Immer mehr Details belasten Steinmeier - Cuxhavener Nachrichten
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Sonnabend/Sonntag, 27./28. Januar 2007 ZEITGESCHEHEN<br />
CUXHAVENER NACHRICHTEN 3<br />
CSU droht der<br />
Showdown<br />
im September<br />
Konkurrenten um Stoiber-Nachfolge bleiben stur<br />
Von unserem Korrespondenten<br />
Jörg Säuberlich<br />
München. Edmund Stoiber hatte<br />
eine „gute Nachricht“ zu verkünden,<br />
als er gestern vor die Münchner<br />
Staatskanzlei trat. Doch dabei<br />
handelte es sich nicht um die erhoffte<br />
Einigung im Ringen um den<br />
CSU-Vorsitz. Der scheidende Ministerpräsident<br />
scherzte viel<strong>mehr</strong><br />
mit Blick auf Bundesagrarminister<br />
Horst Seehofer und den bayerischen<br />
Wirtschaftsminister Erwin<br />
Huber: „Es hat keinen Kampf gegeben,<br />
es hat auch keine Verletzungen<br />
gegeben.“<br />
Schon vor dem Treffen hatten<br />
die Teilnehmer – angesichts des<br />
drohenden Showdowns zwischen<br />
Seehofer und Huber auf dem Parteitag<br />
Ende September – nicht gerade<br />
Optimismus versprüht. CSU-<br />
Generalsekretär Markus Söder bemerkte<br />
lediglich: „Ganz schön kalt<br />
heute.“ Auch Landtagspräsident<br />
Alois Glück gab sich wortkarg:<br />
„Ich habe heute ein Schweigegelübde<br />
abgelegt.“<br />
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe<br />
im Bundestag, Peter<br />
Der Fall Kurnaz treibt Frank-Walter<br />
<strong>Steinmeier</strong> (SPD) immer <strong>mehr</strong><br />
in die Enge. Foto: dpa<br />
Ramsauer, hatte wenigstens Mitleid<br />
mit den frierenden Journalisten.<br />
„Ich beneide Sie nicht“, sagte<br />
er, und fügte hinzu: „Ich beneide<br />
mich allerdings selbst auch nicht –<br />
aus ganz anderen Gründen.“ Erwin<br />
Huber nahm sich im Gegensatz<br />
zu seinem Rivalen Horst Seehofer<br />
trotz der Kälte Zeit für einen<br />
kleinen Werbeauftritt in eigener<br />
Sache. Der Wirtschaftsminister betonte<br />
unter anderem: „Eine Zeit<br />
des Umbruchs muss man eben<br />
auch klug managen. Und dazu will<br />
ich meinen Beitrag leisten.“ Es gebe<br />
aber „keinen Anlass, von einer<br />
Krise der CSU zu reden“.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war bereits<br />
klar, dass Huber keinesfalls auf<br />
seine Kandidatur für den Parteivorsitz<br />
verzichten würde. Auch<br />
Seehofer zeigte sich in den vergangenen<br />
Tagen kampfeslustig – und<br />
auch leicht verärgert über das<br />
Werben des designierten Ministerpräsidenten<br />
Günther Beckstein für<br />
Huber. Gestern hielt sich Beckstein<br />
aber zurück und zitierte beim<br />
Eintreffen lediglich den „Fußball-<br />
Kaiser“ Franz Beckenbauer: „Einer<br />
der bekanntesten Bayern sagt:<br />
Schaun mer mal – das ist auch<br />
Bilderbuch-General vor einer unmöglichen Mission<br />
Neuer US-Oberbefehlshaber David Petraeus soll den Irak befrieden – und nebenbei auch den US-Präsidenten retten<br />
Von unserer Korrespondentin<br />
Gabriele Chwallek<br />
Washington. David Petraeus gilt<br />
als Bilderbuch-General: ein Mann<br />
mit Führungsqualitäten, hochintelligent,<br />
zielbewusst, ehrgeizig,<br />
tapfer und körperlich topfit. Jetzt,<br />
nach der gestern erfolgten Bestätigung<br />
durch den US-Senat, steht<br />
der 54-Jährige vor der größten Herausforderung<br />
seiner Karriere. Als<br />
neuer Oberbefehlshaber der multinationalen<br />
Streitkräfte im Irak soll<br />
er mit Hilfe von zusätzlichen<br />
21 500 US-Soldaten das Ruder in<br />
dem in Gewalt versinkenden Land<br />
herumreißen.<br />
