende Umwälzung ist, müßten sich die Arbeiter<br />

auch län<strong>der</strong>übergreifend zusammenschließen;<br />

- damit die Arbeiterklasse diesen ihren „geschichtlichen Beruf” zu erfüllen in <strong>der</strong><br />

Lage ist, bedarf es des wissenschaftlichen Sozialismus als „des theoretischen Ausdrucks<br />

<strong>der</strong> proletarischen Bewegung”. (Text 1.1 - 1.9)<br />

Nach dem Tode von Engels (1895) entbrannte zunächst im Zusammenhang mit Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Bedingungen <strong>der</strong> Streit über die Perspektive<br />

des Kapitalismus <strong>und</strong> die Aussichten auf eine sozialistische Revolution,<br />

über das Verhältnis von Demokratie <strong>und</strong> Sozialismus <strong>und</strong> ob <strong>der</strong> Kapitalismus revolutionär<br />

o<strong>der</strong> durch Reformen zu überwinden sei. <strong>Die</strong> Protagonisten waren Eduard<br />

Bernstein <strong>und</strong> Karl Kautsky. Beide stimmten darin überein, den entsprechenden<br />

historischen Prozeß nicht zu forcieren. Vor allem Kautsky betrachtete ihn als ökonomisch<br />

determiniert. (Text 2.1, 2.2, 2.3 - 3)<br />

W. I. Lenin setzte diesen in <strong>der</strong> II. Internationale verbreiteten Auffassungen seine<br />

Revolutions- <strong>und</strong> Parteitheorie entgegen: Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> ungleichmäßigen Entwicklung<br />

<strong>der</strong> kapitalistischen Län<strong>der</strong> könne eine Revolution in zunächst nur einem<br />

Lande stattfinden, <strong>und</strong> zwar in einem solchen, das das schwächste Kettenglied darstellt,<br />

weil in ihm die Wi<strong>der</strong>sprüche am größten sind. Und dies traf auf das relativ<br />

rückständige Rußland zu. Der Partei komme es zu, als führende <strong>und</strong> vorwärtstreibende<br />

Kraft auf die Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung <strong>der</strong> Revolution, sofern eine<br />

revolutionäre Situation gegeben ist, aktiv Einfluß zu nehmen. Mit <strong>der</strong> siegreichen<br />

Oktoberrevolution sahen die Bolschewiki <strong>und</strong> <strong>der</strong> revolutionäre Flügel in <strong>der</strong> westlichen<br />

Arbeiterbewegung die Leninsche Theorie <strong>und</strong> Strategie bestätigt. Lenin<br />

knüpfte allerdings die Perspektive <strong>der</strong> Revolution an <strong>der</strong>en internationale Ausdehnung<br />

<strong>und</strong> meinte, daß beispielsweise nach einer sozialistischen Revolution in<br />

Deutschland diesem die Führungsrolle in <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> zukomme. (Text 4.1 -<br />

4.8)<br />

Mit seiner Partei- <strong>und</strong> Machttheorie (seinem Verständnis von <strong>der</strong> Diktatur <strong>der</strong> Proletariats)<br />

provozierte Lenin jedoch schon lange vor <strong>der</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> erst<br />

recht danach eine prinzipielle Kritik, <strong>und</strong> zwar in erster Linie von Rosa Luxemburg<br />

<strong>und</strong> Kautsky, wegen des Mangels an Demokratismus <strong>und</strong> <strong>der</strong> ihr innewohnenden<br />

Gefahr des Jakobinismus. (Text 6.1 - 6.2 u. 7.1 - 7.3) <strong>Die</strong> Oktoberrevolution selbst<br />

wurde in <strong>der</strong> revolutionären Strömung <strong>der</strong> Arbeiterbewegung als Beginn <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong><br />

begrüßt. (Text 5.1 - 5.3 u. 6.1) <strong>Die</strong> Kommunistische Internationale war<br />

1919 als Weltpartei zu dem Zweck gegründet worden, als Generalstab die <strong>Weltrevolution</strong><br />

zu betreiben. (Text 8.1 - 8.3, 15.1- 15.3)<br />

Einführung<br />

11


Das Ende <strong>der</strong> revolutionären Nachkriegskrise im „Westen”, die Stabilisierung des<br />

Kapitalismus <strong>und</strong> damit das Ausbleiben <strong>der</strong> erwarteten Revolution zwang die Bolschewiki<br />

zu einer nicht vorgesehenen Entscheidung. Eine künstliche Forcierung von<br />

Revolutionen in dieser Situation hielt J. W. Stalin für aussichtslos, da er ohnehin an<br />

<strong>der</strong> revolutionären Reife <strong>der</strong> westlichen Arbeiterklasse zweifelte. Außerdem<br />

benötigte er wegen <strong>der</strong> gewaltigen inneren Probleme einen Burgfrieden mit <strong>der</strong> kapitalistischen<br />

Umwelt, den er mit revolutionären Abenteuern nicht hätte kriegen können.<br />

Während sein Wi<strong>der</strong>sacher Leo Trotzki das Schicksal des Sozialismus in <strong>der</strong><br />

UdSSR von <strong>der</strong> „permanenten Revolution”, d. h. ihrer internationalen Ausbreitung<br />

abhängig machte, (Text 9.1, 9.2, 16.1 - 16.3) verfocht Stalin bei einem verbalen<br />

Festhalten an <strong>der</strong> weltrevolutionären Vision das Konzept des Sozialismus in einem<br />

Lande. (Text 10, 12, 13) Sicher wäre auch Trotzki, hätte er an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> KPdSU<br />

gestanden, <strong>der</strong> Logik gefolgt, die sein Biograph Isaak Deutscher so ausdrückte, daß<br />

es für Stalin „eine ausgemachte Narretei gewesen /wäre/, den gegebenen <strong>und</strong> greifbaren<br />

‘Sozialismus in einem Lande’ für das Traumbild einer <strong>Weltrevolution</strong> zu<br />

opfern“. 1 Es ging in dieser Kontroverse aber wohl kaum darum, die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Oktoberrevolution rückgängig zu machen, son<strong>der</strong>n vielmehr um den einzuschlagenden<br />

Kurs auf dem Wege zum Sozialismus. Bekanntlich führte das dann auch zum<br />

Konflikt Stalins mit Nikolaj Bucharin.<br />

Bemerkenswert sind die Auffassungen Antonio Gramscis, <strong>der</strong> die Oktoberrevolution<br />

uneingeschränkt befürwortet <strong>und</strong> für eine sozialistische Revolution zunächst nach<br />

russischem Vorbild plädiert hatte, sich jedoch bald gegen die Übertragung ihres<br />

Modells auf die westlichen Län<strong>der</strong> aussprachen. Für <strong>der</strong>en kommunistische Parteien<br />

begründete er an<strong>der</strong>e strategische Konzepte, in denen <strong>der</strong> Dualismus von Revolutionen<br />

im „Osten” <strong>und</strong> im „Westen”, von politischer <strong>und</strong> ziviler Gesellschaft, von<br />

Herrschaft <strong>und</strong> Hegemonie, von bürokratischem <strong>und</strong> demokratischem Zentralismus,<br />

von Bewegungs- <strong>und</strong> Stellungskrieg Wesensmerkmale waren. (Text 5.3) <strong>Die</strong> Anerkennung<br />

<strong>der</strong> führenden Rolle <strong>der</strong> KPdSU knüpfte er an <strong>der</strong>en internationalistische<br />

Verantwortung <strong>und</strong> die Respektierung <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> übrigen kommunistischen<br />

Parteien, die er bereits 1926 als verletzt ansah. (Text 11)<br />

Stalin hingegen maß den Internationalismus, <strong>der</strong> letztlich auf einen Internationalismus<br />

<strong>der</strong> Kommunisten reduziert wurde, an <strong>der</strong> Parteinahme für die Sowjetunion <strong>und</strong><br />

am Beitrag zu ihrer Verteidigung. <strong>Die</strong> ausländischen kommunistischen Parteien wurden<br />

mehr <strong>und</strong> mehr innen- <strong>und</strong> außenpolitischen Wenden <strong>und</strong> Interessen <strong>der</strong><br />

Sowjetunion unterworfen, für diese instrumentalisiert. (Text 14, 17) Darin kam Stalins<br />

Vergewaltigung <strong>der</strong> marxistischen Revolutionstheorie zum Ausdruck, die u. a.<br />

darin bestand, daß er durch Vulgarisierung <strong>und</strong> Zerstörung ihres Praxisbezugs ledig-<br />

1 I. Deutscher: Stalin. Eine politische Biographie. Berlin 1990, S. 507<br />

12<br />

Einführung


lich rhetorisch am Postulat <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> festhielt, in seiner internationalen<br />

Realpolitik sie jedoch de facto nicht einkalkulierte <strong>und</strong> statt dessen russisch-sowjetische<br />

Großmacht- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik betrieb. <strong>Die</strong>s mag aus sowjetischer wie aus<br />

weltpolitischer Sicht aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> realen Bedingungen <strong>und</strong> Kräftekonstellationen<br />

sogar als verständlich erscheinen; für viele <strong>der</strong> von ihm dirigierten kommunistischen<br />

Parteien war dies auf die Dauer ein Ferment eines latenten inneren Konfliktes<br />

<strong>und</strong> des Verschleißes.<br />

Keineswegs im Wi<strong>der</strong>spruch hierzu setzte sich nach dem Sieg des Faschismus in<br />

Deutschland Mitte <strong>der</strong> 30er Jahre in <strong>der</strong> Komintern eine neue Orientierung durch,<br />

indem anstelle <strong>der</strong> unmittelbaren weltrevolutionären Erwartungen die reale Verteidigung<br />

<strong>der</strong> bürgerlichen Demokratie trat. <strong>Die</strong>ser Orientierung folgten sodann - mit<br />

Billigung Stalins - die Kommunisten in den antifaschistischen Wi<strong>der</strong>standsbewegungen<br />

<strong>und</strong> in ihrer Programmatik <strong>der</strong> nationalen Wege zum Sozialismus. <strong>Die</strong> angestrebte<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Revolution im internationalen Maßstab sollte nicht nach dem<br />

sowjetischen Modell geschehen. (Text 18 - 21) <strong>Die</strong> Kommunisten in den im sowjetischen<br />

Machtbereich befindlichen Län<strong>der</strong>n hielten sich zunächst an eine solche<br />

Strategie, <strong>der</strong>zufolge die Volksdemokratie (beispielsweise in Bulgarien) nur eine<br />

demokratische Vorstufe auf einem langen Wege zum Sozialismus sein sollte. Und<br />

solche einflußreichen westlichen Parteien wie die IKP <strong>und</strong> die FKP betrachteten<br />

ihren Beitrag zur Befreiung vom Faschismus nicht als den revolutionären Kampf um<br />

Sozialismus. Auch in dieser Situation lehnte Stalin den Export <strong>der</strong> Revolution über<br />

die Grenzen des sowjetischen Einflußbereiches gr<strong>und</strong>sätzlich ab, wenngleich ihm<br />

dies immer wie<strong>der</strong> unterstellt wurde.<br />

Es waren sodann, kurz nach dem 2. Weltkrieg, in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 40er Jahre,<br />

die durch den kalten <strong>Krieg</strong> bewirkten weltpolitischen Polarisierungen, Spaltungen,<br />

Blockbildungen <strong>und</strong> Grabenkämpfe, die nicht nur die Hoffnungen auf die weltweite<br />

Ausbreitung des Sozialismus zunichte machten, son<strong>der</strong>n auch die Ansätze <strong>der</strong><br />

Demokratisierung des nunmehr als allgemeingültig oktroyierten sowjetischen Sozalismusmodells.<br />

Nachdem W. Churchill schon 1946 von einem „Eisernen Vorhang”<br />

zwischen Ost <strong>und</strong> West gesprochen hatten, konstatierten 1947 die Kommunisten die<br />

Existenz zweier entgegengesetzter weltpolitischer Lager, die völlig unterschiedliche<br />

Entwicklungsbedingungen für den Kapitalismus wie für den Sozialismus hervorbrachten.<br />

(Text 22, 23) Im nachhinein wurde dann die volksdemokratische Umwälzung<br />

in östlichen Län<strong>der</strong>n einer sozialistischen Revolution <strong>und</strong> <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong><br />

Diktatur des Proletariats nach sowjetischem Vorbild gleichgesetzt. Nur den im amerikanischen<br />

Einflußbereich verbliebenen kommunistischen Parteien, die ohnehin<br />

keine baldige Aussicht auf eine sozialistische Revolution mehr hatten, blieb es<br />

erlaubt, auf nationale <strong>und</strong> demokratische Wege zum Sozialismus zu orientieren,<br />

solange sie von diesem Standpunkt aus nicht Kritik <strong>und</strong> Revisionsansprüche an die<br />

Einführung<br />

13


ealsozialistischen Län<strong>der</strong> stellten, wie das dann mit dem Eurokommunismus in <strong>der</strong><br />

zweiten Hälfte <strong>der</strong> 70er Jahre geschah.<br />

<strong>Die</strong> Existenz <strong>der</strong> weltpolitischen Blöcke mit <strong>der</strong>en innerer <strong>und</strong> gegenseitiger Logik<br />

zwang in Anbetracht <strong>der</strong> entstandenen atomaren Selbstvernichtungsfähigkeit <strong>der</strong><br />

Menschheit zu beträchtlichen Korrekturen des kommunistischen Revolutionskonzepts,<br />

wie sie vor allem vom XX. Parteitag <strong>der</strong> KPdSU 1956 vorgenommen wurden.<br />

Notwendig war eine Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz mit den kapitalistischen Län<strong>der</strong>n<br />

geworden, indem ihnen zugleich zugebilligt wurde, auf <strong>Krieg</strong>e verzichten zu<br />

können. Anstatt <strong>der</strong> „<strong>Weltrevolution</strong>” bürgerte sich <strong>der</strong> Terminus „weltrevolutionärer<br />

Prozeß” ein, <strong>der</strong> nationale, demokratische, friedliche Wege zum Sozialismus in den<br />

kapitalistischen Län<strong>der</strong>n einschloß, vor allem aber die antikolonialen nationalen<br />

Befreiungsbewegungen (-revolutionen) in <strong>der</strong> entstehenden Dritten Welt als ein entscheidendes<br />

Element dieses Prozesses betrachtete. (Text 24, 25, 26.1, 26.2) Doch<br />

die Verständigung <strong>der</strong> UdSSR mit den USA <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en imperialistischen Län<strong>der</strong>n<br />

im Sinne friedlicher Koexistenz bedeutete für die chinesischen Kommunisten unter<br />

Mao Tse-tung, die an <strong>der</strong> orthodoxen Ideologie, wie sie nicht einmal Stalin verfocht,<br />

festhielten, einen Verrat an <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong>. In den 60er Jahren entbrannte dazu<br />

in <strong>der</strong> internationalen kommunistischen Bewegung ein heftiger ideologischer Streit,<br />

<strong>der</strong> zu einer weiteren Spaltung führte. (Text 27.1, 27.2, 28) <strong>Die</strong> Mehrheit <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Parteien <strong>der</strong> Welt hielt jedoch an <strong>der</strong> vom XX. Parteitag <strong>der</strong> KPdSU<br />

begründeten Linie <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz als Gr<strong>und</strong>lage jeglicher Systemauseinan<strong>der</strong>setzung<br />

<strong>und</strong> weltrevolutionärer Aspirationen fest. (Text 29)<br />

Ein neuer Bruch zeichnete sich seit Ende <strong>der</strong> 60er Jahre <strong>und</strong> vor allem in den 70er<br />

Jahren ab, als die sogenannten eurokommunistischen Parteien offen das sowjetische<br />

Sozialismusmodell ablehnten, den realen Sozialismus wegen des Mangels an Demokratie<br />

<strong>und</strong> Menschenrechten kritisierten <strong>und</strong> eigene Visionen eines demokratischen<br />

Sozialismus vorstellten. <strong>Die</strong> Krise im theoretischen Revolutionskonzept <strong>der</strong> Kommunisten<br />

<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> sozialistischen Län<strong>der</strong> war zu tief <strong>und</strong> schien in<br />

den 80er Jahren nicht mehr korrigiertbar, (Text 30) so daß jener von Marx <strong>und</strong><br />

Engels prognostizierte <strong>und</strong> von den Kommunisten seit <strong>der</strong> Oktoberrevolution auf<br />

ihre Weise errungene Siegeszug des Sozialismus über den Kapitalismus ein abruptes<br />

Ende fand <strong>und</strong> in dieser Form nicht wie<strong>der</strong>holbar ist. <strong>Die</strong> entscheidenden Erfor<strong>der</strong>nisse<br />

<strong>und</strong> Ursachen für eine sozialistische Ablösung des Kapitalismus durch den<br />

Sozialismus haben sich damit aber nicht erledigt.<br />

<strong>Die</strong> Erfahrungen müssen uns lehren, die marxistische Theorie sozialistischer Umgestaltung<br />

<strong>der</strong> kapitalistischen Weltgesellschaft kritisch zu überprüfen <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legend<br />

zu erneuen.<br />

14 Einführung


II. Texte<br />

1. Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich Engels über den internationalen Charakter<br />

von Kapitalherrschaft, den internationalen Charakter des<br />

Kampfes des Proletariats <strong>und</strong> <strong>der</strong> Revolution.<br />

1.1 Friedrich Engels (Okt./Nov. 1847)<br />

F/rage/: Wird diese Revolution in einem einzigen Lande allein vor sich gehen<br />

können? A/ntwort/: Nein. <strong>Die</strong> große Industrie hat schon dadurch, daß sie den<br />

Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker <strong>der</strong> Erde, <strong>und</strong> namentlich die zivilisierten,<br />

in eine solche Verbindung miteinan<strong>der</strong> gebracht, daß jedes einzelne Volk davon<br />

abhängig ist, was bei einem an<strong>der</strong>n geschieht. Sie hat ferner in allen zivilisierten<br />

Län<strong>der</strong>n die gesellschaftliche Entwicklung so weit gleichgemacht, daß in allen<br />

diesen Län<strong>der</strong>n Bourgeoisie <strong>und</strong> Proletariat die beiden entscheidenden Klassen<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft, <strong>der</strong> Kampf zwischen beiden <strong>der</strong> Hauptkampf des Tages geworden.<br />

<strong>Die</strong> kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale, sie wird<br />

eine in allen zivilisierten Län<strong>der</strong>n, d. h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich<br />

<strong>und</strong> Deutschland gleichzeitig vor sich gehenden Revolution sein. Sie wird<br />

sich in jedem dieser Län<strong>der</strong> rascher o<strong>der</strong> langsamer entwickeln, je nachdem das<br />

eine o<strong>der</strong> andre Land eine ausgebildetere Industrie, einen größeren Reichtum,<br />

eine bedeuten<strong>der</strong>e Masse an Produktivkräften besitzt. Sie wird daher in Deutschland<br />

am langsamsten <strong>und</strong> schwierigsten, in England am raschesten <strong>und</strong> leichtesten<br />

durchzuführen sein. Sie wird auf die übrigen Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt ebenfalls eine<br />

bedeutende Rückwirkung ausüben <strong>und</strong> ihre bisherige Entwicklungsweise gänzlich<br />

verän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> sehr beschleunigen. Sie ist eine universelle Revolution <strong>und</strong><br />

wird daher auch ein universelles Terrain haben.<br />

(Friedrich Engels, Gr<strong>und</strong>sätze des Kommunismus, MEW, Bd. 4, S. 374 f.)<br />

1.2 Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich Engels (1847/1848)<br />

Obgleich nicht dem Inhalt, ist <strong>der</strong> Form nach <strong>der</strong> Kampf des Proletariats gegen<br />

die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muß<br />

natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden...<br />

<strong>Die</strong> Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien<br />

nur dadurch, daß sie einerseits in den verschiedenen nationalen Kämpfen des<br />

Proletariats die gemeinsamen von <strong>der</strong> Nationalität unabhängigen Interessen des<br />

gesamten Proletariats hervorheben <strong>und</strong> zur Geltung bringen, andrerseits<br />

dadurch, daß sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche <strong>der</strong> Kampf<br />

Texte<br />

15


zwischen Proletariat <strong>und</strong> Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse <strong>der</strong> Gesamtbewegung<br />

vertreten.<br />

<strong>Die</strong> Kommunisten sind also praktisch <strong>der</strong> entschiedenste, immer weitertreibende<br />

Teil <strong>der</strong> Arbeiterparteien aller Län<strong>der</strong>; sie haben theoretisch vor <strong>der</strong> übrigen<br />

Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang <strong>und</strong> die allgemeinen<br />

Resultate <strong>der</strong> proletarischen Bewegung voraus.<br />

(Karl Marx /Friedrich Engels, Manifest <strong>der</strong> Kommunistischen Partei, MEW, Bd. 4,<br />

S. 473)<br />

1.3 Karl Marx (1848 - 1850)<br />

Endlich verriet die Juninie<strong>der</strong>lage den despotischen Mächten Europas das<br />

Geheimnis, daß Frankreich unter allen Bedingungen den <strong>Frieden</strong> nach außen<br />

aufrechterhalten müsse, um den Bürgerkrieg nach innen führen zu können. So<br />

wurden die Völker, die den Kampf um ihre nationale Unabhängigkeit begonnen<br />

hatten, <strong>der</strong> Übermacht Rußlands, Österreichs <strong>und</strong> Preußens preisgegeben, aber<br />

gleichzeitig wurde das Schicksal dieser nationalen Revolutionen dem Schicksal<br />

<strong>der</strong> proletarischen Revolution unterworfen, ihrer scheinbaren Selbständigkeit,<br />

ihrer Unabhängigkeit von <strong>der</strong> großen sozialen Umwälzung beraubt. Der Ungar<br />

soll nicht frei sein, nicht <strong>der</strong> Pole, nicht <strong>der</strong> Italiener, solange <strong>der</strong> Arbeiter Sklave<br />

bleibt!<br />

Endlich nahm Europa durch die Siege <strong>der</strong> Heiligen Allianz eine Gestalt an, die<br />

jede neue politische Erhebung in Frankreich mit einem Weltkriege unmittelbar<br />

zusammenfallen läßt. <strong>Die</strong> neue französische Revolution ist gezwungen, sofort den<br />

nationalen Boden zu verlassen <strong>und</strong> das europäische Terrain zu erobern, auf dem<br />

allein die soziale Revolution des 19. Jahrhun<strong>der</strong>t sich durchführen kann.<br />

(Karl Marx: <strong>Die</strong> Klassenkämpfe in Frankreich, MEW, Bd. 7, S. 33 f.)<br />

1.4 Friedrich Engels (1850)<br />

<strong>Die</strong> Revolution von 1525 war eine deutsche Lokalangelegenheit. Englän<strong>der</strong>,<br />

Franzosen, Böhmen, Ungarn hatten ihre Bauernkriege schon durchgemacht, als<br />

die Deutschen den ihrigen machten. War schon Deutschland zersplittert, so war<br />

Europa es noch weit mehr. <strong>Die</strong> Revolution von 1848 war keine deutsche Lokalangelegenheit,<br />

sie war ein einzelnes Stück eines großen europäischen Ereignisses.<br />

Ihre treibenden Ursachen, während ihres ganzen Verlaufs, sind nicht auf den<br />

engen Raum eines einzelnen Landes, nicht einmal auf den eines Weltteils zusammengedrängt.<br />

Ja, die Län<strong>der</strong>, die <strong>der</strong> Schauplatz dieser Revolution waren, sind<br />

gerade am wenigsten bei ihrer Erzeugung beteiligt. Sie sind mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

16 Texte


ewußt- <strong>und</strong> willenlose Rohstoffe, die umgemodelt werden im Verlaufe einer<br />

Bewegung, an <strong>der</strong> jetzt die ganze Welt teilnimmt ...<br />

(Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, MEW, Bd. 7, S. 413)<br />

1.5 Karl Marx (1856)<br />

<strong>Die</strong> englischen Arbeiter sind die erstgeborenen Söhne <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Industrie.<br />

Sie werden also gewiß nicht die letzten sein, <strong>der</strong> durch diese Industrie erzeugten<br />

sozialen Revolution zu helfen, einer Revolution, die die Emanzipation ihrer eignen<br />

Klasse in <strong>der</strong> ganzen Welt bedeutet, die so universal ist wie die Herrschaft<br />

des Kapitals <strong>und</strong> die Lohnsklaverei.<br />

(Karl Marx, Rede auf <strong>der</strong> Jahresfeier des „People’s Paper“ am 14. April 1856 in<br />

London, MEW, Bd. 12, S. 4)<br />

1.6 Karl Marx (1864)<br />

Wenn die Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse das Zusammenwirken verschiedener<br />

Nationen erheischt, wie jenes große Ziel erreichen mit einer auswärtigen Politik,<br />

die frevelhafte Zwecke verfolgt, mit Nationalvorurteilen ihr Spiel treibt <strong>und</strong> in<br />

piratischen <strong>Krieg</strong>en des Volkes Blut <strong>und</strong> Gut vergeudet? Nicht die Weisheit <strong>der</strong><br />

herrschenden Klassen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> heroische Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> englischen Arbeiterklasse<br />

gegen ihre verbrecherische Torheit bewahrte den Westen Europas vor<br />

einer transatlantischen Kreuzfahrt für die Verewigung <strong>und</strong> Propaganda <strong>der</strong> Sklaverei.<br />

Der schamlose Beifall, die Scheinsympathie o<strong>der</strong> idiotische Gleichgültigkeit,<br />

womit die höheren Klassen Europas dem Meuchelmord des heroischen<br />

Polen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erbeutung <strong>der</strong> Bergveste des Kaukasus durch Rußland zusahen,<br />

die ungeheuren <strong>und</strong> ohne Wi<strong>der</strong>stand erlaubten Übergriffe dieser barbarischen<br />

Macht, <strong>der</strong>en Kopf zu St. Petersburg <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Hand in jedem Kabinett von<br />

Europa, haben den Arbeiterklassen die Pflicht gelehrt, in die Geheimnisse <strong>der</strong><br />

internationalen Politik einzudringen, die diplomatischen Akte ihrer respektiven<br />

Regierungen zu überwachen, ihnen wenn nötig entgegenzuwirken; wenn unfähig<br />

zuvorzukommen, sich zu vereinen in gleichzeitigen Denunziationen <strong>und</strong> die einfachen<br />

Gesetze <strong>der</strong> Moral <strong>und</strong> des Rechts, welche die Beziehungen von Privatpersonen<br />

regeln sollten, als die obersten Gesetze des Verkehrs von Nationen geltend<br />

zu machen. Der Kampf für solch eine auswärtige Politik ist eingeschlossen<br />

im allgemeinen Kampf für die Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse. Proletarier aller<br />

Län<strong>der</strong>, vereinigt Euch!“<br />

(Karl Marx, Inauguraladresse <strong>der</strong> Internationalen Arbeiterassoziation, MEW,<br />

Bd. 16, S. 13)<br />

Texte<br />

17


1.7 Karl Marx (1864)<br />

In Erwägung ... daß die Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse we<strong>der</strong> eine lokale noch<br />

eine nationale, son<strong>der</strong>n eine soziale Aufgabe ist, welche alle Län<strong>der</strong> umfaßt, in<br />

denen die mo<strong>der</strong>ne Gesellschaft besteht, <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Lösung vom praktischen <strong>und</strong><br />

theoretischen Zusammenwirken <strong>der</strong> fortgeschrittensten Län<strong>der</strong> abhängt, ... haben<br />

die unterzeichneten Mitglie<strong>der</strong> des Komitees, welches am 28. September 1864<br />

auf <strong>der</strong> öffentlichen Versammlung in St. Martin’s Hall, London, gewählt wurde,<br />

die notwendigen Schritte zur Gründung <strong>der</strong> Internationalen Arbeiter-Assoziation<br />

getan.<br />

(Karl Marx, Provisorische Statuten <strong>der</strong> Internationalen Arbeiter-Assoziation, MEW,<br />

Bd. 16, S. 14)<br />

1.8 Friedrich Engels über die geschichtliche Berufung des Proletariats<br />

<strong>und</strong> die entsprechende Bedeutung des wissenschaftlichen<br />

Sozialismus (1890)<br />

Das Proletariat ergreift die öffentliche Gewalt <strong>und</strong> verwandelt kraft dieser Gewalt<br />

die den Händen <strong>der</strong> Bourgeoisie entgleitenden gesellschaftlichen Produktionsmittel<br />

in öffentliches Eigentum ... Eine gesellschaftliche Produktion nach vorbestimmtem<br />

Plan wird nunmehr möglich. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Produktion macht<br />

die fernere Existenz verschiedener Gesellschaftsklassen zu einem Anachronismus<br />

... <strong>Die</strong> Menschen, endlich Herren ihrer eignen Art <strong>der</strong> Vergesellschaftung,<br />

werden damit zugleich Herren <strong>der</strong> Natur, Herren ihrer selbst - frei.<br />

<strong>Die</strong>se weltbefreiende Tat durchzuführen, ist <strong>der</strong> geschichtliche Beruf des mo<strong>der</strong>nen<br />

Proletariats. Ihre geschichtlichen Bedingungen <strong>und</strong> damit ihre Natur selbst,<br />

zu ergründen, <strong>und</strong> so <strong>der</strong> zur Aktion berufnen, heute unterdrückten Klasse die<br />

Bedingungen <strong>und</strong> die Natur ihrer eignen Aktion zum Bewußtsein zu bringen ist<br />

die Aufgabe des theoretischen Ausdrucks <strong>der</strong> proletarischen Bewegung, des wissenschaftlichen<br />

Sozialismus.<br />

(Friedrich Engels, <strong>Die</strong> Entwicklung des Sozialismus von <strong>der</strong> Utopie zur Wissenschaft,<br />

