texte_17_2014_nachhaltiger_konsum
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Nachhaltiger Konsum: Entwicklung eines deutschen Indikatorensatzes als Beitrag zu einer thematischen Erweiterung der deutschen<br />
Nachhaltigkeitsstrategie<br />
Hinsichtlich des „Mengenaspekts“ ist die von der „Footprint-Methode“ angewandte<br />
Unterscheidung des Wassers in „grünes“ und „blaues“ Wasser von großer Bedeutung. Das blaue<br />
Wasser, also das Bewässerungswasser, ist unter Knappheitsgesichtspunkten „kritischer“ zu<br />
betrachten als das grüne Wasser: Während das Niederschlagswasser vollständig oder<br />
weitgehend verdunstet – wenn nicht von der Baumwollpflanze selbst, so doch dann von<br />
anderen Pflanzen – wird das Bewässerungswasser dem natürlichen Wasserkreislauf entzogen<br />
und steht anderen Nutzungen nicht mehr – oder nur noch eingeschränkt – zur Verfügung.<br />
Beispielsweise führt eine übermäßige Entnahme von Wasser aus Flüssen zur Verknappung von<br />
Trinkwasser in den Unterläufen und zu einer Minderung der Wasserqualität der Flüsse. Dies<br />
geht oftmals mit einer Einschränkung von deren natürlichen Reinigungskapazitäten einher.<br />
Die Verknappung des Wassers der Zuflüsse von Seen kann bis zu deren Austrocknung führen –<br />
siehe das Beispiel „Aral-See“ in Usbekistan – mit fatalen Konsequenzen für die Umwelt und die<br />
Lebensbedingungen der Menschen. Die Bewässerung im Anbau und die intensive Anwendung<br />
von Dünger zur Ertragssteigerung bewirken eine Versalzung der Böden.<br />
Auf der Produktionsstufe „Baumwollanbau“ ist neben dem Wasserbedarf der Pflanze außerdem<br />
der Wasserbedarf – das „graue“ Wasser - zu berücksichtigen, der aus der Düngung und<br />
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entsteht. Beim Baumwollanbau werden große Mengen<br />
an Stickstoff-, Phosphat- und Kaliumdünger eingesetzt 74 . Dies kann – auf lange Frist gesehen –<br />
auch eine Verschlechterung der Bodenqualität zur Folge haben. Um die Reststoffe der<br />
eingesetzten Düngemittel, Pestizide und Insektizide auf ein umweltverträgliches Niveau zu<br />
verdünnen, sind große Mengen an „Verdünnungswasser“ (dilution water) notwendig 75 .<br />
Eine Alternative zum konventionellen Anbau stellt der ökologische oder biologische Anbau dar.<br />
Dort wird auf chemische Dünger und Pestizide verzichtet 76 . Obwohl die Produktion von Bio-<br />
Baumwolle sich in den letzten Jahren erheblich erhöht hat, macht sie bisher lediglich 1,1 %<br />
(Saison 2009 bis 2010) der weltweiten Baumwollproduktion aus 77 .<br />
Neben dem Wasserbedarf auf der landwirtschaftlichen Erzeugerstufe muss auch der<br />
Wasserbedarf aus der Verarbeitung der Baumwolle und der Herstellung der Textilien<br />
berücksichtigt werden. Zum einen besteht er aus dem benötigten Prozesswasser für das<br />
Bleichen, Trocknen, Färben und Bedrucken der Textilien (360 m 3 /Tonne) und der Endfertigung<br />
(190 m 3 /Tonne), zum anderen entsteht graues Wasser durch Verdünnung der Abwässer der<br />
Textilindustrie um ein unkritisches Niveau bei der Abwassereinleitung in die Gewässer zu<br />
erhalten 78 .<br />
74 Chapagain u.a. (2006) geben – für den Zeitraum 1997 bis 2001 – eine jährliche globale Einsatzmenge von 3,0 Mrd.<br />
Tonnen Stickstoffdünger, 1,2 Mrd. Tonnen Phosphatdünger und 0,7 Mrd. Tonnen Kaliumdünger an (Seite 192).<br />
Chapagain u.a. weisen auf den sehr hohen Einsatz von Pestiziden und Insektiziden hin: obwohl für den<br />
Baumwollanbau nur 2,4 % der landwirtschaftlichen Anbaufläche genutzt wird, entfallen weltweit 24 % der<br />
Insektizide und 11 % der Pestizide auf den Baumwollanbau, a.a.O., Seite 192.<br />
75<br />
Chapagain u.a. (2006) schätzen den Anteil von grauem Wasser am gesamten Wasserbedarf des Baumwollanbaus<br />
und der Herstellung von Textilien aus Baumwolle auf <strong>17</strong> %.<br />
76<br />
Siehe beispielsweise die Web-Seite http://www.eza.cc/start.asp?ID=227255&b=1508<br />
77<br />
Siehe http://textileexchange.org/2011-farm-fiber-exec-sum (executive summary).<br />
78<br />
Siehe Chapagain u.a. (2006), Seite 191: “The process water requirements have to be understood as rough<br />
estimates, because the actual water requirements vary considerably among techniques used.”<br />
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