Damit spielt der Heeresgeneral<br />
eine zentrale Rolle in der neuen<br />
Strategie von Präsident George W.<br />
Bush – als möglicher Retter für<br />
den Irak und damit zugleich für<br />
den Präsidenten selbst, gegen dessen<br />
Irak-Kurs sogar eigene Parteifreunde<br />
rebellieren. Viele Bush-<br />
Nachgeben wollte keiner der beiden Anwärter auf den CSU-Parteivorsitz: Weder Horst Seehofer (links) noch<br />
Erwin Huber sind von ihrer Bewerbung um die Stoiber-Nachfolge zurückgetreten. Auch dem scheidenden<br />
Ministerpräsidenten selbst ist es gestern beim Krisengipfel in der Münchener Staatskanzlei nicht gelungen,<br />
eine Lösung zu finden. Fotos: dpa/ddp<br />
meine Haltung jetzt.“<br />
Stoiber hatte einen Tag zuvor<br />
versichert, er wolle als „fairer<br />
Schiedsrichter und ehrlicher Makler“<br />
auftreten. Auf viel Beachtung<br />
war in dieser Woche zudem sein<br />
Ausspruch gestoßen, vielleicht ergebe<br />
sich als Lösung, dass aus<br />
dem Duo Beckstein/Huber „dann<br />
letzten Endes ein sehr, sehr gutes<br />
Trio“ gemacht werden könne.<br />
Kritiker und auch US-Medien sehen<br />
in dem Auftrag für Petraeus<br />
praktisch eine „Mission Impossible“,<br />
eine zum Scheitern verurteilte<br />
Mission. Aber dieser Pessimismus<br />
hat nichts mit mangelndem<br />
Respekt vor den Fähigkeiten dieses<br />
Mannes zu tun, der 1991 bei<br />
einem Manöverunfall so schwer<br />
verletzt wurde, dass er beinahe daran<br />
starb. Wenn es überhaupt in<br />
der Macht eines Militärs steht, die<br />
Lage im Irak zu verbessern, dann<br />
wird das Petraeus zugetraut.<br />
Auch Bush-Kritiker unter den<br />
pensionierten Generälen haben<br />
nur Gutes über den Sohn niederländischer<br />
Einwanderer zu sagen –<br />
so John Batiste, der unlängst<br />
meinte: „Wenn es jemand (im<br />
Irak) auf die Reihe bringen kann,<br />
dann Dave Petraeus.“ Das Magazin<br />
„Newsweek“ zitierte einmal einen<br />
Regierungsbeamten mit den<br />
Worten: „Wenn dieser General<br />
den Raum betritt, verändert sich<br />
die Körpersprache der Anwesen-<br />
Gestern gelang dies allerdings<br />
nicht.<br />
Doch Stoiber will nicht locker<br />
lassen, um Grabenkämpfe zwischen<br />
den Anhängern Hubers und<br />
Seehofers zu vermeiden. Tapfer<br />
kündigte er an: „Der Parteivorsitzende<br />
bemüht sich, die Nachfolge<br />
im größten Einvernehmen zu regeln.<br />
Das wäre sicherlich für die<br />
Partei und auch das Land die bes-<br />
den.“ Mit anderen Worten: Alle<br />
richten sich auf.<br />
Petraeus selbst, ein verheirateter<br />
Vater von zwei Kindern, gilt als<br />
Realist. „Die Lage im Irak ist düster“,<br />
räumte er ein, auch wenn er<br />
hinzufügte, dass dies nicht gleichbedeutend<br />
mit „hoffnungslos“ sei.<br />
Dass Petraeus dem Bush-Konzept<br />
anscheinend aufrichtig und nicht<br />
nur aus Loyalität eine Chance<br />
gibt, gilt aber nur als einer der<br />
Gründe für die Entscheidung des<br />
Präsidenten, den bisherigen Oberbefehlshaber<br />
George Casey durch<br />
ihn zu ersetzen.<br />
So verfügt niemand über eine<br />
derart große Irak-Erfahrung wie<br />
Petraeus. Im Irak-Krieg war er von<br />
Anfang an dabei. Als Kommandeur<br />
führte er die 1. Luftlandedivision<br />
bis Bagdad und übernahm<br />
dann die Kontrolle im Nordirak.<br />
Dass es dort damals relativ friedlich<br />
zuging, wird ihm persönlich<br />
zugeschrieben. Er wies seine Soldaten<br />
nicht nur an, Kultur und<br />
te Lösung.“ Er wolle „alle Köpfe<br />
dabei haben“. Die Frage ist nur, ob<br />
Seehofer sich bis zur nächsten Sitzung<br />