MEW, Bd. 19, S. 228)<br />

1.9 Friedrich Engels (1893)<br />

<strong>Die</strong> industrielle Entwicklung Frankreichs ist hinter <strong>der</strong> Englands zurückgeblieben;<br />

sie ist gegenwärtig auch hinter <strong>der</strong> Deutschlands zurück, die seit 1860 Riesenschritte<br />

gemacht hat; die Arbeiterbewegung in Frankreich kann sich heute<br />

nicht mit <strong>der</strong> Deutschlands vergleichen. Aber we<strong>der</strong> Franzosen noch Deutsche<br />

noch Englän<strong>der</strong> we<strong>der</strong> den Ruhm genießen, den Kapitalismus allein gestürzt zu<br />

18 Texte


haben; wenn Frankreich - vielleicht - das Signal gibt, wird in Deutschland, dem<br />

Lande, das am gründlichsten vom Sozialismus erfaßt worden ist <strong>und</strong> in dem die<br />

Theorie am gründlichsten in die Massen gedrungen ist, <strong>der</strong> Kampf entschieden<br />

werden; <strong>und</strong> trotzdem werden we<strong>der</strong> Frankreich noch Deutschland endgültig den<br />

Sieg sichern können, solange England in den Händen <strong>der</strong> Bourgeoisie bleibt. <strong>Die</strong><br />

Befreiung des Proletariats kann nur eine internationale Aktion sein; wenn Ihr<br />

daraus einfach eine Aktion <strong>der</strong> Franzosen zu machen versucht, macht Ihr sie<br />

unmöglich. <strong>Die</strong> ausschließlich französische Führung <strong>der</strong> bürgerlichen Revolution<br />

- obwohl sie unvermeidlich war wegen <strong>der</strong> Dummheit <strong>und</strong> Feigheit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Nationen -, wissen Sie, wohin sie geführt hat? - zu Napoleon, zur Eroberung,<br />

zur Invasion <strong>der</strong> Heiligen Allianz.<br />

(Brief von Friedrich Engels an Paul Lafargue in Le Perreux (27. Juni 1893), MEW,<br />

Bd. 39, S. 89)<br />

2. Eduard Bernstein über die kapitalistische Gesellschaft <strong>und</strong> die<br />

Aussichten ihrer sozialistischen Überwindung (1899)<br />

2.1<br />

Ich bin <strong>der</strong> Anschauung entgegengetreten, daß wir vor einem in Bälde zu erwartenden<br />

Zusammenbruch <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft stehen <strong>und</strong> daß die Sozialdemokratie<br />

ihre Taktik durch die Aussicht auf eine solche bevorstehende große<br />

soziale Katastrophe bestimmen bzw. von ihr abhängig machen soll.<br />

(Eduard Bernstein, <strong>Die</strong> Voraussetzungen des Sozialismus <strong>und</strong> die Aufgaben <strong>der</strong><br />

Sozialdemokratie. 2. Aufl., Stuttgart/Berlin 1921, S. 6)<br />

2.2<br />

Ich sage ausdrücklich Übergang von <strong>der</strong> kapitalistischen zur sozialistischen<br />

Gesellschaft, <strong>und</strong> nicht ‘von <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft’, wie das heute so<br />

häufig geschieht...<br />

<strong>Die</strong> Sozialdemokratie will nicht diese Gesellschaft auflösen <strong>und</strong> ihre Mitglie<strong>der</strong><br />

allesamt proletarisieren, sie arbeitet vielmehr unablässig daran, den Arbeiter aus<br />

<strong>der</strong> sozialen Stellung eines Proletariers zu <strong>der</strong> eines Bürgers zu erheben... Sie<br />

will nicht an die Stelle <strong>der</strong> bürgerlichen die proletarische Gesellschaft, son<strong>der</strong>n<br />

sie will an die Stelle <strong>der</strong> kapitalistischen eine sozialistische Gesellschaftsordnung<br />

setzen.<br />

(Ebenda, S. 183)<br />

Texte<br />

19


2.3<br />

Sobald eine Nation einen politischen Zustand erreicht hat, wo das Recht <strong>der</strong><br />

besitzenden Min<strong>der</strong>heit aufgehört hat, ein ernsthaftes Hin<strong>der</strong>nis für den sozialen<br />

Fortschritt zu bilden, wo die negativen Aufgaben <strong>der</strong> politischen Aktion zurücktreten<br />

hinter den positiven, da wird die Berufung auf die gewaltsame Revolution<br />

zur inhaltlosen Phrase. Man kann eine Regierung, eine privilegierte Min<strong>der</strong>heit<br />

stürzen, aber nicht ein Volk ...<br />

<strong>Die</strong> Diktatur des Proletariats heißt, wo die Arbeiterklasse nicht schon sehr starke<br />

eigene Organisationen wirtschaftlichen Charakters besitzt <strong>und</strong> durch Schulung<br />

in Selbstverwaltungskörpern einen hohen Grad von geistiger Selbständigkeit<br />

erreicht hat, die Diktatur von Klubrednern <strong>und</strong> Literaten...<br />

Trotz <strong>der</strong> großen Fortschritte, welche die Arbeiterklasse in intellektueller, politischer<br />

<strong>und</strong> gewerblicher Hinsicht seit den Tagen gemacht hat, wo Marx <strong>und</strong><br />

Engels schrieben, halte ich sie doch selbst heute noch nicht für entwickelt genug,<br />

die politische Alleinherrschaft zu übernehmen.<br />

(Ebenda, S. 251 f.)<br />

3. Karl Kautskys Polemik gegen Eduard Bernstein (1899)<br />

Wer die marxistische Methode für falsch hält, dem bleiben nur zwei Wege. Er<br />

erkennt an, daß die gesellschaftliche Entwicklung eine nothwendige, gesetzmäßige<br />

ist, aber er leugnet es, daß sie in letzter Linie auf die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Produktionsweisen zurückzuführen ist. Er nimmt an, daß an<strong>der</strong>e Faktoren daneben<br />

o<strong>der</strong> ausschließlich ‘in Rechnung zu ziehen sind’ ...<br />

O<strong>der</strong> aber, man leugnet überhaupt die Nothwendigkeit <strong>und</strong> Gesetzmäßigkeit <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Entwicklung o<strong>der</strong> wenigstens die Möglichkeit, sie mit den<br />

gegebenen Mitteln zu erkennen. Damit schwindet aber auch jede Möglichkeit,<br />

die Richtung <strong>der</strong> sozialen Entwicklung selbst nur einigermaßen durch Erforschung<br />

<strong>der</strong> Gegenwart <strong>und</strong> Vergangenheit klar zu legen, es schwindet jede<br />

Möglichkeit einer wissenschaftlichen Behandlung <strong>der</strong> großen Probleme unserer<br />

Zeit, also auch eines wissenschaftlichen Sozialismus. Das schließt eine sozialistische<br />

Bewegung nicht aus, aber ihre Ziele hören auf, etwas an<strong>der</strong>es zu sein, als<br />

aus den Bedürfnissen <strong>der</strong> Gegenwart entpsringende fromme Wünsche. <strong>Die</strong> Argumente,<br />

die Art des Kampfes, alles müßte sich än<strong>der</strong>n.<br />

(Karl Kautsky, Bernstein <strong>und</strong> das Sozialdemokratische Programm. Eine Antikritik,<br />

Stuttgart 1899, S. 18)<br />

20 Texte


4. Wladimir I. Lenin über die Revolution in Rußland <strong>und</strong> in <strong>der</strong><br />

Welt<br />

4.1 Über die Möglichkeit <strong>der</strong> sozialistischen Revolution in nur einem<br />

Lande (Aug. 1915)<br />

<strong>Die</strong> Ungleichmäßigkeit <strong>der</strong> ökonomischen <strong>und</strong> politischen Entwicklung ist ein<br />

unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, daß <strong>der</strong> Sieg des Sozialismus<br />

zunächst in wenigen kapitalistischen Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> sogar in einem einzeln<br />

genommenen Lande möglich ist. Das siegreiche Proletariat dieses Landes würde<br />

sich nach Enteignung <strong>der</strong> Kapitalisten <strong>und</strong> nach Organisierung <strong>der</strong> sozialistischen<br />

Produktion im eigenen Lande <strong>der</strong> übrigen, <strong>der</strong> kapitalistischen Welt entgegenstellen,<br />

würde die unterdrückten Klassen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong> auf seine<br />

Seite ziehen, in diesen Län<strong>der</strong>n den Aufstand gegen die Kapitalisten entfachen<br />

<strong>und</strong> notfalls sogar mit Waffengewalt gegen die Ausbeuterklassen <strong>und</strong> ihre Staaten<br />

vorgehen.<br />

(Wladimir I. Lenin, Über die Losung <strong>der</strong> Vereinten Staaten von Europa, LW, Bd. 21<br />

S. 345 f.)<br />

4.2 Über die Oktoberrevolution als Auftakt zur <strong>Weltrevolution</strong><br />

(14. Dez. 1917)<br />

Entwe<strong>der</strong> wird die ganze Kultur geopfert, o<strong>der</strong> es muß auf revolutionärem Wege<br />

das kapitalistische Joch abgeschüttelt, die Herrschaft <strong>der</strong> Bourgeoisie beseitigt,<br />

die sozialistische Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> dauernde Friede erobert werden ...<br />

Deshalb ist die in Rußland ausgebrochene sozialistische Revolution nur <strong>der</strong><br />

Anfang zur sozialistischen <strong>Weltrevolution</strong>. Friede <strong>und</strong> Brot, Sturz <strong>der</strong> Bourgeoisie,<br />

revolutionäre Mittel zur Heilung <strong>der</strong> W<strong>und</strong>en, die <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> geschlagen hat,<br />

vollkommener Sieg des Sozialismus, dem gilt <strong>der</strong> Kampf!<br />

(Wladimir I. Lenin, Um Brot <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>, LW, Bd. 26, S. 387 f.)<br />

4.3 Über die Oktoberrevolution als maximaler Beitrag zur <strong>Weltrevolution</strong><br />

(Okt.-Nov. 1918)<br />

<strong>Die</strong> Erwartung einer revolutionären Situation in Europa war folglich keine<br />

Schwärmerei <strong>der</strong> Bolschewiki, son<strong>der</strong>n allgemeine Ansicht aller Marxisten ... <strong>Die</strong><br />

Taktik <strong>der</strong> Bolschewiki war richtig, war die einzige internationalistische Taktik,<br />

denn sie basierte nicht auf <strong>der</strong> feigen Furcht vor <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> ..., sie beruhte<br />

auf <strong>der</strong> richtigen (vor dem <strong>Krieg</strong>, vor dem Renegatentum <strong>der</strong> Sozialchauvinisten<br />

<strong>und</strong> Sozialpazifisten allgemein anerkannten) Einschätzung <strong>der</strong> europäischen<br />

Texte<br />

21


evolutionären Situation. <strong>Die</strong>s war die einzig internationalistische Taktik, denn<br />

sie bewirkte ein Höchstmaß dessen, was in einem Lande für die Entwicklung,<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Entfachung <strong>der</strong> Revolution in allen Län<strong>der</strong>n durchführbar ist<br />

... Der Bolschewismus hat in <strong>der</strong> Tat die Entwicklung <strong>der</strong> proletarischen Revolution<br />

in Europa <strong>und</strong> Amerika so stark geför<strong>der</strong>t, wie das bisher keiner einzigen<br />

Partei in keinem an<strong>der</strong>en Lande gelungen war ... Nicht nur die proletarische<br />

Revolution in ganz Europa, son<strong>der</strong>n die proletarische <strong>Weltrevolution</strong> reift vor<br />

unser aller Augen heran, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sieg des Proletariats in Rußland hat sie geför<strong>der</strong>t,<br />

beschleunigt <strong>und</strong> unterstützt.<br />

(Wladimir I. Lenin, <strong>Die</strong> proletarische Revolution <strong>und</strong> <strong>der</strong> Renegat Kautsky, LW,<br />

Bd. 28, S. 290)<br />

4.4 Gegen das „Anpeitschen” <strong>der</strong> internationalen Revolution (1918)<br />

Vielleicht sind die Verfasser <strong>der</strong> Meinung, die Interessen <strong>der</strong> internationalen<br />

Revolution erfor<strong>der</strong>ten es, daß man sie anpeitscht, <strong>und</strong> daß nur <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> ein solches<br />

Anpeitschen sein kann, auf keinen Fall <strong>der</strong> <strong>Frieden</strong>... Eine solche ‘Theorie’<br />

wäre ein völliger Bruch mit dem Marxismus, denn dieser hat stets das ‘Anpeitschen’<br />

von Revolutionen abgelehnt, die sich in dem Maße entwickeln, wie die<br />

Klassengegensätze, die Revolutionen hervorrufen, immer größere Schärfe gewinnen...<br />

Tatsächlich erfor<strong>der</strong>n die Interessen <strong>der</strong> internationalen Revolution, daß<br />

die Sowjetmacht, die die Bourgeoisie ihres Landes gestürzt hat, dieser Revolution<br />

helfe, daß sie aber die Form ihrer Hilfe entsprechend ihrer Kräfte wähle. Daß<br />

man <strong>der</strong> sozialistischen Revolution im internationalen Maßstab hilft, wenn man<br />

es auf die Möglichkeit einer Nie<strong>der</strong>lage dieser Revolution in dem betreffenden<br />

Lande ankommen läßt - eine solche Auffassung ergibt sich nicht einmal aus <strong>der</strong><br />

Theorie des Anpeitschens.<br />

(Wladimir I. Lenin, „Seltsames <strong>und</strong> Ungeheuerliches“, LW, Bd. 27, S. 56)<br />

4.5 Über die Entfaltung <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> (März 1919)<br />

Nicht nur in den osteuropäischen, son<strong>der</strong>n auch in den westeuropäischen Län<strong>der</strong>n,<br />

nicht nur in den Län<strong>der</strong>n, die besiegt sind, son<strong>der</strong>n auch in denen <strong>der</strong> Sieger,<br />

zum Beispiel in England, breitet sich die Rätebewegung weiter <strong>und</strong> weiter<br />

aus, <strong>und</strong> diese Rätebewegung ist nichts an<strong>der</strong>es als die Bewegung zur Schaffung<br />

<strong>der</strong> neuen, proletarischen Demokratie, als <strong>der</strong> wichtigste Schritt in <strong>der</strong> Richtung<br />

zur Diktatur des Proletariats, zum vollen Sieg des Kommunismus.<br />

Mag die Bourgeoisie <strong>der</strong> ganzen Welt noch so wüten, mag sie die Spartakusleute<br />

<strong>und</strong> Bolschewiki ausweisen, einkerkern, ja ermorden, dies alles hilft ihr nichts<br />

mehr. Dadurch werden die Massen nur aufgeklärt, von ihren alten bürgerlich-<br />

22 Texte


demokratischen Vorurteilen befreit <strong>und</strong> zum Kampfe gestählt. Der Sieg <strong>der</strong> proletarischen<br />

Revolution in <strong>der</strong> ganzen Welt ist sicher. <strong>Die</strong> Gründung <strong>der</strong> Internationalen<br />

Räterepublik wird kommen.<br />

(Wladimir I. Lenin, Rede bei <strong>der</strong> Schließung des Ersten Kongresses <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale, 6. März 1919, LW, Bd. 28, S. 490)<br />

4.6 Über die Perspektive <strong>der</strong> russischen Revolution (April 1919)<br />

Im Vergleich zu den fortgeschrittenen Län<strong>der</strong>n hatten es die Russen leichter, die<br />

große proletarische Revolution zu beginnen, es wird ihnen aber schwerer werden,<br />

sie fortzusetzen <strong>und</strong> bis zum endgültigen Sieg im Sinne <strong>der</strong> vollständigen Organisierung<br />

<strong>der</strong> sozialistischen Gesellschaft zu führen ... Sowjetrepubliken in Län<strong>der</strong>n<br />

auf höherer Kulturstufe, mit größerem Gewicht <strong>und</strong> Einfluß des Proletariats<br />

haben alle Aussichten, Rußland zu überholen, sobald sie den Weg <strong>der</strong> Diktatur<br />

des Proletariats einschlagen.<br />

(Wladimir I. Lenin, <strong>Die</strong> Dritte Internationale <strong>und</strong> ihr Platz in <strong>der</strong> Geschichte, LW,<br />

Bd. 29, S. 299)<br />

4.7 Über die internationale Bedeutung von Gr<strong>und</strong>zügen <strong>der</strong> Oktoberrevolution<br />

(April-Mai 1920)<br />

In den ersten Monaten nach <strong>der</strong> Eroberung <strong>der</strong> politischen Macht durch das Proletariat<br />

in Rußland ... konnte es scheinen, daß infolge <strong>der</strong> ungeheuren Unterschiede<br />

zwischen dem rückständigen Rußland <strong>und</strong> den fortgeschrittenen westeuropäischen<br />

Län<strong>der</strong>n die Revolution des Proletariats in diesen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> unsern<br />

sehr wenig ähnlich sein werde. Jetzt liegt uns bereits eine recht beträchtliche<br />

internationale Erfahrung vor, die mit voller Bestimmtheit erkennen läßt, daß einige<br />

Gr<strong>und</strong>züge unserer Revolution nicht örtliche, nicht spezifisch nationale, nicht<br />

ausschließlich russische, son<strong>der</strong>n internationale Bedeutung haben. Ich spreche<br />

hier von internationaler Bedeutung nicht im weiten Sinne des Wortes: Im Sinne<br />

<strong>der</strong> Einwirkung unserer Revolution auf alle Län<strong>der</strong> sind nicht einige, son<strong>der</strong>n<br />

alle ihre Gr<strong>und</strong>züge <strong>und</strong> viele ihrer sek<strong>und</strong>ären Züge von internationaler Bedeutung.<br />

Nein, ich spreche davon im engsten Sinne des Wortes, d. h., versteht man<br />

unter internationaler Bedeutung, daß das, was bei uns geschehen ist, internationale<br />

Geltung hat o<strong>der</strong> sich mit historischer Unvermeidlichkeit im internationalen<br />

Maßstab wie<strong>der</strong>holen wird, so muß man einigen Gr<strong>und</strong>zügen unserer Revolution<br />

eine solche Bedeutung zuerkennen.<br />

Natürlich wäre es ein großer Fehler, diese Wahrheit zu übertreiben <strong>und</strong> sie auf<br />

mehr als einige Gr<strong>und</strong>züge unserer Revolution auszudehnen. Ebenso wäre es verfehlt,<br />

außer acht zu lassen, daß nach dem Sieg <strong>der</strong> proletarischen Revolution, sei<br />

Texte<br />

23


es auch nur in einem <strong>der</strong> fortgeschrittenen Län<strong>der</strong>, aller Wahrscheinlichkeit nach<br />

ein jäher Umschwung eintreten, daß nämlich Rußland bald danach nicht mehr<br />

ein vorbildliches, son<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong> ein (im ‘sowjetischen’ <strong>und</strong> im sozialistischen<br />

Sinne) rückständiges Land sein wird.<br />

(Wladimir I. Lenin, Der ‘linke Radikalismus’, die Kin<strong>der</strong>krankheit im Kommunismus,<br />

LW, Bd. 31, S. 5 f.)<br />

4.8 Über die Bedingungen <strong>und</strong> die Perspektive <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong><br />

(19. Juli 1920)<br />

Wenn einerseits die wirtschaftliche Lage <strong>der</strong> Massen unerträglich geworden ist<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits auch unter <strong>der</strong> kleinen Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> allmächtigen Siegerlän<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Zerfall begonnen hat <strong>und</strong> immer weiter fortschreitet, wie Keynes es schil<strong>der</strong>t,<br />

dann sehen wir deutlich, daß die beiden Bedingungen für die <strong>Weltrevolution</strong><br />

heranreifen.<br />

Auf dem ersten Kongreß waren wir eigentlich nur Propagandisten, wir verkündeten<br />

dem Proletariat <strong>der</strong> ganzen Welt nur die Gr<strong>und</strong>ideen, wir gaben nur die<br />

Losung aus zum Kampf, wir fragten nur: Wo sind die Menschen, die fähig sind,<br />

diesen Weg zu beschreiten? Jetzt steht überall das fortgeschrittene Proletariat zu<br />

uns. Es gibt überall eine proletarische Armee, wenn sie mitunter auch schlecht<br />

organisiert ist <strong>und</strong> <strong>der</strong> Reorganisation bedarf. Wenn unsere ausländischen<br />

Genossen uns jetzt helfen, eine einheitliche Armee zu schaffen, so werden keine<br />

Mängel uns hin<strong>der</strong>n können, unser Werk zu vollbringen. Und dieses Werk ist die<br />

proletarische <strong>Weltrevolution</strong>, die Schaffung einer weltumspannenden Sowjetrepublik.<br />

(Wladimir I. Lenin, Referat über die internationale Lage <strong>und</strong> die Hauptaufgaben<br />

<strong>der</strong> Kommunistischen Internationale, LW, Bd. 31, S. 213 u. S. 222)<br />

5. Antonio Gramscis Revolutionskonzept<br />

5.1 Über Oktoberrevolution (Nov. 1917)<br />

<strong>Die</strong> Revolution <strong>der</strong> Bolschewiki ist fest in <strong>der</strong> allgemeinen Revolution des russischen<br />

Volkes verwurzelt. Es waren die Maximalisten 1 die bis vor zwei Monaten<br />

das notwendige Ferment bildeten, damit die Ereignisse nicht stagnieren <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Weg in die Zukunft nicht dadurch unterbrochen wird, daß sich eine Ordnung in<br />

endgültiger Form - <strong>und</strong> dies wäre eine bürgerliche Ordnung - etabliert, diese<br />

Maximalisten haben die Macht errungen, sie haben ihre Diktatur errichtet <strong>und</strong><br />

beginnen, sozialistische Formen zu entwickeln, in denen die Revolution letztlich<br />

die Möglichkeit finden muß, ihre Entwicklung harmonisch fortzusetzen, <strong>und</strong> zwar<br />

24 Texte


ohne daß von den großen inzwischen realisierten Errungenschaften allzu große<br />

Erschütterungen ausgehen. <strong>Die</strong> Revolution <strong>der</strong> Bolschewiki ist mehr von <strong>der</strong><br />

Ideologie als von den Tatsachen hervorgebracht ... Sie war eine Revolution gegen<br />

das ‘Kapital’ von Karl Marx ... Es war <strong>der</strong> kritische Beweis für die fatale Notwendigkeit,<br />

daß sich in Rußland eine Bourgeoisie bildet, daß eine kapitalistische<br />

Ära beginnt, daß sich eine Zivilisation westlichen Typs durchsetzt, bevor das Proletariat<br />

überhaupt erst an einen Aufstand, an seine For<strong>der</strong>ungen als Klasse, an<br />

seine Revolution denken kann. <strong>Die</strong> Tatsachen haben die Ideologie überholt. <strong>Die</strong><br />

Tatsachen haben die kritischen Schemata ad absurdum geführt, denen zufolge die<br />

Geschichte Rußlands sich nach den Gr<strong>und</strong>prinzipien des historischen Materialismus<br />

hätte entwickeln müssen.<br />

(Antonio Gramsci, <strong>Die</strong> Revolution gegen das ‘Kapital’ (Artikel in „Avanti!“ vom<br />

24. November 1917), A. Gramsci - vergessener Humanist? Eine Anthologie. Berlin<br />

1991, S. 31)<br />

________________________<br />

1 Gemeint sind damit die Bolschewiki, weil sie die Revolution am weitesten vorantrieben.<br />

In diesem Falle hat <strong>der</strong> Begriff für ihn eine positive Bedeutung. - H. N.<br />

5.2 Über die Spaltung <strong>der</strong> Welt nach <strong>der</strong> Oktoberrevolution (Januar<br />

1921)<br />

<strong>Die</strong> russische proletarische Revolution teilte die Welt in zwei Lager; auf <strong>der</strong><br />

einen Seite stehen jene, die für ihre Weiterentwicklung <strong>und</strong> ihren Sieg im Weltmaßstab<br />

eintreten, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite jene, die feindlich eingestellt sind <strong>und</strong><br />

sie im Blut des russischen revolutionären Volkes ertränken wollen ...<br />

<strong>Die</strong> russische proletarische Revolution ist die erste große proletarische Revolution,<br />

die siegreich mit <strong>der</strong> Eroberung <strong>der</strong> Macht durch das Proletariat im größten<br />

kapitalistischen Land <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> erstmals in <strong>der</strong> Geschichte vollendeten<br />

Errichtung <strong>der</strong> Diktatur des Proletariats ihren Abschluß fand. <strong>Die</strong>se<br />

historische Erfahrung <strong>der</strong> russischen revolutionären Klasse hat eine gewaltige<br />

Bedeutung für das ganze internationale Proletariat <strong>und</strong> für dessen Kampf um die<br />

Befreiung.<br />

(Antonio Gramsci, Rußland <strong>und</strong> die Internationale, Antonio Gramsci, Antologia<br />

degli scritti, Rom, Bd. 1, S. 89 u. 91)<br />

5.3 Über die Unterschiede <strong>der</strong> Revolution im „Osten” <strong>und</strong> im<br />

„Westen” (1930-32)<br />

Im Osten war <strong>der</strong> Staat alles, die zivile Gesellschaft war nicht ausgeprägt <strong>und</strong> war<br />

formlos; im Westen bestand zwischen dem Staat <strong>und</strong> <strong>der</strong> zivilen Gesellschaft ein<br />

richtiggehendes Verhältnis, <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Erschütterung des Staates offenbarte<br />

Texte<br />

25


sich sofort eine robuste Struktur <strong>der</strong> zivilen Gesellschaft. Der Staat war nur ein<br />

vorgeschobener Schützengraben, hinter dem sich eine robuste Kette von Befestigungen<br />

<strong>und</strong> Kasematten verbarg.<br />

(Antonio Gramsci, Qua<strong>der</strong>ni del carcere, Turin 1975, Bd. II, S. 866, (eigene Übersetzung,<br />

- H. N.))<br />

6. Rosa Luxemburgs Einschätzung <strong>der</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Folgen<br />

6.1 Über die Oktoberrevolution <strong>und</strong> <strong>der</strong>en internationale Bedingtheit<br />

(1918)<br />

<strong>Die</strong>ser Verlauf ist aber für jeden denkenden Beobachter auch ein schlagen<strong>der</strong><br />

Beweis gegen die doktrinäre Theorie, die Kautsky mit <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Regierungssozialisten<br />

teilt, wonach Rußland als zurückgebliebenes, vorwiegend agrarisches<br />

Land für die soziale Revolution <strong>und</strong> für eine Diktatur des Proletariats noch nicht<br />

reif wäre ... <strong>Die</strong> Revolution Rußlands war in ihren Schicksalen völlig von den<br />

internationalen /Ereignissen/ abhängig. Daß die Bolschewiki ihre Politik gänzlich<br />

auf die <strong>Weltrevolution</strong> des Proletariats stellten, ist gerade das glänzenste<br />

Zeugnis ihres politischen Weitblicks <strong>und</strong> ihrer gr<strong>und</strong>sätzlichen Treue, des kühnen<br />

Wurfs ihrer Politik ... Es ist klar, daß nicht kritikloses Apologetentum, son<strong>der</strong>n<br />

nur eingehende, nachdenkliche Kritik imstande ist, die Schätze an Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Lehren zu heben. Es wäre in <strong>der</strong> Tat eine wahnwitzige Vorstellung,<br />

daß bei dem ersten welthistorischen Experiment mit <strong>der</strong> Diktatur <strong>der</strong> Arbeiterklasse,<br />

<strong>und</strong> zwar unter den denkbar schwersten Bedingungen ... just alles, was in<br />

Rußland getan <strong>und</strong> gelassen wurde, <strong>der</strong> Gipfel <strong>der</strong> Vollkommenheit gewesen sei<br />

... Sich dies in allen tiefgehenden Zusammenhängen <strong>und</strong> Wirkungen klar vor die<br />

Augen zu führen ist gerade elementare Pflicht <strong>der</strong> Sozialisten in allen Län<strong>der</strong>n;<br />

denn nur an einer solchen bitteren Erkenntnis ist die ganze Größe <strong>der</strong> eigenen<br />

Verantwortung des internationalen Proletariats für die Schicksale <strong>der</strong> russischen<br />

Revolution zu ermessen. An<strong>der</strong>erseits kommt nur auf diesem Wege die entscheidende<br />

Wichtigkeit des geschlossenen internationalen Vorgehens <strong>der</strong> proletarischen<br />

Revolution zur Geltung - als eine Gr<strong>und</strong>bedingung, ohne die auch die<br />

größte Tüchtigkeit <strong>und</strong> die höchsten Opfer des Proletariats in einem einzelnen<br />

Lande sich unvermeidlich in ein Wirrsal von Wi<strong>der</strong>sprüchen <strong>und</strong> Fehlgriffen<br />

verwickeln müssen.<br />

(Rosa Luxemburg, Zur russischen Revolution, Gesammelte Werke, Bd. I, Berlin<br />

1974, S. 332 - 334)<br />

26 Texte


6.2 Über die Demokratiedefizite <strong>der</strong> bolschewistischen Revolution<br />

aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> westlichen Arbeiterbewegung (1918)<br />

<strong>Die</strong> stillscheigende Voraussetzung <strong>der</strong> Diktaturtheorie im Lenin-Trotzkischen<br />

Sinne ist, daß die sozialistische Umwälzung eine Sache sei, für die ein fertiges<br />

