275 Abs. 1 BGB)?
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Examensklausurenkurs Zivilrecht<br />
Dr. Barbara v. Finckenstein<br />
WS 2012/2013
Klausur vom 08.02.2013<br />
Besprechung am 06.03.2013<br />
Examensklausurenkurs Zivilrecht<br />
Besprechung der Klausur vom 8. Februar 2013<br />
„Filly-Sammelkarten“<br />
WS 2012/2013<br />
Dr. Barbara v. Finckenstein
Notenspiegel<br />
Insgesamt: 25 Klausuren<br />
Notendurchschnitt: 4,08 Punkte<br />
Durchfallquote: 44 %<br />
Bewertung<br />
Anzahl Klausuren<br />
Nicht bestanden (0-3 Punkte) 11<br />
Ausreichend (4-6 Punkte) 11<br />
Befriedigend (7-9 Punkte) 3<br />
Vollbefriedigend (10-12 Punkte) -<br />
Gut (13-15 Punkte) -<br />
Sehr gut (16-18 Punkte) -<br />
WS 2012/2013<br />
Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
I. Anspruch K gegen V auf Lieferung der fehlenden Sammelkarten aus § 433<br />
<strong>Abs</strong>. 1 S. 1 <strong>BGB</strong><br />
1. Wirksamer Kaufvertrag?<br />
übereinstimmende Willenserklärungen<br />
a) Inserat der K?<br />
invitatio ad offerendum<br />
K will sich erkennbar noch nicht binden (Zustand, Preis offen)<br />
b) Angebot der V<br />
aa) Abgabe der WE ( + )<br />
bb) Zugang § 131 <strong>Abs</strong>. 2 S. 1 <strong>BGB</strong>: an gesetzlichen Vertreter (-)<br />
Ausnahme § 131 <strong>Abs</strong>. 2 S. 2 <strong>BGB</strong>: Einwilligung des Vertreters oder<br />
rechtlicher Vorteil für K<br />
hier: Vorteil für K, da Angebot Position der Angebotsempfängerin (K)<br />
verstärkt<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
c) Annahme durch K<br />
aa) Abgabe ( + )<br />
bb) Zugang § 131 <strong>Abs</strong>. 2 S. 1 und 2 <strong>BGB</strong>: Annahme ist rechtlich nachteilig, weil<br />
Kaufvertrag zustande kommt<br />
• Einwilligung der Eltern, § 183 S. 1 <strong>BGB</strong> ( - )<br />
• nachträgliche Genehmigung, § 184 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>:<br />
sieht § 131 <strong>Abs</strong>. 2 S. 2 nicht vor, muss aber genügen, um<br />
Wertungswiderspruch zu § 108 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong> zu vermeiden (BGHZ 47, 352)<br />
• Genehmigung laut Sachverhalt ( + ) vgl. zweite Frage<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
2. Wirksamkeit des Kaufvertrages:<br />
wegen §§ 2, 106 <strong>BGB</strong> bedarf es einer Genehmigung durch beide Eltern<br />
a) Eltern der V: ( + ) vgl. Sachverhalt zweite Frage<br />
a) Eltern der K: konkludent (Zahlung der 30 €),<br />
auch bei Teilleistung (da Ausdruck des Einverständnisses mit Rechtsgeschäft)<br />
Zwischenergebnis:<br />
Wirksamer Kaufvertrag (+); dh Anspruch der K auf Lieferung der 12 Sammelkarten<br />
entstanden.<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
3. Erlöschen?<br />
a) Erlöschen der Leistungspflicht durch Erfüllung?<br />
aa) Falls Sammelkarten bei K angekommen sind, ist die Leistungspflicht der V<br />
gem. § 362 <strong>BGB</strong> erloschen<br />
bb) Falls Lieferung unvollständig angekommen ist: kein Erlöschen durch<br />
„Erfüllung“; Teilleistung genügt gem. §§ 266, 362 <strong>BGB</strong> nicht ( - )<br />
cc) Beweislast:<br />
Grundsatz: Kläger (Gläubiger) muss anspruchsbegründende Tatsachen<br />
beweisen; Beklagter (Schuldner) die rechtshindernden, -vernichtenden<br />
Einwendungen und Einreden<br />
Erfüllung = rechtsvernichtende Einwendung; Beweislast: Schuldner; bei non<br />
liquet: keine Einwendung gem. § 362 <strong>BGB</strong>.<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
b) Erlöschen der Leistungspflicht durch Unmöglichkeit (§ <strong>275</strong> <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>)?<br />
aa) Geschuldete Leistung nicht zu erbringen?<br />
• falls Speziesschuld: Unmöglichkeit, wenn Sammelkarten nicht mehr<br />
auffindbar sind<br />
• falls Gattungsschuld: Unmöglichkeit nur bei Untergang der gesamten<br />
Gattung, des Vorrats bei Vorratsschuld oder bei Konzentration auf<br />
bestimmte Exemplare<br />
• Konzentration auf versendete Exemplare, wenn Schuldner das seinerseits<br />