des CSU-Vorstands am 12.<br />
Februar wirklich zum Einlenken<br />
überreden lässt. Stoiber hat zumindest<br />
bei derartigen Prognosen<br />
das selbe Vorbild wie Beckstein:<br />
„Ich sage es mit dem großen bayerischen<br />
Philosophen Franz Beckenbauer:<br />
Schaun mer mal.“<br />
Das Verwirrspiel um Kurnaz geht weiter<br />
<strong>Steinmeier</strong> liefert etwas <strong>mehr</strong> Klarheit und lässt die „wildesten Behauptungen“ immer noch offen<br />
Von unserem Korrespondenten<br />
Helmut Reuter<br />
Berlin. Zurückhaltung ist eine urdiplomatische<br />
Tugend. Im Fall Murat<br />
Kurnaz hat Außenminister<br />
Frank-Walter <strong>Steinmeier</strong> (SPD)<br />
diese Eigenschaft jetzt abgelegt. Er<br />
will nicht <strong>mehr</strong> warten bis zur Aussage<br />
im BND-Ausschuss, sondern<br />
wehrt sich nach dem Motto „Angriff<br />
ist die beste Verteidigung“ gegen<br />
Verdächtigungen, er trage Mit-<br />
schuld an der Leidenszeit des in<br />
Bremen geborenen Türken.<br />
„Er wollte wenigstens den wildesten<br />
Behauptungen entgegentreten“,<br />
lässt er seinen Sprecher den<br />
Strategiewechsel begründen. Zwar<br />
kursieren Spekulationen, geheime<br />
Vermerke und Gerüchte. Es gibt<br />
aber auch etwas <strong>mehr</strong> Klarheit.<br />
Als gesichert kann gelten, dass<br />
sich am 29. Oktober 2002 die Präsidenten<br />
der <strong>Nachrichten</strong>dienste<br />
und auch der damalige Chef des<br />
Bundeskanzleramts <strong>Steinmeier</strong><br />
„<strong>Steinmeier</strong> soll sich entschuldigen“<br />
Für Kurnaz-Anwalt Docke ist sein Mandant das Opfer einer Ungerechtigkeit<br />
Berlin (dpa). Der Rechtsanwalt<br />
Bernhard Docke hat Außenminister<br />
Frank-Walter <strong>Steinmeier</strong> (SPD)<br />
aufgefordert, sich im Fall des langjährigen<br />
Guantanamo-Häftlings<br />
Murat Kurnaz für rechtsstaatliches<br />
Fehlverhalten zu entschuldigen.<br />
„Mir geht es nicht darum, politische<br />
Köpfe rollen zu sehen. Mir<br />
geht es darum, dass die Verantwortlichen<br />
dazu stehen, dass Herr<br />
Kurnaz Opfer einer schreienden<br />
Ungerechtigkeit wurde“, sagte Docke<br />
gestern in Berlin.<br />
Die Regierung verfolge jetzt die<br />
Verteidigungslinie, Kurnaz sei gefährlich<br />
gewesen. „Es gab im<br />
Herbst 2001 Indizien, die den Ver-<br />
Strikte Fristen<br />
bei gefährlichen<br />
Sextätern<br />
Karlsruhe (dpa). Der Bundesgerichtshof<br />
(BGH) hat erneut hohe<br />
Hürden für die dauerhafte Unterbringung<br />
gefährlicher Straftäter errichtet.<br />
In einem gestern veröffentlichten<br />
Urteil legten die Karlsruher<br />
Richter fest, dass für die „vorbehaltene<br />
Sicherungsverwahrung“<br />
strikte Fristen gelten: Die Entscheidung,<br />
dass ein Straftäter wegen<br />
Rückfallgefahr auch über die<br />
eigentliche Freiheitsstrafe hinaus<br />
inhaftiert wird, muss spätestens<br />
ein halbes Jahr vor einer möglichen<br />
Entlassung auf Bewährung<br />
getroffen werden. Wird die Frist<br />
versäumt, muss der Täter trotz erannter<br />
Gefährlichkeit zum Hafende<br />
entlassen werden (Az: 3 StR<br />
69/06 vom 14. Dezember 2006).<br />
Damit gab das Karlsruher Geicht<br />
einem zu fünf Jahren Haft<br />
verurteilten Vergewaltiger Recht.<br />
eit 2002 können Gerichte beim<br />
rteil per Vorbehalt die endgültige<br />
ntscheidung über eine Sicheungsverwahrung<br />
hinausschieben.<br />
dacht nahe legen konnten, dass<br />
Murat Kurnaz Kontakte in die islamistische<br />
Szene habe.“ Diesem<br />
Verdacht sei die Bremer Staatsanwaltschaft<br />
