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Trauerrede Gabriele Bauer Oberbürgermeisterin ... - Stadt Rosenheim

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<strong>Trauerrede</strong><br />

<strong>Gabriele</strong> <strong>Bauer</strong><br />

<strong>Oberbürgermeisterin</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Rosenheim</strong><br />

Trauersitzung des <strong>Stadt</strong>rats<br />

zum Tode von Alt-Oberbürgermeister<br />

Dr. Michael Stöcker<br />

<strong>Rosenheim</strong><br />

15. April 2013<br />

Frei ab Beginn der Rede<br />

Es gilt das gesprochene Wort


- 1 -<br />

Anrede,<br />

ein großes <strong>Rosenheim</strong>er Herz hat aufgehört zu schlagen.<br />

Der <strong>Stadt</strong>rat und die Bürgerschaft <strong>Rosenheim</strong>s trauern um unseren Alt-Oberbürgermeister<br />

Dr. Michael Stöcker.<br />

Unerwartet und unvermittelt wurde er mit 75 Jahren aus unserer Mitte gerissen. Unser<br />

Mitgefühl gilt seiner Frau Sigrid, seinen Kindern Tanja und Kai, den Enkeln sowie den weiteren<br />

Angehörigen.<br />

• Sie sind in ihrem Schmerz nicht allein.<br />

• Wir hoffen von ganzem Herzen, dass sie mit Gottes Hilfe Kraft finden in diesen Tagen<br />

des Abschieds.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

Otto von Bismarck hat einmal notiert: „Einen wirklich großen Mann erkennt man an drei<br />

Dingen: Großzügigkeit im Entwurf, Menschlichkeit in der Ausführung und Mäßigkeit beim<br />

Erfolg“.<br />

Wer wie ich von den Kolleginnen und Kollegen des <strong>Stadt</strong>rats das Privileg hatte, schon<br />

während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister diesem Gremium anzugehören,<br />

• der weiß um die Kraft der gestalterischen Visionen, die Dr. Michael Stöcker für die<br />

Zukunft der <strong>Stadt</strong> entwarf, in die er Ende der 60er Jahre gekommen war und die ihm<br />

binnen kurzer Zeit zur Heimat wurde.<br />

Schon nach seiner Wahl zum <strong>Stadt</strong>rat, als Fraktionsvorsitzender der CSU und 2. Bürgermeister<br />

hatte er das Ziel vor Augen, in <strong>Rosenheim</strong> Akzente zu setzen, die<br />

• den Zusammenhalt der Bürgerschaft stärken,<br />

• die Entwicklung der <strong>Stadt</strong> positiv befördern und<br />

• sie als Ort zum Leben, Arbeiten und Investieren attraktiver machen.


- 2 -<br />

Einem Kommunalpolitiker kann man kein größeres Kompliment aussprechen als dies:<br />

• Was er angeregt, was er angeschoben, was er durchgesetzt hat, das gehört<br />

nach wenigen Jahren einfach zur <strong>Stadt</strong> dazu.<br />

Fragen Sie einen jungen <strong>Rosenheim</strong>er von 30 oder 35 Jahren, fragen Sie eine <strong>Rosenheim</strong>erin,<br />

die vor 10, 15 oder 20 Jahren in diese <strong>Stadt</strong> gezogen ist,<br />

• ob man sich <strong>Rosenheim</strong> ohne Fußgängerzone vorstellen könne,<br />

• ob <strong>Rosenheim</strong> das Ku’Ko braucht oder<br />

• ob es nicht andere Alternativen zum Lokschuppen als renommiertes Ausstellungszentrum<br />

gäbe.<br />

Sie werden fragende Blicke oder verständnisloses Kopfschütteln ernten.<br />

Und doch sind dies nur drei der stadtentwicklungspolitischen Leitentscheidungen, die in<br />

der Ära Stöcker gefallen sind und an denen sich leidenschaftliche Diskussionen entzündet<br />

haben.<br />

Beharrlich,<br />

• stark und sicher in der Argumentation,<br />

• immer fair in der Auseinandersetzung und die Gegenmeinung achtend<br />

hat sich Dr. Michael Stöcker in all diesen Diskussionen mit seinen wegweisenden Vorstellungen<br />

durchgesetzt und damit dem Gesicht der <strong>Stadt</strong> seinen Stempel aufgedrückt.<br />

