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Teil 3 - Rehazentrum Klinik Borkum Riff

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Neurodermitis – eine Krankheit die unter die Haut geht – III.<br />

<strong>Teil</strong><br />

Die Volkskrankheit Neurodermitis tritt bei vielen Menschen in unterschiedlicher<br />

Ausprägung auf. Die Betroffenen leiden aufgrund trockener und/oder entzündeter<br />

Haut häufig an starkem Juckreiz. Durch das Aufkratzen der Haut wird ihre natürliche<br />

Barrierefunktion beeinträchtigt. Dies ist einer der Gründe dafür, dass viele<br />

Neurodermitiker unter Allergien leiden. Zum Nachweis einer Allergie gibt es<br />

verschiedene Untersuchungen. Zu ihnen gehören der RAST-Test (Nachweis von<br />

Antikörpern gegen bestimmte Allergene im Blut), der Pricktest (Einbringen von<br />

Allergenen mittels Anritzen der Haut) und der Epikutantest (Nachweis einer<br />

Kontaktallergie). In der Erprobung befindet sich der Atopie-Patch-Test. Der<br />

behandelnde Arzt und Allergologe wird den Patienten dahingehend beraten, ob, und<br />

wenn ja, welche Allergietests durchgeführt werden sollten.<br />

Neben dem Prick-Test wird noch der Epikutantest angewendet, der zum Nachweis einer<br />

zusätzlichen Kontaktallergie von Bedeutung ist. Dieser Test wird nur selten bei Kindern<br />

durchgeführt, und auch hier muss der Patient darüber informiert sein, dass es zu<br />

Sensibilisierungen mit einem Allergen kommen kann, mit dem der Patient bisher noch nicht<br />

in Kontakt gekommen ist. Der Epikutantest dient zum Nachweis von Allergien, die nach<br />

Kontakt von Allergenen auf der Haut auftreten. Im Gegensatz zum Prick-Test, der in der<br />

Regel Immunreaktionen über die Schleimhäute nachweist, gibt der Epikutantest mit einer<br />

anderen Immunreaktion (Typ-IV-Reaktion) Hinweise auf Substanzen, die durch direkten<br />

Kontakt auf der Haut Allergien auslösen. Substanzen, wie z.B. Inhaltsstoffe von Cremes und<br />

Salben, Metalle (Nickel/Kobalt in Modeschmuck oder Chromate in Leder) oder spezielle<br />

Berufsstoffe werden auf Testareale auf dem Rücken in kleinen Kammern aufgetragen und mit<br />

Pflaster überklebt. Nach ein bis drei Tagen wird dann überprüft, ob in den Testarealen eine<br />

Immunreaktion aufgetreten ist. Die Reaktion kann sich ausdrücken in einer Rötung des<br />

Testareals bis hin zur stärksten Reaktion, einer Blasenbildung und Nässen. Bei dieser<br />

Untersuchungsmethode gibt es weniger falsch positive Ergebnisse als bei dem Prick-Test. Die<br />

Gefahr einer falsch negativen Aussage (der Epicutantest ist negativ, aber es besteht doch eine<br />

Allergie gegen diese Substanz) ist hier größer. Beim Nachweis einer bestimmten Substanz gilt<br />

es auch hier, diese möglichst zu meiden. Die Ergebnisse des Epikutantests können von großer<br />

Bedeutung für die Berufsfindung oder auch für eine Berufsaufgabe mit durch<br />

Berufsgenossenschaften finanzierten Umschulungen oder Renten sein. Besonders betroffenen<br />

Berufsgruppen können z.B. Frisöre oder auch Bauarbeiter sein, die mit bestimmten<br />

Allergenen, Chemikalien oder Metallen in Kontakt kommen. So können z.B. Chemikalien in<br />

Haarfärbemitteln oder Chromate in Lederhandschuhen von Bauarbeitern zu intensiven<br />

Hautveränderungen im Bereich der Hände führen, die es den betroffenen Patienten unmöglich<br />

machen, so ihren Beruf weiter durchzuführen. Als ersten Schritt versucht man durch<br />

Hautschutzschulungen und konsequentem Meiden der Allergene der Problematik Herr zu<br />

werden und dadurch zu erreichen, dass die Patienten im Beruf verbleiben können. Falls dieses<br />

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nicht möglich ist, muss dann an eine Umschulung oder bei älteren Patienten an eine<br />

Berufsunfähigkeitsrente gedacht werden.<br />

Der dritte Test, der Atopie-Patch-Test wird nur von wenigen spezialisierten Hautkliniken<br />

durchgeführt. Das Problem liegt hauptsächlich darin, dass dieser in meinen Augen wichtige<br />

