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EDITORIAL
INSIDE
INTERVIEWS IN DIESER AUSGABE:
Magnussen: Seite 44
Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein
Stephan: Oh, Mann, dieser Kimi ist echt
klasse.
Kerstin: Das sage ich schon lange! Was hat
dich jetzt überzeugt?
Stephan: Jeder bejubelt Monaco als das
Kronjuwel der Formel 1, nur Kimi sagt:
»Ich hasse es.«
Kerstin: Das ist typisch Kimi. Aber so
schlimm ist Monaco gar nicht. Man darf nur
nicht vorhaben, irgendwann schlafen zu
wollen...
Stephan: Was meinst du mit schlafen???
Das wird doch völlig überbewertet...
Kerstin: Stimmt auch wieder. Genau so putzmunter
sahen dann manche Journalisten am
Freitagmorgen nach den ganzen Partys auch
aus...
Stephan: Wenn wir schon bei Kimi sind,
hast du irgendwelche Gorillakostüme
oder Plastikdelphine gesichtet?
Kerstin: Leider nicht, aber die fröhlich feiernden
Formel-1-Fans in der Straße vor
meinem Hotelzimmer hätten solche Utensilien
sicher gut gebrauchen können...
Stephan: Gut genug beleuchtet, um sie
zu sehen, soll die Straße vor deinem Hotel
ja gewesen sein.
Kerstin: Ich bin seitdem ein riesiger Fan von
blinkenden Neon-Reklameschriftzügen
direkt gegenüber von meinem vorhanglosen
Fenster. Wenn ich die Augen zumache, sehe
ich es heute noch blinken...
Stephan: Dann war das also eine Wohltat
für deine Augen und deine Ohren.
Kerstin: Und wie!
Stephan: Aber grölende Fans und taghelle
Nachtclubschilder klingen immer noch
besser als dein kleiner Ausflug ins Horror-Kabinett
in Malaysia.
Kerstin: Ja, wenn ich schlaflos im Bett liege
und nachts um drei minutenlang draußen
Ketten (!) klirren höre, ist mir das nicht unbedingt
ganz geheuer.
Stephan: Aber die Kneipe an der Ecke war
danach garantiert bombensicher
verschlossen...
Kerstin: Und eine Verwendung für die an der
Strecke seit diesem Jahr überflüssigen Ohrstöpsel
habe ich damit nebenbei auch
gefunden.
Stephan: Hast du mir welche mitgebracht?
Die Renovierungsarbeiten in
unserem Bürogebäude machen mich
wahnsinnig. Das übertrifft das Kreischen
jedes V8-Motors!
Kerstin: Vielleicht sollte Mercedes statt der
Tröte eine Schleifmaschine auf den Auspuff
montieren.
Stephan: Klaus, nimm den Arbeitern die
Maschine doch bitte gleich mal ab...
Paddy braucht die dringend. Aber was ist
denn nun bei McLaren und unserem Anti-
Monegassen Kimi los?
Kerstin: An der Nuss beißen sich selbst die
sogenannten Experten im Fahrerlager die
Zähne aus. Ein Ex-Formel-1-Fahrer sagte
mir: »Da stehe ich genauso wie der Ochs
vorm Berg wie du.« Hilfreich, oder?
Für diese Ausgabe stellten sich unter anderem McLaren-Rookie Kevin
Magnussen und Ducati-Pilot Andrea Dovizioso unseren Fragen.