nachgegangen und im<br />
Oktober 2002 zum Ergebnis gekommen:<br />
„Da ist nichts dran.“<br />
Docke nannte die jüngsten Argumente<br />
„niveaulos“, die Regierung<br />
habe sich 2002 vor einem möglichen<br />
„Schläfer“ schützen und Kurnaz’<br />
Unschuld nicht mit Ungefährlichkeit<br />
verwechseln wollen. „Herr<br />
Kurnaz war schon damals eine exponierte<br />
Person und durch die Folter<br />
in US-Haft schwer traumatisiert.<br />
Ein Schläfer bleibt bis zu seiner<br />
Tat unerkannt. Hier handelt es<br />
sich um den Versuch, im Nachhinein<br />
die Unterlassungen des Kanzleramtes<br />
schönzureden.“ Außerdem<br />
sei dies „kein Argument, einen<br />
Menschen ohne Tatverdacht<br />
in Folter zu lassen“.<br />
„Paradox“ sei folgendes: Zum einen<br />
heiße es, die US-Forderung für<br />
eine Freilassung – nämlich Kurnaz<br />
als V-Mann in die deutsche Islamistenszene<br />
einzuschleusen – habe<br />
mangels Kenntnissen und Kontakten<br />
von Kurnaz nicht erfüllt werden<br />
können. „Im Umkehrschluss<br />
hieße dies: Hätte er <strong>mehr</strong> gewusst,<br />
wäre er also gefährlicher gewesen,<br />
hätten wir ihn vier Jahre früher aus<br />
dem Gefängnis bekommen.“<br />
verständigten, dass Kurnaz im Falle<br />
einer Entlassung in die Türkei<br />
abgeschoben werden sollte. Die genauen<br />
Beweggründe für die Entscheidung<br />
sind unklar, aber Sicherheitsbedenken<br />
gaben offenbar den<br />
Ausschlag. Zuvor gab es Hinweise<br />
vom Bundesnachrichtendienst<br />
(BND), dass eine Gruppe von Guantanamo-Häftlingen<br />
entlassen<br />
werden sollte, darunter eventuell<br />
auch Kurnaz.<br />
<strong>Steinmeier</strong> und der SPD-Obmann<br />
im BND-Ausschuss, Thomas<br />
Bernhard Docke Foto: dpa<br />
Docke kritisierte <strong>Steinmeier</strong>s Bezeichnung<br />
„Agentenspiel“ für das<br />
Freilassungsangebot aus den USA.<br />
„Man kann doch nicht rechtsförmige<br />
Verhandlungen über einen<br />
Gefangenen aus einem illegalen<br />
Gefängnis erwarten.“<br />
Oppermann, weisen aber Berichte<br />
über ein offizielles US-Angebot zur<br />
Freilassung kategorisch zurück.<br />
Ein solcher Vermerk dürfte sich<br />
auch weder beim Auswärtigen Amt<br />
noch bei den Geheimdiensten finden<br />
lassen. Allerdings gab es Überlegungen<br />
zwischen dem CIA-Residenten<br />
in Berlin und deutschen<br />
Agenten, Kurnaz als V-Mann zu<br />
gewinnen, die <strong>Steinmeier</strong> in der<br />
„Bild“-Zeitung bestätigte: „Auf<br />
Agentenspiele, wie etwa die Einschleusung<br />
von Kurnaz als Spitzel<br />
gegen islamistische Fundamentalisten,<br />
durfte ich mich als Chef des<br />
Kanzleramts ... nicht einlassen.“<br />
Der Opposition sind <strong>Steinmeier</strong>s<br />
Erklärungen zu dürftig. Aus Sicht<br />
des Linkspartei-Abgeordneten<br />
Wolfgang Neskovic treibt sich<br />
<strong>Steinmeier</strong> mit seinen „Rechtfertigungserklärungen<br />
immer <strong>mehr</strong> in<br />
die Unvermeidbarkeit des Rücktritts“.<br />
Dabei zielt <strong>Steinmeier</strong>s Verteidigungslinie<br />
derzeit weniger auf<br />
Rechtfertigung, sondern auf Verständnis<br />
ab: „Ich habe mich in sehr<br />
schwieriger Zeit der Verantwortung<br />
für die Sicherheit unseres<br />
Landes gestellt.“ Ob dazu auch die<br />
von der Opposition als „abgrundtief<br />
zynisch“ bezeichnete Entscheidung<br />
zählt, Kurnaz den ausländerrechtlichen<br />
Aufenthaltsstatus mit<br />
der Begründung zu entziehen, er<br />
habe sich <strong>mehr</strong> als sechs Monate<br />
nicht zurückgemeldet, wird der<br />
BND-Ausschuss klären müssen.<br />