Test, von den Krankenkassen noch nicht bezahlt wird. Um eine Kostenübernahme durch die<br />

Krankenkassen zu erreichen, bedarf es noch einige Zeit der Erprobung. Dieser Test ist deshalb<br />

relativ neu, weil erst vor kurzer Zeit bekannt wurde, dass bestimmte Allergene, wie z.B.<br />

Pollen, nicht nur im Bereich der Schleimhäute und über IgE-Antikörper vermittelt, zu<br />

Allergien führen, sondern auch direkt bei Kontakt auf der Haut Unverträglichkeitsreaktionen<br />

auslösen. Bei vielen Menschen mit Neurodermits konnte man feststellen, dass gerade im<br />

Gesicht (insbesondere Augen- und Lidbereich) oder im Dekolleté Hautveränderungen<br />

aufgrund des Kontaktes z.B. mit Pollen (sog. Luft- oder Aeroallergene) auftreten. Wenn man<br />

bei diesen Patienten diese Allergene auf den Rücken auftrug, so kam es zu Reaktionen, die<br />

den Reaktionen bei einem Epikutantest ähnlich waren. Es gibt hier also ein Zwischending<br />

einer Immunreaktion, die sowohl der IgE-vermittelten Typ-I-Reaktion als auch der Typ-IV-<br />

Reaktion zuzuordnen ist. Neueste wissenschaftliche Untersuchungen konnten diese zunächst<br />

durch Beobachtung (klinisch) bei Patienten festgestellte Immunreaktion experimentell<br />

untermauern.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bei Kindern und Erwachsenen mit<br />

Neurodermitis sehr häufig zusätzlich auch Allergien vorkommen. Die Allergie muss<br />

individuell ermittelt werden. Deshalb gibt es bei Nahrungsmittelallergien auch keine<br />

generellen oder allgemeingültige Neurodermitisdiäten. Neurodermitiker können auch unter<br />

Kontaktallergien leiden. Diese Allergien können sehr gut durch sog. Epikutantests<br />

nachgewiesen werden. Ein neuer, noch im Experimentierstadium befindlicher Test ist der<br />

Atopie-Patch-Test, der z.B. Hinweise dafür gegen kann, weshalb bei einem bestimmten<br />

Pollenflug zu einer bestimmten Jahreszeit sich die Hautprobleme bei einem Patienten mit<br />

Neurodermitis verstärken.<br />

Bei einer atopischen Veranlagung können viele Faktoren zu einer Auslösung der<br />

Hautveränderungen im Sinne einer Neurodermitis oder zu einer Verstärkung einer<br />

vorbestehenden Neurodermitis führen. An Faktoren aufzuführen sind hier die Hauttrockenheit<br />

(verstärkt z.B. im Winter) bei trockener Luft und Zentralheizung, bakterielle oder<br />

Pilzinfektionen der Haut, Umweltfaktoren, die z.B. bei Wärme zu Schwitzen und Kratzen<br />

führen, Besiedlung mit bestimmten Hautkeimen (Staphylokokken), chemische oder<br />

physikalische Reizfaktoren (Arbeiten mit Putzmitteln oder Arbeiten im feuchten Milieu),<br />

Klima und Wetter sowie psychische Faktoren. Konkrete Auslöser können Stress, Müdigkeit,<br />

Rauchen (auch passives Rauchen), hautreizende Substanzen (z.B. Wolle) oder auch<br />

chemische Substanzen wie z.B. Farbstoffe in Kleidung oder Allergien (Milbe, Haustiere,<br />

Pollen, Federn oder Schimmelpilze) sein. Auch Nahrungsmittel können Neurodermitisschübe<br />

auslösen. Eine ideale Neurodermitisdiät gibt es nicht. Wichtig ist eine gesunde Ernährung.<br />

Grundsätzlich sollte man sich nicht zu hochkalorisch ernähren, ausreichend trinken (am<br />

besten mehr als 2 Liter/Tag), sich von faserhaltigen Vollkornprodukten in Brot, Reis und<br />

Nudeln ernähren, viel Obst und Gemüse zu sich nehmen, ausreichend Milchprodukte, Fleisch,<br />

Fisch und Eier mit in die tägliche Ernährung aufnehmen und möglichst ungesättigte Fette,<br />

Süßigkeiten und ein Zuviel an Genussmitteln wie Alkohol meiden. Es werden viele<br />

alternative Ernährungsformen angeboten. Man sollte sich allerdings bei diesen<br />