Erforderliche getan hat (§ 243 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BGB</strong>)<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
(1) Bringschuld: Aussonderung und tatsächliches Angebot (§ 293 <strong>BGB</strong>) an<br />
Gläubiger<br />
(2) Holschuld: Aussonderung und Benachrichtigung des Gläubigers (§ 295 S. 1<br />
<strong>BGB</strong>)<br />
(3) Schickschuld: Aussonderung und Übergabe an Transportperson (§ 269 <strong>Abs</strong>. 1, 3<br />
<strong>BGB</strong>)<br />
Hier:<br />
• Schickschuld; Konzentration, wenn Übergabe an Transportperson (Post) erfolgt<br />
• (vertretbar auch „beschränkte Vorratsschuld“: Unmöglichkeit: Untergang des<br />
Vorrats bzw. Teils)<br />
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Lösungsskizze<br />
bb)<br />
Konsequenzen:<br />
• V müsste beweisen, dass die Sammelkarten auf dem Transportweg<br />
verloren gegangen sind<br />
• schwierig, aber nicht unmöglich<br />
• Für diese Version spricht, dass sich V die Behauptung der K zueigen<br />
machen kann, dass die Sammelkarten nicht vollständig angekommen<br />
sind (bestätigt durch deren Eltern) und der Umschlag beschädigt war<br />
• daher ist davon auszugehen, dass V beweisen kann, dass sie Sammelkarten<br />
ordentlich verpackt und vollständig an Transportperson übergeben hat<br />
Folge: § <strong>275</strong> <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong> Lieferung unmöglich; V befreit<br />
cc) Vertretenmüssen bei § <strong>275</strong> <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong> irrelevant<br />
4. Ergebnis: K hat keinen Anspruch auf Lieferung der verlorenen Sammelkarten,<br />
wenn (und weil) V beweisen kann, dass sie die Sammelbilder an Transportperson<br />
übergeben hat.<br />
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Lösungsskizze<br />
II.<br />
Anspruch K gegen V auf Schadensersatz nach §§ 280 <strong>Abs</strong>. 1, 3, 283 S. 1 <strong>BGB</strong><br />
1. Schuldverhältnis V/K: § 433 <strong>BGB</strong> (+)<br />
2. Pflichtverletzung V: unvollständige Lieferung, § 266 <strong>BGB</strong>;<br />
• vgl. auch § 434 <strong>Abs</strong>. 3 <strong>BGB</strong><br />
• wenn K beweisen kann, dass Lieferung unvollständig angekommen ist<br />
(Umschlag beschädigt = unstreitig; Eltern der K als Zeugen) (+)<br />
3. Vertretenmüssen: § 280 <strong>Abs</strong>. 1 S. 2 iVm §§ 276 – 278 <strong>BGB</strong><br />
a) Eigenes Verschulden der V: nicht, wenn V darlegt und beweist, dass sie<br />
Sammelkarten gut verpackt bei der Post abgeliefert hat<br />
• Beweislast (Frage 3): insoweit V (§ 280 <strong>Abs</strong>. 1 S. 2 <strong>BGB</strong>)<br />
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Lösungsskizze<br />
b) Einstehenmüssen für Post (§ 278 <strong>BGB</strong>)<br />
aa) P mit Wissen und Wollen für V tätig<br />
bb) zur Erfüllung einer Verbindlichkeit: wenn im Pflichtenkreis der V tätig<br />
•bei Schickschuld: Pflichtenkreis endet mit Übergabe an Transportperson<br />
Ergebnis: V haftet nur dann auf Schadensersatz (§§ 276 <strong>Abs</strong>. 1 S. 2, 828 <strong>Abs</strong>. 3<br />
<strong>BGB</strong>),<br />
wenn<br />
•K beweisen kann, dass Sammelkarten unvollständig angekommen sind (+),<br />
und<br />
•V nicht beweisen kann, dass sie die Sammelkarten gut verpackt zur Post<br />
gegeben hat (Tatfrage).<br />
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Lösungsskizze<br />
4. Falls V haftet (dh, wenn sie nicht beweisen kann, dass sie die Karten der<br />
Post vollständig und ordnungsgemäß übergeben hat):<br />
a) muss V die Kosten des Ferngesprächs zahlen (§ 280 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>)<br />
b) schuldet sie Schadensersatz statt der Leistung:<br />
§§ 280 <strong>Abs</strong>. 1, 3, 283 S. 1 <strong>BGB</strong><br />
= Wert der nicht gelieferten Karten (10 € x 6) = 60 €<br />
c) §§ 283 S. 2, 281 <strong>Abs</strong>. 1 S. 2, 3 <strong>BGB</strong>? (-)<br />
K möchte Teilleistung behalten, also keinen Schadensersatz statt der ganzen<br />
Leistung (großer Schadensersatz)<br />
