03.06.2014 Aufrufe

Therapieziele und Therapieerfolg - Institut für Psychologie ...

Therapieziele und Therapieerfolg - Institut für Psychologie ...

Therapieziele und Therapieerfolg - Institut für Psychologie ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong><br />

Diplomarbeit<br />

eingereicht am<br />

Fachbereich <strong>Psychologie</strong><br />

der<br />

Universität Osnabrück<br />

von<br />

Christine Gerhards<br />

Uhlhornstr. 10<br />

49080 Osnabrück<br />

Erstgutachter: Prof. Dr. H. Schöttke<br />

Zweitgutachter: Prof. Dr. K. H. Wiedl


Mein Dank gilt<br />

Herrn Prof. Dr. Schöttke für seine gute Betreuung <strong>und</strong> das zur Verfügung stellen<br />

der Daten.<br />

Herrn Prof. Dr. Wiedl für die Übernahme des Zweitgutachtens.<br />

allen, die mich während des Verfassens dieser Arbeit begleitet <strong>und</strong> unterstützt haben.


Eidesstattliche Erklärung<br />

An Eides statt erkläre ich hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst <strong>und</strong> keine<br />

anderen als die angegebenen Quellen <strong>und</strong> Hilfsmittel benutzt habe.<br />

Osnabrück, den 14.10.2008 _________________________________<br />

Christine Gerhards


I Inhaltsverzeichnis<br />

I INHALTSVERZEICHNIS 4<br />

II ABBILDUNGSVERZEICHNIS 7<br />

III TABELLENVERZEICHNIS 8<br />

1 Einleitung 9<br />

2 Funktionen von <strong>Therapieziele</strong>n 12<br />

3 Erfassung <strong>und</strong> Kategorisierung von <strong>Therapieziele</strong>n 16<br />

3.1 Kategoriensysteme für <strong>Therapieziele</strong> 16<br />

3.1.1 Relevante Voraussetzungen 16<br />

3.1.2 Überblick über bestehende Kategoriensysteme 17<br />

3.1.3 Die Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> 20<br />

3.2 Instrumente der <strong>Therapieziele</strong>rfassung 24<br />

3.2.1 Standardisierte Erhebungsinstrumente 25<br />

3.2.2 Individuelle Therapiezielbestimmung: Die Methode des Goal<br />

Attainment Scalings 31<br />

4 Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es 36<br />

4.1 Zur Relevanz der Thematik 36<br />

4.2 Methoden der Erfolgsmessung 37<br />

4.2.1 Inhaltliche Variablen 37<br />

4.2.2 Methodische Erfassung 38<br />

4.2.2.1 Direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessung 39<br />

4.2.2.2 Statistische <strong>und</strong> klinische Signifikanz 43<br />

5 <strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong> 48<br />

5.1 Zusammenhang zwischen der Übereinstimmung von Therapeuten- <strong>und</strong><br />

Patientenzielen <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> 49<br />

5.2 Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenzielen 55<br />

4


6 Zusammenhang zwischen der psychopathologischen Diagnose <strong>und</strong> der<br />

Therapiezielwahl des Patienten 59<br />

7 Zusammenfassung <strong>und</strong> Ableitung der Hypothesen 67<br />

8 Datenerhebung 70<br />

9 Beschreibung der verwendeten Methoden <strong>und</strong> Erhebungsinstrumente 73<br />

9.1 Bericht zum Erstantrag auf Langzeitpsychotherapie 74<br />

9.1.1 Bericht zum Erstantrag auf Verhaltenstherapie 75<br />

9.1.2 Bericht zum Erstantrag auf tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie 76<br />

9.2 Zielfragebögen zur Erfassung der Patientenziele 78<br />

9.3 Symptom-Checkliste von L. R. Derogatis – Deutsche Version (SCL-90-R) 79<br />

9.4 Fragebogen zur Evaluation von Psychotherapieverläufen (FEP) 80<br />

10 Stichprobenbeschreibung 84<br />

10.1 Datensatz 84<br />

10.2 Stichprobe 94<br />

11 Ergebnisse 101<br />

11.1 Ergebnisse Hypothese 1 101<br />

11.2 Ergebnisse Hypothese 1a 102<br />

11.3 Ergebnisse Hypothese 1b 106<br />

11.4 Ergebnisse Hypothese 2 109<br />

11.4.1 Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es über den Global Severity<br />

Index (GSI) der SCL-90-R 110<br />

11.4.2 Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es über den Gesamtwert<br />

psychischer Beeinträchtigungen <strong>und</strong> die Subskalen des FEP 111<br />

11.5 Ergebnisse Hypothese 3 113<br />

12 Diskussion 118<br />

12.1 Die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient 118<br />

12.2 Therapieschulenabhängige Unterschiede in der Therapiezielwahl der<br />

Therapeuten <strong>und</strong> der Zielübereinstimmung 123<br />

12.3 Zusammenhang zwischen Zielübereinstimmung <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong> 127<br />

12.4 Diagnosespezifische Heterogenität der Therapiezielwahl 130<br />

5


13 Gesamtzusammenfassung 135<br />

IV LITERATURVERZEICHNIS 137<br />

V ANHANG 151<br />

6


II Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Patientenalter in 10-Jahres-Intervallen in prozentualen Häufigkeiten 85<br />

Abbildung 2: prozentuale Häufigkeitsverteilung der Erstdiagnosen über die F-Gruppen<br />

des ICD-10 87<br />

Abbildung 3: Anzahl der Therapeutenziele in prozentualen Häufigkeiten 89<br />

Abbildung 4: Anzahl der Patientenziele in prozentualen Häufigkeiten 90<br />

Abbildung 5: Zielverteilung über die Hauptkategorien der BIT-T in Prozent für<br />

Therapeuten <strong>und</strong> Patienten 91<br />

Abbildung 6: Verteilung der Schwerpunktkategorien in Prozent 92<br />

Abbildung 7: Patientenalter in 10-Jahres-Intervalle in prozentualen Häufigkeiten 95<br />

Abbildung 8: prozentuale Häufigkeiten der Erstdiagnosen in den F-Gruppen des<br />

ICD-10 96<br />

Abbildung 9: Verteilung der Übereinstimmungskategorien in Prozent 101<br />

Abbildung 10: Mittelwerte der Therapeutenziele in den Kategorien der BIT-T separat<br />

für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien 103<br />

Abbildung 11: Verteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten über die Hauptkategorien<br />

der BIT-T in Prozent separat für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien 104<br />

Abbildung 12: Verteilung der Übereinstimmungskategorien in Prozent separat für<br />

Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien 107<br />

Abbildung 13: Mittelwerte (<strong>und</strong> Standardabweichungen) des Global Severity Index der<br />

SCL-90-R separat für die Übereinstimmungskategorien zu den verschiedenen<br />

Messzeitpunkten 110<br />

Abbildung 14: Mittelwerte (<strong>und</strong> Standardabweichungen) der Gesamtskala psychischer<br />

Beeinträchtigungen des FEP separat für die Übereinstimmungskategorien zu den<br />

verschiedenen Messzeitpunkten 112<br />

Abbildung 15: Mittelwerte der Patientenziele in den Kategorien der BIT-T separat für<br />

die Diagnosegruppen „depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“<br />

<strong>und</strong> „Essstörungen“ 114<br />

Abbildung 16: Verteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Patienten über die Hauptkategorien der<br />

BIT-T in Prozent separat für die Diagnosegruppen „depressive Störungen“,<br />

„Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ <strong>und</strong> „Essstörungen“ 115<br />

7


III Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Oberkategorien <strong>und</strong> Kategorien des BIT-T (Version 4.0) 22<br />

Tabelle 2: Beispielskalen für die Anwendung des GAS (Flender, 2000) 32<br />

Tabelle 3: Patientenkennwerte getrennt nach Therapierichtung 88<br />

Tabelle 4: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Patientenziele in den<br />

Hauptkategorien der BIT-T 92<br />

Tabelle 5: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele in den<br />

Hauptkategorien der BIT-T 93<br />

Tabelle 6: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele<br />

(Verhaltenstherapien) in den Hauptkategorien der BIT-T 93<br />

Tabelle 7: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele<br />

(tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien) in den Hauptkategorien der BIT-T 94<br />

Tabelle 8: Patientenkennwerte getrennt nach Therapierichtung 97<br />

Tabelle 9: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 1 eingehenden Therapeut-<br />

Patient-Dyaden getrennt nach Therapierichtung 98<br />

Tabelle 10: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 2 eingehenden Patienten 99<br />

Tabelle 11: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 3 eingehenden<br />

Diagnosegruppen 100<br />

Tabelle 12: Vergleich der mittleren Anzahlen der Therapeutenziele in den<br />

Hauptkategorien der BIT-T für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien mittels T-Tests 105<br />

Tabelle 13: Abweichungen der beobachteten von den erwarteten Häufigkeiten in den<br />

betrachteten Übereinstimmungskategorien in Form standardisierter Residuen<br />

separat für tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien <strong>und</strong> Verhaltenstherapien 108<br />

Tabelle 14: Vergleich der mittleren Anzahlen der Patientenziele in den Hauptkategorien<br />

der BIT-T separat für die Diagnosegruppen „depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong><br />

Belastungsstörungen“ <strong>und</strong> „Essstörungen“ mittels Varianzanalysen 116<br />

Tabelle 15: Post-Hoc-Gruppenvergleiche der mittleren Zielanzahl der Diagnosegruppen<br />

in der Kategorie „Interpersonale Ziele“ der BIT-T 117<br />

8


1 Einleitung<br />

„<strong>Therapieziele</strong> sind mentale Repräsentationen von zukünftigen Zuständen, die durch die<br />

Therapie erreicht werden sollen“. Diese eher allgemeine Definition von <strong>Therapieziele</strong>n<br />

gibt Berking (2003, S. 4) nach einem Überblick über verschiedene Therapiezieldefinitionen<br />

in der Literatur. Er fasst zusammen, dass sich die vorliegenden Definitionen<br />

hauptsächlich darin unterscheiden, wessen Behandlungsziele in den Fokus genommen<br />

werden: Die des Patienten, des Therapeuten oder beider, aufgestellt in gemeinsamen<br />

Gesprächen. Die genannte Definition bietet den Vorteil, dass sie alle diese <strong>Therapieziele</strong><br />

umfasst <strong>und</strong> so einen breiten Anwendungsrahmen bietet.<br />

<strong>Therapieziele</strong> in der Psychotherapie wurden in der Vergangenheit nur selten zum Gegenstand<br />

der empirischen Psychotherapieforschung. „Das Kapitel um Zielsetzungen ist<br />

eines der dunkelsten in der Psychotherapieforschung überhaupt.“ Zu diesem Urteil kam<br />

Minsel im Jahre 1977 (S. 238). Ambühl <strong>und</strong> Strauß (1999b) bezeichneten die Therapiezielthematik<br />

als „kontrovers, theoretisch <strong>und</strong> berufspolitisch brisant, nach wie vor aber<br />

unzureichend empirisch erforscht“ (S. 7) <strong>und</strong> auch noch im Jahre 2003 klagte Berking<br />

die mangelnde empirische Beschäftigung mit dem Thema an.<br />

Dies ist umso verw<strong>und</strong>erlicher, da <strong>Therapieziele</strong> im Rahmen der Psychotherapie einen<br />

zentralen Stellenwert einnehmen. Anhand einer nach Angaben von Ambühl <strong>und</strong> Strauß<br />

(1999) weitgehend anerkannten Definition von Psychotherapie, die Strotzka bereits im<br />

Jahre 1975 aufstellte, lässt sich dies verdeutlichen:<br />

Psychotherapie ist ein bewußter <strong>und</strong> geplanter interaktioneller Prozeß zur Beeinflussung<br />

von Verhaltensstörungen <strong>und</strong> Leidenszuständen, die in einem Konsensus<br />

(möglichst zwischen Patient, Therapeut <strong>und</strong> Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig<br />

gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation)<br />

meist verbal aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeiten<br />

gemeinsam erarbeitetes Ziel [Hervorhebung v. Verf.] (Symptomminimalisierung<br />

<strong>und</strong>/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken<br />

auf der Basis einer Theorie des normalen <strong>und</strong> pathologischen Verhaltens. (S. 4)<br />

9


In der Psychotherapie geht es also letztlich darum, auf ein im Vorfeld festgelegtes Ziel<br />

hinzuarbeiten.<br />

Auch Schulte-Bahrenberg (1990) betont dies, wenn er entsprechend der oben dargelegten<br />

Definition die drei zentralen Bestandteile der Psychotherapie hervorhebt: Ausgangspunkt<br />

sind veränderungsbedürftige Ist-Zustände, die anhand bestimmter Methoden <strong>und</strong><br />

therapeutischen Strategien in erwünschte Soll-Zustände überführt werden sollen. Die<br />

Literatur zu Ist-Zuständen, also Psychopathologie <strong>und</strong> Psychodiagnostik, sowie zu Therapiestrategien<br />

<strong>und</strong> -methoden ist dem Autor zufolge kaum noch zu überblicken, was<br />

die anfangs beschriebene Vernachlässigung des dritten gleichwertigen Bereiches, der<br />

<strong>Therapieziele</strong>, noch einmal besonders hervorhebt.<br />

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur notwendigen Erforschung der Thematik<br />

leisten. Sie beschäftigt sich mit der Übereinstimmung in den <strong>Therapieziele</strong>n von Patienten<br />

<strong>und</strong> Therapeuten <strong>und</strong> betrachtet die Frage, ob es für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien diesbezüglich Unterschiede gibt. Weiterführend wird<br />

der Zusammenhang dieser Zielübereinstimmung mit dem <strong>Therapieerfolg</strong> betrachtet.<br />

Außerdem wird eine mögliche Diagnosespezifität der Therapiezielwahl der Patienten in<br />

den Blick genommen.<br />

Kapitel 2 wird einführend einen Überblick über die verschiedenen Funktionen geben,<br />

die <strong>Therapieziele</strong> im Rahmen der Psychotherapie innehaben.<br />

Kapitel 3 beschreibt Möglichkeiten zur Erfassung <strong>und</strong> Kategorisierung von <strong>Therapieziele</strong>n.<br />

Diese sind notwenig, um <strong>Therapieziele</strong> empirisch analysieren zu können. Es wird<br />

ein kritischer Überblick über bestehende Kategoriensysteme gegeben, wobei die Taxonomie<br />

des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T; Grosse Holtforth & Grawe, 2002)<br />

ausführlich dargestellt wird. Anschließend werden Instrumente zur standardisierten <strong>und</strong><br />

individuellen Zielerfassung aufgeführt.<br />

Relevanz <strong>und</strong> Möglichkeiten der Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es werden in Kapitel 4<br />

vorgestellt, welches neben inhaltlichen Variablen <strong>und</strong> der methodischen Erfassung auch<br />

auf die Frage nach statistischer <strong>und</strong> klinischer Signifikanz eingeht.<br />

10


Kapitel 5 beschreibt Fragestellungen bezüglich des Zusammenhangs von <strong>Therapieziele</strong>n<br />

<strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong>, für die in der Literatur erste Antworten vorliegen. Als Schwerpunkt<br />

wird dargelegt, inwiefern die Zielübereinstimmung von Therapeut <strong>und</strong> Patient mit dem<br />

<strong>Therapieerfolg</strong> zusammenhängt <strong>und</strong> zuletzt das Ausmaß dieser Zielübereinstimmung<br />

diskutiert.<br />

In Kapitel 6 wird der Zusammenhang zwischen psychopathologischer Diagnose des Patienten<br />

<strong>und</strong> dessen Therapiezielwahl betrachtet. Im Vordergr<strong>und</strong> stehen vor allem Bef<strong>und</strong>e<br />

zur Heterogenität der angegeben Ziele. Die Thematik wurde ausgewählt, da sich<br />

anhand der Bef<strong>und</strong>lage wichtige Folgerungen bezüglich Therapieplanung <strong>und</strong> Therapiedurchführung<br />

begründen lassen.<br />

Anschließend werden in Kapitel 7 die aufgeführten Bef<strong>und</strong>e zusammengefasst <strong>und</strong> die<br />

Hypothesen abgeleitet, die im weiteren Verlauf untersucht werden.<br />

Kapitel 8 beschreibt die Herkunft der verwendeten Daten <strong>und</strong> den Ablauf der Datenerhebung.<br />

Die hierzu verwendeten Methoden <strong>und</strong> Erhebungsinstrumente finden sich in<br />

Kapitel 9.<br />

Kapitel 10 legt relevante Merkmale des Datensatzes <strong>und</strong> der verwendeten Teilstichproben<br />

offen.<br />

Die in Kapitel 11 dargestellten Ergebnisse der Analysen werden in Kapitel 12 diskutiert<br />

<strong>und</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in den Kapitel 2 bis 6 dargelegten theoretischen Bef<strong>und</strong>e<br />

interpretiert.<br />

In Kapitel 13 findet sich abschließend eine Gesamtzusammenfassung dieser Arbeit.<br />

11


2 Funktionen von <strong>Therapieziele</strong>n<br />

<strong>Therapieziele</strong> erfüllen wichtige Funktionen im Rahmen einer Psychotherapie, die verdeutlichen,<br />

warum eine Beschäftigung mit der Thematik sinnvoll <strong>und</strong> notwenig ist.<br />

Driessen et al. (2001) unterscheiden fünf Funktionen, die <strong>Therapieziele</strong> in der Psychotherapie<br />

besitzen.<br />

Sie dienen zum einen als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage für die Therapieplanung. Um eine<br />

Therapie planen zu können <strong>und</strong> dem Patienten ein auf ihn zugeschnittenes Therapieangebot<br />

anzubieten, müssen im Vorfeld Indikationsüberlegungen angestellt werden. Die<br />

Analyse der <strong>Therapieziele</strong> des Patienten ist Bestandteil einer notwendigen Problemstrukturierung<br />

(Michalak, Grosse Holtforth & Veith, 2005) <strong>und</strong> gibt Aufschluss über<br />

das Pathogeneseverständnis, die Fähigkeit zur Selbstreflektion sowie die Therapiemotivation<br />

des Patienten (Khalaf, 1999). Nach Schulte (1996) lässt sich eine psychotherapeutische<br />

Indikation auf drei Wegen vornehmen, wobei er die „indicatio symptomatica“,<br />

die „indicatio causalis“ <strong>und</strong> die „indicatio finalis“ unterscheidet. Die Zuweisung zu<br />

therapeutischen Interventionen erfolgt nach der „indicatio symptomatica“ anhand der<br />

Symptome. Bei einer „indicatio causalis“ sind die aufrechterhaltenden Bedingungen der<br />

Störung oder Problematik ausschlaggebend. Bei der „indicatio finalis“ stehen hingegen<br />

die <strong>Therapieziele</strong> im Vordergr<strong>und</strong>. Indikationsentscheidungen sind hier abhängig von<br />

der Frage, wie diese am besten erreicht werden können. Ein angemessenes Therapieangebot<br />

wird folglich neben Informationen aus den anderen Indikationsstellungen anhand<br />

der Überlegungen zur „indicatio finalis“ konstruiert (Michalak et al., 2005). Nach Aussagen<br />

von Berking (2003) dient eine Indikationsstellung, die die individuellen <strong>Therapieziele</strong><br />

des Patienten berücksichtigt, auch dazu, dessen motivationale Ressourcen besser<br />

zu nutzen. Diese Überlegung wird in Kapitel 6 wieder aufgegriffen.<br />

Zum anderen kann das Vereinbaren individueller <strong>Therapieziele</strong> an sich bereits einen<br />

therapeutischen Effekt haben. So schreibt Grawe (1998), dass sich der Therapeut entsprechend<br />

den wichtigsten Bedürfnissen des Patienten verhält, indem er die Ziele patientenorientiert<br />

formuliert. Entsprechend zeigten Patienten eine höhere Zufriedenheit,<br />

wenn sie über die Behandlung aufgeklärt wurden <strong>und</strong> am Entscheidungsprozess teilnahmen<br />

(Eisenthal, Koopman & Lazare, 1983). Khalaf (1999) fasst zusammen, dass das<br />

12


Gefühl von Eigenverantwortlichkeit, das entsteht, wenn der Patient in den Zielsetzungsprozess<br />

einbezogen wird, positiven Einfluss auf den <strong>Therapieerfolg</strong> haben kann. Der<br />

Prozess der gemeinsamen Zielvereinbarung signalisiert dem Patienten, dass der Therapeut<br />

seine Zielsetzungen <strong>und</strong> Wünsche berücksichtigt <strong>und</strong> sich für diese einsetzen wird,<br />

gleichzeitig aber auch dafür sorgt, dass er keine Ziele verfolgt, die nicht hilfreich oder<br />

gar schädlich sind (Berking, 2003). Es werden Rahmenbedingungen für die Therapie<br />

festgelegt, indem die Aufmerksamkeit auf die relevanten Probleme <strong>und</strong> Zusammenhänge<br />

gerichtet wird (Khalaf, 1999). Nach Pöhlmann et al. (2001) ist der Prozess des Formulierens,<br />

Verfolgens <strong>und</strong> Erreichens von <strong>Therapieziele</strong>n als Modell für zielgerichtetes<br />

Handeln zu betrachten, das der Patient in andere Lebensbereiche übertragen kann. In<br />

Kapitel 5.1 werden die Elemente des therapeutischen Arbeitsbündnisses beschrieben,<br />

welches in enger Beziehung zum <strong>Therapieerfolg</strong> steht (Bordin, 1979). Als eines von<br />

drei Elementen wird hier die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient explizit<br />

genannt, was die Wichtigkeit der Betrachtung der individuellen <strong>Therapieziele</strong> des<br />

Patienten für das Ergebnis der Behandlung unterstreicht.<br />

<strong>Therapieziele</strong> werden des Weiteren im Rahmen der geforderten Qualitätssicherung in<br />

der Psychotherapie (Dahling, 2006) als Kriterien für die Erfolgskontrolle von Therapien<br />

verwendet (vgl. Kapitel 4.1). Die Erhebung von <strong>Therapieziele</strong>n <strong>und</strong> die Evaluation der<br />

Zielerreichung bieten sich laut Sack et al. (2003) als leicht einsetzbares Verfahren zur<br />

Sicherung der Behandlungsqualität an. Besonders für die <strong>Therapieerfolg</strong>esmessung <strong>und</strong><br />

die Verlaufsdokumentation stellt die Berücksichtigung individuell vereinbarter <strong>Therapieziele</strong><br />

eine Ergänzung zu standardisierten Testverfahren dar, da sie die individuellen<br />

Voraussetzungen der Patienten stärker berücksichtigen können (Sack et al. 1999).<br />

Die Betrachtung von <strong>Therapieziele</strong>n kann außerdem Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschiede<br />

verschiedener Therapierichtungen aufzeigen. Schulte-Bahrenberg schreibt 1990, dass<br />

<strong>Therapieziele</strong> in der psychotherapeutischen Literatur meist – wenn auch nur beiläufig –<br />

erwähnt werden, wenn Therapieschulen oder -richtungen die Wirkungen ihrer speziellen<br />

Behandlungsweise darlegen. Die Thematisierung von <strong>Therapieziele</strong>n fand somit erst im<br />

Zuge der Entstehung unterschiedlicher Therapieschulen <strong>und</strong> deren unterschiedlichen<br />

Störungsmodellen <strong>und</strong> Annahmen über die Wirkweise der Behandlung statt. Vorher<br />

sollte der psychisch Kranke im Sinne des medizinischen Denkmodells allgemein wieder<br />

zur psychischen Ges<strong>und</strong>heit zurückfinden. Eine Übersicht über die Ziele verschiedener<br />

13


Therapieschulen geben Ambühl <strong>und</strong> Strauß (1999a). So verfolgen verhaltenstherapeutisch<br />

orientierte Therapeuten unter anderem Ziele, die sich auf Risikoverhalten, Informationsvermittlung<br />

oder kognitive Aspekte beziehen, während psychodynamisch orientierte<br />

Therapeuten beispielsweise Zielsetzungen bezüglich emotionaler Aspekte,<br />

intrapsychischer Konflikte oder Realitätsakzeptanz in den Vordergr<strong>und</strong> stellen (Dirmaier,<br />

2005).<br />

Schließlich erfüllt das Aufstellen von <strong>Therapieziele</strong>n eine ethische Funktion. Driessen et<br />

al. (2001) sehen diese Funktion vorwiegend in der Herstellung von Transparenz <strong>und</strong> der<br />

Verringerung der Macht des Therapeuten. Auch Kottje-Birnbacher <strong>und</strong> Birnbacher<br />

(1999) beschreiben, dass Ziele in der Psychotherapie im Unterschied zu denen der somatischen<br />

Medizin nicht eindeutig vorgegeben sind. Aufgr<strong>und</strong> des in unserer Gesellschaft<br />

vorherrschenden Wert- <strong>und</strong> Normpluralismus ist es kaum möglich eine einheitliche<br />

Definition von „seelischer Ges<strong>und</strong>heit“ zu geben oder festzulegen, was unter „richtiger“<br />

Lebensführung zu verstehen ist. Dementsprechend gibt es kaum verbindliche Ziele<br />

<strong>und</strong> Erfolgsmaße für eine Psychotherapie (Schulte, 1993). Folglich muss sich der<br />

Therapeut über seine eigenen Wert- <strong>und</strong> Normorientierungen sowie die Werte, die ihm<br />

seine Schulenzugehörigkeit nahe legt, im Klaren sein, da diese seine Zielbestimmungen<br />

<strong>und</strong> die Bewertung der Werte <strong>und</strong> Normen beeinflussen, mit denen er durch den Patienten<br />

<strong>und</strong> seine Zielsetzungen konfrontiert wird. Auf die Therapiezielthematik bezogen<br />

führt das zu der Frage, wer die Ziele der Psychotherapie festlegt. Laut Kottje-<br />

Birnbacher <strong>und</strong> Birnbacher (1999) sind sowohl das sogenannte „Dienstleistungsmodell“,<br />

bei dem der Patient die Ziele der Therapie definiert <strong>und</strong> der Therapeut diese als<br />

Dienstleister zu erfüllen hat, als auch das rein „paternalistische Modell“, bei dem primär<br />

der Therapeut die Ziele festlegt, nicht haltbar. Gegen das Letztere spricht vor allem das<br />

ausgeprägte suggestive Machtpotential des Therapeuten, der durch eigene Zielvorstellungen<br />

<strong>und</strong> persönliche Werthaltungen den Therapieprozess stark beeinflussen kann.<br />

Eine gemeinsame Zielbestimmung, bei der die Ziel- <strong>und</strong> Wertvorstellungen dargelegt<br />

<strong>und</strong> Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Alternativen abgewogen werden, ist daher zu fordern. Dies<br />

führt am ehesten zu einer Zieldefinition, die von beiden Seiten akzeptiert werden kann.<br />

Die gegebene Übersicht über die Funktionsbereiche von <strong>Therapieziele</strong>n gibt einen Einblick<br />

in die Komplexität des Themenbereiches. Therapeutische Zielsetzungen spielen<br />

sowohl in der Planung <strong>und</strong> konkreten Durchführung von Psychotherapien als auch in<br />

14


vielen Bereichen der Psychotherapieforschung eine große Rolle (Ludwig, 1982). Umso<br />

verw<strong>und</strong>erlicher ist die unzureichende Erforschung der Thematik.<br />

15


3 Erfassung <strong>und</strong> Kategorisierung von <strong>Therapieziele</strong>n<br />

Um <strong>Therapieziele</strong> der empirischen Forschung zugänglich zu machen <strong>und</strong> so die Bef<strong>und</strong>lage<br />

in diesem Feld zu erweitern, müssen diese auf der einen Seite erfasst, auf der anderen<br />

Seite aber auch zusammengefasst werden können. Dazu werden sie meist in vorhandene<br />

Kategorien eingeordnet. Oft wird erst auf Gr<strong>und</strong>lage eines bereits entwickelten<br />

Kategoriensystems (Taxonomie) ein Instrument zur Erfassung von individuellen Patientenzielen<br />

geschaffen (Dirmaier, 2005). So gingen beispielsweise Faller (2000), Grosse<br />

Holtforth (2001) oder Dirmaier (2005) vor, wie in Kapitel 3.2.1 dargestellt wird. In Kapitel<br />

3 wird zuerst ein Überblick über vorhandene Kategoriensysteme gegeben, wobei<br />

die Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T; Grosse Holtforth &<br />

Grawe, 2002) näher dargestellt wird. Im Anschluss werden Instrumente der Zielerfassung<br />

vorgestellt.<br />

3.1 Kategoriensysteme für <strong>Therapieziele</strong><br />

3.1.1 Relevante Voraussetzungen<br />

Bevor auf einzelne Kategoriensysteme eingegangen wird, sollen die Kriterien genannt<br />

werden, die eine gute Taxonomie erfüllen sollte.<br />

Nach Bortz <strong>und</strong> Döring (2006) müssen Kategorien die folgenden Merkmale aufweisen:<br />

Sie müssen exakt <strong>und</strong> präzise definiert sein (Genauigkeit), müssen sich gegenseitig ausschließen,<br />

so dass ein Objekt nicht gleichzeitig in mehrere Kategorien fallen kann (Exklusivität),<br />

<strong>und</strong> sollten die Elemente erschöpfend beschreiben (Exhaustivität). Jedes Objekt<br />

muss also einer Kategorie zugeordnet werden können. Darüber hinausgehende Ansprüche<br />

an ein gutes Kategoriensystem für <strong>Therapieziele</strong> formulieren Grosse Holtforth<br />

<strong>und</strong> Grawe (2002), die einen induktiven Konstruktionsansatz favorisieren. So sollten<br />

Kategoriensysteme empirisch f<strong>und</strong>iert sein. Die Daten, die zur Konstruktion verwendet<br />

werden, sollten direkt der praktischen psychotherapeutischen Arbeit entnommen werden<br />

<strong>und</strong> die entstehenden Kategorien so auf der Wahrnehmung praktisch tätiger Psycholo-<br />

16


gen beruhen. Sie lehnen somit eine rein auf theoretischen Annahmen f<strong>und</strong>ierte Konstruktion<br />

ab. Zusätzlich fordern sie eine leichte Anwendbarkeit der Taxonomie, die für<br />

alle Beteiligten leicht verständlich sein sollte. Es muss möglich sein, <strong>Therapieziele</strong> auf<br />

verschiedenen Abstraktionsebenen zu kategorisieren, damit diejenige verwendet werden<br />

kann, die für die jeweilige Fragestellung am sinnvollsten ist. Reliabilität <strong>und</strong> Validität<br />

müssen ebenfalls gegeben sein, wobei sie vor allem Interraterreliabilität <strong>und</strong> Konstruktvalidität<br />

ansprechen.<br />

3.1.2 Überblick über bestehende Kategoriensysteme<br />

In der Literatur findet man verschiedene, recht unterschiedliche Systeme zur Kategorisierung<br />

von erhobenen <strong>Therapieziele</strong>n. Driessen et al. schreiben 2001, dass eine einheitliche<br />

Unterteilung von <strong>Therapieziele</strong>n nicht vorliege, sondern es eine große Anzahl von<br />

Kategorisierungsansätzen gebe. Ein einheitlich anerkanntes <strong>und</strong> verwendetes Kategorisierungssystem<br />

gibt es auch heute noch nicht, wie im Weiteren deutlich werden wird.<br />

So werden beispielsweise vermittelnde Ziele von Endzielen unterschieden (Parloff,<br />

1967), lang-, mittel- <strong>und</strong> kurzfristige Ziele aufgeführt (Lohmann, 1980), interne externen<br />

<strong>Therapieziele</strong>n gegenübergestellt (Schmidtchen, 1978), eine Dreiteilung in persönliche,<br />

situative <strong>und</strong> methodische Ziele vorgeschlagen (Minsel, 1977), systemimmanente<br />

von nichtsystemimmanenten Zielen abgegrenzt (Möller, 1981) oder von Perrez (1976)<br />

<strong>Therapieziele</strong> hinsichtlich Beobachtungsbegriffe, Dispositionsbegriffe oder theoretischer<br />

Begriffe eingeteilt. Als einer der ersten entwickelte Göllner (1983) eine Taxonomie,<br />

die auf der empirischen Erforschung von Zielen beruhte, die in Therapien verfolgt<br />

wurden.<br />

Schulte-Bahrenberg (1990) betrachtet die bis zum Jahr 1990 vorliegenden Kategorisierungsansätze<br />

<strong>und</strong> bezeichnet sie als uneinheitlich. Als Gr<strong>und</strong> führt er an, dass die Einteilungen<br />

anhand unterschiedlicher Aspekte vorgenommen werden. Zum Teil sind die Systeme<br />

ineinander überführbar, andere stehen disparat nebeneinander. Eine empirische<br />

Überprüfung der vollständig theoretisch entworfenen Einteilungen fehlt völlig, würde<br />

nach Meinung des Autors aber auch zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen.<br />

17


Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe kommen 2002 nach einem Überblick über vorhandene Kategoriensysteme<br />

zu dem Schluss, dass einzig die Ansätze von Faller <strong>und</strong> Gossler (1998)<br />

<strong>und</strong> Heuft <strong>und</strong> Senf (1998) die im Kapitel 3.1.1 genannten Kriterien wenn auch nicht<br />

vollständig, so doch in zufriedenstellendem Ausmaß erfüllen.<br />

Faller <strong>und</strong> Gossler (1998) erfassten die Ziele, die Patienten einer psychotherapeutischen<br />

Poliklinik im Erstgespräch angaben <strong>und</strong> werteten sie qualitativ inhaltsanalytisch aus. So<br />

entwickelten sie ein empirisch basiertes Kategoriensystem, das die Zielinhalte möglichst<br />

vollständig wiedergeben sollte. Die Daten wurden einer erweiterten Ambulanz-<br />

Basisdokumentation entnommen, im Rahmen derer Patienten schriftlich angaben, was<br />

sie durch die Therapie erreichen wollten. Anhand einer Teilstichprobe wurde ein vorläufiges<br />

Kategoriensystem konstruiert <strong>und</strong> an weiteren Teilstichproben überprüft, bis die<br />

endgültige Version dann an der Gesamtstichprobe getestet wurde. Das Kategoriensystem<br />

umfasst 18 binäre Zielkategorien (z. B. „unspezifisch Ges<strong>und</strong>heit erlangen“, „Angst<br />

bewältigen“, „berufliche Ziele verwirklichen“), die anhand von Definitionen, anschaulichen<br />

Beispielen <strong>und</strong> Kodierregeln beschrieben sind. Die angegebene Interraterübereinstimmung<br />

liegt für 12 dieser 18 Kategorien im guten bis sehr guten Bereich. Für die<br />

Validität sprechen diagnosespezifische Häufigkeiten der Zielkategorien (vgl. Kapitel 6)<br />

sowie Zusammenhänge bestimmter Ziele, die die Patienten angaben, mit der Qualität<br />

des therapeutischen Arbeitsbündnisses aus Therapeutensicht. Kritisch bemerken Faller<br />

<strong>und</strong> Gossler selbst, dass sich ihr Kategoriensystem nur auf die Zielangaben solcher Patienten<br />

bezieht, die bereit waren ihre Ziele schriftlich wiederzugeben. Diese Quote war<br />

jedoch gering, es liegen also möglicherweise selektive Daten vor. Grosse Holtforth <strong>und</strong><br />

Grawe (2002) bestätigen zufriedenstellende Präzision <strong>und</strong> Exklusivität der Taxonomie<br />

sowie vorhandene Exhaustivität. Sie stellen jedoch als Hauptkritikpunkt heraus, dass die<br />

Taxonomie Kategorien auf nur einem Abstraktionsniveau beinhaltet. Dies könne dazu<br />

führen, dass sehr spezifische Ziele nicht einzuordnen sind, oder die Klassifikation unter<br />

Umständen zu detailliert ist.<br />

Das Kategoriensystem Individueller <strong>Therapieziele</strong> (KITZ) ist Bestandteil des Qualitätssicherungs-<br />

<strong>und</strong> Dokumentationssystems Psy-BaDo (Basisdokumentation Psychotherapie;<br />

Heuft & Senf, 1998). Das Kategoriensystem umfasst 2 Abstraktionsebenen: 5<br />

Hauptkategorien („intrapsychische Probleme <strong>und</strong> Konflikte“, „interaktionelle, psychosoziale<br />

Probleme <strong>und</strong> Konflikte“, „körperbezogene Probleme <strong>und</strong> Symptome“, „Medi-<br />

18


kamente/stoffgeb<strong>und</strong>ene <strong>und</strong> nichtstoffgeb<strong>und</strong>ene Sucht“, sozialmedizinische <strong>und</strong> Rehabilitationsziele“)<br />

sowie 130 Unterkategorien. Die Konstruktion verlief über mehrere<br />

Schritte. Anhand einer erweiterten Version der Kategorienliste, die an über 800 <strong>Therapieziele</strong>n<br />

des Heidelberger Katamnese-Projekts (Bräutigam, von Rad & Engel, 1980)<br />

erprobt wurde, wurde ein Kategoriensystem zur Analyse der von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten<br />

genannten <strong>Therapieziele</strong> erstellt (Heuft et al. 1995). Die Autoren merken einschränkend<br />

an, dass die Kategorien zwar anhand der Beschreibungen von Therapeuten<br />

<strong>und</strong> Patienten gebildet wurden, die Interpretation dieser Kategorien jedoch schulenspezifisch<br />

ist, da die Ratergruppe psychoanalytisch ausgebildet war. Eine anschließende<br />

Modifikation des Systems beschreiben Heuft et al. (1996). Die <strong>Therapieziele</strong> einer<br />

Stichprobe von Patienten, die in multimodalen stationären Therapiesettings auf psychoanalytischer<br />

Gr<strong>und</strong>lage behandelt wurden, wurden einer Inhaltsanalyse unterzogen <strong>und</strong><br />

das Kategoriensystem anhand dieser Daten auf insgesamt 89 Therapiezielkategorien<br />

vergrößert, die sich in fünf Hauptkategorien untergliedern ließen. In der aktuellen Version<br />

des KITZ, wie sie im Manual zur Psy-BaDo publiziert ist, liegen 130 Unterkategorien<br />

vor. Heuft et al. (1998) berichteten die Interraterübereinstimmung. Sie lag für einen<br />

Datensatz von insgesamt 9000 kategorisierten <strong>Therapieziele</strong>n von 2294 Behandlungsepisoden<br />

bei 80 %. Dirmaier (2005) kritisiert die vorliegende Zweiteilung des Systems.<br />

Die wenigen Hauptkategorien sind demnach eher abstrakt <strong>und</strong> theoriegeleitet, wohingegen<br />

die Kategorien zahlreich <strong>und</strong> sehr spezifisch sind. Außerdem sei das Kriterium der<br />

Erschöpfung nicht gegeben, da eher verhaltenstherapeutisch orientierte Ziele unterrepräsentiert<br />

seien. Auch Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) bemängeln einige Schwachpunkte.<br />

Die Einteilung der Kategorien wurde lediglich von psychoanalytisch arbeitenden<br />

Beurteilern vorgenommen, so dass die Struktur <strong>und</strong> die Benennung der Kategorien<br />

ihrer Meinung nach von dieser einseitigen theoretischen Orientierung beeinflusst sind.<br />

Auch die Anforderung einer empirischen Konstruktion sei trotz der Entwicklung anhand<br />

realer Therapieziel nicht zur Genüge erfüllt, da die Kategorien wie beschrieben auf<br />

theoretischer Ebene definiert wurden.<br />

Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) kommen letztlich zu dem Schluss, dass auch diese<br />

Taxonomien den Ansprüchen, die an ein Kategoriensystem gestellt werden, nicht ausreichend<br />

gerecht werden. Ihre eigene Taxonomie, die dem Berner Inventar für <strong>Therapieziele</strong><br />

(BIT) entstammt, wird im Folgenden Kapitel näher vorgestellt. Zur Zeit befindet<br />

sich das BIT in der Entwicklung. Ein Bestandteil dieses Inventars ist die Taxonomie<br />

19


für Therapiezielinhalte des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T). Neben dieser<br />

Taxonomie beinhaltet das Inventar eine Therapiezielcheckliste (BIT-C, vgl. Kapitel<br />

3.2.1) <strong>und</strong> ein Ratingsystem zur Erfassung der formalen Qualität der <strong>Therapieziele</strong>n anhand<br />

fester Kriterien (BIT-F).<br />

Aus Gründen der Vollständigkeit sei noch das Kategoriensystem genannt, das von Dirmaier<br />

et al. 2002 entwickelt <strong>und</strong> von Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) in ihrer Übersicht<br />

nicht berücksichtig wurde. Diese Taxonomie wurde mit dem Ziel entworfen, speziell<br />

die <strong>Therapieziele</strong> zu erfassen, die für den Bereich der stationären Rehabilitation<br />

von solchen Patienten relevant sind, die an psychosomatischen <strong>und</strong> psychischen Störungen<br />

leiden. Die Konstruktion wird von Dirmaier et al. (2002) beschrieben. Das Kategoriensystem<br />

wurde anhand einer Inhaltsanalyse von Entlassungsberichten der stationären<br />

Rehabilitation von Patienten mit oben genannten Störungen entwickelt. Im Rahmen<br />

weiterer Arbeiten wurde dieses bestehende System modifiziert (Dirmaier, 2005).<br />

Gr<strong>und</strong>lage waren wiederum <strong>Therapieziele</strong>, die Entlassungsberichten der stationären Rehabilitation<br />

entnommen wurden. Die sich ergebene Version des Kategoriensystems beinhaltet<br />

147 Kodierungsmöglichkeiten auf drei Abstraktionsebenen, die in vier Zieldimensionen<br />

aufgeteilt werden (psychosoziale Zieldimension, somatische Zieldimension,<br />

edukative Zieldimension, Zieldimension der Aktivität/Partizipation). Die Interraterreliabilität<br />

wurde für die Ebenen der Zieldimensionen <strong>und</strong> Hauptkategorien bestimmt <strong>und</strong><br />

kann als gut bezeichnet werden. Der Nachweis erwarteter Gruppenunterschiede liefert<br />

einen Hinweis auf die Validität des Instruments: So differenzierte das System zwischen<br />

verschiedenen Diagnosegruppen (vgl. Kapitel 6) <strong>und</strong> zwischen verschiedenen therapeutischen<br />

Richtungen. Zusammenfassend wird das Kategoriensystem als reliabel, valide<br />

<strong>und</strong> praktikabel eingeschätzt. Es scheint jedoch eher für die Einordnung therapeutischer<br />

Zielsetzungen als für <strong>Therapieziele</strong> aus Patientensicht geeignet zu sein <strong>und</strong> ist nur für<br />

den spezifischen Bereich der stationären Rehabilitation anwendbar.<br />

3.1.3 Die Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong><br />

Die Konstruktion der BIT-T wird ausführlich von Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002)<br />

beschrieben. In die Konstruktion einbezogen wurden alle verfügbaren <strong>Therapieziele</strong> der<br />

20


Patienten, die sich an der Berner Universität einer ambulanten Psychotherapie unterzogen<br />

haben. Es sollte so eine Taxonomie entworfen werden, die möglichst repräsentativ<br />

für <strong>Therapieziele</strong> im ambulanten Rahmen ist. Verwendet wurden 1031 <strong>Therapieziele</strong><br />

von 298 Patienten der letzten 20 Jahre, die innerhalb der ersten drei bis fünf Therapiesitzungen<br />

erhoben wurden. Diese wurden groben Zielkategorien zugeordnet <strong>und</strong> Ziele<br />

gleichen Inhalts zusammengefasst. Im Anschluss wurden die nun vorliegenden ersten<br />

Inhaltskategorien von Psychotherapeuten anhand ihrer Ähnlichkeit frei zu Gruppen geordnet.<br />

Anhand dieser Gruppen erstellten die Autoren eine Matrix, die das Ausmaß der<br />

Unähnlichkeiten zwischen den einzelnen Zieleinheiten erfasste, <strong>und</strong> werteten diese<br />

clusteranalytisch aus. So resultierte eine erste Version der BIT-T. Nach mehreren Revisionsdurchgängen,<br />

die ein einheitlicheres Abstraktionsniveau herstellen sollten <strong>und</strong> eine<br />

Rekategorisierung <strong>und</strong> Zusammenfassung einzelner Kategorien beinhaltete, wurde die<br />

Taxonomie weiter revidiert, um eine bessere Anwendbarkeit sicherzustellen. Kategoriale<br />

Überlappungen <strong>und</strong> logische Inkonsistenzen wurden beseitigt sowie in einem letzten<br />

Schritt fehlende Zielkategorien aus den in Kapitel 3.1.2 beschriebenen Taxonomien von<br />

Faller <strong>und</strong> Gossler (1998) <strong>und</strong> Heuft <strong>und</strong> Senf (1998) ergänzt. Für jede (Unter-) Kategorie<br />

sind klare Bezeichnungen <strong>und</strong> präzise Definitionen sowie Beispiele von Zielen, die<br />

unter diese Kategorie gefasst werden, vorhanden. Dadurch ist nach Grosse Holtforth<br />

<strong>und</strong> Grawe (2002) das Kriterium der Genauigkeit erfüllt. Die Exklusivität soll durch die<br />

mehrfache Modifikation der Kategorien <strong>und</strong> die präzisen Definitionen ebenfalls gegeben<br />

sein.<br />

Anhand des so resultierenden Kategoriensystems wurden die <strong>Therapieziele</strong> von ambulanten<br />

(Grosse Holtforth & Grawe, 2002) <strong>und</strong> stationären ( Berking, Jacobi & Masuhr,<br />

2001; Grosse Holtforth et al., 2004) Patienten (re-) kategorisiert. Eine näherer Darstellung<br />

dieser Arbeiten findet sich in Kapitel 6. Dies führte zur gebräuchlichen Version der<br />

BIT-T (Michalak, Grosse Holtforth & Berking, 2007).<br />

Die BIT-T ist in drei Ebenen hierarchisch organisiert. Auf der abstraktesten Ebene finden<br />

sich 5 Oberkategorien sowie eine Restkategorie, die sich weiter in 31 Kategorien<br />

<strong>und</strong> 50 zugeordnete Unterkategorien aufgliedern, wobei jeweils zusätzliche Restkategorien<br />

vorliegen. Die Bezeichnungen beziehen sich jeweils auf den Zielinhalt, die entsprechend<br />

einzuordnen sind. Tabelle 1 zeigt die Oberkategorien <strong>und</strong> Kategorien, wobei die<br />

Restkategorien nicht abgebildet sind.<br />

21


Tabelle 1: Oberkategorien <strong>und</strong> Kategorien des BIT-T (Version 4.0)<br />

Problem-/<br />

Symptombezogen<br />

Depressives Erleben<br />

Interpersonal<br />

Partnerschaft<br />

Wohlbefinden/<br />

Wohlsein<br />

Bewegung, Aktivität<br />

Orientierung<br />

Selbstreflex.&<br />

Zukunft<br />

Selbstentwicklung<br />

Selbstwert<br />

Suizid<br />

Aktuelle Familie<br />

Entspannung<br />

Sinnfindung<br />

Selbstverwirklichung<br />

Ängste<br />

Herkunftsfamilie<br />

Wohlbefinden<br />

Selbstkontrolle<br />

Zwänge<br />

Andere Beziehungen<br />

Gefühlsregulation<br />

Traumata<br />

Alleinsein,<br />

Trauer<br />

Sucht<br />

Selbstbehauptung<br />

Essverhalten<br />

Kontakt<br />

Schlaf<br />

Sexualität<br />

Körperbez.<br />

Probleme<br />

Stress<br />

Medikamente<br />

Grosse Holtforth (2001) führt einige Punkte auf, in denen sich die BIT-T vom KITZ<br />

(Heuft & Senf, 1998) sowie dem Kategoriensystem nach Faller <strong>und</strong> Gossler (1998) unterscheidet.<br />

Nur die BIT-T verfügt über drei Abstraktionsebenen. Die obere <strong>und</strong> untere<br />

sind in etwa mit denen des KITZ gleichzusetzen, die mittlere entspricht in etwa der des<br />

Kategoriensystems nach Faller <strong>und</strong> Gossler, ermöglicht allerdings eine inhaltlich etwas<br />

breitere Kategorisierung. Somit ist eine größere Flexibilität gegeben, da die Abstraktionsebene<br />

der Fragestellung entsprechend gewählt werden kann. Die Inhalte der Kategorien<br />

des KITZ <strong>und</strong> des Kategoriensystems nach Faller <strong>und</strong> Gossler sind zum größten<br />

Teil in die Kategorien der BIT-T überführbar, ohne große inhaltliche Verluste in Kauf<br />

nehmen zu müssen. Für eine genaue Darstellung der diesbezüglichen Ausnahmen sei<br />

auf die Originalquelle verwiesen.<br />

22


Die Überprüfung der Taxonomie wurde nach Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) an<br />