EXKLUSIV IM INTERNET:
Dovizioso: Seite 70
Weitere exklusive Interviews & Kolumnen auf unserer Website:
Interview Alain Prost: www.motorsport-magazin.com/goto/Prost
Kolumne Augusto Farfus: www.motorsport-magazin.com/goto/AF03
Interview Nico Hülkenberg: www.motorsport-magazin.com/goto/Hulk
❱
IN DIESER
AUSGABE
FORMEL 1
KÖNIG DER FORMEL 1: Hamilton vs. Rosberg . . 22
MERCEDES: Geheimnis des Erfolgs. . . . . . . . . . . . . 30
KIMI RÄIKKÖNEN: Heilsbringer ausgebremst. . . . . 34
MCLAREN: Gut ist nicht gut genug. . . . . . . . . . . . . . 40
INTERVIEW: Kevin Magnussen. . . . . . . . . . . . . . . . . 44
DANIEL RICCIARDO: Schnelle Grinsekatze . . . . . 46
SEBASTIAN VETTEL: Der Chassis-Fluch . . . . . . . 50
HISTORY: Jack Brabhams Spielzeuge . . . . . . . . . . . 54
34
Schwierige
KIMI RÄIKKÖNEN: AUSGEBREMST!
Rückkehr zu Ferrari für Ex-Champion Kimi Räikkönen.
Das Motorsport-Magazin begab sich auf Spurensuche: Was bremst
den Iceman bei der Scuderia aus?
MOTORRAD
HONDA: Glücklicher Marc Marquez . . . . . . . . . . . . . . .64
INTERVIEW: Andrea Dovizioso . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
STEFAN BRADL: Am Scheideweg . . . . . . . . . . . . . 74
HISTORY: Barry Sheenes Erben . . . . . . . . . . . . . . . . 78
VERLETZUNGEN: Phänomen Arm-Pump . . . . . . . 84
TOP5: Reifenskandale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
MOTO2: Mika Kallio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
MOTO3: KTM vs. Honda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
INTERVIEW: Ronald Ten Kate. . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
IDM: Dario Giuseppetti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
MOTORSPORT
NÜRBURGRING: Die größte Party der Welt . . . . . 106
ADAC MOTORSPORT: Splitter . . . . . . . . . . . . . . 110
TECHNIK: Porsche 911 GT3 Cup . . . . . . . . . . . . . . 112
SERVICE
INSIDE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 04
KOLUMNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO
DER DOMINATOR DER MOTOGP
Nur wenige Fahrer haben der Königsklasse des Motorradsports ihren
Stempel so fest aufgedrückt wie derzeit Marc Marquez. Wird er der
neue Valentino Rossi - oder sogar noch besser?
64
www.Motorsport-Magazin.com 5
FORMEL 1
INSIDE
TEXT: CHRISTIAN MENATH & MIKE WIEDEL
KAMPF
UM DIE
ZUKUNFT
Marussia kämpft seit dem ersten Tag ums
Überleben. Sportdirektor Graeme Lowdon
zeigt im Motorsport-Magazin den Weg zu einer
besseren Formel 1 auf.
1. BUDGETOBERGRENZE
»Es ist schwierig, Argumente zu finden, dass die
Budgetobergrenze keine gute Sache für die Formel
1 wäre. Wir schauen uns alle großen Weltsportarten
an, die derzeit im Wachstum sind. Sie
haben alle eines gemeinsam: ein Werkzeug zur
Kontrolle der Kosten und eine gerechte Verteilung
der Einnahmen innerhalb des Sports.«
2. WANDEL DER ZEIT
»Vor 30 oder 40 Jahren wurde noch darüber diskutiert,
ob man gewisse Sicherheitsstandards
einführen sollte und ob das gut für den Sport wäre.
Die Geschichte hat gezeigt, dass es das mit
Sicherheit war. Die Geschichte wird auch zeigen,
dass es eine verpasste Chance wäre, wenn unser
Sport nun nicht anderen Sportarten folgt.«
3. DENKT AN DIE FANS
»Die Formel 1 benötigt jetzt strategisches Denken
und kein kurzsichtiges Kalkül. Wir haben den
besten Teamsport in der Welt und uns muss klar
sein, dass die Formel 1 nicht uns gehört, wir fahren
hier nur. Wir müssen an die Fans denken, denn
wenn die Fans uns verlassen, gibt es unseren
Sport auch nicht mehr.«
MARUSSIA EROBERT MONACO
Marussia hat es geschafft! 2010 stieg das Team in die Formel 1 ein. Während Einzelteile
der HRTs längst versteigert wurden und Caterham an unschönen Nasen herumbastelt,
gibt es bei Marussia etwas zu feiern: Punkte! Jules Bianchi holte in Monaco mit Platz
9 die ersten Zähler der Teamgeschichte. Wichtiger als der Ruhm im Fürstentum dürfte
aber das Geld sein, das Mr. E dafür springen lässt. Und noch ein Grund zum Feiern:
Max Chilton fährt und fährt und fährt noch immer.