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Lösungsskizze<br />
III.<br />
Gegenanspruch V gegen K auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BGB</strong><br />
1. Wirksamer Kaufvertrag: s.o. § 433 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BGB</strong> (+)<br />
2. Entfallen der Gegenleistung:<br />
a) Der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt gem. § 326 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>, wenn der<br />
Schuldner nicht zu leisten braucht und keine abweichenden Gefahrtragungsregeln<br />
eingreifen.<br />
a) Wenn versprochene Sachleistung teilweise unmöglich ist, findet § 441 <strong>Abs</strong>. 3<br />
<strong>BGB</strong> entsprechende Anwendung, d.h. der Kaufpreis ist um den Betrag<br />
herabzusetzen, um den der Verkehrswert der vollständigen Leistung im<br />
Vergleich zu dem einer Teilleistung vermindert ist.<br />
• Wert der Teilleistung: 60,- €<br />
• Wert der vollständigen Leistung: 120,- €; Kaufpreis: 60,- €; Verhältnis 2:1.<br />
‣ Kaufpreis ist auf 30,- € herabzusetzen.<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
c) Herabsetzung gilt aber nur, wenn Schuldner V und nicht K die Gefahr für die<br />
verlorenen Sammelbilder trägt:<br />
aa) abweichende Gefahrtragungsregel: § 447 <strong>BGB</strong><br />
• Versand an anderen Ort als Erfüllungsort (§ 269 <strong>Abs</strong>. 1, 3 <strong>BGB</strong>)<br />
• Auslieferung an Frachtführer (Post) ( + )<br />
bb) Konsequenz:<br />
trotz Teilunmöglichkeit trägt K die (Rest-)Kaufpreisgefahr, wenn V die<br />
vollständigen Karten an Transportperson übergeben hat (Beweislast liegt<br />
bei V)<br />
Ergebnis:<br />
K muss gesamten Kaufpreis in Höhe von 60 € (30 € + 30 €) zahlen, wenn V darlegt<br />
und beweist, dass sie die Sammelkarten vollständig bei der Post abgeliefert hat!<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein
Lösungsskizze<br />
3. Ergebnis ungerecht?<br />
a) K hat Schaden, aber keinen Anspruch. Post entlastet, da auch V keinen<br />
Ersatzanspruch hat (für einen Anspruch aus § 280 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong> fehlt Schaden<br />
wegen § 447 <strong>BGB</strong>)<br />
b) Ausweg: Drittschadensliquidation: V darf Schaden der K (60 €) bei der Post<br />
liquidieren und muss an K den Ersatzanspruch gem. § 285 <strong>BGB</strong> abtreten.<br />
c)Aber: seit 1.7.1998 hat K einen eigenen Ersatzanspruch gegen den Frachtführer<br />
(§ 421 S. 2 HGB)<br />
Schutzzweck: effektive Durchsetzung der Schadensersatzansprüche<br />
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Lösungsskizze<br />
IV.<br />
Ergebnisse<br />
1. Wenn V beweisen kann, dass sie die Sammelkarten vollständig und<br />
ordnungsgemäß verpackt bei der Post abgegeben hat, erhält sie von K den<br />
vollen Kaufpreis: §§ 433 <strong>Abs</strong>. 2 326 <strong>Abs</strong>. 1, 2. Hs, 441 <strong>Abs</strong>. 3, 447 <strong>BGB</strong><br />
2. V haftet der K nur dann auf Schadensersatz, wenn K beweisen kann, dass<br />
Sammelkarten nicht angekommen sind, und V nicht beweisen kann, dass sie<br />
die Karten vollständig und ordentlich verpackt der Post übergeben hat<br />
3. K kann sich gem. § 421 S. 2 HGB an Post halten, muss dann aber beweisen,<br />
dass sie die Sammelkarten unvollständig erhalten hat.<br />
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Lösungsskizze<br />
V. Zusatzfrage: Rechtsanwaltskosten der Eltern der V<br />
1. § 286 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>: fällige Leistung?<br />
• K musste weitere 30 € zahlen, wenn V beweisen kann, dass sie die<br />
Sammelkarten ordnungsgemäß verpackt zur Post gebracht hat<br />
• Verzug setzt aber Mahnung voraus (§ 286 <strong>Abs</strong>. 1 <strong>BGB</strong>) oder Ablauf von<br />
30 Tage nach Zugang einer Rechnung ( - )<br />
2. § 281 <strong>BGB</strong> setzt Fristsetzung voraus ( - )<br />
Ergebnis: Die Eltern der V können sich die Rechtsanwaltskosten nicht erstatten<br />
lassen.<br />
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Dr. Barbara v. Finckenstein