1262 Zielen von Patienten, die an der Universität Bern ambulant behandelt wurden,<br />

vorgenommen, wobei der Großteil der Daten bereits innerhalb der Konstruktionsstichprobe<br />

verwendet wurde. Diese Ziele wurden anhand der BIT-T von zwei Beurteilern kategorisiert,<br />

die Interraterreliabilität über Cohens Kappa jedoch nur für die oberen beiden<br />

Abstraktionsebenen berechnet, da für die Unterkategorien zu wenig Daten vorhanden<br />

waren. Über alle Daten hinweg ergab sich im Mittel ein Kappa-Wert von .79 für die<br />

Oberkategorien <strong>und</strong> von .76 auf Ebene der Kategorien. Im Anschluss wurden die Ziele,<br />

die bereits in die Konstruktionsstichprobe eingegangen waren, <strong>und</strong> die hinzugekommenen<br />

Ziele separat analysiert. Für die bereits verwendeten Ziele ergab sich für die Oberkategorien<br />

ein Wert von .78, für die Kategorien von .74. Für die hinzugenommenen Ziele<br />

fand sich ein Wert von .83 für die Oberkategorien <strong>und</strong> ein Wert von .82 für die Unterkategorien.<br />

Bei einem Vergleich jeder Oberkategorie/Kategorie mit dem Rest der<br />

Oberkategorien/Kategorien ergaben sich auf Ebene der Oberkategorien Werte von .70 -<br />

.83 sowie auf Kategorienebene von .59 - .97. Nach Angaben von Bortz <strong>und</strong> Döring<br />

(2006) stehen Kappa-Werte zwischen .6 <strong>und</strong> .75 für eine gute Übereinstimmung. Die<br />

Interraterreliabilität lag somit überwiegend in einem guten bis sehr guten Bereich <strong>und</strong><br />

ist nach Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) vergleichbar mit denen anderer Taxonomien.<br />

Um die Validität der BIT-T zu belegen, werden Bef<strong>und</strong>e aus zwei verschiedenen<br />

Bereichen angegeben. Zum einen ließ sich die diagnostische Spezifität der Zielsetzungen<br />

von Angstpatienten <strong>und</strong> depressiven Patienten nachweisen (vgl. Kapitel 6). Weitere<br />

Untersuchungen, die Ziele anhand der BIT-T klassifizierten <strong>und</strong> zu ähnlichen Bef<strong>und</strong>en<br />

kommen, finden sich ebenfalls in Kapitel 6. Im Gegensatz zu der hier beschrieben Untersuchung,<br />

die die Ziele ambulant behandelter Patienten erfasste, betrachten die diesem<br />

Kapitel besprochenen Studien die <strong>Therapieziele</strong> stationärer Patienten. Dies zeigt, dass<br />

die BIT-T offenbar sowohl im ambulanten Rahmen, für den sie ursprünglich entwickelt<br />

wurde, als auch im stationären Setting eingesetzt werden kann. Des Weiteren wurde der<br />

Zusammenhang zwischen Zielsetzung <strong>und</strong> psychopathologischer Symptomatik anhand<br />

standardisierter Verfahren nachgewiesen. So fanden sich bei Patienten, die ein Ziel angaben,<br />

das in die Kategorie „Depressive Symptome“ fiel, höhere Werte auf der Depressivitätsskala<br />

der Symptom-Checkliste (SCL-90-R; Franke, 1995), Patienten mit Zielen<br />

aus der Kategorie „Befürchtungen oder Ängste“ erhielten höhere Werte auf den Ängstlichkeitsskalen,<br />

während höhere Werte auf der Somatisierungsskala einhergingen mit<br />

Zielen aus der Kategorie „Somatische Probleme“. Nannten Patienten Ziele aus dem Be-<br />

23


eich „Zwangsgedanken/Zwangshandlungen“, fanden sich höhere Werte auf den Skalen<br />

„Zwanghaftigkeit“ <strong>und</strong> „Ängstlichkeit“. Patienten mit Zielen aus dem Bereich „Durchsetzungsfähigkeit“<br />

wiesen höhere Werte auf entsprechenden Skalen des Inventars zur<br />

Erfassung interpersonaler Probleme (IIP-D; Horowitz, Strauss & Kordy, 1994) auf, wie<br />

zum Beispiel auf der Skala „selbstunsicher/unterwürfig“. Ziele der Kategorie „Verb<strong>und</strong>enheit<br />

<strong>und</strong> Intimität“ gingen einher mit höheren Werten auf der Skala „autokratisch/dominant“.<br />

Um zu überprüfen, inwieweit die auftretenden <strong>Therapieziele</strong> durch die<br />

Kategorien der Taxonomie abgedeckt werden, wurde der Anteil der Ziele betrachtet, die<br />

in die Restkategorien fielen. Auf Ebene der Oberkategorien wurden die Restkategorien<br />

mit einem Anteil von nur 1 % sehr selten besetzt. Auf Ebene der Kategorien erfolgte eine<br />

derartige Zuordnung mit einem Anteil von 3,5 % schon häufiger, betrachtet man die<br />

Unterkategorien fallen sogar 21% der genannten Ziele in die Restkategorien. Die höheren<br />

Zahlen auf den beiden letztgenannten Abstraktionsebenen können jedoch relativiert<br />

werden, da die Ziele auf der Ebene der Oberkategorien eingeordnet wurden. Diese Bef<strong>und</strong>lage<br />

bewerten die Autoren dahingehend, dass das Exhaustivitätskriterium für ihre<br />

Taxonomie erfüllt ist. Anwendbarkeit <strong>und</strong> Verständlichkeit werden ebenfalls als gegeben<br />

angenommen.<br />

Dirmaier (2005) bezeichnet die Konstruktion der Taxonomie als „sehr elaborierte Arbeit“<br />

(S. 53) <strong>und</strong> auch Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) bewerten die Konstruktion<br />

ihrer Taxonomie als erfolgreich. So sagen sie, „the BIT-T provides a reliable, valid, and<br />

useful categorization of treatment goal themes that can be used for a wide range of research<br />

as well as practical purposes“ (S. 97). Mit der BIT-T scheint also ein angemessenes<br />

Instrument zur Therapiezielkategorisierung gef<strong>und</strong>en zu sein.<br />

3.2 Instrumente der <strong>Therapieziele</strong>rfassung<br />

Generell können zwei verschiedene Verfahren zur Erfassung von <strong>Therapieziele</strong>n unterschieden<br />

werden, auf deren nähere Beschreibung in der Arbeit von Driessen et al.<br />

(2001) sich die folgenden Aussagen beziehen. Die Ziele können auf der einen Seite anhand<br />

standardisierter Instrumente vorgegeben werden. Die Patienten oder Therapeuten<br />

wählen anhand dieser Aufzählung aus, welche von den angegebenen Zielen sie in der<br />

24


Behandlung verfolgen <strong>und</strong> können teilweise auch eine Gewichtung dieser Ziele angeben.<br />

Solch ein standardisiertes Vorgehen bietet Vorteile bezüglich der Objektivierung<br />

<strong>und</strong> Vergleichbarkeit der Daten. In Kapitel 3.2.1 werden verschiedene Instrumente zur<br />

standardisierten Erhebung von <strong>Therapieziele</strong>n näher vorgestellt. Vor allem bezüglich<br />

der Erfassung von Patientenzielen sind dies neuere Arbeiten. Die Verwendung dieser<br />

Art von Fragebögen oder Checklisten zur standardisierten <strong>Therapieziele</strong>rfassung ist jedoch<br />

durch den Trend zur individuellen Bestimmung der <strong>Therapieziele</strong> in den Hintergr<strong>und</strong><br />

geraten, bei der die Ziele für jeden Patient neu formuliert werden <strong>und</strong> so die jeweiligen<br />

individuellen Anliegen besser abbilden. Ein weites Feld, in dem derartige Verfahren<br />

zum Einsatz kommen, sind Studien zur Erfolgskontrolle von Psychotherapie. Eine<br />

Darstellung der gebräuchlichsten Methode findet sich in Kapitel 3.2.2.<br />

3.2.1 Standardisierte Erhebungsinstrumente<br />

Im deutschsprachigen Raum wurden in den letzten Jahren eine Reihe von Fragebögen<br />

entwickelt, mit denen sich die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten über eine Selbsteinschätzung<br />

standardisiert erheben lassen (Dirmaier, 2005). Diese sollen im Folgenden vorgestellt<br />

werden.<br />

Faller entwarf 2000 einen Therapiezielfragebogen. Zur Itemgenerierung wurden die Kategorien<br />

der Taxonomie von Faller <strong>und</strong> Gossler (1998) (vgl. Kapitel 3.1.2) herangezogen,<br />

um die <strong>Therapieziele</strong>, die Patienten in ihren Spontanangaben äußern, so vollständig<br />

wie möglich abzudecken. Der resultierende Therapiezielfragebogen soll die strukturierte<br />

Erfassung von <strong>Therapieziele</strong>n möglich machen. Er besteht aus 24 Items, die anhand eines<br />

fünfstufigen Antwortformats (1 = überhaupt nicht, 5 = sehr stark) eingeschätzt werden.<br />

Basierend auf den Daten von 125 Patienten einer psychotherapeutischen Poliklinik<br />

wurden die Items einer Faktorenanalyse unterzogen. Aufgr<strong>und</strong> dieser Berechnung <strong>und</strong><br />

inhaltlicher Überlegungen wurden 3 Skalen konstruiert: Einsicht, Kontaktfähigkeit <strong>und</strong><br />

Selbstbehauptung. Diese Skalen weisen jedoch hohe Interkorrelationen auf, was auf eine<br />

deutliche Abhängigkeit hinweist. Dementsprechend fanden sich keine Unterschiede<br />

zwischen Patienten, deren Ziele bestimmten Skalen zugeordnet werden konnten, bezüglich<br />

der Erwartungen an die konkrete Intervention <strong>und</strong> vorhandenen Ursachenvorstel-<br />

25


lungen. Auffällig ist zudem, dass ebenfalls keine Unterschiede bezogen auf die beiden<br />

vorherrschenden Therapierichtungen (analytisch/tiefenpsychologisch <strong>und</strong> kognitiv/behavioral)<br />

bestanden, obwohl unterschiedliche Zielsetzungen erwartet wurden. Die<br />

Autoren bewerteten den mangelnden Zusammenhang zwischen den Zielangaben der Patienten<br />

<strong>und</strong> der durch die Therapeuten eingeschätzten Qualität des therapeutischen Arbeitsbündnisses<br />

ebenfalls als auffällig. Die Validität des Instruments scheint folglich<br />

eingeschränkt. Ein Vergleich der Zielsetzungen von Patienten verschiedener Diagnosegruppen<br />

ergab jedoch, dass die jeweiligen symptombezogenen Ziele erwartungskonform<br />

am häufigsten genannt wurden. Dirmaier (2005) kritisiert die globale Erfragung<br />

nur weniger <strong>Therapieziele</strong>, die lediglich auf einem Abstraktionsniveau angesiedelt sind.<br />

Driessen et al. konstruierten 2001 den Fragebogen zu persönlichen <strong>Therapieziele</strong>n<br />

(FRAPT), der speziell auf die Erfassung der <strong>Therapieziele</strong> von Patienten in psychiatrischen<br />

Einrichtungen ausgerichtet ist. Eine erste Überprüfung des Fragebogens fand an<br />

einer Stichprobe von 161 psychiatrischen Patienten unterschiedlicher Diagnosen statt.<br />

Die Itemsammlung erfolgte anhand relevanter Literatur sowie mehrmaligen Konsensuskonferenzen<br />

von Psychiatern <strong>und</strong> Psychotherapeuten verschiedener therapeutischer<br />

Richtungen. Der Fragebogen ist also therapieschulenübergreifend. Die enthaltenen 42<br />

Items gliedern sich in sechs Subskalen auf, die faktorenanalytisch ermittelt wurden (1.<br />

„Vertrauen zu sich <strong>und</strong> anderen“, 2. Aktive Auseinandersetzung mit sich <strong>und</strong> der<br />

Krankheit“, 3. „Bewältigung von Misshandlungserfahrungen <strong>und</strong> Selbstbeschädigung“,<br />

4. Bewältigung von Depression <strong>und</strong> Angst“, 5. „Verbesserungen in der Familie <strong>und</strong> der<br />

sozioökonomischen Bedingungen“, 6. Bewältigung von Substanzmissbrauch <strong>und</strong> Abhängigkeit“).<br />

Zwei Hauptfaktoren beschreiben so eher übergreifende <strong>Therapieziele</strong>, die<br />

übrigen Skalen bilden relativ störungs- <strong>und</strong> erfahrungsspezifische <strong>Therapieziele</strong> ab. Die<br />

Reliabilität von drei der sechs Skalen wird mit einem Cronbachs Alpha von weniger als<br />

.70 als nicht zufriedenstellend bewertet. Bezüglich der Validität wurden Zusammenhänge<br />

zwischen dem FRAPT <strong>und</strong> Außenkriterien für die Diagnosegruppen <strong>und</strong> das Ausmaß<br />

der psychopathologischen Belastung gef<strong>und</strong>en. Dirmaier (2005) bezeichnet das Instrument<br />

anhand der psychometrischen Eigenschaften als zufriedenstellend, allerdings<br />

scheinen einige Zielbereiche nicht oder nur unzureichend erfasst.<br />

Im Rahmen des in Kapitel 3.1.2 beschriebenen Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> liegt<br />

ebenfalls eine Therapiezielcheckliste vor, die Therapiezielcheckliste des Berner Inven-<br />

26


tars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-C). Deren Konstruktion <strong>und</strong> erste Überprüfung beschreibt<br />

Grosse Holtforth (2001). Wie bei dem Therapiezielfragebogen von Faller (2000) lag<br />

auch hier der Konstruktion der Checkliste ein bereits bestehendes Kategoriensystem, die<br />

Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T; vgl. Kapitel 3.1.3) zugr<strong>und</strong>e,<br />

um möglichst alle in der Psychotherapie vorkommenden <strong>Therapieziele</strong> abzudecken. Zur<br />

Konstruktion der Checkliste wurden die Unterkategorien der BIT-T in umgangssprachliche<br />

Items überführt <strong>und</strong> weiter anhand der ebenfalls umgangssprachlich gefassten Bezeichnungen<br />

der Kategorien <strong>und</strong> Oberkategorien unterteilt. 128 Patienten einer kognitiv-verhaltenstherapeutisch<br />

orientierten Klinik füllten eine erste Version der Checkliste<br />

zur Überprüfung im Rahmen der diagnostischen Abklärung aus. Da sich zeigte, dass<br />

durch die Möglichkeit, am Ende jeder abgefragten Kategorie Zusatzziele frei anzugeben,<br />

die Verständlichkeit <strong>und</strong> Auswertungseffizienz beeinträchtigt wurde, ist dies<br />

in der aktuellen Version der BIT-C nur noch am Ende des gesamten ersten Teils möglich.<br />

An einigen Stellen wurde eine Ergänzung vorhandener Formulierungen vorgenommen,<br />

um oft angegebene Zusatzziele ohne vorhandenes Äquivalent in die Checkliste<br />

aufzunehmen. Zusätzlich wurden einige Items präziser formuliert. Die revidierte Version<br />

der BIT-C umfasst zwei Teile. Im ersten Teil können 64 vorgegebene Zielformulierungen<br />

ausgewählt werden. Zusätzlich lassen sich am Ende Zusatzziele individuell ergänzen.<br />

Im zweiten Teil werden die Patienten gebeten, bis zu fünf ihrer wichtigsten<br />

<strong>Therapieziele</strong> auszuwählen <strong>und</strong> diese auf ihre individuelle Situation bezogen zu formulieren.<br />

Die genauer in Kapitel 6 beschriebene vorliegende Diagnosespezifität der Therapiezielwahl<br />

spricht für die Validität des Instruments.<br />

Steffanowski et al. (2004) beschreiben die Entwicklung <strong>und</strong> erste Untersuchungen mit<br />

dem strukturierten Therapiezielkatalog (STK), der im Rahmen einer umfangreichen<br />

Studie zur Ergebnisqualität stationärer psychosomatischer Rehabilitation erstellt wurde.<br />

Um passende Ziele auszuwählen, wurde auf bereits vorhandene Zielkataloge zurückgegriffen.<br />

Kriterien der Zielauswahl waren eine möglichst gute Verständlichkeit der Formulierungen<br />

für den Patienten, kein fachterminologischer Wortlaut <strong>und</strong> Relevanz der<br />

Ziele für die stationäre psychosomatische Rehabilitation. Dieses Vorgehen führte zu einer<br />

ersten Auswahl von 123 <strong>Therapieziele</strong>n, die anhand eines Expertenratings durch<br />

therapeutische Mitarbeiter verschiedener psychosomatischer Fachkliniken weiter selektiert<br />

wurden. Letztlich blieben 89 <strong>Therapieziele</strong> unterteilt in acht Kategorien übrig<br />

(„körperliche <strong>und</strong> seelische Aspekte“, „Selbsterkenntnis/Problembewusstsein“, „Le-<br />

27


ensperspektive/Zukunftsplanung“, „Umgang mit Problemen/Risikoverhalten“, „Beziehung<br />

zu anderen/soziale Fertigkeiten“, „Arbeit, Alltag <strong>und</strong> Freizeit“, „Information <strong>und</strong><br />

Beratung“, „Information <strong>und</strong> Motivation zur Psychotherapie“), die als für die psychosomatische<br />

Rehabilitation relevant eingeschätzt wurden <strong>und</strong> nach Angaben der Experten<br />

ausreichend häufig von Patienten genannt werden. Um eine Selbst- <strong>und</strong> Fremdbeurteilung<br />

zu ermöglichen, wurden zwei Versionen mit identischen Itemformulierungen für<br />

Patienten <strong>und</strong> Therapeuten erstellt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme können aus dem STK<br />

beliebig viele Ziele markiert sowie fünf weitere zusätzlich frei formuliert werden. Aus<br />

diesen werden bis zu fünf Hauptziele für die Behandlung gewählt. Zum Entlassungszeitpunkt<br />

bewerten Patient <strong>und</strong> Therapeut diese Hauptziele bezüglich der Zielerreichung<br />

auf einer vierstufigen Skala. Es ist möglich, Ziele als nicht mehr relevant zu kennzeichnen<br />

<strong>und</strong> neue Ziele, die sich im Verlauf der Behandlung ergeben haben, hinzuzufügen.<br />

Eine wiederholte Zielerreichungseinschätzung ist zum Zeitpunkt der 1-Jahres-<br />

Katamnese vorgesehen. Die Handhabbarkeit des STK wurde an einer Stichprobe von<br />

858 Patienten der stationären Rehabilitation untersucht. Die Patienten gaben mehr Ziele<br />

an als ihre Therapeuten. Ziele aus dem Bereich „psychische Symptomatik“ wurden von<br />

beiden Gruppen am häufigsten markiert. Auch der STK weist sich durch eine Diagnosespezifität<br />

der <strong>Therapieziele</strong> aus, so entsprachen die Haupttherapieziele bei depressiven<br />

Patienten, Patienten mit Anpassungsstörungen, somatoformen Störungen <strong>und</strong> Angststörungen<br />

zumindest teilweise deren Symptomatik, wobei dieses bei den angstgestörten<br />

Patienten am ausgeprägtesten vorlag (vgl. Kapitel 6). Der Zusammenhang zwischen<br />

Selbst- <strong>und</strong> Fremdbeurteilung war nur niedrig ausgeprägt. Die Autoren geben an, den<br />

STK in zukünftigen Versionen umgestalten zu wollen. Nach Dirmaier (2005) fehlen<br />

bisher geeignete Angaben zur Reliabilität <strong>und</strong> Validität des Instruments.<br />

Diesen standardisierten Fragebögen, die zur Erfassung der Patientenziele entwickelt<br />

wurden, stehen Instrumente gegenüber, die speziell die <strong>Therapieziele</strong> der behandelnden<br />

Therapeuten erfassen. Wie sich aus der Arbeit von Dirmaier (2005) entnehmen lässt,<br />

gibt es einen Mangel an derartigen Ansätzen. Lediglich die Instrumente von Hill <strong>und</strong><br />

O´Grady (1985) <strong>und</strong> des „Collaborative Research Network“ (Ambühl, 1994; Ambühl,<br />

Orlinsky & Collaborative Research Network, 1997) scheinen demnach erwähnenswert.<br />

Hill <strong>und</strong> O´Grady (1985) verfassten die in englischer Sprache vorliegende „List of Therapist<br />

Intentions“. Zur Konstruktion wurden die Hauptziele der unterschiedlichen The-<br />

28


apierichtungen erfasst <strong>und</strong> Gemeinsamkeiten in den Zielsetzungen herausgearbeitet.<br />

Nach mehreren Revisionsschritten, in denen die Liste mit Hilfe praktisch arbeitender<br />

Therapeuten korrigiert <strong>und</strong> erweitert wurde, ergaben sich 19 Absichts- oder Zielkategorien<br />

(z. B. „get informations“, „support“, „insight“). Diese stellen eher Oberbegriffe für<br />

eine große Spannbreite verschiedener Zielsetzungsaspekte dar. Die Autoren beanspruchen,<br />

dass ihr Instrument alle vorhandenen Ziele abdeckt <strong>und</strong> in einer neutralen Sprache<br />

vorliegt, so dass Therapeuten verschiedener Richtungen mit ihr arbeiten können. Angaben<br />

zur Reliabilität werden nicht gemacht, da diese schwierig zu erheben sei. Wie erwartet<br />

gaben Therapeuten unterschiedlicher Therapierichtungen die ihrer Richtung entsprechenden<br />

Ziele an, so wurde zum Beispiel „insight“ von Psychoanalytikern <strong>und</strong><br />

„reinforce change“ von Verhaltenstherapeuten häufiger angegeben. Nicht alle Ziele waren<br />

jedoch eindeutig den verschiedenen Schulen zuzuordnen, was die Autoren mit der<br />

neutralen Formulierung der Zielbereiche begründeten. Zusätzlich änderten Therapeuten<br />

unabhängig ihrer Schulenzugehörigkeit ihre Ziele im Laufe einer Sitzung. Zu Beginn<br />

wurden eher Ziele angegeben, die sich auf Informationsbeschaffung bezogen, am Ende<br />

der Sitzung dominierte der Wunsch nach Einsicht oder Veränderung. Dirmaier (2005)<br />

beanstandet, dass eher gr<strong>und</strong>legende Handlungsintentionen erfasst werden können, weniger<br />

spezifische Zielsetzungen der Therapeuten.<br />

Ambühl (1994) beschreibt das Forschungsprojekt des „Collaborative Research Network“.<br />

Ziel des umfassenden Projekts ist es, eine internationale Studie zur persönlichen<br />

Entwicklung von Psychotherapeutinnen <strong>und</strong> Psychotherapeuten in ihrer therapeutischen<br />

Rolle durchzuführen. Dazu wurde der „Development of Psychotherapists Common Core<br />

Questionnaire“ entwickelt, der neun Bereiche dieser Entwicklung erfasst <strong>und</strong> als einen<br />

Unterpunkt auch die therapeutischen Ziele erfragt. Der Fragebogen entstand rein<br />

theoriegeleitet durch Expertendiskussionen. Den Therapeuten wird eine Liste von 16<br />

möglichen Zielen vorgelegt (Ambühl et al., 1997) (z. B. „Ein starkes Selbst- <strong>und</strong> Identitätgefühl<br />

zu haben“, Eine Abschwächung von Symptomen zu erleben“), auf der die Ziele<br />

markiert werden sollen, die sie für die Mehrzahl ihrer Patienten für wichtig halten.<br />

Auch anhand dieses Fragebogens konnte an einer internationalen Stichprobe von 2376<br />

Psychotherapeuten <strong>und</strong> -therapeutinnen gezeigt werden, dass die Therapiezielwahl zumindest<br />

teilweise schulenspezifisch ist <strong>und</strong> mit den theoretischen Orientierungen kompatibel<br />

scheinen. So streben beispielsweise sowohl analytisch-psychodynamische als<br />

auch humanistisch orientierte Therapeuten die Aktualisierung <strong>und</strong> Verarbeitung vergan-<br />

29


gener Erfahrungen an, während behavioristisch-kognitiv orientierte Therapeuten ihre<br />

Patienten unter anderem in die Lage versetzten möchten, problematische Verhaltensweisen<br />

zu kontrollieren oder problematische Situationen zu bewältigen. Dirmaier (2005)<br />

bezweifelt, dass das Instrument heterogene Zielsetzungen erfassen kann, da die vorgegebenen<br />

Ziele eher abstrakt <strong>und</strong> global sind. Der Fragebogen wurde jedoch auch nicht<br />

mit dem Anspruch entwickelt, konkrete Ziele des Therapeuten für einen bestimmten Patienten<br />

oder eine bestimmte Therapiesitzung zu erfassen. Es soll vielmehr die allgemeine<br />

therapeutische Orientierung der Therapeuten über alle Patienten hinweg abbilden.<br />

Anhand seines in Kapitel 3.1.2 beschriebenen Kategoriensystems entwickelte Dirmaier<br />

(2005) das „Profil Psychotherapeutischer Zielsetzungen“ (PPZ) zur standardisierten Erfassung<br />

von <strong>Therapieziele</strong>n im Rahmen der stationären Rehabilitation. Es liegt eine<br />

Therapeutenversion (PPZ-T) <strong>und</strong> eine Patientenversion (PPZ-P) vor. Auf die Version<br />

zur Erhebung der Patientenziele wurde im Vorfeld nicht näher eingegangen, da der Autor<br />

keine psychometrische Überprüfung des Instruments vorgenommen hat. Das PPZ-T<br />

besteht aus vier Zieldimensionen, die aus dem Kategoriensystem übernommen wurden.<br />

Diese unterteilen sich in 21 Zieldimensionen, die die Hauptkategorien des Kategoriensystems<br />

abbilden <strong>und</strong> wiederum in unterschiedliche Spezifizierungen aufgeteilt sind.<br />

Auf den ersten beiden Abstraktionsebenen besteht die Möglichkeit, freitextlich zusätzliche<br />

Ziele zu formulieren. In der Anwendung sind zunächst von den Therapeuten zwei<br />

bis vier Zielbereiche auszuwählen. Im Anschluss werden möglichst die Spezifizierungen<br />

angekreuzt, da die Ziele auf der konkretesten Ebene angegeben werden sollen. Zusätzlich<br />

ist nach Therapieabschluss eine Überprüfung der Zielerreichung anhand einer<br />

fünfstufigen Skala möglich. Der PPZ-T wurde anhand einer Stichprobe von 200 Patienten<br />

aus 11 Rehabilitationskliniken untersucht. Da sich die Verständlichkeit des Instruments<br />

als mangelhaft erwies, wurden Modifikationen in Erwägung gezogen. Es wurden<br />

nur wenige Ziele formuliert, die keiner Kategorie zugeordnet werden konnten. Die angegeben<br />

<strong>Therapieziele</strong> unterschieden sich für die diagnosespezifischen Untergruppen<br />

der Patienten, jedoch blieb ein großer Anteil nicht aufgeklärter Varianz bestehen. Dies<br />

deutet darauf hin, dass therapeutische Zielsetzungen <strong>und</strong> Diagnosen nur begrenzt zusammenhängen.<br />

Die angenommenen Zusammenhänge zwischen patientenseitiger Einschätzung<br />

der Symptombelastung <strong>und</strong> therapeutischer Therapiezielwahl konnten nur<br />

zum Teil bestätigt werden. Die Therapeutenziele sind nur teilweise von den durch die<br />

Patienten wahrgenommene Symptombelastung, soziale Problembereiche <strong>und</strong> funktio-<br />

30


nellen Einschränkungen abhängig. Unterschiede zwischen Therapeuten verschiedener<br />

Schulenzugehörigkeit wurden nicht untersucht, eine Analyse der Reliabilität des Instruments<br />

steht noch aus. Dirmaier selbst bezeichnet sein Instrument als vollständig,<br />

verständlich <strong>und</strong> daher praktikabel, macht darüber hinaus aber Vorschläge für eine notwendige<br />

Modifizierung <strong>und</strong> weitere Überprüfung.<br />

3.2.2 Individuelle Therapiezielbestimmung: Die Methode des Goal<br />

Attainment Scalings<br />

„Wenn Psychotherapie eine Methodik ist, mit deren Hilfe Menschen eine sie beeinträchtigende<br />

Gegenwart oder Vergangenheit überwinden, so ist auch die anzustrebende Zukunft<br />

individualspezifisch, d. h. auf die Einzigartigkeit des psychotherapiebedürftigen<br />

Menschen bezogen“ (Scholz, 1980, S. 108). Bei standardisierten Verfahren ist es notwendig,<br />

die Items möglichst allgemein <strong>und</strong> objektiv zu formulieren, wodurch sie für<br />

den einzelnen Patienten möglicherweise nicht mehr relevant sind (Flender, 2000). Im<br />

Gegensatz dazu stellen Methoden, die der Erfassung individueller <strong>Therapieziele</strong> dienen,<br />

die spezifische Problemlage des individuellen Patienten <strong>und</strong> seine persönlichen <strong>Therapieziele</strong><br />

in den Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Zur individuellen Bestimmung von <strong>Therapieziele</strong>n hat das Goal Attainment Scaling<br />

(GAS) die größte Bedeutsamkeit erlangt hat. Andere Ansätze sind in der Regel Weiterentwicklungen<br />

oder Variationen dieses Instruments (Driessen et al., 2001), wodurch unter<br />

die Bezeichnung „Zielerreichungsskalierung“ eine große Bandbreite von Verfahren<br />

fällt (Hill & Lambert, 2004). Die Methode kann in verschiedenen Praxisfeldern ökonomisch<br />

<strong>und</strong> leicht eingesetzt werden. In einem ersten Schritt legen Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

zu Beginn der Behandlung gemeinsam die Ziele fest, die durch die Therapie erreicht<br />

werden sollen (Schulte, 1996). Gleichzeitig stellt dieses Instrument aber auch das wichtigste<br />

Verfahren zur Therapieevaluation dar, für die es auch primär entwickelt wurde:<br />

Die zu Therapiebeginn formulierten Ziele werden am Ende der Therapie oder in regelmäßigen<br />

Abständen hinsichtlich der Zielerreichung eingeschätzt (Wendisch, 1999).<br />

31


Die Originalform des Verfahrens, das zur Evaluation von Therapieprogrammen entwickelt<br />

wurde, wird von Kiresuk <strong>und</strong> Sherman (1968) beschrieben <strong>und</strong> besteht aus drei<br />

Schritten. Zuerst wird für den Patienten eine Zielauswahl <strong>und</strong> -skalierung vorgenommen.<br />

Hierbei bestimmt ein „Zielsetzer“ oder ein „Zielsetzungs-Komitee“ realistische<br />

Behandlungsziele für den Patienten. Die Anzahl der Ziele ist möglichst auf fünf zu beschränken.<br />

Der Patient selbst sollte aus Objektivierungsgründen nicht mit einbezogen<br />

werden. Für jedes festgelegte Ziel wird eine meist fünfstufige Skala möglicher Behandlungsergebnisse<br />

aufgestellt, wobei der Skalenpunkt 0 für das am wahrscheinlichsten zu<br />

erwartende Ergebnis gewählt wird, -2 für das am wenigsten gewünschte Therapieresultat<br />

<strong>und</strong> +2 für das optimale Ergebnis bzw. für ein Ergebnis, das wesentlich besser ist als<br />

erwartet. Mindestens zwei Punkte der Skala sollten so objektiv bestimmt sein, dass auch<br />

ein Außenstehender beurteilen kann, ob die Merkmale eingetroffen oder nicht eingetroffen<br />

sind. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, für die einzelnen Ziele Gewichte zu bestimmen.<br />

Die Ergebnisskala ist somit unmittelbar auf den individuellen Patienten bezogen.<br />

Tabelle 2 stellt eine derartige Skala beispielhaft dar.<br />

Tabelle 2: Beispielskalen für die Anwendung des GAS (Flender, 2000)<br />

Skalenstufe Problem 1:<br />

Alkoholkonsum<br />

- 2 jeden Tag betrunken<br />

- 1 Trinkt 2 - 5 mal pro<br />

Woche<br />

0 Trinkt max. einmal<br />

pro Woche<br />

+1 Trinkt einmal im<br />

Monat<br />

+2 Trinkt nur noch bei<br />

besonderen Gelegenheiten<br />

Problem 2:<br />

Schlafstörungen<br />

keine Nacht durchschlafen<br />

mind. jede zweite<br />

Nacht aufwachen<br />

max. zweimal pro<br />

Woche aufwachen<br />

Aufwachen max.<br />

dreimal im Monat<br />

Aufwachen max.<br />

einmal im Monat<br />

Problem 3:<br />

Isolation<br />

Unterhalten mit anderen<br />

Patienten<br />

max. 5 min/Tag<br />

Unterhalten mit anderen<br />

Patienten<br />

max. 15 min/Tag<br />

Unterhalten mit anderen<br />

Patienten<br />

mind. 30 min/Tag<br />

Unterhalten mit anderen<br />

Patienten<br />

mind. 45 min/Tag<br />

Unterhalten mit anderen<br />

Patienten<br />

mind. 60 min/tag<br />

In einem zweiten Schritt werden die Patienten einer der zu evaluierenden Behandlungsmethoden<br />

zufällig zugewiesen. Nach einem festgelegten Zeitraum wird der Fall<br />

32


von externen Beobachtern besprochen, ein Follow-Up-Rating vorgenommen <strong>und</strong> der<br />

Patient über seine Fortschritte bezüglich der vorher aufgestellten Ziele aufgeklärt.<br />

Wichtig sind die Positionen des Patienten auf den Zielerreichungsskalen, aus denen ein<br />

Gesamtzielerreichungswert gebildet werden kann. Die individuellen Zielinhalte des Patienten<br />

sind für eine Therapieevaluation unwichtig, hierzu werden lediglich die Zielerreichungswerte<br />

betrachtet (Kordy & Hannöver, 1999). Die quantitative Bestimmung der<br />

Zielerreichung wird anhand der Abweichung vom erwarteten Ergebnis (Skalenwert 0)<br />

vorgenommen. Durch Summation der Differerenzbeträge zum Skalenwert 0 über alle<br />

Skalen des Patienten hinweg lässt sich der Gesamtscore errechnen (Dahling, 2006). Kiresuk<br />

<strong>und</strong> Sherman (1968) stellen eine Formel dar, die eine Transformation der Werte<br />

auf eine Skala mit einem Mittelwert von 50 <strong>und</strong> einer Standardabweichung von 10 ermöglicht:<br />

T<br />

= 50 +<br />

10∑<br />

wi<br />

xi<br />

2<br />

( 1−<br />

p) ∑wi<br />

+ p( ∑wi<br />

)<br />

2<br />

mit<br />

xi<br />

= numerischer Wert des Ergebnisses auf der Skala i<br />

wi<br />

= relatives Gewicht der Skala i <strong>und</strong><br />

p = gewichtete mittlere Interkorrelation der x-Werte<br />

Nach Flender (2000) geht es bei den vielfältigen Modifikationen der Methode vor allem<br />

um die Frage, wer die <strong>Therapieziele</strong> auswählen sollte. Bei Patienten, deren Verständnis<br />

des Therapieablaufs mangelhaft ist oder die durch fehlende Einsicht in das Problem gekennzeichnet<br />

sind, ist es relativ unumstritten, dass der Therapeut oder ein Therapeuten-<br />

Komitee die Zielsetzung vornehmen muss. Differierende Meinungen gibt es bezüglich<br />

Patienten, die urteilsfähig sind <strong>und</strong> ihre Ziele angemessen artikulieren können. Die Methode<br />

ist nach Aussage des Autors nur solange als Evaluationsinstrument psychotherapeutischer<br />

Interventionen verwendbar, wie eine randomisierte Zuweisung zu vorliegenden<br />

Therapiemethoden erfolgt <strong>und</strong> der Patient vom Prozess der Zielfestlegung ausgeschlossen<br />

wird. Wird er beteiligt, weicht der Forschungsgedanke dem therapeutischen<br />

Zweck. Wie in Kapitel 2 bereits dargestellt wurde, kann das gemeinsame Aufstellen<br />

einzelfallbezogener Behandlungsziele beispielsweise die Zusammenarbeit erhöhen <strong>und</strong><br />

33


somit die Therapieeffektivität fördern. Zudem ist anzunehmen, dass die Ziele eher die<br />

individuellen Anliegen des Patienten widerspiegeln, wenn er an der Zielsetzung beteiligt<br />

wird (Kottje-Birnbacher & Birnbacher, 1999). Einem wichtigen Kritikpunkt am<br />

GAS, nämlich der Möglichkeit, dass die Therapeuten für den Patienten irrelevante Ziele<br />

aufstellen könnten (Flender, 2000), würde so entgegengewirkt.<br />

Die Reliabilität des GAS ist nicht leicht zu bestimmen, teilweise wurden außerdem ungünstige<br />

Ergebnisse gef<strong>und</strong>en (Schulte-Bahrenberg, 1990). So lässt sich bei der Auswahl<br />

der für den Patienten relevanten Problembereiche lediglich eine höchstens mittlere<br />

Interrater-Reliabilität finden (Stieglitz & Haug, 1995). Deutlich höhere Reliabilitätseinschätzungen<br />

werden angegeben, wenn den Berechnungen die Übereinstimmung zweier<br />

Beurteiler bezüglich den Einstufungen des Patienten auf den GAS-Skalen nach der Therapie<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen (Dahling, 2006). Dementsprechend fasst Dahling seine Literaturübersicht<br />

mit dem Fazit zusammen, dass die Bewertungen, die zur Reliabilität des GAS<br />

vorliegen, uneinheitlich sind. Unterschiedliche Autoren kommen zu den verschiedensten<br />

Ergebnissen (Flender, 2000). Allerdings merken schon Kiresuk <strong>und</strong> L<strong>und</strong> (1978) an,<br />

dass sich durch ein Training der Fachkräfte, die die Skalenkonstruktion <strong>und</strong> das Rating<br />

vornehmen, die Reliabilität erhöhen lässt. Diese Möglichkeit wird laut Dahling (2006)<br />

in den wenigsten Fällen genutzt.<br />

Kiresuk <strong>und</strong> L<strong>und</strong> (1978) bescheinigen dem GAS eine hohe Augenscheinvalidität, Dahling<br />

(2006) bezeichnet das Vorliegen der Inhaltsvalidität als offensichtlich. Des Weiteren<br />

beschreibt der Autor jedoch auch die Problematiken, die sich bei der Ermittlung der<br />

Validität des GAS ergeben. Hauptproblem ist, dass kein allgemein anerkanntes Referenzkriterium<br />

vorhanden ist. Das Originalverfahren sollte lediglich dazu dienen, dass<br />

Ausmaß zu bestimmen, in dem vorher festgelegte <strong>Therapieziele</strong> erreicht werden. Die<br />

Anwendung wurde jedoch vielfach ausgeweitet ohne einen vorhandenen Konsens, wie<br />

das GAS interpretiert werden sollte. So wurde meist die Frage, was genau das GAS<br />

misst, gar nicht reflektiert. Einigkeit besteht jedoch darin, dass aufgr<strong>und</strong> der starken Individualisierung<br />

der Ziele <strong>und</strong> Skalenkonstruktion die Vergleichbarkeit mit Ergebnissen<br />

anderer Methoden sehr erschwert wird.<br />

Nach Flender (2000) wird das GAS in vielen Anwendungsbereichen verwendet. So liegen<br />

in den klinischen Bereichen Sexualtherapie, psychiatrische Therapie, Familienthe-<br />

34


apie <strong>und</strong> Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychotherapie weit reichende Erfahrungen mit dem Instrument<br />

vor. Dahling (2006) vermerkt, dass ein großer Anwenderkreis vor allem in der<br />

Psychotherapie besteht, so lehnt sich ein Teil der Basisdokumentation Psychotherapie<br />

(Psy-BaDo; Heuft & Senf, 1998) an das GAS an. Das Verfahren weicht insofern vom<br />

GAS ab, als dass sowohl der Therapeut als auch der Patient die individuellen <strong>Therapieziele</strong><br />

unabhängig voneinander festlegen. Innerhalb der ersten stationären Behandlungswoche<br />

werden sowohl aus Therapeuten- als auch aus Patientensicht fünf <strong>Therapieziele</strong><br />

für die Behandlung frei formuliert. Es wird mit bis zu drei Kriterien angegeben, woran<br />

festgemacht werden kann, dass das Ziel erreicht ist. Zusätzlich kann der Therapeut jedes<br />

Ziel entsprechend des in Kapitel 3.1.2 beschriebenen zugehörigen Kategoriensystems<br />

kennzeichnen. Am Ende der Behandlung wird anhand der gewählten Kriterien die Zielerreichung<br />

auf einer fünfstufigen Ratingskala bestimmt. Innerhalb dieser Ratingskala<br />

besteht die Möglichkeit, ein Ziel als entfallen zu kennzeichnen. Dies trägt den Bef<strong>und</strong>en<br />

Rechnung, dass sich zu Beginn der Therapie aufgestellte Ziele häufig verändern (Schulte-Bahrenberg,<br />

1990). Nach Schulte-Bahrenberg ist das Ausschließen von Zielveränderungen<br />

ein Kritikpunkt am GAS.<br />

Anhand der erfolgten Gegenüberstellung von standardisierten <strong>und</strong> individuellen Methoden<br />

der Therapiezielbestimmung wird deutlich, dass beide Vorgehensweisen sowohl<br />

Vor- als auch Nachteile aufweisen. Sie stellen alternative Methoden der Zielerfassung<br />

dar, die je nach Kontext ausgewählt werden.<br />

35


4 Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

Da in Kapitel 5 der Zusammenhang zwischen <strong>Therapieziele</strong>n <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong> thematisiert<br />

wird, sollen an dieser Stelle Informationen zur Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

gegeben werden. Die Relevanz der Thematik wird nachfolgend begründet, sowie inhaltliche<br />

<strong>und</strong> methodische Einzelheiten der <strong>Therapieerfolg</strong>esmessung dargestellt.<br />

4.1 Zur Relevanz der Thematik<br />

Obwohl die Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es für die Forschung Routine ist, wie Michalak<br />

et al. (2003) ausführen, sind bisher noch keine einheitlichen Standards hierfür entwickelt<br />

worden. Eine solche einheitliche Ergebnismessung ist den Autoren zufolge jedoch<br />

notwendig, da sie Forschungsresultate in diesem Bereich vergleichbar machen würde.<br />

Dies ist besonders relevant, weil die Frage nach der Wirksamkeit von Psychotherapie<br />

mit einigen aktuellen Fragestellungen verknüpft ist. Ein Punkt ist die Forderung, nur<br />

noch wissenschaftlich anerkannte Therapieverfahren anzuwenden <strong>und</strong> zu bezahlen (Michalak<br />

et al., 2003). Die Veränderungsmessung als ein Maß des <strong>Therapieerfolg</strong>es (vgl.<br />

Kapitel 4.2.2.1) kann nach Krampen & Hank (2008) die wissenschaftliche F<strong>und</strong>ierung<br />

praktisch psychologischen Handelns durch Wirksamkeitsnachweise ermöglichen. Wichtig<br />

ist in diesem Zusammenhang auch die gesetzlich festgeschriebene Notwendigkeit<br />

der Qualitätssicherung in der therapeutischen Praxis, ein Thema, das in den vergangenen<br />

Jahren in Deutschland zunehmend in den Blickpunkt gerückt ist (Dahling, 2006).<br />

Vor allem in Krankenhäusern ist die Qualitätssicherung weit fortgeschritten, so wurde<br />

zum Beispiel die Basisdokumentation Psy-BaDo (Heuft & Senf, 1998) für psychosomatische<br />

<strong>und</strong> psychotherapeutische Klinken entwickelt. Aber auch in der ambulanten Psychotherapie<br />

ist sie anwendbar, wo qualitätssichernde Maßnahmen ebenfalls angeordnet<br />

sind (Sulz, 2001). Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage bildet § 135a Abs.2 des Sozialgesetzbuches<br />

(SGB V) nach dem unter anderem für Psychotherapeuten, zugelassene Krankenhäuser<br />

<strong>und</strong> Erbringer von Rehabilitationsmaßnahmen die Verpflichtung zur Beteiligung<br />

an Maßnahmen der Qualitätssicherung besteht. Hierbei soll vor allem die Ergebnisquali-<br />

36


tät verbessert werden. Die Ergebnisqualität stellt neben der Struktur- <strong>und</strong> Prozessqualität<br />

eine Ebene der Qualitätssicherung dar (Donabedian, 1966) <strong>und</strong> erfasst, in welchem<br />

Ausmaß die gewünschten Ziele der Therapie erreicht wurden, also Besserung durch die<br />

Behandlung eingetreten ist (Sulz, 2001). Hier wird der <strong>Therapieerfolg</strong> direkt thematisiert,<br />

wobei die <strong>Therapieziele</strong> eine wichtige Rolle spielen. Nach Schulte (1993) wird die<br />

Definition von Kriterien für die Ergebnisqualität zu der wichtigsten Frage der Qualitätssicherung,<br />

wenn man bedenkt, dass die Bewertung von Struktur- <strong>und</strong> Prozessqualität<br />

anhand deren Auswirkungen für den <strong>Therapieerfolg</strong> vorgenommen wird. So stellt sich<br />

letztlich die Frage, mit welchen Methoden die Ergebnisqualität der Therapie evaluiert<br />

werden sollte (Michalak et al., 2003).<br />

4.2 Methoden der Erfolgsmessung<br />

Die Situation der Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es in der Psychotherapie wird von Schulte-Bahrenberg<br />

(1990) wie folgt zusammengefasst: „<strong>Therapieerfolg</strong> ist kein unumstrittener,<br />

eindeutig definierter Begriff, er wird in der Psychotherapieforschung höchst unterschiedlich<br />

operationalisiert <strong>und</strong> gemessen; es ist auch anzunehmen, dass er mehrere<br />

Dimensionen aufweist.“ (S.90).<br />

In der Literatur finden sich dementsprechend verschiedene Überlegungen zur Erfassung<br />

des <strong>Therapieerfolg</strong>es. Diese finden auf zwei Ebenen statt: Auf der einen Seite werden<br />

die Variablen diskutiert, die den <strong>Therapieerfolg</strong> inhaltlich angemessen erfassen, auf der<br />

anderen Seite die Frage nach den methodischen Aspekten der Erfolgsmessung erörtert<br />

(Schulte, 1993).<br />

4.2.1 Inhaltliche Variablen<br />

Schulte (1993) versteht <strong>Therapieerfolg</strong> als Heilung oder Besserung von Krankheit <strong>und</strong><br />

schlägt vor, <strong>Therapieerfolg</strong> durch Veränderungsmaße auf drei unterschiedlichen Ebenen<br />

abzubilden. Auf der Ebene „Krankheitsursachen“ sind dies schulenspezifische Maße,<br />

37


die der jeweiligen Krankheitstheorie entsprechen. So schlägt er für die psychoanalytische<br />

Therapie beispielsweise eine Erfassung möglicher Stärkung der Ich-Funktionen<br />

vor, bei verhaltenstherapeutisch behandelten Patienten sind Messungen der zu ändernden<br />

Verhaltensweisen möglich. Eine zweite Ebene ist die des „Krankseins“. Hier steht<br />

die Reduktion der Symptome im Vordergr<strong>und</strong>, die für die jeweilige Störung kennzeichnend<br />

sind. Diese können Diagnosemanualen wie der Internationalen Klassifikation psychischer<br />

Störungen (ICD-10; Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation WHO, 2004) oder dem Diagnostischen<br />

<strong>und</strong> Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM; Saß, Wittchen &<br />

Zaudig, 1998) entnommen <strong>und</strong> deren Veränderung über störungsspezifische Erfolgsmaße<br />

oder umfassendere Symptomfragebögen erhoben werden. Auf der Ebene der „Krankheitsfolgen“<br />

kann erfasst werden, inwieweit sich eine Person entsprechend der Krankenrolle<br />

verhält, indem sie beispielsweise Einrichtungen der psychosozialen Versorgung in<br />

Anspruch nimmt, oder über spezielle Fragebögen oder Einschätzungen Außenstehender<br />

erhoben werden, inwieweit die Krankenrolle durch den Patienten subjektiv übernommen<br />

wurde. Als weitere wichtige Aspekte werden Einschränkungen im „normalen“ Rollenverhalten<br />

<strong>und</strong> Demoralisierung genannt. Es bieten sich also allgemeine Maße an, die<br />

störungs- <strong>und</strong> therapieschulenübergreifend sind.<br />

Allgemein wird den Überlegungen Schultes entsprechend eine multidimensionale inhaltliche<br />

