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rheinform 01/2012 - RheinischeMuseen.de

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36 rheingehen Son<strong>de</strong>rausstellungen<br />

Abb. 2: Plakat zur<br />

Karnevalssession 1937<br />

(Kölnisches<br />

Stadtmuseum)<br />

tografien aus Privatarchiven und einzigartige<br />

Ausstellungsobjekte präsentiert.<br />

Die Ausstellung zeigt, dass sich <strong>de</strong>r Karneval<br />

auf <strong>de</strong>n ersten Blick kaum än<strong>de</strong>rte,<br />

tatsächlich wur<strong>de</strong> er aber gleichgeschaltet<br />

und instrumentalisiert.<br />

Die Ausstellung glie<strong>de</strong>rt sich in vier Themenbereiche:<br />

Der erste Bereich thematisiert die<br />

Karnevalsgesellschaften und ihre Gleichschaltung.<br />

Es gab eine enge personelle<br />

Verschränkung von Karnevalisten und<br />

Angehörigen <strong>de</strong>r NS-Organisation Kraft<br />

durch Freu<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r SA, <strong>de</strong>r kommunalen<br />

Behör<strong>de</strong>n und Parteistellen. Die lokalen<br />

nationalsozialistischen Parteifunktionäre<br />

und Amtsträger bauten <strong>de</strong>n Karneval zur<br />

Unterhaltung <strong>de</strong>r Massen als wichtige Voraussetzung<br />

zur Herrschaftsstabilisierung<br />

wie auch zur För<strong>de</strong>rung von Tourismus und<br />

Wirtschaft aus.<br />

Der zweite Themenbereich umfasst die<br />

Rosenmontagszüge, <strong>de</strong>r dritte die karnevalistischen<br />

Saalveranstaltungen. Hier<br />

wird die ganze Bandbreite von harmloser<br />

Unterhaltung bis zur NS-i<strong>de</strong>ologisch aufgela<strong>de</strong>nen<br />

Propaganda präsentiert. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

ab 1936 wur<strong>de</strong>n in Motivwagen<br />

<strong>de</strong>r Rosenmontagszüge, in Büttenre<strong>de</strong>n<br />

und in Lie<strong>de</strong>rn politische, i<strong>de</strong>ologische und<br />

antisemitische Vorstellungen <strong>de</strong>s Regimes<br />

propagiert. Nur in seltenen Fällen waren im<br />

Karneval regime-kritische Töne zu hören.<br />

Je<strong>de</strong>s Jahr wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rosenmontagszug<br />

unter ein neues Motto gestellt, <strong>de</strong>mentsprechend<br />

wur<strong>de</strong>n die etwa 25 Motivwagen<br />

sowie 2.000 Kostüme für verschie<strong>de</strong>ne<br />

Personen und Musikkorps gestaltet.<br />

Die Realisierung war einer strikten Kontrolle<br />

unterworfen. Für die Züge <strong>de</strong>r Jahre<br />

1934 und 1935 war <strong>de</strong>r NS-Bürgermeister<br />

Wilhelm Ebel verantwortlich, die Züge von<br />

1936 bis 1939 stan<strong>de</strong>n formal unter <strong>de</strong>r Kontrolle<br />

<strong>de</strong>s Oberbürgermeisters. In <strong>de</strong>r Satzung<br />

<strong>de</strong>s Festausschusses <strong>de</strong>s Kölner Karnevals<br />

vom 5. Juni 1935 war festgelegt, dass<br />

<strong>de</strong>r Zug in enger Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m<br />

Ehrenausschuss für <strong>de</strong>n Rosenmontagszug,<br />

<strong>de</strong>m Vertreter <strong>de</strong>r kommunalen Behör<strong>de</strong>n,<br />

Industrie und Kultur angehörten, erarbeitet<br />

und durchgeführt wer<strong>de</strong>n sollte. In gemeinsamen<br />

Sitzungen wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Oberbürgermeister<br />

o<strong>de</strong>r seinem Vertreter das Motto <strong>de</strong>s<br />

Zuges und die einzelnen Motivwagen vorgestellt.<br />

Er musste diese genehmigen.<br />

In <strong>de</strong>n Rosenmontagszügen von<br />

1934 und 1935 sollten offiziell keine antisemitischen<br />

Motive gezeigt wer<strong>de</strong>n, um<br />

ausländische Touristen nicht abzuschrecken.<br />

Akzeptiert wur<strong>de</strong> allerdings im Rosenmontagszug<br />

1934 <strong>de</strong>r antijüdische Motivwagen<br />

„Die Letzten ziehen ab“, <strong>de</strong>r von<br />

Kölner Bürgern für die Vee<strong>de</strong>lszöch gebaut<br />

wur<strong>de</strong>. Nach <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>r „Nürnberger<br />

Rassengesetze“ 1935 wur<strong>de</strong> auch im Karneval<br />

eine radikal antisemitische Position<br />

bezogen. Der Motivwagen „Däm han se<br />

op d’r Schlips getrod<strong>de</strong>!“ [Dem haben sie<br />

auf <strong>de</strong>n Schlips getreten!] aus <strong>de</strong>m Rosenmontagszug<br />

von 1936 war eine karikieren<strong>de</strong><br />

Darstellung <strong>de</strong>r „Rassengesetze“.<br />

Mit einem scha<strong>de</strong>nfrohen Kommentar im<br />

Kölner Dialekt wur<strong>de</strong> die Entrechtung <strong>de</strong>r<br />

jüdischen Bevölkerung als begrüßenswerte<br />

Maßnahme präsentiert.<br />

Abb. 3: Motivwagen „Däm han se op d’r Schlips<br />

getrod<strong>de</strong>!“, Rosenmontagszug 1936 (NS-DOK)<br />

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Jürgen Müller | Kölle Alaaf unterm Hakenkreuz

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