Seinen Weg ist er gegangen, ohne die <strong>Stadt</strong>gesellschaft zu spalten oder zu polarisieren.<br />

Jede sachliche Kontroverse, und sei sie noch so hart, hat er nicht als persönlichen Angriff,<br />

sondern als das legitime demokratische Ringen um die besten Zukunftsentwürfe begriffen.<br />

Er hat die intellektuelle Auseinandersetzung gemocht. Und er konnte eine scharfe rhetorische<br />

Klinge führen


- 3 -<br />

• oft selbstironisch, aber nie verletzend.<br />

Deshalb war und ist sein Ansehen über die politischen Parteien, aber auch über die kommunalen<br />

Grenzen hinweg bis heute ungeheuer groß.<br />

Er lebte ein politisches Leben voller Höhen, aber auch mit schmerzlichen Tiefen. Natürlich<br />

haben auch ihn Auseinandersetzungen über kommunalpolitische Themen bis an die<br />

Grenzen gefordert.<br />

Die verletzende Feindseligkeit, die ihm nach der Entscheidung entgegenschlug, kein neues,<br />

die Möglichkeiten der <strong>Stadt</strong> überforderndes Eisstadion zu bauen, hat ihn tief getroffen<br />

und im Innersten bewegt.<br />

Weggefährten sahen einen sensiblen, mit sich ringenden Charakter am Werk, bei dem<br />

schließlich immer die verantwortungsethische Frage „Was ist machbar?“ den Sieg gegenüber<br />

der populistischen Sicht „Was kommt an?“ davon trug.<br />

Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß – diese Trias der politischen Handlungsmaximen<br />

Max Webers kennzeichneten stets das politische Handeln Michael Stöckers.<br />

Diesen wie auch andere politische Stürme konnte er überstehen, weil er über die härteste<br />

aller politischen Währungen verfügte: Vertrauen.<br />

Vertrauen, das auf seiner persönlichen Glaubwürdigkeit basierte und auf dem Wissen der<br />

<strong>Rosenheim</strong>erinnen und <strong>Rosenheim</strong>er um seine absolute Integrität.


- 4 -<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Dr. Michael Stöcker kam aus dem, was man im<br />

Allgemeinen „kleine Verhältnisse“ nennt.<br />

Alles, was er war, alles, was er sich geschaffen hat, hatte er niemandem anderes zu verdanken<br />

als sich selbst,<br />

• seinem Fleiß,<br />

• seiner Intelligenz und<br />

• seiner blitzgescheiten Auffassungsgabe.<br />

Aus diesen Eigenschaften heraus, fühlte er in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister,<br />

aber auch noch darüber hinaus, eine starke innere Verantwortung gegenüber den Schwachen,<br />

den Benachteiligten und den Menschen mit Behinderungen.<br />

Eine der treibenden Kräfte seiner Arbeit war es, Hürden abzubauen, die dem gesellschaftlichen<br />

Aufstieg begabter junger Menschen im Wege stehen.<br />

Deshalb lag ihm das am Herzen, was man heute mit frühkindlicher Bildung bezeichnet –<br />

von der Förderung der Kindergärten bis hin zum Bau von Kinderspielplätzen.<br />

Seine Sorge um die Schulen brachte ihm den Ruf eines „Schulbürgermeisters“ ein, der<br />

stets ein offenes Ohr für die Bedürfnisse aller Schularten hatte.<br />

Vollendet wurde diese bildungsfreundliche Einstellung in seinem Engagement für die<br />

Hochschule <strong>Rosenheim</strong>, die in ihm einen aktiven und kreativen Förderer fand.


