Dr. Tanja Hetzer - RKW Berlin-Brandenburg
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<strong>RKW</strong>-Beratertag 19./20. April 2010<br />
im Inselhotel Potsdam-Hermannswerder<br />
Workshop 2<br />
Asterix oder Friedentaube: Fit sein für Konflikte<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Tanja</strong> <strong>Hetzer</strong><br />
Hanuman-Institut <strong>Berlin</strong><br />
Schloßstr. 32<br />
14059 <strong>Berlin</strong><br />
www.hanuman-institut.de<br />
1
Workshop-Ablauf<br />
Eingangsrunde: Wer nimmt teil?<br />
Die Mitteilung über die individuellen Arbeitshintergründe und das Motiv für die Teilnahme an diesem<br />
Workshop wird für eine Übersicht über Konflikt-Klassifikationen aufgegriffen:<br />
Konflikt-Klassifikation<br />
Konflikte werden nach sehr unterschiedlichen Kriterien geordnet – je nach Konzept über die Natur von<br />
Konflikten und die bevorzugte Konfliktstrategie. Übliche Klassifikationen sind:<br />
Eskalationsgrad:<br />
Größenskala:<br />
beteiligte Gruppen:<br />
Beziehungsqualität:<br />
Von kleiner Irritation bis Krieg (meist 9 Stufen)<br />
Von Intra- über Micro bis Giga<br />
Privat – beruflich – öffentlich – politisch<br />
Familie – Partner – Freund – Bekannte – Fremde – Abwesende – Unbekannte<br />
Skala und Rang<br />
In der Prozessarbeit unterscheiden wir zusätzlich drei Ebenen, die gleichzeitig deutlich werden<br />
lassen, wo der Konflikt bearbeitet werden kann. Innerhalb der Ebenen interessiert uns der<br />
Unterschied, ob der Konflikt im Rang beispielsweise von unten nach oben oder von oben nach<br />
unten geführt wird:<br />
Für die Frage, welche Interventionen geeignet sind, gilt es vor allem folgende Fragen zu klären:<br />
• Welche Konsequenzen kann das Konfliktgeschehen nach sich ziehen (Preis versus Gewinn)?<br />
• Gibt es unter den Konfliktparteien einen Konsens darüber, den Konflikt auszutragen oder<br />
zu lösen?<br />
• Gibt es einen Konsens darüber, was die strittige(n) Ressource(n) im Konflikt sind?<br />
Konfliktbiografie: Innere Reflexion<br />
Um die individuellen Fähigkeiten in Konfliktsituationen präziser erkennen zu können, schlägt die<br />
Workshopleiterin eine strukturierte innere Arbeit vor. Dazu erinnern sich die Teilnehmenden an<br />
den frühsten Konflikt (– oder den frühsten, den Sie erinnern) aus ihrem „öffentlichen Leben“<br />
(Schule, Bildungsinstitutionen, Beruf usw.), an einen Konflikt, den sie im Nachhinein als Highlight<br />
empfinden und einen, der eher ihre dunkle Stunde war. Wir gehen der Reihe nach folgende Fragen<br />
durch:<br />
Kontext:<br />
Timing:<br />
Rang:<br />
Reaktion:<br />
Welche Personen waren involviert? Ort? Tageszeit? (inneren Film ablaufen lassen)<br />
Wann haben Sie wahrgenommen, dass es einen Konflikt gibt? Wer hat den Konflikt<br />
angesprochen?<br />
Formale und informelle Rangverhältnisse<br />
Körper- und Gefühlsreaktion // Handlung: Ist das kongruent oder widersprüchlich<br />
gewesen?<br />
2
Objekt:<br />
Was war das Streitobjekt aus Ihrer Sicht und aus Sicht des Gegenübers?<br />
Standpunkte: Was ist mein Standpunkt (A) der meines Konfliktpartners (B) ?<br />
Strategie:<br />
Was war das Entscheidende, was den Konflikt aufgelöst, abgeschlossen, beendet<br />
hat?<br />
Erkenntnis: Was habe ich in der Rückschau durch diesen Konflikt neues über mich gelernt? Wie<br />
hat dieser Konflikt mich verändert?<br />
Roter Faden: Erkennen Sie sich Wiederholendes oder eine Entwicklung in Ihrer Konfliktbiografie<br />
in den genannten acht Aspekten?<br />
Diskussion im Workshop<br />
Die Teilnehmenden diskutieren fasziniert darüber, dass vor allem gelungene, konstruktiv gelöste<br />
Konflikte nicht so stark in Erinnerung bleiben. Viele erinnern sich vor allem ans Scheitern in<br />
Konflikten. Dabei gehen Ressourcen und Strategien verloren, beziehungsweise werden nicht<br />
bewusst reflektiert und abgespeichert. Umgekehrt bleiben schwierige Konfliktsituationen im<br />
Gedächtnis und führen eher zu einer Unlust, sich mit Konflikten reflexiv zu beschäftigen. Da hilft<br />
die Comic-Figur Asterix, der sich mit Wonne auf jeden sich anbahnenden Konflikt stürzt!<br />
Anregung zur Weiterbearbeitung zu Hause: Schreiben einer Konfliktbiografie und ergänzen der<br />