Erfassung von <strong>Therapieerfolg</strong> gefordert. Es besteht allerdings noch keine Einigkeit<br />

darüber, welche Ebenen relevant sind, um Veränderungen bei psychischen Störungen<br />

abzubilden (Stieglitz & Baumann, 2001).<br />

4.2.2 Methodische Erfassung<br />

Bezüglich der Frage, wie <strong>Therapieerfolg</strong> methodisch operationalisiert werden sollte, haben<br />

sich einige Ansätze zum Teil als Standards durchgesetzt (Schulte, 1993). Nach Lenz<br />

(2004) ist eine positive Veränderung der Symptome oder Problematiken immer das Ziel<br />

psychologisch-psychiatrischer Therapien. Von Interesse ist, inwieweit diese positive<br />

Veränderung durch die therapeutische Maßnahme eingetreten ist. In der Literatur wird<br />

bei der Erfassung dieser Veränderung eine Unterscheidung vorgenommen zwischen direkter<br />

<strong>und</strong> indirekter Veränderungsmessung (Stieglitz & Baumann, 2001).<br />

38


Krampen <strong>und</strong> Hank (2008) definieren Veränderungsmessung wie folgt: „Prozessdiagnostik<br />

(oder Veränderungsmessung) ist die Beschreibung, ggf. auch die Erklärung <strong>und</strong><br />

die Vorhersage wahrer Veränderungen eines Merkmals (oder von mehreren Merkmalen<br />

m) von einer Person (oder mehreren Personen n) über mindestens zwei oder mehr Zeitpunkte/Situationen<br />

k.“ (S.2) Erfasst werden soll demnach eine Veränderung in den<br />

„wahren Werten“ einer Person über zwei oder mehrere Zeitpunkte. Anzumerken ist,<br />

dass dieses Ziel insofern problematisch ist, als dass es mit den Axiomen der klassischen<br />

Testtheorie nicht vereinbar ist. Der „wahre Wert“ wird hier als konstant angenommen<br />

<strong>und</strong> Veränderungen werden als Messfehler interpretiert (Lienert & Raatz, 1998). Differenzwerte<br />

beinhalten daher die Messfehler beider Messungen. Sie sind folglich weniger<br />

reliabel als die Einzelwerte (Stieglitz & Baumann, 2001). Besteht zwischen der ersten<br />

<strong>und</strong> der zweiten Messung keine positive Korrelation, tritt dieses Problem nicht auf, die<br />

Differenzwerte sind aber inhaltlich nicht mehr sinnvoll interpretierbar (Zielke, 1999).<br />

Diese Problemstellung wird als Reliabilitäts-Validitätsdilemma bezeichnet (Bereiter,<br />

1963) <strong>und</strong> als ein Kritikpunkt der im Folgenden näher dargestellten indirekten Veränderungsmessung<br />

aufgeführt.<br />

4.2.2.1 Direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessung<br />

Das Bilden der Differenz zwischen unabhängigen Vor- <strong>und</strong> Nachtestwerten wird als indirekte<br />

Veränderungsmessung bezeichnet. Diese erfolgt im Gegensatz zur direkten Veränderungsmessung,<br />

die im Anschluss beschrieben wird, durch Berechnung, das Ausmaß<br />

der Merkmalsveränderung wird so indirekt erschlossen (Krampen & Hank, 2008). Es<br />

handelt sich also um eine Zwei-Punkte-Messung (Schulte, 1993), aus der sich ein Prä-<br />

Post-Effektstärkemaß ergibt (Michalak et al., 2003). Nach Schulte (1993) ist diese Vorgehensweise<br />

das am häufigsten verwendete Kriterium, wenn es darum geht, das Ausmaß<br />

einer erzielten Veränderung zu schätzen. Allerdings wird sie häufig kritisiert, wie<br />

Stieglitz <strong>und</strong> Baumann (2001) darlegen. Bereiter (1963) führt drei Hauptproblemfelder<br />

auf, die für die indirekte Veränderungsmessung kennzeichnend sind (vgl. auch Petermann,<br />

1978; Zielke, 1999): Regressionseffekte, das bereits beschriebene Reliabilitäts-<br />

Validitäts-Dilemma <strong>und</strong> das Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma. Regressionseffekte<br />

führen dazu, dass die Veränderung bei Patienten mit hohen Vortestwerten über-<br />

39


schätzt wird. Bei Patienten mit solchen Extremwerten ist von vornherein von höheren<br />

Änderungswerten auszugehen als bei Patienten mit niedrigen oder mittleren Ausgangswerten.<br />

Die Richtungen der Zufallsveränderungen sind bei statistischer Regression aufgr<strong>und</strong><br />

der negativen Korrelation von Vortestwerten <strong>und</strong> Differenzwerten eindeutig festgelegt.<br />

Dieselbe Beziehung mit umgekehrten Vorzeichen besteht auch zwischen Nachtest-<br />

<strong>und</strong> Differenzwerten, was aufgr<strong>und</strong> der statistischen Abhängigkeit zu der genannten<br />

Überschätzung führt. Aufgr<strong>und</strong> des oben erläuterten Reliabilitäts-Validitäts-<br />

Dilemmas muss die Reliabilität eines Tests mindestens .95 betragen, damit die Reliabilitätsschätzungen<br />

der Differenzen solide sind. Das Physikalismus-Subjektivismus-<br />

Dilemma spielt bei der Interpretation von Veränderungswerten eine Rolle. Ein Kontinuum<br />

eines physikalischen Messwertbereiches ist nicht zwangsläufig mit dem Kontinuum<br />

auf der subjektiv-psychologischen Ebene gleichzusetzen. Es stellt sich hier die<br />

Frage, ob gleiche Differenzwerte, die auf verschiedenen Stellen des Messwertkontinuums<br />

angesiedelt sind, für die Patienten die gleiche subjektive Bedeutung haben<br />

(Kampen & Hank, 2008). Zur Verdeutlichung führt Lenz (2004) das Beispiel an, dass<br />

ein Gewichtsverlust von 20 kg abhängig von Ausgangsgewicht von 60 kg oder einem<br />

Ausgangsgewicht von 120 kg verschieden zu bewerten ist. Ausgehend von diesen Problemfeldern<br />

wurden verschiedene Verfahren entwickelt, um bereinigte Veränderungsmaße<br />

zu erhalten (vgl. Zielke, 1999).<br />

Kampen & Hank (2008) beschreiben drei Gruppen diagnostischer Instrumente zur indirekten<br />

Veränderungsmessung:<br />

1. Störungsübergreifende Verfahren: Verwendet werden Breitband-Persönlichkeitsinventare,<br />

die ein breites Spektrum von Persönlichkeitsmerkmalen abbilden, sowie<br />

Symptom- <strong>und</strong> Beschwerdelisten. Ein häufig verwendetes Verfahren ist die Symptom-Checkliste<br />

(SCL-90-R; Franke, 1995).<br />

2. Störungsspezifische Verfahren: Anhand dieser Verfahren werden die Merkmale erhoben,<br />

die für die jeweilige Diagnose speziell relevant sind. Möglich sind Selbstauskünfte<br />

<strong>und</strong>/oder Fremdeinschätzungen. Beispiele sind das Beck-Depressions-<br />

Inventar (BDI; Hautzinger, Keller & Kühner, 2006) oder das Trierer Alkoholismus<br />

Inventar (TAI; Funke et al., 1987).<br />

3. Therapiest<strong>und</strong>enbögen: Diese beziehen sich über Selbstauskünfte oder Fremdeinschätzungen<br />

auf das Erleben <strong>und</strong> die Wahrnehmung einzelner Therapiesitzungen<br />

40


durch den Patienten. Sie werden wiederholt eingesetzt <strong>und</strong> wurden, nachdem sie zu<br />

Anfang schulenspezifisch aufgebaut waren, um allgemeinere Variablen erweitert.<br />

Ein Beispiel ist der Bielefelder Klient-Erfahrungsbogen (BIKEB; Höger & Eckert,<br />

1997).<br />

Die direkte Veränderungsmessung, durch die die oben genannten Problembereiche der<br />

indirekten Veränderungsmessung umgangen werden können, geht auf Überlegungen<br />

von Bereiter (1963) zurück. In psychiatrischen, psychotherapeutischen bzw. klinischpsychologischen<br />

Kontexten ist sie weit verbreitet (Lenz, 2004). Der objektiven Ermittlung<br />

der Änderungen durch indirekte Veränderungsmessung wird eine subjektivistische<br />

Methode gegenübergestellt. Die Patienten beurteilen das Ausmaß der Veränderungen<br />

anhand von Testitems, die bereits als Veränderungsaussagen vorliegen, direkt, geben also<br />

selbst eine Einschätzung ihrer subjektiv erlebten Änderungen. Auf diesem Urteilswert<br />

beruht dann die Datenanalyse. Es wird angenommen, dass die so erhaltenen<br />

Messwerte mehr Übereinstimmung mit der subjektiv wahrgenommenen Veränderung<br />

aufweisen als Werte, die über indirekte Veränderungsmessung gewonnen werden (Grawe,<br />

1982). Da keine zweifache Messung notwenig ist, ist die direkte im Vergleich zur<br />

indirekten Veränderungsmessung ökonomischer. Probleme liegen unter anderem in einer<br />

möglichen Verzerrung durch die retrospektive Beurteilung der Veränderung, der<br />

Abhängigkeit von der Gedächtnisleistung des Patienten, der Nicht-Anwendbarkeit bei<br />

schnell aufeinander folgenden Mehrpunkterhebungen (Baumann, Sodemann & Tobien,<br />

1980) oder einer beispielsweise durch sozial erwünschtes Antwortverhalten bedingten<br />

Überschätzung der Änderung (Krampen & Hank, 2008).<br />

Direkte Veränderungsmessung kann anhand verschiedener Instrumente vorgenommen<br />

werden (Krampen & Hank, 2008):<br />

1. Bei der Gruppe der Zufriedenheitsmaße wird retrospektiv die Zufriedenheit mit der<br />

Behandlung <strong>und</strong> der <strong>Therapieerfolg</strong> eingeschätzt (Michalak et al., 2003). Ein Beispiel<br />

ist der Client Satisfaction Questionnaire (CSQ, Larsen et al., 1979).Viel zitiert<br />

ist in diesem Zusammenhang die Consumer Reports Study (Seligman, 1995), in der<br />

Patienten nach dem Ende der Therapie nach ihrer Zufriedenheit mit dieser befragt<br />

wurden. Nach Krampen <strong>und</strong> Hank (2008) sind Reliabilität <strong>und</strong> Validität dieser Ver-<br />

41


fahren allerdings nicht gesichert, so dass sie davon abraten diese isoliert zu verwenden.<br />

2. Es liegen verschiedene Fragebögen zur direkten Veränderungserfassung vor. Nach<br />

Michalak et al. (2003) ist in der Forschung der Veränderungsfragebogen des Erlebens<br />

<strong>und</strong> Verhaltens, der in revidierter Auflage vorliegt (VEV-R-2001; Zielke &<br />

Kopf-Mehnert, 2001; Vorversion: VEV; Zielke & Kopf-Mehnert, 1978), vielfach<br />

verwendet worden.<br />

3. Das Goal Attainment Scaling wird ebenfalls als Methode der direkten Veränderungsmessung<br />

klassifiziert. Die Methode wurde in Kapitel 3.2.2 dargestellt.<br />

Von besonderem Interesse ist die Frage, inwieweit die indirekte <strong>und</strong> direkte Veränderungsmessung<br />

in Bezug zueinander stehen <strong>und</strong> die Bef<strong>und</strong>e übereinstimmen (Krampen<br />

& Hank, 2008; vgl. auch Stieglitz & Baumann, 2001, Michalak et al., 2003; Lenz,<br />

2004). Baumann et al. (1980) verglichen direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessungen.<br />

55% der Urteile stellten sich als inkonsistent heraus. Ebenso fanden Kastner <strong>und</strong> Basler<br />

1997 im Rahmen der Validierung eines von ihnen entwickelten Instruments zur direkten<br />

Veränderungsbeurteilung nur geringe Korrelationen zwischen dieser direkten Veränderungsmessung<br />

<strong>und</strong> indirekten Prä-Post-Vergleichen. In einer neueren Untersuchung von<br />

Michalak et al. (2003) fand sich dementsprechend eine zweifaktorielle Struktur der von<br />

ihnen verwendeten Erfolgsmaße. Auf dem einen Faktor luden jeweils die Effektstärken,<br />

denen eine Differenzwertbildung anhand indirekter Veränderungsmessung zugr<strong>und</strong>e<br />

lag. Der andere Faktor war durch die Ladung der direkten Erfolgsmaße markiert. Es<br />

wird zudem angenommen, dass direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessung sich in dem<br />

Kriterium unterscheiden, das zur Beurteilung des Erfolges herangezogen wird (Michalak<br />

et al., 2003). Während indirekte Veränderungsmaße das Ausmaß der erreichten Veränderungen<br />

im Prä-Post-Vergleich erfassen, spiegeln Maße der direkten Veränderungsmessung<br />

eher das wahrgenommene Maß der Zielerreichung wieder. So gingen<br />

schon Kastner <strong>und</strong> Basler (1997) davon aus, dass Patienten bei Anwendung eines direkten<br />

Veränderungsmaßes keinen Vergleich zwischen ihrem Befinden vor <strong>und</strong> nach der<br />

Therapie getroffen haben. Die Ausprägung der Veränderung wird eher in Bezug auf den<br />

gerade vorliegenden Zustand zu Therapieende geschätzt als in Bezug zur Ausgangslage<br />

(Michalak et al., 2003). Eine hohe Veränderung wird demnach angegeben, wenn sich<br />

der Ausgangszustand dem Ziel möglichst weit angenähert hat, nicht wenn der Posttestwert<br />

weit vom Ausgangswert entfernt ist.<br />

42


Direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessungen können folglich nicht einfach ausgetauscht<br />

werden, da sie Bef<strong>und</strong>e auf verschiedenen Ebenen des Veränderungsprozesses<br />

liefern <strong>und</strong> somit etwas Unterschiedliches erfassen (Zielke, 1999). Sie sind als eigenständige<br />

Methoden der Veränderungsmessung zu betrachten (Krampen & Hank, 2008).<br />

Dieser Bef<strong>und</strong>lage entsprechend wird in der Literatur ein mehrdimensionaler Bewertungsansatz<br />

gefordert (Lenz, 2004).<br />

4.2.2.2 Statistische <strong>und</strong> klinische Signifikanz<br />

Es stellt sich die Frage, was über indirekte oder direkte Methoden gemessene Veränderungen<br />

bedeutsam macht. Hierzu gibt es zwei gr<strong>und</strong>sätzlich verschiedene Ansätze: das<br />

gruppenstatistische Paradigma <strong>und</strong> Überlegungen zur klinischen Relevanz von Veränderungen<br />

(Amelang & Schmidt-Atzert, 2006).<br />

Dem gruppenstatistischen Paradigma folgend soll festgestellt werden, ob ein bestimmter<br />

Interventionsansatz bei einer Patientengruppe im Vergleich zu keiner Behandlung generell<br />

wirksam oder einer speziellen anderen Methode überlegen ist <strong>und</strong> dies gegen Zufallseinflüsse<br />

abgesichert werden. Hierzu werden Vergleichsbedingungen <strong>und</strong> Kontrollgruppen<br />

eingesetzt. Statistisch signifikante Ergebnisse werden aber von Faktoren beeinflusst,<br />

die klinisch-psychologisch nur wenig oder keine Bedeutung haben (Amelang &<br />

Schmidt-Atzert, 2006). Starken Einfluss haben Stichprobengröße <strong>und</strong> Messwertstreuung.<br />

Jede Hypothese kann statistisch signifikant abgesichert werden, wenn die untersuchte<br />

Stichprobe bei gegebener Messwertstreuung nur genügend groß ist. Gefordert<br />

wird daher, dass Kriterium einer statistischen Bedeutsamkeit mit dem Nachweis der<br />

praktischen Bedeutung zu kombinieren, da beide Herangehensweisen gleichwertige <strong>und</strong><br />

essentielle Elemente der empirischen Hypothesenprüfung sind. Es wird versucht, diese<br />

praktische Bedeutung anhand von Effektstärken nachzuweisen, die zur Auswertung <strong>und</strong><br />

Interpretation der Daten herangezogen werden (Bortz, 1999). Die Effektstärke ist ein<br />

standardisiertes Maß für die Größe der Differenz zwischen Experimentalgruppen<br />

(Hartmann & Herzog, 1995).<br />

43


Sollen individuelle Veränderungen gegen Zufallseinflüsse abgesichert werden, kann der<br />

Reliable Change Index (Jacobson & Truax, 1991) berechnet werden. Dieser ist als Signifikanztest<br />

für den Einzelfall zu betrachten (Schmitz & Davies-Osterkamp, 1997) <strong>und</strong><br />

lässt sich anhand der Differenzen zwischen Prä- <strong>und</strong> Posttest-Wert <strong>und</strong> dem Standardmessfehler<br />

der Differenzen bestimmen.<br />

Jacobson <strong>und</strong> Truax (1991) kritisieren jedoch den Gebrauch von statistischen Signifikanztests<br />

zur Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es. Es werden keine Informationen über das<br />

Ausmaß der Unterschiedlichkeit der individuellen Reaktionen auf die Therapiemaßnahme<br />

innerhalb der Stichprobe gegeben. Diese ist jedoch für die klinische Praxis, in<br />

der mit Individuen gearbeitet wird, von entscheidender Relevanz. Zudem muss auch ein<br />

nachgewiesen großer statistischer (Gruppen-) Effekt einer Therapie nicht unbedingt mit<br />

klinischer Relevanz in Zusammenhang stehen. Als Beispiel führen sie an, dass ein Diätprogramm<br />

bei geringer Streuung der Messwerte innerhalb der Gruppen im Vergleich zu<br />

einer Kontrollgruppe schon einen großen Effekt erbringen kann, wenn die Kontrollprobanden<br />

ihr Gewicht im Mittel halten <strong>und</strong> die Probanden in der Experimentalgruppe im<br />

Mittel nur 1 kg abnehmen. Dennoch wäre dieses Ergebnis vom klinischen Standpunkt<br />

betrachtet trivial.<br />

Der Aspekt der klinischen Signifikanz von Veränderungen bezieht sich auf die Frage,<br />

inwieweit die Veränderung, die durch eine Intervention hervorgerufen wird, einen praktischen<br />

Unterschied im Leben des Betroffenen <strong>und</strong> dessen Umgebung bewirkt (Kazdin,<br />

1999). Hierzu werden Standards herangezogen, die von Betroffenen, Therapeuten, Einrichtungen<br />

des Ges<strong>und</strong>heitssystems oder Forschern vorgegeben werden (Jacobson &<br />

Truax, 1991). Jacobson <strong>und</strong> Mitarbeiter haben ein Verfahren zur Operationalisierung<br />

klinisch relevanter Veränderungen entwickelt (Jacobson, Folette & Revenstorf, 1984;<br />

Jacobson & Revenstorf, 1988; Jacobson & Truax, 1991). Dieses wird sowohl in Wirksamkeits-<br />

<strong>und</strong> Effektivitätsstudien als auch in der Forschung zur Qualitätssicherung angewandt<br />

(Krampen & Hank, 2008) <strong>und</strong> hat sich zu einem Standardvorgehen entwickelt<br />

(Amelang & Schmidt-Atzert, 2006).<br />

Der Kerngedanke dieses Ansatzes ist die Unterscheidung zwischen klinischer <strong>und</strong> nichtklinischer<br />

Population: Vor der Behandlung gehören die Patienten zur klinischen, also<br />

„gestörten“ Population, nach der Behandlung sollten sie sich innerhalb der nicht-<br />

44


klinischen, „normalen“ Population befinden. So liegt eine klinisch bedeutsame Verbesserung<br />

dann vor, wenn dieser Wechsel stattgef<strong>und</strong>en hat. Jacobson <strong>und</strong> Truax (1991)<br />

schlagen drei mögliche Varianten der Operationalisierung vor, bei denen jeweils ein<br />

Trennwert bestimmt wird:<br />

1) Das Ausmaß der Symptomatik sollte nach der Therapie näher am Mittelwert der<br />

nicht-klinischen als am Mittelwert der klinischen Population liegen.<br />

( )<br />

Dies ist der günstigste Fall, da sich der Trennwert so bestimmen lässt, dass die<br />

Fehlklassifikationsraten F1 (tatsächlich Kranke werden nicht entdeckt) <strong>und</strong> F2<br />

(Ges<strong>und</strong>e werden fälschlicherweise als krank eingestuft ), die sich aufgr<strong>und</strong> der<br />

meist vorhandenen Überlappung der Verteilungen ergeben, gleich groß sind<br />

(Percevic, Bauer, Kordy, 2004). Unter der Voraussetzung, dass die Populationen<br />

normalverteilt sind, wird dieser Trennwert, dessen Überschreiten eine klinisch<br />

( s0M<br />

1<br />

+ s1M<br />

0<br />

)<br />

signifikante Veränderung anzeigt, über die Formel C1<br />

= berech-<br />

s + s<br />

net. Für diese Berechnung müssen sowohl die Verteilungsparameter der klini-<br />

M als auch der nicht-klinischer Stichprobe ( M 0, s 0<br />

) bekannt sein.<br />

schen ( ) 1, s 1<br />

0<br />

1<br />

Für die folgenden Möglichkeiten können nicht beide Fehlklassifikationsanteile bestimmt<br />

werden. Nach Percevic, Bauer <strong>und</strong> Kordy (2004) stellen diese daher Notlösungen<br />

dar, die herangezogen werden, wenn die notwendigen Informationen für die erste<br />

Variante nicht vorliegen.<br />

2) Das Ausmaß der Symptomatik sollte durch die Therapie so reduziert werden,<br />

dass es mindestens zwei Standardabweichungen vom Mittelwert der klinischen<br />

Population entfernt ist (in Richtung nicht-klinischer Population).<br />

Der Trennwert berechnet sich über die Formel C<br />

2<br />

= M1<br />

+ 2s1<br />

, ist also auch anwendbar,<br />

wenn nur die Verteilungsparameter der klinischen Stichprobe vorliegen.<br />

Diese stehen weit häufiger zur Verfügung als Verteilungsparameter der<br />

Normalpopulation (Amelang & Schmidt-Atzert, 2006).<br />

45


3) Das Ausmaß der Symptomatik sollte nach der Behandlung innerhalb von zwei<br />

Standardabweichungen um den Mittelwert der ges<strong>und</strong>en Population liegen, also<br />

in die nicht-klinische Verteilung fallen.<br />

Sind die Verteilungsparameter der klinischen Stichprobe unbekannt <strong>und</strong> die der<br />

nicht-klinischen Population vorhanden, lässt sich der Trennwert über<br />

C<br />

3<br />

= M<br />

0<br />

− 2s0<br />

berechnen.<br />

Hinweise darauf, welcher Trennwert wann verwendet werden sollte, finden sich ebenfalls<br />

bei Jacobson <strong>und</strong> Truax (1991).<br />

Percevic et al. (2004) beanstanden, dass diese drei Varianten der Operationalisierung<br />

meist zu unterschiedlichen Trennwerten führen. So schreiben auch Schmitz <strong>und</strong> Davies-<br />

Osterkamp (1997), dass die Trennwerte unter Umständen weit voneinander entfernt liegen<br />

können, wenn die Verteilungen unterschiedliche Streuungen aufweisen. Die Wahl<br />

des Trennwertes ist dann davon abhängig, in welchem Bereich der Verteilung Änderungen<br />

berücksichtigt werden sollen. Die Ergebnisse der von Percevic et al. (2004) durchgeführten<br />

Untersuchung zeigen dementsprechend, dass der Anteil von als klinisch bedeutsam<br />

klassifizierter Veränderungen sowie die Fehlklassifikationsraten von der Wahl<br />

des Trennwertes beeinflusst werden. Die Autoren fordern daher eine Auswahl des Bereiches<br />

klinisch relevanter Veränderungen anhand inhaltlicher klinischer Überlegungen.<br />

Kampen <strong>und</strong> Hank (2008) schließen sich dem an <strong>und</strong> kommen zu dem Schluss, dass zu<br />

einer inhaltlichen Validierung des Trennwertes Fehlklassifikationsraten <strong>und</strong> Kriteriumsvaliditäten<br />

in Zukunft stärker berücksichtigt werden müssen. Ein weiterer Kritikpunkt,<br />

den Schmitz <strong>und</strong> Davies-Osterkamp (1997) anführen, ist die eingeschränkte Gültigkeit<br />

der von Jacobson <strong>und</strong> Truax (1991) dargelegten Formeln auf symmetrische Verteilungen,<br />

da nur in diesen Fällen die angegebenen theoretischen Eigenschaften der<br />

Trennwerte gegeben sind. Zusätzlich kann der Ansatz nur schwer auf mehrere Outcome-Variablen<br />

verallgemeinert werden. Eine beispielhafte alternative Berechnung der<br />

Trennwerte findet sich bei diesen Autoren. Generell gegen eine Bestimmung der klinischen<br />

Bedeutsamkeit von Veränderungen anhand statistischer Verteilungen spricht sich<br />

beispielsweise Kazdin (1999) aus, der die persönliche Wahrnehmung des individuellen<br />

Patienten in den Vordergr<strong>und</strong> stellt: Eine Therapie sei aus klinischer Sicht nur als er-<br />

46


folgreich zu bewerten, wenn der Patient selbst die Veränderung seiner Symptomatik als<br />

relevant <strong>und</strong> seine Lebensqualität als verbessert einschätzt. Einigkeit über die zu verwendenden<br />

Kriterien zur Erfassung von klinisch relevanten Veränderungen besteht<br />

letztendlich nicht.<br />

Dies macht noch einmal deutlich, dass die Diskussion über die Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

nicht abgeschlossen ist. Ebenso wie der statistischen die klinische Signifikanz<br />

gegenübergestellt <strong>und</strong> beides kontrovers diskutiert wird, finden sich sowohl auf Ebene<br />

der inhaltlichen Variablen der Erfolgsmessung als auch bezüglich der Frage nach direkter<br />

oder indirekter Veränderungsmessung unterschiedliche Standpunkte. Eine mehrdimensionale<br />

Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es scheint jedoch angemessen.<br />

47


5 <strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong><br />

Gegenstand dieses Kapitels ist der Zusammenhang zwischen <strong>Therapieziele</strong>n <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong>.<br />

Ebenso wie <strong>Therapieerfolg</strong> auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden<br />

muss, weist auch dieser Zusammenhang unterschiedliche Aspekte auf. Therapeuten<br />

müssen dafür sorgen, dass ihre Patienten <strong>Therapieziele</strong> verfolgen, die förderlich <strong>und</strong> innerhalb<br />

der Therapie erreichbar sind (Berking et al., 2005). Hier stellt sich die Frage,<br />

wie derartige <strong>Therapieziele</strong> beschaffen sein müssen.<br />

Die Forschung zu persönlichen Zielen, die <strong>Therapieziele</strong> als eine Untermenge enthalten,<br />

belegt, dass die Erreichung dieser sich nur positiv auf das Wohlbefinden auswirkt, wenn<br />

sie zu den gr<strong>und</strong>legenden Bedürfnissen der Person passen <strong>und</strong> aus intrinsischer Motivation<br />

heraus verfolgt werden. Das Vorliegen von Inkongruenzen in den Zielen, Vermeidungstendenzen<br />

oder eine extrinsische Ausrichtung stehen hingegen mit Psychopathologie<br />

in Zusammenhang (Michalak, Grosse Holtforth & Berking, 2007). Ein besonders<br />

wichtiger Aspekt ist auch der Zusammenhang zwischen der Art des angestrebten Therapieziels<br />

<strong>und</strong> dem Ausmaß der Zielerreichung. Berking et al. (2005) untersuchten Patienten<br />

in der psychosomatischen Rehabilitation. Eine hohe Zielerreichung fand sich bei<br />

den Zielen „meine Panikattacken reduzieren“ oder „mich selbst besser akzeptieren lernen“,<br />

wohingegen „meine Schlafprobleme bewältigen“ oder „weniger Schmerzen haben“<br />

mit geringerer Zielerreichung verb<strong>und</strong>en war. Auf einer abstrakteren Ebene betrachtet<br />

wurden Ziele, die sich auf das Wohlbefinden bezogen, am ehesten erreicht, gefolgt<br />

von interpersonalen Zielen, Zielen bezogen auf das persönliche Wachstum <strong>und</strong><br />

symptombezogenen Zielen. Existentielle Zielthematiken wiesen den geringsten Grad an<br />

Zielerreichung auf. Einen anderen Schwerpunkt setzte Berking (2003), indem er einen<br />

moderierenden Einfluss des Therapieziels auf den Zusammenhang zwischen Zielerreichung<br />

<strong>und</strong> allgemeinem <strong>Therapieerfolg</strong> nachwies. Ein starker Zusammenhang konnte<br />

bei Patienten nachgewiesen werden, die bewegungs- <strong>und</strong> aktivierungsbezogene oder<br />

traumabezogene Ziele verfolgten. Der Zusammenhang zwischen Zielerreichung <strong>und</strong><br />

allgemeinem <strong>Therapieerfolg</strong> war jedoch bei primär erholungsbezogenen oder auf die<br />

Familie oder das Alleinsein bezogenen Zielen deutlich geringer <strong>und</strong> zum Teil sogar negativ<br />

ausgeprägt. Zudem hatten Patienten, die zu Beginn ihrer Psychotherapie differen-<br />

48


zierte <strong>Therapieziele</strong> angeben konnten, in einer Untersuchung von Ruff <strong>und</strong> Werner<br />

(1987) eine günstigere Prognose des <strong>Therapieerfolg</strong>es.<br />

Darüber hinaus wird in der Literatur der Frage nachgegangen, inwiefern die Übereinstimmung<br />

zwischen den <strong>Therapieziele</strong>n des Therapeuten <strong>und</strong> des Patienten mit <strong>Therapieerfolg</strong><br />

assoziiert ist. In Kapitel 5.1 wird diese Thematik nun folgend ausführlich dargestellt.<br />

5.1 Zusammenhang zwischen der Übereinstimmung von Therapeuten-<br />

<strong>und</strong> Patientenzielen <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong><br />

Es wird angenommen, dass die Übereinstimmung der <strong>Therapieziele</strong> von Therapeut <strong>und</strong><br />

Patient von zentraler Bedeutung für das Ergebnis einer Therapie ist. Wichtig ist in diesem<br />

Zusammenhang vor allem der Begriff der „working alliance“ (Bordin, 1979). Die<br />

Etablierung einer guten „working alliance“, also einer guten therapeutischen Arbeitsbeziehung,<br />

ist weitgehend als für den Therapieverlauf von großer Bedeutung anerkannt<br />

(Schulte-Bahrenberg, 1990). Bordin stellte schon 1979 fest, “that the working alliance<br />

between the person who seeks change and the one who offers to be a change agent is<br />

one of the keys, if not the key, to the change process” (p. 252). Er beschreibt weiter die<br />

psychoanalytischen Wurzeln dieses Begriffs, der ursprünglich das Bündnis zwischen<br />

dem Analytiker <strong>und</strong> dem Ich des Patienten bezeichnete, später die zentrale Wichtigkeit<br />

des Therapievertrages <strong>und</strong> der realen Therapiebeziehung in der psychoanalytischen Arbeit<br />

hervorhob. Die Elemente dieses Bündnisses sind zentral für alle Arten von psychotherapeutischer<br />

Behandlung <strong>und</strong> somit für alle Schulenausrichtungen (Tryon & Winograd,<br />

2001). Der Begriff umfasst eine therapeutische Beziehung, die durch Vertrauen<br />

<strong>und</strong> Fürsorge geprägt ist, sowie die beidseitige Zustimmung bezüglich Methoden <strong>und</strong><br />

Vorgehensweisen, die in der Therapie zum Tragen kommen, <strong>und</strong> deren Rahmenbedingungen.<br />

Nicht zuletzt <strong>und</strong> im Kontext dieser Arbeit von besonderer Wichtigkeit beinhaltet<br />

er eine Übereinkunft zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient über die Ziele, die sie im<br />

Verlauf der Behandlung erreichen möchten. Dem folgend ist zu erwarten, dass eine hohe<br />

Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient eine Bedingung darstellt, die<br />

zu einem höheren <strong>Therapieerfolg</strong> führen sollte, da Patienten nach Bordin (1979) von ei-<br />

49


ner Therapie mehr profitieren, wenn sie eine gute Arbeitsbeziehung zu ihrem Therapeuten<br />

haben. Dieser positive Einfluss einer guten working alliance auf den <strong>Therapieerfolg</strong><br />

wird in der Literatur als der wohl am besten gesicherte Bef<strong>und</strong> der Psychotherapieprozessforschung<br />

betrachtet (Strauß & Burgmeier-Lohse, 1995). Direkt auf die Zielübereinstimmung<br />

bezogen stellt auch Lohmann (1980) fest, „dass vermutlich <strong>Therapieerfolg</strong>e<br />

zum großen Teil auf übereinstimmenden Wert- <strong>und</strong> Zielvorstellungen von Therapeut<br />

<strong>und</strong> Klient beruhen“ (S. 20), wohingegen unterschiedliche Erwartungen bezogen auf die<br />

Behandlung mit einer höheren Abbruchquote der Therapie assoziiert sind (Baekeland &<br />

L<strong>und</strong>wall, 1975).<br />

Eine Therapie kann nicht optimal abgeschlossen werden, wenn sich Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

nicht über die Ziele einig sind. Diese Annahme schien noch Schulte-Bahrenberg<br />

(1990) generell so selbstverständlich zu sein, dass sie in der Literatur oft unüberprüft<br />

angenommen wurde. Dennoch existieren eine Reihe von Studien zu dieser Thematik.<br />

Viele zeigen tatsächlich, dass das Ausmaß der Übereinstimmung in der Zielformulierung<br />

zwischen Patient <strong>und</strong> Behandelndem in hohem Maße mit <strong>Therapieerfolg</strong>esmaßen<br />

assoziiert ist (Berking, 2003). Im Folgenden werden einige dieser Bef<strong>und</strong>e näher dargestellt.<br />

Willer <strong>und</strong> Miller (1976) untersuchten, inwieweit die Involviertheit einer psychiatrischen<br />

Stichprobe in den Zielsetzungsprozess mit dem Ausmaß der Zielerreichung, gemessen<br />

über das GAS, der Zufriedenheit <strong>und</strong> dem Funktionsniveau drei Monate nach<br />

Beendigung der Behandlung in Zusammenhang stand. Letztgenannte Erfolgsmaße wurde<br />

durch die Patienten anhand von entsprechenden Fragebögen eingeschätzt. Unter der<br />

Bedingung, dass die Beteiligung des Patienten am Zielsetzungsprozess mit der hier im<br />

Fokus stehenden Zielübereinstimmung gleichzusetzen ist, liefern die Ergebnisse einen<br />

Hinweis auf die Angemessenheit der oben formulierten Annahme. Je stärker die Patienten<br />

in die Zielbestimmung einbezogen wurden, desto höher bewerteten sie ihre Zufriedenheit<br />

zum Zeitpunkt der Entlassung <strong>und</strong> desto höhere Werte erreichten sie auf den<br />

Zielerreichungsskalen. Allerdings fand sich kein Zusammenhang mit dem Funktionsniveau<br />

drei Monate nach Abschluss der Therapie. Die Autoren führen dies darauf zurück,<br />

dass gemeinsame Zielsetzungsprozesse nur einen Teil der Beziehung zwischen Patient<br />

<strong>und</strong> Therapeut ausmachen <strong>und</strong> der langfristige <strong>Therapieerfolg</strong> noch von anderen Faktoren<br />

beeinflusst wird.<br />

50


In der Untersuchung von Schulte-Bahrenberg (1991) konnten für die Therapiezielübereinstimmung<br />

Beziehungen zum <strong>Therapieerfolg</strong> <strong>und</strong> einer positiven Beurteilung der Therapiest<strong>und</strong>en<br />

nachgewiesen werden. Seiner Untersuchung lag eine Stichprobe aus phobischen<br />

Patienten zugr<strong>und</strong>e, die verhaltenstherapeutisch oder mit kognitiven Ansätzen<br />

behandelt wurden. Um die Therapiezielübereinstimmung zu erheben, wurde ein Leitfaden<br />

für ein halbstrukturiertes Interview entwickelt, das mit Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

durchgeführt wurde. Da auch <strong>Therapieziele</strong> erfasst werden sollten, die sich erst im Laufe<br />

der Therapie ergeben haben, wurde die Befragung in der Abschlussphase der Therapie<br />

durchgeführt, also retrospektiv. Es folgte eine Ähnlichkeitseinstufung aller <strong>Therapieziele</strong><br />

im Paarvergleich. Zur Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es wurden verschiedene<br />

Maße eingesetzt, unter anderem das GAS, Fragebögen zur Erfassung der Angstreaktion<br />

<strong>und</strong> eine globale Erfolgseinschätzung aus Therapeuten- <strong>und</strong> Patientensicht. Einige Ergebnisse<br />

verfehlten jedoch die Signifikanz <strong>und</strong> die signifikanten Korrelationen liegen in<br />

einem Bereich, der keinen engen Zusammenhang anzeigt. Außerdem wurde die Zielübereinstimung<br />

erst zu Therapieende erfasst, was die Frage aufwirft, ob Patienten <strong>und</strong><br />

Therapeuten eventuell eine höhere Zielübereinstimmung angegeben haben, wenn die<br />

Therapie erfolgreich verlaufen war. Werden die Ziele erst am Ende der Therapie erhoben,<br />

können die Zielformulierungen außerdem durch die therapeutischen Maßnahmen<br />

beeinflusst werden (Pöhlmann et al., 2001), so dass sich ein verzerrtes Bild ergeben<br />

kann. Das Ausmaß der gef<strong>und</strong>enen Zielübereinstimmung wird in Kapitel 5.2 berichtet.<br />

Strauß <strong>und</strong> Burgmeier-Lohse (1995) konnten zeigen, dass in einer stationären Gruppentherapie<br />

die Übereinstimmung in der Therapiezielformulierung zwischen Therapeut <strong>und</strong><br />

Patient bei Patienten mit deutlichem Behandlungserfolg am höchsten war, dreimal so<br />

hoch wie bei Patienten mit geringem <strong>Therapieerfolg</strong>. Um die Zielpassung zu bewerten,<br />

gaben zu Therapiebeginn beide unabhängig voneinander ihre Ziele für die Behandlung<br />

an, die dann bezüglich ihrer Ähnlichkeit von außen stehenden Beurteilern bewertet<br />

wurden. Die Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es erfolgte über das GAS <strong>und</strong> verschiedene<br />

Prä-Post-Vergleiche bestimmter Symptomatiken <strong>und</strong> Persönlichkeitsmerkmale sowie<br />

eine globale Beurteilung des Behandlungseffektes. Um zu einer Gesamtbewertung des<br />

<strong>Therapieerfolg</strong>es zu gelangen, wurde bestimmt, in wie vielen Bereichen relevante Veränderungen<br />

erzielt werden konnten.<br />

51


Dieser Bef<strong>und</strong> spiegelt sich auch in einer Untersuchung eines stationär gruppenpsychotherapeutischen<br />

Settings wieder (B<strong>und</strong>t, 1999). Der Autor befragte Patienten <strong>und</strong> ihre<br />

tiefenpsychologisch arbeitenden Therapeuten. Er berichtet eine positive Korrelation<br />

zwischen <strong>Therapieerfolg</strong>eseinschätzung des Therapeuten <strong>und</strong> dem Zielübereinstimmungsgrad.<br />

Die Ziele von Therapeut <strong>und</strong> Patient wurden anhand eines Fragebogens zu<br />

Therapiebeginn unabhängig erfasst. Ein gutes Therapieergebnis hing jedoch nicht zwingend<br />

von einer hohen Zielübereinstimmung ab. Genaueres zur gef<strong>und</strong>enen Übereinstimmung<br />

findet sich in Kapitel 5.2.<br />

Die Studie von Mussell et al. (2000) sollte die Vorhersagbarkeit des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

anhand verschiedener Patientenvariablen beleuchten. Untersucht wurden Patientinnen<br />

mit der Diagnose Bulimia Nervosa, die sich einer kognitiven Verhaltenstherapie unterzogen.<br />

Verschiedene Fragebögen zur Erfassung der Psychopathologie von Essstörungen<br />

<strong>und</strong> speziell bulimischem Verhalten sowie das Beck-Depressions-Inventar (BDI; Hautzinger,<br />

Keller & Kühner, 2006) sollten den <strong>Therapieerfolg</strong> erfassen. Die Patientinnen<br />

zeigten anhand eines Fragebogens einen im Durchschnitt hohen Wunsch, ihr bulimisches<br />

Verhalten zu unterbrechen. Die meisten strebten vollständige Abstinenz bei hoher<br />

Erfolgserwartung an. Diese Patientenziele standen in Übereinstimmung mit den therapeutischen<br />

Absichten <strong>und</strong> sagten erwartungsgemäß ein positives Therapieergebnis voraus.<br />

Demgegenüber existieren aber ebenfalls Bef<strong>und</strong>e, die den angenommenen positiven<br />

Einfluss einer Zielübereinstimmung auf den <strong>Therapieerfolg</strong> nicht zeigen.<br />

Moseley, zitiert nach Horvath <strong>und</strong> Greenberg (1986), erfasste die Qualität des therapeutischen<br />

Arbeitsbündnisses in 25 Kurzzeittherapien, in denen jeweils nach verschiedenen<br />

therapeutischen Orientierungen gearbeitet wurde. Benutzt wurde ein Fragebogen zur Erfassung<br />

des therapeutischen Arbeitsbündnisses, der die Dimensionen Zielübereinstimmung,<br />

beidseitiges Einverständnis bezüglich der Therapiemethoden <strong>und</strong> Beziehung<br />

zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient beinhaltet. Untersucht wurde der Zusammenhang zum<br />

<strong>Therapieerfolg</strong>, operationalisiert über unterschiedliche Fragebögen zur Symptomerfassung<br />

<strong>und</strong> Erfassung des Selbstkonzepts. Interessant ist an dieser Stelle das Ergebnis,<br />

dass die Bewertung der Dimension Zielübereinstimmung zu keinem der verwendeten<br />

<strong>Therapieerfolg</strong>esmaße in signifikantem Zusammenhang stand.<br />

52


Eine ähnliche Untersuchung mit entsprechendem Ergebnis wurde von Marmar et al.<br />

(1989) anhand einer Stichprobe von Patienten durchgeführt, die an einer akuten Episode<br />

einer unipolaren Depression litten. Die Autoren verwendeten ebenfalls ein Instrument<br />

zur Erfassung des therapeutischen Arbeitsbündnisses, das aus unterschiedlichen Skalen<br />

bestand. Eine dieser verschiedenen Skalen erfasste wiederum die Zielübereinstimmung.<br />

Die Einschätzung wurde in der fünften Therapiesitzung vorgenommen, für den Therapeuten<br />

wurde ein Gesamtscore der Skalen berechnet, die Patienten erhielten Werte auf<br />

jeder der fünf Skalen. Zur Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es wurde das Ausmaß der Symptomveränderung<br />

am Therapieende erfasst. Kein Zusammenhang fand sich zwischen<br />

dem Therapeutenurteil <strong>und</strong> der Symptomveränderung. Aussagekräftiger für die hier untersuchte<br />

Fragestellung ist jedoch, dass speziell die Einschätzung der Zielübereinstimmung<br />

durch die Patienten ebenfalls die Symptomminderung nicht vorhersagen konnte,<br />

es fand sich keine signifikante Korrelation.<br />

Entsprechend der uneindeutigen Bef<strong>und</strong>lage, die sich bisher abgezeichnet hat, ist auch<br />

das Ergebnis einer Metaanalyse von Tryon <strong>und</strong> Winograd aus dem Jahr 2001 nicht klar<br />

einzuordnen. 68 % der von ihnen betrachteten Studien zeigten einen Zusammenhang<br />

zwischen Zielübereinstimmung <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong>, was die Autoren als einen Beleg für<br />

diese Hypothese werten. Auffallend ist jedoch, dass der Anteil der Studien, die nicht zu<br />

diesem Ergebnis kommen, relativ hoch ist.<br />

Welche Erklärungen sind für den häufig fehlenden Zusammenhang möglich? Tryon <strong>und</strong><br />

Winograd führen als möglichen Gr<strong>und</strong> für die widersprüchlichen Ergebnisse der von<br />

ihnen betrachteten Studien an, dass sich die Wahrnehmung der Zielübereinstimmung<br />

aus Patienten- <strong>und</strong> Therapeutensicht oder vom Standpunkt eines außenstehenden Beobachters<br />

oft unterscheide. Dies zeigt noch einmal, wie wichtig eine einheitliche Zielerfassung<br />

<strong>und</strong> -kategorisierung für eine Vergleichbarkeit bestehender Forschungsergebnisse<br />

ist. Orlinsky, Grawe <strong>und</strong> Parks (1994) kommen nach einem Überblick über verschiedene<br />

Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Zielübereinstimmung nur dann ein wichtiger<br />

Faktor zur Vorhersage des <strong>Therapieerfolg</strong>es ist, wenn diese Übereinstimmung aus<br />

Patientensicht vorliegt oder anhand objektiver Indizes erfasst wird. Interessant ist, dass<br />

die Bewertung des Therapeuten scheinbar irrelevant ist, wofür leider keine Erklärungsmöglichkeiten<br />

gegeben werden. Kritisch muss hier jedoch angemerkt werden, dass in<br />

den in dieser Arbeit betrachteten Studien, in denen der Zusammenhang fehlte, dieser<br />

53


einmal anhand eines Fragebogens erfasst <strong>und</strong> einmal aus Patientensicht vorlag. Hier wäre<br />

den oben genannten Aussagen zufolge ein Zusammenhang zu erwarten gewesen.<br />

Weitere mögliche Faktoren werden von Schulte-Bahrenberg (1990) angesprochen. So<br />

ist es wichtig, nicht nur die Übereinstimmung sondern auch die Zielberücksichtigung im<br />

Therapieverlauf zu erfassen. Werden <strong>Therapieziele</strong> lediglich genannt, aber fließen nicht<br />

in die praktische Arbeit ein, können trotz augenscheinlicher Zielübereinstimmung Diskrepanzen<br />

in der Zielperspektive zwischen Patient <strong>und</strong> Therapeut den Therapieprozess<br />

prägen. In seiner Untersuchung stellt er neben der hohen Übereinstimmung auch eine<br />

hohe Therapiezielberücksichtigung fest, die anderen hier erwähnten Studien betrachten<br />

diesen Aspekt jedoch nicht. Generell stellt er fest, dass <strong>Therapieerfolg</strong> eine vielfach beeinflusste<br />

Variable sei <strong>und</strong> dementsprechend ein einzelner Faktor wie die Zielübereinstimmung<br />

nur einen kleinen Teil des Gesamtzusammenhangs ausmachen könne. Auch<br />

der stark individuelle Verlauf einer Psychotherapie, Zufälligkeiten, die nur im Einzelfall<br />

eine Rolle spielten, führe dazu, dass bei inferenzstatistischen Verfahren Effekte sehr<br />

viel schwerer als bedeutsam zu belegen seien.<br />

Generell muss des Weiteren kritisch angemerkt werden, dass die vorliegenden Studien<br />

schwierig zu vergleichen sind. Es wurden unterschiedliche Zielerhebungsinstrumente<br />

benutzt. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die gef<strong>und</strong>enen Übereinstimmungsraten<br />

abhängig von den Eigenschaften des Erhebungsinstruments sind, vor allem von dessen<br />

Reliabilität (Dirmaier, 2005). Zudem werden die Ziele anhand unterschiedlicher Taxonomien<br />

klassifiziert, ebenso wurde der <strong>Therapieerfolg</strong> nicht einheitlich operationalisiert.<br />

Einige Erhebungen untersuchen ambulante, andere stationäre Stichproben. Auch der<br />

Zeitpunkt der Erfassung der Patientenziele ist von Relevanz. Eine Erhebung zu Therapieende<br />

kann, wie bereits erwähnt, durch die Beeinflussung der Patientenziele durch<br />

den Therapeuten verfälscht werden.<br />

Es deutet sich insgesamt ein positiver Zusammenhang zwischen der Zielübereinstimmung<br />

zwischen Patient <strong>und</strong> Therapeut <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> an. Unklar scheint jedoch,<br />

unter welchen Bedingungen sich dieser positive Zusammenhang finden lässt <strong>und</strong><br />

welchen Anteil die Zielübereinstimmung am <strong>Therapieerfolg</strong> hat.<br />