„Wenn es jemand auf die Reihe bringt, dann Dave Petraeus“ – selbst<br />
Bush-Kritiker loben den 54 Jahre alten Hoffnungsträger des US-Präsidenten<br />
in den höchsten Tönen. Foto: dpa<br />
Tradition des Landes gebührend<br />
zu respektieren, sondern setzte sie<br />
auch intensiv zur Verbesserung<br />
der Infrastruktur ein. Man müsse<br />
bei Militäraktionen immer abwä-<br />
Lizenz zum<br />
Töten von<br />
iranischen<br />
Agenten<br />
Von Friedemann Diederichs<br />
Büro Washington<br />
Washington. „Iran liefert Material<br />
als Unterstützung für Attacken auf<br />
unsere Truppen.“ So beschrieb<br />
US-Präsident George W. Bush vor<br />
zwei Wochen die Rolle Teherans<br />
im Irak. Was er allerdings nicht<br />
sagte: Die amerikanischen Truppen<br />
sind – so meldete die „Washington<br />
Post“ – seit dem Herbst<br />
vergangenen Jahres angewiesen,<br />
iranische Agenten im Irak festzunehmen<br />
oder zu töten. Dies sei<br />
Teil einer aggressiven neuen Strategie,<br />
um Irans Einfluss in Nahost<br />
zu schwächen und zur Aufgabe<br />
des umstrittenen Nuklearprogramms<br />
zu zwingen. Bush hat die<br />
Anweisung gestern offiziell bestätigt.<br />
„Das macht doch Sinn“, sagte<br />
er. Ein Sprecher des Nationalen<br />
Sicherheitsrates nannte die Anordnung<br />
notwendig zum Schutz<br />
amerikanischer Interessen. Diplomaten<br />
und Zivilisten seien aber<br />
ausgenommen, heißt es.<br />
Dass US-Truppen im Irak immer<br />
wieder auf iranische Staatsangehörige<br />
stoßen und diesen die Zusammenarbeit<br />
mit schiitischen Milizen<br />
und Extremisten vorwerfen, ist<br />
kein Geheimnis. Vor 14 Tagen waren<br />
im Nordirak fünf Iraner bei<br />
der Durchsuchung eines Gebäudes<br />
festgenommen worden, das –<br />
so stellt es Teheran dar – als konsularisches<br />
„Verbindungsbüro“<br />
fungiert habe, in dem unter anderem<br />
Visaanträge bearbeitet worden<br />
seien. Das Büro hatte allerdings,<br />
so bestätigten später irakische<br />
Kreise, zum Zeitpunkt der<br />
Razzia keinen diplomatischen Status.<br />
Entgegen früheren Gepflogenheiten,<br />
nach denen verdächtige<br />
Iraner zunächst erkennungsdienstlich<br />
behandelt und dann nach spätestens<br />
vier Tagen wieder freigelassen<br />
worden waren, befinden sich<br />
die Festgenommenen weiter in<br />
Gewahrsam. Das US-Militär wolle<br />
in Kürze Beweise für eine Verwicklung<br />
dieser Männer in extremistische<br />
Aktivitäten vorlegen, so<br />
US-Botschafter Zalmay Khalilzad.<br />
Vorgehensweise verschärfen<br />
Zuletzt war immer wieder der<br />
Vorwurf laut geworden, Agenten<br />
und Mitglieder der iranischen „Revolutionsgarden“<br />
würden im Irak<br />
schiitische Milizen ausbilden und<br />
sie auch mit modernen Waffen<br />
und Sprengstoff unterstützen.<br />
Dem Bericht der „Washington<br />
Post“ zufolge habe das Weiße<br />
Haus dann im Herbst 2006 entschieden,<br />
eine „Lizenz zum Töten“<br />
auszustellen, um damit die<br />
Vorgehensweise zu verschärfen.<br />
„Die Iraner mussten bisher keinen<br />
Preis bezahlen“, wird ein US-Regierungsbeamter<br />
zitiert. Man gehe<br />
davon aus, dass sich rund 150 Iraner<br />
derzeit als Unterstützer von radikalen<br />
Gruppen im Irak aufhalten.<br />
Für eine direkte Beteiligung<br />
an Attacken oder Kampfhandlungen<br />
soll es aber bisher keine eindeutigen<br />
Beweise geben.<br />
gen, ob man damit Aufständische<br />
motiviere oder sie von der Straße<br />
hole, sagte er damals. Nach seiner<br />
Versetzung fassten sunnitische Rebellen<br />
auch im Norden Fuß.