Beispiele aus öffentlichem Alltag mit dem privaten. Was sind die Gemeinsamkeiten und<br />
Entwicklungen in der persönlichen Konfliktbiografie. In welchen Konflikten sind Sie Experte?<br />
Fallbeispiel aus der Coaching-Praxis<br />
Die Workshopleiterin spielt mit ihrer Assistentin eine Konfliktsituation nach, wie sie in der<br />
Coachingpraxis als Fall bearbeitet wurde:<br />
In einem Unternehmen mit ca. 1000 Mitarbeitern (seit 10 Jahren auf dem Markt kontinuierliche<br />
Expansion) erfährt die Führungskraft Karin (fast seit Beginn dabei, 2. Hierarchie-Stufe, direkt unter der<br />
Geschäftsführung), dass ihr Kollege Martin (erst seit 2 Jahren dabei) auf eine neu eingerichtete<br />
Führungsebene befördert wird und sie nun neu ihm unterstellt ist. Die Information erreicht sie in einer<br />
Sammelmail, die gleichzeitig an die ganze Belegschaft geht. Zur Beratung ins Coaching kommt Karin.<br />
Der Konflikt wird als einfacher Modellfall für ein Grundprinzip in Konflikten Szene für Szene<br />
nachgespielt und mit den Teilnehmenden anhand folgender Fragen analysiert:<br />
1. Wer hat mit wem einen Konflikt?<br />
2. Was ist das Eskalationspotential?<br />
3. Welchen Konflikt gilt es zuerst anzugehen?<br />
4. Was ist bei der ersten Konfrontation für eine Strategie beobachtbar?<br />
5. Welche Standpunkte sind sichtbar? Wie kann Karin ihren Standpunkt deutlicher<br />
machen? Wie kann sie den Standpunkt der GF helfen sichtbarer zu machen?<br />
In der Diskussion wird deutlich, wie anspruchsvoll es ist, auch im Standpunkt des Konfliktpartners<br />
(in diesem Fall die GF) eine berechtigte Sichtweise des Geschehens zu sehen und diese als<br />
Möglichkeit zu respektieren bzw. sich ein Stück weit hineinzuversetzen. Anhand des Fallsbeispieles<br />
zeigt die Leitung, wie der konkrete Konfliktfall durch Positionswechsel und die Einnahme der<br />
dritten „neutralen“ Position, die zwischen den zwei „Konfliktwelten“ vermittelt, für beide Parteien<br />
befriedigend gelöst wurde.<br />
3
Daraus zusammenfassend wird eine Kurzanleitung für den Umgang mit Konflikten präsentiert:<br />
Umgang mit Konflikten – eine Kurzanleitung<br />
Im Zentrum eines Konfliktes gibt es im Wesentlichen drei Positionen:<br />
1. Die eigene Position: Was möchten Sie, was geschieht? Was möchten Sie bekommen? Was<br />
sind Ihre Bedürfnisse und Wünsche? Versuchen Sie sehr genau und konkret zu sein.<br />
Sprechen Sie einfach und klar, benutzen Sie keine Umwege. Seien Sie wachsam, wann Sie<br />
Angst bekommen oder zu scheu sind, sich klar auszudrücken.<br />
2. Die Position Ihres Konflikt-Gegenübers: Hören Sie offen und ohne Vorab-Bewertung zu, was<br />
er oder sie wirklich zu sagen hat. Verstehen Sie (wenigstens) etwas von den Bedürfnissen<br />
Ihres Gegenübers? Sehen Sie widersprüchliche Signale (Doppelsignale)? Versuchen Sie<br />
Interesse daran zu empfinden, die Welt Ihres Gegenübers zu besuchen und zu erforschen,<br />
aber ohne Ihre eigene Position zu verlieren!<br />
3. Die Position eines (fiktiven) neutralen Beobachters. Dieser schaut symmetrisch und<br />
gleichberechtigt auf beide Konfliktparteien und kommentiert den Prozess, benennt Signale<br />
und macht auf Veränderungen aufmerksam ohne zu urteilen oder für eine Seite Partei zu<br />
ergreifen.<br />
Den Konflikt bewegen:<br />
Grundsätzlich kommt der Konflikt in Bewegung und verändert sich, wenn auch nur eine der<br />
beteiligten Personen beginnt, nacheinander alle drei Positionen zu vertreten. Sehr wichtig: Sie<br />
können die gegnerische Position vertreten, ohne deswegen Ihre eigene aufgeben zu müssen oder<br />
Ihre Bedürfnisse zu verraten. Niemand hindert Sie daran, wieder dorthin zurückzukehren.<br />
Erzwingen Sie den Positionswechsel nicht – er muss authentisch und aufrichtig sein. Achten Sie<br />
daher auf die hot spots und cool spots, sie leiten Sie auf dem Weg durch die Positionen.<br />
Voraussetzungen für ein Gelingen des Positionswechsels:<br />
1. Im Frieden sein mit dem Zustand des Konfliktes!<br />
2. Empathie nicht nur empfinden, sondern anwenden:<br />
• Eigenen Standpunkt vertreten (A)<br />
• Standpunkt des Gegenübers (B) vertreten ohne<br />
den eigenen zu verlieren<br />
3. Meta-Ebene (C) halten ohne von eigener Gefühlslage<br />
hypnotisiert zu werden.<br />
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