Ernährungsformen auch der entsprechenden Risiken bewusst sein. Eine einseitige Kost führt<br />

zu einer mangelhaften Nährstoff- und Energieversorgung. „Bio-Kost“ ist sicherlich zu<br />

empfehlen, aber naturbelassene Nahrungsmittel können auch die allergene Belastung erhöhen.<br />

2


Viele Verbote können gerade bei Kindern den Leidensdruck stark erhöhen und zu<br />

Mangelernährung führen. Letztendlich nehmen alternative Neurodermitisdiäten keine<br />

Rücksicht auf die individuellen Verträglichkeiten oder Unverträglichkeiten des einzelnen<br />

Patienten. Grundsätzlich basieren diese Diäten auf dem Wissen, dass z.B. bei Kindern<br />

Nahrungsmittelallergien häufig auf Unverträglichkeiten gegen Hühnerei, Kuhmilch, Weizen<br />

oder Soja in den Grundnahrungsmitteln zurückzuführen ist. Bei Erwachsenen sind diese<br />

Allergien zwar auch von Bedeutung, aber insbesondere pollenassoziierte<br />

Nahrungsmittelallergien spielen bei Jugendlichen und Erwachsenen auch eine größere Rolle.<br />

Was sind nun pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien. Menschen, die gegen Birkenpollen<br />

allergisch sind, zeigen häufig auch Unverträglichkeiten gegen Haselnüsse, Kern- und<br />

Steinobst, Karotten, Sellerie und eventuell auch gegen Gewürze. Patienten mit einer<br />

Beifußallergie kreuz reagieren häufig mit Sellerie, Karotten, vielen Kräutern und Gewürzen,<br />

Tomate und Paprika. Bei Gräserallergien kommt es häufig zu Reaktionen mit heimischem<br />

Getreide, Erdnuss und eventuell auch mit Soja.<br />

Bei Kindern weiß man, dass etwa ein Drittel aller Kinder mit Neurodermitis auch eine<br />

Nahrungsmittelallergie haben. 90 % aller Kinder reagieren in der Regel nur auf ein oder zwei<br />

Nahrungsmittel. Die Hitliste der Nahrungsmittelallergene bei Kindern sind Hühnerei,<br />

Kuhmilch, Soja, Weizen, Nüsse und Fisch. Ausgesprochen wichtig ist es zu wissen, dass nach<br />

ca. ein- bis zweijähriger Meidung der Allergene viele Nahrungsmittel wieder verträglich sind.<br />

Bei Verdacht einer Nahrungsmittelallergie sollte, wie schon vorher erwähnt, eine<br />

Eliminations- oder Auslassdiät durchgeführt werden. Hierbei werden verdächtige<br />

Nahrungsmittel gezielt gemieden. Bei einem unspezifischen Verdacht kann eine allergenarme<br />

Basisdiät zu einer Verbesserung des Hautbefundes führen. Hierbei findet sich allerdings nur<br />

eine sehr begrenzte Nahrungsmittelauswahl wieder, die, wie schon erwähnt, zu Problemen<br />

wie Mangelernährung führen kann. Auch Lebensmittelfarbstoffe, Konservierungsstoffe und<br />

Geschmacksverstärker, die häufig in Fertiggerichten und in Süßigkeiten zu finden sind,<br />

können bei Verdacht auf eine Lebensmittelallergie gemieden werden. Generell sollte bei<br />

Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie aber eine diagnostische Diät unter Meidung der<br />

verdächtigen Allergene durchgeführt werden. Kommt es zu keiner Besserung, sollte auch<br />

keine Diät den Patienten belasten. Kommt es zu einer Besserung, kann man durch bewusste<br />

Zugabe von den verdächtigen Allergenen (Provokationskost) herausfinden, ob es zu einer<br />

Reaktion kommt oder nicht. Kommt es zu keiner Reaktion, so sollte die Diät nicht weiter<br />

fortgeführt werden. Ist eine Reaktion vorhanden, empfiehlt sich eine therapeutische Diät und<br />

ggf. eine erneute Provokation zur Kontrolle nach etwa zwei Jahren. Die therapeutische Diät<br />

sollte mit Hilfe eines Ernährungsberaters (Diätassistent) individuell für den Patienten erstellt<br />

werden. Somit können nachgewiesene Auslöser allergischer und manchmal auch nicht<br />

allergischer Reaktionen auf Lebensmittel gemieden werden. Die therapeutische Diät ersetzt<br />

wichtige Inhaltsstoffe, die durch Meidung bestimmter Nahrungsmittel oder<br />

Nahrungsmittelgruppen verloren gehen würden und führt dann zu einer individuellen und<br />

vollwertigen Ernährung.<br />

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