ÃBER RELIGION INS GESPRÃCH KOMMEN - Religionslehrer im ...
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„Es verändern sich aber nebst der anderen Wahl der Worte auch die<br />
Haltung, die „Beziehung“ in welcher der Sprechende der inneren oder<br />
äußeren Welt gegenübertritt. Poesie läßt sich nicht entwerfen, indem man<br />
Menschen, Tieren, Pflanzen und Dingen „sachlich“ gegenübersteht und in<br />
allgemeiner Orientierungsneugierde nähere Umstände wissen will. Sie läßt<br />
sich ja auch in dieser Zweckintentionalität nicht lesend erfassen. Poesie ist<br />
<strong>im</strong> Akt des Entwurfes, wie auch in der Weitergabe, sinnlich und<br />
sinnhaft gebunden an Berührung und Berührt-Werden in einer<br />
hinwendenden Ich-Du-Beziehung. [Hervorhebung von mir, C.F.] (...) Die<br />
Quelle der verdichteten Sprache, die Triebfeder des Sagens jenseits der<br />
Stereotypen ist eine wache und intensive Beteiligtheit <strong>im</strong> Sinne<br />
aufmerkender, zugewandter Beziehungsaufnahme zu innerer und (oder)<br />
äußerer Welt.“ 233<br />
Die Überschrift von Frühmann müsste erweitert werden: „Poesie – ein Weg<br />
zu sich selbst“ – und – unabdingbar damit verbunden „zu den anderen“. In<br />
Anlehnung an Buber, auf den sich ja auch Frühmann beruft, lässt sich<br />
sagen: Im poetischen Schreiben wird „Ich“ in der Begegnung mit sich selbst<br />
und den anderen.<br />
Wie man sich nun konkret einen gemeinsamen Prozess der Aneignung von<br />
Welt, der eine qualitativ neue Beziehung zu sich selbst und damit zugleich<br />
eine neue Beziehung zu den anderen erlaubt, vorstellen kann, will ich<br />
anhand des Vorgehens in einer kreativen Schreibgruppe illustrieren.<br />
Am Anfang eines jeden Schreibgruppentreffens steht in der sogenannten<br />
Initialphase ein kreativer Schreibanlass, eine Schreibaufgabe, die so geartet<br />
ist, dass sie Interesse weckt und den Zugang zu der inneren Bilderwelt<br />
erlaubt.<br />
Als Schreibanlass kann ein Wort fungieren (z.B. in einem ersten Treffen das<br />
äußerst potente Wort „Anfang“ als Kernwort für ein Clustering), oder aber<br />
auch ein Bild, ein Foto, ein Gegenstand, ein Geruch, Musik, Laute – je<br />
erstaunlicher, vielfältiger und sinnlicher der Ausgangspunkt ist, desto<br />
reicher wird auch der Assoziationsprozess sein.<br />
233 Ebd. S. 234.<br />
Christina Fabian-Heidrich, Über Religion ins Gespräch kommen, 2002 95