Rezept in <strong>der</strong> Tasche <strong>der</strong> Revolutionspartei liege, das dann nur mit Energie verwirklicht<br />

zu werden brauche. Dem ist lei<strong>der</strong> - o<strong>der</strong> je nach dem: zum Glück -<br />

nicht so ... Das sozialistische Gesellschaftssystem soll <strong>und</strong> kann nur ein<br />

geschichtliches Produkt sein, geboren aus <strong>der</strong> eigenen Schule <strong>der</strong> Erfahrung ...<br />

Lenin <strong>und</strong> Trotzki haben anstelle <strong>der</strong> aus allgemeinen Volkswahlen hervorgegangenen<br />

Vertretungskörperschaften die Sowjets als die einzige wahre Vertretung <strong>der</strong><br />

arbeitenden Massen hingestellt. Aber mit dem Erdrücken des politischen Lebens<br />

im ganzen Lande muß auch das Leben in den Sowjets immer mehr erlahmen.<br />

Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- <strong>und</strong> Versammlungsfreiheit, freien<br />

Meinungskampf erstirbt das Leben in je<strong>der</strong> öffentlichen Institution, wird zum<br />

Scheinleben, in <strong>der</strong> die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche<br />

Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher<br />

Energie <strong>und</strong> grenzenlosem Idealismus dirigieren <strong>und</strong> regieren, unter ihnen<br />

leidet in Wirklichkeit ein Dutzend hervorragen<strong>der</strong> Köpfe, <strong>und</strong> eine Elite <strong>der</strong><br />

Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den<br />

Reden <strong>der</strong> Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig<br />

zuzustimmen, im Gr<strong>und</strong>e also eine Cliquenwirtschaft - eine Diktatur allerdings,<br />

aber nicht die Diktatur des Proletariats, son<strong>der</strong>n die Diktatur einer Handvoll<br />

Politiker ...<br />

(Ebenda, S. 359 - 362)<br />

7. Karl Kautskys Polemik gegen Lenin <strong>und</strong> die Bolschewiki sowie<br />

seine Einschätzung <strong>der</strong> Oktoberrevolution (1920)<br />

7.1<br />

<strong>Die</strong> Bolschewiki waren die erste sozialistische Partei in <strong>der</strong> Weltgeschichte, <strong>der</strong><br />

es gelang, ein großes Reich zu beherrschen, <strong>und</strong> die es unternahm, den Sozialismus<br />

zu verwirklichen. Das war das Große, viele Proletarier Bestechende <strong>und</strong><br />

Erhebende ihres Tuns. Doch die Verhältnisse waren ihrem Vorhaben so ungünstig<br />

als möglich, alle Vorbedingungen zur Durchsetzung ihres Zieles fehlten ihnen bei<br />

<strong>der</strong> ökonomischen Rückständigkeit des Landes.<br />

Daher verzweifelten sie daran, sich auf dem Wege <strong>der</strong> Demokratie durchzusetzen.<br />

Bisher hatte es in den Reihen <strong>der</strong> Sozialdemokratie für eine Selbstverständlichkeit<br />

gegolten, daß <strong>der</strong> Sozialismus aus <strong>der</strong> Demokratie bei entwickelter kapitali-<br />

Texte<br />

27


stischer Produktionsweise entspringen müsse. <strong>Die</strong> Bolschewiki setzten in ihrer<br />

Notlage an Stelle dieser Auffassung eine ganz an<strong>der</strong>e, völlig neue. Sie for<strong>der</strong>n die<br />

Diktatur im Gegensatz zur Demokratie, nicht für eine vorübergehende Ausnahmesituation,<br />

für welche sie in revolutionären Zeiten notwendig werden kann, son<strong>der</strong>n<br />

als normalen Ersatz <strong>der</strong> Demokratie in <strong>der</strong> Zeit des Übergangs von <strong>der</strong> kapitalistischen<br />

zur sozialistischen Produktionsweise, also für einen Zeitraum, <strong>der</strong><br />

Jahrzehnte umfassen kann. Sie for<strong>der</strong>ten die Diktatur unter allen Umständen,<br />

nicht nur für die bisherigen Militärmonarchien, son<strong>der</strong>n auch für die alten Demokratien<br />

des Westens. Sie for<strong>der</strong>ten die Diktatur <strong>der</strong> Kampforganisationen, die<br />

ihnen zum Siege verholfen hatten, <strong>der</strong> Räte <strong>der</strong> Arbeiter, <strong>der</strong> Soldaten, <strong>der</strong> Bauern.<br />

(Karl Kautsky, Demokratie o<strong>der</strong> Diktatur, Berlin 1920, S. 4 f)<br />

7.2<br />

Für uns also ist Sozialismus ohne Demokratie <strong>und</strong>enkbar. Wir verstehen unter<br />

dem mo<strong>der</strong>nen Sozialismus nicht bloß gesellschaftliche Organisierung <strong>der</strong> Produktion,<br />

son<strong>der</strong>n auch demokratische Organisierung <strong>der</strong> Gesellschaft. Der Sozialismus<br />

ist demnach für uns untrennbar verb<strong>und</strong>en mit Demokratie. Kein Sozialismus<br />

ohne Demokratie. Jedoch ist <strong>der</strong> Satz nicht ohne weiteres umkehrbar.<br />

Demokratie ist sehr wohl möglich ohne Sozialismus...<br />

(Ebenda, S. 8)<br />

7.3<br />

Nun darf man wohl annehmen, daß das Proletariat in <strong>der</strong> Regel nur dort zur Herrschaft<br />

kommen wird, wo es die Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung darstellt o<strong>der</strong> doch<br />

wenigstens hinter sich hat. <strong>Die</strong> Waffe des Proletariats in seinen politischen<br />

Kämpfen ist neben seiner ökonomischen Unentbehrlichkeit seine Massenhaftigkeit.<br />

Nur dort, wo es die Massen, die Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung hinter sich hat,<br />

darf es erwarten, über die Machtmittel <strong>der</strong> herrschenden Klassen zu obsiegen.<br />

Das nahmen auch Marx <strong>und</strong> Engels an.“<br />

(Ebenda, S. 31)<br />

8. Zum ursprünglichen Partei- <strong>und</strong> Revolutionsverständnis in <strong>der</strong><br />

Kommunistischen Internationale (1920)<br />

8.1<br />

§1 <strong>Die</strong> neue internationale Arbeitervereinigung ist geschaffen zur Organisierung<br />

von gemeinsamen Aktionen <strong>der</strong> Proletarier <strong>der</strong> verschiedenen Län<strong>der</strong>, die das<br />

Ziel anstreben: Sturz des Kapitalismus, Errichtung <strong>der</strong> Diktatur des Proletariats<br />

28 Texte


<strong>und</strong> einer internationalen Sowjetrepublik zur vollen Beseitigung <strong>der</strong> Klassen <strong>und</strong><br />

zur Verwirklichung des Sozialismus, dieser ersten Stufe <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Gesellschaft ...<br />

§3 Alle <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien tragen den<br />

Namen ‘Kommunistische Partei des <strong>und</strong> des Landes (Sektion <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale)’...<br />

§4 <strong>Die</strong> höchste Instanz <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale ist <strong>der</strong> Weltkongreß<br />

aller ihr angehörenden Parteien <strong>und</strong> Organisationen... Der Weltkongreß allein ist<br />

berufen, das Programm <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale zu än<strong>der</strong>n. Der<br />

Weltkongreß berät <strong>und</strong> beschließt über die wichtigsten Fragen des Programms<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Taktik ...<br />

Der Weltkongreß wählt das Exekutivkomitee <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale,<br />

welches das leitende Organ <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale in <strong>der</strong> Zeit<br />

zwischen den Weltkongressen <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale ist ...<br />

(Statuten <strong>der</strong> Komintern, angenommen auf dem II. Kongreß (Juli-August 1920),<br />

Der zweite Kongreß <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale, Protokoll <strong>der</strong> Verhandlungen<br />

vom 19. Juli in Petrograd <strong>und</strong> vom 23. Juli bis 7. August 1920 in Moskau,<br />

Hamburg 1921 (Feltrinelli Reprint, Mailand), S. 602 f.)<br />

8.2<br />

Der Bürgerkrieg steht in <strong>der</strong> ganzen Welt auf <strong>der</strong> Tagesordnung. Seine Fahne ist<br />

die Sowjetmacht ... <strong>Die</strong> Bewegung als Ganzes besitzt tief revolutionären Charakter.<br />

Sie ist umfassend <strong>und</strong> unaufhaltsam. Sie dehnt sich aus, festigt sich, reinigt<br />

sich <strong>und</strong> stößt den alten Plun<strong>der</strong> ab. Sie hört nicht eher auf, bis das Weltproletariat<br />

zur Herrschaft gelangt sein wird.<br />

(Manifest des II. Kongresses <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale, Ebenda,<br />

S. 729 f.)<br />

8.3<br />

Der gegenwärtige Augenblick in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> internationalen kommunistischen<br />

Bewegung zeichnet sich dadurch aus, daß die Vorbereitung des Proletariats<br />

auf die Verwirklichung seiner Diktatur in <strong>der</strong> übergroßen Mehrheit <strong>der</strong> kapitalistischen<br />

Län<strong>der</strong> noch nicht beendet, sehr häufig sogar nicht einmal systematisch<br />

begonnen worden ist. Daraus folgt nicht, daß die proletarische Revolution in aller<br />

nächster Zukunft unmöglich ist. Sie ist vollkommen möglich, denn die gesamte<br />

wirtschaftliche <strong>und</strong> politische Lage ist ungewöhnlich reich an Zündstoff <strong>und</strong> an<br />

Anlässen für ihr plötzliches Aufflammen... Aber aus dem Gesagten folgt, daß die<br />

Texte<br />

29


Aufgabe des Augenblicks für die kommunistischen Parteien jetzt darin besteht, die<br />

Revolution zu beschleunigen, ohne sie durch künstliche Mittel hervorzurufen.<br />

(Leitsätze über die Gr<strong>und</strong>aufgaben <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale. Ebenda,<br />

S. 751 f.)<br />

9. Zu Leo Trotzkis Revolutionsverständnis<br />

9.1 Über die „permanente” Revolution (1922)<br />

Gerade in <strong>der</strong> Zeitspanne zwischen dem 9. Januar <strong>und</strong> dem Oktoberstreik 1905<br />

haben sich bei dem Verfasser die Ansichten über den Charakter <strong>der</strong> revolutionären<br />

Entwicklung Rußlands herausgebildet, die die Bezeichnung Theorie <strong>der</strong><br />

‘permanenten Revolution’ erhielten. <strong>Die</strong>se hochgelehrte Bezeichnung brachte<br />

den Gedanken zum Ausdruck, daß die russische Revolution wohl unmittelbar vor<br />

bürgerlichen Zielen steht, jedoch bei ihnen nicht wird stehen bleiben können.<br />

<strong>Die</strong> Revolution wird ihre nächsten bürgerlichen Aufgaben nicht an<strong>der</strong>s lösen<br />

können als dadurch, daß sie das Proletariat an die Macht bringt. <strong>Die</strong>ses aber<br />

wird, nachdem es die Macht erobert hat, sich nicht auf den bürgerlichen Rahmen<br />

beschränken können. Im Gegenteil, gerade zur Sicherung ihres Sieges wird die<br />

proletarische Avantgarde schon in <strong>der</strong> ersten Zeit ihrer Herrschaft tiefste Eingriffe<br />

nicht nur in das feudale, son<strong>der</strong>n auch in das bürgerliche Eigentum vornehmen<br />

müssen. Hierbei wird sie in feindliche Zusammenstöße nicht nur mit<br />

allen Gruppierungen <strong>der</strong> Bourgeoisie geraten, die sie im Anfang ihres revolutionären<br />

Kampfes unterstützt haben, son<strong>der</strong>n auch mit den breiten Massen <strong>der</strong><br />

Bauernschaft, mit <strong>der</strong>en Beihilfe sie zu Macht gekommen ist. <strong>Die</strong> Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

in <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Arbeiterregierung in einem rückständigen Lande mit einer<br />

erdrückenden Mehrheit bäuerlicher Bevölkerung werden nur im internationalen<br />

Maßstab, in <strong>der</strong> Arena <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> des Proletariats ihre Lösung finden<br />

können.<br />

(Leo Trotzki, Das Jahr 1905, Vorwort zur 2. Auflage, Berlin 1922, S. 5 f.)<br />

9.2 Über die Abhängigkeit des sozialistischen Aufbaus in <strong>der</strong> UdSSR<br />

vom Fortgang <strong>der</strong> internationalen Revolution (1922)<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, daß <strong>der</strong> Arbeiterstaat sich in einem, <strong>und</strong> zwar überdies rückständigen<br />

Lande gegen die ganze Welt behaupten konnte, zeugt von <strong>der</strong> kolossalen<br />

Macht des Proletariats, die in an<strong>der</strong>en, fortgeschritteneren, zivilisierteren Län<strong>der</strong>n<br />

fähig sein wird, wahrhaft Wun<strong>der</strong> zu vollbringen. Aber wenn wir uns politisch<br />

<strong>und</strong> militärisch als Staat behauptet haben, so sind wir doch noch nicht zur<br />

30 Texte


Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft gekommen, ja nicht einmal an sie<br />

herangekommen ...<br />

Solange in den übrigen europäischen Staaten die Bourgeoisie an <strong>der</strong> Macht steht,<br />

sind wir gezwungen, im Kampf gegen die ökonomische Isolierung eine Verständigung<br />

mit <strong>der</strong> kapitalistischen Welt zu suchen; gleichzeitig kann mit Bestimmtheit<br />

gesagt werden, daß diese Verständigung uns bestenfalls helfen kann, die<br />

einen o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>en ökonomischen W<strong>und</strong>en zu heilen, den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Schritt vorwärts zu tun, daß aber ein wirklicher Aufschwung <strong>der</strong> sozialistischen<br />

Wirtschaft in Rußland erst nach dem Sieg des Proletariats in den wichtigsten<br />

Län<strong>der</strong>n Europas möglich sein wird.<br />

(Nach J. W. Stalin, <strong>Die</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> die Taktik <strong>der</strong> russischen Kommunisten,<br />

zitiert aus dem Nachwort Leo Trotzkis zu seiner Broschüre „Das <strong>Frieden</strong>sprogramm“,<br />

Josef W. Stalin, Werke, Bd. 6, S. 335 f.)<br />

10. Josef W. Stalin zum Sozialismus in einem Lande (Dez. 1924)<br />

Es ist unzweifelhaft, daß die Universaltheorie des gleichzeitigen Sieges <strong>der</strong><br />

Revolution in den ausschlaggebenden Län<strong>der</strong>n Europas, die Theorie <strong>der</strong> Unmöglichkeit<br />

des Sieges des Sozialismus in einem Lande, sich als künstliche, lebensunfähige<br />

Theorie erwiesen hat ... <strong>Die</strong>se Theorie ist nicht nur als Entwicklungschema<br />

<strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> unannehmbar, denn sie steht im Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

offenk<strong>und</strong>igen Tatsachen. Sie ist noch unannehmbarer als Losung, denn sie för<strong>der</strong>t<br />

nicht, son<strong>der</strong>n hemmt die Initiative <strong>der</strong> einzelnen Län<strong>der</strong>, die infolge gewisser<br />

historischer Bedingungen die Möglichkeit erhalten, die Front des Kapitals<br />

selbständig zu durchbrechen, denn sie spornt nicht zum aktiven Angriff auf das<br />

Kapital in den einzelnen Län<strong>der</strong>n an, son<strong>der</strong>n veranlaßt zum passiven Abwarten<br />

des Augenblicks <strong>der</strong> ‘allgemeinen Entscheidung’ ... Es ist am wahrscheinlichsten,<br />

daß die <strong>Weltrevolution</strong> sich auf dem Wege des revolutionären Ausscheidens<br />

einer Reihe neuer Län<strong>der</strong> aus dem imperialistischen Staatensystem entwickeln<br />

wird, wobei die Proletarier dieser Län<strong>der</strong> von dem Proletariat <strong>der</strong> imperialistischen<br />

Staaten unterstützt werden ... <strong>Die</strong> weltgeschichtliche Bedeutung <strong>der</strong> Oktoberrevolution<br />

besteht nicht nur darin, daß sie <strong>der</strong> großen Initiative eines einzelnen<br />

Landes bei <strong>der</strong> Durchbrechung des Systems des Imperialismus entsprang<br />

<strong>und</strong> die erste Heimstätte des Sozialismus im Ozean <strong>der</strong> imperialistischen Län<strong>der</strong><br />

ist, son<strong>der</strong>n auch darin, daß sie die erste Etappe <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong> <strong>und</strong> eine<br />

mächtige Basis für ihre weitere Entfaltung bildet.<br />

(Josef W. Stalin, <strong>Die</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> die Taktik <strong>der</strong> russischen Kommunisten,<br />

Vorwort zu dem Buch „Auf dem Wege zum Oktober“, Josef W. Stalin, Werke,<br />

Bd. 6, S. 353 - 358)<br />

Texte<br />

31


11. Antonio Gramscis Kritik an <strong>der</strong> KPdSU wegen mangeln<strong>der</strong> internationaler<br />

Verantwortung im Zusammenhang mit den innerparteilichen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen (erste Oktoberhälfte 1926)<br />

Genossen, Ihr wart in diesen neun Jahren <strong>der</strong> Weltgeschichte das organisatorische<br />

<strong>und</strong> vorwärtstreibende Element <strong>der</strong> revolutionären Kräfte aller Län<strong>der</strong>. <strong>Die</strong><br />

Funktion, die Ihr ausgeübt habt, findet in <strong>der</strong> ganzen Geschichte des Menschengeschlechts<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Breite <strong>und</strong> Tiefe nichts Vergleichbares. Heute aber<br />

seid Ihr dabei, Euer Werk zu zerstören; Ihr degradiert die Führungsfunktion, die<br />

die Kommunistische Partei <strong>der</strong> UdSSR durch das Engagement Wladimir I. Lenins<br />

errungen hat, <strong>und</strong> Ihr geht das Risiko ein, sie ganz zu verlieren. Uns scheint,<br />

daß die mit Gewalttätigkeit verb<strong>und</strong>ene Entwicklung <strong>der</strong> russischen Probleme<br />

aus den Augen verlieren läßt, daß Eure Pflichten als russische Kämpfer nur<br />

erfüllt werden können <strong>und</strong> müssen im Rahmen <strong>der</strong> Interessen des internationalen<br />

Proletariats.<br />

<strong>Die</strong> Rolle <strong>der</strong> KPdSU als führende Partei <strong>der</strong> Internationale würden die westeuropäischen<br />

Massen nur in dem Maße freiwillig <strong>und</strong> als historische Notwendigkeit<br />

akzeptieren, wie sie „für die allgemeine Perspektive des Sozialismus tätig ist“.<br />

(Brief an das ZK <strong>der</strong> KPdSU, Antonio Gramsci - vergessener Humanist? Eine Anthologie,<br />

Berlin 1991, S. 71 u. 73)<br />

12. Josef W. Stalin über die internationale Bedeutung <strong>der</strong> Oktoberrevolution<br />

(1927)<br />

<strong>Die</strong> Oktoberrevolution darf nicht nur als eine Revolution ‘im nationalen Rahmen’<br />

betrachtet werden. Sie ist vor allem eine Revolution von internationaler, von<br />

Weltbedeutung, denn sie bedeutet eine gr<strong>und</strong>legende Wendung in <strong>der</strong> Weltgeschichte<br />

<strong>der</strong> Menschheit, die Wendung von <strong>der</strong> alten, <strong>der</strong> kapitalistischen Welt<br />

zu <strong>der</strong> neuen, <strong>der</strong> sozialistischen Welt ... Man könnte eine Reihe von gr<strong>und</strong>legenden<br />

Fragen nennen, in denen die Oktoberrevolution auf die Entwicklung <strong>der</strong><br />

revolutionären Bewegung in <strong>der</strong> ganzen Welt einwirkt.<br />

1. <strong>Die</strong> Oktoberrevolution ist vor allem dadurch bedeutsam, daß sie die Front des<br />

Weltimperialismus durchbrochen, die imperialistische Bourgeoisie in einem <strong>der</strong><br />

größten kapitalistischen Län<strong>der</strong> gestürzt <strong>und</strong> das sozialistische Proletariat an die<br />

Macht gebracht hat...<br />

Das bedeutet, das die Oktoberrevolution eine neue Epoche eröffnet hat, die Epoche<br />

<strong>der</strong> proletarischen Revolutionen in den Län<strong>der</strong>n des Imperialismus ...<br />

Dadurch hat die Oktoberrevolution die Lüge <strong>der</strong> Sozialdemokraten entlarvt, daß<br />

32 Texte


heute ein friedlicher Übergang zum Sozialismus auf dem Wege über den bürgerlichen<br />

Parlamentarismus möglich sei ...<br />

2. <strong>Die</strong> Oktoberrevolution hat den Imperialismus nicht allein in den Zentren seiner<br />

Herrschaft, nicht allein in den ‘Mutterlän<strong>der</strong>n’ erschüttert. Sie hat auch einen<br />

Schlag gegen das Hinterland des Imperialismus, gegen seine Peripherie geführt<br />

<strong>und</strong> die Herrschaft des Imperialismus in den kolonialen <strong>und</strong> abhängigen Län<strong>der</strong>n<br />

untergraben ... Das bedeutet, das die Oktoberrevolution eine neue Epoche eröffnet<br />

hat, die Epoche <strong>der</strong> kolonialen Revolutionen, die in den unterdrückten Län<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Welt im B<strong>und</strong>e mit dem Proletariat <strong>und</strong> unter Führung des Proletariats<br />

durchgeführt werden ...<br />

3. <strong>Die</strong> Oktoberrevolution, die die Saat <strong>der</strong> Revolution sowohl in den Zentren des<br />

Kapitalismus als auch in seinem Hinterland ausstreute, die Macht des Imperialismus<br />

in den ‘Mutterlän<strong>der</strong>n’ schwächte <strong>und</strong> seine Herrschaft in den Kolonien<br />

erschütterte, hat dadurch die Existenz des Weltkapitalismus als Ganzes in Frage<br />

gestellt ... Das bedeutet, daß die Oktoberrevolution dem Weltkapitalismus eine<br />

tödliche W<strong>und</strong>e geschlagen hat, von <strong>der</strong> er sich nie mehr erholen wird. Eben<br />

darum wird <strong>der</strong> Kapitalismus nie mehr das ‘Gleichgewicht’ <strong>und</strong> die ‘Stabilität’<br />

wie<strong>der</strong>erlangen, die er vor dem Oktober besaß ...<br />

4. <strong>Die</strong> Oktoberrevolution darf nicht nur als eine Revolution auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

ökonomischen <strong>und</strong> gesellschaftlich-politischen Beziehungen betrachtet werden.<br />

Sie ist zugleich eine Revolution in den Köpfen, eine Revolution in <strong>der</strong> Ideologie<br />

<strong>der</strong> Arbeiterklasse. <strong>Die</strong> Oktoberrevolution wurde geboren <strong>und</strong> erstarkte unter<br />

dem Banner des Marxismus, unter dem Banner <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Diktatur des Proletariats,<br />

unter dem Banner des Leninismus, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Marxismus <strong>der</strong> Epoche des<br />

Imperialismus <strong>und</strong> <strong>der</strong> proletarischen Revolutionen ist. Sie bedeutet daher den<br />

Sieg des Marxismus über den Reformismus, den Sieg des Leninismus über den<br />

Sozialdemokratismus, den Sieg <strong>der</strong> III. Internationale über die II. Internationale<br />

... Von nun an ist <strong>der</strong> einzige Träger <strong>und</strong> das einzige Bollwerk des Marxismus <strong>der</strong><br />

Leninismus, <strong>der</strong> Kommunismus ... Es ist unmöglich, dem Kapitalismus ein Ende<br />

zu bereiten, ohne dem Sozialdemokratismus in <strong>der</strong> internationalen Arbeiterbewegung<br />

ein Ende bereitet zu haben. Deshalb ist die Ära des Sterbens des Kapitalismus<br />

zugleich die Ära des Sterbens des Sozialdemokratismus in <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />

... Ausgebrochen ist die Ära <strong>der</strong> Herrschaft des Leninismus <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

III. Internationale.<br />

(Josef W. Stalin, Der internationale Charakter <strong>der</strong> Oktoberrevolution, Zum 10. Jahrestag<br />

des Oktober, Josef W. Stalin, Werke, Bd. 10, S. 207 - 216)<br />

Texte<br />

33


13. Josef W. Stalin für eine zeitweilige Koexistenz mit den kapitalistischen<br />

Staaten (Dez. 1927)<br />

Wir dürfen die Worte Lenins nicht vergessen, daß sehr viel für unseren Aufbau<br />

davon abhängt, ob es uns gelingen wird, den <strong>Krieg</strong> mit <strong>der</strong> kapitalistischen Welt<br />

hinauszuzögern, <strong>der</strong> unvermeidlich ist, den man aber hinauszögern kann, entwe<strong>der</strong><br />

bis zu dem Moment, da die proletarische Revolution in Europa herangereift<br />

ist, o<strong>der</strong> bis zu dem Moment, da die kolonialen Revolutionen vollständig reif<br />

geworden sind, o<strong>der</strong> endlich bis zu dem Moment, da die Kapitalisten einan<strong>der</strong><br />

wegen <strong>der</strong> Aufteilung <strong>der</strong> Kolonien in die Haare geraten. Deshalb ist für uns die<br />

Aufrechterhaltung friedlicher Beziehungen zu den kapitalistischen Län<strong>der</strong>n eine<br />

unerläßliche Aufgabe. <strong>Die</strong> Gr<strong>und</strong>lage unserer Beziehungen zu den kapitalistischen<br />

Län<strong>der</strong>n besteht darin, daß wir ein Nebeneinan<strong>der</strong>bestehen <strong>der</strong> beiden<br />

entgegengesetzten <strong>Systeme</strong> für möglich halten.<br />

(Josef W. Stalin, Der XV. Parteitag <strong>der</strong> KPdSU (B). Politischer Rechenschaftsbericht<br />

des Zentralkomitees, Josef W. Stalin, Werke, Bd. 10, S. 250 f.)<br />

14. Josef W. Stalin über die Verteidigung <strong>der</strong> Sowjetunion als wichtiges<br />

Prinzip des Internationalismus (1927)<br />

Ein Revolutionär ist, wer ohne Vorbehalte, bedingungslos, offen <strong>und</strong> ehrlich,<br />

ohne militärische Geheimberatungen bereit ist, die UdSSR zu schützen <strong>und</strong> zu<br />

verteidigen, denn die UdSSR ist <strong>der</strong> erste revolutionäre proletarische Staat in <strong>der</strong><br />

Welt, <strong>der</strong> den Sozialismus aufbaut. Ein Internationalist ist, wer vorbehaltlos,<br />

ohne zu schwanken, ohne Bedingungen zu stellen, bereit ist, die UdSSR zu<br />

schützen, weil die UdSSR die Basis <strong>der</strong> revolutionären Bewegung <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt ist; diese revolutionäre Bewegung zu schützen <strong>und</strong> voranzubringen ist aber<br />

nicht möglich, ohne die UdSSR zu schützen. Denn wer die internationale revolutionäre<br />

Bewegung zu schützen gedenkt <strong>und</strong> dabei die UdSSR nicht schützen will<br />

o<strong>der</strong> sich gegen sie stellt, <strong>der</strong> stellt sich gegen die Revolution, <strong>der</strong> gleitet unwi<strong>der</strong>ruflich<br />

ins Lager <strong>der</strong> Feinde <strong>der</strong> Revolution hinab.<br />

Angesichts <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sgefahr sind jetzt zwei Lager entstanden <strong>und</strong> dementsprechend<br />

zwei Positionen: die Position des bedingungslosen Schutzes <strong>der</strong> UdSSR<br />

<strong>und</strong> die Position des Kampfes gegen die UdSSR. Zwischen ihnen gilt es, die Wahl<br />

zu treffen, denn eine dritte Position gibt es nicht <strong>und</strong> kann es nicht geben. Neutralität<br />

in dieser Sache, Schwanken, Vorbehalte, Suche nach einer dritten Position<br />

bedeuten den Versuch, sich <strong>der</strong> Verantwortung zu entziehen, dem bedingungslosen<br />

Kampf für den Schutz <strong>der</strong> UdSSR aus dem Wege zu gehen, in einem<br />

für die UdSSR höchst entscheidenden Moment fahnenflüchtig zu werden. Was<br />

34 Texte


aber bedeutet, sich <strong>der</strong> Verantwortung zu entziehen? Das bedeutet, unmerklich<br />

ins Lager <strong>der</strong> Gegner <strong>der</strong> UdSSR hinabzugleiten.<br />

(Josef W. Stalin, <strong>Die</strong> internationale Lage <strong>und</strong> die Verteidigung <strong>der</strong> UdSSR, Rede<br />

auf dem Vereinigten Plenum des ZK <strong>und</strong> <strong>der</strong> ZKK <strong>der</strong> KPdSU, Josef W. Stalin,<br />

Werke, Bd. 10, S. 45)<br />

15. Der VI. Kongreß <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale 1928.<br />

15.1 Zum Parteikonzept<br />

§ 1 <strong>Die</strong> Kommunistische Internationale ... ist die Vereinigung <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Parteien <strong>der</strong> verschiedenen Län<strong>der</strong> zu einer einheitlichen Weltpartei. ...<br />

Sie kämpft für die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Ziele des Kommunismus, für die Aufrichtung<br />

<strong>der</strong> Weltdiktatur des Proletariats, für die Errichtung eine Weltunion sozialistischer<br />

Sowjetrepubliken ...<br />

§ 5 <strong>Die</strong> Kommunistische Internationale <strong>und</strong> ihre Sektionen sind auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />

des demokratischen Zentralismus aufgebaut.<br />

(Statut <strong>der</strong> Komintern, Protokoll, Sechster Weltkongreß <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale. Moskau, 17. Juli - 1. September 1928. Bd. IV, Thesen. Resolutionen.<br />