54


5.2 Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenzielen<br />

Trotz der in Kapitel 5.1 dargelegten uneindeutigen Bef<strong>und</strong>lage scheint die Zielübereinstimmung<br />

zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient einen positiven Einfluss auf den <strong>Therapieerfolg</strong><br />

zu haben. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit eine solche Zielübereinstimmung<br />

in der therapeutischen Praxis tatsächlich realisiert wird.<br />

Nach Schulte-Bahrenberg (1990) ist davon auszugehen, dass „wohl im allgemeinen mit<br />

erheblichen Diskrepanzen zwischen den Zielen von Therapeuten <strong>und</strong> den Zielen von<br />

Klienten gerechnet werden muß“ (S. 60). Der Autor fasst seine Literaturrecherche mit<br />

dem Fazit zusammen, dass keine Bef<strong>und</strong>e vorliegen, die eine große Übereinstimmung<br />

zwischen Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenzielen erwarten lassen. Dies ist besonders alarmierend,<br />

da er in Übereinstimmung mit den in Kapitel 5.1 dargestellten Annahmen davon<br />

ausgeht, dass generell bei Diskrepanzen in einem der Bereiche des therapeutischen Arbeitsbündnisses<br />

eine Gefährdung des <strong>Therapieerfolg</strong>es zu erwarten ist.<br />

Dementsprechend stellte Dimsdale (1975) auf mehreren psychiatrischen Stationen keine<br />

Zielübereinstimmung zwischen Patienten <strong>und</strong> therapeutischem Personal anhand eines<br />

selbst konstruierten Zielprofilfragebogens fest. In einer Folgeuntersuchung (Dimsdale et<br />

al., 1978; Dimsdale, Klerman & Shershow, 1979) wurde der Bef<strong>und</strong> bestätigt, der Unterschied<br />

in der Therapiezielwahl blieb auch über die Zeit hinweg stabil. Interessant ist,<br />

dass „Einsicht“ sich hier für Therapeuten als sehr wichtiges Behandlungsziel erwies,<br />

während Patienten dies als eher unwichtig betrachteten. Sie verfolgten Ziele, die sich<br />

auf Symptomminderung oder Anpassung an unveränderliche Gegebenheiten bezogen.<br />

Thompson <strong>und</strong> Zimmerman (1969) untersuchten unter anderem die Zielübereinstimmung<br />

zwischen Klient <strong>und</strong> Berater in einem universitären Beratungszentrum. Berater<br />

<strong>und</strong> Klient füllten zu Beginn der Therapie <strong>und</strong> über den Therapieverlauf hinweg Zielchecklisten<br />

aus. Die angegebenen Ziele wurden auf ihre Übereinstimmung hin überprüft.<br />

Hier fanden die Autoren zwar einen Zusammenhang, dieser war aber nur gering<br />

ausgeprägt <strong>und</strong> der Unterschied in den angegebenen Zielen von Klienten <strong>und</strong> Beratern<br />

wiederum offensichtlich.<br />

55


Von Rad, Schors <strong>und</strong> Henrich (1994) erfassten die Zielübereinstimmung in einer Klinik,<br />

in der Psychosomatikpatienten sowohl stationär als auch ambulant psychoanalytisch behandelt<br />

wurden. Im Rahmen einer verwendeten Basisdokumentation gaben Patienten<br />

<strong>und</strong> Therapeuten in freier Form bis zu drei <strong>Therapieziele</strong> an. Diese Zielangaben wurden<br />

von Außenstehenden auf ihre Übereinstimmung hin überprüft. Bei 35 % der Dyaden lag<br />

eine teilweise, bei 21 % keine Übereinstimmung vor. Eine nach Angaben der Autoren<br />

völlige Zielübereinstimmung fand sich somit bei 44 % der Patient-Therapeut-Dyaden.<br />

Heuft et al. (1996) betrachteten die genannten Ziele zu Beginn der Behandlung in unterschiedlichen<br />

stationär psychoanalytisch orientierten Settings. Ziel war es, einen von ihnen<br />

entwickelten Therapiezielbogen <strong>und</strong> einen Therapieabschlussbogen zur globalen<br />

Einschätzung der in der Therapie erreichten Veränderungen auf ihre Einsatzmöglichkeiten<br />

hin zu überprüfen. Diese Bögen sind Teil der Psy-BaDo (Heuft & Senf, 1998). Es<br />

ergab sich eine überraschend weitgehend identische Rangreihe der Häufigkeit mit der<br />

bestimmte Ziele sowohl auf Patienten- als auch auf Therapeutenseite genannt wurden,<br />

deren erste Stellen Ziele bezogen auf Selbstwertproblematik <strong>und</strong> angstbezogene Ziele<br />

einnehmen. Anders beurteilen die Autoren die erfassten Hauptziele der Therapie. Patienten<br />

gaben hier vor allem körperbezogene Ziele an, Therapeuten am häufigsten Ziele<br />

psychoneurotischen Inhalts. Therapeuten <strong>und</strong> Patienten scheinen auch hier eher unterschiedliche<br />

primäre Ziele zu verfolgen. Auffallend ist, dass auf der einen Seite sowohl<br />

von Patienten als auch von Therapeuten die Ziele syptomnah formuliert werden, Therapeuten<br />

andererseits aber deutlich häufiger abstrakte <strong>und</strong> theoriegeleitete Zielformulierungen<br />

benutzen.<br />

Für die Mehrzahl der in der Studie von B<strong>und</strong>t (1999) untersuchten Patienten-<br />

Therapeuten-Dyaden ergab sich eine zumindest teilweise Zielübereinstimmung, dennoch<br />

unterschied sich die Zielbestimmung von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten signifikant.<br />

Patienten bevorzugten die Zielkategorie „Symptomreduktion“, gaben teilweise sogar<br />

mehrere Ziel aus dieser Kategorie an, Therapeuten favorisierten reflexive Ziele. Dieser<br />

Bef<strong>und</strong> ist umso interessanter, da der Autor anmerkt, dass die Zielerhebung nach stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Vor- <strong>und</strong> Erstgesprächen stattfand <strong>und</strong> so eigentlich bereits eine Einigung<br />

bezüglich der <strong>Therapieziele</strong> erfolgt war.<br />

56


Entgegen seiner eigenen Hypothese fand Schulte-Bahrenberg (1990) in seiner in Kapitel<br />

5.1 bereits beschriebenen Untersuchung eine laut eigener Bewertung ungewöhnlich hohe<br />

Zielübereinstimmung, die er mit 84 % angibt. Verschiedene Erklärungen für das ü-<br />

berraschend hohe Ausmaß der Übereinstimmung werden angeführt, beispielsweise soll<br />

die homogene phobische Symptomatik der Patienten zu den korrespondierenden Zielen<br />

geführt haben. Fraglich ist auch, ob die verhaltenstherapeutische Orientierung der Behandlung<br />

Anteil an der hohen Übereinstimmung hat. Ins Auge springt aber noch eine<br />

andere Möglichkeit. Der Autor hat die Zielübereinstimmung nicht wie in anderen Untersuchungen<br />

zu Beginn, sondern erst gegen Ende der Therapie erfasst. Es ist vorstellbar,<br />

dass Therapeuten <strong>und</strong> Patienten ihre Ziele im Laufe des Therapieprozesses angeglichen<br />

haben, zumal Schulte-Bahrenberg selbst schreibt, dass Therapeuten in Laufe einer<br />

Therapie Einfluss auf Werthaltungen <strong>und</strong> Ziele ihrer Patienten ausüben. Der gef<strong>und</strong>ene<br />

Zusammenhang muss folglich kritisch betrachtet werden.<br />

Auch hier kommt die in Kapitel 5.1 bereits begründete mangelnde Vergleichbarkeit der<br />

Untersuchungen zum Tragen. Letztlich kommt aber auch Dirmaier in einer neueren Arbeit<br />

von 2005 wieder zu dem Schluss, dass vorhandene Bef<strong>und</strong>e nahe legen, dass die<br />

Ziele von Therapeut <strong>und</strong> Patient oft nur eingeschränkt übereinstimmen. Diese Tendenz<br />

lässt sich auch den hier dargestellten Studien entnehmen, das Ausmaß der gef<strong>und</strong>enen<br />

Übereinstimmung ist jedoch uneinheitlich.<br />

Unterschiede in den Zielsetzungen zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient sind aufgr<strong>und</strong> der<br />

psychopathologischen Kenntnisse des Therapeuten zu erwarten (B<strong>und</strong>t, 1999). Dies<br />

sollte sich aber nur auswirken, wenn die Ziele nicht vor der Erhebung schon Thema in<br />

therapeutischen Gesprächen waren, in denen der Therapeut sein Wissen vermittelt hat.<br />

Leider finden sich Angaben zu einer eventuell vor der Erhebung stattgef<strong>und</strong>enen Zielklärung<br />

sehr selten. Diese wären wünschenswert, um gef<strong>und</strong>ene Übereinstimmungsraten<br />

bewerten zu können.<br />

Anhand der dargestellten Bef<strong>und</strong>e wird zudem die Tendenz deutlich, dass Patienten e-<br />

her konkret symptombezogene Ziele wählen (B<strong>und</strong>t, 1999; Dimsdale, 1975; Heuft,<br />

1996). Dies zeigen auch die Untersuchungen, die in Kapitel 6 dargestellt werden. Therapeuten<br />

geben nach Heuft jedoch eher abstrakte <strong>und</strong> theoriegeleitete Ziele an. Dementsprechend<br />

beschreibt Dimsdale, dass sie „Einsicht“ als häufiges Ziel nannten, B<strong>und</strong>t<br />

57


findet eine Bevorzugung reflexiver Ziele. Es ist denkbar, dass dieser gr<strong>und</strong>legende Unterschied<br />

in der Therapiezielwahl von Therapeuten <strong>und</strong> Patienten die mangelnde Übereinstimmung<br />

mit bedingt. Bei einer Betrachtung, die nicht therapieschulenübergreifend,<br />

sondern therapieschulenspezifisch stattfindet, fällt noch ein weiterer Aspekt auf. Therapeuten<br />

unterschiedlicher Richtungen unterscheiden sich, wie bereits in Kapitel 2 erwähnt,<br />

in ihrer Therapiezielwahl. Dirmaier (2005) vergleicht <strong>Therapieziele</strong> von Verhaltenstherapeuten<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten, indem er einen Ü-<br />

berblick über vorhandene Literatur in diesem Bereich gibt. Es zeigt sich, dass tiefenpsychologisch<br />

orientierte Therapeuten eher die Aufdeckung unbewusster Konflikte <strong>und</strong> den<br />

Aufbau von Ich-Funktionen zum Ziel haben. Vorwiegend beziehen sich die Zielsetzungen<br />

auf die Unterstützung von Entwicklungsprozessen des Selbst <strong>und</strong> das Aufbauen von<br />

selbstanalytischen Fähigkeiten. Demgegenüber steht in kognitiv-verhaltenstherapeutischen<br />

Ansätzen die Symptomreduktion im Vordergr<strong>und</strong>. Hauptziel ist es das Problem<br />

zu lösen, mit dem der Patient in die Psychotherapie gekommen ist. Die Ziele sind eher<br />

diagnosespezifisch <strong>und</strong> konkret verhaltensbezogen. Da Patienten ebenso vorwiegend<br />

symptombezogene <strong>Therapieziele</strong> wählen, scheinen diese mit den Zielen der Verhaltenstherapeuten<br />

eher vereinbar zu sein als mit denen tiefenpsychologisch orientierter Therapeuten.<br />

Es ist möglich, dass sich in verhaltenstherapeutisch ausgerichteten Therapien<br />

dementsprechend eine höhere Zielübereinstimmung finden lässt als in Therapien, die<br />

von tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten durchgeführt werden.<br />

58


6 Zusammenhang zwischen der psychopathologischen Diagnose <strong>und</strong><br />

der Therapiezielwahl des Patienten<br />

Im Folgenden Kapitel soll die Frage, ob sich Patienten verschiedener Diagnosen in ihrer<br />

Therapiezielwahl unterscheiden, näher beleuchtet werden. Welche Relevanz hat diese<br />

Fragestellung für die praktische therapeutische Arbeit? Michalak et al. (2005) geben<br />

darauf eine Antwort.<br />

Ein Wissen um diagnostische Unterschiede in den <strong>Therapieziele</strong>n gibt für die Wissenschaft<br />

Hinweise auf die für einzelne Störungen spezifischen <strong>und</strong> störungsübergreifenden<br />

intrapsychischen Mechanismen der Aufnahme einer Psychotherapie <strong>und</strong> der Formulierung<br />

von Therapieanliegen. Praktisch bereitet das Vorfinden störungstypischer Ziele<br />

Therapeuten auf nötige Interventionsangebote <strong>und</strong> Bereiche psychodiagnostischer Erhebung<br />

vor, um dem Anliegen des Patienten in Diagnostik <strong>und</strong> Behandlung bestmöglich<br />

zu entsprechen. (S. 75)<br />

Ähnlich argumentiert auch Berking (2003), auf dessen Aussagen im weiteren Bezug<br />

genommen wird. Wenn ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Störungsbild <strong>und</strong> angestrebten<br />

<strong>Therapieziele</strong>n besteht, lässt sich die Therapieplanung stark vereinfachen.<br />

Aus einer gestellten Diagnose wäre die Zielstellung direkt ableitbar, die Versorgung<br />

könnte vollständig auf Gr<strong>und</strong>lage der Diagnose erfolgen. Ferner ist ein gesichertes Wissen<br />

über diese Verknüpfungen wichtig für die Entwicklung störungsbezogener standardisierter<br />

Behandlungsangebote, wie sie vor allem im Bereich der Verhaltenstherapie<br />

eingesetzt werden. Mehrheitlich beziehen sich vorhandene Manuale auf die Störungsklassifikationen<br />

der ICD <strong>und</strong> des DSM. Es liegt so eine indicatio symptomatica (Schulte,<br />

1996) vor, das therapeutische Vorgehen wird hier dementsprechend größtenteils von<br />

der Symptomatik bestimmt. Ist diese Verfahrensweise aber angemessen, wenn Patienten,<br />

denen die gleiche Diagnose gestellt wurde, unterschiedliche <strong>Therapieziele</strong> verfolgen<br />

sollten? Würden statt einer Indikationsstellung aufgr<strong>und</strong> der Symptomatik oder diese<br />

ergänzend die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten zu einer Zuweisung zu bestimmten Behandlungsmethoden<br />

bzw. -manualen verwendet (indicatio finalis nach Schulte, 1996),<br />

würden motivationale Kriterien stärker mit einbezogen. Die Effektivität der Therapieplanung<br />

ließe sich über eine so mögliche Berücksichtigung von individuellen Ressour-<br />

59


cen oder aktuellen Veränderungsmöglichkeiten des Patienten erhöhen. Eine Indikationsstellung,<br />

die rein auf der Symptomatik beruht, würde diese Aspekte bei variierenden<br />

<strong>Therapieziele</strong>n innerhalb einer Störungsgruppe nur unzureichend berücksichtigen <strong>und</strong><br />

so dem Anliegen einzelner Patienten nicht gerecht werden. Daher ist es für die Anwendung<br />

<strong>und</strong> weitere Entwicklung standardisierter Behandlungsmanuale notwendig zu wissen,<br />

bei welchen Diagnosen die angestrebten <strong>Therapieziele</strong> der Patienten variieren <strong>und</strong><br />

bei welchen Störungen es „typische“ <strong>Therapieziele</strong> gibt, die eine einheitliche Behandlung<br />

sinnvoll erscheinen lassen.<br />

Dass es sich hierbei um ein aktuelles Forschungsthema von Relevanz handelt, zeigt sich<br />

darin, dass Untersuchungen zu dieser Thematik vorwiegend in den letzten Jahren<br />

durchgeführt wurden.<br />

Empirische Studien zeigen in der Tat, dass sich <strong>Therapieziele</strong> von Patienten mit verschiedenen<br />

psychopathologischen Diagnosen unterscheiden (Michalak et al., 2005). So<br />

finden Faller <strong>und</strong> Gossler (1998) eine Diagnosespezifität, die aber nur partiell vorliegt.<br />

In ihrer Arbeit, die in erster Linie die Entwicklung des von ihnen entworfenen Kategoriensystems<br />

(vgl. Kapitel 3.1.2) beschreibt, werten sie <strong>Therapieziele</strong>, die Patienten in einer<br />

psychotherapeutischen Poliklinik im Erstgespräch angaben, anhand dieser Taxonomie<br />

aus. Hierbei zeigte sich, dass sich die Häufigkeit unterschied, mit der Patienten unterschiedlicher<br />

Diagnosen die verschiedenen Zielkategorien nannten, wobei sich dieser<br />

Unterschied vorrangig auf die Ziele bezog, die konkret auf die Linderung der bestehenden<br />

Beschwerden bzw. Probleme ausgerichtet waren. So fanden sich bei Patienten mit<br />

somatoformen Störungen mehrheitlich Ziele der Kategorien „unspezifisch Ges<strong>und</strong>heit<br />

erlangen“ <strong>und</strong> „körperliche Beschwerden bessern“. Auch Angstpatienten <strong>und</strong> Patienten<br />

mit Essstörungen gaben vorwiegend störungsspezifische Ziele an („Angst bewältigen“,<br />

„Sucht/Essstörung beheben“). „Depressive Beschwerden bessern“ fand sich entsprechend<br />

bei depressiven Patienten als häufiges Ziel, trat bei Personen mit Persönlichkeitsstörungen<br />

jedoch noch häufiger auf. Die Diagnose klärte aber nicht die gesamte Varianz<br />

innerhalb der <strong>Therapieziele</strong> auf, eher positiv formulierte, ges<strong>und</strong>heitsbezogene Ziele<br />

wie „Selbstvertrauen stärken“ oder „Ruhe/Gelassenheit finden“ schienen diagnoseübergreifende<br />

<strong>Therapieziele</strong> zu sein. Wie heterogen die Zielwahl innerhalb der einzelnen<br />

diagnostischen Gruppen tatsächlich ist, wird nicht vollständig dargestellt. Die Autoren<br />

ziehen aus ihrer Untersuchung den Schluss, dass Patienten durch eine Psychotherapie<br />

60


auch übergeordnete Ziele erreichen wollen, der Wunsch der Beschwerdemilderung jedoch<br />

überwiegt. Auch Faller (2000) konnte zeigen, dass symptombezogene Ziele am<br />

häufigsten von Patienten der entsprechenden Diagnosegruppe angegeben wurden.<br />

Diese Überlegungen weiterführend finden sich in neueren Untersuchungen Hinweise<br />

darauf, dass sich für bestimmte Störungsbilder eher „typische“ Behandlungsziele finden<br />

lassen als für andere.<br />

Berking et al. (2001) erfassten die <strong>Therapieziele</strong> von Patienten, die an einer stationären<br />

Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen hatten. Einbezogen wurden Schmerzpatienten,<br />

Angstpatienten sowie Patienten mit einer depressiven Störung. Die <strong>Therapieziele</strong> wurden<br />

am Ende der Therapie der Psy-BaDo entnommen (Heuft & Senf, 1998), wobei nur<br />

das angegebene Hauptziel in die Untersuchung einging. Der Auswertung lag eine Kategorisierung<br />

der Ziele anhand der BIT-T (Grosse Holtforth & Grawe, 2002) zugr<strong>und</strong>e.<br />

Die Autoren berichten anhand ihrer Ergebnisse eine störungsspezifische Heterogenität<br />

der Zielinhalte. Sie fanden bei Schmerzpatienten eine deutliche Fokussierung auf die<br />

störungsbezogenen Ziele „Schmerzbeseitigung / -linderung / -bewältigung“. Zwar weniger<br />

klar erkennbar, aber dennoch deutlich auszumachen, ist „Angstbewältigung“ als<br />

zentrales Anliegen der Angstpatienten. Die Ziele depressiver Patienten hingegen verteilten<br />

sich mit vergleichsweise stark ausgeprägter Streuung über die verschiedenen Zielkategorien.<br />

Auch Pöhlmann et al. (2001) berichten, dass sich Schmerzpatienten, die sich in stationär-psychiatrischer<br />

Behandlung befanden, vorrangig störungsbezogene Ges<strong>und</strong>heitsziele<br />

setzen. Die Patienten sollten nach der ersten Therapiesitzung alle <strong>Therapieziele</strong> nennen,<br />

die für sie wichtig waren, <strong>und</strong> im Anschluss das wichtigste auswählen. Die erhobenen<br />

Ziele wurden in Kategorien eingeordnet, die verschiedene Lebensbereiche erfassen,<br />

wie zum Beispiel Beruf oder Fre<strong>und</strong>e sowie störungsbezogene Ziele. Außerdem wurden<br />

die Ziele von Psychosomatikpatienten erhoben. Am häufigsten gaben diese den Wunsch<br />

an sich selbst zu verändern, es zeigte sich ein Streben nach persönlichem Wachstum <strong>und</strong><br />

Reife. Erst an zweiter Stelle folgten hier Ziele, die sich auf eine Symptomreduktion bezogen.<br />

Die Autoren merken diesbezüglich an, dass es sich bei der Gruppe der psychosomatisch<br />

Erkrankten um eine sehr heterogene Gruppe handelt, da sie verschiedene Stö-<br />

61


ungsbilder umfasst <strong>und</strong> es notwenig ist, sich diese unterschiedlichen Diagnosen getrennt<br />

anzusehen.<br />

Berking (2003) bestätigt den Bef<strong>und</strong> von Berking et al. (2001). Die Patienten formulierten<br />

zu Beginn ihrer stationären Rehabilitionsmaßnahme frei die Ziele, die sie durch die<br />

Behandlung anstrebten. Diese wurden anschließend mit dem Therapeuten durchgesprochen<br />

<strong>und</strong> möglicherweise verändert. Zur Kategorisierung wurde die BIT-T benutzt, betrachtet<br />

wurden dieselben Störungsgruppen. Auch in dieser Untersuchung fand sich eine<br />

Dominanz problem- <strong>und</strong> symptombezogener Ziele, mit wiederum zunehmender Heterogenität<br />

der <strong>Therapieziele</strong> von Schmerzpatienten über Angstpatienten hin zu depressiven<br />

Patienten.<br />

Berking et al. (2004) untersuchten die <strong>Therapieziele</strong> von Patienten, die eine stationäre<br />

kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapie abgeschlossen hatten. Die <strong>Therapieziele</strong><br />

wurden am Ende der Behandlung anhand der Psy-BaDo erfasst, die Ziele den Kategorien<br />

der BIT-T zugeordnet <strong>und</strong> in die Analysen nur das primäre Ziel einbezogen. Untersucht<br />

wurden dieselben Patientengruppen. Auch hier spiegelt sich der Bef<strong>und</strong>, den<br />

schon Berking et al. (2001) <strong>und</strong> Berking (2003) berichtet haben.<br />

Weitere Hinweise auf dieses Heterogenitätsmuster lassen sich auch in anderen Studien<br />

finden, wobei vor allem der Bef<strong>und</strong>, dass Patienten mit Depressionen eine ausgeprägtere<br />

Heterogenität ihrer <strong>Therapieziele</strong> aufweisen als Angstpatienten, wiederholt bestätigt<br />

wird.<br />

Ebenfalls anhand des BIT (BIT-T <strong>und</strong> BIT-C, vgl. Kapitel 3.1.2) erfasste <strong>und</strong> kategorisierte<br />

Grosse Holtforth (2001) die <strong>Therapieziele</strong> von stationär psychotherapeutischen<br />

Patienten zu Beginn ihrer Therapie. Er betrachtete die Diagnosegruppen Angstpatienten<br />

<strong>und</strong> depressive Patienten, sowie abweichend von den oben aufgeführten Untersuchungen<br />

Patienten mit einer Essstörung. Annähernd alle Angstpatienten <strong>und</strong> essgestörten Patienten<br />

gaben entsprechende störungsspezifische Ziele an, dagegen nur knapp die Hälfte<br />

der depressiven Patienten. Die Störungsspezifität scheint also hier erneut nicht so ausgeprägt<br />

vorzuliegen wie bei den anderen Gruppen. Grosse Holtforth betont, dass die<br />

Zusammenhänge aber auch bei Angstpatienten <strong>und</strong> essgestörten Patienten nicht eindeutig<br />

sind. Auch sie wählen neben den symptombezogenen Zielen noch weitere. Dies ist<br />

62


wichtig zu beachten, da sich ein h<strong>und</strong>ertprozentiger Zusammenhang zwischen Diagnose<br />

<strong>und</strong> störungsspezifischen Zielen in keiner der Studien findet, die zu dieser Fragestellung<br />

in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden.<br />

Auch Khalaf berichtete schon 1999, dass Essgestörte vorrangig störungsspezifische<br />

<strong>Therapieziele</strong> aufstellen. Ihre Untersuchung bezog sich auf Patientinnen mit Anorexia<br />

<strong>und</strong> Bulimia Nervosa, die sich einer stationären Behandlung unterzogen. Sie erfasst die<br />

<strong>Therapieziele</strong> zu Beginn der Behandlung <strong>und</strong> klassifizierte sie nach dem Kategoriensystem<br />

individueller Therapiezeile von Heuft <strong>und</strong> Senf (1998). Die wichtigsten Therapiezielthemen<br />

sind die Normalisierung des Essverhaltens, die Verbesserung der Körperwahrnehmung<br />

<strong>und</strong> -akzeptanz sowie der Abbau des gedanklichen Kreisens um das Thema<br />

Essen. Ziele, die die Steigerung der Selbstwirksamkeit oder die Reduktion vorliegender<br />

depressiver Symptomatik betrafen, wurden dagegen weit weniger häufig genannt.<br />

Grosse Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) bestätigen noch einmal den Bef<strong>und</strong>, dass depressive<br />

Patienten <strong>Therapieziele</strong> aus verschiedenen Bereichen verfolgen, die sich nicht nur direkt<br />

auf ihre depressive Symptomatik beziehen, hier beispielsweise interpersonale Ziele <strong>und</strong><br />

Ziele, die das persönliche Wachstum betreffen. Auch die höhere diagnostische Spezifität<br />

von Angstpatienten wurde nachgewiesen, wobei die Ziele auch hier nicht vollständig<br />

homogen sind. Der Untersuchung lagen <strong>Therapieziele</strong> ambulanter Patienten zugr<strong>und</strong>e,<br />

die anhand der BIT-T neu kategorisiert wurden.<br />

Auch in der Arbeit von Grosse Holtforth et al. (2004) werden die Ergebnisse von Grosse<br />

Holtforth <strong>und</strong> Grawe (2002) bestätigt. Hier handelte es sich um ein stationär psychiatrisches<br />

Therapiesetting. Die <strong>Therapieziele</strong>, die zu Beginn der Therapie von den Patienten<br />

frei formuliert, mit dem Therapeuten besprochen <strong>und</strong> möglicherweise verändert<br />

wurden, wurden wieder anhand der BIT-T klassifiziert.<br />

Dirmaier (2005) fand im Rahmen der Validierung seines Kategoriensystems für die Ziele<br />

von Patienten der stationären Rehabilitation (vgl. Kapitel 3.1.2) ebenfalls das bereits<br />

mehrfach beschriebene Muster. Die Ziele wurden den Entlassungsberichten entnommen.<br />

Für Patienten mit einer Angststörung fanden sich am häufigsten Ziele, die sich auf<br />

Informationsvermittlung über die Krankheit <strong>und</strong> Symptomreduktion bezogen, für de-<br />

63


pressive Patienten hingegen eine weite Spannbreite von Zielen, am häufigsten bezogen<br />

auf intrapsychische Konflikte, biographische Aspekte <strong>und</strong> Aspekte des Selbstwerts. Für<br />

Patienten der Diagnosegruppe somatoforme Störungen wurden am häufigsten Ziele angegeben,<br />

die vegetative Beschwerden oder Schmerzlinderung betrafen. Schmerzpatienten<br />

wurden nicht gesondert betrachtet. Essgestörten Patienten wurden abweichend von<br />

den bereits dargestellten Bef<strong>und</strong>en eher Ziele zugeordnet, die sich auf emotionale Aspekte,<br />

ihren Selbstwert <strong>und</strong> Informationsvermittlung bezogen. Symptomreduktion stand<br />

hier also nicht unmittelbar im Vordergr<strong>und</strong>. Darüber hinaus lagen Daten für Patienten<br />

mit einer Anpassungsstörung <strong>und</strong> für Patienten vor, die an einer Suchtproblematik litten.<br />

Während bei Anpassungsstörungen biographische Aspekte <strong>und</strong> Stressbewältigung<br />

im Vordergr<strong>und</strong> standen, wurden bei Suchtproblematiken unter anderem Ziele bezogen<br />

auf eine Verbesserung der sozialen Kompetenz, der Realitätsakzeptanz oder eine Reduktion<br />

des Risikoverhaltens angegeben. Der Autor merkt jedoch an, dass die verwendeten<br />

Ziele aus den Entlassungsberichten wohl eher die therapeutenseitigen Zielformulierungen<br />

wiedergeben als die Patientenziele aufzuführen. Umso interessanter sind die<br />

dargestellten Bef<strong>und</strong>e, die nahe legen, dass das Heterogenitätsmuster weitestgehend<br />

dem aus anderen Studien entspricht, in denen Patientenziele betrachtet wurden.<br />

Eine mögliche Erklärung für die weite Streuung der <strong>Therapieziele</strong> depressiver Patienten<br />

über unterschiedliche Therapiezielkategorien wird von Berking et al. (2004) gegeben.<br />

Den Autoren zufolge beziehen sich die Zielthemen, die depressive Patienten ihrer Untersuchung<br />

nennen <strong>und</strong> die nicht unter die Kategorie „depressives Erleben“ im BIT-T<br />

fallen, oft auf Faktoren, die als wichtige aufrechterhaltende Faktoren der Depression gesehen<br />

werden <strong>und</strong> als assoziierte Symptome in den Klassifikationskriterien oder in detaillierten<br />

Störungsbeschreibungen auftauchen.<br />

Die dargestellten Untersuchungen zusammenfassend, scheint sich die Mehrzahl der Ziele,<br />

die Patienten angeben, auf die Linderung ihrer störungsspezifischen Symptomatik zu<br />

beziehen. Ebenso zeigte sich in allen Untersuchungen, dass diese Diagnosespezifität nur<br />

partiell vorliegt, neben den störungsbezogenen also immer auch noch andere Ziele genannt<br />

wurden. Das Ausmaß der Heterogenität der <strong>Therapieziele</strong> fällt im Vergleich verschiedener<br />

Störungsbilder unterschiedlich groß aus, wobei eine zunehmende Heterogenität<br />

von Schmerzpatienten über Angstpatienten hin zu depressiven Patienten in mehreren<br />

Studien berichtet wird. Am besten belegt scheint dieser Unterschied zwischen<br />

64


Angstpatienten <strong>und</strong> depressiven Patienten zu sein, wobei sich die Ziele depressiver Patienten<br />

möglicherweise auch auf aufrechterhaltende Faktoren <strong>und</strong> assoziierte Symptome<br />

beziehen. Ähnlich wie Schmerz- oder Angstpatienten geben auch essgestörte Patienten<br />

vorrangig symptombezogene Ziele an. Nur eine Untersuchung greift die Ziele von Patienten<br />

auf, die an einer psychosomatischen Erkrankung leiden, wobei aber nicht zwischen<br />

einzelnen Störungsbildern unterschieden wird. Sie deutet eine Zielwahl an, die<br />

auf den Wunsch nach persönlichem Wachstum <strong>und</strong> Reifung schließen lässt, ist aber allein<br />

stehend nicht sonderlich aussagekräftig. Es liegen zudem Hinweise vor, dass sich<br />

bei Betrachtung der therapeutenseitigen Zielformulierungen ein ähnliches Heterogenitätsmuster<br />

ergeben könnte.<br />

Die Vergleichbarkeit der hier dargestellten Ergebnisse wird durch die überwiegende<br />

Verwendung der BIT-T zur Zielkategorisierung erleichtert. Die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten<br />

wurden jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Therapieverlauf auf unterschiedliche<br />

Art <strong>und</strong> Weise erfasst. Zusätzlich wurden in einigen Studien alle genannten<br />

Ziele der Patienten mit einbezogen, in anderen nur das jeweilige Hauptziel des Patienten<br />

in die Analyse aufgenommen. Dennoch erscheint die Bef<strong>und</strong>lage sehr homogen, wenn<br />

sie auch über den stationären Kontext hinaus schwer zu verallgemeinern ist, da die Studien<br />

fast ausschließlich in einem stationären Rahmen durchgeführt wurden.<br />

Aus den referierten Bef<strong>und</strong>en lässt sich schließen, dass störungsspezifische Therapiemanuale<br />

immer Raum für vorhandene Zielvariationen lassen sollten (Berking, 2003), da<br />

Patienten in keiner Untersuchung ausschließlich störungsspezifische Ziele nannten. Berking<br />

(2003) führt aus, dass schon bei der Entwicklung dieser Manuale <strong>und</strong> standardisierter<br />

Therapieprogramme berücksichtigt werden muss, dass sich das Ausmaß der Heterogenität<br />

zwischen den verschiedenen Störungsbildern unterscheidet. So sollten die<br />

Programme aufführen, inwieweit für die jeweilige Störungsgruppe mit dem Vorliegen<br />

typischer Ziele zu rechnen ist, welche Ziele dies sind <strong>und</strong> wie diese Ziele in dieser<br />

Gruppe am besten erreicht werden können. Berking et al. (2001) schlagen Faustregeln<br />

vor, auf die die oben genannten Bef<strong>und</strong>e bezüglich Schmerzpatienten, Angstpatienten<br />

<strong>und</strong> depressiven Patienten hinauslaufen könnten. Da Schmerzpatienten vor allem<br />

Schmerzbewältigung wünschen, würde sich hier eine eher standardisierte Therapie anbieten.<br />

Bevor eine solche bei Angstpatienten eingesetzt wird, müsste überprüft werden,<br />

ob die Angstbewältigung beim jeweiligen Patienten tatsächlich im Vordergr<strong>und</strong> steht,<br />

65


wohingegen bei Depressiven eine besonders sorgfältige Klärung der individuellen <strong>Therapieziele</strong><br />

notwendig wäre, um deren motivationalen Ressourcen bestmöglich zu nutzen.<br />

Es besteht also die Notwendigkeit einer individuellen Therapieplanung (Grosse Holtforth<br />

et al., 2004), um die Ziele der Therapeuten <strong>und</strong> die der Patienten in Übereinstimmung<br />

zu bringen.<br />

66


7 Zusammenfassung der theoretischen Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Ableitung der<br />

Hypothesen<br />

In den bisherigen Kapiteln wurden ausgewählte Bereiche der empirischen Bef<strong>und</strong>lage<br />

zu <strong>Therapieziele</strong>n dargestellt.<br />

Es wurde deutlich, dass <strong>Therapieziele</strong> vielfältige Funktionen in einer Psychotherapie erfüllen,<br />

was die Notwendigkeit einer Erweiterung der empirischen Forschung in diesem<br />

Bereich unterstreicht.<br />

Die Erfassung der <strong>Therapieziele</strong> von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten kann auf standardisiertem<br />

Wege anhand von Fragebögen oder Checklisten vorgenommen werden. Eine andere<br />

Möglichkeit ist die individuelle Therapiezielbestimmung, die meist über eine Variante<br />

des Goal Attainment Scalings erfolgt. Um erfasste Ziele in Kategorien zusammenzufassen,<br />

wurden eine Reihe von Kategoriensystemen entwickelt. Die Taxonomie des Berner<br />

Inventars für <strong>Therapieziele</strong> erfüllt die Voraussetzungen, die an ein solches Kategoriensystem<br />

gestellt werden, in zufrieden stellendem Ausmaß, ist daher zu empfehlen <strong>und</strong><br />

soll auch in der im Folgenden dargestellten Untersuchung zur Zielkategorisierung herangezogen<br />

werden.<br />

Bevor Bef<strong>und</strong>e zum Zusammenhang von <strong>Therapieziele</strong>n <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong> dargestellt<br />

wurden, wurden Ansätze zur Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es vorgestellt. <strong>Therapieerfolg</strong><br />

lässt sich über verschiedene inhaltliche Variablen abbilden <strong>und</strong> anhand unterschiedlicher<br />

Methoden erfassen. Verschiedene Arten der Veränderungsmessung spielen hierbei<br />

eine besondere Rolle. Zudem wird der statistischen Signifikanzmessung die Frage nach<br />

der Operationalisierung von klinisch relevanten Veränderungen gegenübergestellt <strong>und</strong><br />

diskutiert. Sowohl über angemessene inhaltliche Variablen als auch über die methodischen<br />

Aspekte der <strong>Therapieerfolg</strong>esmessung besteht noch kein übergreifender Konsens.<br />

Die Bef<strong>und</strong>lage zum Zusammenhang zwischen einer Übereinstimmung von Patienten<strong>und</strong><br />

Therapeutenzielen <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> wurden vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Konzeptes<br />

des therapeutischen Arbeitsbündnis ausführlich dargelegt. Hierbei zeichnete sich<br />

trotz insgesamt uneindeutiger Bef<strong>und</strong>e ein vorhandener positiver Zusammenhang ab.<br />

67


Offen bleiben muss die Frage, welche Bedingungen diesen positiven Zusammenhang<br />

begünstigen <strong>und</strong> welchen Anteil die Zielübereinstimmung am <strong>Therapieerfolg</strong> hat. Ein<br />

Überblick über verschiedene Untersuchungen zeigt jedoch, dass die in der Praxis tatsächlich<br />

vorhandene Zielübereinstimmung zwischen Patient <strong>und</strong> Therapeut nur eingeschränkt<br />

vorhanden ist. Es ist hierbei denkbar, dass die eher symptomnah formulierten<br />

<strong>Therapieziele</strong> von Verhaltenstherapeuten den meist konkret symptombezogenen Patientenzielen<br />

eher entsprechen als die Ziele tiefenpsychologisch orientierter Therapeuten.<br />

Bei der Betrachtung der diagnosespezifischen Therapiezielwahl ist festzustellen, dass<br />

Patienten vorrangig symptombezogene Ziele zu verfolgen scheinen. Dennoch ist eine<br />

zunehmende inhaltliche Heterogenität in der Therapiezielwahl von Schmerzpatienten<br />

über Angstpatienten hin zu depressiven Patienten gut belegt. Auch essgestörte Patienten<br />

geben, den Schmerz- <strong>und</strong> Angstpatienten ähnlich, vorrangig symptombezogene Ziele<br />

an. Diese Bef<strong>und</strong>e sind für die Therapieplanung <strong>und</strong> -durchführung von großem Wert.<br />

Aus der gesichteten Literatur zum Zusammenhang zwischen Zielübereinstimmung <strong>und</strong><br />

<strong>Therapieerfolg</strong> <strong>und</strong> der Diagnosespezifität der Therapiezielwahl lassen sich verschiedene<br />

Fragestellungen ableiten, die in den nachfolgenden Teilen der vorliegenden Arbeit<br />

untersucht werden sollen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der bisher uneinheitlichen Bef<strong>und</strong>lage ist es lohnenswert, den Zusammenhang<br />

zwischen der Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong><br />

erneut zu erfassen. Die Zielübereinstimmung sollte der Literatur zufolge zu Therapiebeginn<br />

erhoben werden. Eine multimodale Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es ist angebracht.<br />

Bezüglich der tatsächlichen Zielübereinstimmungsraten von Therapeut <strong>und</strong> Patient ist<br />

weiter zu überprüfen, ob sich verhaltenstherapeutisch <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierte<br />

Therapeuten in der Art ihrer Zielwahl <strong>und</strong> dem Übereinstimmungsgrad mit dem Patienten<br />

unterscheiden. Es wird angenommen, dass die Zielübereinstimmung in Verhaltenstherapien<br />

höher ist. Ein derartiger Bef<strong>und</strong> würde die Interpretation einer therapieschulenübergreifenden<br />

Übereinstimmungsrate erleichtern, die ebenfalls erneut erhoben<br />

werden sollte.<br />

68


Die Diagnosespezifität der <strong>Therapieziele</strong> ist bezüglich der Heterogenität der Therapiezielwahl<br />

interessant. Da vorhandene Studien in diesem Bereich vor allem stationäre<br />

Stichproben untersuchen, steht eine Überprüfung der Generalisierbarkeit vorhandener<br />

Bef<strong>und</strong>e auf ambulante Patienten noch aus. Es soll konkret anhand ambulanter Daten<br />

überprüft werden, ob sich die Ziele von Patienten mit depressiven Störungen, von Patienten<br />

mit Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen <strong>und</strong> von Patienten mit Essstörungen unterschiedlich<br />

ausgeprägt über verschiedene inhaltliche Zielbereiche verteilen.<br />

Die dargelegten Überlegungen führen zu folgenden Hypothesen:<br />

1. Die <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten <strong>und</strong> die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten stimmen<br />

teilweise überein.<br />

a. Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten<br />

unterscheiden sich in der Art ihrer <strong>Therapieziele</strong>.<br />

b. Verhaltenstherapeuten weisen eine höhere Zielübereinstimmung mit ihren<br />

Patienten auf als tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten.<br />

2. Die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient hängt mit dem <strong>Therapieerfolg</strong><br />

zusammen.<br />

3. Patienten mit primär depressiven Störungen, Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

<strong>und</strong> Essstörungen unterscheiden sich in der Heterogenität ihrer Therapiezielwahl.<br />

69


8 Datenerhebung<br />

Die zur Untersuchung der genannten Hypothesen verwendeten Daten stammen aus Psychotherapien<br />

erwachsener Patienten, die im Zeitraum vom 2004 bis 2007 an der Poliklinischen<br />

Psychotherapieambulanz der Universität Osnabrück ambulant durchgeführt<br />

wurden. Die Daten wurden hierbei nicht von der Autorin selbst erhoben, sondern lagen<br />

bereits im Rahmen des routinemäßig durchgeführten Qualitätsmanagements der Ambulanz<br />

vor.<br />

Die Psychotherapieambulanz der Universität Osnabrück betreut Patienten aus dem Einzugsgebiet<br />

der Stadt Osnabrück <strong>und</strong> dem Osnabrücker Land. Zum Aufgabengebiet gehören<br />

die Diagnostik <strong>und</strong> die psychotherapeutische Behandlung psychischer Störungen<br />

<strong>und</strong> Probleme bei Erwachsenen, Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Familien. Die psychotherapeutische<br />

Behandlung erwachsener Patienten wird verhaltenstherapeutisch oder tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>iert von Diplom-Psychologinnen <strong>und</strong> Diplom-Psychologen, die sich<br />

in einem fortgeschrittenen Stadium der Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten<br />

befinden, unter Supervision durchgeführt.<br />

Zum Behandlungsspektrum gehören organische Erkrankungen, psychische Erkrankungen<br />

durch psychotrope Substanzen, Schizophrenie, schizotype <strong>und</strong> wahnhafte Erkrankungen,<br />

affektive Erkrankungen, neurotische, Belastungs- <strong>und</strong> somatoforme Störungen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Erkrankungen <strong>und</strong> Faktoren. Ein weiterer<br />

Schwerpunkt liegt in der Rehabilitation chronischer Erkrankungen.<br />

Zur Gewährleistung der Qualitätssicherung wird eine umfangreiche Eingangs- <strong>und</strong> Abschlussdiagnostik<br />

für jeden in der Ambulanz behandelten Patienten durchgeführt.<br />

Die in dieser Arbeit verwendeten Daten entstammen dieser Diagnostik. Analysiert werden<br />

Patientendaten, die dem Fragbogen zur Erhebung von Psychotherapieverläufen<br />

(FEP; Lutz et al., in press), der Symptom-Checkliste (SCL-90-R; Franke, 2002) sowie<br />

den Angaben zu den <strong>Therapieziele</strong>n der Patienten entnommen sind. Die verwendeten<br />

Instrumente werden in Kapitel 9 näher dargestellt. Zur Erfassung der Ziele, die die Therapeuten<br />

im Rahmen der jeweiligen Therapie verfolgten, wurden vorliegende Berichte<br />

70


zum Erstantrag auf Langzeitpsychotherapie ausgewertet. Ablauf der Antragstellung <strong>und</strong><br />

Aufbau der Berichte werden zum besseren Verständnis in Kapitel 9 beschrieben.<br />

Um einen Überblick über die Herkunft der Daten zu vermitteln, soll der Ablauf der Datenerhebung<br />

in der Ambulanz kurz gegliedert dargestellt <strong>und</strong> in die verschiedenen Phasen<br />

des Behandlungsverlaufes eingebettet werden.<br />

1. Erstgespräch mit dem Patienten, Indikationsstellung, Therapieangebot<br />

‣ Zu diesem Zeitpunkt wird die Erstdiagnostik durchgeführt. Erhoben<br />

werden unter anderem die für diese Untersuchung relevanten Kennwerte<br />

der SCL-90-R, des FEP sowie die <strong>Therapieziele</strong> des Patienten.<br />

2. Durchführung <strong>und</strong> Abschluss der probatorischen Sitzungen<br />

‣ Im Anschluss an die probatorischen Sitzungen wird die Therapie beantragt<br />

<strong>und</strong> unter anderem der Bericht zum Erstantrag vom behandelnden<br />

Therapeuten verfasst, dem die <strong>Therapieziele</strong> des Therapeuten entnommen<br />

werden.<br />

3. Therapie<br />

4. Therapieabschluss<br />

‣ Nach Beendigung der Therapie wird die Abschlussdiagnostik durchgeführt.<br />

Relevanten Kennwerte für diese Arbeit sind wiederum die der<br />

SCL-90-R <strong>und</strong> des FEP.<br />

Für viele Therapien sind die Datensätze jedoch nicht vollständig. Nicht für alle Therapien,<br />

für die die Therapeutenziele vorliegen, sind die Patientendaten verfügbar. Ebenso<br />

fehlen für eine Reihe von Behandlungen, für die die Erstdiagnostik durchgeführt wurde<br />

<strong>und</strong> die Patientendaten vorliegen, die Berichte zum Erstantrag <strong>und</strong> damit die <strong>Therapieziele</strong><br />

der Therapeuten. Letzteres kann zum einen auf eine fehlende Indikation für eine<br />

Psychotherapie zurückgeführt werden, zum anderen aber auch daran liegen, dass die Patienten<br />

nach dem Erstgespräch kein weiteres Interesse an einer Therapie mehr hatten.<br />

Des Weiteren ist es möglich, dass nach durchgeführten probatorischen Sitzungen keine<br />

Therapie beantragt wurde. Um die Komplexität der Darstellung nicht unnötig zu erhöhen,<br />

wird dennoch auch bei Abbruch des Kontaktes des Patienten zur Ambulanz nach<br />

der Erstdiagnostik in den weiteren Darstellungen von der „Therapie“ des Patienten gesprochen.<br />

Zusätzlich sind die Daten der SCL-90-R <strong>und</strong> des FEP nicht für alle Patienten<br />

71


vorhanden. Dies ist damit zu begründen, dass die Therapie nicht beendet wurde oder aus<br />

anderen Gründen keine Abschlussdiagnostik durchgeführt werden konnte. Hinzu<br />

kommt, dass der FEP zu einem späteren Zeitpunkt in die Diagnostik aufgenommen wurde<br />

als die SCL-90-R, so dass es für diesen weniger Daten gibt.<br />

Die genannten Besonderheiten führen dazu, dass sich die Analysen dieser Arbeit auf unterschiedliche<br />

Teilstichproben beziehen, wie in Kapitel 10.2 näher dargestellt wird.<br />

.<br />

72


9 Beschreibung der verwendeten Methoden <strong>und</strong> Erhebungsinstrumente<br />

Im Folgenden werden die zur Erhebung der Daten dieser Arbeit verwendeten Instrumente<br />

<strong>und</strong> die Methoden ihrer Analyse dargestellt.<br />

Die Therapeutenziele wurden, wie in Kapitel 9.1 erläutert, den Berichten zum Erstantrag<br />

auf Langzeitpsychotherapie (Verhaltenstherapie bzw. tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierter<br />

Therapie) entnommen, die Patientenziele dem Zielfragebogens des Instrumentes<br />

„PATH“ (vgl. Kapitel 9.2). Zur Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es wurde der Kennwert<br />

Gesamtbelastung der SCL-90-R (vgl. Kapitel 9.3) sowie verschiedene Kennwerte des<br />

FEP (vgl. Kapitel 9.4) herangezogen.<br />

Die inhaltliche Kategorisierung der <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten <strong>und</strong> Patienten wurde<br />

von der Autorin anhand der Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T)<br />

vorgenommen, die im Kapitel 3.1.3 bereits ausführlich dargestellt wurde. Sie findet sich<br />

im Anhang. Die Ziele wurden hierzu auf der höchsten Abstraktionsebene der BIT-T in<br />

die Hauptkategorien eingeordnet.<br />

Um die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient zu operationalisieren,<br />

sollte für jeden Patienten <strong>und</strong> jeden Therapeuten, für den die <strong>Therapieziele</strong> vorlagen, eine<br />