- 5 -<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

sehr geehrte Damen und Herren,<br />

zu stärken, was die <strong>Stadt</strong>gesellschaft zusammenhält und ihr Gleichgewicht bewahrt – das<br />

war das große Thema von Dr. Michael Stöcker,<br />

• das er bis hin zu seinem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement verfolgte.<br />

Mit seiner Kultur- und Sozialstiftung hat er seiner Heimatstadt ein bleibendes Geschenk<br />

gemacht. Ein Geschenk, das in seinem Sinne positiv ausstrahlt und uns mahnt, dass eine<br />

<strong>Stadt</strong> aus mehr besteht als aus Stein, Beton und Ziegel.<br />

Eine Stiftung, von der seit ihrer Gründung 1996 das Signal ausgeht,<br />

• dass es immer die Menschen sind, für deren Wohl wir uns einzusetzen haben.<br />

Ganz im Sinne des Naturwissenschaftlers und Literaten Georg Christoph Lichtenberg, der<br />

einmal geschrieben hat: „Die Neigung der Menschen, auch kleine Dinge für wichtig zu halten,<br />

hat sehr viel Großes hervorgebracht“.<br />

Vor wenigen Tagen, meine sehr geehrten Damen und Herrn, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

ist ein starkes Leben zu Ende gegangen.<br />

Die Bilanz seines Wirkens als Kommunalpolitiker über mehr als drei Jahrzehnte hinweg,<br />

davon 25 Jahre als Oberbürgermeister, ist makellos:<br />

<strong>Rosenheim</strong> ist heute – nicht zuletzt Dank dem Wirken von Dr. Michael Stöcker – eines der<br />

drei wirtschaftlichen Kraftzentren Oberbayerns.<br />

• Es bietet seinen Bürgerinnen und Bürgern von den Bildungseinrichtungen<br />

bis hin zum Klinikum alles an, was man sich an sozialer Grundversorgung eines<br />

Gemeinwesens wünschen kann.<br />

• Seine Kulturszene hat Strahlkraft weit über die Grenzen der Region hinaus.


- 6 -<br />

Und dennoch, viel stärker wird uns hier im Saal Dr. Michael Stöcker als Mensch in Erinnerung<br />

bleiben:<br />

• Für die einen der politische Gegner, der immer auch fairer Partner war,<br />

• für die anderen der starke Verwaltungschef, der den Dienstleistungsbetrieb<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Rosenheim</strong> geformt und inspiriert hat,<br />

• für viele aber schlicht ein Freund und Wegbegleiter,<br />

o<br />

o<br />

der Rat gab, aber auch Rat akzeptierte,<br />

der beharrlich seine Ziele verfolgte und sich nie guten Argumenten<br />

verschloss,<br />

o<br />

der nie verletzte, auch Verletzungen nie zeigte, selbst wenn sie zutiefst<br />

schmerzlich waren.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des <strong>Stadt</strong>rats,<br />

liebe Gäste,<br />

Dr. Michael Stöcker ist nicht mehr unter uns. Hier hat er 25 Jahre als Oberbürgermeister<br />

die Sitzungen des <strong>Stadt</strong>rates geleitet. Unsere Gedanken sind heute bei ihm.<br />

Als seine Nachfolgerin im Amt sage ich im Namen der dankbaren Bürgerschaft Respekt<br />

und Anerkennung für alles, was er an Bleibendem geschaffen hat.<br />

• Als persönliche Freundin spüre ich die Lücke, die er hinterlässt.<br />

Anlässlich des Wechsels im Amt des Oberbürgermeisters im Jahre 2002 hat uns Dr. Michael<br />

Stöcker etwas hinterlassen, das er selbstironisch „Nachruf“ nannte:<br />

„Wenn ihr sagt, es ist gut, dass es mich gab, dann hat mir das Leben viel Glück beschieden“.<br />

Lieber Michael,<br />

ja, es war gut, dass es Dich gab. Du fehlst.

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