Programm. Statuten, Hamburg Berlin 1929 (Feltrinelli Reprint, Mailand),<br />

S. 101)<br />

15.2 Zum unvermeidlichen Fortgang <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong><br />

Der Imperialismus führt mit eherner Notwendigkeit zur proletarischen <strong>Weltrevolution</strong>.<br />

(Programm <strong>der</strong> Komintern, Ebenda, S. 45)<br />

15.3 Über die Sozialdemokratie als konterrevolutionäre Kraft<br />

Zur systematischen Durchführung dieser konterrevolutionären Politik bedient<br />

sich die Sozialdemokratie ihrer beiden Flügel: <strong>der</strong> rechte, offen konterrevolutionäre<br />

Flügel ist unentbehrlich für Verhandlungen <strong>und</strong> die unmittelbare Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> Bourgeoisie, während <strong>der</strong> ‘linke’ beson<strong>der</strong>s feingesponnene<br />

Betrugsmanöver an <strong>der</strong> Arbeiterschaft durchzuführen hat... <strong>Die</strong> ‘linke’ Sozialdemokratie<br />

/”Otto Bauer <strong>und</strong> Konsorten”/ ist daher die gefährlichste Fraktion <strong>der</strong><br />

sozialdemokratischen Parteien.<br />

(Programm <strong>der</strong> Komintern, Ebenda, S. 45 u. 56)<br />

Texte<br />

35


16. Leo Trotzki zu Stalins Konzept vom Sozialismus in einem Lande<br />

<strong>und</strong> zum Programm <strong>der</strong> Komintern von 1928 (1929)<br />

16.1<br />

<strong>Die</strong> neue Lehre lautet: Der Sozialismus kann auf dem Boden eines nationalen<br />

Staates aufgebaut werden, wenn nur nicht eine Intervention dazwischen kommt.<br />

Daraus kann <strong>und</strong> muß trotz aller feierlichen Versicherungen in dem Programm<br />

unbedingt eine Verständigungspolitik gegenüber <strong>der</strong> ausländischen Bourgeoisie<br />

entspringen. Das Ziel ist die Umgehung einer Intervention, denn dadurch wird ja<br />

<strong>der</strong> Aufbau des Sozialismus gesichert, d. h. also eine historische Gr<strong>und</strong>frage<br />

gelöst. <strong>Die</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Parteien <strong>der</strong> Komintern bekommen dadurch lediglich<br />

einen Hilfscharakter. Sie sollen die UdSSR vor einer Intervention schützen <strong>und</strong><br />

nicht etwa für die Eroberung <strong>der</strong> Macht kämpfen. Es handelt sich hierbei natürlich<br />

nicht um subjektive Absichten, son<strong>der</strong>n um die objektive Logik des politischen<br />

Gedankens.<br />

(Leo Trotzki, <strong>Die</strong> Internationale Revolution <strong>und</strong> die Kommunistische Internationale,<br />

Berlin 1929, S. 63)<br />

16.2<br />

<strong>Die</strong> Theorie des Sozialismus in einem Lande muß unabwendbar zu einer Unterschätzung<br />

<strong>der</strong> Schwierigkeiten, die man überwinden muß, <strong>und</strong> zu einer Übertreibung<br />

<strong>der</strong> erreichten Erfolge führen. Man könnte wirklich keine an<strong>der</strong>e Behauptung<br />

finden, die mehr antisozialistisch <strong>und</strong> konterrevolutionär wäre wie die<br />

Erklärung Stalins, daß <strong>der</strong> Sozialismus bei uns bereits zu neun Zehnteln verwirklicht<br />

sei ... Auf diese Weise kann man die Idee <strong>der</strong> sozialistischen Gesellschaft<br />

in den Augen <strong>der</strong> arbeitenden Massen nur hoffnungslos kompromittieren.<br />

<strong>Die</strong> Erfolge des Sowjetproletariats sind grandios ... Doch alle diese Errungenschaften<br />

bilden eine recht kleine Größe auf <strong>der</strong> Waage des sozialistischen Ideals<br />

... Wir müssen ihnen /den Arbeitern, Bauern etc./ sagen, daß wir nur dann auf<br />

den Weg eines wirklichen sozialistischen Aufbaus gelangen werden, wenn das<br />

Proletariat in den fortgeschritteneren Län<strong>der</strong>n die Macht ergreifen wird, <strong>und</strong> daß<br />

wir, ohne die Hände in den Schoß zu legen, unermüdlich daran arbeiten müssen.<br />

Und zwar müssen wir dabei mit zwei Hebeln arbeiten: sowohl mit dem kurzen<br />

Hebel unserer inneren wirtschaftlichen Anstrengungen, wie mit dem langen<br />

Hebel des internationalen Kampfes des Proletariats.<br />

(Ebenda, S. 66 f)<br />

36<br />

Texte


16.3<br />

Der Marxismus hatte stets schon die Arbeiterschaft gelehrt, daß sogar <strong>der</strong> Kampf<br />

um den Arbeitslohn <strong>und</strong> den Arbeitstag nur dann erfolgreich geführt werden<br />

kann, wenn er als ein internationaler Kampf geführt wird. Und nun stellt sich<br />

heraus, daß das Ideal <strong>der</strong> sozialistischen Gesellschaft nur durch nationale Kräfte<br />

verwirklicht werden kann. Das ist ein tödlicher Schlag gegen die Internationale.<br />

(Ebenda, S. 72)<br />

17.Leo Trotzki über die <strong>Die</strong>nstbarmachung <strong>der</strong> Komintern für<br />

sowjetische Interessen (1936)<br />

Je weniger die Kremlpolitik sich von ihrem ehemaligen Internationalismus leiten<br />

ließ, um so fester nahm die herrschende Spitze das Ru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Komintern in die<br />

Hand. Unter dem alten Namen mußte die Komintern nunmehr neuen Zielen dienen.<br />

Für die neuen Ziele bedurfte es jedoch neuer Menschen.<br />

(Leo Trotzki, Verratene Revolution, Zürich 1957, S. 182)<br />

18. <strong>Die</strong> KPD über einen demokratischen Weg aus <strong>der</strong> Katastrophe<br />

(Juni 1945)<br />

Mit <strong>der</strong> Vernichtung des Hitlerismus gilt es gleichzeitig, die Sache <strong>der</strong> Demokratisierung<br />

Deutschlands, die Sache <strong>der</strong> bürgerlich-demokratischen Umbildung,<br />

die 1848 begonnen wurde, zu Ende zu führen ... Wir sind <strong>der</strong> Auffassung,<br />

daß <strong>der</strong> Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn<br />

dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in<br />

Deutschland.<br />

Wir sind vielmehr <strong>der</strong> Auffassung, daß die entscheidenden Interessen des deutschen<br />

Volkes in <strong>der</strong> gegenwärtigen Lage für Deutschland einen an<strong>der</strong>en Weg vorschreiben,<br />

<strong>und</strong> zwar den Weg <strong>der</strong> Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen<br />

Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen<br />

Rechten <strong>und</strong> Freiheiten für das Volk.<br />

(Aufruf des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei Deutschland, 11. Juni<br />

1945, Dokumente zur Geschichte <strong>der</strong> SED, Bd. 2 1945 bis 1971, Berlin 1988,<br />

S. 12)<br />

Texte<br />

37


19. Georgi Dimitroff über den nationalen Weg Bulgariens zum Sozialismus<br />

(Februar 1946)<br />

Vom Standpunkt unserer Partei aus, <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Arbeiterklasse, <strong>der</strong> Partei des<br />

werktätigen Volkes, bedeutet heute <strong>und</strong> in Zukunft die Verwirklichung des Programms<br />

<strong>der</strong> Vaterländischen Front in <strong>der</strong> Tat <strong>und</strong> bis zum Schluß die Schaffung<br />

<strong>der</strong> notwendigen Voraussetzungen, die es unserem Volk gestatten würden, zum<br />

Sozialismus überzugehen. Und es ist bekannt, daß die Zukunft aller Völker letzten<br />

Endes in <strong>der</strong> Verwirklichung des Sozialismus liegt. Aber heute sind die<br />

Bedingungen des Kampfes für den Sozialismus an<strong>der</strong>s als 1917-18 im zarsitischen<br />

Rußland, als die Oktioberrevolution durchgeführt wurde. Seitdem sind ...<br />

fast drei Jahrzehnte vergangen, <strong>und</strong> die Sowjetunion wuchs als sozialistische<br />

Großmacht <strong>der</strong> Welt heran. Im Großen Vaterländischen <strong>Krieg</strong> bewies dieses Land<br />

des Sozialismus größte Lebensfähigkeit, gab den größten Einsatz für den Sieg<br />

über den Faschismus, für die Rettung <strong>der</strong> Zivilisation Europas <strong>und</strong> <strong>der</strong> Welt. Das<br />

hatte <strong>und</strong> hat auf die gesamte internationale Entwicklung einen gewaltigen Einfluß.<br />

Als Ergebnis des <strong>Krieg</strong>es vollzogen sich große demokratische Umwälzungen<br />

in vielen Län<strong>der</strong>n ... Im übrigen stellen das Bestehen eines so großen sozialistischen<br />

Staates wie die Sowjetunion <strong>und</strong> die historischen demokratischen Umwälzungen,<br />

die sich nach dem <strong>Krieg</strong> vollzogen, vielen Län<strong>der</strong>n die Frage <strong>der</strong> Verwirklichung<br />

des Sozialismus als Frage <strong>der</strong> Zusammenarbeit <strong>der</strong> Arbeiterklasse<br />

mit den Bauern, Handwerkern, <strong>der</strong> Intelligenz <strong>und</strong> den an<strong>der</strong>en progressiven<br />

Schichten des Volkes. Wenn auch bei uns in Bulgarien eines Tages die Frage des<br />

Übergangs unseres Volkes von <strong>der</strong> heutigen Gesellschaftsordnung zu einer neuen<br />

sozialistischen Ordnung gestellt wird, dann werden die Kommunisten, gestützt<br />

auf das Volk, die neue sozialistische Gesellschaftsordnung gemeinsam mit den<br />

Bauern, Handwerken, <strong>der</strong> Intelligenz als historisches Werk des ganzen Volkes<br />

aufbauen. <strong>Die</strong>ser Weg <strong>der</strong> gesellschaftlichen Entwicklung ... wird manchem vielleicht<br />

als zu langsam erscheinen. Aber er ist nicht nur möglich <strong>und</strong> real, son<strong>der</strong>n<br />

zweifellos viel schmerzloser für die Völker. Und deshalb erklären wir Kommunisten<br />

offen <strong>und</strong> ohne Scheu, daß wir unter den heutigen Bedingungen eben diesen<br />

Weg vorziehen, weil er ein realer <strong>und</strong> schmerzloser Weg zum Sozialismus ist.<br />

Und daß die Völker, die großen <strong>und</strong> die kleinen, zum Sozialismus übergehen werden,<br />

daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen, denn <strong>der</strong> Sozialismus ist eine<br />

historische Notwendigkeit ... Das Problem besteht darin <strong>und</strong> wir als Marxisten<br />

müssen es gut verstehen: Nicht jedes Volk wird auf dem gleichen schablonen-<br />

38 Texte


haften Weg zum Sozialismus gelangen, son<strong>der</strong>n auf seine Art - abhängig von seinen<br />

historischen, nationalen, sozialen, kulturellen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Bedingungen.<br />

(Georgi Dimitroff, <strong>Die</strong> historische Berufung <strong>der</strong> Bulgarischen Arbeiterpartei (K),<br />

Rede auf <strong>der</strong> Sofioter Bezirkskonferenz <strong>der</strong> Bulgarischen Arbeiterpartei (K) vom<br />

26. Februar 1946, Ausgewählte Werke, Bd. 2, Sofia-Press 1976, S. 174 f. (deutsch))<br />

20. Anton Ackermann über einen beson<strong>der</strong>en deutschen Weg zum<br />

Sozialismus (Februar 1946)<br />

<strong>Die</strong> Frage nach einem beson<strong>der</strong>en deutschen Weg zum Sozialismus ist ... weniger<br />

eine theoretische Frage, als die <strong>der</strong> praktischen Politik, d. h. es ist die Frage, ob<br />

die deutsche Arbeiterschaft im B<strong>und</strong>e mit allen fortschrittlichen Schichten des<br />

schaffenden Volkes den entscheidenden Einfluß auf die demokratische Neugestaltung<br />

Deutschlands gewinnt o<strong>der</strong> nicht ... Auf welchem Wege <strong>und</strong> in welchem<br />

Tempo Deutschland künftig zum Sozialismus schreiten wird, das hängt ausschließlich<br />

davon ab, in welchem Tempo jetzt die Einheitspartei verwirklicht wird!<br />

Damit ist die Antwort auf die Möglichkeit einer beson<strong>der</strong>en Entwicklung in<br />

Deutschland gegeben, soweit es die Gr<strong>und</strong>züge des Überganges vom Kapitalismus<br />

zum Sozialismus betrifft. Für Deutschland wie jedes an<strong>der</strong>e Land gilt, daß<br />

es ohne die Aufrichtung <strong>der</strong> ganzen Macht <strong>der</strong> Arbeiterklasse keinen Aufbau des<br />

Sozialismus geben kann. Ob die Arbeiterklasse vom gegenwärtigen Ausgangspunkt<br />

auf friedlichem Wege <strong>und</strong> unter Beschränkung auf rein gesetzliche Mittel<br />

in den Besitz <strong>der</strong> ganzen Macht kommen kann, darüber entscheiden die nächsten<br />

Wochen <strong>und</strong> Monate. Und dies in dem Sinne, ob die demokratische Republik von<br />

neuem Gewaltinstrument in den Händen reaktionärer Kräfte wird o<strong>der</strong> ein fortschrittlicher<br />

Staat, <strong>der</strong> für eine spätere Entwicklung zum Sozialismus kein unüberwindbares<br />

Hin<strong>der</strong>nis bilden wird ...<br />

In allen Dingen, die nicht die oben bezeichneten Gr<strong>und</strong>fragen <strong>der</strong> Umwälzung<br />

zum Sozialismus betreffen, wird in diesem o<strong>der</strong> jenem Falle die Entwicklung in<br />

Deutschland zweifellos einen weitgehend spezifischen Charakter tragen. O<strong>der</strong><br />

mit an<strong>der</strong>en Worten: im einzelnen werden sich die starken Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong><br />

historischen Entwicklung unsers Volkes, seine politischen <strong>und</strong> nationalen Eigenheiten,<br />

die beson<strong>der</strong>en Züge seiner Wirtschaft <strong>und</strong> seiner Kultur außerordentlich<br />

stark ausprägen.<br />

(Anton Ackermann, Gibt es einen beson<strong>der</strong>en deutschen Weg zum Sozialismus?,<br />

Einheit, Februar 1946, Heft 1, S.30 f.)<br />

Texte<br />

39


21. Maurice Thorez über Frankreichs Weg zum Sozialismus (Nov.<br />

1946)<br />

Der Fortschritt <strong>der</strong> Demokratie in <strong>der</strong> ganzen Welt, von wenigen Ausnahmen<br />

abgesehen, bestätigt die Regel, daß es möglich ist, für den Weg zum Sozialismus<br />

an<strong>der</strong>e Wege als jenen anzuvisieren, den die russischen Kommunisten befolgen.<br />

Auf jeden Fall ist für ein jedes Land <strong>der</strong> Weg notwendigerweise verschieden. Wir<br />

haben immer gemeint <strong>und</strong> erklärt, daß das Volk Frankreichs, reich an ruhmvoller<br />

Tradition, selbst seinen Weg zu mehr Demokratie, Fortschritt <strong>und</strong> sozialer<br />

Gerechtigkeit finden wird. Doch lehrt die Geschichte, daß es keinen Fortschritt<br />

ohne Kampf geben kann.<br />

(Interview <strong>der</strong> Times, 18. November 1946, mit M. Thorez, Cahiers du communisme,<br />

novembre 1946)<br />

22. Andrei A. Shdanow über die Spaltung <strong>der</strong> Welt in zwei Lager<br />

(Sep. 1947)<br />

Je größer die Periode ist, die uns vom <strong>Krieg</strong>sende trennt, desto krasser treten<br />

zwei Hauptrichtungen in <strong>der</strong> internationalen Nachkriegspolitik hervor, die die<br />

Teilung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Weltarena wirkenden politischen Kräfte in zwei Hauptlager<br />

entsprechen: das imperialistische <strong>und</strong> antidemokratische Lager einerseits <strong>und</strong><br />

das antiimperialistische <strong>und</strong> demokratische Lager an<strong>der</strong>erseits.<br />

(Andrei A. Shdanow, Über die internationale Lage, Vortrag, gehalten auf <strong>der</strong> Internationalen<br />

Beratung von Vetretern einiger kommunistischer Parteien in Polen Ende<br />

September 1947, Berlin 1951, S. 12)<br />

23. Michail A. Suslow über zwei Linien <strong>und</strong> zwei Lager in <strong>der</strong> Weltpolitik<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit (Nov. 1949)<br />

In den verflossenen zwei Jahren traten die zwei Linien in <strong>der</strong> Weltpolitik noch<br />

klarer <strong>und</strong> schärfer hervor: die Linie des von <strong>der</strong> UdSSR geleiteten demokratischen,<br />

antiimperialistischen Lagers, das einen beharrlichen <strong>und</strong> konsequenten<br />

Kampf gegen die imperialistische Reaktion, für Völkerfrieden <strong>und</strong> für Demokratie<br />

führt, <strong>und</strong> die Linie des von den USA geleiteten imperialistischen, antidemokratischen<br />

Lagers, des Lagers, dessen Hauptziel die Versklavung frem<strong>der</strong> Län<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Völker, die gewaltsame Errichtung <strong>der</strong> anglo-amerikanischen Weltherrschaft,<br />

die Zerschlagung <strong>der</strong> demokratischen Kräfte <strong>und</strong> die Entfesselung eines<br />

neuen <strong>Krieg</strong>es ist. Der Kampf zwischen diesen entgegengesetzten Lagern hat sich<br />

verschärft. <strong>Die</strong> Aggressivität des imperialistischen Lagers hat sich noch mehr<br />

verstärkt.<br />

40 Texte


(Michail A. Suslow, Verteidigung des <strong>Frieden</strong>s <strong>und</strong> Kampf gegen die <strong>Krieg</strong>streiber,<br />

Referat in <strong>der</strong> Beratung des Informationsbüros <strong>der</strong> kommunistischen Parteien in<br />

<strong>der</strong> zweiten Novemberhälfte 1949, Verteidigung des <strong>Frieden</strong>s <strong>und</strong> Kampf gegen die<br />

<strong>Krieg</strong>streiber, Reden <strong>und</strong> Beschlüsse auf <strong>der</strong> Beratung des Informationsbüros <strong>der</strong><br />

kommunistischen Parteien im November 1949 in Ungarn, Stellungnahme des Politbüro<br />

<strong>der</strong> SED zu den Beschlüssen, Berlin o. J., S. 6)<br />

24. Nikita S. Chruschtschow über das Wesen friedlicher Koexistenz<br />

zwischen den entgegengesetzten <strong>Systeme</strong>n (1956)<br />

Das Leninsche Prinzip <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz von Staaten mit verschiedener<br />

sozialer Ordnung war <strong>und</strong> bleibt die Generallinie <strong>der</strong> Außenpolitik unseres Landes<br />

... Es ist ... bekannt, daß wir uns mit <strong>der</strong> gleichen Beharrlichkeit auch früher,<br />

seit den ersten Jahren <strong>der</strong> Sowjetmacht, für die friedliche Koexistenz eingesetzt<br />

haben. Folglich ist das kein taktischer Schachzug, son<strong>der</strong>n das Gr<strong>und</strong>prinzip <strong>der</strong><br />

sowjetischen Außenpolitik.<br />

Friedliche Koexistenz <strong>der</strong> Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung o<strong>der</strong><br />

verheeren<strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> - nur so steht heute die Frage. Einen an<strong>der</strong>en Weg gibt es<br />

nicht. <strong>Die</strong> Kommunisten verwerfen entschieden die amerikanische Doktrin des<br />

kalten <strong>Krieg</strong>es <strong>und</strong> des ‘Balancierens am Rande des <strong>Krieg</strong>es’ als eine Politik, die<br />

zur thermonuklearen Katastrophe führt ... <strong>Die</strong> Politik <strong>der</strong> friedliche Koexistenz<br />

entspricht den gr<strong>und</strong>legenden Interessen aller Völker, aller Menschen, die keine<br />

neuen blutigen <strong>Krieg</strong>e wünschen <strong>und</strong> für einen dauerhaften <strong>Frieden</strong> kämpfen.<br />

<strong>Die</strong>se Politik trägt zur Festigung <strong>der</strong> Positionen des Sozialismus, zur Verstärkung<br />

des Ansehens <strong>und</strong> internationalen Einflusses <strong>der</strong> sozialistischen Län<strong>der</strong> bei. Sie<br />

erhöht das Ansehen <strong>und</strong> den Einfluß <strong>der</strong> kommunistischen Parteien in den kapitalistischen<br />

Län<strong>der</strong>n. Der Friede ist ein treuer B<strong>und</strong>esgenosse des Sozialismus;<br />

denn die Zeit arbeitet für den Sozialismus, gegen den Kapitalismus. Der Kurs auf<br />

die friedliche Koexistenz bedeutet Mobilisierung <strong>der</strong> Massen, tatkräftige Aktionen<br />

gegen die Feinde des <strong>Frieden</strong>s. Friedliche Koexistenz bedeutet im Gegensatz<br />

zu den Behauptungen <strong>der</strong> Revisionisten keineswegs Verzicht auf den Klassenkampf.<br />

<strong>Die</strong> Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung ist<br />

eine Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus <strong>und</strong> Kapitalismus. Bei<br />

friedlicher Koexistenz entstehen günstige Möglichkeiten <strong>der</strong> Entfaltung des Klassenkampfes<br />

in den kapitalistischen Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> nationalen Befreiungsbewegung<br />

<strong>der</strong> Völker in den kolonialen <strong>und</strong> abhängigen Län<strong>der</strong>n. Ihrerseits tragen<br />

die Erfolge des revolutionären Klassenkampfes <strong>und</strong> des nationalen Befreiungskampfes<br />

zur Festigung <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz bei.<br />

(Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees <strong>der</strong> KPdSU an den XX. Parteitag, Referat<br />

von Genossen Nikita S. Chruschtschow, dem Ersten Sekretär des ZK <strong>der</strong><br />

KPdSU, gehalten am 14. Februar 1956, Berlin 1956, S. 36 - 38)<br />

Texte<br />

41


25. Zum Epocheverständnis <strong>der</strong> internationalen kommunistischen<br />

Bewegung (1960)<br />

Unsere Epoche, <strong>der</strong>en Hauptinhalt <strong>der</strong> durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution<br />

eingeleitete Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ist, ist die<br />

Epoche des Kampfes <strong>der</strong> beiden entgegengesetzten Gesellschaftssysteme, die<br />

Epoche <strong>der</strong> sozialistischen Revolutionen <strong>und</strong> <strong>der</strong> nationalen Befreiungsrevolutionen,<br />

die Epoche des Zusammenbruchs des Imperialismus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Liquidierung<br />

des Kolonialsystems, die Epoche des Übergangs immer neuer Völker auf<br />

den Weg des Sozialismus, die Epoche des Triumphes des Sozialismus <strong>und</strong> Kommunismus<br />

im Weltmaßstab.<br />

Es ist das Hauptmerkmal unserer Zeit, daß das sozialistische Weltsystem zum<br />

ausschlaggebenden Faktor <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft wird<br />

... Das sozialistische Weltsystem <strong>und</strong> die Kräfte, die gegen den Imperialismus,<br />

für die sozialistische Umgestaltung <strong>der</strong> Gesellschaft kämpfen, bestimmen den<br />

Hauptinhalt, die Hauptrichtung <strong>und</strong> die Hauptmerkmale <strong>der</strong> historischen Entwicklung<br />

<strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft in <strong>der</strong> gegenwärtigen Epoche. Keine<br />

noch so krampfhaften Bemühungen des Imperialismus können dem Fortschritt<br />

<strong>der</strong> Geschichte Einhalt gebieten. Es sind feste Voraussetzungen für weitere entscheidende<br />

Siege des Sozialismus geschaffen. Der volle Sieg des Sozialismus ist<br />

unausbleiblich.<br />

(Erklärung <strong>der</strong> Beratung von Vertretern <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien,<br />

November 1960, Berlin 1960, S. 10 f.)<br />

26. <strong>Die</strong> internationale kommunistische Bewegung über den Fortgang<br />

des weltrevolutionären Prozesses (1969)<br />

26.1 Zur Systemauseinan<strong>der</strong>setzung, zur Rolle des Sozialismus <strong>und</strong><br />

zum Wesen des Internationalismus<br />

In das letzte Drittel unseres Jahrhun<strong>der</strong>ts ist die Menschheit in einer Situation<br />

eingetreten, in <strong>der</strong> sich die geschichtliche Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen den<br />

Kräften des Fortschritts <strong>und</strong> <strong>der</strong> Reaktion, zwischen Sozialismus <strong>und</strong> Imperialismus<br />

zuspitzt. Schauplatz dieser Auseinan<strong>der</strong>setzung ist die ganze Welt, sind die<br />

wichtigsten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens: die Wirtschaft, die Politik,<br />

die Ideologie <strong>und</strong> die Kultur.<br />

<strong>Die</strong> internationale revolutionäre Bewegung setzt ihre Offensive fort, trotz Schwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> Mißerfolge einzelner Abteilungen ... Heute bestehen reale Möglichkeiten,<br />

die wichtigsten Probleme <strong>der</strong> Gegenwart im Interesse des <strong>Frieden</strong>s,<br />

42<br />

Texte


<strong>der</strong> Demokratie <strong>und</strong> des Sozialismus zu lösen, dem Imperialismus neue Schläge<br />

zu versetzen ... Der im Weltmaßstab bestehende Gr<strong>und</strong>wi<strong>der</strong>spruch zwischen<br />

dem Imperialismus <strong>und</strong> dem Sozialismus vertieft sich ... Der Imperialismus ist<br />

außerstande, seine verlorene historische Initiative wie<strong>der</strong>zuerlangen, das Rad<br />

<strong>der</strong> Geschichte zurückzudrehen. <strong>Die</strong> Hauptrichtung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

Menschheit wird vom sozialistischen Weltsystem, von <strong>der</strong> internationalen Arbeiterklasse,<br />

von allen revolutionären Kräften bestimmt ... Das sozialistische Weltsystem<br />

ist die entscheidende Kraft im antiimperialistischen Kampf ...<br />

<strong>Die</strong> Verteidigung des Sozialismus ist die internationale Pflicht <strong>der</strong> Kommunisten<br />

...<br />

Wie die Ereignisse <strong>der</strong> letzten Zeit erneut bestätigt haben, ist die Arbeiterklasse<br />

in den Hochburgen des Kapitalismus die Haupttriebkraft des revolutionären<br />

Kampfes, <strong>der</strong> antiimperialistischen demokratischen Bewegung ... Der Zusammenbruch<br />

des Kolonialsystems hat die Positionen des Imperialismus entscheidend<br />

geschwächt. Im letzten Jahrzehnt ist die Rolle <strong>der</strong> antiimperialistischen<br />

Bewegung <strong>der</strong> Völker Asiens, Afrikas <strong>und</strong> Lateinamerikas im revolutionären<br />

Weltprozeß weiter gewachsen. In einigen Län<strong>der</strong>n nimmt die Bewegung antikapitalistischen<br />

Charakter an ...<br />

(<strong>Die</strong> Aufgaben des Kampfes gegen den Imperialismus in <strong>der</strong> gegenwärtigen Etappe<br />

<strong>und</strong> die Aktionseinheit <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien, aller antiimperialistischen<br />

Kräfte, angenommen von <strong>der</strong> Internationalen Beratung <strong>der</strong> kommunistischen<br />

<strong>und</strong> Arbeiterparteien in Moskau am 17. Juni 1969, Internationale<br />

Beratung <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien, Moskau 1969, Berlin 1969,<br />

S. 13 - 32)<br />

26.2 Zum Wesen des Internationalismus<br />

<strong>Die</strong> Treue zum Marxismus-Leninismus, zum proletarischen Internationalismus,<br />

aufopferungsvoller <strong>und</strong> treuer <strong>Die</strong>nst an den Interessen des eigenen Volkes, an<br />

<strong>der</strong> gemeinsamen Sache des Sozialismus ist die unablässige Bedingung für die<br />

Wirksamkeit <strong>und</strong> die richtige Orientierung <strong>der</strong> einheitlichen Aktionen <strong>der</strong> kommunistischen<br />

<strong>und</strong> Arbeiterparteien, das Unterpfand ihres Erfolges bei <strong>der</strong> Verwirklichung<br />

ihrer historischen Ziele.<br />

(Ebenda, S. 45)<br />

Texte<br />

43


27. <strong>Die</strong> Auffassungen <strong>der</strong> chinesischen Führung unter Mao Tse-tung<br />

über die „<strong>Weltrevolution</strong>” <strong>und</strong> die Generallinie <strong>der</strong> internationalen<br />

kommunistischen Bewegung (1963)<br />

27.1<br />

<strong>Die</strong>se Generallinie geht aus dem Gesamtbild <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> Welt, aus <strong>der</strong> Klassenanalyse<br />

<strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden Wi<strong>der</strong>sprüche in <strong>der</strong> Welt in <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

Epoche hervor <strong>und</strong> ist gegen die konterrevolutionäre Globalstrategie des USA-<br />