Schwerpunktkategorie vergeben werden. Unter Schwerpunktkategorie wird die<br />

Hauptkategorie der BIT-T verstanden, in die die meisten Ziele des jeweiligen Therapeuten<br />

oder Patienten einzuordnen sind. Diese Schwerpunktkategorien sollten für die Therapeut-Patient-Dyaden<br />

der einzelnen Therapien bezüglich ihrer Übereinstimmung verglichen<br />

werden. Für einen zu großen Anteil der Patienten konnte jedoch keine eindeutige<br />

Kategorie festgelegt werden (vgl. Abbildung 8), da ihre Ziele sich zu gleichmäßig<br />

über die Hauptkategorien verteilten. Daher werden die Schwerpunktkategorien im weiteren<br />

Verlauf nicht mehr berücksichtig. Die Operationalisierung der Zielübereinstimmung<br />

erfolgte stattdessen über die direkte Vergabe unterschiedlicher Zielübereinstimmungskategorien<br />

für die einzelnen Patient-Therapeut-Dyaden.<br />

73


Folgende Übereinstimmungskategorien wurden vergeben:<br />

1. „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen nicht überein“<br />

2. „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“<br />

3. „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen vollständig überein“<br />

4. „Patientenziele sind Teilmenge der Therapeutenziele“<br />

5. „Therapeutenziele sind Teilmenge der Patientenziele“<br />

Für jede Therapie, für die sowohl die Therapeuten- als auch die Patientenziele vorlagen,<br />

wurden diese von der Autorin verglichen <strong>und</strong> der entsprechende Übereinstimmungskategorie<br />

zugeordnet. Hierbei kam es jedoch nicht auf die Übereinstimmung einzeln formulierter<br />

Ziele an. Vielmehr wurden Sinneinheiten gebildet <strong>und</strong> diese auf Äquivalenz<br />

überprüft.<br />

9.1 Bericht zum Erstantrag auf Langzeitpsychotherapie<br />

Die zu analysierenden <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten sind vorhandenen Berichten zum<br />

Erstantrag auf Verhaltenstherapie bzw. tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie an die<br />

gesetzliche Krankenkasse entnommen. Daher wird in den Kapiteln 9.1.1 <strong>und</strong> 9.1.2, nach<br />

einer kurzen Skizzierung des allgemeinen Ablaufs der Antragsstellung für eine Psychotherapie<br />

im Rahmen der gesetzlichen Krankenversorgung, die verlangte inhaltliche Gestaltung<br />

von Berichten zum Erstantrag auf Verhaltenstherapie sowie tiefenpsychologische<br />

Therapie bei Erwachsenen (Langzeitpsychotherapie) näher dargestellt. Informationen<br />

hierzu stellen die gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung (Kassenärztliche<br />

B<strong>und</strong>esvereinigung, 2007). Angaben zu den therapeutischen Zielsetzungen sind den<br />

Punkten 7. bzw. 8. der folgenden Kapitel zu entnehmen.<br />

Ist die Indikation für eine Psychotherapie festgestellt, unter Umständen erst nach der<br />

Durchführung probatorischer Sitzungen, veranlasst der Therapeut den Patienten, einen<br />

Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie bei dessen Krankenkasse<br />

zu stellen. Der Therapeut muss Angaben zum Antrag auf Kurzzeit- oder Langzeitpsychotherapie<br />

machen. Zusätzlich ist von einem Vertragsarzt ein Konsiliarbericht an-<br />

74


zufertigen. Als Gr<strong>und</strong>lage der späteren gutachterlichen Stellungnahme erstellt der Therapeut<br />

den Bericht zum Erstantrag, der je nach Art <strong>und</strong> Dauer der Therapie unterschiedliche<br />

Aspekte beinhalten muss. In einem anschließenden Gutachterverfahren wird dann<br />

geprüft, ob die Voraussetzungen zur Durchführung einer Psychotherapie zu Lasten der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen. Diese Voraussetzungen sind in den Psychotherapierichtlinien<br />

des B<strong>und</strong>esausschusses der Ärzte <strong>und</strong> Krankenkassen in der Fassung<br />

vom 11. Dezember 1998, zuletzt geändert am 20. Dezember 2007 (B<strong>und</strong>esPsychotherapeutenKammer,<br />

2008) <strong>und</strong> in den Psychotherapievereinbarungen in der Fassung<br />

vom 7. Dezember 1998, zuletzt geändert am 30. Oktober 2007 (Kassenärztliche B<strong>und</strong>esvereinigung,<br />

2008) festgelegt. Sind sie erfüllt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse<br />

die Kosten der Therapie für einen festgesetzten Behandlungsumfang. Informationen<br />

zum Antragsprozess finden sich im § 11 der Psychotherapievereinbarungen.<br />

9.1.1 Bericht zum Erstantrag auf Verhaltenstherapie<br />

Der Bericht zum Erstantrag auf Verhaltenstherapie sollte verschiedene inhaltliche Aspekte<br />

enthalten, die im Folgenden aufgeführt werden.<br />

1. Angaben zur spontan berichteten <strong>und</strong> erfragten Symptomatik: Die Schilderungen<br />

des Patienten sollten möglichst wörtlich zitiert werden. Gegebenenfalls sind<br />

auch Berichte von Angehörigen oder Bezugspersonen des Patienten zu berücksichtigen.<br />

2. Lebensgeschichtliche Entwicklung des Patienten <strong>und</strong> Krankheitsanamnese:<br />

Darzustellen ist die den Symptomen zugr<strong>und</strong>e liegende individuelle Entwicklung,<br />

sowie besondere Belastungen <strong>und</strong> Auffälligkeiten. Zusätzlich sollte eine Beschreibung<br />

der relevanten Aspekte der aktuellen sozialen Situation des Patienten gegeben<br />

werden.<br />

3. Psychischer Bef<strong>und</strong> zum Zeitpunkt der Antragstellung: Wichtig sind hier Testbef<strong>und</strong>e,<br />

das aktuellen Interaktionsverhaltens, die intellektuelle Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Differenziertheit der Persönlichkeit sowie der psychopathologische Bef<strong>und</strong>.<br />

75


4. Somatischer Bef<strong>und</strong> bzw. Konsiliarbericht: Beizufügen sind die Ergebnisse der<br />

körperlichen Untersuchung.<br />

5. Verhaltensanalyse: Die Krankheitsphänomene werden in den vier Verhaltenskategorien<br />

Motorik, Kognitionen, Emotionen <strong>und</strong> Physiologie beschrieben sowie eine<br />

Funktions- <strong>und</strong> Bedingungsanalyse der relevanten Verhaltensstörungen durchgeführt.<br />

Verhaltensaktiva, Selbsthilfemöglichkeiten <strong>und</strong> Bewältigungsfähigkeiten<br />

werden aufgeführt.<br />

6. Diagnose zum Zeitpunkt der Antragstellung: Es folgt die Darstellung der Diagnose<br />

<strong>und</strong> die differentialdiagnostische Abgrenzung.<br />

7. <strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> Prognose: Aufgeführt werden die konkreten <strong>Therapieziele</strong> sowie<br />

eine Einschätzung der Prognose.<br />

8. Behandlungsplan: Es werden die Interventionsverfahren dargestellt, durch die die<br />

unter 7. angegebenen <strong>Therapieziele</strong> erreicht werden sollen. Zusätzliche Punkte sind<br />

die geplante Behandlungsfrequenz, die Sitzungsdauer sowie die Bedingungen einer<br />

eventuell geplanten Gruppentherapie.<br />

9.1.2 Bericht zum Erstantrag auf tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie<br />

Die nachfolgend aufgelisteten inhaltlichen Punkte, die im Bericht zum Erstantrag auf<br />

tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie enthalten sein sollten, entsprechen teilweise denen<br />

für den Bericht zum Antrag auf Verhaltenstherapie. Dennoch gibt es schulenspezifische<br />

Unterschiede.<br />

1. Spontanangaben des Patienten: Die Schilderungen des Patienten sollten möglichst<br />

wörtlich zitiert werden. Gegenbenfalls sind auch Berichte von Angehörigen oder<br />

Bezugspersonen des Patienten zu berücksichtigen.<br />

76


2. Kurze Darstellung der lebensgeschichtlichen Entwicklung: Hier sind die Familienanamnese<br />

sowie die körperliche, psychische <strong>und</strong> soziale Entwicklung zu beschreiben.<br />

3. Krankheitsanamnese: Erwähnt werden sollen möglichst alle früheren <strong>und</strong> aktuell<br />

vorhanden Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung früherer psychotherapeutischer<br />

Behandlungen.<br />

4. Psychischer Bef<strong>und</strong> zum Zeitpunkt der Antragstellung: Wichtig sind hier das<br />

aktuelle Interaktionsverhalten, die intellektuelle Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Differenziertheit<br />

der Persönlichkeit sowie der psychopathologische Bef<strong>und</strong>. Die bevorzugten<br />

Abwehrmechanismen sind anzugeben.<br />

5. Somatischer Bef<strong>und</strong> bzw. Konsiliarbericht: Beizufügen sind die Ergebnisse der<br />

körperlichen Untersuchung.<br />

6. Psychodynamik der neurotischen Erkrankung: Dargestellt wird die neurotische<br />

Entwicklung <strong>und</strong> der intrapsychische neurotische Konflikt mit der darauf beruhenden<br />

Symptomatik.<br />

7. Neurosenpsychologische Diagnose zum Zeitpunkt der Antragstellung: Die Diagnose<br />

soll auf der symptomatischen <strong>und</strong> strukturellen Ebene dargestellt werden.<br />

8. Behandlungsplan <strong>und</strong> Zielsetzung der Therapie: Die Wahl der Behandlungsform<br />

<strong>und</strong> deren Anwendung wird an dieser Stelle begründet. Da hier auch ein Zusammenhang<br />

mit den <strong>Therapieziele</strong>n deutlich werden muss, die erreicht werden sollen,<br />

werden diese dargestellt.<br />

9. Prognose der Psychotherapie: Aufgeführt werden verschiedene Eigenschaften <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten des Patienten sowie dessen Entwicklungsmöglichkeiten, die Rückschlüsse<br />

auf eine Prognose zulassen.<br />

77


9.2 Zielfragebögen zur Erfassung der Patientenziele<br />

Die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten wurden anhand des Zielfragebogens des Instruments<br />

„Problems and Aims in Therapy“ (PATH) (Staats, Biskup & Leichsenring, 1996) erfasst.<br />

Dieses soll im Folgenden nur kurz vorgestellt werden, da die dem Instrument entnommenen<br />

Zielangaben in dieser Arbeit nicht im ursprünglich vorgesehenen Sinne<br />

verwendet werden.<br />

PATH wurde in Zusammenhang mit der Planung der Göttinger Studie zur Effektivität<br />

psychoanalytischer <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierter Psychotherapie konstruiert<br />

(Leichsenring et al., 2005). Es ist ein Instrument, das Veränderungen in länger andauernden<br />

psychoanalytischen Therapien erfassen soll, aber auch für Untersuchungen in<br />

anderen Bereichen eingesetzt werden kann. Zielsetzung von PATH ist es, Entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Therapieprozesse angemessen abzubilden, die länger, zieloffen <strong>und</strong> weniger<br />

an konkret operationalisierbaren Zielen angelehnt sind, da in analytischen Therapien<br />

normalerweise auch Ziele bearbeitet werden, die sich erst aus dem Behandlungsverlauf<br />

heraus ergeben.<br />

Das praktische Vorgehen ist auf mehrere Messzeitpunkte ausgelegt. Zum ersten Erhebungszeitpunkt<br />

wird den Patienten ein Fragebogen ausgehändigt, in dem sie aufgefordert<br />

werden, drei Problembereiche zu beschreiben, die sie zum Untersuchungszeitpunkt<br />

am meisten belasten. Das Ausmaß der Belastung wird ebenfalls eingeschätzt. Im Anschluss<br />

werden sie aufgefordert, anhand eines Zielfragebogens drei Ziele anzugeben, die<br />

sie durch die Therapie erreichen möchten. Die Probleme <strong>und</strong> Ziele formulieren die Patienten<br />

auf Leerzeilen in ganzen Sätzen oder in Stichworten. Die weiteren Erhebungszeitpunkte<br />

unterscheiden sich vom ersten dann darin, dass zusätzlich zur erneuten Problem-<br />

<strong>und</strong> Zielangabe die Angaben der vorherigen Messzeitpunkte zur wiederholten Bewertung<br />

vorgelegt werden, um den Verlauf zu beurteilen.<br />

PATH bietet verschiedene Auswertungsmöglichkeiten. Erste Angaben zur Reliabilität<br />

sind vorhanden (vgl. Frölich et al., 2003).<br />

78


9.3 Symptom-Checkliste von L. R. Derogatis – Deutsche Version<br />

(SCL-90-R)<br />

Die im Folgenden dargestellten Informationen sind dem Manual der 2002 erschienenen,<br />

vollständig neu normierten zweiten Auflage des Instruments entnommen (Franke,<br />

2002), welche zur Erhebung der Daten verwendet wurde.<br />

Die SCL-90-R ist ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung psychischer <strong>und</strong> körperlicher<br />

Symptome der vergangenen sieben Tage. Das Instrument eignet sich für die<br />

Therapieverlaufsbeschreibung <strong>und</strong> kann als Prä-Post-Messung durchgeführt werden. Es<br />

wurde ursprünglich für den ambulanten psychiatrischen Bereich entwickelt, findet aber<br />

heute ein weites Anwendungsfeld, so auch u. a. in der psychotherapeutischen Arbeit<br />

<strong>und</strong> stationär psychiatrischen Einrichtungen. Eine Anwendung ist bei Jugendlichen ab<br />

12 Jahren <strong>und</strong> Erwachsenen vorgesehen.<br />

Anhand 90 Fragen wird die symptomatische Belastung erfasst. Anhand einer fünfstufigen<br />

Lickert-Skala wird angegeben, wie groß in den letzten sieben Tagen die Belastung<br />

durch das jeweilige erfragte Symptom war. 83 Items sind 9 Skalen zugeordnet (Somatisierung,<br />

Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit,<br />

Aggressvivität/Feindseligkeit, Phobische Angst, Paranoides Denken <strong>und</strong> Psychotizismus)<br />

<strong>und</strong> ermöglichen einen getrennten Überblick über die Symptombelastung in diesen<br />

Bereichen. Es können drei globale Kennwerte berechnet werden, in die alle 90 I-<br />

tems eingehen. Der Global Severity Index, auf den in dieser Arbeit zur Operationalisierung<br />

des <strong>Therapieerfolg</strong>es zurückgegriffen wird, spiegelt die durchschnittliche psychische<br />

Belastung wider. Die durchschnittliche psychische Belastung in Bezug auf die I-<br />

tems, bei denen eine psychische Belastung vorlag, wird über den Positive Symptom<br />

Distress Index (PSDI) ermittelt. Die Skala Positive Symptom Total (PST) erfasst die<br />

Anzahl der Symptome, bei denen eine Belastung vorliegt.<br />

Normierungsstichproben sind für Erwachsene, Jugendliche ab 12 Jahren sowie Studenten<br />

vorhanden. Standardisierte T-Werte können für die einzelnen Skalen <strong>und</strong> die globalen<br />

Kennwerte berechnet werden, wobei alters- <strong>und</strong> geschlechtsspezifische, altersunspezifische<br />

sowie separate Normen für Studierende vorliegen. Auswertungs-, Durchfüh-<br />

79


ungs- <strong>und</strong> Interpretationsobjektivität sind gegeben. Über eine Vielzahl von Studien<br />

hinweg liegen die Parameter für die interne Konsistenz im guten Bereich. Für die Eichstichproben<br />

der Neunormierung ergaben sich interne Konsistenzen der einzelnen Skalen<br />

zwischen r = .74 <strong>und</strong> r = .89, was ebenfalls nach Einschätzung der Autoren als gut bewertet<br />

werden kann. Die Parameter für die globalen Kennwerte wiesen sehr gute Werte<br />

auf. Auch die Retest-Reliabilität des Verfahrens wird von der Autorin verschiedene<br />

Studien zusammenfassend als gut eingestuft. Sie variiert jedoch je nach Stichprobe <strong>und</strong><br />

Skala zwischen r = .21 <strong>und</strong> r = .92, für die globalen Kennwerte zwischen r = .79 <strong>und</strong> r<br />

= .90. Die Problematik der Betrachtung der Restest-Reliablität bei State-Messungen<br />

muss bei der Interpretation der Werte berücksichtigt werden. Das Manual beschreibt<br />

zahlreiche Studien zur Überprüfung der konvergenten <strong>und</strong> diskriminanten Validität. So<br />

finden sich beispielsweise hohe Korrelationen zwischen der Depressivitätsskala <strong>und</strong><br />

Depressionsinventaren sowie mittlere Korrelationen zwischen einem Maß zur Erfassung<br />

der externalen Kontrollüberzeugungen <strong>und</strong> den inhaltlich korrespondierenden Skalen.<br />

Erwartungsgemäß waren die Korrelationen mit einem Maß für soziale Unterstützung<br />

vorwiegend negativ ausgeprägt. Insgesamt wurden inhaltlich stimmige Zusammenhänge<br />

zu Persönlichkeitsaspekten sowie Störungs- <strong>und</strong> Befindensmaßen gef<strong>und</strong>en. Die faktorielle<br />

Validität ist hingegen umstritten, allgemein wurde eine hohe Interkorrelation der<br />

einzelnen Skalen mehrfach festgestellt. Auch eine erneute faktorenanalytische Überprüfung<br />

anhand der Eichstichprobe <strong>und</strong> einer Stichprobe von stationären Psychiatriepatienten<br />

belegt die postulierte Skalenstruktur nicht. Als gesichert angesehen wird in der Literatur<br />

jedoch die Gesamtskala, die die allgemeine Symptombelastung einer Person abbildet<br />

(vgl. Hessel et al., 2001).<br />

Das Verfahren hat in der klinischen Praxis eine hohe Akzeptanz.<br />

9.4 Fragebogen zur Evaluation von Psychotherapieverläufen (FEP)<br />

Der Fragebogen zur Evaluation von Psychotherapieverläufen (Lutz et al., in press) ist<br />

ein deutschsprachiges Instrument zur Verlaufs- <strong>und</strong> Ergebnismessung von Psychotherapien.<br />

80


Die Konstruktion des FEP beruht auf drei klinisch-therapeutischen Konzeptualisierungen<br />

therapeutischer Veränderungen. Zum einen ist das Phasenmodell therapeutischer<br />

Veränderungen (Howard et al., 1993) zu nennen, das drei zeitlich aufeinander folgende<br />

Phasen des Genesungsprozesses in Therapien postuliert: In der ersten Phase tritt durch<br />

Hoffnung <strong>und</strong> positive Erwartungen eine Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens<br />

des Patienten ein (Remoralisierungsphase), während sich in der zweiten Phase die Symptomatik<br />

<strong>und</strong> bestehende Lebensprobleme bessern (Remediationsphase). In der abschließenden<br />

dritten Phase wird das allgemeine Funktionsniveau wiederhergestellt oder<br />

verbessert (Rehabilitationsphase). Dysfunktionale Muster <strong>und</strong> Verhaltensweisen werden<br />

aufgegeben sowie neue Rollen erlernt <strong>und</strong> interpersonale Probleme gemildert. Um den<br />

Aspekt der interpersonalen Probleme als Ergebnisdimension von Psychotherapie stärker<br />

zu berücksichtigen, wird zum anderen auf das „Circumplex-Modell interpersonalen<br />

Verhaltens“ von Leary (1957) zurückgegriffen. Es ordnet interpersonale Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> Probleme in einem Kreismodell mit zwei orthogonal zueinander stehenden<br />

Achsen an (Dimension „Affiliation“ mit den Polen „Liebe/Zuneigung“ <strong>und</strong><br />

„Hass/Ablehnung“ sowie Dimension „Kontrolle“ mit den Polen „Dominanz/Autonomie“<br />

<strong>und</strong> „Submission/Abhängigkeit“). Das Inkongruenzmodell von Grawe<br />

(1998) bildet die dritte theoretische Gr<strong>und</strong>lage. Das Ausmaß, in dem motivationale<br />

Ziele des Patienten nicht befriedigt werden (Inkongruenz) wird als gr<strong>und</strong>legende Ursache<br />

für die Entwicklung <strong>und</strong> Aufrechterhaltung psychischer Störungen gesehen. Dementsprechend<br />

wird die Veränderung dieser Inkongruenz als weitere Ergebnisdimension<br />

von Psychotherapie betrachtet. Es wird angenommen, dass sich einzelne Aspekte früh,<br />

andere erst später im Verlauf verändern.<br />

Der FEP besteht aus 40 Aussagen, deren individuelles Zutreffen über eine 5-stufige<br />

Skala erfasst wird. Diese 40 Items lassen sich zu vier theoretischen Skalen zusammenfassen.<br />

Die Skala „Wohlbefinden“ erfasst die Veränderungen in der Remoralisierungsphase<br />

des Phasenmodells, während die Skala „Beschwerden“ die Veränderungen in der<br />

Remediationsphase abbildet. Es werden hier vor allem die Symptome von Angststörungen<br />

<strong>und</strong> affektiven Störungen erfasst, die als Störungsgruppen die höchste Prävalenz in<br />

Behandlungseinrichtungen aufweisen. Für Ängstlichkeit <strong>und</strong> Depressivität lassen sich<br />

getrennte Subskalen berechnen. Die Skala „interpersonale Beziehung“ bildet sowohl die<br />

Rehabilitationsphase als auch die interpersonalen Probleme entsprechend des Kreismodells<br />

ab. Das Inkongruenzkonzept wird über die Skala „Inkongruenz“ operationalisiert.<br />

81


Da zwischen Vermeidungs- <strong>und</strong> Annäherungszielen unterschieden wird, lassen sich neben<br />

dem Gesamtskalenwert die Subskalen Annäherung <strong>und</strong> Vermeidung errechnen. Ü-<br />

ber die vier Skalen hinweg lässt sich ein Gesamtwert psychischer Beeinträchtigungen<br />

bilden.<br />

Die Überprüfung der Verteilungskennwerte <strong>und</strong> Gütekriterien wurde an drei verschiedenen<br />

Stichproben vorgenommen, einer nicht-klinischen Bevölkerungsstichprobe, einer<br />

ambulanten <strong>und</strong> einer studentischen Stichprobe. Dank der kurzen Instruktion <strong>und</strong> einfachen<br />

Auswertungregeln ist der FEP ein Instrument mit hoher Durchführungsökonomie.<br />

Die Reliabilität berechnet über Cronbachs Alpha wird mit Werten zwischen .74 <strong>und</strong> .94<br />

als hoch eingestuft. Zusätzlich wurde die Retest-Reliabilität erhoben. Es ergaben sich<br />

für den Gesamtwert Werte von r = .69 (Allgemeinbevölkerung, Intervall bis acht Wochen)<br />

<strong>und</strong> r = .77 (studentische Stichprobe, Intervall von einer Woche). Die klinische<br />

Stichprobe weist auf allen Skalen <strong>und</strong> im Gesamtwert höhere Belastungswerte auf als<br />

die anderen Stichproben. Zusätzlich unterscheidet sich die studentische Stichprobe signifikant<br />

von der nicht-klinischen Stichprobe auf der Skala Wohlbefinden <strong>und</strong> im Gesamtwert.<br />

Weitere Berechnungen von Validitätskennwerten wurden anhand der nichtklinischen<br />

Bevölkerungsstichprobe durchgeführt. Einen Hinweis auf die diskriminante<br />

Validität des Verfahrens liefern die sehr niedrigen Korrelationen aller FEP-Skalen mit<br />

der Subskala körperliche Ges<strong>und</strong>heit des SF12 (Bullinger <strong>und</strong> Kirchberger, 1998). Es<br />

zeigen sich dagegen im Sinne der konvergenten Validität zufrieden stellende Korrelationen<br />

der FEP-Skalen mit der Subskala psychische Ges<strong>und</strong>heit des SF12 sowie den Subskalen<br />

des TEaM (Grissom et al., 2002) <strong>und</strong> des OQ-45 (Lambert et al., 2004), beides<br />

Instrumente zur Evaluation von Psychotherapie, <strong>und</strong> des Gesamtwertes des BDI (Hautzinger,<br />

Bailer, Worall & Keller, 1994). Die Korrelation des FEP-Gesamtwertes <strong>und</strong><br />

BDI-Gesamtwertes von r = .63 gibt einen Hinweis auf den zusätzlichen Informationsgewinn,<br />

den der FEP bietet. Die Veränderungssensitivität des Instruments konnte anhand<br />

Vorher-Zwischenerhebungs- <strong>und</strong> Vorher-Nachher-Effektstärken der ambulanten<br />

klinischen Stichprobe nachgewiesen werden. Das Muster der nachgewiesenen Veränderungen<br />

ist konsistent mit dem Phasenmodell therapeutischer Veränderung, die Subskalen<br />

bilden die Veränderungen sukzessiv ab. Anhand des Reliable Change Index ließen<br />

sich für die ambulante Stichprobe entsprechend reliable Veränderungen für den Gesamtwert<br />

<strong>und</strong> auf allen Skalen des FEP außer der Skala Beziehung nachweisen. Die vier<br />

theoretisch postulierten Faktoren wurden anhand der Gesamtstichprobe überprüft. Es<br />

82


lassen sich vier Faktoren extrahieren (Wohlbefinden, Interpersonale Beziehungen,<br />

Angst <strong>und</strong> Depression). Theoriekonform verteilen sich die Items der Skala Inkongruenz<br />

auf alle vier Faktoren. Diese Faktoren sind jedoch erwartungsgemäß nicht unabhängig<br />

voneinander, so dass dem Gesamtwert die verlässlichste Aussage über den Therapieverlauf<br />

entnommen werden kann.<br />

Der FEP weist nach ersten Studien eine gute Ökonomie, Reliabilität <strong>und</strong> Validität auf.<br />

Die Veränderungssensitivität ist nachgewiesen. Der Fragebogen kann sowohl für die<br />

Verlaufs- als auch die Ergebnismessung von Psychotherapien eingesetzt werden.<br />

83


10 Stichprobenbeschreibung<br />

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Analysen durchgeführt, die sich auf unterschiedliche<br />

Datensätze beziehen. Der Gesamtdatensatz bezieht sich auf Therapien, die<br />

von angehenden Psychotherapeuten des Weiterbildungsstudiengangs Psychotherapie<br />

der Universität Osnabrück in der zugehörigen Ambulanz durchgeführt wurden. Die<br />

<strong>Therapieziele</strong> der behandelten Patienten <strong>und</strong> ihrer Therapeuten wurden, soweit vorhanden,<br />

von der Autorin anhand der Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong><br />

(BIT-T; vgl. Kapitel 3.1.3 <strong>und</strong> Anhang) kategorisiert <strong>und</strong> analysiert.<br />

Kapitel 10.1 beschreibt die Kennwerte der Patienten <strong>und</strong> der Therapien, für die Therapeutenziele<br />

vorliegen, sowie die Analysen der <strong>Therapieziele</strong> dieses Datensatzes. In die<br />

Untersuchungen der unterschiedlichen Hypothesen gehen drei verschiedene Teilstichproben<br />

des Datensatzes ein, für die die relevanten Angaben vorhanden sind. Kapitel<br />

10.2 beschreibt erst im Gesamten die Charakteristika aller einfließenden Therapien, für<br />

die Therapeutenziele vorliegen, <strong>und</strong> aller Patienten, deren Daten ebenfalls in die Untersuchung<br />

der Hypothesen einfließen. Im Anschluss werden die relevanten Kennwerte der<br />

drei Teilstichproben dargestellt.<br />

10.1 Datensatz<br />

Der ausgewertete Datensatz beinhaltet Daten aus insgesamt 545 Therapien. Für 293<br />

Therapien sind sowohl Patienten- als auch Therapeutenziele vorhanden (Patient-<br />

Therapeut-Dyaden). Hinzu kommen 185 Therapien, für die lediglich die Patientenziele<br />

vorliegen, sowie 67 weiteren Therapien, für die nur die Therapeutenziele vorhanden<br />

sind. Für insgesamt 478 Therapien sind entsprechend die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten<br />

vorhanden, so dass die Daten von 478 unterschiedlichen Patienten zur Verfügung standen.<br />

Die <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten liegen für insgesamt 360 Therapien vor, wobei<br />

jedoch mehrere dieser Therapien von jeweils einem Therapeuten durchgeführt wurden.<br />

Die Ausrichtung der behandelnden Therapeuten ist entweder verhaltenstherapeutisch<br />

oder tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>iert.<br />

84


Die Angaben zu Geschlecht <strong>und</strong> Alter fehlen bei 59 Patienten. Die Patienten mit vorhandenen<br />

Kennwerten sind zu 63,2 % weiblich <strong>und</strong> zu 36,8 % männlich. Die folgenden<br />

Altersangaben beziehen sich ebenfalls auf die Patienten, für die der Kennwert vorliegt.<br />

Der Altersdurchschnitt beträgt 40,5 Jahre mit einer Standardabweichung von 11,9 Jahren,<br />

einem Minimum von 18 Jahren <strong>und</strong> einem Maximum von 78 Jahren. Abbildung 1<br />

zeigt die Altersverteilung der Patienten in 10-Jahres-Intervallen.<br />

Prozent<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

22<br />

27<br />

28,6<br />

14,8<br />

10<br />

5<br />

0<br />

5<br />

1,9<br />

0,7<br />

70<br />

Alter<br />

Abbildung 1: Patientenalter in 10-Jahres-Intervallen in prozentualen Häufigkeiten<br />

Die Erstdiagnosen der Patienten verteilen sich breit über das Diagnosespektrum des<br />

ICD-10, wobei wiederum für 59 Patienten keine Angaben vorliegen. Ein Patient fällt<br />

unter die Gruppe „Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen“<br />

(F 0) mit der Diagnose sonstige psychische Störungen aufgr<strong>und</strong> einer Schädigung oder<br />

Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit (F06). 7 Patienten fallen<br />

in die Gruppe „Psychische <strong>und</strong> Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“<br />

(F1), darunter finden sich die Diagnosen Störungen durch Alkohol (F10, n=4), Störungen<br />

durch Cannabinoide (F12, n=1) sowie Störungen durch multiplen Substanzgebrauch<br />

<strong>und</strong> Konsum sonstiger psychotroper Substanzen (F19, n=2). 9 Personen fallen in die<br />

Gruppe „Schizophrenie, schizotype <strong>und</strong> wahnhafte Störungen“ (F2), darunter finden<br />

sich die Diagnosen Schizophrenie (F20, n=6), anhaltende wahnhafte Störungen (F22,<br />

85


n=1) <strong>und</strong> schizoaffektive Störungen (F25, n=2). 157 Personen fallen in die Gruppe „Affektive<br />

Störungen“ (F3), darunter finden sich die Diagnosen bipolare affektive Störung<br />

(F31, n=3), depressive Episode (F32, N=73), rezidivierende depressive Störungen (F33,<br />

n=65) <strong>und</strong> anhaltende affektive Störungen (F34, n=16). 171 Patienten fallen in die<br />

Gruppe „Neurotische, Belastungs- <strong>und</strong> somatoforme Störungen“ (F4), darunter finden<br />

sich die Diagnosen phobische Störung (F40, n=27), sonstige Angststörungen (F41,<br />

n=45), Zwangsstörung (F42, n=6), Reaktionen auf schwere Belastungen <strong>und</strong> Anpassungsstörungen<br />

(F43, n=67) sowie somatoforme Störungen (F45, n=25) <strong>und</strong> sonstige<br />

neurotische Störungen (F48, n=1). 23 Patienten fallen in die Gruppe „Verhaltensauffälligkeiten<br />

in Verbindung mit körperlichen Störungen <strong>und</strong> Faktoren“ (F5), darunter finden<br />

sich die Diagnosen Essstörungen (F50, n=18), nichtorganische Schlafstörungen (F51,<br />

n=1), nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen (F52, n=3) <strong>und</strong> psychische Faktoren<br />

<strong>und</strong> Verhaltenseinflüsse bei andernorts klassifizierten Krankheiten (F54, n=1). 49 Personen<br />

fallen in die Gruppe „Persönlichkeits- <strong>und</strong> Verhaltensstörungen“ (F6), darunter<br />

finden sich Persönlichkeitsstörungen (F60, n=38), kombinierte <strong>und</strong> sonstige Persönlichkeitsstörungen<br />

(F61, n=1), andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer<br />

Schädigung oder Krankheit des Gehirns (F62, n=2), abnorme Gewohnheiten <strong>und</strong> Störungen<br />

der Impulskontrolle (F63, n=5), psychische <strong>und</strong> Verhaltensprobleme in Verbindung<br />

mit der sexuellen Entwicklung <strong>und</strong> Orientierung (F66, n=2) <strong>und</strong> sonstige Persönlichkeits-<br />

<strong>und</strong> Verhaltensstörungen (F68, n=1). Eine Person fällt in die Diagnosegruppe<br />

„Entwicklungsstörungen“ (F8) mit einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung (F84), eine<br />

Person fällt in die Gruppe „Verhaltens- <strong>und</strong> emotionale Störungen mit Beginn in der<br />

Kindheit <strong>und</strong> Jugend“ (F9) mit der Diagnose Ticstörung (F95). Die Verteilung der Erstdiagnosen<br />

über die F-Gruppen findet sich in Abbildung 2.<br />

86


Prozent<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

37,5 40,8<br />

11,7<br />

1,7 2,1 5,5<br />

0,2<br />

0 0,2 0,2<br />

F0X F1X F2X F3X F4X F5X F6X F7X F8X F9X<br />

F-Gruppen<br />

Abbildung 2: prozentuale Häufigkeitsverteilung der Erstdiagnosen über die F-Gruppen des ICD-10<br />

Die Patienten wurden entweder verhaltenstherapeutisch (59 %) oder tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>iert (41 %) behandelt.<br />

Die Darstellung der Patientenkennwerte getrennt nach Schulenausrichtung der Therapie,<br />

mit der sie behandelt wurden, findet sich in Tabelle 3.<br />

87


Tabelle 3: Patientenkennwerte getrennt nach Therapierichtung<br />

Geschlecht<br />

Alter in Jahren<br />

Erstdiagnose<br />

(F-Gruppe des ICD-<br />

10)<br />

Therapierichtung<br />

VT<br />

n=282 *<br />

TP<br />

n=196 *<br />

männlich 36,2 % 37,5 %<br />

weiblich 63,8 % 62,5 %<br />

M 41,7 38,8<br />

SD 12,3 11,1<br />

Minimum 19 18<br />

Maximum 78 65<br />

F0X 0,4 % -<br />

F1X 1,2 % 2,3 %<br />

F2X 2,5 % 1,7 %<br />

F3X 36,2 % 39,2 %<br />

F4X 42,4 % 38,6 %<br />

F5X 5,3 % 5,7 %<br />

F6X 11,1 % 12,5 %<br />

F7X - -<br />

F8X 0,4 % -<br />

F9X 0,4 % -<br />

Anmerkungen: VT: Verhaltenstherapie, TP: tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie, M: Mittelwert, SD:<br />

Standardabweichung, n: Teilstichprobe, - : keine Diagnose vorhanden<br />

* Für 35 der 282 verhaltenstherapeutisch behandelten Patienten <strong>und</strong> für 20 der 196 tiefenpsychologisch<br />

orientiert behandelten Patienten fehlen die relevanten Kennwerte. Die Angaben zu Geschlecht, Alter <strong>und</strong><br />

Erstdiagnose beziehen sich auf die Patienten, für die die Kennwerte vorliegen.<br />

78,6 % der 360 Therapien, für die die Therapeutenziele vorhanden sind, wurden von<br />

weiblichen Therapeuten durchgeführt, 21,4 % von männlichen. Die Ausrichtung von<br />

57,5 % dieser Therapien ist verhaltenstherapeutisch, 42,5 % wurden tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>iert gestaltet.<br />

Anhand der BIT-T wurden die aus den Berichten zu den Erstanträgen auf Psychotherapie<br />

entnommenen <strong>Therapieziele</strong> aller Therapeuten <strong>und</strong> die <strong>Therapieziele</strong> aller Patienten,<br />

die diese in der in Kapitel 8 beschriebenen Eingangsdiagnostik angaben, für den Daten-<br />

88


satz kategorisiert <strong>und</strong> analysiert. Die Kategorisierung erfolgte nur auf Ebene der Hauptkategorien,<br />

die die höchste Abstraktion aufweist.<br />

Die Therapeuten geben mit insgesamt 3431 Zielen über alle 360 Behandlungen <strong>und</strong> einem<br />

Durchschnittswert von 9,5 Zielen (SD = 4,1) pro Behandlung mehr Ziele an als die<br />

478 Patienten, für die sich ein Mittelwert von 3,6 Zielen (SD = 1,5) bei insgesamt 1714<br />

Zielen ergab. Dieser Unterschied wird mitbedingt durch die Art der <strong>Therapieziele</strong>rhebung.<br />

Während die Therapeutenberichte keinen Vorgaben bezüglich einer maximalen<br />

Therapiezielanzahl unterliegen, wurden die Patienten instruiert, drei Ziele für die Behandlung<br />

zu nennen. Abbildung 3 <strong>und</strong> Abbildung 4 zeigen die prozentualen Häufigkeitsverteilungen<br />

der Zielanzahl für Therapeuten <strong>und</strong> Patienten.<br />

Prozent<br />

14<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29<br />

Abbildung 3: Anzahl der Therapeutenziele in prozentualen Häufigkeiten<br />

Mit jeweils 13,3 % findet sich die Angabe von 7 oder 8 Zielen bei den Therapeuten am<br />

häufigsten. Vereinzelnd werden über 20 Ziele genannt, die Mindestanzahl der angegebenen<br />

Ziele liegt bei 2.<br />

89


Prozent<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

46,2<br />

19<br />

9<br />

10,9<br />

5,2<br />

5,2 2,3<br />

1 0,4 0,4 0,2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Abbildung 4: Anzahl der Patientenziele in prozentualen Häufigkeiten<br />

Es fällt ins Auge, dass sich nur knapp die Hälfte der Patienten an die geforderte Angabe<br />

von 3 Zielen hält. Interessant ist somit, dass die untersuchten Patienten zum Teil weniger<br />

oder weit mehr Ziele nennen.<br />

Die Ziele verteilen sich wie folgt über die verschiedenen Hauptkategorien der BIT-T:<br />

Die Ziele der Patienten fallen zu 34,7 % in die Hauptkategorie Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung<br />

(p), zu 19,4 % in die Hauptkategorie Interpersonale Ziele (i), zu 16,6 % in<br />

die Hauptkategorie Wohlsein/better functioning (w), zu 4,7 % in die Hauptkategorie O-<br />

rientierung (o), zu 16,9 % in die Hauptkategorie Selbstentwicklung (s) <strong>und</strong> zu 7,6 % in<br />

die Restkategorie (r). Die Therapeutenziele lassen sich zu 35 % in die Hauptkategorie p<br />

einordnen, zu 10,7 % in die Hauptkategorie i, zu 5,9 % in die Hauptkategorie w, zu 1 %<br />

in die Hauptkategorie o <strong>und</strong> zu 39,2 % in die Hauptkategorie s. 8,3 % der Therapeutenziele<br />

fallen in die Restkategorie. Die Gegenüberstellung der Zielverteilung findet sich in<br />

Abbildung 5.<br />

90


40<br />

35<br />

34,7<br />

35<br />

39,2<br />

30<br />

Prozentt<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

19,4<br />

16,6<br />

16,9<br />

10,7<br />

7,6 8,3<br />

5,9<br />

4,7<br />

1<br />

p i w o s r<br />

Patienten<br />

Therapeuten<br />

Abbildung 5: Zielverteilung über die Hauptkategorien der BIT-T in Prozent für Therapeuten <strong>und</strong><br />

Patienten; p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning,<br />

o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

Zusätzlich wurde für jeden Patienten <strong>und</strong> alle vorhandenen Therapeutendaten die<br />

Schwerpunktkategorie des Patienten oder des Therapeuten bestimmt, d. h. die Hauptkategorie,<br />

in die sich die meisten Ziele des jeweiligen Patienten oder Therapeuten einordnen<br />

ließen. Es zeigte sich, dass sich ger<strong>und</strong>et für 30 % der Patienten <strong>und</strong> 9 % Therapeutendaten<br />

keine derartige Kategorie bestimmen lässt. Mindestens zwei Hauptkategorien<br />

weisen in diesen Fällen die gleiche Zielbesetzung auf. Abbildung 6 zeigt die prozentuale<br />

Verteilung der Schwerpunktkategorien sowie den Anteil der Fälle, für den keine Zuweisung<br />

möglich war.<br />

91


50<br />

45<br />

42,8<br />

46,4<br />

40<br />

35<br />

31,8<br />

33,3<br />

Prozent<br />

30<br />

25<br />

20<br />

Patienten<br />

Therapeuten<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

11,3<br />

1,1<br />

8,4<br />

0<br />

1<br />

0<br />

9,6<br />

4,6<br />

0,8<br />

8,9<br />

p i w o s r keine<br />

Abbildung 6: Verteilung der Schwerpunktkategorien in Prozent; p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung,<br />

i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning, o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r:<br />

Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme, keine: keine eindeutige Kategorie zuteilbar<br />

Die Tabelle 4 bildet die Korrelationen zwischen den Anzahlen der Patientenziele in den<br />

einzelnen Hauptkategorien der BIT-T ab, Tabelle 5 die Korrelationen zwischen den Anzahlen<br />

der Therapeutenziele in den Hauptkategorien. Abschließend werden in Tabelle 6<br />

<strong>und</strong> Tabelle 7 die Korrelationen zwischen den Anzahlen der Therapeutenziele in den<br />

Hauptkategorien getrennt für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte<br />

Therapien beschrieben. Dargestellt sind nur die signifikanten Korrelationen.<br />

Tabelle 4: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Patientenziele in den Hauptkategorien<br />

der BIT-T<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie i<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie i - .24 (**)<br />

Hauptkategorie w - .09 (*)<br />

Hauptkategorie o - .09 (*)<br />

Hauptkategorie s - .17 (**) .1 (*)<br />

Hauptkategorie r - .11 (*)<br />

* p < .05 (2-seitig signifikant)<br />

** p < .01 (2-seitig signifikant)<br />

Anmerkungen: p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning,<br />

o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

92


Tabelle 5: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele in den Hauptkategorien<br />

der BIT-T<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie i .24 (**)<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie w .43 (**) .34 (**)<br />

Hauptkategorie o<br />

Hauptkategorie s -.37 (**)<br />

Hauptkategorie r<br />

Hauptkategorie i<br />

** p < .01 (2-seitig signifikant)<br />

Anmerkungen: p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning,<br />

o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

Tabelle 6: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele (Verhaltenstherapien)<br />

in den Hauptkategorien der BIT-T<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie i<br />

Hauptkategorie p Hauptkategorie i Hauptkategorie w<br />

Hauptkategorie w .18 (*) .33 (**)<br />

Hauptkategorie o<br />

Hauptkategorie s .32 (**) .24 (**)<br />

Hauptkategorie r<br />

* p < .05 (2-seitig signifikant)<br />

** p < .01 (2-seitig signifikant)<br />

Anmerkungen: p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning,<br />

o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

93


Tabelle 7: Korrelationen nach Pearson für die Anzahl der Therapeutenziele (tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien) in den Hauptkategorien der BIT-T<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie i<br />

Hauptkategorie w .22 (**)<br />

Hauptkategorie o<br />

Hauptkategorie p<br />

Hauptkategorie s -.22 (**)<br />

Hauptkategorie r .25 (**)<br />

Hauptkategorie o<br />

** p < .01 (2-seitig signifikant)<br />

Anmerkungen: p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning,<br />

o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

10.2 Stichprobe<br />

In die Analysen zu den Hypothesen wurden insgesamt die Daten der 293 Therapeut-<br />

Patient-Dyaden, für die sowohl die Patienten- als auch die Therapeutenziele vorhanden<br />

sind, sowie die Daten von 92 zusätzlichen Patienten einbezogen. Insgesamt umfasst die<br />

verwendete Gesamtstichprobe also die Angaben von 385 Patienten <strong>und</strong> die Therapeutenangaben<br />

aus 293 Behandlungen.<br />

65,2 % der Patienten waren weiblich <strong>und</strong> 34,8 % männlich. Der Altersdurchschnitt lag<br />

bei 40,48 Jahren mit einer Standardabweichung von 12 Jahren, einem Minimum von 18<br />

Jahren <strong>und</strong> einem Maximum von 78 Jahren. Die Altersverteilung der Patienten in 10-<br />

Jahres-Intervallen gibt Abbildung 7 wieder.<br />

94


35<br />

30<br />

25<br />

22,1<br />

26,5<br />

29,1<br />

Prozent<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

14,3<br />

2,1<br />

5,2<br />

0,8<br />

70<br />

Alter<br />

Abbildung 7: Patientenalter in 10-Jahres-Intervallen in prozentualen Häufigkeiten<br />

Die Erstdiagnosen der Patienten werden im Folgenden dargestellt. Ein Patient fällt unter<br />

die Gruppe „Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen“ (F 0)<br />

mit der Diagnose sonstige psychische Störungen aufgr<strong>und</strong> einer Schädigung oder Funktionsstörung<br />

des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit (F06). 4 Patienten fallen in<br />

die Gruppe „Psychische <strong>und</strong> Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1),<br />

darunter finden sich die Diagnosen Störungen durch Alkohol (F10, n=1), Störungen<br />

durch Cannabinoide (F12, n=1) sowie Störungen durch multiplen Substanzgebrauch<br />

<strong>und</strong> Konsum sonstiger psychotroper Substanzen (F19, n=2). 6 Personen fallen in die<br />

Gruppe „Schizophrenie, schizotype <strong>und</strong> wahnhafte Störungen“ (F2), darunter finden<br />

sich die Diagnosen Schizophrenie (F20, n=4), anhaltende wahnhafte Störungen (F22,<br />

n=1) <strong>und</strong> schizoaffektive Störungen (F25, n=1). 156 Personen fallen in die Gruppe „Affektive<br />

Störungen“ (F3), darunter finden sich die Diagnosen bipolare affektive Störung<br />

(F31, n=2), depressive Episode (F32, n=73), rezidivierende depressive Störungen (F33,<br />

n=65) <strong>und</strong> anhaltende affektive Störungen (F34, n=16). 160 Patienten fallen in die<br />

Gruppe „Neurotische, Belastungs- <strong>und</strong> somatoforme Störungen“ (F4), darunter finden<br />

sich die Diagnosen phobische Störung (F40, n=27), sonstige Angststörungen (F41,<br />

n=45), Zwangsstörung (F42, n=6), Reaktionen auf schwere Belastungen <strong>und</strong> Anpassungsstörungen<br />

(F43, n=67) sowie somatoforme Störungen (F45, n=15). 23 Patienten<br />

fallen in die Gruppe „Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störun-<br />

95


gen <strong>und</strong> Faktoren“ (F5), darunter finden sich die Diagnosen Essstörungen (F50, n=18),<br />

nichtorganische Schlafstörungen (F51, n=1), nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen<br />

(F52, n=3) <strong>und</strong> psychische Faktoren <strong>und</strong> Verhaltenseinflüsse bei andernorts klassifizierten<br />

Krankheiten (F54, n=1). 34 Personen fallen in die Gruppe „Persönlichkeits<strong>und</strong><br />

Verhaltensstörungen“ (F6), darunter finden sich Persönlichkeitsstörungen (F60,<br />

n=25), kombinierte <strong>und</strong> sonstige Persönlichkeitsstörungen (F61, n=1), andauernde Persönlichkeitsänderungen,<br />

nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns (F62,<br />

n=2), abnorme Gewohnheiten <strong>und</strong> Störungen der Impulskontrolle (F63, n=3), psychische<br />

<strong>und</strong> Verhaltensprobleme in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung <strong>und</strong> Orientierung<br />

(F66, n=2) <strong>und</strong> sonstige Persönlichkeits- <strong>und</strong> Verhaltensstörungen (F68, n=1).<br />

Eine Person fällt in die Gruppe „Verhaltens- <strong>und</strong> emotionale Störungen mit Beginn in<br />

der Kindheit <strong>und</strong> Jugend“ (F9) mit der Diagnose Ticstörung (F95). Die Verteilung der<br />

Erstdiagnosen über die F-Gruppen des ICD-10 zeigt Abbildung 8.<br />

Prozent<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

41,6<br />

40,5<br />

8,8<br />

1,6<br />

6<br />

0,3 1<br />

0 0 0,3<br />

F0X F1X F2X F3X F4X F5X F6X F7X F8X F9X<br />

Abbildung 8: prozentuale Häufigkeiten der Erstdiagnosen in den F-Gruppen des ICD-10<br />

Die Patienten wurden entweder verhaltenstherapeutisch (58,7 %) oder tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>iert (41,3 %) behandelt.<br />