Imperialismus gerichtet. <strong>Die</strong>se Generallinie ist: eine breite Einheitsfront mit<br />

dem sozialistischen Lager <strong>und</strong> dem internationalen Proletariat als Kern zu bilden,<br />

zum Kampf gegen den Imperialismus mit den USA an <strong>der</strong> Spitze <strong>und</strong> gegen<br />

die Reaktionäre aller Län<strong>der</strong>; die Massen in breitestem Umfang zu mobilisieren,<br />

die revolutionären Kräfte zu verstärken, die Kräfte in <strong>der</strong> Mitte zu gewinnen <strong>und</strong><br />

die Konterrevolutionäre zu isolieren. <strong>Die</strong>se Generallinie ist eine Linie, mit <strong>der</strong><br />

die Völker aller Län<strong>der</strong> entschlossen den revolutionären Kampf führen <strong>und</strong> die<br />

proletarische <strong>Weltrevolution</strong> bis zu Ende führen; zugleich ist sie die Linie, auf<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Imperialismus am wirksamsten bekämpft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Weltfrieden verteidigt<br />

wird. Wenn die Generallinie <strong>der</strong> internationalen kommunistischen Bewegung<br />

einseitig nur auf ‘friedliche Koexistenz’, ‘friedlichen <strong>Wettbewerb</strong>’ o<strong>der</strong> ‘friedlichen<br />

Übergang’ zurückgeführt wird, dann ist das ein Verstoß gegen die revolutionären<br />

Prinzipien in <strong>der</strong> Deklaration von 1957 <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Erklärung von 1960,<br />

dann wird die historische Mission <strong>der</strong> proletarischen <strong>Weltrevolution</strong> aufgegeben,<br />

dann bedeutet das die Abkehr von den revolutionären Lehren des Marxismus-<br />

Leninismus. <strong>Die</strong> Generallinie <strong>der</strong> internationalen kommunistischen Bewegung<br />

soll die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten in <strong>der</strong> historischen Entwicklung <strong>der</strong> Welt<br />

zum Ausdruck bringen.<br />

(Mao Tse-tung, Ein Vorschlag zur Generallinie <strong>der</strong> internationalen kommunistischen<br />

Bewegung, Antwort des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei Chinas<br />

auf den Brief des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei <strong>der</strong> Sowjetunion<br />

vom 30. März 1963 (14. Juni 1963), <strong>Die</strong> Polemik über die Generallinie <strong>der</strong> internationalen<br />

kommunistischen Bewegung, Peking, Verlag für fremdsprachige Literatur,<br />

1963, S. 6)<br />

27.2<br />

In den weiten Gebieten Asiens, Afrikas <strong>und</strong> Lateinamerikas konzentrieren sich<br />

die verschiedenen Arten von Wi<strong>der</strong>sprüchen in <strong>der</strong> gegenwärtige Epoche, hier<br />

sind die schwächsten Kettenglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Herrschaft des Imperialismus, hier<br />

sind heute die wichtigsten Sturmzentren <strong>der</strong> <strong>Weltrevolution</strong>, wo dem Imperialismus<br />

direkte Schläge versetzt werden. <strong>Die</strong> national-demokratische revolutionäre<br />

44 Texte


Bewegung in diesen Gebieten <strong>und</strong> die internationale sozialistische revolutionäre<br />

Bewegung sind die zwei gewaltigen historischen Strömungen unserer Zeit. <strong>Die</strong><br />

national-demokratische Revolution in diesen Gebieten bildet einen wichtigen<br />

Bestandteil <strong>der</strong> gegenwärtigen proletarischen <strong>Weltrevolution</strong> ... In einem gewissen<br />

Sinne hängt daher die ganze Sache <strong>der</strong> internationalen proletarischen Revolution<br />

letztlich von den revolutionären Kämpfen <strong>der</strong> Völker in diesen Gebieten,<br />

<strong>der</strong> überwältigenden Mehrheit <strong>der</strong> Weltbevölkerung, ab ... Ohne ein Bündnis mit<br />

den unterdrückten Nationen, ohne die Befreiung <strong>der</strong> unterdrückten Nationen<br />

wird es <strong>der</strong> Arbeiterklasse in den kapitalistischen Län<strong>der</strong>n Europas <strong>und</strong> Amerikas<br />

unmöglich sein, ihre eigene Befreiung zu erreichen.“<br />

(Ebenda, S. 14 - 16)<br />

28. <strong>Die</strong> Polemik <strong>der</strong> chinesischen Führung gegen die sowjetische<br />

Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz (1963)<br />

Indem sie die friedliche Koexistenz zur Generallinie <strong>der</strong> Außenpolitik machen,<br />

haben die Führer <strong>der</strong> KPdSU in Wirklichkeit die Beziehungen <strong>der</strong> gegenseitigen<br />

Hilfe <strong>und</strong> Zusammenarbeit im Sinne des proletarischen Internationalismus unter<br />

den sozialistischen Staaten aufgehoben, behandeln sie die sozialistischen Bru<strong>der</strong>staaten<br />

genau wie die kapitalistischen Staaten. Das bedeutet aber die<br />

Abschaffung des sozialistischen Lagers ... Von den geknechteten Massen <strong>und</strong><br />

unterdrückten Nationen her gesehen, besteht ihre Aufgabe im Sturz <strong>der</strong> Herrschaft<br />

des Imperialismus <strong>und</strong> seiner Lakaien sowie in <strong>der</strong> Errichtung ihrer eigenen<br />

Freiheit. Sie dürfen keine friedliche Koexistenz mit dem Imperialismus <strong>und</strong><br />

seinen Handlangern verfolgen <strong>und</strong> können es auch nicht. Daher ist es falsch, die<br />

friedliche Koexistenz auf die Beziehungen zwischen unterdrückten <strong>und</strong> unterdrückenden<br />

Klassen, zwischen unterdrückten <strong>und</strong> unterdrückenden Nationen<br />

auszudehnen, die Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz <strong>der</strong> sozialistischen Staaten<br />

auf die Politik aller kommunistischen Parteien <strong>und</strong> revolutionären Menschen <strong>der</strong><br />

kapitalistischen Welt auszudehnen o<strong>der</strong> den revolutionären Kampf <strong>der</strong> geknechteten<br />

Massen <strong>und</strong> unterdrückten Nationen <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz<br />

<strong>der</strong> sozialistischen Staaten unterzuordnen ... Mit <strong>der</strong> ‘friedlichen Koexistenz’ als<br />

Vorwand tun die Führer <strong>der</strong> KPdSU alles, um sich beim USA-Imperialismus lieb<br />

Kind zu machen; sie proklamieren ununterbrochen, die Repräsentanten des<br />

USA-Imperialismus ‘sind um den <strong>Frieden</strong> besorgt’; damit kommen sie gerade den<br />

Bedürfnissen des USA-Imperialismus mit seiner verlogenen <strong>Frieden</strong>spolitik entgegen<br />

... Mit <strong>der</strong> ‘friedlichen Koexistenz’ als Vorwand versuchen die Führer <strong>der</strong><br />

KPdSU auf internationaler Ebene den Klassenkampf durch Klassenzusammenarbeit<br />

zu ersetzen, machen sie Reklame für ‘die allseitige Zusammenarbeit’ des<br />

Sozialismus mit dem Imperialismus, öffnen sie <strong>der</strong> Infiltration <strong>der</strong> sozialistischen<br />

Texte<br />

45


Län<strong>der</strong> durch den Imperialismus Tür <strong>und</strong> Tor, was genau den Bedürfnissen des<br />

USA-Imperialismus mit seiner Politik <strong>der</strong> ‘friedlichen Evolution’ entspricht.<br />

(Zwei völlig entgegengesetzte Arten <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz, Sechster<br />

Kommentar zum Offenen Brief des ZK <strong>der</strong> KPdSU (12. Dezember 1993), Peking,<br />

Verlag für fremdsprachige Literatur, 1963, S. 29 - 42)<br />

29. <strong>Die</strong> europäischen kommunistischen Parteien über den Imperialismus,<br />

die <strong>Krieg</strong>sgefahr, über die Notwendigkeit von Entspannung<br />

<strong>und</strong> friedlicher Koexistenz zwischen den <strong>Systeme</strong>n sowie<br />

die Perspektive sozialistischer Umwälzungen im Kapitalismus<br />

(1976)<br />

<strong>Die</strong> Politik des Imperialismus, des Neokolonialismus <strong>und</strong> alle Formen <strong>der</strong> Unterdrückung<br />

<strong>und</strong> Ausbeutung bleiben weiterhin die Hauptgefahr für den <strong>Frieden</strong>,<br />

die Unabhängigkeit <strong>und</strong> die Gleichberechtigung <strong>der</strong> Völker. Gleichzeitig stellen<br />

die ungleichmäßige ökonomische Entwicklung, die nichtgleichberechtigten ökonomischen<br />

<strong>und</strong> politischen Beziehungen eine Quelle von Spannungen <strong>und</strong> Konflikten<br />

dar <strong>und</strong> sind ein ernstes Hin<strong>der</strong>nis auf dem Wege zur Unabhängigkeit <strong>und</strong><br />

zum sozialen Fortschritt.<br />

<strong>Die</strong> Positionen des Imperialismus, dessen Wesen sich nicht gewandelt hat, sind<br />

infolge <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen im Kräfteverhältnis schwächer geworden. <strong>Die</strong>s findet<br />

seinen Ausdruck darin, daß er we<strong>der</strong> imstande ist, die historischen Errungenschaften<br />

des Sozialismus rückgängig zu machen, noch das Voranschreiten <strong>der</strong><br />

fortschrittlichen Kräfte, <strong>der</strong> Bewegung für die Befreiung <strong>und</strong> Unabhängigkeit <strong>der</strong><br />

Völker aufzuhalten ...<br />

<strong>Die</strong> an <strong>der</strong> Konferenz teilnehmenden kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien ...<br />

betrachten den Kampf für Entspannung als einen wichtigen Beitrag zur Schaffung<br />

solcher internationaler Bedingungen, die den sozialen Fortschritt begünstigen.<br />

Sie sind <strong>der</strong> Meinung, daß die immer umfassen<strong>der</strong>e Durchsetzung <strong>der</strong> Prinzipien<br />

<strong>der</strong> friedlichen Koexistenz, insbeson<strong>der</strong>e - was Europa anbelangt - <strong>der</strong><br />

Prinzipien, die in <strong>der</strong> Schlußakte <strong>der</strong> Konferenz von Helsinki enthalten sind,<br />

günstige Voraussetzungen für die volle Unabhängigkeit <strong>und</strong> die selbständige Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> schafft <strong>und</strong> den Kampf <strong>der</strong> Völker für den ökonomischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Fortschritt för<strong>der</strong>t. Sie schafft den Bewegungen für die demokratische<br />

<strong>und</strong> sozialistische Umgestaltung in den kapitalistischen Län<strong>der</strong>n günstigere<br />

Kampfbedingungen. Sie schafft günstigere Bedingungen für die Verwirklichung<br />

<strong>der</strong> Programme <strong>der</strong> ökonomischen, sozialen <strong>und</strong> politischen Entwicklung<br />

<strong>der</strong> sozialistischen Län<strong>der</strong> <strong>und</strong> die immer vollständigere Realisierung <strong>der</strong> Möglichkeiten<br />

des Sozialismus ...<br />

46 Texte


<strong>Die</strong> Demokratisierung <strong>der</strong> internationalen Beziehungen <strong>und</strong> die Entwicklung <strong>der</strong><br />

internationalen Zusammenarbeit auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Gleichberechtigung <strong>und</strong><br />

des gegenseitigen Vorteils für alle Völker sind Ziele von großer Bedeutung im<br />

Kampf für die Errichtung einer vom Imperialismus <strong>und</strong> vom Neokolonialismus<br />

freien internationalen Gemeinschaft, in <strong>der</strong> die tiefgreifenden Disproportionen<br />

zwischen entwickelten <strong>und</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong>n überw<strong>und</strong>en werden können<br />

<strong>und</strong> die auf <strong>der</strong> vollen Unabhängigkeit einer jeden Nation, auf ihrer aktiven Teilnahme<br />

an <strong>der</strong> Lösung <strong>der</strong> Probleme <strong>der</strong> Menschheit beruht.<br />

(Dokument <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien Europas<br />

„Für <strong>Frieden</strong>, Sicherheit, Zusammenarbeit <strong>und</strong> sozialen Fortschritt in Europa“,<br />

Konferenz <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien Europas, Berlin, 29. <strong>und</strong><br />

30. Juni 1976, Dokumente <strong>und</strong> Reden, Berlin 1976, S. 22 - 37)<br />

30. <strong>Die</strong> Leitung <strong>der</strong> Italienischen Kommunistischen Partei zu Situation<br />

<strong>und</strong> Perspektive des Sozialismus im „Osten” <strong>und</strong> im<br />

„Westen” (Dez. 1981)<br />

<strong>Die</strong> dramatischen Ereignisse dieser Tage überzeugen uns verstärkt von <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />

völlig neue Wege zu finden <strong>und</strong> zu beschreiten, um dem Kampf für<br />

Demokratie <strong>und</strong> Sozialismus in <strong>der</strong> ganzen Welt einen neuen Aufschwung zu<br />

geben. <strong>Die</strong>ses Erfor<strong>der</strong>nis steht vor uns nicht nur, weil die Bedingungen, unter<br />

denen die westeuropäischen Kräfte <strong>der</strong> <strong>Linke</strong>n wirken müssen, unterschiedlich<br />

sind. Tatsache ist, daß man es in den osteuropäischen Län<strong>der</strong>n nunmehr mit<br />

rückläufigen Prozessen, mit immer wie<strong>der</strong>kehrenden <strong>und</strong> dramatischen Krisen zu<br />

tun hat, die die monolithe Machtkonzeption in Frage stellen, daß Institutionen<br />

fehlen, die dem Willen <strong>der</strong> Gesellschaft wirklich gerecht werden, daß man an die<br />

Beziehungen innerhalb des ‘sozialistischen Lagers’, an die Konzeption vom<br />

Sozialismus als Modell <strong>und</strong> nicht als historischer Prozeß, <strong>der</strong> sich im Weltmaßstab<br />

auf die verschiedenste Art <strong>und</strong> Weise entfaltet, nach eingeengten <strong>und</strong> hierarchischen<br />

Vorstellungen herangeht...<br />

Es muß festgestellt werden, daß auch diese Phase des Entwicklung des Sozialismus,<br />

die mit <strong>der</strong> Oktoberrevolution begann, ihre Ausstrahlungskraft verloren hat,<br />

genau wie jene Phase, in <strong>der</strong> die sozialistischen Parteien <strong>und</strong> Gewerkschaftsbewegungen<br />

entstanden, die in <strong>der</strong> Zweiten Internationale vereint waren...<br />

<strong>Die</strong> Menschheit steht vor gigantischen, noch nie dagewesenen Problemen - es<br />

geht sogar ums Überleben -, die <strong>der</strong> Kapitalismus nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist zu<br />

lösen. Es entstanden neue Bedürfnisse <strong>und</strong> Bestrebungen <strong>der</strong> Völker, die in verschiedener<br />

Art <strong>und</strong> Weise nicht nur in den westlichen kapitalistischen Län<strong>der</strong>n<br />

Texte<br />

47


<strong>und</strong> in denen <strong>der</strong> dritten Welt zum Ausdruck gebracht werden, son<strong>der</strong>n auch in<br />

den Län<strong>der</strong>n sozialistischen Typs.<br />

(Resolution <strong>der</strong> Nationalen Leitung <strong>der</strong> IKP vom 30.12.81, Zu den Ereignissen in<br />

Polen - eine neue Phase im Kampf für Sozialismus muß eingeleitet werden, L’Unità,<br />

30. Dezember 1981)<br />

III. Literaturverzeichnis<br />

Anton Ackermann, Gibt es einen beson<strong>der</strong>en deutschen Weg zum Sozialismus?<br />

Einheit, Februar 1946, Heft 1<br />

Eduard Bernstein, <strong>Die</strong> Voraussetzungen des Sozialismus <strong>und</strong> die Aufgaben <strong>der</strong><br />

Sozialdemokratie, 2. Aufl., Stuttgart/Berlin 1921<br />

Georgi Dimitroff, <strong>Die</strong> historische Berufung <strong>der</strong> Bulgarischen Arbeiterpartei (K),<br />

Rede auf <strong>der</strong> Sofioter Bezirkskonferenz <strong>der</strong> Bulgarischen Arbeiterpartei (K) vom<br />

26. Februar 1946, Ausgewählte Werke. Bd. 2, Sofia-Press 1976<br />

Friedrich Engels, Brief an Paul Lafargue in Le Perreux (27. Juni 1893), MEW,<br />

Bd. 39<br />

Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, MEW, Bd. 7<br />

Friedrich Engels, <strong>Die</strong> Entwicklung des Sozialismus von <strong>der</strong> Utopie zur Wissenschaft,<br />

MEW, Bd. 19<br />

Friedrich Engels, Gr<strong>und</strong>sätze des Kommunismus, MEW, Bd. 4<br />

Antonio Gramsci, <strong>Die</strong> Revolution gegen das ‘Kapital’ (Artikel in „Avanti!“ vom<br />

24. November 1917)<br />

Antonio Gramsci, Qua<strong>der</strong>ni del carcere. Turin 1975, Bd. II<br />

Antonio Gramsci, Rußland <strong>und</strong> die Internationale, Antologia degli scritti. Rom,<br />

Bd.I<br />

Antonio Gramsci - vergessener Humanist? Eine Anthologie, Berlin 1991<br />

Karl Kautsky, Bernstein <strong>und</strong> das Sozialdemokratische Programm, Eine Antikritik,<br />

Stuttgart 1899<br />

Karl Kautsky, Demokratie o<strong>der</strong> Diktatur, Berlin 1920<br />

Wladimir I. Lenin, Der ‘linke Radikalismus’, die Kin<strong>der</strong>krankheit im Kommunismus,<br />

LW, Bd. 31<br />

Wladimir I. Lenin, <strong>Die</strong> Dritte Internationale <strong>und</strong> ihr Platz in <strong>der</strong> Geschichte, LW,<br />

Bd. 29<br />

48 Literaturverzeichnis


Wladimir I. Lenin, <strong>Die</strong> proletarische Revolution <strong>und</strong> <strong>der</strong> Renegat Kautsky, LW,<br />

Bd. 28<br />

Wladimir I. Lenin, Rede bei <strong>der</strong> Schließung des Ersten Kongresses <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale, 6. März 1919, LW, Bd. 28<br />

Wladimir I. Lenin, Referat über die internationale Lage <strong>und</strong> die Hauptaufgaben<br />

<strong>der</strong> Kommunistischen Internationale, LW, Bd. 31<br />

Wladimir I. Lenin, „Seltsames <strong>und</strong> Ungeheuerliches“, LW, Bd. 27<br />

Wladimir I. Lenin, Über die Losung <strong>der</strong> Vereinten Staaten von Europa, LW, Bd.<br />

21<br />

Wladimir I. Lenin, Um Brot <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>, LW, Bd. 26<br />

Rosa Luxemburg, Zur russischen Revolution, in, Rosa Luxemburg, Gesammelte<br />

Werke, Bd. I, Berlin 1974<br />

Mao Tse-tung, Ein Vorschlag zur Generallinie <strong>der</strong> internationalen kommunistischen<br />

Bewegung, Antwort des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei<br />

Chinas auf den Brief des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei <strong>der</strong><br />

Sowjetunion vom 30. März 1963 (14. Juni 1963), <strong>Die</strong> Polemik über die Generallinie<br />

<strong>der</strong> internationalen kommunistischen Bewegung, Peking 1963<br />

Karl Marx, <strong>Die</strong> Klassenkämpfe in Frankreich, MEW, Bd. 7<br />

Karl Marx, Inauguraladresse <strong>der</strong> Internationalen Arbeiterassoziation, MEW, Bd.<br />

16<br />

Karl Marx, Provisorische Statuten <strong>der</strong> Internationalen Arbeiter-Assoziation,<br />

MEW, Bd. 16<br />

Karl Marx, Rede auf <strong>der</strong> Jahresfeier des „People’s Paper“ am 14. April 1856 in<br />

London, MEW, Bd. 12<br />

Karl Marx /Friedrich Engels, Manifest <strong>der</strong> Kommunistischen Partei, MEW, Bd. 4<br />

Andrei A. Shdanow, Über die internationale Lage, Vortrag, gehalten auf <strong>der</strong> Internationalen<br />

Beratung von Vetretern einiger kommunistischer Parteien in Polen<br />

Ende September 1947. Berlin 1951<br />

Josef W. Stalin, Der XV. Parteitag <strong>der</strong> KPdSU (B), Politischer Rechenschaftsbericht<br />

des Zentralkomitees, Werke, Bd. 10<br />

Josef W. Stalin, Der internationale Charakter <strong>der</strong> Oktoberrevolution, Zum 10.<br />

Jahrestag des Oktober, Werke, Bd. 10<br />

Literaturverzeichnis<br />

49


Josef W. Stalin, <strong>Die</strong> internationale Lage <strong>und</strong> die Verteidigung <strong>der</strong> UdSSR. Rede<br />

auf dem Vereinigten Plenum des Josef W. Stalin, <strong>Die</strong> Oktoberrevolution <strong>und</strong> die<br />

Taktik <strong>der</strong> russischen Kommunisten, Werke, Bd. 6<br />

Michail A. Suslow, Verteidigung des <strong>Frieden</strong>s <strong>und</strong> Kampf gegen die <strong>Krieg</strong>streiber.<br />

Referat in <strong>der</strong> Beratung des Informationsbüros <strong>der</strong> kommunistischen Parteien in<br />

<strong>der</strong> zweiten Novemberhälfte 1949, Verteidigung des <strong>Frieden</strong>s <strong>und</strong> Kampf gegen<br />

die <strong>Krieg</strong>streiber. Reden <strong>und</strong> Beschlüsse auf <strong>der</strong> Beratung des Informationsbüros<br />

<strong>der</strong> in Ungarn. Stellungnahme des Politbüro <strong>der</strong> SED zu den Beschlüssen. Berlin<br />

o. J.<br />

Leo Trotzki, Das Jahr 1905. Vorwort zur 2. Auflage, Berlin 1922<br />

Leo Trotzki, <strong>Die</strong> Internationale Revolution <strong>und</strong> die Kommunistische Internationale,<br />

Berlin 1929<br />

Leo Trotzki, Verratene Revolution, Zürich 1957<br />

Aufruf des Zentralkomitees <strong>der</strong> Kommunistischen Partei Deutschland. 11. Juni<br />

1945, Dokumente zur Geschichte <strong>der</strong> SED. Bd. 2 1945 bis 1971, Berlin 1988<br />

<strong>Die</strong> Aufgaben des Kampfes gegen den Imperialismus in <strong>der</strong> gegenwärtigen Etappe<br />

<strong>und</strong> die Aktionseinheit <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien, aller antiimperialistischen<br />

Kräfte. Angenommen von <strong>der</strong> Internationalen Beratung <strong>der</strong><br />

kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien in Moskau am 17. Juni 1969, Internationale<br />

Beratung <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien, Berlin 1969<br />

Dokument <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien Europas<br />

„Für <strong>Frieden</strong>, Sicherheit, Zusammenarbeit <strong>und</strong> sozialen Fortschritt in Europa“,<br />

Konfernz munistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien Europas, Berlin 29. <strong>und</strong> 30. Juni<br />

1976, Dokumente <strong>und</strong> Reden, Berlin 1976<br />

Erklärung <strong>der</strong> Beratung von Vertretern <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien.<br />

November 1960. Berlin 1960<br />

Interview <strong>der</strong> Times, 18. November 1946, mit M. Thorez, Cahiers du communisme,<br />

novembre 1946<br />

Programm <strong>der</strong> Komintern, Protokoll, Sechster Weltkongreß <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale. Moskau, 17. Juli - 1. September 1928, Bd. IV, Thesen, Resolutionen.<br />

Programm. Statuten. Hamburg Berlin 1929 (Feltrinelli Reprint, Mailand)<br />

Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees <strong>der</strong> KPdSU an den XX. Parteitag,<br />

Referat von Genossen Nikita S. Chruschtschow, dem Ersten Sekretär des ZK <strong>der</strong><br />

KPdSU, gehalten am 14. Februar 1956. Berlin 1956<br />

50 Literaturverzeichnis


Resolution <strong>der</strong> Nationalen Leitung <strong>der</strong> IKP vom 30.12.81, Zu den Ereignissen in<br />

Polen - eine neue Phase im Kampf für Sozialismus muß eingeleitet werden, L’Unità,<br />

30. Dezember 1981<br />

Statut <strong>der</strong> Komintern, Protokoll, Sechster Weltkongreß <strong>der</strong> Kommunistischen<br />

Internationale. Moskau, 17. Juli - 1. September 1928, Bd. IV, Thesen, Resolutionen.<br />

Programm. Statuten. Hamburg Berlin 1929 (Feltrinelli Reprint, Mailand)<br />

Zwei völlig entgegengesetzte Arten <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz, Sechster<br />

Kommentar zum Offenen Brief des ZK <strong>der</strong> KPdSU (12. Dezember 1993),<br />

Peking 1963<br />

Literaturverzeichnis<br />

51


<strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong><br />

Eingeleitet <strong>und</strong> ausgewählt von Wolfgang Scheler<br />

I. Einführung<br />

<strong>Die</strong> Lesestücke sind so gewählt, daß sie dem heutigen Leser die wichtigsten<br />

marxistischen Gedanken zum <strong>Krieg</strong>-<strong>Frieden</strong>-Problem<br />

erschließen. Sie geben einen Einblick in ihre relativ beständige Substanz<br />

wie in ihren historischen Wandel. <strong>Die</strong> Zusammenstellung konzentriert<br />

sich auf Texte deutscher Marxisten <strong>und</strong> solcher Autoren, die<br />

auf die deutsche marxistische Strömung beson<strong>der</strong>en Einfluß hatten.<br />

<strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> gehören nicht zu den konstitutiven Elementen <strong>der</strong><br />

marxistischen Theorie. Eher sind sie Folgerungen aus ihr, Resultate<br />

ihrer Anwendung auf Teilgebiete des gesellschaftlichen Lebensprozesses.<br />

Im Rückblick stellt sich daher eine doppelte Frage, die nach<br />

<strong>der</strong> Richtigkeit <strong>der</strong> Theorie <strong>und</strong> die nach <strong>der</strong> Richtigkeit <strong>der</strong> Ableitungen<br />

aus ihr in bezug auf den Gegenstand <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>.<br />

Nicht <strong>der</strong> <strong>Frieden</strong> war Ziel <strong>und</strong> Anliegen, das Marx <strong>und</strong> Engels verfolgten,<br />

son<strong>der</strong>n die menschliche Emanzipation. In diese ordneten sie<br />

den <strong>Frieden</strong> als ein Teilziel ein. Nur im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Befreiung des Menschen aus <strong>der</strong> Klassengesellschaft, die zu vollbringen<br />

sie die Arbeiterklasse für berufen hielten, stellten sich für sie<br />

Fragen des <strong>Krieg</strong>es <strong>und</strong> des <strong>Frieden</strong>s sowie <strong>der</strong> Streitkräfte. Sie hatten<br />

kein spezifisches Kampfprogramm gegen den <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> für den <strong>Frieden</strong>,<br />

denn mit <strong>der</strong> menschlichen Emanzipation würden diese Ziele<br />

erreicht werden.<br />

Ihre materialistische Geschichtsauffassung ermöglichte es aber, das<br />

Wesen <strong>und</strong> die Ursachen von Gewalt, von <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>, ihre<br />

Rolle in <strong>der</strong> Geschichte zu erkennen (Texte 3, 4, 5, 8, 10, 14, 15, 16,<br />

17, 18, 19, 20). Der <strong>Krieg</strong>, sein Entstehen, Werden <strong>und</strong> Vergehen<br />

konnte nun in seiner historischen Geb<strong>und</strong>enheit an bestimmte Produktionsweisen<br />

verstanden werden. <strong>Die</strong> f<strong>und</strong>amentale Lösung des<br />

Problems lautete: „Mit dem Gegensatz <strong>der</strong> Klassen im Innern <strong>der</strong><br />

Nation fällt die feindliche Stellung <strong>der</strong> Nationen gegeneinan<strong>der</strong>.“ 1<br />

Gesellschaftsformen zu überwinden, die den <strong>Krieg</strong> erzeugen, <strong>und</strong><br />

gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, die den <strong>Frieden</strong> als einen<br />

1 Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest <strong>der</strong> Kommunistischen Partei, MEW, Bd. 4, S.479<br />

52 Einführung


ihnen eignen Wesenszug hervorbringen, blieb die Hauptidee marxistischen<br />

Denkens über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> (Texte 4, 7, 12, 17, 18, 21).<br />

Doch än<strong>der</strong>ten sich die Vorstellungen darüber, wie sie zu verwirklichen<br />

ist, gravierend. In einer ersten Phase wurden diese Vorstellungen<br />

von einer Revolutionskonzeption geprägt, die dem Bild <strong>der</strong> zuvor<br />

abgelaufenen klassischen bürgerlichen Revolution verhaftet war. <strong>Die</strong><br />

Möglichkeit des <strong>Frieden</strong>s sowie stattfindende o<strong>der</strong> mögliche <strong>Krieg</strong>e<br />

wurden vor allem danach bewertet, in welchem Verhältnis sie zur Formierung<br />

einer revolutionären, selbstbewußten Klasse <strong>und</strong> ihrer politischen<br />

Machtergreifung durch Insurrektion standen. Analysiert wurden<br />

die Auswirkungen, die die von den alten Mächten erzeugten <strong>Krieg</strong>e<br />

hierauf hatten, günstige o<strong>der</strong> ungünstige. Ihre Verhin<strong>der</strong>ung war<br />

danach allein abhängig von <strong>der</strong> Kraft, die die vereinte Arbeiterklasse<br />

in die Waagschale werfen konnte (Texte 2, 3, 6).<br />

Aus <strong>der</strong> Sicht, daß <strong>der</strong> <strong>Frieden</strong> gewissermaßen nebenher im revolutionären<br />

Kampf einer aufsteigenden gegen eine untergehende Klasse<br />

gewonnen wird, erschien ein Zusammengehen mit <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

<strong>Frieden</strong>sbewegung überflüssig, ja sogar hin<strong>der</strong>lich (Texte 4, 12, 16).<br />

Erst als Engels eine neue Gefahr, den Verwüstungskrieg für die<br />

europäische Zivilisation heraufziehen sah, kam er zu einem neuen<br />

Ansatz: <strong>Frieden</strong> als eigenständiges, nicht an die revolutionäre Bewegung<br />

geb<strong>und</strong>enes Ziel <strong>der</strong> Volksmassen, erreichbar mit solchen Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

die auch für Regierungen kapitalistischer Län<strong>der</strong><br />

annehmbar sind (Text 9). <strong>Die</strong>ser Ansatz, den die Sozialdemokratie<br />

aufgriff <strong>und</strong> weiterführte (Text 11), scheiterte zunächst ebenso wie <strong>der</strong><br />

revolutionäre an <strong>der</strong> Übermacht des Militarismus.<br />

Der erste Weltkrieg stürzte auch die marxistisch orientierte Arbeiterbewegung<br />

in eine schwere Krise. <strong>Die</strong> Haltung zum <strong>Krieg</strong> wurde <strong>der</strong><br />

Auslöser ihrer Spaltung. Während die Mehrheit dem Chauvinismus<br />

erlag, bekämpfte die linke Min<strong>der</strong>heit standhaft den imperialistischen<br />

<strong>Krieg</strong> (Texte 13, 17, 18). Aber <strong>der</strong> radikale Antikriegsflügel kehrte<br />

zur Konzeption zurück, über die Engels <strong>und</strong> Kautsky bereits hinausgegangen<br />

waren: <strong>Frieden</strong> durch die sozialistische Revolution. Weil<br />

dafür jedoch - wie wir heute wissen - die gesellschaftlichen Voraussetzungen<br />

fehlten, entstand kein wirklicher Sozialismus <strong>und</strong> infolgedessen<br />

auch kein <strong>Frieden</strong>.<br />

Der <strong>Frieden</strong> war zur Frage von Leben o<strong>der</strong> Tod von Millionen Menschen<br />

<strong>und</strong> zum Eckstein <strong>der</strong> Politik geworden 2 . Daraus aber die not-<br />

2 W. I. Lenin, Zum vierten Jahrestag <strong>der</strong> Oktoberrevolution, LW, Bd. 33, S. 35<br />

Einführung<br />

53


wendige Folgerung zu ziehen, daß <strong>Frieden</strong> ein Projekt mit eigenem<br />

Wert <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Kampffronten sein muß, verhin<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Revolutionarismus<br />

<strong>der</strong> Kommunistischen Internationale. Im Marxismus-Leninismus,<br />

<strong>der</strong> stalinistischen Verkehrung des Marxismus in eine Rechtfertigungstheorie<br />

<strong>der</strong> Politik, wurden vor allem die martialischen Auffassungen<br />

Lenins kononisiert, seine Befürwortung revolutionärer<br />

<strong>Krieg</strong>e, darunter des Bürgerkrieges, <strong>und</strong> seine antipazifistische Haltung<br />

(Text 16). <strong>Die</strong> „marxistisch-leninistische Lehre vom <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong><br />

von den Streitkräften“ diente speziell den Bedürfnissen <strong>der</strong> sowjetischen<br />

militärischen Großmachtpolitik.<br />

Lenins partielle Selbstkorrektur, seine Idee eines Bündnisses mit dem<br />

pazifistischen Bürgertum für den <strong>Frieden</strong> (Text 19) ist über Jahrzehnte<br />

verdrängt worden. Erst nach dem halbherzigen Versuch einer Entstalinisierung<br />

Mitte <strong>der</strong> fünfziger Jahre wurde die Idee wie<strong>der</strong>entdeckt<br />

<strong>und</strong> angesichts drohen<strong>der</strong> atomarer Weltvernichtung in langwierigen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen zur Konzeption eines Verständigungsfriedens<br />

ausgebaut (Texte 21, 22, 23, 24, 25).<br />

Den Durchbruch zum Paradigmenwechsel <strong>und</strong> zur Rückgewinnung<br />

einer marxistischen Analyse von <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> brachte das neue<br />

Denken in den achtziger Jahren. Es trug <strong>der</strong> Neuheit <strong>der</strong> Menschheitssituation<br />

im atomaren Zeitalter Rechnung <strong>und</strong> löste die Dogmen<br />

<strong>der</strong> marxistisch-leninistischen Vorstellungen über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>,<br />

militärische Gewalt <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>ssicherung auf. <strong>Frieden</strong> wurde als<br />

höchstes Gut begriffen, als erste Lebensbedingung <strong>der</strong> Menschen,<br />

Klassen <strong>und</strong> Nationen vor ihren wi<strong>der</strong>streitenden Interessen. <strong>Frieden</strong><br />

jetzt, auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> gegebenen, vorwiegend kapitalistischen<br />

Verhältnisse, <strong>Frieden</strong> nicht im Kampf Klasse gegen Klasse, son<strong>der</strong>n<br />

im Zusammenwirken aller Friedwilligen, unabhängig vom sozialer<br />

Stellung, Weltanschauung o<strong>der</strong> politischem Standort (Text 23).<br />

Hauptideen waren: gemeinsame Sicherheit als oberstes Gebot des<br />

nuklearen Zeitalters zu akzeptieren, den prekären Abschreckungsfrieden<br />

gegenseitiger Vernichtungsdrohung durch einen Verständigungsfrieden<br />

zu ersetzen, von einem Modell militärischer Sicherheit also zu<br />

nichtmilitärischen Sicherheitsstrukturen überzugehen, <strong>Frieden</strong> auf<br />

internationaler Rechtsordnung zu errichten <strong>und</strong> Institutionen <strong>und</strong><br />

Verfahren zur friedlichen Konfliktaustragung zu entwickeln (Texte 24,<br />

25).<br />

<strong>Die</strong>se Auffassungen über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> waren nicht allein Resultat<br />

marxistischen Denkens. Sie entstanden vielmehr im breiten Strom<br />

54 Einführung


des <strong>Frieden</strong>sdenkens ganz unterschiedlicher Herkunft, politischer<br />

Ausrichtung <strong>und</strong> weltanschaulicher Motivation sowie in Korrespondenz<br />

miteinan<strong>der</strong>. Das vormals beanspruchte Wahrheitsmonopol <strong>der</strong><br />

marxistisch-leninistischen Weltanschauung wurde zuerst bei <strong>der</strong><br />

Suche nach Auswegen aus <strong>der</strong> Gefahr des alles vernichtenden <strong>Krieg</strong>es<br />

fallengelassen <strong>und</strong> wich einem pluralistischen Verständnis erkennenden<br />

Denkens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Herausbildung geistiger Gemeinsamkeiten.<br />

Sie alle laufen im Gr<strong>und</strong>e auf Demokratie <strong>und</strong> Recht in den internationalen<br />

Beziehungen hinaus (Texte 20, 25), eine Aufgabe, die in<br />

gemeinsamen Anstrengungen für einen <strong>Frieden</strong> erst noch gelöst werden<br />

muß. <strong>Die</strong> Bedingungen dafür aber haben sich nach dem friedlichen<br />

Ausgang des Kalten <strong>Krieg</strong>es, entgegen den Hoffnungen <strong>der</strong> Menschen,<br />

deutlich verschlechtert. Das neue <strong>Frieden</strong>sdenken ist aus dem<br />

öffentlichen Bewußtsein weitgehend verdrängt worden, <strong>und</strong> das Denken<br />

in den Kategorien <strong>der</strong> militärischen Gewalt <strong>und</strong> des <strong>Krieg</strong>es hat<br />

seine Vorherrschaft wie<strong>der</strong>erlangt.<br />

„Eine Diplomatie ohne Schwert ist eine Diplomatie ohne Wert.“ 3 Das<br />

ist <strong>der</strong> Schlachtruf des mo<strong>der</strong>nen Militarismus. Es ist dies eine<br />

Außenpolitik nicht nach den Geboten des Völkerrechts, <strong>der</strong> Demokratie<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Menschenrechte, son<strong>der</strong>n nach Maßgabe <strong>der</strong> aufgebotenen<br />

militärischen Macht. Ihr Wesen reduziert sich auf militärische<br />

Erpressung. Man muß verstehen: Ein entfesselter Kapitalismus entfesselt<br />

auch den <strong>Krieg</strong>.<br />

Der Übergang zu einer Sicherheitspolitik mit zivilen Mitteln ist unabdingbar,<br />

wenn die menschliche Gesellschaft überleben <strong>und</strong> zukunftsfähig<br />

sein will. <strong>Die</strong> Wege <strong>und</strong> Methoden dazu hat die <strong>Frieden</strong>sforschung<br />

längst erarbeitet, <strong>und</strong> selbst die Institutionen <strong>und</strong> Instrumentarien<br />

sind bereits entstanden. Was aussteht, ist die Formierung eines<br />

kraftvollen politischen Willens zur Umkehr. Der Weg zum sicheren,<br />

weil unbewaffneten <strong>Frieden</strong> wird lang <strong>und</strong> von Rückschlägen gegleitet<br />

sein, aber es gibt keinen an<strong>der</strong>en.<br />

3 Rudolf Seiters, Rede vor dem B<strong>und</strong>estag am 12.02.1998, in: Deutscher B<strong>und</strong>estag -<br />

13. Wahlperiode - 219. Sitzung, Bonn, S. 19987<br />

Einführung<br />

55


II. Texte<br />

1. Karl Marx über <strong>Krieg</strong>srüstung <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> (1859)<br />

Von allen Dogmen <strong>der</strong> bigotten Politik unserer Tage hat keine mehr Unheil angerichtet,<br />

als die, daß „um <strong>Frieden</strong> zu haben, man sich zum <strong>Krieg</strong>e rüsten muß“.<br />

<strong>Die</strong>se große Wahrheit, die sich hauptsächlich dadurch auszeichnet, daß sie eine<br />

große Lüge enthält, ist <strong>der</strong> Schlachtruf, welcher ganz Europa zu den Waffen gerufen<br />

<strong>und</strong> einen solchen Landsknechtsfanatismus erzeugt hat, daß je<strong>der</strong> neue <strong>Frieden</strong>sschluß<br />

als neue <strong>Krieg</strong>serklärung betrachtet <strong>und</strong> gierig ausgebeutet wird.<br />

Während so die Staaten Europas ebensoviele Heerlager geworden sind, <strong>der</strong>en<br />

Söldner vor Begierde brennen, aufeinan<strong>der</strong> loszustürzen <strong>und</strong> sich zu Ehren des<br />

<strong>Frieden</strong>s gegenseitig die Gurgeln abzuschneiden, handelt es sich vor jedem<br />

neuen Ausbruche nur um die unbedeutende Kleinigkeit, zu wissen, auf welche<br />

Seite man sich stellen soll. Sobald diese nebensächliche Erwägung von den<br />

diplomatischen Parlementairs mit Hülfe des bewährten: „si vis pacem, para bellum“<br />

befriedigend erledigt ist, beginnt einer jener Zivilisationskriege, <strong>der</strong>en frivole<br />

Barbarei <strong>der</strong> besten Zeit des Raubrittertums, <strong>der</strong>en raffinierte Perfidie<br />

jedoch ausschließlich <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nsten Periode des imperialistischen Bürgertums<br />

angehört.<br />

(Karl Marx, Invasion! MEW, Bd. 13, S. 444)<br />

2. Karl Marx über <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse<br />

(1864)<br />

Wenn die Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklassen das Zusammenwirken verschiedener<br />

Nationen erheischt, wie jenes große Ziel erreichen mit einer auswärtigen Politik,<br />

die frevelhafte Zwecke verfolgt, mit Nationalvorurteilen ihr Spiel treibt <strong>und</strong> in<br />

piratischen <strong>Krieg</strong>en des Volkes Blut <strong>und</strong> Gut vergeudet? Nicht die Weisheit <strong>der</strong><br />

herrschenden Klassen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> heroische Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> englischen Arbeiterklasse<br />

gegen ihre verbrecherische Torheit bewahrte den Westen Europas vor<br />

einer transatlantischen Kreuzfahrt für die Verewigung <strong>und</strong> Propaganda <strong>der</strong> Sklaverei.<br />

Der schamlose Beifall, die Scheinsympathie o<strong>der</strong> idiotische Gleichgültigkeit,<br />

womit die höheren Klassen Europas dem Meuchelmord des heroischen<br />

Polen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erbeutung <strong>der</strong> Bergveste Kaukasus durch Rußland zusahen; die<br />

ungeheueren <strong>und</strong> ohne Wi<strong>der</strong>stand erlaubten Übergriffe dieser barbarischen<br />

Macht, <strong>der</strong>en Kopf zu St.Petersburg <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Hand in jedem Kabinett von Europa,<br />

haben den Arbeiterklassen die Pflicht gelehrt, in die Geheimnisse <strong>der</strong> internationalen<br />

Politik einzudringen, die diplomatischen Akte ihrer respektiven<br />

Regierungen zu überwachen, ihnen, wenn nötig entgegenzuwirken; wenn unfähig<br />

56 Texte


zuvorzukommen, sich zu vereinen in gleichzeitigen Denunziationen <strong>und</strong> die einfachen<br />

Gesetze <strong>der</strong> Moral <strong>und</strong> des Rechts, welche die Beziehungen von Privatpersonen<br />

regeln sollten, als die obersten Gesetze des Verkehrs von Nationen geltend<br />

zu machen.<br />

Der Kampf für solch eine auswärtige Politik ist eingeschlossen im allgemeinen<br />

Kampf für die Emanzipation <strong>der</strong> Arbeiterklasse.<br />

(Karl Marx, Inauguraladresse <strong>der</strong> internationalen Arbeiter- Assoziation. MEW, Bd.<br />

16, S.13)<br />

3. Karl Marx über Bürgerkrieg <strong>und</strong> die Macht, <strong>Frieden</strong> zu gebieten<br />

(1869)<br />

<strong>Die</strong> Reihe ist jetzt an Euch, einem <strong>Krieg</strong> vorzubeugen, dessen klarstes Resultat<br />

sein würde, für eine unbestimmte Zeitperiode die emporsteigende Arbeiterbewegung<br />

auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans zurückzuschleu<strong>der</strong>n. ... Um<br />

fruchtbar zu werden, braucht sie Jahre des <strong>Frieden</strong>s. um sie zu erdrücken, will<br />

man einen <strong>Krieg</strong> zwischen den Vereinigten Staaten <strong>und</strong> England.<br />

<strong>Die</strong> nächste handgreifliche Wirkung des Bürgerkrieges war natürlich die, daß<br />

sich die Stellung des amerikanischen Arbeiters verschlechterte. ... Dennoch entschädigte<br />

<strong>der</strong> Bürgerkrieg für all dies durch die Befreiung <strong>der</strong> Sklaven <strong>und</strong> den<br />

daraus entspringenden moralischen Impuls, den sie Eurer eigenen Klassenbewegung<br />

gab. Ein zweiter <strong>Krieg</strong>, <strong>der</strong> nicht durch einen erhabenen Zweck <strong>und</strong> eine<br />

große soziale Notwendigkeit geheiligt, son<strong>der</strong>n nach dem Muster <strong>der</strong> Alten Welt<br />

wäre, würde Ketten für den freien Arbeiter schmieden, statt die des Sklaven zu<br />

sprengen. Das aufgehäufte Elend, welches in seinen Spuren zurückbliebe, gäbe<br />

Euern Kapitalisten zugleich die Motive <strong>und</strong> die Mittel, die Arbeiterklasse von<br />

ihren kühnen <strong>und</strong> gerechten Bestrebungen zu trennen durch das seelenlose<br />

Schwert eines stehenden Heeres.<br />

Euch fällt denn die glorreiche Aufgabe anheim, <strong>der</strong> Welt zu beweisen, daß jetzt<br />

endlich die Arbeiterklasse den Schauplatz <strong>der</strong> Geschichte nicht länger als serviles<br />

Gefolge betritt, son<strong>der</strong>n als selbständige Macht, die sich ihrer eigenen Verantwortlichkeit<br />

bewußt <strong>und</strong> imstande ist, <strong>Frieden</strong> zu gebieten, wo diejenigen, die<br />

ihre Herren sein wollen, <strong>Krieg</strong> schreien.<br />

(Karl Marx, Adresse an die Nationale Arbeiterunion <strong>der</strong> Vereinigten Staaten, MEW,<br />

Bd.16, S.355-357)<br />

Texte<br />

57


4. Karl Marx über die gesellschaftlichen Bedingungen des <strong>Frieden</strong>s<br />

(1870)<br />

<strong>Die</strong> englische Arbeiterklasse reicht den französischen wie den deutschen Arbeitern<br />

brü<strong>der</strong>lich die Hand. Sie ist fest überzeugt, daß, möge <strong>der</strong> bevorstehende<br />

scheußliche <strong>Krieg</strong> endigen, wie er will, die Allianz <strong>der</strong> Arbeiter aller Län<strong>der</strong><br />

schließlich den <strong>Krieg</strong> ausrotten wird. Während das offizielle Frankreich <strong>und</strong> das<br />

offizielle Deutschland sich in einen bru<strong>der</strong>mör<strong>der</strong>ischen Kampf stürzen, senden<br />

die Arbeiter einan<strong>der</strong> Botschaften des <strong>Frieden</strong>s <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fre<strong>und</strong>schaft. <strong>Die</strong>se einzige<br />

große Tatsache, ohnegleichen in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Vergangenheit, eröffnet<br />

die Aussicht auf eine hellere Zukunft. Sie beweist, daß, im Gegensatz zur alten<br />

Gesellschaft mit ihrem ökonomischen Elend <strong>und</strong> ihrem politischen Wahnwitz,<br />

eine neue Gesellschaft entsteht, <strong>der</strong>en internationales Prinzip <strong>der</strong> Friede sein<br />

wird, weil bei je<strong>der</strong> Nation dasselbe Prinzip herrscht - die Arbeit!<br />

(Karl Marx, Erste Adresse des Generalrats über den Deutsch- Französischen <strong>Krieg</strong>,<br />

MEW, Bd. 17, S. 7)<br />

5. Friedrich Engels über die Rolle <strong>der</strong> Gewalt in <strong>der</strong> Geschichte<br />

(1878)<br />

Also <strong>der</strong> Revolver siegt über den Degen, <strong>und</strong> damit wird es doch wohl auch dem<br />

kindlichsten Axiomatiker begreiflich sein, daß die Gewalt kein bloßer Willensakt ist,<br />

son<strong>der</strong>n sehr reale Vorbedingungen zu ihrer Betätigung erfor<strong>der</strong>t, namentlich Werkzeuge,<br />

von denen das vollkommnere das unvollkommnere überwindet; daß ferner<br />

diese Werkzeuge produziert sein müssen, womit zugleich gesagt ist, daß <strong>der</strong> Produzent<br />

vollkommnerer Gewaltwerkzeuge, vulgo Waffen, den Produzenten <strong>der</strong> unvollkommneren<br />

besiegt, <strong>und</strong> daß, mit Einem Wort, <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong> Gewalt beruht auf <strong>der</strong><br />

Produktion von Waffen, <strong>und</strong> diese wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Produktion überhaupt, also - auf<br />

<strong>der</strong> „ökonomischen Macht“, auf <strong>der</strong> „Wirtschaftslage“, auf den <strong>der</strong> Gewalt zur Verfügung<br />

stehenden materiellen Mitteln.<br />

<strong>Die</strong> Gewalt, das ist heutzutage die Armee <strong>und</strong> die <strong>Krieg</strong>sflotte <strong>und</strong> beide kosten, wie<br />

wir alle zu unsrem Schaden wissen, „heidenmäßig viel Geld“. (S. 154)<br />

Hiernach ist klar, welche Rolle die Gewalt in <strong>der</strong> Geschichte gegenüber <strong>der</strong> ökonomischen<br />

Entwicklung spielt. Erstens beruht alle politische Gewalt ursprünglich auf<br />

einer ökonomischen, gesellschaftlichen Funktion ... Zweitens, nachdem sich die politische<br />

Gewalt gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft verselbständigt, aus <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nerin in die<br />

Herrin verwandelt hat, kann sie in zweierlei Richtung wirken. Entwe<strong>der</strong> wirkt sie im<br />

Sinn <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong> gesetzmäßigen ökonomischen Entwicklung. In diesem<br />

Fall besteht kein Streit zwischen beiden, die ökonomische Entwicklung wird<br />

beschleunigt. O<strong>der</strong> aber sie wirkt ihr entgegen, <strong>und</strong> dann erliegt sie, mit wenigen<br />

58 Texte


Ausnahmen, <strong>der</strong> ökonomischen Entwicklung regelmäßig. ... Daß die Gewalt aber<br />

noch eine andre Rolle in <strong>der</strong> Geschichte spielt, eine revolutionäre Rolle, daß sie, in<br />

Marx’ Worten, die Geburtshelferin je<strong>der</strong> alten Gesellschaft ist, die mit einer neuen<br />

schwanger geht, daß sie das Werkzeug ist, womit sich die gesellschaftliche Bewegung<br />

durchsetzt, <strong>und</strong> erstarrte, abgestorbne politische Formen zerbricht - davon kein<br />

Wort bei Herrn Dühring. ... Und das in Deutschland, wo ein gewaltsamer Zusammenstoß,<br />

<strong>der</strong> dem Volk ja aufgenötigt werden kann, wenigstens den Vorteil hätte, die<br />

aus <strong>der</strong> Erniedrigung des Dreißigjährigen <strong>Krieg</strong>s in das nationale Bewußtsein<br />

gedrungne Bedientenhaftigkeit auszutilgen.<br />

(Friedrich Engels, Herrn Eugen Dührings Umwälzung <strong>der</strong> Wissenschaft, MEW,<br />

Bd. 20, S. 154, 169-171)<br />

6. Friedrich Engels über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> Revolution (1882)<br />

Einen europäischen <strong>Krieg</strong> würde ich für ein Unglück halten, diesmal würde er<br />

furchtbar ernst werden, überall den Chauvinismus entflammen auf Jahre hinaus,<br />

da jedes Volk um die Existenz kämpfen würde. <strong>Die</strong> ganze Arbeit <strong>der</strong> Revolutionäre<br />

in Rußland, die am Vorabend des Siegs stehn, wäre nutzlos, vernichtet;<br />

unsre Partei in Deutschland würde momentan von <strong>der</strong> Flut des Chauvinismus<br />

überschwemmt <strong>und</strong> gesprengt, <strong>und</strong> ebenso ging’s in Frankreich. ... Ein solcher<br />

<strong>Krieg</strong>, glaube ich, würde die Revolution um 10 Jahre aufschieben, nachher<br />

würde sie freilich um so gründlicher.<br />

(Friedrich Engels an August Bebel, MEW, Bd. 35, S. 416)<br />

7. Friedrich Engels über sozialistische Ordnung <strong>und</strong> <strong>Krieg</strong> (1882)<br />

Ist Europa erst reorganisiert <strong>und</strong> Nordamerika, so gibt das eine so kolossale<br />

Macht <strong>und</strong> ein solches Exempel, daß die halbzivilisierten Län<strong>der</strong> ganz von selbst<br />

ins Schlepptau kommen; das besorgen allein schon die ökonomischen Bedürfnisse.<br />

Welche sozialen <strong>und</strong> politischen Phasen aber diese Län<strong>der</strong> dann durchzumachen<br />

haben, bis sie ebenfalls zur sozialistischen Organisation kommen, darüber,<br />

glaube ich, können wir heute nur ziemlich müßige Hypothesen aufstellen. Nur<br />

das eine ist sicher: das siegreiche Proletariat kann keinem fremden Volk irgendwelche<br />

Beglückung aufzwingen, ohne damit seinen eignen Sieg zu untergraben.<br />

Womit natürlich Verteidigungskriege verschiedner Art keineswegs ausgeschlossen<br />

sind.<br />

(Friedrich Engels an Kautsky, MEW, Bd. 35, S. 358)<br />

Texte<br />

59


8. Friedrich Engels über Ursprung <strong>und</strong> Wesen des <strong>Krieg</strong>es (1884)<br />

Was außerhalb des Stammes, war außerhalb des Rechts. Wo nicht ausdrücklicher<br />

<strong>Frieden</strong>svertrag vorlag, herrschte <strong>Krieg</strong> von Stamm zu Stamm, <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong><br />

wurde geführt mit <strong>der</strong> Grausamkeit, die den Menschen vor den übrigen Tieren<br />

auszeichnet <strong>und</strong> die erst später gemil<strong>der</strong>t wurde durch das Interesse. ... Der<br />

Stamm blieb die Grenze für den Menschen, sowohl dem Stammesfremden als<br />

auch sich selbst gegenüber. (S. 97)<br />

Wir sehn also in <strong>der</strong> griechischen Verfassung <strong>der</strong> Heldenzeit die alte Gentilorganisation<br />

noch in lebendiger Kraft, aber auch schon den Anfang ihrer Untergrabung:<br />

... <strong>der</strong> alte <strong>Krieg</strong> von Stamm gegen Stamm bereits ausartend in systematische<br />

Räuberei zu Land <strong>und</strong> zur See, um Vieh, Sklaven, Schätze zu erobern, in<br />

regelrechte Erwerbsquelle. (S. 105)<br />

Nach außen gleicht <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> aus; er kann mit Vernichtung des Stamms endigen,<br />

nie aber mit seiner Unterjochung. Es ist das Großartige, aber auch das<br />

Beschränkte <strong>der</strong> Gentilverfassung, daß sie für Herrschaft <strong>und</strong> Knechtung keinen<br />

Raum hat. (S. 152)<br />

Heerführer, Rat, Volksversammlung bilden die Organe <strong>der</strong> zu einer militärischen<br />

Demokratie fortentwickelten Gentilgesellschaft. Militärisch - denn <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong><br />

die Organisation zum <strong>Krieg</strong> sind jetzt regelmäßige Funktionen des Volkslebens<br />

geworden. <strong>Die</strong> Reichtümer <strong>der</strong> Nachbarn reizen die Habgier von Völkern, bei<br />

denen Reichtumserwerb schon als einer <strong>der</strong> ersten Lebenszwecke erscheint. Sie<br />

sind Barbaren: Rauben gilt ihnen für leichter <strong>und</strong> selbst für ehrenvoller als Erarbeiten.<br />

Der <strong>Krieg</strong>, früher nur geführt zur Rache für Übergriffe o<strong>der</strong> zur Ausdehnung<br />

des unzureichend gewordnen Gebiets, wird jetzt des bloßen Raubs wegen<br />

geführt, wird stehen<strong>der</strong> Erwerbszweig. (S. 159 f.)<br />

(Friedrich Engels, Der Ursprung <strong>der</strong> Familie, des Privateigentums <strong>und</strong> des Staats,<br />

MEW, Bd. 21, S. 97, 105, 152, 159f.)<br />

9. Friedrich Engels über Abrüstung <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong> (1893)<br />

Ich gehe ... von <strong>der</strong> Voraussetzung aus, die sich mehr <strong>und</strong> mehr allgemeine Anerkennung<br />

erobert: daß das System <strong>der</strong> stehenden Heere in ganz Europa auf die<br />

Spitze getrieben ist in einem Grad, wo es entwe<strong>der</strong> die Völker durch die Militärlast<br />

ökonomisch ruinieren o<strong>der</strong> in einen allgemeinen Vernichtungskrieg ausarten<br />

muß, es sei denn, die stehenden Heere werden rechtzeitig umgewandelt in eine<br />

auf allgemeiner Volksbewaffnung beruhenden Miliz.<br />

Ich versuche, den Beweis zu führen, daß diese Umwandlung schon jetzt möglich<br />

ist, auch für die heutigen Regierungen <strong>und</strong> unter <strong>der</strong> heutigen politischen Lage.<br />

60 Texte


Ich gehe also von dieser Lage aus <strong>und</strong> schlage einstweilen nur solche Mittel vor,<br />

die jede heutige Regierung ohne Gefahr <strong>der</strong> Landessicherheit annehmen kann.<br />

Ich suche nur festzustellen, daß vom rein militärischen Standpunkt <strong>der</strong> allmählichen<br />

Abschaffung <strong>der</strong> stehenden Heere absolut nichts im Wege steht; <strong>und</strong> daß,<br />

wenn trotzdem diese Heere aufrechterhalten werden, dies nicht aus militärischen,<br />

son<strong>der</strong>n aus politischen Gründen geschieht, daß also mit einem Wort die<br />

Armeen schützen sollen nicht so sehr gegen den äußren wie gegen den innren<br />

Feind. (S. 371)<br />

Seit fünf<strong>und</strong>zwanzig Jahren rüstet ganz Europa in bisher unerhörtem Maß. Je<strong>der</strong><br />

Großstaat sucht dem an<strong>der</strong>n den Rang abzugewinnen in <strong>Krieg</strong>smacht <strong>und</strong> <strong>Krieg</strong>sbereitschaft.<br />

... Ist es da nicht Torheit, von Abrüstung zu reden?<br />

Und doch rufen in allen Län<strong>der</strong>n die Volksklassen, die fast ausschließlich die<br />