Die Darstellung der Patientenkennwerte getrennt nach Ausrichtung der Therapie, mit<br />

der sie behandelt wurden, findet sich in Tabelle 8.<br />

96


Tabelle 8: Patientenkennwerte getrennt nach Therapierichtung<br />

Geschlecht<br />

Alter in Jahren<br />

Erstdiagnose<br />

(F-Gruppe des<br />

ICD-10)<br />

Therapierichtung<br />

VT<br />

n=226<br />

TP<br />

n=159<br />

männlich 34,1 % 35,8 %<br />

weiblich 65,9 % 64,2 %<br />

M 41,68 38,79<br />

SD 12,32 11,25<br />

Minimum 19 18<br />

Maximum 78 65<br />

F0X 0,4 % -<br />

F1X 0,9 % 1,3 %<br />

F2X 1,8 % 1,3 %<br />

F3X 38,9 % 42,8 %<br />

F4X 42,9 % 39,6 %<br />

F5X 5,8 % 6,3 %<br />

F6X 8,8 % 8,8 %<br />

F7X - -<br />

F8X - -<br />

F9X 0,4 % -<br />

Anmerkungen: M: Mittelwert, SD: Standardabweichung, n: Teilstichprobe, - : keine Diagnose vorhanden,<br />

VT: Verhaltenstherapie, TP: tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapie<br />

80,2% der in die Analysen einbezogenen 293 Therapien, für die auch die Therapeutenziele<br />

vorliegen, wurden von weiblichen Therapeuten durchgeführt, 19,8 % von männlichen.<br />

Die Ausrichtung von 59,7 % der Therapien war verhaltenstherapeutisch, 40,3 %<br />

wurden tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>iert gestaltet.<br />

Die Berechnungen zu den einzelnen Hypothesen wurden je nach Fragestellung mit unterschiedlichen<br />

Teilstichproben durchgeführt.<br />

97


So wurden für die Berechnungen zur Hypothese 1 die 293 vorhandenen Therapeut-<br />

Patient-Dyaden herangezogen. Die relevanten Kennwerte finden sich getrennt für die<br />

Therapierichtungen in Tabelle 9.<br />

Tabelle 9: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 1 eingehenden Therapeut-Patient-Dyaden<br />

getrennt nach Therapierichtung<br />

Therapierichtung<br />

VT<br />

n=175<br />

TP<br />

n=118<br />

Geschlecht Therapeut*<br />

männlich 17,7 % 22,9 %<br />

weiblich 82,3 % 77,1<br />

%<br />

Geschlecht Patient<br />

Patientenalter in<br />

Jahren<br />

Erstdiagnose<br />

(F-Gruppe)<br />

männlich 34,3 % 35,6 %<br />

weiblich 65,7 % 64,4 %<br />

M 41,69 39,82<br />

SD 12,35 11,505<br />

Minimum 19 18<br />

Maximum 78 65<br />

F0X 0,6 % -<br />

F1X 1,1 % 1,7 %<br />

F2X 2,3 % 1,7 %<br />

F3X 41,1 % 40,7 %<br />

F4X 36,6 % 36,4 %<br />

F5X 6,3 % 7,6 %<br />

F6X 11,4 % 11,9 %<br />

F7X - -<br />

F8X - -<br />

F9X 0,6 % -<br />

Anmerkungen: VT: Verhaltenstherapie, TP: tiefenpsychologisch orientierte Therapie, M: Mittelwert, SD:<br />

Standardabweichung, n: Teilstichprobe, - : keine Diagnose vorhanden<br />

* prozentuale Häufigkeit der Therapien, die von männlichen/weiblichen Therapeuten durchgeführt wurden<br />

Die Analysen zu Hypothese 2 beziehen sich auf 144 Patienten der Therapeut-Patient-<br />

Dyaden, für die die jeweiligen <strong>Therapieerfolg</strong>esmaße vorlagen (GSI-Wert der SCL-90-<br />

98


R bzw. Kennwerte des FEP). Nicht für alle Patienten sind dabei alle <strong>Therapieerfolg</strong>esmaße<br />

vorhanden. Die relevanten Kennwerte finden sich in Tabelle 10.<br />

Tabelle 10: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 2 eingehenden Patienten<br />

Therapierichtung<br />

n=144<br />

VT 66 %<br />

TP 34 %<br />

Geschlecht Therapeut*<br />

männlich 16,7 %<br />

weiblich 83,3<br />

%<br />

Geschlecht Patient<br />

Patientenalter in<br />

Jahren<br />

Erstdiagnose<br />

(F-Gruppe des ICD-<br />

10)<br />

männlich 31,9 %<br />

weiblich 68,1 %<br />

M 42,67<br />

SD 12,54<br />

Minimum 19<br />

Maximum 78<br />

F0X -<br />

F1X 1,4 %<br />

F2X 2,1 %<br />

F3X 38,2 %<br />

F4X 39,6 %<br />

F5X 9 %<br />

F6X 9%<br />

F7X -<br />

F8X -<br />

F9X 0,7 %<br />

Anmerkungen: VT: Verhaltenstherapie, TP: tiefenpsychologisch orientierte Therapie, M: Mittelwert, SD:<br />

Standardabweichung, n: Teilstichprobe, - : keine Diagnose vorhanden<br />

* prozentuale Häufigkeit der Therapien, die von männlichen/weiblichen Therapeuten durchgeführt wurden<br />

Die Berechnungen zu Hypothese 3 schließen hingegen alle Patienten ein, die anhand ihrer<br />

Erstdiagnose den Diagnosegruppen „depressive Störungen“ (F32, n=73; F33, n=65;<br />

F34.1, n=16), „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörung“ (F40, n=27; F41, n=45; F42, n=6; F43,<br />

99


n=67) oder „Essstörung“ (F50, n=18) angehören. Relevante Kennwerte für diese Teilstichproben<br />

finden sich nach Diagnosegruppen getrennt in Tabelle 11.<br />

Tabelle 11: Kennwerte der in die Analysen zur Hypothese 3 eingehenden Diagnosegruppen<br />

Therapierichtung<br />

Diagnosegruppe<br />

Depressive<br />

Störungen<br />

n=154<br />

Angst- <strong>und</strong><br />

Belastungsstörungen<br />

n=145<br />

Essstörungen<br />

n=18<br />

VT 55,8 % 60 % 61,1 %<br />

TP 44,2 % 40 % 38,9 %<br />

Geschlecht Therapeut*<br />

männlich 22,1 % 17,2 % 22,2 %<br />

weiblich 77,9 % 82,8 % 77,8<br />

%<br />

Geschlecht Patient<br />

Patientenalter in<br />

Jahren<br />

männlich 33,1 % 35,9 % 0 %<br />

weiblich 66,9 % 64,1 % 100 %<br />

M 43,22 39,77 30,61<br />

SD 12,39 11,85 8,33<br />

Minimum 20 18 19<br />

Maximum 78 70 48<br />

Anmerkungen: VT: Verhaltenstherapie, TP: tiefenpsychologisch orientierte Therapie, M: Mittelwert, SD:<br />

Standardabweichung, n: Teilstichprobe<br />

* prozentuale Häufigkeit der Therapien, die von männlichen/weiblichen Therapeuten durchgeführt wurden<br />

100


11 Ergebnisse<br />

11.1 Ergebnisse Hypothese 1<br />

(Die <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten <strong>und</strong> die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten<br />

stimmen teilweise überein)<br />

Zur Überprüfung der Hypothese 1 werden die Übereinstimmungskategorien betrachtet,<br />

die für jede Therapeut-Patient-Dyade vergeben wurden. Von den 293 Therapeut-Patient<br />

Dyaden wurde 43 Dyaden die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen nicht überein“, 184 die Kategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen teilweise überein“, 65 die Kategorie „Patientenziele sind Teilmenge der Therapeutenziele“<br />

<strong>und</strong> einer Dyade die Kategorie „Therapeutenziele sind Teilmenge der Patientenziele“<br />

zugeordnet. Die Kategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen vollständig<br />

überein“ fand in den Daten keine Entsprechung. Abbildung 9 gibt die prozentuale<br />

Häufigkeitsverteilung der Übereinstimmungskategorien wieder.<br />

70<br />

62,8<br />

60<br />

50<br />

Prozent<br />

40<br />

30<br />

20<br />

14,7<br />

22,2<br />

10<br />

0<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

nicht überein<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

teilweise<br />

überein<br />

0 0,3<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

vollständig<br />

überein<br />

PZ sind<br />

Teilmenge<br />

der TZ<br />

TZ sind<br />

Teilmenge<br />

der PZ<br />

Abbildung 9: Verteilung der Übereinstimmungskategorien in Prozent, TZ: Therapeutenziele, PZ: Patientenziele<br />

Es gibt Therapeut-Patienten-Dyaden, bei denen die Patientenziele einen Teil der Therapeutenziele<br />

darstellen (22,2 %) oder keine Zielübereinstimmung vorliegt (14,7 %).<br />

101


Auch der Fall, dass die Patientenziele die Therapeutenziele beinhalten, liegt in den Daten<br />

vor (0,3 %). Es zeigt sich aber deutlich, dass die teilweise Übereinstimmung von<br />

Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenzielen mit 62,8 % deutlich am häufigsten auftritt.<br />

11.2 Ergebnisse Hypothese 1a<br />

(Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten<br />

unterscheiden sich in der Art ihrer <strong>Therapieziele</strong>)<br />

Die Verteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten über die Hauptkategorien der Taxonomie<br />

des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T) wurde zur Untersuchung der<br />

Hypothese 1a getrennt für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien<br />

betrachtet.<br />

Die Therapeuten, die die 175 Verhaltenstherapien durchführten, gaben insgesamt 1879<br />

<strong>Therapieziele</strong> (M=10,74; SD=4,42) an. Davon ließen sich 864 Ziele (M=4,94; SD=2,16)<br />

der Hauptkategorie Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung (p), 237 Ziele (M=1,35;<br />

SD=1,22) der Hauptkategorie Interpersonale Ziele (i), 169 Ziele (M=0,97; SD=1,09) der<br />

Hauptkategorie Wohlsein/better functioning (w), 17 Ziele (M=0,10; SD=0,30) der<br />

Hauptkategorie Orientierung (o), 439 Ziele (M=2,51; SD=2,36) der Hauptkategorie<br />

Selbstentwicklung (s) <strong>und</strong> 153 Ziele (M=0,87; SD=1,02) der Restkategorie (r) auf dieser<br />

Ebene zuordnen.<br />

Für die Therapeuten, die die 118 tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierten Therapien durchführten,<br />

fanden sich insgesamt 927 Ziele (M=7,86; SD=3,17). Davon ließen sich 139 Ziele<br />

(M=1,18; SD=1,47) der Hauptkategorie p, 82 Ziele (M=0,69; SD=0,94) der Hauptkategorie<br />

i, 6 Ziele (M=0,05; SD=0,26) der Hauptkategorie w, 6 Ziele (M=0,05; SD=0,22)<br />

der Hauptkategorie o, 616 Ziele (M=5,22; SD=2,61) der Hauptkategorie s <strong>und</strong> 78 Ziele<br />

(M=0,66; SD=0,96) der Hauptkategorie r auf dieser Ebene zuordnen.<br />

102


Die Mittelwerte der Zielanzahlen der Therapeuten in den einzelnen Hauptkategorien<br />

zeigt Abbildung 10 für die unterschiedlichen Therapierichtungen.<br />

Verhaltenstherapien<br />

tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien<br />

Mittelwerte<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

p i w o s r<br />

Abbildung 10: Mittelwerte der Therapeutenziele in den Kategorien der BIT-T separat für Verhaltenstherapien<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien; p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i:<br />

Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning, o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare<br />

Ziele/Probleme<br />

Abbildung 11 zeigt die prozentuale Häufigkeitsverteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten<br />

in die Hauptkategorien der BIT-T für die unterschiedlichen Therapierichtungen.<br />

103


Verhaltenstherapien<br />

tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien<br />

70<br />

66,5<br />

Prozent<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

46<br />

23,4<br />

15 12,6<br />

8,8 9<br />

8,1 8,4<br />

0,6 0,9 0,6<br />

p i w o s r<br />

Abbildung 11: Verteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten über die Hauptkategorien der BIT-T<br />

in Prozent separat für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien; p: Problem-<br />

<strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning, o: Orientierung,<br />

s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

Es fällt auf, dass sich bei vergleichender Betrachtung der Mittelwerte <strong>und</strong> relativen<br />

Häufigkeiten über die Therapierichtungen hinweg vor allem die Besetzungen der Hauptkategorien<br />

p <strong>und</strong> s, aber auch die der Hauptkategorien i <strong>und</strong> w zwischen Verhaltenstherapien<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierten Therapien deutlich unterscheiden. Der Unterschied<br />

in den übrigen Kategorien fällt geringer aus.<br />

Anhand einer einfaktoriellen multivariaten Varianzanalyse wurde der Frage nachgegangen,<br />

ob sich die Therapeuten in der Anzahl der <strong>Therapieziele</strong>, die in die einzelnen<br />

Hauptkategorien fallen, signifikant unterscheiden, je nachdem, ob die Therapie verhaltenstherapeutisch<br />

oder tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>iert durchgeführt wurde. Da die unabhängige<br />

Variable „Therapierichtung“ im vorliegenden Fall nur zwei Abstufungen aufweist,<br />

entspricht die multivariate Varianzanalyse Hotellings T²-Test. Da die Voraussetzung<br />

der Varianzhomogenität im Box-Test nicht erfüllt ist (F(21/232064,31)=13,332;<br />

p


Tabelle 12: Vergleich der mittleren Anzahlen der Therapeutenziele in den Hauptkategorien der<br />

BIT-T für Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien mittels T-Tests<br />

Abhängige Variable df F Signifikanz<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

p<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

i<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

w<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

o<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

s<br />

1 273,527*** 0,000<br />

1 24,560*** 0,000<br />

1 79,659*** 0,000<br />

1 2,089 0,149<br />

1 85,400*** 0,000<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

r<br />

1 3,243 0,073<br />

*** p


11.3 Ergebnisse Hypothese 1b<br />

(Verhaltenstherapeuten weisen eine höhere Zielübereinstimmung mit ihren<br />

Patienten auf als tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten)<br />

175 der 293 Therapien, für die sowohl Patienten- als auch Therapeutenziele vorliegen,<br />

waren verhaltenstherapeutisch ausgerichtet. Die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten-<br />

<strong>und</strong> Patientenziele stimmen nicht überein“ wurde 15 der entsprechenden 175<br />

Therapeut-Patienten-Dyaden zugeordnet, die Kategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen teilweise überein“ 111 Dyaden <strong>und</strong> die Kategorie „Patientenziele sind Teilmenge<br />

der Therapeutenziele“ 49 Dyaden. Die Kategorien „Therapeutenziele sind Teilmenge<br />

der Patientenziele“ <strong>und</strong> „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen vollständig<br />

überein“ fanden in den Daten keine Entsprechung.<br />

Die restlichen 118 dieser Therapien wurden tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>iert durchgeführt.<br />

28 dieser Therapeut-Patient-Dyaden wurde die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten-<br />

<strong>und</strong> Patientenziele stimmen nicht überein“ zugeordnet, 73 die Kategorie „Therapeuten-<br />

<strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“, 16 die Kategorie „Patientenziele<br />

sind Teilmenge der Therapeutenziele“ <strong>und</strong> einer Dyade die Kategorie „Therapeutenziele<br />

sind Teilmenge der Patientenziele“. Die Kategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen vollständig überein“ fand in den Daten keine Entsprechung.<br />

Abbildung 12 gibt die prozentuale Häufigkeitsverteilung der Übereinstimmungskategorien<br />

getrennt für die unterschiedlichen Therapierichtungen wieder.<br />

106


Verhaltenstherapien<br />

tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien<br />

70<br />

63,4<br />

61,9<br />

60<br />

50<br />

Prozent<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

8,6<br />

23,7<br />

0<br />

0<br />

28<br />

13,6<br />

0<br />

0,8<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

nicht überein<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

teilweise<br />

überein<br />

TZ <strong>und</strong> PZ<br />

stimmen<br />

vollständig<br />

überein<br />

PZ sind<br />

Teilmenge<br />

der TZ<br />

TZ sind<br />

Teilmenge<br />

der PZ<br />

Abbildung 12: Verteilung der Übereinstimmungskategorien in Prozent separat für Verhaltenstherapien<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien, TZ: Therapeutenziele, PZ: Patientenziele<br />

Deskriptiv finden sich die größten Unterschiede in der Zielübereinstimmung von Therapeuten<br />

<strong>und</strong> Patienten zwischen Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierten<br />

Therapien in den Übereinstimmungskategorien „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen nicht überein“ (nur 8,6 % der Verhaltenstherapien, aber 23,7 % der tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien fallen in diese Kategorie) <strong>und</strong> „Patientenziele sind Teil<br />

der Therapeutenziele“ (28 % der Verhaltenstherapien, aber nur 13,6 % der tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien wird diese Kategorie zugeordnet). Die Unterschiede in<br />

den Kategorien „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“ (Verhaltenstherapien:<br />

63,4 %, tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierte Therapien: 61,9 %) <strong>und</strong> „Therapeutenziele<br />

sind Teil der Patientenziele“ (Verhaltenstherapien: 0 %, tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien: 0,8 %) fallen deutlich geringer aus. Eine vollständige Übereinstimmung<br />

mit den Zielen des Patienten erreicht sowohl bei den Verhaltenstherapien als<br />

auch bei den tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierten Therapien kein Therapeut.<br />

Es fällt zudem auf, dass die Ergebnisse der Berechnungen zur Hypothese 1 auch bei getrennter<br />

Betrachtung der Therapierichtungen Bestand haben: Mit einer Besetzung von<br />

jeweils knapp über 60 % ist auch hier bei Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien die teilweise Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

am häufigsten vertreten.<br />

107


Zur Testung des Zusammenhangs der Variablen „Übereinstimmungskategorie“ <strong>und</strong><br />

„Therapierichtung“ wurde ein<br />

2<br />

χ<br />

-Test durchgeführt. Da die Übereinstimmungskategorie<br />

„Therapeutenziele sind Teilmenge der Patientenziele“ nur für eine Therapeut-<br />

Patient-Dyade vergeben werden konnte, geht diese Kategorie nicht in die Testung ein<br />

<strong>und</strong> die entsprechende Dyade wird ausgeschlossen. Die Testung bezieht sich somit auf<br />

die verbleibenden 292 Therapien, für die sowohl die Patienten- als auch die Therapeutenziele<br />

vorhanden sind. Es ergibt sich ein<br />

2<br />

χ<br />

(2)-Wert von 17,71 mit p


ziele sind Teilmenge der Therapeutenziele“ ergibt sich die umgekehrte Tendenz. In tiefenpsychologisch<br />

ausgerichteten Therapien liegt diese Kategorie mit einer Abweichung<br />

von 2 Standardabweichungen deutlich seltener als erwartet vor, während sie bei Verhaltenstherapien<br />

mit einer Abweichung von 1,6 Standardabweichungen häufiger als erwartet<br />

vergeben wurde.<br />

11.4 Ergebnisse Hypothese 2<br />

(Die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient hängt mit dem<br />

<strong>Therapieerfolg</strong> zusammen)<br />

Der <strong>Therapieerfolg</strong> der Patienten wird operationalisiert über die Prä-Post-Messungen<br />

des Global Severity Index der SCL-90-R (n=119) <strong>und</strong> des Gesamtwertes psychischer<br />

Beeinträchtigungen im FEP (n=96). Zusätzlich liegen Prä-Post-Messungen für Subskalen<br />

des FEP vor (Wohlbefinden, allgemeine Symptombelastung, Ängstlichkeit, Depressivität,<br />

interpersonale Probleme, Inkongruenz). Die Messungen wurden jeweils vor Therapiebeginn<br />

<strong>und</strong> zum Therapieabschluss durchgeführt. Es wird angenommen, dass eine<br />

erfolgreiche Therapie die Verringerung dieser Maße zur Folge hat. Die Zielübereinstimmung<br />

zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient wird wieder über die für die Therapien vergebenen<br />

Übereinstimmungskategorien operationalisiert. Zur Testung des Zusammenhangs<br />

zwischen der Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient <strong>und</strong> dem<br />

<strong>Therapieerfolg</strong> werden jeweils zweifaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung<br />

auf einem Faktor gerechnet. Es muss angemerkt werden, dass die Voraussetzung der<br />

Varianzanalyse, dass die jeweiligen <strong>Therapieerfolg</strong>esmaße in den einzelnen Gruppen<br />

normalverteilt sind, für die nachfolgenden Analysen nicht erfüllt ist.<br />

109


11.4.1 Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es über den Global Severity<br />

Index (GSI) der SCL-90-R<br />

In den 119 Therapien, für die die GSI-Werte der Patienten vorhanden sind, liegt die<br />

Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen nicht überein“<br />

in 18 Fällen vor, die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen teilweise überein“ in 76 Fällen <strong>und</strong> die Übereinstimmungskategorie „Patientenziele<br />

sind Teilmenge der Therapeutenziele“ in 25 Fällen. Die Kategorien „Therapeutenziele<br />

sind Teilmenge der Patientenziele“ <strong>und</strong> „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen<br />

vollständig überein“ wurden nicht vergeben.<br />

Abbildung 13 bildet die Mittelwerte <strong>und</strong> Standardabweichungen des GSI der SCL-90-R<br />

separat für die vergebenen Übereinstimmungskategorien <strong>und</strong> unterschiedlichen Messzeitpunkte<br />

ab.<br />

Therapiebeginn<br />

Therapieende<br />

1,5<br />

1,3<br />

1,34 (0,6)<br />

1,29 (0,68)<br />

1,14 (0,61)<br />

Mittelwert<br />

1,1<br />

0,9<br />

0,82 (0,64)<br />

0,74 (0,63)<br />

0,74 (0,62)<br />

0,7<br />

0,5<br />

TZ <strong>und</strong> PZ stimmen<br />

nicht überein<br />

TZ <strong>und</strong> PZ stimmen<br />

teilweise überein<br />

PZ sind Teilmenge der<br />

TZ<br />

Abbildung 13: Mittelwerte (<strong>und</strong> Standardabweichungen) des Global Severity Index der SCL-90-R<br />

separat für die Übereinstimmungskategorien zu den verschiedenen Messzeitpunkten, TZ: Therapeutenziele,<br />

PZ: Patientenziele<br />

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt für den Faktor „Messzeitpunkt“<br />

einen signifikanten Haupteffekt (F(1)=48,232; p


ebenso wie die Interaktion „Messzeitpunkt * Übereinstimmungskategorie“ (F(2)=0,51;<br />

p=0,602). Die Varianzhomogenität, geprüft über den Box-Test, ist gegeben<br />

(F(6/24740,242)=0,695; p=0,654).<br />

Somit liegen signifikante Unterschiede in den GSI-Werten zwischen den beiden Messzeitpunkten<br />

vor. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt, dass die GSI-Werte für alle Übereinstimmungskategorien<br />

von der Prä- zur Postmessung abnehmen. Zwischen den einzelnen<br />

Übereinstimmungskategorien unterscheiden sich die Mittelwerte der GSI-Werte<br />

jedoch nicht. Auch mit der Kombination einzelner Faktorstufen ist kein über den signifikanten<br />

Haupteffekt hinausgehender eigenständiger Interaktionseffekt verb<strong>und</strong>en.<br />

11.4.2 Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es über den Gesamtwert<br />

psychischer Beeinträchtigungen <strong>und</strong> die Subskalen des FEP<br />

In den 96 Therapien, für die der Gesamtwert psychischer Beeinträchtigungen des FEP<br />

der Patienten vorhanden ist, liegt die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong><br />

Patientenziele stimmen nicht überein“ in 9 Fällen vor, die Übereinstimmungskategorie<br />

„Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“ in 62 Fällen <strong>und</strong> die Ü-<br />

bereinstimmungskategorie „Patientenziele sind Teilmenge der Therapeutenziele“ in 25<br />

Fällen. Die Kategorie „Therapeutenziele sind Teilmenge der Patientenziele“ wurde zwar<br />

an eine Therapeut-Patient-Dyade vergeben, für deren Patienten auch der relevante FEP-<br />

Wert vorhanden ist, diese Kategorie wurde aber wie bei den Berechnungen zur Hypothese<br />

1b (vgl. Kapitel 11.3) aus der Analyse ausgeschlossen, da sie nur einmal besetzt<br />

ist. Die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen vollständig<br />

überein“ wurde nicht vergeben. Die varianzanalytische Testung bezieht sich<br />

somit auf die Daten aus 95 Therapien.<br />

Abbildung 14 bildet die Mittelwerte <strong>und</strong> Standardabweichungen des Gesamtwertes psychischer<br />

Beeinträchtigungen des FEP separat für die vergebenen Übereinstimmungskategorien<br />

<strong>und</strong> unterschiedlichen Messzeitpunkte ab.<br />

111


Therapiebeginn<br />

Therapieabschluss<br />

3,4<br />

3,2<br />

3<br />

3,18 (0,57)<br />

2,84 (0,67)<br />

3,07 (0,68)<br />

Mittelwert<br />

2,8<br />

2,6<br />

2,4<br />

2,54 (0,65)<br />

2,53 (0,74)<br />

2,57 (0,7)<br />

2,2<br />

2<br />

TZ <strong>und</strong> PZ stimmen<br />

nicht überein<br />

TZ <strong>und</strong> PZ stimmen<br />

teilweise überein<br />

PZ sind Teilmenge der<br />

TZ<br />

Abbildung 14: Mittelwerte (<strong>und</strong> Standardabweichungen) der Gesamtskala psychischer Beeinträchtigungen<br />

des FEP separat für die Übereinstimmungskategorien zu den verschiedenen Messzeitpunkten,<br />

TZ: Therapeutenziele, PZ: Patientenziele<br />

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt für den Faktor „Messzeitpunkt“<br />

einen signifikanten Haupteffekt (F(1)=21,22; p


ein signifikanter Haupteffekt des Faktors „Messzeitpunkt“, der Haupteffekt des Faktors<br />

„Übereinstimmungskategorie“ <strong>und</strong> die Interaktion werden nicht signifikant.<br />

11.5 Ergebnisse Hypothese 3<br />

(Patienten mit primär depressiven Störungen, Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

<strong>und</strong> Essstörungen unterscheiden sich in der Heterogenität ihrer Therapiezielwahl)<br />

Betrachtet werden die unterschiedlichen Zielverteilungen über die Kategorien der BIT-<br />

T von Patienten, deren Erstdiagnose den Gruppen „depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong><br />

Belastungsstörungen“ oder „Essstörungen“ zugeordnet werden konnte (vgl. Kapitel<br />

10.2).<br />

Die 154 Patienten, die der Diagnosegruppe „depressive Störungen“ zugeordnet wurden,<br />

gaben insgesamt 574 <strong>Therapieziele</strong> (M=3,73; SD=1,53) an. Davon ließen sich 172 Ziele<br />

(M=1,12; SD=1,03) der Hauptkategorie Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung (p), 128<br />

Ziele (M=0,83; SD=0,85) der Hauptkategorie Interpersonale Ziele (i), 113 Ziele<br />

(M=0,73; SD=0,79) der Hauptkategorie Wohlsein/better functioning (w), 25 Ziele<br />

(M=0,16; SD=0,4) der Hauptkategorie Orientierung (o), 105 Ziele (M=0,68; SD=0,8)<br />

der Hauptkategorie Selbstentwicklung (s) <strong>und</strong> 31 Ziele (M=0,2; SD=0,52) der Restkategorie<br />

(r) auf dieser Ebene zuordnen.<br />

Die 145 Patienten, die der Diagnosegruppe „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ zugeordnet<br />

wurden, gaben insgesamt 502 <strong>Therapieziele</strong> (M=3,46; SD=1,46) an. Davon ließen<br />

sich 195 Ziele (M=1,34; SD=0,92) der Hauptkategorie p, 78 Ziele (M=0,54; SD=0,77)<br />

der Hauptkategorie i, 87 Ziele (M=0,6; SD=0,82) der Hauptkategorie w, 22 Ziele<br />

(M=0,15; SD=0,4) der Hauptkategorie o, 84 Ziele (M=0,58; SD=0,83) der Hauptkategorie<br />

s <strong>und</strong> 36 Ziele (M=0,25; SD=0,52) der Hauptkategorie r auf dieser Ebene zuordnen.<br />

113


Für die 18 Patienten, die in die Diagnosegruppe „Essstörungen“ fallen, fanden sich insgesamt<br />

65 Ziele (M=3,61; SD=1,09). Davon ließen sich 23 Ziele (M=1,28; SD=0,75)<br />

der Hauptkategorie p, 8 Ziele (M=0,44; SD=0,71) der Hauptkategorie i, 11 Ziele<br />

(M=0,61; SD=0,7) der Hauptkategorie w, 6 Ziele (M=0,33; SD=0,49) der Hauptkategorie<br />

o, 16 Ziele (M=0,89; SD=0,9) der Hauptkategorie s <strong>und</strong> 1 Ziel (M=0,06; SD=0,24)<br />

der Hauptkategorie r auf dieser Ebene zuordnen.<br />

Die Mittelwerte der Zielanzahlen in den einzelnen Hauptkategorien zeigt Abbildung 15<br />

getrennt für die unterschiedlichen Diagnosegruppen.<br />

depressive Störungen<br />

Esstörungen<br />

Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

Mittelwert<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

p i w o s r<br />

Abbildung 15: Mittelwerte der Patientenziele in den Kategorien der BIT-T separat für die Diagnosegruppen<br />

„depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ <strong>und</strong> „Essstörungen“; p:<br />

Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w: Wohlsein/better functioning, o: Orientierung,<br />

s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

Abbildung 16 zeigt die prozentuale Häufigkeitsverteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Patienten<br />

über die Hauptkategorien der BIT-T für die drei Diagnosegruppen.<br />

114


depressive Störungen Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen Essstörungen<br />

relative Häufigkeit<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

38,8<br />

35,4<br />

30<br />

22,3<br />

24,6<br />

19,7 17,3<br />

18,3 16,7<br />

15,5 16,9<br />

12,3<br />

9,2<br />

7,2<br />

4,4 4,4<br />

5,4 1,5<br />

p i w o s r<br />

Abbildung 16: Verteilung der <strong>Therapieziele</strong> der Patienten über die Hauptkategorien der BIT-T in<br />

Prozent separat für die Diagnosegruppen „depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“<br />

<strong>und</strong> „Essstörungen“; p: Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung, i: Interpersonale Ziele, w:<br />

Wohlsein/better functioning, o: Orientierung, s: Selbstentwicklung, r: Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme<br />

Bei Betrachtung der Mittelwerte <strong>und</strong> prozentualen Häufigkeiten über die Diagnosegruppen<br />

hinweg fällt auf, dass problem- <strong>und</strong> symptombezogene Ziele in allen drei<br />

Gruppen dominieren. Interpersonale Ziele, Ziele, die sich auf das Wohlsein beziehen<br />

sowie Ziele der Selbstentwicklung treten in allen Gruppen weniger häufig auf. Am seltensten<br />

nennen die Patienten aller Gruppen Orientierungsziele <strong>und</strong> Ziele, die in die<br />

Restkategorie der Taxonomie fallen.<br />

Um die Frage zu beantworten, ob sich die Diagnosegruppen in der Anzahl der Patientenziele,<br />

die in die einzelnen Hauptkategorien der BIT-T fallen, unterscheiden, wurde<br />

eine einfaktorielle multivariate Varianzanalyse durchgeführt. Die Homogenität der Varianz-Kovarianzmatrizen<br />

unter den einzelnen Faktorstufen ist gegeben, da der Box-Test<br />

mit F(42/6832,058)=1,111 <strong>und</strong> p=0,287 nicht signifikant wurde. Die Varianzanalyse ergibt<br />

mit Λ =0,93, F(12/618)=1,909 <strong>und</strong> p


Tabelle 14: Vergleich der mittleren Anzahlen der Patientenziele in den Hauptkategorien der BIT-T<br />

separat für die Diagnosegruppen „depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ <strong>und</strong><br />

„Essstörungen“ mittels Varianzanalysen<br />

Abhängige Variable df F Signifikanz<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

p<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

i<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

w<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

o<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

s<br />

2 2,108 0,123<br />

2 5,665** 0,004<br />

2 1,087 0,338<br />

2 1,628 0,198<br />

2 1,420 0,243<br />

Zielanzahl Hauptkategorie<br />

r<br />

2 1,258 0,286<br />

** p


Tabelle 15: Post-Hoc-Gruppenvergleiche der mittleren Zielanzahl der Diagnosegruppen in der Kategorie<br />

„Interpersonale Ziele“ der BIT-T<br />

Diagnosegruppen Mittlere Differenz Signifikanz<br />

depressive Störungen<br />

Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

0,293** 0,005<br />

depressive Störungen<br />

Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

** p


12 Diskussion<br />

In den folgenden Kapiteln werden die berichteten Ergebnisse interpretiert <strong>und</strong> in einen<br />

Zusammenhang zu den in den ersten Kapiteln beschriebenen theoretischen Bef<strong>und</strong>en<br />

gestellt. Überlegungen zu möglichen Einschränkungen <strong>und</strong> methodischen Verbesserungen<br />

der vorliegenden Untersuchung werden vorgenommen.<br />

In Kapitel 10.2 wurden die Korrelationen der Zielanzahlen in den einzelnen Hauptkategorien<br />

der Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong> (BIT-T) abgebildet. Diese<br />

Korrelationen wurden zum einen für die Patientenziele (Tabelle 4), zum anderen für die<br />

Therapeutenziele berechnet (Tabelle 5). Zudem werden in Tabelle 6 <strong>und</strong> Tabelle 7 die<br />

Korrelationen getrennt für Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierte<br />

Therapeuten dargestellt. Da diese Zusammenhänge keine direkte Relevanz für die<br />

Hypothesen der vorliegenden Untersuchung haben, werden sie im weiteren Verlauf<br />

nicht näher diskutiert. Die dargestellten Ergebnisse bieten jedoch Anhaltspunkte für<br />

weitere Arbeiten zu dieser Thematik.<br />

12.1 Die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

Dirmaier kommt 2005 zu der Einschätzung, dass Psychotherapieziele von Therapeuten<br />

<strong>und</strong> Patienten tendenziell nur eingeschränkt übereinstimmen. Die Ergebnisse der zur<br />

Hypothese 1 durchgeführten Analyse unterstützen diese Annahme.<br />

Drei der fünf vergebenen Übereinstimmungskategorien lassen sich als verschiedene Untergruppen<br />

einer teilweisen Zielübereinstimmung verstehen. Die direkt entsprechende<br />

Kategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“ wurde vergeben,<br />

wenn mindestens ein korrespondierendes Ziel vorlag, aber nicht alle Ziele der Therapeuten<br />

<strong>und</strong> Patienten sich entsprachen. Die Ziele von 62,8 % der betrachteten Therapeut-Patient-Dyaden<br />

entsprachen diesem Kriterium. Es wurde mit Abstand am häufigsten<br />

vergeben <strong>und</strong> bestätigt so die Tendenz, die sich in den bisher vorliegenden theoretischen<br />

Bef<strong>und</strong>en bereits abgezeichnet hat. Aber auch die Kategorien „Patientenziele sind<br />

118


Teilmenge der Therapeutenziele“ (22,2 %) <strong>und</strong> „Therapeutenziele sind Teilmenge der<br />

Patientenziele“ (0,3 %) lassen sich als eine teilweise Zielübereinstimmung verstehen, da<br />

die Ziele der Patienten sich zwar in denen der Therapeuten vollständig wieder finden,<br />

die Therapeuten aber noch weitere Ziele anstreben <strong>und</strong> umgekehrt. Betrachtet man die<br />

Summe der prozentualen Häufigkeiten dieser drei Kategorien, wurde eine teilweise<br />

Zielübereinstimmung in 85,3 % der betrachteten Therapien festgestellt. Die Kategorie<br />

„Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen nicht überein“ wurde vergeben, wenn sich<br />

die Ziele von Therapeut <strong>und</strong> Patient hingegen komplett unterschieden. Dies war für die<br />

verbliebenen 14,7 % der Dyaden der Fall. Ebenfalls hervorzuheben ist das Ergebnis,<br />

dass eine vollständige Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient in keiner<br />

der betrachteten Dyaden vorlag.<br />

Die Hypothese 1 kann somit durch die deutliche Überzahl der Therapien, in der die<br />

Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele teilweise übereinstimmen, als bestätigt gelten.<br />

Wie bereits in Kapitel 5 beschrieben, ist die Vergleichbarkeit bestehender theoretischer<br />

Bef<strong>und</strong>e nicht einfach, da unter anderem unterschiedliche Zielerhebungsinstrumente<br />

benutzt, die Ziele zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben <strong>und</strong> in einigen Studien ambulante,<br />

in anderen jedoch stationäre Stichproben untersucht wurden. So unterstreicht<br />

das vorliegende Ergebnis, eingebettet in die bestehende Bef<strong>und</strong>lage, den sich abzeichnenden<br />

Trend, vermag diese bestehende Heterogenität aber nicht zu verringern.<br />

Bezüglich der Art der Zielerfassung in der vorliegenden Untersuchung ist zu bedenken,<br />

dass die Patienten instruiert wurden, drei Ziele anzugeben. Die Therapeuten formulierten<br />

ihre Ziele hingegen frei, mussten sich also nicht auf ihre Hauptziele beschränken,<br />

wie die Patienten es unter Umständen zu tun gezwungen waren. Dies wirkt sich auf den<br />

Unterschied in der mittleren Zielanzahl zwischen Therapeuten <strong>und</strong> Patienten aus. Die<br />

Therapeuten geben im Mittel sehr viel mehr Ziele an als die Patienten. Bei Betrachtung<br />

der Abbildungen 5 <strong>und</strong> 6 wird dies ebenfalls deutlich. Die meisten Therapeuten geben<br />

sieben oder acht Ziele an, während bei den meisten Patienten instruktionsgemäß drei<br />

Ziele zu finden sind. Auffällig an dieser Stelle ist der relativ hohe Anteil von Patienten,<br />

die entgegen der Instruktion mehr als drei Ziele angeben. Des Weiteren kann die Instruktion,<br />

nur drei Ziele anzugeben, auch die Zuordnung der Therapeut-Patient-Dyaden<br />

zu den Übereinstimmungskategorien beeinflusst haben. Die Übereinstimmungskatego-<br />

119


ie „Patientenziele sind Teilmenge der Therapeutenziele“ beispielsweise wurde vergeben,<br />

wenn die Patientenziele vollständig in denen des Therapeuten enthalten sind, dieser<br />

aber noch weitere Ziele nennt. Es ist jedoch möglich, dass einige Patienten ohne die Instruktion<br />

ebenfalls noch weitere Ziele benannt hätten. Somit wäre es theoretisch denkbar,<br />

dass ihre Ziele eigentlich mit denen des Therapeuten vollständig übereinstimmen.<br />

Wäre dies der Fall, wäre die Übereinstimmungskategorie „Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele<br />

stimmen vollständig überein“ vergeben worden, die unter den Bedingungen dieser<br />

Untersuchung keine Entsprechung fand. Unter Berücksichtigung der Literatur ist dies<br />

zwar im Regelfall kaum zu erwarten (vgl. Schulte-Bahrenberg, 1990), hier aber nicht<br />

auszuschließen. Das Ergebnis dieser Arbeit, dass es für keine der Dyaden eine vollständige<br />

Zielübereinstimmung gab, muss somit mit Vorsicht betrachtet werden. Die gleichen<br />

Überlegungen gelten auch für die Dyaden, in der keine Zielübereinstimmung gef<strong>und</strong>en<br />

wurde. Diese könnte in der Realität zumindest teilweise bestanden haben. Um<br />

derartige mögliche Fehlinterpretationen auszuschließen, ist es zukünftig notwendig, die<br />

Zielerfassung der Therapeuten <strong>und</strong> der Patienten unter den selben Bedingungen bezüglich<br />

möglicher Einschränkungen der Zielanzahl durchzuführen.<br />

Auch der Zeitpunkt der Zielerfassung ist von Belang. Die <strong>Therapieziele</strong> der Patienten<br />

sind vor der Durchführung der probatorischen Sitzungen erhoben worden. Ein Vorteil<br />

dieses Vorgehens liegt darin, dass die Patienten in ihrer Zielwahl kaum von den Therapeuten<br />

beeinflusst werden konnten, da lediglich das Erstgespräch vorher stattgef<strong>und</strong>en<br />

hatte. Wird die Zielübereinstimmung dagegen erst zum Ende der Therapie erfasst, besteht<br />

die Gefahr, dass sich die Wertvorstellungen <strong>und</strong> Ziele des Patienten denen des<br />

Therapeuten angenähert haben (Schulte-Bahrenberg, 1990) <strong>und</strong> daraus erhöhte Zielübereinstimmungsraten<br />

resultieren. Diese wären nicht mehr repräsentativ für das Ausmaß<br />

der Zielübereinstimmung zu Beginn der Therapie. Die <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten<br />

wurden nach Abschluss der probatorischen Sitzungen zum Zeitpunkt der Beantragung<br />

der Psychotherapie erhoben. Dies ist notwendig, da sich der Therapeut erst ein<br />

Bild von der Problematik <strong>und</strong> Persönlichkeit seines Patienten machen muss, um relevante<br />

<strong>Therapieziele</strong> aus seiner Sicht aufstellen zu können. Aus dieser Notwendigkeit<br />

heraus ergibt sich jedoch ein Problem. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die <strong>Therapieziele</strong><br />

der Patienten, die vor den probatorischen Sitzungen erfasst wurden, im Laufe<br />

der probatorischen Sitzungen durch die Gespräche mit dem Therapeuten noch einmal<br />

verändert haben. Dies ist in diesem relativ kurzen Zeitraum eher nicht durch die oben<br />

120


genannte Wertkonvergenz zu erwarten, aber beispielsweise durch die von Khalaf (1999)<br />

beschriebene Fokussierung der Aufmerksamkeit des Patienten auf seine konkreten<br />

Probleme, die relevanten Zusammenhänge <strong>und</strong> die Problemstrukturierung, die er vornehmen<br />

muss, um dem Therapeuten seine Situation darzulegen. Es ist daher fraglich, ob<br />

ein Vergleich der Ziele des Patienten vor den probatorischen Sitzungen mit denen des<br />

Therapeuten nach den probatorischen Sitzungen eine angemessene Vorgehensweise ist,<br />

um die Zielübereinstimmung zu operationalisieren. Besser wäre hierzu eine Zielerfassung<br />

zum selben Zeitpunkt, was in dieser Untersuchung jedoch nicht möglich war, da<br />

die Datenstruktur bereits vorlag. Bei einer Erfassung der Patientenziele nach durchgeführten<br />

probatorischen Sitzungen ist allerdings darauf zu achten, dass die Therapeuten<br />

diese nicht durch zu große Suggestionen verändern.<br />

Generell ist zu diskutieren, von wem die Bewertung der Zielübereinstimmung am besten<br />

vorgenommen werden sollte. So ist es für einen außen stehenden Beurteiler unter<br />

Umständen schwierig, die tatsächlichen Intentionen zu erfassen, die hinter den schriftlichen<br />

Zielformulierungen der Therapeuten <strong>und</strong> Patienten stehen. Dies kann zu einer verzerrten<br />

Einschätzung der Zielübereinstimmung führen. Für die Therapeutenziele lässt<br />

sich diese Schwierigkeit durch einen mit der jeweiligen Therapietheorie sehr gut vertrauten<br />

Fremdrater vermindern. Die tatsächliche Bedeutung der angegebenen Patientenziele<br />

aber lässt sich im Einzelfall wohl nur durch ein Gespräch vollständig klären.<br />

Schulte-Bahrenberg (1990) plädiert weitergehend dafür, die Einschätzung einer solchen<br />

Zielübereinstimmung von den Beteiligten selbst vornehmen zu lassen, da nur diese über<br />

das nötige Sinnverstehen <strong>und</strong> entsprechendes Kontextwissen verfügen können.<br />

In zukünftigen Untersuchungen sollte die Zuordnung der Übereinstimmungskategorien<br />

über die Berechnung der Interraterreliabilität überprüft werden. Dies ist an dieser Stelle<br />

nicht möglich, da die Zuweisung nur von der Autorin <strong>und</strong> nicht zusätzlich von einer<br />

weiteren Person vorgenommen wurde. Zudem sollte die Übereinstimmungskategorie<br />

„Therapeuten- <strong>und</strong> Patientenziele stimmen teilweise überein“ näher betrachtet werden.<br />

Diese Kategorie wurde einem sehr breiten Spektrum vorhandener Zielübereinstimmungen<br />

zugewiesen, da von lediglich einem übereinstimmenden Ziel bis zu einem Unterschied<br />

in nur einem Ziel bei sonstiger völliger Übereinstimmung alle Variationen in die<br />

Kategorie fallen. Damit ist sie möglicherweise zu grob. Die Ergebnisse dieser Untersuchung<br />

<strong>und</strong> der bisher vorliegenden Bef<strong>und</strong>e weiterführend wäre es weiterhin interessant<br />

121


festzustellen, inwiefern sich die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient<br />

im Verlauf der Therapie verändert. In allen in dieser Arbeit beschriebenen Studien wurde<br />

die Überprüfung der Übereinstimmung nur zu einem Zeitpunkt im Therapieverlauf<br />

vorgenommen.<br />

In Kapitel 5.2 wurde die Überlegung angestellt, dass sich die nur teilweise vorhandene<br />

Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient auf einen gr<strong>und</strong>legenden Unterschied<br />

in der Therapiezielwahl zurückführen lassen könnte. Aus der Literatur wurde die<br />

Tendenz deutlich, dass Patienten eher konkret symptombezogene Ziele wählen, während<br />

Therapeuten eher abstrakte <strong>und</strong> theoriegeleitete Ziele angeben (vgl. Heuft, 1996).<br />

Anhand des analysierten Datensatzes ergab sich in dieser Untersuchung ebenfalls das<br />

Ergebnis, dass die Patienten vorwiegend Ziele wählten, die sich auf ihre Probleme <strong>und</strong><br />

Symptomatiken beziehen (vgl. Abbildung 7). So fällt mit einem Anteil von 34,7 % der<br />

Hauptteil der Patientenziele in die Hauptkategorie „Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung“<br />

der BIT-T. Abweichend von den Erwartungen gaben die Therapeuten jedoch mit<br />

35 % ebenso viele Ziele an, die konkret symptombezogenen Charakter aufweisen <strong>und</strong> in<br />

diese Hauptkategorie fallen, was für sich genommen auf dieser deskriptiven Ebene zu<br />

Zweifeln an dem postulierten gr<strong>und</strong>legenden Unterschied führen könnte. In die Hauptkategorie<br />

„ Selbstentwicklung“ fallen Ziele bezüglich des Selbstwertes, der Selbstverwirklichung,<br />

der Selbstkontrolle <strong>und</strong> der Gefühlsregulation. Im Vergleich zu den konkret<br />

symptombezogenen Zielen beinhaltet sie eher abstrakte Ziele <strong>und</strong> sollte so nach den<br />

theoretischen Überlegungen eher die <strong>Therapieziele</strong> der Therapeuten beinhalten. Hier<br />

zeigt sich nun tatsächlich ein deutlicher Unterschied zwischen Therapeuten <strong>und</strong> Patienten.<br />

Mit einer Häufigkeit von 39,2 % ist es die bei den Therapeutenzielen am häufigsten<br />

besetzte Hauptkategorie, während nur 16,9 % der Patientenziele in diese Kategorie fallen.<br />

Die Betrachtung dieses Bef<strong>und</strong>musters führt zu der ebenfalls in Kapitel 5 aufgeführten<br />

Überlegung, dass die Therapeuten therapieschulenabhängig unterschiedliche Arten<br />

von <strong>Therapieziele</strong>n verfolgen könnten, Verhaltenstherapeuten eher symptombezogene<br />

Ziele, tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten eher Ziele der Selbstentwicklung.<br />

Demnach müsste eine höhere Zielübereinstimmung zwischen Verhaltenstherapeuten<br />

<strong>und</strong> ihren Patienten bestehen, da der Großteil der Patientenziele symptombezogen<br />

ist. Dieser Gedanke wird in Kapitel 12.2 näher dargestellt <strong>und</strong> diskutiert .<br />

122


12.2 Therapieschulenabhängige Unterschiede in der Therapiezielwahl<br />

der Therapeuten <strong>und</strong> der Zielübereinstimmung<br />

Um in den Analysen zur Hypothese 1a zu überprüfen, inwiefern sich die Therapeutenziele<br />

therapieschulenabhängig unterscheiden, wurde die Besetzung der einzelnen<br />

Hauptkategorien der BIT-T anhand einer multivariaten Varianzanalyse <strong>und</strong> anschließenden<br />

univariaten Tests auf derartige Unterschiede inferenzstatistisch getestet.<br />

Bei Betrachtung der signifikanten Unterschiede zeigte sich, dass weit mehr Ziele der<br />