Masse <strong>der</strong> Soldaten zu stellen <strong>und</strong> die Masse <strong>der</strong> Steuern zu zahlen haben, nach<br />

Abrüstung. Und doch hat überalldie Anstrengung den Grad erreicht, wo die Kräfte<br />

- hier die Rekruten, dort die Gel<strong>der</strong>, am dritten Ort beide - zu versagen beginnen.<br />

Gibt es denn keinen Ausweg aus dieser Sackgasse außer durch einen Verwüstungskrieg,<br />

wie die Welt noch keinen gesehen hat?<br />

Ich behaupte: <strong>Die</strong> Abrüstung <strong>und</strong> damit die Garantie des <strong>Frieden</strong>s ist möglich,<br />

sie ist sogar verhältnismäßig leicht durchführbar, <strong>und</strong> Deutschland, mehr als ein<br />

andrer zivilisierter Staat, hat zu ihrer Durchführung die Macht wie den Beruf.<br />

(S. 373)<br />

Es träte als <strong>Frieden</strong>sstifter auf in einer Weise, die keinen Zweifel zuläßt. Es<br />

erklärte sich bereit, voranzugehn im Werk <strong>der</strong> Abrüstung, wie dies von Rechts<br />

wegen dem Lande zukommt, das das Signal zur Rüstung gegeben hat. Das<br />

Mißtrauen müßte sich in Zutrauen, die Abneigung in Sympathie verwandeln.<br />

(S. 398)<br />

(Friedrich Engels, Kann Europa abrüsten? MEW, Bd. 22, S. 371, 373, 398)<br />

10. Karl Liebknecht über Militarismus <strong>und</strong> Antimilitarismus (1907)<br />

Der Militarismus ist eine <strong>der</strong> wichtigsten <strong>und</strong> energischsten Lebensäußerungen<br />

<strong>der</strong> meisten Gesellschaftsordnungen, weil in ihm <strong>der</strong> nationale, kulturelle <strong>und</strong><br />

klassenmäßige Selbsterhaltungstrieb, dieser elementarste aller Triebe, am stärksten,<br />

konzentriertesten, ausschließlichsten zum Ausdruck kommt. (254)Der Militarismus<br />

ist nichts spezifisch Kapitalistisches. Er ist vielmehr allen Klassengesellschaftsordnungen,<br />

von denen die kapitalistische die letzte ist, eigen <strong>und</strong><br />

wesentlich. Freilich entwickelte <strong>der</strong> Kapitalismus ebenso wie jede an<strong>der</strong>e Klassengesellschaftsordnung<br />

seine beson<strong>der</strong>e Sorte Militarismus; denn <strong>der</strong> Militaris-<br />

Texte<br />

61


mus ist seinem Wesen nach Mittel zum Zweck o<strong>der</strong> zu mehreren Zwecken, ...<br />

(S. 266)<br />

<strong>Die</strong> Armee <strong>der</strong> kapitalistischen Gesellschaftsordnung ... ist zuvör<strong>der</strong>st eine nationale<br />

Einrichtung, bestimmt zum Angriff nach außen o<strong>der</strong> zum Schutz gegen eine<br />

Gefährdung von außen, kurzum bestimmt für internationale Verwicklungen o<strong>der</strong>,<br />

um ein militärisches Schlagwort zu gebrauchen, gegen den äußeren Feind.<br />

(S. 267)<br />

Der Militarismus ist aber nicht nur Wehr <strong>und</strong> Waffe gegen den äußeren Feind,<br />

seiner harrt eine zweite Aufgabe, die mit <strong>der</strong> schärferen Zuspitzung <strong>der</strong> Klassengegensätze<br />

<strong>und</strong> mit dem Anwachsen des proletarischen Klassenbewußtseins<br />

immer näher in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> rückt, die äußere Form des Militarismus <strong>und</strong><br />

seinen inneren Charakter mehr <strong>und</strong> mehr bestimmend: die Aufgabe des Schutzes<br />

<strong>der</strong> herrschenden Gesellschaftsordnung, einer Stütze des Kapitalismus <strong>und</strong> aller<br />

Reaktion gegenüber dem Befreiungskampf <strong>der</strong> Arbeiterklasse. (S. 276 f.)<br />

An <strong>und</strong> für sich ist <strong>der</strong> Antimilitarismus nichts Proletarisch- Revolutionäres,<br />

sowenig wie <strong>der</strong> Militarismus etwas spezifisch Bürgerlich-Kapitalistisches ist. ...<br />

Das letzte Ziel des Antimilitarismus ist die Beseitigung des Militarismus, das<br />

heißt:Beseitigung des Heeres in je<strong>der</strong> Form, mit <strong>der</strong> dann notwendig alle die<br />

gekennzeichneten sonstigen Erscheinungen des Militarismus fallen, die sich im<br />

Gr<strong>und</strong>e nur als Nebenwirkungen <strong>der</strong> Existenz des Heeres darstellen. ... <strong>Die</strong> Notwendigkeit<br />

des Heerwesens auch für den Kapitalismus könnte, logisch betrachtet,<br />

beseitigt werden durch Beseitigung <strong>der</strong> Konfliktsmöglichkeiten o<strong>der</strong> durch<br />

gleichmäßige internationaleWehrlosmachung. ... Der Glaube, daß all dies unter<br />

<strong>der</strong> Herrschaft des Kapitalismus ... durchgesetzt werden könne, ist ein wahrer<br />

Köhlerglaube. ... Eine Tendenz zur Herbeiführung internationaler gleichmäßiger<br />

Wehrlosmachung kann auch <strong>der</strong> Antimilitarismus sein, wenn es ihm gelingt, die<br />

tatsächlich vorhandenen Heere aktionsunfähig zu machen o<strong>der</strong> wenigstens ihre<br />

Aktionsfähigkeit zu lähmen. (S. 419 - 421)<br />

Wenn wir uns also auch die absolute Wehrlosmachung vorläufig nur für Ausnahmefälle<br />

zum Ziele setzen können, so gibt es doch keine gr<strong>und</strong>sätzlichen <strong>und</strong><br />

keine praktischen Bedenken gegen die relative Wehrlosmachung, die nur die<br />

Tauglichkeit des Heeres zum Angriff min<strong>der</strong>t. (S. 426)<br />

(Karl Liebknecht, Militarismus <strong>und</strong> Antimilitarismus, Gesammelte Reden <strong>und</strong><br />

Schriften; Bd. I, Berlin 1958, S. 254-426)<br />

62 Texte


11. Karl Kautsky über die Garantie für eine ständige Fortdauer des<br />

<strong>Frieden</strong>s (1911)<br />

Dafür gibt es heute nur einen Weg: die Vereinigung <strong>der</strong> Staaten <strong>der</strong> europäischen<br />

Zivilisation in einem B<strong>und</strong>e mit gemeinsamer Handelspolitik, einem B<strong>und</strong>esparlament,<br />

einer B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> einem B<strong>und</strong>esheer - die Herstellung <strong>der</strong> Vereinigten<br />

Staaten von Europa.<br />

Gelänge dies, so wäre Ungeheures erreicht. <strong>Die</strong>se Vereinigten Staaten besäßen<br />

eine solche Übermacht, daß sie ohne jeglichen <strong>Krieg</strong> alle andren Nationen,<br />

soweit sie sich ihnen nicht freiwillig anschlössen, dazu zwingen könnten, ihre<br />

Armeen aufzulösen, ihre Flotten aufzugeben. Damit hörte aber auch für die neuen<br />

Vereinigten Staaten selbst jede Notwendigkeit einer Bewaffnung auf. Sie könnten<br />

nun nicht bloß auf alle weiteren Rüstungen, auf das stehende Heer, auf die<br />

Angriffswaffen zur See verzichten, <strong>der</strong>en Aufgeben wir heute schon for<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n<br />

auch auf jegliches Mittel <strong>der</strong> Verteidigung, auf das Milizsystem selbst.<br />

Damit wäre die Ära des ewigen <strong>Frieden</strong>s sicher begründet.<br />

(Karl Kautsky, <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>. Betrachtungen zur Maifeier, <strong>Die</strong> Neue Zeit<br />

(Stuttgart), 29. Jg. 1910/11, Zweiter Band, S. 105/106)<br />

12. Rosa Luxemburg über den Gegensatz von bürgerlicher <strong>und</strong> sozialistischer<br />

<strong>Frieden</strong>sidee <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>saktion (1911)<br />

<strong>Die</strong> bürgerlichen <strong>Frieden</strong>sfre<strong>und</strong>e sind bemüht - <strong>und</strong> das ist von ihrem Standpunkte<br />

ganz logisch <strong>und</strong> erklärlich - allerlei ‘praktische’ Projekte zur allmählichen<br />

Eindämmung des Militarismus zu ersinnen, sowie sie naturgemäß geneigt<br />

sind, jedes äußere, scheinbare Anzeichen einer Tendenz zum <strong>Frieden</strong> für bare<br />

Münze zu nehmen, jede Äußerung <strong>der</strong> herrschenden Diplomatie nach dieser<br />

Richtung beim Wort zu fassen <strong>und</strong> zum Ausgangspunkt einer ernsten Aktion aufzubauschen.<br />

<strong>Die</strong> Sozialdemokratie kann umgekehrt hier, wie in allen Stücken <strong>der</strong><br />

sozialen Kritik, ihren Beruf nur darin erblicken, die bürgerlichen Anläufe zur<br />

Eindämmung des Militarismus als jämmerliche Halbheiten, die Äußerungen in<br />

diesem Sinne, namentlich aus Regierungskreisen, als diplomatisches Schattenspiel<br />

zu entlarven <strong>und</strong> dem bürgerlichen Wort <strong>und</strong> Schein die rücksichtslose<br />

Analyse <strong>der</strong> kapitalistischen Wirklichkeit entgegenzustellen. ... Damit wäre klar<br />

zum Ausdruck gebracht, was den Kern <strong>der</strong> sozialdemokratischen Auffassung bildet:<br />

daß <strong>der</strong> Militarismus in seinen beiden Formen - als <strong>Krieg</strong> wie als bewaffneter<br />

Friede - ein legitimes Kind, ein logisches Ergebnis des Kapitalismus ist, das<br />

nur mit dem Kapitalismus zusammen überw<strong>und</strong>en werden kann, daß also, wer<br />

aufrichtig den Weltfrieden <strong>und</strong> die Befreiung von <strong>der</strong> furchtbaren Last <strong>der</strong><br />

Rüstungen wolle, auch den Sozialismus wollen müsse. (S. 493 f.)<br />

Texte<br />

63


Das Utopische des Standpunkts, <strong>der</strong> eine <strong>Frieden</strong>sära <strong>und</strong> die Rückbildung des<br />

Militarismus in <strong>der</strong> heutigen Gesellschaft erwartet, kommt deutlich darin zum<br />

Ausdruck, daß er zur Projektenmacherei Zuflucht nimmt. Es ist ja typisch für<br />

utopische Bestrebungen, daß sie, um ihre Realisierbarkeit zu beweisen, möglichst<br />

detaillierte ‘praktische’ Rezepte aushecken. Dahin gehört auch das Projekt<br />

<strong>der</strong> ‘Vereinigten Staaten Europas’ als Basis zur Einschränkung des internationalen<br />

Militarismus. (S. 498)<br />

Heute ist Europa nur ein Glied in <strong>der</strong> wirren Kette internationaler Zusammenhänge<br />

<strong>und</strong> Gegensätze. ... Nur wenn man plötzlich all diese Vorgänge <strong>und</strong> Verschiebungen<br />

aus den Augen verliert ..., kann man z.B. davon reden, daß wir seit<br />

40 Jahren einen ununterbrochenen <strong>Frieden</strong> haben. <strong>Die</strong>ser Standpunkt, für den<br />

nur die Vorgänge auf dem europäischen Kontinent existieren, bemerkt gar nicht,<br />

daß wir gerade deshalb seit Jahrzehnten keinen <strong>Krieg</strong> in Europa haben, weil die<br />

internationalen Gegensätze über die engen Schranken des europäischen Kontinents<br />

ins ungemessene hinausgewachsen sind, weil europäische Fragen <strong>und</strong><br />

Interessen jetzt auf dem Weltmeer <strong>und</strong> nicht in dem europäischen Krähwinkel<br />

ausgefochten werden. (S. 501)<br />

(Rosa Luxemburg, <strong>Frieden</strong>sutopien, Gesammelte Werke, Bd. 2, Berlin 1972,<br />

S. 493 f., 498, 501)<br />

13. Rosa Luxemburg über Bedingungen <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sverhütung (1914)<br />

Wir Sozialdemokraten erlauben uns allerdings, <strong>der</strong> Meinung zu sein, daß es<br />

we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Menschennatur noch dem Kulturfortschritt entspricht, daß die Völker<br />

zueinan<strong>der</strong> wie reißende Bestien stehen <strong>und</strong> von Zeit zu Zeit ihre Konflikte auf<br />

dem Wege des blutigen Massenmordes lösen. ... Wir wissen sehr wohl, daß wir<br />

den ewigen <strong>Frieden</strong>, die internationale Solidarität erst dann zu Fleisch <strong>und</strong> Blut<br />

machen können, wenn es uns gelingen wird, auch die Ausbeutung des Menschen<br />

durch den Menschen, das Privateigentum, den Kapitalismus abzuschaffen.<br />

(S. 417 f.)<br />

Wir sind <strong>der</strong> Auffassung, daß nicht die Armee, son<strong>der</strong>n die gesamte große Volksmasse<br />

diejenige ist, von <strong>der</strong>en Willen es abhängt <strong>und</strong> abhängen muß, ob <strong>Krieg</strong>e<br />

stattfinden sollen. ... Wir wenden <strong>und</strong> an das gesamte arbeitende Volk, dem sagen<br />

wir: Ihr alle, Millionen, die ihr seid, ihr Männer <strong>und</strong> Frauen <strong>der</strong> Arbeit, ihr zahlt<br />

ja Steuern zur Erhaltung des Staates <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>e <strong>und</strong> des Militärs. Ihr schickt<br />

eure Söhne ins Feuer, ihr habt’s an eurem Buckel auszukosten, wenn ein <strong>Krieg</strong><br />

auf Jahre, auf Jahrzehnte die ruhige wirtschaftliche <strong>und</strong> kulturelle Entwicklung<br />

aufhält. Von Euch hängt es ab, ein Veto einzulegen gegen diese halsbrecherische<br />

Politik <strong>der</strong> herrschenden Klasse. Wir Sozialdemokraten sind <strong>der</strong> Auffassung, daß<br />

<strong>Krieg</strong>e sich heutzutage überhaupt nur führen lassen nicht, solange <strong>der</strong> Soldat<br />

64 Texte


gehorsam, son<strong>der</strong>n solange die Volksmasse die <strong>Krieg</strong>e geduldig sich gefallen<br />

läßt. (S. 422)<br />

(Rosa Luxemburg, Diskussionsbeitrag <strong>und</strong> Schlußwort am 7.März 1914 in <strong>der</strong> Protestversammlung<br />

gegen die Verurteilung Rosa Luxemburgs in Freiburg i. Br.,<br />

Gesammelte Werke, Bd. 3, Berlin 1973, S. 417 f., 422)<br />

14. Franz Mehring über das Wesen des <strong>Krieg</strong>es (1914)<br />

Der <strong>Krieg</strong> ist niemals ein isolierter Akt, <strong>der</strong> aus dem normalen Verlaufe <strong>der</strong><br />

Dinge herausfällt; er ist die unzertrennliche Begleiterscheinung wenn auch nicht<br />

des Menschlichen, so doch - eine Einschränkung, die Clausewitz nicht gemacht<br />

hat <strong>und</strong> für seine Zeit auch noch nicht machen konnte - je<strong>der</strong> auf Klassengegensätzen<br />

aufgebauten Gesellschaft. Der <strong>Krieg</strong> ist die Entladung historischer<br />

Gegensätze, die sich <strong>der</strong>maßen zugespitzt haben, daß es kein an<strong>der</strong>es Mittel gibt,<br />

sie auszugleichen, da es <strong>der</strong> Klassengesellschaft an einem Richterstuhle fehlt,<br />

vor dem die Streitfragen, die im <strong>Krieg</strong>e durch die Gewalt <strong>der</strong> Waffen entschieden<br />

werden, mit rechtlichen <strong>und</strong> sittlichen Gründen ausgefochten werden können.<br />

So ist <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> eine Sache <strong>der</strong> Politik, nicht aber eine Sache des Rechts o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Sittlichkeit o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> Strafjustiz. <strong>Krieg</strong> wird nicht geführt, um die Gegner für<br />

ihre angeblichen o<strong>der</strong> wirklichen Sünden zu strafen, son<strong>der</strong>n um den Wi<strong>der</strong>stand<br />

zu brechen, <strong>der</strong> sich gegen die eigenen Interessen erhoben hat. Er ist auch keine<br />

Sache für sich, die ihren Zweck in sich selber trägt, son<strong>der</strong>n ein organischer<br />

Bestandteil einer Politik, an <strong>der</strong>en Voraussetzungen er geb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Bedürfnissen er seine Erfolge anzupassen hat.<br />

(Franz Mehring, Vom Wesen des <strong>Krieg</strong>es, Zur <strong>Krieg</strong>sgeschichte <strong>und</strong> Militärfrage,<br />

Gesammelte Schriften, Bd. 8, Berlin 1967, S. 291 f.)<br />

15. Franz Mehring über die moralische Unvernünftigkeit <strong>und</strong> die<br />

wirkliche Erkenntnis des <strong>Krieg</strong>es (1915)<br />

In gewissem Sinne war die bürgerliche Aufklärung eine einzige große Illusion,<br />

wodurch sie freilich, den heutigen Illusionsvernichtern zum Trotz, nicht aufgehört<br />

hat, eine weltgeschichtliche Erscheinung zu sein. Aber sie war es nirgends<br />

sosehr wie in ihrem Kampfe gegen den <strong>Krieg</strong>. Sie hat den <strong>Krieg</strong> mit allen Waffen<br />

bekämpft, über die sie verfügen konnte, mit schneiden<strong>der</strong> Logik, mit beißendem<br />

Witze, mit hönischem Spott, mit flammendem Zorn, aber dem <strong>Krieg</strong>e auch nur<br />

einen Strohhalm in den Weg zu legen ist ihr versagt geblieben. Im Gegenteil<br />

wurde <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> in <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft ein viel stärkerer Hebel <strong>der</strong><br />

geschichtlichen Entwicklung, als er je in <strong>der</strong> feudalen Gesellschaft gewesen war.<br />

<strong>Die</strong> bürgerliche Aufklärung beschoß den <strong>Krieg</strong> mit Raketen, die ein mehr o<strong>der</strong><br />

min<strong>der</strong> grelles Licht auf ihn warfen, was diesen robusten Burschen keinen<br />

Texte<br />

65


Augenblick bekümmerte, aber nie mit Kugeln, die ihn überhaupt nur verw<strong>und</strong>eten,<br />

geschweige denn ins Herz trafen. Sie konnte ihn schon deshalb nicht an den<br />

Leib, weil er für sie, bei allem furchtbaren Nachdruck, womit er seine Gegenwart<br />

bemerkbar machte,doch ein unsichtbarer Gegner blieb; sie verstand nichts von<br />

seinen Ursachen <strong>und</strong> seinem Wesen, <strong>und</strong> deshalb tappte sie völlig im dunkeln,<br />

wenn es auf die Frage ankam, wie er beseitigt werden könne. ... So ist <strong>der</strong> kleinste<br />

Beitrag zur wirklichen Erkenntnis des <strong>Krieg</strong>es immer noch wertvoller als die<br />

herrlichste Zornrede gegen den <strong>Krieg</strong>. Worauf es uns ankommen muß, ist nicht,<br />

die moralische Unvernünftigkeit des <strong>Krieg</strong>es zu beweisen - denn das besorgt <strong>der</strong><br />

<strong>Krieg</strong> schon selbst -, son<strong>der</strong>n die historische Vernunft zu erkennen, die er innerhalb<br />

<strong>der</strong> Klassengesellschaft hat. ... <strong>Die</strong> eigentümliche Schwierigkeit <strong>der</strong> Aufgabe,<br />

die hier zu lösen ist, besteht darin, daß sie die Dinge erkennen soll, wie sie<br />

sind, ohne daß die Erkenntnis <strong>der</strong> Dinge je die Grenze überschreitet, wo sie sich<br />

in eine Anerkennung verwandelt.<br />

(Franz Mehring, <strong>Krieg</strong>sgeschichtliche Probleme, Ebenda, S. 405 f.)<br />

16. Wladimir I. Lenin über die Stellung <strong>der</strong> Sozialisten zum<br />

<strong>Krieg</strong>(1915)<br />

<strong>Die</strong> Sozialisten haben die <strong>Krieg</strong>e unter den Völkern stets als eine barbarische<br />

<strong>und</strong> bestialische Sache verurteilt. Aber unsere Stellung zum <strong>Krieg</strong> ist eine<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich an<strong>der</strong>e als die <strong>der</strong> bürgerlichen Pazifisten (<strong>der</strong> <strong>Frieden</strong>sfre<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>sprediger) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anarchisten. Von den ersteren unterscheiden wir<br />

uns durch unsere Einsicht in den unabän<strong>der</strong>lichen Zusammenhang <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>e<br />

mit dem Kampf <strong>der</strong> Klassen im Innern eines Landes, durch die Erkenntnis <strong>der</strong><br />

Unmöglichkeit, die <strong>Krieg</strong>e abzuschaffen, ohne die Klassen abzuschaffen <strong>und</strong> den<br />

Sozialismus aufzubauen, ferner dadurch, daß wir die Berechtigung, Fortschrittlichkeit<br />

<strong>und</strong> Notwendigkeit von Bürgerkriegen voll <strong>und</strong> ganz anerkennen, d.h.<br />

von <strong>Krieg</strong>en <strong>der</strong> unterdrückten Klasse gegen die unterdrückende Klasse, <strong>der</strong><br />

Sklaven gegen die Sklavenhalter, <strong>der</strong> leibeigenen Bauern gegen die Gutsbesitzer,<br />

<strong>der</strong> Lohnarbeiter gegen die Bourgeoisie. Von den Pazifisten wie von den Anarchisten<br />

unterscheiden wir Marxisten uns weiter dadurch, daß wir es für notwendig<br />

halten, einen jeden <strong>Krieg</strong> in seiner Beson<strong>der</strong>heit historisch (vom Standpunkt<br />

des Marxschen dialektischen Materialismus) zu analysieren. Es hat in <strong>der</strong><br />

Geschichte manche <strong>Krieg</strong>e gegeben, die trotz aller Greuel, Bestialitäten, Leiden<br />

<strong>und</strong> Qualen, die mit jedem <strong>Krieg</strong> unvermeidlich verknüpft sind, fortschrittlich<br />

waren, d.h. <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Menschheit Nutzen brachten, da sie halfen,<br />

beson<strong>der</strong>s schädliche <strong>und</strong> reaktionäre Einrichtungen (z.B. den Absolutismus<br />

66 Texte


o<strong>der</strong> die Leibeigenschaft) <strong>und</strong> die barbarischsten Despotien Europas (die türkische<br />

<strong>und</strong> die russische) zu untergraben.<br />

(Wladimir I. Lenin, Sozialismus <strong>und</strong> <strong>Krieg</strong>, LW, Bd. 21, S. 299)<br />

17. Karl Liebknecht über den imperialistischen <strong>Krieg</strong> (1916)<br />

Der jetzige <strong>Krieg</strong> ist kein <strong>Krieg</strong> zur Verteidigung nationaler Unversehrtheit o<strong>der</strong><br />

zur Befreiung unterdrückter Völker o<strong>der</strong> zur Wohlfahrt <strong>der</strong> Massen.<br />

Er bedeutet vom Standpunkt des Proletariats nur die äußerste Konzentration <strong>und</strong><br />

Steigerung <strong>der</strong> politischen Unterdrückung, <strong>der</strong> wirtschaftlichen Aussaugung, <strong>der</strong><br />

militaristischen Ausschlachtung von Leib <strong>und</strong> Leben <strong>der</strong> Arbeiterklasse zum<br />

kapitalistischen <strong>und</strong> absolutistischen Vorteil.<br />

Darauf gibt es nur eine Antwort <strong>der</strong> Arbeiterklasse aller Län<strong>der</strong>: verschärften<br />

Kampf, internationalen Klassenkampf gegen die kapitalistischen Regierungen<br />

<strong>und</strong> die herrschenden Klassen aller Län<strong>der</strong>, für die Beseitigung jener Unterdrückung<br />

<strong>und</strong> Ausbeutung, für die Beendigung des <strong>Krieg</strong>es durch einen <strong>Frieden</strong><br />

im sozialistischen Geist. ... Der Ruf „Nie<strong>der</strong> mit dem <strong>Krieg</strong>!“ soll zum Ausdruck<br />

bringen, daß ich dem jetzigen <strong>Krieg</strong> nach seinem geschichtlichen Wesen, nach<br />

seinen allgemeinen gesellschaftlichen Ursachen <strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Form seiner<br />

Entstehung, nach <strong>der</strong> Art, wie, <strong>und</strong> nach den Zielen, für die er geführt wird, in<br />

gr<strong>und</strong>sätzlicher Verurteilung <strong>und</strong> Feindschaft gegenüberstehe <strong>und</strong> daß es die<br />

Pflicht jedes Sozialisten, jedes Vertreters proletarischer Interessen ist, am internationalen<br />

Klassenkampf für seine Beendigung teilzunehmen. ... <strong>Die</strong> von mir vertretene<br />

Politik ist in dem Beschluß des Internationalen Sozialistischen Kongresses<br />

zu Stuttgart (1907) vorgezeichnet, <strong>der</strong> die Sozialisten aller Län<strong>der</strong>, nachdem<br />

sie den <strong>Krieg</strong> nicht verhin<strong>der</strong>t haben, verpflichtet, mit allen Mitteln auf seine<br />

schnelle Beendigung hinzuwirken <strong>und</strong> die durch ihn geschaffenen Verhältnisse<br />

auszunutzen, um die Beseitigung <strong>der</strong> kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu<br />

beschleunigen.<br />

(Karl Liebknecht, Das Zuchthausurteil gegen Karl Liebknecht, Gesammelte Reden<br />

<strong>und</strong> Schriften, Bd. IX, Berlin 1968, S. 14 f.)<br />

18. Wladimir I. Lenin über den imperialistischen <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> die<br />

sozialistische Revolution (1918)<br />

Schon viele Jahre vor dem <strong>Krieg</strong> haben die Sozialisten aller Län<strong>der</strong> darauf hingewiesen<br />

<strong>und</strong> auf ihren Kongressen feierlich erklärt, daß ein <strong>Krieg</strong> zwischen fortgeschrittenen<br />

Län<strong>der</strong>n nicht nur das größte Verbrechen wäre, daß dieser <strong>Krieg</strong><br />

um die Aufteilung <strong>der</strong> Kolonien, um die Teilung <strong>der</strong> Beute <strong>der</strong> Kapitalisten nicht<br />

nur den völligen Bruch mit den Errungenschaften mo<strong>der</strong>nster Zivilisation <strong>und</strong><br />

Texte<br />

67


Kultur bedeuten wird, son<strong>der</strong>n daß er auch zur Untergrabung <strong>der</strong> Existenzbedingungen<br />

<strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft führen kann <strong>und</strong> unweigerlich führen<br />

wird. Denn zum erstenmal in <strong>der</strong> Geschichte werden die gewaltigsten Errungenschaften<br />

<strong>der</strong> Technik in solchen Ausmaßen, so zerstörerisch <strong>und</strong> mit solcher<br />

Energie zur Massenvernichtung von Millionen Menschenleben verwendet. Bei<br />

solchem Einsatz aller Produktionsmittel im <strong>Die</strong>nste des <strong>Krieg</strong>es sehen wir, daß<br />

die bitterste Prophezeihung in Erfüllung geht <strong>und</strong> daß Verwil<strong>der</strong>ung, Hungersnot<br />

<strong>und</strong> vollständiger Verfall aller Produktivkräfte eine immer größer <strong>und</strong> größer werdende<br />

Zahl von Län<strong>der</strong>n erfassen.<br />

Mir fällt deshalb ein, wie recht einer <strong>der</strong> großen Begrün<strong>der</strong> des wissenschaftlichen<br />

Sozialismus, Engels, hatte, als er 1887 schrieb, <strong>der</strong> europäische <strong>Krieg</strong><br />

werde nicht nur dazu führen, daß die Kronen, wie er sich ausdrückte, zu Dutzenden<br />

von den gekrönten Häuptern rollen werden <strong>und</strong> niemand sich finden<br />

wird, <strong>der</strong> sie aufhebt, son<strong>der</strong>n daß dieser <strong>Krieg</strong> auch eine unerhörte Vertierung,<br />

Verwil<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Rückständigkeit ganz Europas nach sich ziehen wird, zugleich<br />

aber <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> entwe<strong>der</strong> die Herrschaft <strong>der</strong> Arbeiterklasse nach sich ziehen o<strong>der</strong><br />

die Bedingungen herstellen werde, die diese Herrschaft unvermeidlich machen.<br />

Der Mitbegrün<strong>der</strong> des Marxismus drückte sich hier doppelt vorsichtig aus, denn<br />

er sah klar, daß es zum Zusammenbruch des Kapitalismus, zur Ausbreitung des<br />

Sozialismus führen wird, wenn die Geschichte diesen Weg einschlägt, daß man<br />

sich jedoch einen qualvolleren, schwereren Übergang, eine schlimmere Not, eine<br />

härtere, alle Produktivkräfte untergrabende Krise überhaupt nicht vorstellen<br />

kann.<br />

(Wladimir I. Lenin, Gemeinsame Sitzung des Gesamtrussischen Zentralexekutivkomitees,<br />

des Moskauer Sowjets <strong>der</strong> Arbeiter-, Bauern- <strong>und</strong> Rotarmistendeputierten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaften, LW, Bd. 27, S. 420 f.)<br />

19. Wladimir I. Lenin über friedliche Koexistenz (1922)<br />

Es gibt schließlich im Lager aller bürgerlichen Län<strong>der</strong> eine Strömung, die man<br />

als pazifistisch bezeichnen könnte <strong>und</strong> zu <strong>der</strong> auch die ganze II. <strong>und</strong> die zweieinhalbte<br />

Internationale gerechnet werden müssen. Das ist dasjenige Lager <strong>der</strong><br />

Bourgeoisie, das eine Reihe pazifistischer Vorschläge durchzusetzen <strong>und</strong> so<br />

etwas wie eine pazifistische Politik zu umreißen versucht. ... Wenn wir als Kaufleute<br />

nach Genua gehen, so ist es uns begreiflicherweise nicht gleichgültig, ob<br />

wir es mit jenen Vertretern des bürgerlichen Lagers zu tun haben, die zur kriegerischen<br />

Lösung <strong>der</strong> Frage neigen, o<strong>der</strong> mit jenen Vertretern des bürgerlichen<br />

Lagers, die zum Pazifismus neigen, mag er auch noch so unzulänglich sein <strong>und</strong> -<br />

vom Standpunkt des Kommunismus - keinerlei Kritik standhalten.<br />

(Wladimir I. Lenin, XI. Parteitag <strong>der</strong> KPR(B), LW, Bd. 33, S. 250)<br />

68 Texte


Eine <strong>der</strong> wichtigsten, wenn nicht unsere wichtigste politische Aufgabe in Genua<br />

ist es, diesen Flügel des bürgerlichen Lagers aus dem gesamten bürgerlichen<br />

Lager herauszulösen, uns zu bemühen, diesen Flügel für uns einzunehmen, nicht<br />

nur ein Handelsabkommen, son<strong>der</strong>n auch ein politisches Abkommen mit ihm von<br />

unserem Standpunkt aus für zulässig <strong>und</strong> wünschenswert zu erklären (als eine<br />

<strong>der</strong> wenigen Chancen einer friedlichen Entwicklung des Kapitalismus zu einer<br />

neuen Ordnung, wobei wir als Kommunisten hieran zwar nicht beson<strong>der</strong>s glauben,<br />

aber als Repräsentanten einer Macht, <strong>der</strong> die Mehrheit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Mächte<br />

feindlich gegenübersteht, doch bereit sind <strong>und</strong> es für unsere Pflicht halten,<br />

einen solchen Versuch zu unterstützen).<br />

(Wladimir I. Lenin, Entwurf eines Beschlusses des ZK <strong>der</strong> KPR(B) über die Aufgaben<br />

<strong>der</strong> sowjetischen Delegation in Genua, LW, Ergänzungsband 1917-1923,<br />

S. 422)<br />

Daher muß Punkt 1 <strong>der</strong> Beschlüsse von Cannes die Gleichberechtigung <strong>der</strong> beiden<br />

Eigentumssysteme (des kapitalistischen o<strong>der</strong> privaten Eigentums <strong>und</strong> des<br />

kommunistischen... anerkennen <strong>und</strong> somit, wenn auch nur indirekt, den Zusammenbruch,<br />

den Bankrott des ersten Eigentumssystems <strong>und</strong> die Unvermeidlichkeit<br />

eines Übereinkommens mit dem zweiten als einem gleichberechtigten Partner<br />

zugeben. ... Eine wirkliche Gleichberechtigung <strong>der</strong> beiden Eigentumssysteme,<br />

wenigstens als vorläufiger Zustand, solange nicht die ganze Welt vom Privateigentum<br />

<strong>und</strong> dem ökonomischen Chaos <strong>und</strong> den <strong>Krieg</strong>en, die es erzeugt, zur höheren<br />

Form des Eigentums übergegangen ist, findet sich nur im Vertrag von Rapallo.<br />

Deshalb begrüßt das Gesamtrussische ZEK den Rapallovertrag als den einzigen<br />

richtigen Ausweg aus den Schwierigkeiten, dem Chaos <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sgefahr.<br />

(Wladimir I. Lenin, Entwurf einer Entschließung des GesamtrussischenZentralexekutivkomitees<br />

zum Bericht <strong>der</strong> Delegation auf <strong>der</strong> Genuakonferenz, LW, Bd. 33,<br />

S. 342 f.)<br />

20. Karl Kautzky über <strong>Krieg</strong>, Fortschritt <strong>und</strong> Demokratie (1929)<br />

Nimmt man die Menschheit im allgemeinen, so hat <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> ihre Entwicklung<br />

sicher nur gehemmt, nicht geför<strong>der</strong>t, denn er bedeutete unter allen Umständen<br />

eine Vernichtung von Arbeitskräften <strong>und</strong> Produktionsmitteln <strong>und</strong> Kunstschätzen,<br />

also eine Verarmung <strong>der</strong> Menschheit. Wenn sie trotzdem reicher wird, geschieht<br />

es nur deshalb, weil die <strong>Krieg</strong>führung sich bisher als schwächer erweist, als <strong>der</strong><br />

Prozeß <strong>der</strong> Produktion. ... Hat aber <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> den Prozeß <strong>der</strong> Produktion im allgemeinen<br />

<strong>und</strong> damit die Gesellschaft nicht geför<strong>der</strong>t, so hat er auf eine bestimmte<br />

Art ihrer Entwicklung in höchstem Maße eingewirkt. Wenn sich die Menschheit<br />

nicht gleichmäßig entwickelte, Teile von ihr in völliger Unwissenheit blieben,<br />

sogar aus Wohlstand in Elend versanken, indes an<strong>der</strong>e glänzend aufstiegen<br />

Texte<br />

69


zu einer märchenhaften Entwicklung von Ueppigkeit, Wissen <strong>und</strong> Macht - wenn<br />

die gesellschaftliche Entwicklung zeitweise eine Bewegung in <strong>der</strong> Richtung zur<br />

Verschärfung aller Gegensätze wird, sowohl innerhalb <strong>der</strong> Menschheit zwischen<br />

den einzelnen Völkern, wie in manchem Volke zwischen seinen Klassen, dann<br />

verdanken wir das vor allem dem <strong>Krieg</strong>e. Der <strong>Krieg</strong> hat diese Gegensätze teils<br />

hervorgebracht, teils unendlich gesteigert.<br />

Man wird nicht dahin gelangen, sie zu überwinden, wenn nicht auch gleichzeitig<br />

die Bedingungen <strong>der</strong> Abschaffung des <strong>Krieg</strong>es erstehen.<br />

Ebensowenig aber ist es möglich, die Entwicklung <strong>der</strong> menschlichenGesellschaft<br />

völlig zu verstehen, ohne das Wesen des <strong>Krieg</strong>es zu erforschen.<br />

<strong>Die</strong> materialistische Geschichtsauffassung ist unvollkommen, wenn wir nicht ‘die<br />

gesellschaftliche Produktion des Lebens’, von <strong>der</strong> sie ausgeht, in einem Sinne<br />

fassen, <strong>der</strong> es ermöglicht, zu dieser Produktion den <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> die Vorbereitung<br />

des <strong>Krieg</strong>es ebenso zu rechnen, wie die Herstellung von Klei<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Wohnungen.<br />

Wir haben uns hier nicht zu fragen, ob <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> eine zweckmäßige Methode<br />

war, das Leben in <strong>der</strong> Gesellschaft zu erhalten, son<strong>der</strong>n ob er als solche galt<br />

<strong>und</strong> angewandt wurde, <strong>und</strong> welches die Bedingungen dafür waren. (I S. 862 f.)<br />

Je mehr wir uns dem Zustand allgemeiner Demokratie in allen Staaten mit nennenswerter<br />

Industrie nähern, desto überflüssiger werden Armeen zum Schutze<br />

des Landes. Desto sicherer wird es geschützt durch die Stärke <strong>der</strong> Demokratie<br />

hüben wie drüben. Allerdings ohne solche Demokratie sind Völkerb<strong>und</strong> <strong>und</strong> ewiger<br />

Friede eine Utopie. Sie waren es noch zur Zeit Kants. Erst in unseren Tagen<br />

beginnt die Demokratie wenigstens in den maßgebendsten Staaten genügend zu<br />

erstarken, um es zu ermöglichen, daß aus dem Zusammenleben von Staaten des<br />

in <strong>der</strong> Geschichte völlig neuen Typus <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Demokratie auch die völlig<br />

neue Institution <strong>der</strong> Abschaffung <strong>der</strong> Armeen <strong>und</strong> des <strong>Krieg</strong>es durch einen B<strong>und</strong><br />

dieser Staaten erwächst.<br />

In diesem Staate <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Demokratie beruht we<strong>der</strong> die Ausbeutung <strong>der</strong><br />

arbeitenden Klassen in seinem Innern, noch das Verhältnis zu seinen Nachbarn<br />

auf <strong>der</strong> kriegerischen Kraft seiner herrschenden Klasse. (II S. 446)<br />

(Karl Kautsky, <strong>Die</strong> materialistische Geschichtsauffassung, Berlin 1929, I. Bd.,<br />

S. 862 f., II. Bd., S. 446)<br />

70 Texte


21. <strong>Die</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien über <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong><br />

als Hauptfrage <strong>der</strong> Menschheit (1960)<br />

Das brennendste Problem unserer Zeit ist das Problem von <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>.<br />

Der <strong>Krieg</strong> ist eine ständige Begleiterscheinung des Kapitalismus. Das System <strong>der</strong><br />

Ausbeutung des Menschen durch den Menschen <strong>und</strong> das System <strong>der</strong> Ausrottung<br />

des Menschen durch den Menschen sind zwei Seiten <strong>der</strong> kapitalistische Ordnung.<br />

... Ungeheuerliche Massenvernichtungs- <strong>und</strong> Zerstörungsmittel sind entwickelt<br />

worden.<strong>Die</strong> Verwendung dieser Mittel in einem neuen <strong>Krieg</strong> kann in<br />

ganzen Län<strong>der</strong>n unglaubliche Zerstörungen anrichten <strong>und</strong> größte Zentren <strong>der</strong><br />

Weltproduktion wie auch <strong>der</strong> Weltkultur in Trümmer legen. So ein <strong>Krieg</strong> würde<br />

Hun<strong>der</strong>ten Millionen Menschen, darunter auch in Län<strong>der</strong>n, die am <strong>Krieg</strong> nicht<br />

teilnehmen, Tod <strong>und</strong> Leid bringen. (S. 28)<br />

Für die Politik <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz spricht sich auch ein bestimmter Teil<br />

<strong>der</strong> Bourgeoisie <strong>der</strong> entwickelten kapitalistischen Län<strong>der</strong> aus, <strong>der</strong> das Kräfteverhältnis<br />

<strong>und</strong> die verhängnisvollen Folgen eines mo<strong>der</strong>nen <strong>Krieg</strong>es nüchtern<br />

einschätzt. <strong>Die</strong> Erhaltung des Weltfriedens erfor<strong>der</strong>t die breiteste Einheitsfront<br />

<strong>der</strong> <strong>Frieden</strong>sanhänger... Es gibt heute für alle demokratischen, friedliebenden<br />

Kräfte keine dringen<strong>der</strong>e Aufgabe als den Schutz <strong>der</strong> Menschheit vor den Gefahren<br />

einer thermonuklearen Katastrophe. <strong>Die</strong> beispiellose Zerstörungsgewalt <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen <strong>Krieg</strong>stechnik erheischt gebieterisch, daß alle Antikriegs- <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>skräfte<br />

die Hauptaktionen auf die Verhütung des <strong>Krieg</strong>es konzentrieren.<br />

(S. 33)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Frieden</strong>sbewegung ist die breiteste Bewegung <strong>der</strong> Gegenwart, die Menschen<br />

<strong>der</strong> verschiedensten politischen Überzeugungen <strong>und</strong> Glaubensbekenntnisse<br />

umfaßt, Menschen, die verschiedenen Klassen <strong>der</strong> Gesellschaft angehören, aber<br />

durch das edle Streben vereint sind, neue <strong>Krieg</strong>e zu verhin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> einen dauerhaften<br />

<strong>Frieden</strong> zu sichern. (S. 34)<br />

Unter diesen Umständen wird sich bereits vor dem vollen Sieg des Sozialismus auf<br />

Erden, beim Fortbestehen des Kapitalismus in einem Teil <strong>der</strong> Welt, die reale Möglichkeit<br />

ergeben, den Weltkrieg aus dem Leben <strong>der</strong> Gesellschaft auszuschalten. ...<br />

Friedliche Koexistenz <strong>der</strong> Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung o<strong>der</strong><br />

verheeren<strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> - nur so steht heute die Frage. (S. 36)<br />

<strong>Die</strong> Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung ist eine Form<br />

des Klassenkampfes zwischen Sozialismus <strong>und</strong> Kapitalismus. (S. 37)<br />

<strong>Die</strong> Beratung ist <strong>der</strong> Auffassung, daß die Verwirklichung des von <strong>der</strong> Sowjetunion<br />

unterbreiteten Programms <strong>der</strong> allgemeinen <strong>und</strong> vollständigen Abrüstung historische<br />

Bedeutung für die Geschicke <strong>der</strong> Menschheit haben würde. <strong>Die</strong> Verwirkli-<br />

Texte<br />

71


chung dieses Programms durchsetzen heißt den <strong>Krieg</strong> zwischen den Län<strong>der</strong>n<br />

überhaupt unmöglich machen. (S. 38)<br />

(Erklärung <strong>der</strong> Beratung von Vertretern <strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien,<br />

Berlin 1960, S. 28-38)<br />

22. Palmiro Togliatti über die mögliche Selbstvernichtung <strong>der</strong><br />

Menschheit <strong>und</strong> den <strong>Frieden</strong> als Notwendigkeit (1963)<br />

<strong>Die</strong> tiefste Verän<strong>der</strong>ung, so ernst, daß sie schrecklich ist, betrifft die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Vernichtungswaffen, die vom Menschen geschaffen wurden. ... Wir sehen uns<br />

also <strong>der</strong> schrecklichen, erschreckenden „Neuheit“ gegenüber; <strong>der</strong> Mensch kann<br />

heute nicht mehr wie in <strong>der</strong> Vergangenheit nur an<strong>der</strong>e Menschen töten, vernichten.<br />

Der Mensch kann die Menschheit vernichten, ausrotten. ... <strong>Die</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> Menschen gewinnt eine Dimension, die sie nie zuvor hatte. Und eine neue<br />

Dimension gewinnt, in <strong>der</strong> Konsequenz, die ganze Problematik <strong>der</strong> Beziehungen<br />

zwischen den Menschen, zwischen ihren Organisationen <strong>und</strong> zwischen den Staaten,in<br />

denen diese ihren Gipfelpunkt finden. Der <strong>Krieg</strong> wird etwas ganz an<strong>der</strong>es<br />

als früher. Er wird <strong>der</strong> mögliche Selbstmord aller, aller menschlichen Lebewesen<br />

<strong>und</strong> ihrer gesamten Kultur. Und <strong>der</strong> <strong>Frieden</strong>, an den man immer als ein Gut<br />

gedacht hat, verwandelt sich in etwas Größeres <strong>und</strong> an<strong>der</strong>es: Er wird, falls <strong>der</strong><br />

Mensch sich nicht selbst vernichten will, zu einer Notwendigkeit. Aber die Anerkennung<br />

dieser Notwendigkeit muß eine totale Revision <strong>der</strong> politischen Orientierungen,<br />

<strong>der</strong> öffentlichen <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> privaten Moral bedeuten. Angesichts<br />

<strong>der</strong> konkreten Drohung <strong>der</strong> gemeinsamen Vernichtung taucht das Bewußtsein <strong>der</strong><br />

gemeinsamen menschlichen Natur mit neuer Kraft auf.<br />

(Palmiro Togliatti, Das Schicksal des Menschen, Ausgewählte Reden <strong>und</strong> Aufsätze.<br />

Berlin 1977, S. 685)<br />

23. Erich Honecker über den <strong>Frieden</strong> als das vorrangige, gemeinsame,<br />

einigende Interesse (1983)<br />

Heute haben wir es jedoch mit einer Weltsituation zu tun, in <strong>der</strong> die Gefahr eines<br />

Nuklearkrieges das Leben <strong>der</strong> Völker überschattet, eines Infernos, das im Falle<br />

seines Ausbruchs die Selbstvernichtung <strong>der</strong> Menschheit bedeuten würde. <strong>Die</strong>s zu<br />

verhin<strong>der</strong>n, einen sicheren <strong>Frieden</strong> zu gewährleisten, ist das Wichtigste in unserer<br />

Zeit. Nur dadurch werden <strong>der</strong> weitere soziale Fortschritt <strong>und</strong> die Lösung<br />

an<strong>der</strong>er gesellschaftlicher Probleme, wird die Rettung <strong>der</strong> Zivilisation möglich.<br />

(S. 19)<br />

Vor diesem Forum, das sich zu Ehren von Karl Marx versammelt hat, möchte ich<br />

es als ein Gebot <strong>der</strong> St<strong>und</strong>e bezeichnen, daß alle politischen <strong>und</strong> gesellschaftli-<br />

72 Texte


chen Kräfte, die den <strong>Frieden</strong> aufrichtig wollen, ungeachtet unterschiedlicher<br />

politischer Programme, weltanschaulicher Positionen <strong>und</strong> religiöser Bekenntnisse,<br />

über Klassenschranken, über Trennendes hinweg zusammenwirken, um die<br />

Völker vor <strong>der</strong> Katastrophe eines Nuklearkrieges zu bewahren. Damit werden die<br />

Divergenzen nicht aufgehoben. <strong>Die</strong> Verteidigung des <strong>Frieden</strong>s als höchstes Gut<br />

<strong>der</strong> Menschheit ist das vorrangige, gemeinsame, einigende Interesse. ... <strong>Die</strong><br />

Erhaltung des Weltfriedens geht alle an, auch jene, die gr<strong>und</strong>legende gesellschaftliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen nicht anstreben. Gewiß waren die Sehnsucht nach<br />

<strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> die Bereitschaft, ihn zu erkämpfen, zu keiner Zeit das Monopol von<br />

irgendwem. Seitdem es <strong>Krieg</strong>e mit ihren Leiden, Opfern <strong>und</strong> Zerstörungen gibt,<br />

haben sich die besten Vertreter <strong>der</strong> Völker, verschiedenster Klassen <strong>und</strong> Organisationen<br />

den aggressiven Bedrohungen mutig entgegengestellt. Aber noch nie<br />

war die Menschheit von <strong>der</strong> tödlichen Gefahr so direkt betroffen wie heute <strong>und</strong><br />

damit veranlaßt, sich für den <strong>Frieden</strong> einzusetzen. Selbst die Realisierung von<br />

Profit wird durch einen nuklearen Weltkrieg illusionär. So entsteht die historische<br />

Chance, daß im Kampf für den <strong>Frieden</strong> die unterschiedlichsten Kräfte<br />

zueinan<strong>der</strong> finden <strong>und</strong> dieser Kampf eine Breite erlangt, wie sie bisher nie<br />

bestand. (S. 22 f.)<br />

(Rede Erich Honeckers, Karl Marx <strong>und</strong> unsere Zeit - <strong>der</strong> Kampf um <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong><br />

sozialen Fortschritt. Reden <strong>und</strong> Beiträge, Dresden 1983, S. 19, 22 f.)<br />

24. Michail Gorbatschow über das neue Denken (1987)<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip, das Ausgangsprinzip des neuen politischen Denkens ist ganz<br />

einfach: Ein Kernwaffenkrieg kann nicht das Mittel sein, um politische, wirtschaftliche,<br />

ideologische o<strong>der</strong> wie auch immer geartete Ziele zu erreichen. Das ist<br />

eine wahrhaft revolutionäre Erkenntnis, denn sie bedeutet den radikalen Bruch<br />

mit den althergebrachten Vorstellungen von <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>. Gerade die politische<br />

Funktion des <strong>Krieg</strong>es mußte ja immer dafür herhalten, ihn zu rechtfertigen,<br />

ihm einen „rationalen“ Sinn zu geben. Ein Kernwaffenkrieg ist sinnlos <strong>und</strong><br />

irrational. In einem globalen Kernwaffenkrieg würde es we<strong>der</strong> Sieger <strong>und</strong> Besiegte<br />

geben, vielmehr würde die Weltzivilisation unweigerlich untergehen. Das ist<br />

eigentlich nicht einmal <strong>Krieg</strong> im herkömmlichen Sinne, son<strong>der</strong>n Selbstmord.<br />

Im übrigen hat sich die Militärtechnik in einer Weise entwickelt, daß jetzt auch<br />

ein nichtnuklearer <strong>Krieg</strong> in seinen verheerenden Auswirkungen mit einem Kernwaffenkrieg<br />

vergleichbar wird. Deshalb treffen die Einschätzungen, zu denen wir<br />

in bezug auf den Kernwaffenkrieg gelangt sind, auch auf die „Variante“ eines<br />

Konflikts <strong>der</strong> Großmächte mit konventionellen Waffen zu.<br />

Daraus ergibt sich eine völlig neue Situation. Das Denken <strong>und</strong> Handeln, das auf<br />

Gewaltanwendung in <strong>der</strong> Weltpolitik beruht, ist im Laufe von Jahrhun<strong>der</strong>ten, ja<br />

Texte<br />

73


Jahrtausenden entstanden. Es hatte sich als scheinbar unumstößliches Axiom<br />

durchgesetzt. Jetzt ist ihm jede vernünftige Gr<strong>und</strong>lage entzogen. ... Zum erstenmal<br />

in <strong>der</strong> Geschichte ist es lebensnotwendig geworden, die internationale Politik<br />

auf allgemeinmenschliche ethisch-moralische Normen zu gründen, die zwischenstaatlichen<br />

Beziehungen zu humanisieren. (S. 178 f.)<br />

Im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t, am Ende dieser dramatischen hun<strong>der</strong>t Jahre, muß die<br />

Menschheit als lebensnotwendig erkennen, daß das Allgemeinmenschliche als<br />

oberstes Gebot unserer Epoche die Priorität hat. (S. 185)<br />

(Michail Gorbatschow, Umgestaltung <strong>und</strong> neues Denken für unser Land <strong>und</strong> für die<br />

ganze Welt, Berlin 1987, S. 178-185)<br />

25. Sozialdemokraten <strong>und</strong> Marxisten über <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> gemeinsame<br />

Sicherheit (1987)<br />

Unsere weltgeschichtlich neue Situation besteht darin, daß die Menschheit nur<br />

noch gemeinsam überleben o<strong>der</strong> gemeinsam untergehen kann. Eine solche Alternative<br />

ist historisch ohne Beispiel. Sie verlangt ein politisches Denken, das<br />

historisch ebenfalls ohne Beispiel ist, ein neues Herangehen an die internationalen<br />

Angelegenheiten, beson<strong>der</strong>s an die Sicherung des <strong>Frieden</strong>s. Der <strong>Krieg</strong> darf<br />

im Nuklearzeitalter kein Mittel <strong>der</strong> Politik mehr sein. ... <strong>Frieden</strong>ssicherung ist zur<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung aller verantwortbaren Politik geworden... . Nicht die Qualität<br />

<strong>der</strong> Waffen, son<strong>der</strong>n die Qualität <strong>der</strong> Politik entscheidet über Sicherheit <strong>und</strong><br />

Stabilität in <strong>der</strong> Welt. ... Friede kann heute nicht mehr gegeneinan<strong>der</strong> errüstet,<br />

son<strong>der</strong>n nur noch miteinan<strong>der</strong> vereinbart werden. Daher muß gemeinsame <strong>und</strong><br />

gleiche Sicherheit für alle organisiert werden.<br />

Ziel eines solchen politischen Denkens <strong>und</strong> Handelns ist eine stabile <strong>und</strong> dauerhafte<br />

<strong>Frieden</strong>sordnung in Europa <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Welt, die den <strong>Krieg</strong> als Mittel <strong>der</strong><br />

Politik ausschließt, den Einsatz militärischer Gewaltmittel - solange sie noch<br />

nicht beseitigt sind - verhin<strong>der</strong>t, Konflikte zwischen den Staaten auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />

vereinbarter Verfahren friedlich regeln kann <strong>und</strong> das Selbstbestimmungsrecht<br />

eines jeden Volkes anerkennt <strong>und</strong> respektiert. Auch Militärdoktrinen, die<br />

ausschließlich auf Verteidigung <strong>und</strong> Nichtangriffsfähigkeit ausgerichtet sind,<br />

würden diesem Ziel dienen.<br />

(Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee<strong>der</strong> SED /<br />

Gr<strong>und</strong>wertekommission <strong>der</strong> SPD, Der Streit <strong>der</strong> Ideologien<strong>und</strong> die gemeinsame<br />

Sicherheit, Neues Deutschland (Berlin) vom 28. August 1887)<br />

74 Texte


III. Literaturverzeichnis<br />

Friedrich Engels an August Bebel, MEW, Bd. 35<br />

Friedrich Engels an Kautsky, MEW, Bd. 35<br />

Friedrich Engels, Der Ursprung <strong>der</strong> Familie, des Privateigentums <strong>und</strong> des Staats,<br />

MEW, Bd. 21<br />

Friedrich Engels, Herrn Eugen Dührings Umwälzung <strong>der</strong> Wissenschaft, MEW,<br />

Bd. 20<br />

Friedrich Engels, Kann Europa abrüsten? MEW, Bd. 22<br />

Michail Gorbatschow, Umgestaltung <strong>und</strong> neues Denken für unser Land <strong>und</strong> für<br />

die ganze Welt.,Berlin 1987<br />

Karl Kautsky, <strong>Die</strong> materialistische Geschichtsauffassung, Berlin 1929, I. Bd.<br />

Karl Kautsky, <strong>Krieg</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>. Betrachtungen zur Maifeier, <strong>Die</strong> Neue Zeit<br />

(Stuttgart), 29. Jg. 1910/11, Zweiter BandErklärung <strong>der</strong> Beratung von Vertretern<br />

<strong>der</strong> kommunistischen <strong>und</strong> Arbeiterparteien, Berlin 1960<br />

Wladimir I. Lenin, XI. Parteitag <strong>der</strong> KPR(B), LW, Bd. 33<br />

Wladimir I. Lenin, Entwurf einer Entschließung des GesamtrussischenZentralexekutivkomitees<br />

zum Bericht <strong>der</strong> Delegation auf <strong>der</strong> Genuakonferenz, LW, Bd. 33<br />

Wladimir I. Lenin, Entwurf eines Beschlusses des ZK <strong>der</strong> KPR(B) über die Aufgaben<br />

<strong>der</strong> sowjetischen Delegation in Genua, LW, Ergänzungsband 1917-1923<br />

Wladimir I. Lenin, Gemeinsame Sitzung des Gesamtrussischen Zentralexekutivkomitees,<br />

des Moskauer Sowjets <strong>der</strong> Arbeiter-, Bauern- <strong>und</strong> Rotarmistendeputierten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaften, LW, Bd. 27<br />

Wladimir I. Lenin, Sozialismus <strong>und</strong> <strong>Krieg</strong>, LW, Bd. 21<br />

Karl Liebknecht, Das Zuchthausurteil gegen Karl Liebknecht, Gesammelte Reden<br />

<strong>und</strong> Schriften, Bd. IX, Berlin 1968<br />

Karl Liebknecht, Militarismus <strong>und</strong> Antimilitarismus. In: Gesammelte Reden <strong>und</strong><br />

Schriften, Bd. I, Berlin 1958<br />

Rosa Luxemburg, Diskussionsbeitrag <strong>und</strong> Schlußwort am 7.März 1914 in <strong>der</strong><br />

Protestversammlung gegen die Verurteilung Rosa Luxemburgs in Freiburg i. Br.,<br />

Gesammelte Werke, Bd. 3, Berlin 1973<br />

Rosa Luxemburg, <strong>Frieden</strong>sutopien, Gesammelte Werke, Bd. 2, Berlin 1972<br />

Literaturverzeichnis<br />

75


Karl Marx, Adresse an die Nationale Arbeiterunion <strong>der</strong> Vereinigten Staaten,<br />

MEW, Bd. 16<br />

Karl Marx, Erste Adresse des Generalrats über den Deutsch- Französischen<br />

<strong>Krieg</strong>, MEW, Bd. 17<br />

Karl Marx, Inauguraladresse <strong>der</strong> internationalen Arbeiter- Assoziation, MEW,<br />

Bd. 16<br />

Karl Marx, Invasion, MEW, Bd. 13<br />

Franz Mehring, Zur <strong>Krieg</strong>sgeschichte <strong>und</strong> Militärfrage, Gesammelte Schriften,<br />

Bd. 8, Berlin 1967<br />

Palmiro Togliatti, Das Schicksal des Menschen, Ausgewählte Reden <strong>und</strong> Aufsätze,<br />

Berlin 1977<br />

Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee<strong>der</strong> SED /<br />

Gr<strong>und</strong>wertekommission <strong>der</strong> SPD, Der Streit <strong>der</strong> Ideologien<strong>und</strong> die gemeinsame<br />

Sicherheit, Neues Deutschland (Berlin) vom 28. August 1887<br />

Rede Erich Honeckers, Karl Marx <strong>und</strong> unsere Zeit - <strong>der</strong> Kampf um <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong><br />

sozialen Fortschritt. Reden <strong>und</strong> Beiträge, Dresden 1983<br />

76 Literaturverzeichnis

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!