Verhaltenstherapeuten (46 %) als der tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten<br />

(15 %) in die Hauptkategorie „Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung“ fallen. Dies deckt<br />

sich mit vorhandenen Bef<strong>und</strong>en, die belegen, dass in verhaltenstherapeutisch ausgerichteten<br />

Therapien die Symptomreduktion im Vordergr<strong>und</strong> steht (vgl. Dirmaier, 2005). Betrachtet<br />

man die Hauptkategorie „Selbstentwicklung“, ergibt sich ein umgekehrtes Bild:<br />

66,5 % <strong>und</strong> damit mit Abstand die meisten Ziele der tiefenpsychologisch orientierten<br />

Therapeuten finden sich hier wieder, aber nur 23,4 % der Ziele der Verhaltenstherapeuten.<br />

Dies unterstreicht die Angabe Rudolfs (2002), dass psychodynamisch/tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierte Therapien im Unterschied zu Verhaltenstherapien eher den Aufbau<br />

von Ich-Funktionen, die Verbesserung der reflexiven Selbstwahrnehmung <strong>und</strong> der<br />

Selbstwert- <strong>und</strong> Affektregulation zum Ziel haben. Somit lassen sich diese Ergebnisse in<br />

die vorhandene Literatur einordnen, wenn auch festgehalten werden muss, dass sich die<br />

Ziele der tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten ebenfalls auf die konkreten<br />

Symptome beziehen, wenn auch in geringerem Ausmaß als die der Verhaltenstherapeuten.<br />

Ebenso geben die Verhaltenstherapeuten Ziele der Selbstentwicklung an.<br />

Neben diesen Hauptbef<strong>und</strong>en fanden sich noch für zwei weitere Hauptkategorien signifikante<br />

therapieschulenabhängige Unterschiede. In die Hauptkategorie „Interpersonale<br />

Ziele“ fallen mit 12,6 % mehr Ziele der Verhaltenstherapeuten als der tiefenpsychologisch<br />

orientierten Therapeuten (8,8 %). Die Kategorie beinhaltet unter anderem Ziele<br />

bezogen auf die Herkunfts- <strong>und</strong> aktuelle Familie, Partnerschaft, Selbstbehauptung oder<br />

das Alleinsein können. Dies ist überraschend, da es nach Ambühl et al. (1997) gerade in<br />

psychodynamischen Therapieformen darum geht, die Qualität der sozialen Beziehungen<br />

des Patienten zu verbessern. Demnach wären mehr interpersonelle Ziele der tiefenpsy-<br />

123


chologisch orientierten Therapeuten zu erwarten gewesen. Die Autoren beschreiben<br />

ebenfalls die verhaltenstherapeutische Richtung als auf die Alltags- <strong>und</strong> Problembewältigung<br />

hin orientiert. Für die Interpretation des Ergebnisses wäre es an dieser Stelle von<br />

Interesse zu wissen, inwieweit die gef<strong>und</strong>enen interpersonalen Ziele der Verhaltenstherapeuten<br />

sich auf konkrete Probleme im zwischenmenschlichen Bereich beziehen, die<br />

mit der Symptomatik des Patienten Hand in Hand gehen <strong>und</strong> sich eventuell somit indirekt<br />

der Symptombewältigung zuordnen lassen. Die Hauptkategorie „Wohlsein“ ist mit<br />

9 % der Ziele der Verhaltenstherapeuten besetzt. Auffällig ist im Vergleich, dass so gut<br />

wie keine Ziele der tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten (0,6%) dieser Kategorie<br />

zugeordnet werden können. Die höhere Zielrate der Verhaltenstherapeuten wird bei<br />

Betrachtung der einzelnen Kategorien, die unter die Hauptkategorie fallen, verständlich.<br />

Sie beziehen sich zum einen auf mehr Bewegung <strong>und</strong> freizeitliche Aktivitäten, zum anderen<br />

auf das Erreichen einer größeren Entspannungsfähigkeit <strong>und</strong> das Erlernen entsprechender<br />

Techniken. Des Weiteren fallen Ziele, die sich konkret auf eine Erhöhung<br />

des psychischen Wohlbefindens beziehen, in die Kategorie. Betrachtet man als eine Erklärungsmöglichkeit<br />

die Verteilung der Diagnosen in der Stichprobe (vgl. Kapitel 10.2),<br />

so fällt auf, dass der Anteil von Patienten mit einer depressiven Störung oder einer<br />

Angstproblematik relativ groß ist. Angstsymptomatiken werden in Verhaltenstherapien<br />

unter anderem durch das Erlernen von Entspannungstechniken behandelt, depressive<br />

Patienten sollen ihr allgemeines Aktivitätsniveau erhöhen, um positive Verstärkung zu<br />

erleben. Die Verringerung der bestehenden Symptomatik von Depressiven <strong>und</strong> Angstpatienten<br />

sollte des Weiteren mit einem erhöhten psychischen Wohlbefinden einhergehen.<br />

Die psychodynamische Behandlung dieser Störungen fokussiert hingegen eher<br />

verdrängte Konflikte (Davison, Neale & Hautzinger, 2007). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist<br />

die höhere Zielrate der Verhaltenstherapeuten nicht verw<strong>und</strong>erlich.<br />

Die Besetzung der Hauptkategorie „Orientierung“ unterscheidet sich nicht zwischen den<br />

Therapeuten der unterschiedlichen Therapieschulen. Es ist zudem zu bemerken, dass die<br />

zugehörigen Ziele, die sich auf Thematiken wie Selbstreflektion, Zukunft <strong>und</strong> Sinnfindung<br />

beziehen, von Therapeuten beider Therapierichtungen nur sehr selten genannt<br />

werden. Die in diesem Kapitel gegebenen Darstellungen der jeweiligen Therapietheorie<br />

lassen auch kein anderes Ergebnis erwarten, da sich die genannten Zielthemen nicht<br />

wieder finden. Lediglich die oben angeführte Aussage Rudolfs (2002), die tiefenpsychologisch<br />

orientierten Therapien das Ziel der Verbesserung der reflexiven Selbstwahr-<br />

124


nehmung zuschreibt, wirft die Frage auf, warum die tiefenpsychologisch orientierten<br />

Therapeuten der hier verwendeten Stichprobe nicht mehr Ziele genannt haben, die sich<br />

auf die Fähigkeit der Selbstreflektion beziehen. Auch die Ziele, die nicht eingeordnet<br />

werden konnten <strong>und</strong> somit in die Restkategorie fielen, weisen keinen signifikanten Unterschied<br />

auf.<br />

Die beschriebenen signifikanten Unterschiede in der Art der angegebenen Therapeutenziele<br />

zwischen Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten<br />

liegen für die Mehrzahl der Hauptkategorien der BIT-T vor. Somit ist auch die Hypothese<br />

1a bestätigt.<br />

Die in Kapitel 12.1 beschriebene unerwartete Beobachtung, dass die Therapeuten im<br />

Gesamten ebenso viele problembezogene Ziele nannten wie die Patienten, ist, die oben<br />

dargestellten Ergebnisse berücksichtigend, möglicherweise auf die Symptomfokussierung<br />

der Verhaltenstherapeuten zurückzuführen. Ausgehend von der Beobachtung, dass<br />

fast die Hälfte aller Ziele der Verhaltenstherapeuten eine Problem- oder Symptomreduktion<br />

beschreiben, kann angenommen werden, dass die Zielübereinstimmung zwischen<br />

Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> ihren Patienten größer sein müsste als zwischen tiefenpsychologisch<br />

orientierten Therapeuten <strong>und</strong> ihren Patienten.<br />

Um diese Annahme zu überprüfen, wurden die vergebenen Übereinstimmungskategorien<br />

separat für die Therapierichtungen betrachtet <strong>und</strong> auf Unterschiede in der Verteilung<br />

getestet. Die Kategorie „Therapeutenziele sind Teilmenge der Patientenziele“<br />

musste aus den Analysen ausgeschlossen werden, da sie nur für eine Therapie vergeben<br />

wurde. Diese war tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>iert ausgerichtet. Das signifikante Ergebnis<br />

zeigt, dass sich Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten<br />

tatsächlich im Ausmaß der Zielübereinstimmung mit ihren Patienten unterscheiden. Die<br />

oben diskutierten Einschränkungen der hier vorgenommenen Methode der Zielerfassung<br />

<strong>und</strong> Bewertung der Zielübereinstimmung sind natürlich auch bei der Interpretation dieses<br />

Bef<strong>und</strong>es zu bedenken. Eine nähere Analyse der Ergebnisse zeigt, dass eine teilweise<br />

Zielübereinstimmung mit über 60 % der Therapien beider Therapierichtungen wiederum<br />

bei weitem am häufigsten vorliegt. Die bestätigte Hypothese 1 lässt sich somit<br />

auch auf die getrennte Betrachtung von Verhaltenstherapien <strong>und</strong> tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien der Stichprobe verallgemeinern. Für beide Therapierichtungen<br />

125


sind diese Häufigkeiten bei Betrachtung der standardisierten Residuen als unauffällig zu<br />

bewerten <strong>und</strong> weichen somit nicht von dem ab, was statistisch zu erwarten wäre. Sehr<br />

viel seltener als erwartet ist bei den Verhaltenstherapeuten jedoch zu beobachten, dass<br />

ihre Ziele mit denen ihrer Patienten komplett nicht übereinstimmen. Bei tiefenpsychologisch<br />

orientierten Therapeuten wurde diese gänzlich fehlende Übereinstimmung mit<br />

den Patientenzielen hingegen unerwartet oft festgestellt. Dies ist ein deutlicher Hinweis<br />

auf eine bessere Zielübereinstimmung zwischen Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> ihren Patienten,<br />

da diese auffallend seltener vollständig andere <strong>Therapieziele</strong> als ihre Patienten<br />

verfolgten als tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten. Diese Schlussfolgerung wird<br />

durch die Ergebnisse, die sich auf die Übereinstimmungskategorie „Patientenziele sind<br />

Teilmenge der Therapeutenziele“ beziehen, weiter unterstützt. Für die Verhaltenstherapien<br />

wurde diese Kategorie häufiger als erwartet vergeben, für die tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien hingegen seltener als angenommen. Therapeuten, die sich alle Ziele<br />

ihrer Patienten ebenfalls zum Ziel gemacht haben <strong>und</strong> darüber hinaus noch weitere<br />

verfolgen, kann insofern eine gute Zielübereinstimmung mit ihrem Patienten bescheinigt<br />

werden, als dass kein Ziel des Patienten unberücksichtigt bleibt. Auch diese Art der<br />

Übereinstimmung zeigten nur die Verhaltenstherapeuten unerwartet häufig. Eine vollständige<br />

Zielübereinstimmung ließ sich für beide Therapierichtungen in keiner Therapie<br />

finden.<br />

Es ergab sich somit ein Unterschied zwischen Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> Tiefenpsychologen<br />

bezüglich der Zielübereinstimmung. Die Hypothese 1b, die besagt, dass diese<br />

zwischen Verhaltenstherapeuten <strong>und</strong> ihren Patienten höher ausfallen sollte als zwischen<br />

tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten <strong>und</strong> ihren Patienten, wird durch die Betrachtung<br />

der standardisierten Residuen in ihrer Tendenz bestätigt. Es ist jedoch erforderlich,<br />

weitere Untersuchungen zu dieser Fragestellung durchzuführen, um dieses Ergebnis<br />

zu untermauern. Interessant zu verfolgen wäre auch die Überlegung, ob in diesem<br />

Zusammenhang zwischen den Therapeuten der verwendeten Stichprobe, die sich<br />

noch in Ausbildung befinden, <strong>und</strong> langjährig erfahrenen Therapeuten ein Unterschied<br />

besteht.<br />

126


12.3 Zusammenhang zwischen Zielübereinstimmung <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong><br />

Die bisher vorgenommene ausführliche Diskussion der Zielübereinstimmung führt zu<br />

der Frage, aus welchen Gründen eine möglichst hohe Zielübereinstimmung zwischen<br />

Therapeut <strong>und</strong> Patient eigentlich erreicht werden soll. Der theoretische Überblick in<br />

Kapitel 5.1 resultierte in der im Folgenden diskutierten Annahme, dass diese in einem<br />

positiven Zusammenhang mit dem <strong>Therapieerfolg</strong> steht.<br />

Zur Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es wurden in der vorliegenden Untersuchung der Global<br />

Severity Index der SCL-90-R, der Gesamtwert psychischer Beeinträchtigungen des<br />

FEP sowie verschiedene Subskalen des FEP herangezogen. Verwendet wurden jeweils<br />

Prä-Post-Messungen, die vor Therapiebeginn <strong>und</strong> nach Therapieabschluss erhoben wurden.<br />

Die gerechneten Varianzanalysen mit Messwiederholung ergaben für alle betrachteten<br />

<strong>Therapieerfolg</strong>esmaße dasselbe Ergebnis: Signifikant wurde nur der Haupteffekt<br />

des Messzeitpunkts. Alle Werte wiesen zu Therapieende eine geringere Ausprägung auf<br />

als zu Therapiebeginn. Die Beeinträchtigung der Patienten hat sich im Laufe der Therapien<br />

somit verringert. Die zur Beantwortung der Fragestellung interessante Interaktion<br />

zwischen Übereinstimmungskategorie <strong>und</strong> Messzeitpunkt wurde jedoch in keinem Fall<br />

signifikant. Hätten sich die Therapien mit unterschiedlicher Zielübereinstimmung im<br />

Ausmaß der Veränderungen zwischen Therapiebeginn <strong>und</strong> Therapieabschluss unterschieden,<br />

wäre dies ein Hinweis auf einen bestehenden Zusammenhang zwischen dem<br />

Ausmaß der Zielübereinstimmung <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> gewesen. Dies ist jedoch<br />

nicht der Fall.<br />

Die Hypothese 2 lässt sich anhand der untersuchten Daten somit nicht bestätigen. Es<br />

muss jedoch angemerkt werden, dass die Daten in den einzelnen Gruppen nicht normalverteilt<br />

waren. Die Verletzung dieser Voraussetzung der Varianzanalyse ist hier relevant,<br />

da die Besetzung der Gruppen sehr ungleich ist (Bortz, 1999), <strong>und</strong> muss bei der<br />

Interpretation des Ergebnisses berücksichtigt werden. Zusätzlich konnte wiederum die<br />

einzelne Therapie, für die die Übereinstimmungskategorie „Therapeutenziele sind Teil<br />

der Patientenziele“ vergeben wurde, aus methodischen Gründen nicht in die Analyse<br />

einbezogen werden.<br />

127


Einschränkungen zur Erfassung der Zielübereinstimmung wurden in Kapitel 12.1 genannt.<br />

Im Rückblick auf die in Kapitel 4 vorgenommenen Überlegungen zur Erfassung<br />

des <strong>Therapieerfolg</strong>es lassen sich bezüglich der hier verwendeten Operationalisierung<br />

desselben ebenfalls Vorschläge zur Verbesserung anbringen. In der Literatur wird deutlich<br />

eine multidimensionale Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es gefordert, <strong>und</strong> dies sowohl<br />

auf der inhaltlichen (Stieglitz & Baumann, 2001) als auch auf der methodischen Ebene<br />

(Krampen & Hank, 2008). Es stellt sich daher die Frage, ob die in dieser Arbeit vorgenommene<br />

Operationalisierung den <strong>Therapieerfolg</strong> angemessen abbildet.<br />

Bezüglich der inhaltlichen Erfassung des <strong>Therapieerfolg</strong>es schlägt Schulte (1993) drei<br />

relevante Ebenen vor (vgl. Kapitel 4.2.1). Die verwendeten Daten aus der SCL-90-R<br />

lassen sich inhaltlich nur auf der Ebene der Symptomreduktion klassifizieren. Die anderen<br />

Ebenen werden nicht abgebildet. Anders ist dies bei den verwendeten Daten des<br />

FEP zu bewerten. Die Symptomreduktion wird im FEP durch die Skala „Beschwerden“<br />

erfasst. Die Skala „Interpersonale Probleme“, die die Rehabilitationsphase <strong>und</strong> damit<br />

die Verbesserung des allgemeinen Funktionsniveaus abbilden soll (Lutz et al., in press)<br />

lässt sich dagegen der Ebene der Krankheitsfolgen zuordnen. Die Veränderung der<br />

Krankheitsursachen wird über die Skala „Inkongruenz“ des FEP berücksichtigt, da nach<br />

Grawe (1998) die Inkongruenz in den motivationalen Zielen des Patienten als ein Gr<strong>und</strong><br />

für die Entwicklung psychischer Störungen gesehen wird. Diese Skalen fließen in die<br />

Berechnung des Gesamtwertes ein. Der Gesamtwert psychischer Beeinträchtigung umfasst<br />

demnach Aspekte aller von Schulte (1993) angesprochenen Ebenen. Auch wenn in<br />

der Literatur noch kein endgültiger Konsens darüber besteht, welche unterschiedlichen<br />

inhaltlichen Ebenen der <strong>Therapieerfolg</strong> aufweist (vgl. Stieglitz & Baumann, 2001),<br />

scheint dieser im Rahmen dieser Erhebung inhaltlich angemessen genug erfasst worden<br />

zu sein.<br />

Die methodische Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es muss hingegen kritischer<br />

bewertet werden. Sowohl die Daten aus der SCL-90-R als auch aus dem FEP lassen sich<br />

der indirekten Veränderungsmessung zuordnen. Beide Verfahren sind störungsübergreifend,<br />

wobei die SCL-90-R in diesem Kontext ein häufig angewandtes Verfahren ist<br />

(Krampen & Hank, 2008). Maße der direkten Veränderungsmessung lagen nicht vor.<br />

Krampen <strong>und</strong> Hank (2008) fordern jedoch gerade, direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessung<br />

als eigenständige <strong>und</strong> sich ergänzende Methoden zu betrachten. Demnach soll-<br />

128


ten sie auch in Kombination angewendet werden, um möglichst viele Aspekte des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

zu berücksichtigen <strong>und</strong> die Auswirkungen bekannter Schwächen der indirekten<br />

Veränderungsmessung (vgl. Kapitel 4.2.2.1) durch eine Kombination mehrerer<br />

Methoden zu vermindern. Zukünftige Untersuchungen sollten die hier verwendeten<br />

Maße der indirekten Veränderungsmessung somit durch Maße der direkten Veränderungsmessung<br />

ergänzen. Auch die klinische Signifikanz der erfassten Veränderungen<br />

wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht überprüft (vgl. Kazdin, 1999; Jacobson & Truax,<br />

1991). So ist es möglich, dass sich bei ausschließlicher Betrachtung der klinisch relevanten<br />

Veränderungen vielleicht ein Zusammenhang zur Zielübereinstimmung zwischen<br />

Therapeut <strong>und</strong> Patient ergeben würde.<br />

Der gef<strong>und</strong>ene fehlende Zusammenhang zwischen Zielübereinstimmung <strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong><br />

soll im Folgenden unter Berücksichtigung der in Kapitel 5 dargestellten theoretischen<br />

Bef<strong>und</strong>e betrachtet werden. Das wichtigste theoretische Konzept ist das des therapeutischen<br />

Arbeitsbündnisses (Bordin, 1979). Eine gute Arbeitsbeziehung wirkt sich<br />

positiv auf den <strong>Therapieerfolg</strong> aus (Strauß & Burgmeier-Lohse, 1995), wobei der Zielübereinstimmung<br />

daran ein großer Anteil zugesprochen wird (Lohmann, 1980). Für die<br />

Angemessenheit der zusammenfassenden Aussage Schulte-Bahrenbergs (1990), dass<br />

eine Therapie ohne Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient kein optimales<br />

Ergebnis erreichen könne, finden sich in den Ergebnissen dieser Arbeit keine Hinweise.<br />

Die Therapien, die durch eine fehlende Zielübereinstimmung gekennzeichnet<br />

sind, weisen keine geringere Symptomverbesserung auf als Therapien mit höherer<br />

Übereinstimmung. Auch Tryon <strong>und</strong> Winograd fanden 2001 in ihrer Metaanalyse einen<br />

relativ hohen Anteil an Studien, die keinen Zusammenhang zwischen Zielübereinstimmung<br />

<strong>und</strong> <strong>Therapieerfolg</strong> erkennen ließen. In den meisten betrachteten Studien jedoch<br />

konnte dieser Zusammenhang gef<strong>und</strong>en werden. Das gef<strong>und</strong>ene Ergebnis steht somit in<br />

Einklang mit den Bef<strong>und</strong>en anderer Autoren bei insgesamt aber uneindeutiger Bef<strong>und</strong>lage.<br />

Die in der Literatur aufgeführten möglichen Gründe für einen fehlenden Zusammenhang<br />

lassen sich auch an dieser Stelle anbringen. Die Zielübereinstimmung liegt weder<br />

aus Patientensicht vor noch erfolgte die Erfassung anhand objektiver Indizes. Grawe<br />

<strong>und</strong> Parks (1994) nehmen diese Arten der Übereinstimmungserfassung jedoch nach einer<br />

Literatursichtung als Voraussetzung für eine Vorhersage des <strong>Therapieerfolg</strong>es aus<br />

129


der Zielübereinstimmung an. Die Fremdbewertung der Zielübereinstimmung in dieser<br />

Arbeit könnte demnach dazu geführt haben, dass kein Zusammenhang festzustellen war.<br />

Dass es weiterhin nicht nur auf die Zielübereinstimmung, sondern auch auf die tatsächliche<br />

Zielverfolgung im Therapieverlauf ankomme, bemerkt Schulte-Bahrenberg<br />

(1990). Ein höherer <strong>Therapieerfolg</strong> kann nach seinen Überlegungen aus der Zielübereinstimmung<br />

nur resultieren, wenn auf diese anfangs übereinstimmenden Ziele auch<br />

hingearbeitet wird. Da es zur Zielberücksichtigung im Rahmen dieser Untersuchung<br />

keine Angaben gab, konnte sie nicht überprüft werden <strong>und</strong> kommt als möglicher Einflussfaktor<br />

ebenfalls in Frage.<br />

Folgeuntersuchungen sollten dazu genutzt werden, die genannten methodischen Einschränkungen<br />

zu beheben. Zudem ist es bisher noch nicht gelungen, aus der uneinheitlichen<br />

Bef<strong>und</strong>lage die Bedingungen abzuleiten, unter denen ein Zusammenhang zwischen<br />

der Zielübereinstimmung <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> besteht. Dies bleibt eine interessante<br />

Fragestellung. Berücksichtigt man die Tatsache, dass die Zielübereinstimmung in den<br />

meisten Therapien nur teilweise zu bestehen scheint (vgl. Kapitel 12.1), kann der vorliegende<br />

Bef<strong>und</strong> eines fehlenden Zusammenhangs zwischen dieser Zielübereinstimmung<br />

<strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> aus Sicht der Patienten aber positiv bewertet werden.<br />

12.4 Diagnosespezifische Heterogenität der Therapiezielwahl<br />

Der in Kapitel 6 gegebene Überblick über die bisherige Forschungslage zur diagnosespezifischen<br />

Therapiezielwahl zeigte eine höhere Symptomfokussierung der <strong>Therapieziele</strong><br />

von Angstpatienten <strong>und</strong> Patienten mit Essstörungen im Vergleich zu denen depressiver<br />

Patienten. Deren <strong>Therapieziele</strong> wiesen eine größere Heterogenität auf. Dieser Bef<strong>und</strong><br />

wurde an den vorliegenden Daten noch einmal überprüft. Hierzu wurden die Diagnosegruppen<br />

„depressive Störungen“, „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ <strong>und</strong> „Essstörungen“<br />

gebildet.<br />

Sämtliche Studien, die in Kapitel 6 vorgestellt wurden, kommen zu dem einheitlichen<br />

Ergebnis, dass Patienten aller drei Störungsgruppen vorrangig störungsspezifische Ziele<br />

wählen, das heißt Ziele, die sich auf die diagnosespezifischen Probleme <strong>und</strong> Symptome<br />

130


eziehen. Einen Hinweis darauf gibt auch die Betrachtung der in dieser Untersuchung<br />

gef<strong>und</strong>enen prozentualen Häufigkeitsverteilung der Ziele über die Hauptkategorien der<br />

BIT-T. Die Patienten aller oben genannten Diagnosegruppen geben ebenfalls am häufigsten<br />

Ziele an, die sich auf die Problem- <strong>und</strong> Symptomreduktion beziehen. Da die<br />

Einordnung der Ziele hier aber nur auf der Ebene der Hauptkategorien vorgenommen<br />

wurde, lässt sich nicht eindeutig belegen, dass die problembezogenen Ziele der Patienten<br />

auch den theoretisch bekannten Symptomen ihrer Diagnosegruppe entsprachen. Dies<br />

würde eine Klassifikation auf Ebene der Kategorien der Taxonomie ermöglichen, die<br />

einzelne Zielthemen weiter aufschlüsselt. Es ist aber anzunehmen, dass die thematisierten<br />

Symptomatiken diagnosebezogen waren. Zum einen aufgr<strong>und</strong> vorliegender theoretischer<br />

Bef<strong>und</strong>e (z. B. Faller & Gossler, 1998), zum anderen aufgr<strong>und</strong> der Tatsache, dass<br />

die Zuweisung einer Diagnose nur dann vorgenommen wird, wenn die entsprechende<br />

diagnosespezifische Symptomatik vorliegt. Ein großer Teil der Ziele der Patienten der<br />

vorliegenden Stichprobe verteilt sich über die übrigen Hauptkategorien. Auch dies steht<br />

in Einklang mit der Literatur. So sagt beispielsweise Grosse Holtforth (2001), der die<br />

gleichen Diagnosegruppen betrachtet, dass diese neben den störungsspezifischen Zielen<br />

immer auch andere nennen. Es stellt sich nun die Frage, ob bestimmte Diagnosegruppen<br />

in höherem Maße problembezogene störungsspezifische Ziele nennen als andere <strong>und</strong> ob<br />

somit der Zielanteil in den übrigen Hauptkategorien ebenfalls unterschiedlich ausfällt.<br />

Die Betrachtung dieser eventuell verschieden ausgeprägten Heterogenität wird im Folgenden<br />

diskutiert.<br />

Anhand einer multivariaten Varianzanalyse zeigte sich zwischen den Gruppen ein signifikanter<br />

Unterschied in den Zielanzahlen, die in die einzelnen Hauptkategorien fielen.<br />

Dieser Unterschied lag jedoch nur für die Hauptkategorie „Interpersonale Ziele“ vor.<br />

Die Besetzungen aller anderen Hauptkategorien wiesen entgegen den Erwartungen keine<br />

diagnosespezifischen Mittelwertsunterschiede auf. Bei Betrachtung der einzelnen<br />

Diagnosegruppen zeigte sich, dass sich die einzige signifikante Differenz zwischen Patienten<br />

mit depressiven Störungen <strong>und</strong> Patienten mit Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

ergab. Depressive Patienten nannten im Mittel mehr interpersonale Ziele als Patienten,<br />

die unter Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen litten.<br />

Diese Bef<strong>und</strong>e widersprechen den Ergebnissen bisheriger Untersuchungen zu dieser<br />

Fragestellung (vgl. Berking et al., 2001; Berking, 2003; Berking, 2004; Grosse Holt-<br />

131


forth, 2001; Grosse Holtforth & Grawe, 2002; Grosse Holtforth et al., 2004). Diese sind<br />

mit der Durchführung der vorliegenden Untersuchung insofern gut vergleichbar, als<br />

dass alle Autoren die BIT-T zur Zielklassifikation heranzogen. Ein Unterschied zwischen<br />

den Studien liegt in der Bildung der Diagnosegruppen. Die einzelnen Autoren<br />

fassen teilweise unterschiedliche Einzeldiagnosen zu den drei genannten Gruppen zusammen.<br />

Bezüglich der Gruppe der Angstpatienten ist zu sagen, dass in einigen Studien<br />

auch Patienten mit Belastungsstörungen darunter gefasst werden. Die Gruppenbildung<br />

in dieser Arbeit wurde daher nach einem Überblick über die Vorgehensweise in anderen<br />

Studien so vorgenommen, dass sie eine möglichst große Vergleichbarkeit ermöglicht.<br />

Die Vergabe der Bezeichnung „Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen“ statt „Angststörungen“<br />

wurde der Korrektheit halber vorgenommen. In der vorliegenden Untersuchung<br />

fand sich kein Unterschied in der Zielverteilung zwischen Patienten mit Angst- <strong>und</strong> Belastungsstörungen<br />

<strong>und</strong> depressiven Patienten. Dies ist bemerkenswert, da alle im Vorfeld<br />

betrachteten Studien feststellen, dass Angstpatienten, unter die zum Teil auch die<br />

Patienten mit Belastungsstörungen subsumiert wurden, einen höheren Anteil auf ihre<br />

konkrete Problematik bezogener störungsspezifischer Ziele aufwiesen als depressive Patienten.<br />

Die Ziele dieser verteilten sich in allen Studien stärker über die übrigen Zielkategorien<br />

der BIT-T. Patienten mit Essstörungen wurden nur in wenigen Studien untersucht.<br />

Khalaf (1999) findet auch für diese Patientengruppe vorrangig Ziele, die sich auf<br />

die Symptomatik beziehen. Dieser Bef<strong>und</strong> wird von Grosse Holtforth (2001) bestätigt.<br />

Essgestörte Patienten seiner Stichprobe zeigten ebenso wie die Patienten mit Angststörungen<br />

mehr störungsspezifische Ziele als depressive Patienten. Die vorliegenden Ergebnisse<br />

passen nicht in dieses Bild, da die essgestörten Patienten dieser Arbeit sich in<br />

der Hauptkategorie „Problem- <strong>und</strong> Symptombewältigung“ nicht von den depressiven<br />

Patienten unterschieden. Es konnte lediglich gezeigt werden, dass essgestörte Patienten<br />

weniger interpersonale Ziele verfolgten als depressive Patienten. Das verstärkte Verfolgen<br />

interpersonaler Ziele durch depressive Patienten ist, folgt man Davison, Neale <strong>und</strong><br />

Hautzinger (2007), nicht verw<strong>und</strong>erlich, da es verschiedene interpersonale Theorien zur<br />

Entstehung <strong>und</strong> Aufrechterhaltung von Depression gibt. So beschreiben die Autoren<br />

beispielsweise die Ergebnisse verschiedener Studien, die belegen, dass Depressive nur<br />

geringe Netzwerke der sozialen Unterstützung besitzen, da sie durch ihr Verhalten die<br />

Ablehnung anderer Menschen wecken. Dies berichten sie für Essgestörte so nicht, obwohl<br />

Familienkonflikte vor allem in Zusammenhang mit Anorexia Nervosa diskutiert<br />

werden. Die Ergebnisse hierzu sind jedoch uneinheitlich. Aus diesen Überlegungen er-<br />

132


gibt sich die Frage, ob die interpersonalen Ziele der depressiven Patienten nicht ebenfalls<br />

als Bewältigung ihrer störungsspezifischen Problematik eingestuft werden müssen.<br />

Berking et al. stellten bereits 2004 die Vermutung auf, dass die Ziele depressiver Patienten,<br />

die sich nicht in die Kategorie „depressives Erleben“ der BIT-T einordnen lassen,<br />

mit assoziierten Symptomen <strong>und</strong> aufrechterhaltenden Faktoren zusammenhängen.<br />

Die beschriebenen Studien wurden fast ohne Ausnahme an stationären Patienten durchgeführt,<br />

während in der vorliegenden Untersuchung ambulante Daten verwendet wurden.<br />

Dieser Unterschied im Setting kommt so als mögliche Ursache für die abweichenden<br />

Ergebnisse dieser Arbeit in Frage. Die Untersuchung von Grosse Holtforth <strong>und</strong><br />

Grawe (2001) gibt jedoch einen Anhaltspunkt dafür, dass das Therapiesetting keine<br />

Rolle spielt. Sie vergleicht wiederum depressive Patienten <strong>und</strong> Patienten mit Angststörungen.<br />

Die von den Autoren verwendeten Daten stammen von Patienten einer poliklinischen<br />

Psychotherapieambulanz, sind mit denen dieser Arbeit also insofern gut vergleichbar.<br />

Dennoch zeigte sich nicht dasselbe Bef<strong>und</strong>muster. Die Angstpatienten gaben<br />

in Einklang mit den Bef<strong>und</strong>en an stationären Patienten mehr problembezogene Ziele an<br />

als depressive Patienten. Ein möglicher Einfluss des Therapiesettings auf die Heterogenität<br />

der Therapiezielwahl muss daher weiter untersucht werden, da weitere Bef<strong>und</strong>e an<br />

ambulanten Patienten der betrachteten Diagnosegruppen fehlen. Hierzu leisten die Ergebnisse<br />

dieser Arbeit einen wichtigen Beitrag. Auch andere mögliche Ursachenfaktoren<br />

gilt es in zukünftigen Studien herauszufinden. So sollte die Bildung der Diagnosegruppen<br />

über die verschiedenen Studien hinweg genau betrachtet werden. Sowohl für<br />

die Gruppe der depressiven Patienten als auch für die der Angstpatienten wurde die Zuordnung<br />

der Diagnosen zu den Diagnosegruppen wie oben erwähnt nicht einheitlich<br />

gestaltet. Hier wäre eine einheitliche Gruppenbildung in Zukunft sehr wünschenswert,<br />

um die Vergleichbarkeit der Bef<strong>und</strong>e zu erhöhen.<br />

Für keine der untersuchten Patientengruppen kann zusammenfassend von einem homogenen<br />

Therapieanliegen ausgegangen werden, da sich die Ziele trotz vorhandener Tendenz,<br />

die Symptome zu fokussieren, immer über alle Zielkategorien verteilten. <strong>Therapieziele</strong><br />

sind folglich trotz der sich abzeichnenden diagnosespezifischen Tendenzen eine<br />

individuelle Angelegenheit. Sie müssen daher immer zu Beginn einer psychotherapeutischen<br />

Behandlung erhoben werden, da nicht nur von störungsspezifischen problembezogenen<br />

Zielen des individuellen Patienten ausgegangen werden kann. Es ist folglich<br />

133


wichtig, in der psychotherapeutischen Ausbildung nicht nur störungsspezifisches Wissen<br />

zu lehren, sondern angehenden Therapeuten die Fähigkeit zu vermitteln, auf darüber<br />

hinausgehende Patientenanliegen ebenfalls adäquat einzugehen (Grosse Holtforth,<br />

2001).<br />

134


13 Gesamtzusammenfassung<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, vorhandene theoretische Bef<strong>und</strong>e zu Psychotherapiezielen<br />

zu sichten <strong>und</strong> einen Beitrag zur Erweiterung der empirischen Forschung auf<br />

diesem Gebiet zu leisten.<br />

Dazu wurde anhand von Daten aus Therapien, die an der Poliklinischen Psychotherapieambulanz<br />

der Universität Osnabrück durchgeführt wurden, die Zielübereinstimmung<br />

zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient erhoben. Ausgehend von der zusammengefassten Literatur<br />

wurde erwartet, dass die Zielübereinstimmung zwischen Therapeut <strong>und</strong> Patient nur<br />

teilweise vorliegt. Tatsächlich ergibt sich für die deutliche Mehrzahl der betrachteten<br />

Therapien eine Zielübereinstimmung, die nur zum Teil, aber nicht vollständig besteht.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Vermutung, dass sich die Zielübereinstimmung in Verhaltenstherapien<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch f<strong>und</strong>ierten Therapien unterscheidet, wurden die Ziele von Verhaltenstherapeuten<br />

<strong>und</strong> tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten verglichen. Die<br />

Verhaltenstherapeuten geben vorrangig Ziele an, die auf eine Problem- <strong>und</strong> Symptomreduktion<br />

gerichtet sind. Tiefenpsychologisch orientierte Therapeuten verfolgen vor allem<br />

Ziele der Selbstentwicklung, die sich auf Selbstwert, Selbstverwirklichung, Selbstkontrolle<br />

<strong>und</strong> Gefühlsregulation beziehen. Ebenso wie für die Verhaltenstherapeuten<br />

wird auch für die Patienten beobachtet, dass deren Ziele sich maßgeblich auf die Symptomreduktion<br />

<strong>und</strong> Problembewältigung beziehen. Entsprechend findet sich in der Tendenz<br />

eine bessere Zielübereinstimmung in Verhaltenstherapien als in tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Therapien. Es liegt jedoch kein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß<br />

der Zielübereinstimmung <strong>und</strong> dem <strong>Therapieerfolg</strong> vor. Ein solcher war angenommen<br />

worden, da Überlegungen zum therapeutischen Arbeitsbündnis einen positiven Einfluss<br />

einer bestehenden Zielübereinstimmung auf den <strong>Therapieerfolg</strong> nahe legen. Sehr deutlich<br />

zeichnete sich in bisherigen Bef<strong>und</strong>en eine größere Heterogenität der Therapiezielthemen<br />

stationär behandelter depressiver Patienten im Vergleich zu den vorwiegend<br />

symptombezogenen Zielen von Angstpatienten ab. Ebenso gibt es Hinweise, dass die<br />

Therapiezielthemen von Patienten mit Essstörungen denen der Angstpatienten ähneln.<br />

Dieses Muster lässt sich anhand der vorliegenden ambulanten Daten nicht bestätigen. Es<br />

zeigt sich lediglich, dass depressive Patienten mehr interpersonale Ziele verfolgen als<br />

essgestörte Patienten.<br />

135


In zukünftigen Untersuchungen lässt sich die Art der Zielerhebung verbessern, ebenso<br />

wie die Erfassung der Zielübereinstimmung. Eine Operationalisierung des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

sollte so erfolgen, dass die in dieser Untersuchung vernachlässigten Aspekte ergänzt<br />

werden. Um den Bef<strong>und</strong> einordnen zu können, dass keine Unterschiede zwischen<br />

depressiven Patienten <strong>und</strong> Angstpatienten in der Heterogenität der <strong>Therapieziele</strong> vorliegen,<br />

ist es notwendig, weitere Untersuchungen an ambulanten Patienten durchzuführen.<br />

136


IV Literaturverzeichnis<br />

Ambühl, H. (1994). Internationale Studie zur Entwicklung der Psychotherapeuten <strong>und</strong><br />

Psychotherapeutinnen. Ein Forschungsprojekt des "Collaborative Research Network"(CRN).<br />

Psychotherapeut, 39, 336-338.<br />

Ambühl, H., Orlinsky, D. & SPR Collaborative Research Network. (1997). Zum Einfluss<br />

der theoretischen Orientierung auf die psychotherapeutische Praxis. Psychotherapeut,<br />

42, 290-298.<br />

Ambühl, H. & Strauß, B. (Hrsg) (1999a). <strong>Therapieziele</strong>. Göttingen: Hogrefe.<br />

Ambühl, H. & Strauß, B. (1999b). <strong>Therapieziele</strong> – Ein „dunkles Kapitel“ in der Psychotherapieforschung?<br />

In H. Ambühl & B. Strauß. <strong>Therapieziele</strong>. Göttingen: Hogrefe.<br />

Amelang. M. & Schmidt-Atzert, L. (2006). Psychologische Diagnostik <strong>und</strong> Intervention.<br />

Heidelberg: Springer.<br />

Baekeland, F. & L<strong>und</strong>wall, L. (1975). Dropping out of treatment: A critical review. Psychological<br />

Bulletin, 82, 738-783.<br />

Baumann, U., Sodemann, U. & Tobien, H. (1980). Direkte versus indirekte Veränderungsdiagnostik.<br />

Zeitschrift für Differentielle <strong>und</strong> Diagnostische <strong>Psychologie</strong>, 1, 201-<br />

216.<br />

Bereiter, C. (1963). Some persisting dilemmas in the measurement of change. In C.W.<br />

Harris (Ed.). Problems in measuring change. Madison: The University of Wisconsin<br />

Press.<br />

Berking, M. (2003). <strong>Therapieziele</strong> in der psychosomatischen Rehabilitation. Dissertation,<br />

Georg-August-Universität, Göttingen. Verfügbar unter<br />

http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2004/berking/index.html [09.06.2008].<br />

137


Berking, M., Jacobi, C., & Masuhr, O. (2001). <strong>Therapieziele</strong> in der psychosomatischen<br />

Rehabilitation. Verhaltenstherapie <strong>und</strong> psychosoziale Praxis, 33, 259-272.<br />

Berking, M., Grosse Holtforth, M., Jacobi, C. & Kröner-Herwig, B. (2004). Sage mir<br />

deine Diagnose, <strong>und</strong> ich sage dir, was du willst: Inwieweit sind Therapiezielinhalte störungsspezifisch?<br />

Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong>, Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />

52, 223-236.<br />

Berking, M., Grosse Holtforth, M., Jakobi, C. & Kröner-Herwig, B. (2005). Empirically<br />

based guidelines for goal-finding procedures in psychotherapy: Are some goals easier to<br />

attain than others? Psychotherapy Research, 15, 316-324.<br />

Bordin, E.S. (1979). The generalizability of the psychoanalytic concept of the working<br />

alliance. Psychotherapy: Theory, Research and Practice, 16, 252-260.<br />

Bortz, J. (1999). Statistik für Sozialwissenschaftler (5. Auflage). Heidelberg: Springer<br />

Medizin.<br />

Bortz, J. & Döring, N. (2006). Forschungsmethoden <strong>und</strong> Evaluation für Human- <strong>und</strong><br />

Sozialwissenschaftler (4. Auflage). Heidelberg: Springer Medizin.<br />

Bräutigam, W., von Rad, M. & Engel, K. (1980). Erfolgs- <strong>und</strong> Therapieforschung bei<br />

psychoanalytischen Behandlungen. Zeitschrift für Psychosomatische Medizin <strong>und</strong> Psychoanalyse,<br />

26, 101-118.<br />

Bullinger, M. & Kirchberger, I. (1998). SF-36. Fragebogen zum Ges<strong>und</strong>heitszustand.<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

B<strong>und</strong>esPsychotherapeutenKammer (2008). Richtlinien des B<strong>und</strong>esausschusses der Ärzte<br />

<strong>und</strong> Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-<br />

Richtlinien). Verfügbar unter: http://www.bptk.de/service/rechtsquellen/92808.html<br />

[29.09.2008].<br />

138


B<strong>und</strong>t, R. (1999). <strong>Therapieziele</strong> von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten als Prozeßparameter in<br />

der stationären Psychotherapie. Unveröff. Diss., Humboldt-Universität, Berlin.<br />

Dahling, V. (2006). Externe Qualitätssicherung in sieben Berliner Tageskliniken am<br />

Beispiel individueller <strong>Therapieziele</strong>. Dissertation, Medizinische Fakultät der Charite –<br />

Universitätsmedizin, Berlin. Verfügbar unter<br />

http://www.diss.fu-berlin.de/cgi-bin/zip.cgi/2006/552/Fub-diss2006552.zip<br />

[09.06.2008]<br />

Davison, C. G, Neal, J. M. & Hautzinger, M. (2007). Klinische <strong>Psychologie</strong> (7. Auflage).<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Dimsdale, J. E. (1975). Goals of therapy on psychiatric inpatient units. Social Psychiatry,<br />

10, 1-7.<br />

Dimsdale, J. E., Shershow, J. C., Klerman, G. L. & Kennedy, A. M. (1978). Social press<br />

and its influence on psychiatric treatment goals. Social Psychiatry, 13, 153-157.<br />

Dimsdale, J. E., Klerman, G. L. & Shershow, J. C. (1979). Conflict in treatment goals<br />

between patients and staff. Social Psychiatry, 14, 1-14.<br />

Dirmaier, J. (2005). Profil Psychotherapeutischer Zielsetzungen - Konstruktion <strong>und</strong><br />

psychometrische Überprüfung eines Instruments zur therapeutenseitigen Messung von<br />

<strong>Therapieziele</strong>n. Dissertation, Universität Hamburg. Verfügbar unter<br />

http://www.sub.uni-hamburg.de/opus/volltexte/2005/2487/index.html [09.06.2008]<br />

Dirmaier, J., Koch, U., Kawski, S. & Schulz, H. (2002). <strong>Therapieziele</strong> als Qualitätsmanagement<br />

- Instrumentarium in der Psychosomatischen Rehabilitation. Zeitschrift für<br />

ärztliche Fortbildung <strong>und</strong> Qualitätssicherung, 96, 25-30.<br />

Donabedian A. (1966). Evaluating the quality of medical care. Milbank Memorial F<strong>und</strong><br />

Quarterly, 44, 166-203.<br />

139


Driessen, M., Sommer, B., Röstel, C., Malchow, C. P., Rumpf, H. & Adam, B. (2001).<br />

<strong>Therapieziele</strong> in der Psychologischen Medizin – Stand der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

eines standardisierten Instruments. Psychotherapie, Psychosomatik, medizinische <strong>Psychologie</strong>,<br />

51, 239-245.<br />

Eisenthal, S., Koopman, C. & Lazare, A. (1983). Process analysis of two dimensions of<br />

the negotiated approach in relation to satisfaction in the initial interview. Journal of<br />

Nervous and Mental Disease, 171, 49-54.<br />

Faller, H. (2000). <strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> Indikation: Eine Untersuchung der Fragebogenangaben<br />

von Patienten bei der psychotherapeutischen Erstuntersuchung. Psychotherapie,<br />

Psychosomatik, medizinische <strong>Psychologie</strong>, 50, 292-300.<br />

Faller, H. & Gossler, S. (1998). Probleme <strong>und</strong> Ziele von Psychotherapiepatienten - Eine<br />

qualitativ-inhaltsanalytische Untersuchung der Patientenangaben beim Erstgespräch.<br />

Psychotherapie, Psychosomatik, medizinische <strong>Psychologie</strong>, 48, 176-186.<br />

Flender, S. (2000). Goal Attainment Scaling in der Outcomemessung psychotherapeutischer<br />

Behandlungen. Unveröff. Diss., Westfälische Wilhelms-Universität, Münster.<br />

Franke, G. (1995). Die Symptom-Checkliste von Derogatis: SCL-90-R (Deutsche Version).<br />

Göttingen: Beltz Test.<br />

Franke, G. (2002). Symptom-Checkliste von L.R. Derogatis (Deutsche Version). Göttingen:<br />

Beltz Test.<br />

Frölich, S., Biskup, J., Kreische, R. & Staats, H. (2003). Entwicklung einer Taxonomie<br />

zur Erfassung von Veränderungen von Problemen <strong>und</strong> Zielen im Verlauf längerer Psychotherapien<br />

(PATH). 54. Arbeitstagung des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische<br />

Medizin (DKPM), Göttingen, 19. bis 22.03.2003. Psychotherapie, Psychosomatik,<br />

Medizinische <strong>Psychologie</strong>, 53, 106-107.<br />

Funke, W., Funke, J., Klein, M. & Scheller, R. (1987). Trierer Alkoholismus Inventar<br />

(TAI). Göttingen: Hogrefe.<br />

140


Göllner, R. (1983). Kategorien psychotherapeutischer Zielsetzung. Psychotherapie, Medizinische<br />

<strong>Psychologie</strong>, 33, 94-100.<br />

Grawe, K. (1982). Der Veränderungsprozeßbogen (VPB). In M. Zielke (Hrsg.). Diagnostik<br />

in der Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Grawe, K. (1998). Psychologische Therapie. Göttingen: Hogrefe.<br />

Grissom, G. R., Lyons, J.S. & Lutz, W. (2002). Standing on the shoulders of a giant:<br />

Development of an outcome management system based on a dose model and phase<br />

model of psychotherapy. Psychotherapy Research, 12, 397-412.<br />

Grosse Holtforth, M. (2001). Was möchten Patienten in ihrer Therapie erreichen? – Die<br />

Erfassung von <strong>Therapieziele</strong>n mit dem Berner Inventar für <strong>Therapieziele</strong> (BIT). Verhaltenstherapie<br />

<strong>und</strong> psychosoziale Praxis, 34, 241-258.<br />

Grosse Holtforth, M. & Grawe, K. (2002). Bern Inventory of Treatment Goals: Part 1.<br />

Development and first application of a taxonomy of treatment goal themes. Psychotherapy<br />

Research, 12, 79-99.<br />

Grosse Holtforth, M., Reubi, I., Ruckstuhl, L., Berking, M. & Grawe, K. (2004 ). The<br />

value of treatment-goal themes for treatment planning and outcome evaluation of psychiatric<br />

inpatients. International Journal of Social Psychiatry, 50, 81-91.<br />

Hartmann, A. & Herzog, T. (1995). Varianten der Effektstärkeberechnung in Meta-<br />

Analysen: Kommt es zu variablen Ergebnissen? Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong>,<br />

24, 337-343.<br />

Hautzinger, M., Bailer, M., Worall, H. & Keller, F. (1994). Beck-Depressions-Inventar<br />

(BDI). Bern: Huber.<br />

Hautzinger, M., Keller, F. & Kühner, C. (2006). Beck-Depressions-Inventar: BDI-II ;<br />

Manual. Frankfurt a. M.: Harcourt Test Services.<br />

141


Hessel, A., Schmacher, J., Geyer, M. & Brähler, E. (2001). Symptom-Checkliste SCL-<br />

90-R: Testtheoretische Überprüfung <strong>und</strong> Normierung an einer bevölkerungsrepräsentativen<br />

Stichprobe. Diagnostica, 47, 27-39.<br />

Heuft, G., Senf, W., Janssen, P. L., Lamprecht, F. & Meermann, R. (1995). Praktikabilitätsstudie<br />

zur qualitativen <strong>und</strong> quantitativen Ergebnisdokumentation stationärer Psychotherapie.<br />

Psychotherapie, Psychosomatik, medizinische <strong>Psychologie</strong>, 45, 303-309.<br />

Heuft, G., Senf, W., Wagener, R., Pintelon, C. & Lorenzen, J. (1996). Individuelle <strong>Therapieziele</strong>:<br />

Zur Ergebnisdokumentation stationärer Psychotherapie aus Patienten- <strong>und</strong><br />

Therapeutensicht. Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong>, Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />

44, 186-199.<br />

Heuft, G. & Senf, W. (Hrsg.) (1998). Praxis der Qualitätssicherung in der Psychotherapie:<br />

Das Manual zur Psy-BaDo. Stuttgart: Thieme.<br />

Heuft, G., Stricker, S., Langkafel, M., Schneider, G. & Senf, W. (1998). Qualitätssicherung<br />

in der Fachpsychotherapie - Empirische Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> ihre Relevanz. Zeitschrift<br />

für Medizinische <strong>Psychologie</strong>, 7, 128-135.<br />

Hill, C. E. & O`Grady, K. E. (1985). List of therapist intentions illustrated in a case<br />

study and with therapists of varying theoretical orientations. Journal of Counseling Psychology,<br />

32, 3-22.<br />

Hill, C. E. & Lambert, M. J. (2004). Methodological issues in studying psychotherapy<br />

process and outcome. In M. J. Lambert (Ed.). Handbook of Psychotherapy and Behavior<br />

Change. New York: Wiley.<br />

Höger, D. & Eckert, J. (1997). Der Bielefelder Klienten-Erfahrungsbogen (BIKEB). Ein<br />

Verfahren zur Erfassung von Aspekten des „Post-Session Outcome“ bei Psychotherapien.<br />

Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong>, 26, 129-137.<br />

142


Horowitz, L. M., Strauß, B. & Kordy, H. (1994). Inventar zur Erfassung interpersonaler<br />

Probleme, Manual (Deutsche Version). Weinheim: Beltz-Test.<br />

Horvath A. O. & Greenberg L. S. (1986). The development of the Working Alliance Inventory.<br />

In L. S. Greenberg & W. M. Pinsof (Ed.). The psychotherapeutic process: A<br />

research handbook. New York: Guilford.<br />

Howard, K. I., Lueger, R. J., Maling, M. S. & Martinovich, Z. (1993). A phase model of<br />

psychotherapy outcome: Causal mediation of change. Journal of Consulting and Clinical<br />

Psychology, 61, 678-685.<br />

Jacobson, N. S., Follette, W. C. & Revenstorf, D. (1984). Psychotherapy outcome research:<br />

Methods for reporting variability and evaluating clinical significance. Behavior<br />

Therapy, 15, 336-352.<br />

Jacobson, N. S. & Revenstorf, D. (1988). Statistics for assessing the clinical significance<br />

of psychotherapy techniques: Issues, problems, and new developments. Behavioral<br />

Assessment, 10, 133-145.<br />

Jacobson, N. S. & Truax, P. (1991). Clinical Significance: A statistical approach to defining<br />

meaningful change in psychotherapy research. Journal of Consulting and Clinical<br />

Psychology, 59, 12-19.<br />

Kassenärztliche B<strong>und</strong>esvereinigung (2007). Mitteilungen: Erläuterungen zu den Änderungen<br />

<strong>und</strong> Ergänzungen der Psychotherapie-Vereinbarungen inklusive einiger PTV-<br />

Formulare. Deutsches Ärzteblatt, 104, A 3431-A 3434.<br />

Kassenärztliche B<strong>und</strong>esvereinigung (2008). Vereinbarung über die Anwendung von<br />

Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung. Verfügbar unter:<br />

http://www.kbv.de/rechtsquellen/2308.html [29.09.2008].<br />

Kastner, S. & Basler, H. D. (1997). Messen Veränderungsfragebögen wirklich Veränderungen?<br />

Schmerz, 11, 254–262.<br />

143


Kazdin, A. E. (1999). The meanings and measurement of clinical significance. Journal<br />

of Consulting and Clinical Psychology, 67, 332-339.<br />

Khalaf, S. (1999). Individuelle <strong>Therapieziele</strong> bei Anorexia <strong>und</strong> Bulimia-Nervosa aus<br />

Patientinnen- <strong>und</strong> Therapeutensicht. Unveröff. Diss., Medizinische Universität, Lübeck.<br />

Kiresuk, T. J. & Sherman, R. E. (1968). Goal Attainment Scaling: A general method for<br />

evaluating comprehensive community mental health programs. Community Mental<br />

Health Journal, 4 , 443-453.<br />

Kiresuk, T. J. & L<strong>und</strong> S. H. (1978). Goal Attainment Scaling. In C. C. Attkisson, W. A.<br />

Hargreaves, M. J. Horowitz & J. E. Sorensen (Eds.). Evaluation of human service programs.<br />

New York: Academic Press.<br />

Kordy, H. & Hannöver, W. (1999). Zur Evaluation psychotherapeutischer Behandlung<br />

anhand individueller <strong>Therapieziele</strong>. In H. Ambühl & B. Strauß. <strong>Therapieziele</strong>. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Kottje-Birnbacher, L. & Birnbacher, D. (1999). Ethische Aspekte bei der Setzung von<br />

<strong>Therapieziele</strong>n. In H. Ambühl & B. Strauß. <strong>Therapieziele</strong>. Göttingen: Hogrefe.<br />

Krampen, G. & Hank, P. (2008). Prozessdiagnostik <strong>und</strong> kontrollierte Praxis. In B. Röhrle,<br />

F. Caspar & P. Schlottke (Hrsg.), Lehrbuch der klinisch-psychologischen Diagnostik.<br />

Stuttgart: Kohlhammer. Verfügbar unter:<br />

http://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/KPW/Prozessdiagnostik.pdf<br />

[09.06.2008].<br />

Lambert, M. J., Morton, J., Hatfield, D., Harmon, C. & Hamilton, S. (2004). Administration<br />

and scoring manual for the OQ-45.2. American Professional Credentialing<br />

Services.<br />

Larsen, D. L., Attkisson, C. C., Hargreaves, W. A. & Nguyen, T. D. (1979). Assessment<br />

of client/patient satisfaction: Development of a general scale. Evaluation and Program<br />

Planning, 2, 197-207.<br />

144


Leary, T. (1957). Interpersonal diagnosis of personality. New York: Ronald Press.<br />

Leichsenring, F., Biskup, A., Kreische, R. & Staats, H. (2005). The Göttingen study of<br />

psychoanalytic therapy: First results. International Journal of Psychoanalysis, 86, 433-<br />

455.<br />

Lenz, S. (2004). Stationäre Versorgungsqualität im Erleben länger behandelter psychisch<br />

Kranker: eine Untersuchung zur Globalbeurteilung von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten.<br />

Dissertation, Ruhr-Universität, Bochum. Verfügbar unter: http://www-brs.ub.ruhruni-bochum.de/netahtml/HSS/Diss/LenzSilvia/diss.pdf<br />

[09.06.2008]<br />

Lienert, G. A. & Raatz, U. (1998). Testaufbau <strong>und</strong> Testanalyse (6.Auflage). Psychologische<br />

Verlags Union: Weinheim.<br />

Lohmann (1980). Ziele <strong>und</strong> Strategien psychotherapeutischer Verfahren. In W. Wittling<br />

(Hrsg.). Handbuch der klinischen <strong>Psychologie</strong> (Bd. 2) . Hamburg: Hoffmann & Campe.<br />

Ludwig, G. (1982). Technische <strong>und</strong> ethische Implikationen von <strong>Therapieziele</strong>n. In:<br />

Zielke, M. (Hrsg). Diagnostik in der Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Lutz, W., Schürch, E., Stulz, N., Böhnke, J.R., Schöttke, H., Rogner, J., Wiedl, K.H. (in<br />

press). Entwicklung <strong>und</strong> psychometrische Kennwerte des Fragebogens zur Evaluation<br />

von Psychotherapieverläufen (FEP). Diagnostica.<br />

Marmar, C. R., Gaston, L., Gallagher, D. & Thompson, L. W. (1989). Alliance and outcome<br />

in late-life depression. The Journal of Nervous and Mental Disease, 177, 464-472.<br />

Michalak, J., Kosfelder, J., Meyer, F. & Schulte, D. (2003). Messung des <strong>Therapieerfolg</strong>es<br />

- Veränderungsmaße oder retrospektive Erfolgsbeurteilung. Zeitschrift für Klinische<br />

<strong>Psychologie</strong> <strong>und</strong> Psychotherapie, 32, 94–103.<br />

Michalak, J., Grosse Holtforth, M. & Veith, A. (2005). Wo soll`s denn nun eigentlich<br />

hingehen? Die Zielperspektive in der Psychotherapie. In: J. Kosfelder, J. Michalak, S.<br />

Vocks & U. Willutzki (Hrsg.). Fortschritte der Psychotherapieforschung. Hogrefe.<br />

145


Michalak, J., Grosse Holtforth, M. & Berking, M. (2007). Patientenziele in der Psychotherapie.<br />

Psychotherapeut, 52, 6-15.<br />

Minsel, W. (1977). Zur Frage einer Theorienbildung über dyadisches psychotherapeutisches<br />

Handeln. Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong> <strong>und</strong> Psychotherapie, 25, 231 -<br />

245.<br />

Möller, H. J. (1981). Kritische Stichwörter zur Psychotherapie. München: Fink.<br />

Mussell, M., Mitchell, J. E., Crosby, R. D., Fulkerson, J. E., Hoberman, H. M. &<br />

Romano, J. L. (2000). Commitment to treatment goals in prediction of group cognitive<br />

behavioural therapy treatment outcome for women with bulimia nervosa. Journal of<br />

Consulting and Clinical psychology, 68, 432-437.<br />

Orlinsky, D. E., Grawe, K. & Parks, B. K. (1994). Process and outcome in psychotherapy-<br />

Noch einmal. In A. E. Bergin & S. L. Garfield (Eds.). Handbook of psychotherapy<br />

and behavior change. New York: Wiley.<br />

Parloff, M. B. (1967 ). Goals in Psychotherapy: Mediating and Ultimate. In A. R.<br />

Mahrer (Hrsg.). The Goals of Psychotherapy. New York: Appleton-Century-Crofts.<br />

Percevic, R., Bauer, S. & Kordy, H. (2004). Was ist klinisch bedeutsam an klinisch bedeutsamer<br />

Veränderung? Demonstration einer Validierungsstrategie am Beispiel des<br />

SCL-90R GSI. Zeitschrift für Klinische <strong>Psychologie</strong> <strong>und</strong> Psychotherapie, 33, 165-171.<br />

Perrez, M. (1976). Zum Problem der Relevanzforderungen in der klinischen <strong>Psychologie</strong><br />

am Beispiel <strong>Therapieziele</strong>. In A. Iseler & M. Perrez (Hrsg.). Relevanz in der <strong>Psychologie</strong>.<br />

München: Reinhardt.<br />

Petermann (1978). Veränderungsmessung. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

146


Pöhlmann, K., Joraschky, P., Petrowski, K., Arnold, B. & Rausch, T. (2001). <strong>Therapieziele</strong><br />

<strong>und</strong> Lebensziele von Psychotherapieklienten: Problematische Zielkonstellationen<br />

<strong>und</strong> therapeutische Implikationen. Verhaltenstherapie <strong>und</strong> psychosoziale Praxis, 34,<br />

205-224.<br />

Rudolf, G. (2002). Konfliktaufdeckende <strong>und</strong> strukturfördernde Zielsetzungen in der tiefenpsychologisch<br />

f<strong>und</strong>ierten Psychotherapie. Zeitschrift für psychosomatische Medizin<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie, 48(2), 163-173.<br />

Ruff, W. & Werner, H. (1987). Das Therapieziel des Patienten als Kriterium für Prognose<br />

<strong>und</strong> Erfolg in der stationären Psychotherapie. Zeitschrift für psychosomatische<br />

Medizin <strong>und</strong> Psychoanalyse, 33, 238-251.<br />

Sack, M., Schmid-Ott, G., Lempa, W. & Lamprecht, F. (1999). Individuell vereinbarte<br />

<strong>und</strong> fortgeschriebene <strong>Therapieziele</strong> – Ein Instrument zur Verbesserung der Behandlungsqualität<br />

in der stationären Psychotherapie. Zeitschrift für psychosomatische Medizin<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie, 45, 113-127.<br />

Sack, M., Lempa, W., Lamprecht, F. & Schmid – Ott, G. (2003). <strong>Therapieziele</strong> <strong>und</strong> Behandlungserfolg:<br />

Ergebnisse einer Katamnese ein Jahr nach stationärer psychosomatischer<br />

Therapie. Zeitschrift für psychosomatische Medizin <strong>und</strong> Psychotherapie, 49, 63-<br />

73.<br />

Saß, H., Wittchen, H.-U. & Zaudig, M. (1998). Diagnostisches <strong>und</strong> Statistisches Manual<br />

Psychischer Störungen. DSM-IV. Deutsche Bearbeitung. Göttingen: Hogrefe.<br />

Schmidtchen, S. (1978). Handeln in der Kinderpsychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Schmitz, N. & Davies-Osterkamp, S. (1997). Klinische <strong>und</strong> Statistische Signifikanzdiskutiert<br />

am Beispiel der Symptom Check Liste (SCL-90-R). Diagnostica, 43, 80-96.<br />

Scholz, B. (1980). Dialog <strong>und</strong> Interaktion. Stuttgart: Enke.<br />

147


Schulte, D. (1993). Wie soll <strong>Therapieerfolg</strong> gemessen werden? Zeitschrift für Klinische<br />

<strong>Psychologie</strong>, 22, 374-393.<br />

Schulte, D. (1996). Therapieplanung. Göttingen: Hogrefe.<br />

Schulte-Bahrenberg, T. (1990). <strong>Therapieziele</strong>, Therapieprozeß, <strong>Therapieerfolg</strong>. Pfaffenweiler:<br />

Centaurus-Verlags-Gesellschaft.<br />

Seligman, M. (1995). The effectiveness of psychotherapy: The consumer reports study.<br />

American Psychologist, 50, 965-974.<br />

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel<br />

1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477)<br />

Staats, H., Biskup, J., Leichsenring, F. (1996). PATH – a method for investigating the<br />

development of problems and aims in therapy – in the Göttingen study on the effectiveness<br />

of psychoanalytic psychotherapy. Presentation at the 5 th European Conference on<br />

Psychotherapy Research, Cernobbio (Como), 4. 9. bis 7. 9. 1996. In SPR Italia (Hrsg.).<br />

SPR Programme & Abstracts, S. 145.<br />

Steffanowski, A., Lichtenberg, S., Schmidt, J., Huber, C., Wittmann, W. W. & Nübling,<br />

R. (2004). Ergebnisqualität psychosomatischer Rehabilitation: Zielerreichungsskalierung<br />

auf der Basis einer strukturierten Therapiezielliste. Rehabilitation, 43, 219-232.<br />

Stieglitz R.-D. & Haug, H.-J. (1995).Therapiezielbestimmung <strong>und</strong> –evaluation als Mittel<br />

zur Qualitätssicherung. In H.-J. Haug & R.-D. Stieglitz (Hrsg.). Qualitätssicherung<br />

in der Psychiatrie. Stuttgart: Enke.<br />

Stieglitz, R.-D. & Baumann, U. (2001). Veränderungsmessung. In R.-D. Stieglitz, U.<br />

Baumann & H. J. Freyberger (Hrsg.). Psychodiagnostik in Klinischer <strong>Psychologie</strong>, Psychiatrie<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie. Stuttgart: Thieme.<br />

148


Strauß, B. & Burgmeier-Lohse, M. (1995). Merkmale der „Passung“ zwischen Therapeut<br />

<strong>und</strong> Patient als Determinante des Behandlungsergebnisse in der stationären Gruppenpsychotherapie.<br />

Zeitschrift für psychosomatische Medizin, 41, 127-140.<br />

Strotzka, H. (Hrsg) (1975). Psychotherapie: Gr<strong>und</strong>lagen, Verfahren, Indikationen.<br />

München: Urban & Schwarzenberg.<br />

Sulz, S. K. (2001). Qualitätsmanagement in der ambulanten Psychotherapiepraxis. Psychotherapie,<br />

6, 30-56.<br />

Thompson, A. & Zimmerman, R. (1969). Goals of Counseling: Whose? When? Journal<br />

of Counseling Psychology, 16, 121-125.<br />

Tryon, G. S. & Winograd, G. (2001). Goal consensus and collaboration. Psychotherapy,<br />

38, 385-389.<br />

Von Rad, M., Schors, R., & Henrich, G. (1994). Stationäre psychoanalytische Psychosomatik:<br />

Konzepte – Basisdaten - <strong>Therapieziele</strong>. In B. Strauß & A. E. Meyer (Hrsg.).<br />

Psychoanalytische Psychosomatik: Theorie, Forschung <strong>und</strong> Praxis. Stuttgart: Schattauer.<br />

Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation WHO (2004). Internationale Klassifikation psychischer-<br />

Störungen (ICD-10) Kapitel V (F) Klinische <strong>und</strong> Diagnostische Leitlinien. Hrsg. u. Ü-<br />

bersetzung: A. Dilling, W. Mombour & M..Schmidt. Göttingen: Verlag Hans Huber.<br />

Wendisch, M. (1999). <strong>Therapieziele</strong> – Unterschiede im stationären <strong>und</strong> ambulanten Setting.<br />

In H. Ambühl & B. Strauß. <strong>Therapieziele</strong>. Göttingen: Hogrefe.<br />

Willer, B. & Miller, G. H. (1976). Client involvement in goal setting and its relationship<br />

to therapeutic outcome. Journal of Clinical Psychology, 32, 687-690.<br />

Zielke, M. (1999). Direkte <strong>und</strong> indirekte Veränderungsmessung bei Interventionsansätzen<br />

- Methoden <strong>und</strong> Ergebnisse. Praxis klinische Verhaltensmedizin <strong>und</strong> Rehabilitation,<br />

45, 3-13.<br />

149


Zielke, M. & Kopf-Mehnert, C. (1978). Veränderungsfragebogen des Erlebens <strong>und</strong><br />

Verhaltens (VEV). Weinheim: Beltz.<br />

Zielke, M. & Kopf-Mehnert, C. (2001). Der VEV-R-2001: Entwicklung <strong>und</strong> testtheoretische<br />

Reanalyse der revidierten Form des Veränderungsfragebogens des Erlebens <strong>und</strong><br />

Verhaltens (VEV). Praxis Klinische Verhaltensmedizin <strong>und</strong> Rehabilitation, 14, 7-19.<br />

150


V Anhang<br />

Taxonomie des Berner Inventars für <strong>Therapieziele</strong><br />

(BIT-T; Version 4.0)<br />

151


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

BIT-T Version 4.0<br />

© Psychotherapeutische Praxisstelle<br />

<strong>Institut</strong> für <strong>Psychologie</strong><br />

Universität Bern<br />

Nur für internen Gebrauch!<br />

Hauptkategorien: (5/6 inklusive der Restkategorie)<br />

Kategorien<br />

(31/43)<br />

Unterkategorien<br />

(50/109)<br />

Prototypische Beispiele<br />

p Problem- & Symptombewältigung (Kategorien: 12/14; Unterkategorien: 18/44)<br />

p1 Depressives<br />

Erleben<br />

• Positiv formulierte Ziele<br />

mit depressivem<br />

Kontext werden bei<br />

w3.2 kategorisiert.<br />

p1.1 Negative Gedanken <strong>und</strong> Gedankenabläufe<br />

Gedanken zu bedrückenden Themen<br />

kontrolliert beginnen <strong>und</strong> beenden können.<br />

p1.2 Negative Stimmung Lernen, besser mit meinen Stimmungsschwankungen<br />

umzugehen.<br />

p1.3 Antriebs- & Energielosigkeit Wieder zu Kraft <strong>und</strong> Energie kommen.<br />

p1.0 NNB Meine Depression bewältigen.<br />

p1.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Alarmsignale meiner Depression erkennen.<br />

p2 Suizidalität &<br />

Selbstdestruk-<br />

p2.1 Selbstdestruktives Verhalten In belastenden Situationen Alternativen zur<br />

Selbstverletzung finden.<br />

tives Verhalten p2.2 Suizidalität Keine suizidalen Gedanken mehr haben.<br />

p2.0 NNB Mit meiner Todessehnsucht <strong>und</strong> meinem<br />

Drang nach Selbstverletzung umgehen<br />

lernen<br />

p2.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Gründe meines Suizidversuchs erörtern.<br />

p3 Ängste p3.1 Ängste bezüglich spezifischen<br />

Situationen/Orte/Tätigkeiten<br />

Angst, die mich in fensterlosen Räumen<br />

befällt, kontrollieren können..<br />

• Ängste in<br />

interpersonalen<br />

Situationen p3.3<br />

• Angst vor Ablehnung<br />

etc. i6.2<br />

p3.2 Panikanfälle (Angstanfälle, -attacken) Bei einsetzender Angstattacke aus dem<br />

Mechanismus aussteigen können.<br />

p3.3 Soziale Ängste Wieder alleine ohne Angst unter die Leute<br />

gehen können.<br />

p3.0 NNB Lernen, mit meinen Ängsten umzugehen.<br />

p3.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Die Ursachen meiner Phobie herausfinden.<br />

p4 Zwänge p4.0 Zwangssymptome Normal 1-2 mal pro Tag duschen können.<br />

p4.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Wissen, wie es zu den Zwangsritualen<br />

gekommen ist.<br />

- 1 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

p5 Traumata p5.0 Traumata Keine Albträume mehr über meine<br />

Vergewaltigungen haben.<br />

Keine unkontrollierbaren Erinnerungen<br />

haben.<br />

p5.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

Flashbacks als Teil meiner Störung<br />

verstehen.<br />

p6 Suchtverhalten<br />

(stoffgeb<strong>und</strong>en)<br />

• Bei Unsicherheit, ob nur<br />

Entzug oder nur<br />

Entwöhnung gemeint ist<br />

p6.0<br />

p6.1 Körperlicher Entzug Heroin-Entzug durchführen.<br />

p6.2 Entwöhnung Nach Auseinandersetzung mit meiner Frau<br />

Alternativen zum Trinken finden.<br />

p6.0 NNB Umgang mit der Sucht.<br />

p6.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Antworten auf die Frage finden:“Was hat zu<br />

den Alkoholproblemen geführt?"<br />

p7 Essverhalten p7.1 Bewältigen von Essstörungen im engeren<br />

Sinne<br />

Meine Essattacken besser kontrollieren.<br />

p7.2 Übergewicht Abnehmen.<br />

p7.0 NNB Mein Essen zeitlich <strong>und</strong> mengenmässig<br />

richtig einstellen.<br />

p7.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Gründe meiner Magersucht analysieren.<br />

p8 Schlaf p8.0 Schlafprobleme Wieder normal durchschlafen können.<br />

p8.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Den Ursachen meines Früherwachens auf<br />

den Gr<strong>und</strong> gehen.<br />

p9 Sexualität<br />

p9.0 Sexuelle Probleme Mit meiner Impotenz umgehen lernen.<br />

• Sexualität in<br />

Partnerschaft i1.2<br />

• Sex ausserhalb der<br />

Beziehung leben <br />

i7.3<br />

• Homosexualität<br />

akzeptieren s2.1<br />

p9.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Die Ursachen meiner Orgasmusstörung<br />

herausfinden<br />

p10 Umgang mit<br />

körperbezogenen<br />

Problemen<br />

• Ändern des<br />

korperbezogenen<br />

Problems r3<br />

• Sofern kein psychischer<br />

Aspekt erschliessbar ist<br />

r3<br />

p 10.1 Schmerz (psychischer Aspekt)<br />

p10.2 Chronische Krankheiten (psychischer<br />

Aspekt)<br />

p10.0 NNB<br />

- 2 –<br />

Mit meinen Rückenschmerzen umgehen<br />

lernen.<br />

Akzeptieren HIV – infiziert zu sein.<br />

Achtung:<br />

Chemotherapie durchführen r3<br />

Altersbeschwerden annehmen lernen.<br />

p10.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Behinderung akzeptieren.<br />

Mit Tinnitus umgehen können.<br />

Achtung:<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

Körperliche Rehabilitation r3<br />

p11 Probleme in<br />

umschriebenen<br />

Lebensbereichen<br />

& Stress<br />

allgemein<br />

• Prüfungsängste <br />

p3.1<br />

• Berufliche<br />

Neuorientierung o1.2<br />

• Arbeits- <strong>und</strong><br />

Stellensuche r2<br />

• Probleme mit<br />

bestimmten<br />

Vorgesetzten i4.1<br />

• Innere Unruhe;<br />

Nervosität w2.0<br />

p11.1 Stress Lernen, mit Stress umzugehen.<br />

p11.2 Wohnsituation Verantwortungsbereiche in unserer WG<br />

besprechen.<br />

p11.3 Ausbildung & Arbeit Probleme auf der Arbeit angehen <strong>und</strong><br />

versuchen zu lösen.<br />

p11.4 Organisation des Alltages;<br />

Tagesstruktur; Zeitplanung<br />

p11.0 NNB<br />

Stärkung der Fähigkeiten zur<br />

Alltagsbewältigung;.<br />

Bessere Tagesstruktur; mit Zeit umgehen.<br />

p11.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Lernen, mit Leistungssituationen besser<br />

umzugehen.<br />

p 12<br />

Medikamente<br />

p12.0 Medikamente Meine Medikamente absetzen.<br />

• Abhängigkeit p6 p12.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Wirkungsweise meiner Neuroleptika<br />

verstehen.<br />

p0 NNB p0.0 NNB Lernen, mit der Krankheit zu leben.<br />

Mit meinem Risikoverhalten umgehen lernen.<br />

p99 Andere<br />

spezifische<br />

Probleme<br />

p99.0 Andere spezifische Probleme Manie; psychotische Probleme; Kleptomanie;<br />

Delinquenz; Glücksspiel usw.<br />

- 3 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

i Interpersonale Ziele (Kategorien: 7/9; Unterkategorien:12/24)<br />

i1<br />

Bestehende<br />

Partnerschaft<br />

• Sexualität ausserhalb<br />

bestehenden<br />

Beziehungen i7.1<br />

i1.1 Partnerbeziehung verbessern<br />

(interpersonal)<br />

Unsere Probleme in der Partnerschaft<br />

bewältigen lernen.<br />

i1.2 Sexualität in der Partnerschaft verbessern Erfülltes Sexualleben mit meinem Mann<br />

haben.<br />

i1.3 Individuelles Ziel/Problem in Partnerschaft<br />

bewältigen<br />

Angst vor Partnerverlust bewältigen.<br />

Für <strong>und</strong> Wider einer Trennung abwägen.<br />

i1.0 NNB Interesse aneinander steigern.<br />

i1.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Ehegespräch anstreben, um über den<br />

Missbrauch sprechen zu können.<br />

i2<br />

Aktuelle Familie<br />

• Ziele/Probleme bezüglich<br />

der Eltern/Vorfahren<br />

i3.0<br />

i2.1 Ziele im Zusammenhang mit Elternschaft<br />

(intra & inter)<br />

Kinderlosigkeit akzeptieren.<br />

Dem Sohn mehr Verantwortung übergeben.<br />

i2.2 Ziele bezüglich der Familie als ganzer Familiäre Situation verbessern.<br />

Mit Mann <strong>und</strong> Kindern über die Situation<br />

reden.<br />

i3 Herkunftsfamilie i3.0 Ziele / Probleme im Zusammenhang mit<br />

Herkunftsfafmilie (intra & inter)<br />

Mich endlich von meinem Vater ablösen.<br />

Die Beziehung mit meinen Eltern bereinigen.<br />

i4<br />

Andere konkrete<br />

Beziehungen<br />

i4.0 Ziele / Probleme in anderen konkreten<br />

Beziehungen (intra & inter)<br />

Wieder mit meiner Nachbarin sprechen<br />

können.<br />

Beziehung mit meinem Ex-Partner bereinigen.<br />

i5<br />

Alleinsein &<br />

Trauer<br />

i5.1 Umgang mit dem Alleinsein Wissen, wie ich die Zeit während der<br />

Abwesenheit meiner Partnerin überbrücke.<br />

i5.2 Trauer <strong>und</strong> Verarbeiten von Verlust Den Tod meines Mannes verarbeiten.<br />

i5.0 NNB <br />

i5.99 Andere spezifische Ziele/Probleme <br />

i6<br />

Selbstbehauptung<br />

& Abgrenzung<br />

• Bei Unsicherheit ob i6.1<br />

oder i6.2 i6.0<br />

• Bei Grenzitems: i6 vor i7<br />

codieren.<br />

• Sich abgrenzen von<br />

Problemen s2.1<br />

• Seine Sachen<br />

unabhängig von der<br />

Meinung anderer machen<br />

i6.1 Selbstbehautung <strong>und</strong> Abgrenzung<br />

im Verhalten(interpersonal)<br />

i6.2 Selbstbehautung <strong>und</strong> Abgrenzung innerlich,<br />

in der Einstellung (intrapsychisch)<br />

Sich durchsetzen, wehren <strong>und</strong> abgrenzen<br />

können, auch gegen Widerstand.<br />

Nein-Sagen können; kritisieren können.<br />

Konfliktfähiger werden.<br />

Mit Kränkung, Kritik umgehen können.<br />

Mir erlauben, Nein zu sagen <strong>und</strong> keine<br />

Schuldgefühle dabei haben.<br />

i6.0 NNB Sich von anderen abgrenzen können.<br />

Neg. Gefühle ohne Angst vor Ablehnung<br />

ausdrücken.<br />

s2.2 i6.99 Andere spezifische Ziele/Probleme In Konflikten den Standpunkt<br />

anderer gelten lassen.<br />

- 4 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

i7<br />

Kontakt, Nähe,<br />

Austausch<br />

i7.1 (Mehr) Kontakt aufnehmen; zwischenmenschlichen<br />

Austausch verbessern<br />

(interpersonal)<br />

Unter die Leute gehen; zuhören lernen.<br />

Lernen, Bedürfnisse anderer besser<br />

wahrzunehmen.<br />

• Items wie „sozialer<br />

Rückzug“ i7.0<br />

i7.2 Nähe zulassen; für Beziehungen öffnen<br />

(intrapsychisch)<br />

Die Angst vor Bindung abbauen.<br />

Vertrauen zu anderen Person(en) aufbauen.<br />

i7.3 Neue Partnerschaft; Intimität Eine Beziehung eingehen, eine intime<br />

Beziehungen aufbauen.<br />

Eine Partnerin finden.<br />

i7.0 NNB<br />

Fre<strong>und</strong>eskreis aufbauen <strong>und</strong> Partner finden.<br />

i7.99 Andere spezifische Ziele/Probleme Lernen, eigenes Befinden nur in passenden<br />

Situationen mitzuteilen.<br />

sich Hilfe holen können.<br />

i0 NNB i0.0 NNB Die Beziehung klären.<br />

Allgemeine Beziehungsfähigkeit.<br />

i99 Andere<br />

interpersonale<br />

Ziele/Probleme<br />

i99.0 Andere interpesonale Ziele/Probleme Lernen zu vergeben.<br />

- 5 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

w Wohlsein / better functioning (Kategorien: 3/5; Unterkategorien: 7/15)<br />

w1 Bewegung &<br />

Aktivität<br />

w1.1 Mehr Bewegung Wieder regelmässig wandern gehen.<br />

w1.2 Mehr Aktivitäten (ausser Bewegung) Mindestens einmal pro Woche abends<br />

ausgehen.<br />

w1.0 NNB Aktiver werden.<br />

Hobbies wieder vermehrt ausüben.<br />

w1.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

w2 Entspannung<br />

& Gelassenheit<br />

• Erholung; Distanz<br />

gewinnen r1<br />

• innere Unruhe, Nervosität<br />

w2.0<br />

w2.1 Lernen, sich zu entspannen <strong>und</strong><br />

erholen (Entspannungstechniken)<br />

w2.2 Ruhiger <strong>und</strong> gelassener werden; sich<br />

gelassener verhalten<br />

Möglichkeiten zur Entspannung finden.<br />

Lernen, Probleme gelassener zu<br />

nehmen.<br />

w2.0 NNB Gelassener sein.<br />

w2.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

w3 Wohlbefinden<br />

w3.1 Psychisches Wohlbefinden ohne<br />

erkennbaren depressiven Kontext<br />

Lebensenergie,-geister steigern.<br />

Voller Optimismus sein.<br />

• Ausschlaggebend für die<br />

Unterscheidung von w3.1<br />

<strong>und</strong> w3.2 sind Angaben<br />

zum Ist-Zustand des<br />

Klienten/der Klientin, wie<br />

z.B. die Diagnose.<br />

w3.2 Psychisches Wohlbefinden mit<br />

depressivem Kontext<br />

Wieder Freude am Leben haben können.<br />

w3.3 Körpergefühl Den Körper besser wahrnehmen.<br />

Meinen Körper akzeptiern lernen, gut finden.<br />

w3.0 NNB Mich wohl fühlen (körperlich & psychisch).<br />

w3.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

w0 NNB w0.0 NNB Förderung des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens.<br />

Zu sich selber lieb sein.<br />

w99 Andere Ziele/<br />

Probleme des<br />

Wohlseins<br />

w99.0 Andere Ziele/Probleme des Wohlseins<br />

- 6 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

o Orientierung (Kategorien: 2/4; Unterkategorien: 3/6)<br />

o1 Selbstreflexion<br />

& Zukunft<br />

• Erklärung <strong>und</strong> Gründe für<br />

die eigen Erkrankung<br />

p99<br />

• Verarbeiten vonTraumata<br />

p5.1<br />

• Arbeit finden r2<br />

• Situation am Arbeitsplatz<br />

klären p11.3<br />

o1.1 Vergangenheit klären <strong>und</strong> verarbeiten Mit meiner Vergangenheit leben lernen, sie<br />

akzeptieren.<br />

Klarheit <strong>und</strong> Ordnung in meine<br />

Kindheitsgeschichte bringen.<br />

o1.2 Selbstreflexion & Zukunftsperspektiven Klarheit bezüglich meinen Fähigkeiten<br />

gewinnen.<br />

Entdecken eigener Interessen.<br />

Wissen, wie es mit mir weitergeht.<br />

Berufliche Perspektiven abklären.<br />

o1.0 NNB <br />

o2 Sinnfindung o2.0 Spirituelle-, religiöse- <strong>und</strong> Sinnfragen;<br />

Lebenssinn.<br />

Meinem Leben einen neuen Sinn geben.<br />

o0 NNB o0.0 NNB<br />

o99 Andere Ziele/<br />

Probleme der<br />

Orientierung<br />

o99.0 Andere Ziele der Orientierung<br />

- 7 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

s Selbstentwicklung (Kategorien: 4/6; Unterkategorien: 6/15)<br />

s1<br />

Selbstbewusstsein,<br />

Selbstwert<br />

& eigene<br />

Schwächen<br />

s1.1 Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen,<br />

Selbstwertgefühl steigern (intrapsychisch)<br />

s1.2 Sich selber akzeptieren lernen (sowohl<br />

Stärken wie Schwächen)<br />

Meine Selbstzweifel überwinden.<br />

Wieder mehr Selbstvertrauen haben.<br />

Mich akzeptieren, so wie ich bin.<br />

Sich loben für die eigene Leistung.<br />

• Meine schwachen Seiten<br />

erkennen o1.2<br />

s1.0 NNB Minderwertigkeitsgefühle.<br />

s1.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

s2<br />

Selbstverwirklichung<br />

s2.1 Respektieren eigener Bedürfnisse,<br />

Wünsche & Grenzen<br />

Sich nicht zuviel zumuten.<br />

Lernen, die Grenzen selber zu setzen.<br />

Sinnvolle Prioritäten setzen (Arbeit, Therapie,<br />

Familie, Freizeit).<br />

s2.2 Verwirklichen eigener Pläne & Wünsche Lernen zu tun, was ich will.<br />

Einfach Dinge tun, zu denen ich Lust habe.<br />

s2.0 NNB Selbständig werden.<br />

s2.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

s3 Selbstkontrolle s3.1 Verantwortung u. Kontrolle übernehmen;<br />

Entscheidungen treffen<br />

s3.2 Kontrolle & Verantwortung abgeben<br />

lernen; Leistungsanspruch <strong>und</strong><br />

Perfektionismus mässigen<br />

Entscheidungen besser treffen lernen.<br />

Weniger hohe Ansprüche an sich haben.<br />

Lernen, Aufgaben zu delegieren.<br />

s3.0 NNB<br />

s3.99 Andere spezifische Ziele/Probleme<br />

s4<br />

Gefühlsregulation<br />

s4.0 Umgang mit Gefühlsregungen Gefühle zulassen dürfen.<br />

Mit Ärger umgehen lernen.<br />

• Lernen, anderen Gefühle<br />

mitzuteilen i6.1<br />

• Schuldgefühle abbauen<br />

p1.0<br />

s0 NNB s0.0 NNB Aus Ich-Zentriertheit herausfinden.<br />

Sich selbst entwickeln.<br />

s99 Andere Ziele/<br />

Probleme<br />

der Selbstentwicklung<br />

s99.0 Andere Ziele/Probleme der<br />

Selbstentwicklung<br />

Selbständigkeit: Ohne die Hilfe der Eltern<br />

zurecht kommen.<br />

- 8 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

r Nicht kategorisierbare Ziele/Probleme; keine <strong>Therapieziele</strong><br />

(Kategorien: 3/5; Unterkategorien: 5)<br />

r1<br />

Regeneration<br />

(insb. stationär)<br />

r1.0 Regeneration Krisenüberbrückung<br />

Abstand gewinnen.<br />

r2<br />

Psychosoziale<br />

(Rehabilitations-)<br />

Ziele/Probleme<br />

r2.0 Psychosoziale (Rehabilitations-)<br />

Ziele/Probleme<br />

2-3 Tageskliniken ansehen;<br />

Überschuldung;<br />

Nachbetreuung nach stat. Behandlung.<br />

finanzielle Situation klären<br />

r3<br />

Somatische<br />

(Rehabilitations-)<br />

Ziele/Probleme<br />

r3.0 Somatische (Rehabilitations-)<br />

Ziele/Probleme<br />

Lungenentzündung<br />

Körperliche Probleme<br />

Körperhygiene, Inkontinenz<br />

r0<br />

Nicht<br />

kategorisierbare<br />

Ziele/Probleme<br />

r0.0 Nicht kategorisierbare<br />

Ziele/Probleme<br />

Psychisch ges<strong>und</strong> werden.<br />

Probleme bewältigen.<br />

Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

Stabiler werden<br />

r99 Keine<br />

<strong>Therapieziele</strong><br />

r99.0 Keine <strong>Therapieziele</strong> Von anderen akzeptiert werden.<br />

6er im Lotto.<br />

Fre<strong>und</strong> soll clean werden.<br />

• Auch Ziele/Probleme, die<br />

vom Klienten/von der<br />

Klientin nicht<br />

beeinflussbar sind.<br />

- 9 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

BIT-T Version 4.0<br />

Der BIT-T ist eine empirisch konstruierte Taxonomie zur inhaltlichen<br />

Kategorisierung von Psychotherapiezielen. Der BIT-T wurde im wesentlichen<br />

phänomenologisch <strong>und</strong> nicht theoriegeleitet konstruiert.<br />

Der BIT-T ist hierarchisch in drei Ebenen aufgeteilt:<br />

- Oberkategorien (5/ respektive 6 mit der Restkategorie)<br />

- Kategorien (31/43)<br />

- Unterkategorien (50/109)<br />

Tabellarische Übersicht über die Kategorien des BIT 4.0<br />

Problem-<br />

Symptom bez.<br />

Inter-<br />

personal<br />

Wohlsein Orientierung Selbstentwicklung<br />

p i w o s<br />

• 12 (14) Kat. • 7 (9) Kat. • 3 (5) Kat. • 2 (4) Kat. • 4 (6) Kat.<br />

18 (44) UK 12 (24) UK 7 (15) UK 3 (6) UK 6 (15) UK<br />

• depr. Erleben<br />

• Suizid<br />

• Ängste<br />

• Zwänge<br />

• Traumata<br />

• Sucht<br />

• Essverhalten<br />

• Schlaf<br />

• Sexualität<br />

• körperbez. P.<br />

• Stress<br />

• Medikamente<br />

• Partnerschaft<br />

• Aktuelle Fam.<br />

• Herkunftsfam.<br />

• Andere<br />

Beziehungen<br />

• Alleinsein,<br />

Trauer<br />

• Selbstbehauptung<br />

• Kontakt<br />

Das BIT-T (Version 4.0) enthält 31<br />

Kategorien, verteilt auf 5 Oberkategorien<br />

<strong>und</strong> eine Restoberkategorie (r). Jede<br />

Kategorie enthält mindestens zwei<br />

Restkategorien (0 <strong>und</strong> 99) <strong>und</strong> allfällige<br />

Unterkategorien. Hier sind nur die<br />

Oberkategorien mit ihren Kategorien<br />

aufgeführt. Die Restkategorien (0 <strong>und</strong> 99)<br />

sowie die Unterkategorien fehlen.<br />

• Bewegung,<br />

Aktivität<br />

• Entspannung<br />

• Wohlbefinden<br />

Restkategorie<br />

r<br />

• Selbstreflex. &<br />

Zukunft<br />

• Sinnfindung<br />

Nicht kategorisierbare<br />

Ziele/Probleme &<br />

Ziele/Probleme, die keine<br />

Therapiezie/-probleme sind.<br />

• 3 (5) Kat.<br />

3 (5) UK<br />

• Regeneration<br />

• Psychosoz.<br />

Rehab.<br />

• Somatische<br />

Rehab<br />

• Selbstwert<br />

• Selbstverwirklichung<br />

• Selbstkontrolle<br />

• Gefühlsregulation<br />

- 10 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

Die Taxonomie enthält einerseits die Kategorienbezeichnungen (erste <strong>und</strong> zweite<br />

Spalte), andererseits prototypische Beispiele (dritte Spalte). Bei Themenbereichen,<br />

die je nach Perspektive in verschiedenen Oberkategorien (respektive Kategorien)<br />

codiert werden können, sind jeweils Querverweise zu den verwandten Kategorien<br />

in Kasten angefügt.<br />

Allgemeine Codierungsrichtlinien<br />

• Es soll nur der Inhalt der Ziele codiert werden. Interpretationen sollen<br />

vermieden werden, es interessieren nur die ausformulierten Inhalte.<br />

• Jedes Ziel wird zuerst einer der 5/6 Hauptkategorien zugeordnet. Erst dann wird<br />

die Kategorie <strong>und</strong> die Unterkategorie (sofern möglich) zugeteilt.<br />

• Jedes Ziel muss mindestens auf Ober- <strong>und</strong> Kategorienebene codiert werden.<br />

Leitfragen<br />

Bei Unsicherheit bezüglich der Zuordnung zu einer Kategorie gelten folgende<br />

Leitfragen:<br />

Allgemein:<br />

• Quantität: Welche Kategorie bildet die Information des Items möglichst<br />

umfassend ab?<br />

• Spezifität: Welche Kategorie ist für die Information des Items die<br />

spezifischere?<br />

• Ziel vor Problem: Werden sowohl Probleme wie auch Ziele umschrieben,<br />

soll das Ziel geratet werden. Werden nur Problembereiche angegeben, so<br />

sind sie in Problem-/Symptomlinderungsziele um zu interpretieren.<br />

Bei mehreren Zielen<br />

• Relevanz: Suizid hat beispielsweise immer Vorrang.<br />

• Konkretes vor Diffusem: Klar formulierte Ziele werden vagen<br />

Umschreibungen vorgezogen.<br />

• Reihenfolge: Bei Gleichwertigkeit der Ziele wird die Reihenfolge<br />

berücksichtigt.<br />

Doppelcodierung<br />

Erfüllt ein Ziel gleichzeitig die Kriterien für zwei verschiedene Kategorien <strong>und</strong> kann<br />

innerhalb des Raterteams kein Konsens gef<strong>und</strong>en werden, ist Doppelcodierung<br />

möglich.<br />

Achtung: Eine Doppelcodierung kann nur auf Hauptkategorienebene <strong>und</strong><br />

Kategorienebene vergeben werden. Wird auf Unterkategorienebene kein Konsens<br />

gef<strong>und</strong>en, so ist die Restkategorie 0 zu vergeben!<br />

Beispiel 1: „Umgang mit Konflikten: Weder in sich hineinfressen, noch<br />

explodieren.“ Wird mit i6.0 codiert, s4.1 wird allenfalls als zweite Codierung<br />

angefügt.<br />

Beispiel 2: „Will Entzug machen. Lernen mit Sucht umzugehen.“ (Code p6.0)<br />

- 11 –<br />

februar 2001


B I T - T - V e r s i o n 4 . 0<br />

Restkategorien<br />

In Anlehnung an die ICD-10 enthalten die Oberkategorien <strong>und</strong> Kategorien jeweils<br />

zwei Restkategorien:<br />

• 0 wird codiert, wenn das Item der nächsten unteren Ebene nicht eindeutig<br />

zugeordnet werden kann. Mit 0 codierte Z/P auf Kategorien- oder<br />

Oberkategorienebene sind entweder vage, diffus formuliert oder können<br />

mangels zusätzlicher Information nicht weiter zugeordnet werden.<br />

Beispiel 1: „Krankheit bewältigen“: Wird p0 zugeordnet, da es sich um<br />

Symptombewältigung handelt, eine genauere Zuordnung aufgr<strong>und</strong> des Ziels aber<br />

nicht möglich ist.<br />

Beispiel 2: „Alkoholproblem“: Wird p6.0 zugeordnet, da eine genauere<br />

Differenzierung in eine der beiden Unterkategorien Entzug oder Entwöhnung nicht<br />

möglich ist.<br />

• 99 wird codiert, sofern für ein spezifisches, konkret umschriebenes Z/P keine<br />

entsprechende Kategorie, respektive keine entsprechende Unterkategorie,<br />

existiert. 99 wird bei der Oberkategorie p auch für alle Items codiert, wo es um<br />

das Verstehen der Ursachen, Zusammenhänge einer Störung geht.<br />

Beispiel 1: „Lernen, mit meinen Stimmen umzugehen“: Wird mit p99 codiert.<br />

Beispiel 2: „Die Ursache(n) meiner Depression verstehen.“ (Codie p1.99)<br />

Hinweise zu bestimmten Themenfeldern<br />

(Siehe auch die Querverweise in der Taxonomie)<br />

• Verstehen der Ursachen, Zusammenhänge einer Störung (innerhalb der<br />

Oberkategorie p): Wird mit der entsprechenden Kategorie <strong>und</strong> 99 codiert.<br />

Beispiel: „Ursachen meiner Depression herausfinden.“ (Code p1.99)<br />

• In Einzelfällen kann es vorkommen, dass für ein Problem keine p-Kategorie<br />

vorhanden ist, wohl aber für dessen Minderung (Problemminderungsziel). In<br />

diesem Fall wird die entsprechende Zielkategorie geratet. Items dieser Art<br />

erhalten den zusätzliche Code „i“ für „Interpretation“.<br />

Beispiele: : „Sozialer Rückzug“ (Code i 7.0;i) / „Nervosität“ (Code w2.0; i)<br />

• Depressive Stimmung: Je nach Formulierung kann das selbe Phänomen mit p1<br />

oder w3.2 codiert werden. Bei der Auswertung der Daten ist auf diese<br />

Überlappung Rücksicht zu nehmen.<br />

Beispiel 1 : „Wieder mehr Lebensfreude haben.“ Code w3.2, sofern aus dem<br />

Kontext eine depressive Stimmung ersichtlich ist.<br />

Beispiel 2: „Aus meiner depressiven Stimmung heraus kommen.“ (Code p1.2)<br />

- 12 –<br />

februar 2001

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!