DAUERLÄUFER MAX CHILTON
MEIN ERFOLGSGEHEIMNIS
»Ich bin in meiner Karriere schon immer gut darin gewesen,
das Auto nach Hause zu bringen. Wenn man
irgendeine verrückte Aktion versucht, steht das Ergebnis
meistens vorher schon fest: jede Menge Schaden.
Manchmal ist diese Herangehensweise vielleicht nicht
die beste. Vielleicht hätte ein anderer Fahrer mit einem
Manöver einen Platz gewonnen, aber langfristig zahlt
sich mein Weg mehr aus. Das bedeutet ja nicht, dass
ich nie überhole. Ich wäge das Risiko einfach sehr
genau ab.«
6 www.Motorsport-Magazin.com
KAMPF DER ZWERGE
OSELLA
SUPER AGURI
Christian Danner
im Osella FA1 in
Monaco 1986
EMBASSY HILL
ZAKSPEED
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARUSSIA
IM VISIER: OSELLA - 5 PUNKTE
Die Statistik älterer, relativ erfolgloser Formel-1-Teams liest sich meist etwas
sonderbar. In Zeiten, in denen die Qualifikation noch eine wahre Hürde darstellte,
war die italienische Rennschmiede zwischen 1980 und 1990 bei 172 Grands Prix
gemeldet, durfte aber nur 131 Mal starten. Mit Cosworth- und Alfa-Romeo-
Aggregaten im Heck reichte es immerhin zweimal in elf Saisons für Punkte.
ÜBERHOLT: EMBASSY HILL - 3 PUNKTE
Die Geschichte des Rennstalls von Graham Hill ist tragisch: 1975 ging das
Team zum ersten und einzigen Mal an den Start. Auch der spätere Weltmeister
Alan Jones und der Deutsche Rolf Stommelen fuhren für Hill. Bei zehn Rennen
holte der Neuling immerhin drei Punkte. Ein Flugzeugabsturz, bei dem Hill
und weitere Teammitglieder starben, bedeutete das Ende.
IM VISIER: SUPER AGURI - 4 PUNKTE
Takuma Sato heißt der Held von Super Aguri. Das japanische Team des ehemaligen
Rennfahrers Aguri Suzuki bestritt zwischen 2006 und 2008 39 Grands
Prix. Alle vier WM-Punkte holte Sato 2008, mit Rang 9 bei den Konstrukteuren
das erfolgreichste Jahr der Super-Aguri-Geschichte. 2014 gehen die Japaner
wieder auf Punktejagd - allerdings in der Formel E.
ÜBERHOLT: ZAKSPEED - 2 PUNKTE
Als Fahrer sammelte Aguri Suzuki bei Zakspeed Formel-1-Erfahrung. 16 Mal
wollte er 1989 starten, scheiterte aber jedes Mal an der Vorqualifikation. Die
restlichen Zakspeed-Jahre verliefen nicht ganz so erfolglos. Martin Brundle
sammelte für das deutsche Team immerhin zwei Punkte. Christian Danner
schrammte einige Male knapp daran vorbei.
DAS ANDERE ENDE DER KONSTRUKTEURSWERTUNG
Position Team Punkte
53. Osella 5
Larrousse 5
55. Super Aguri 4
56. Hill 3
57. Theodore 2
Zakspeed 2
AGS 2
Marussia 2
61. Tecno 1
Venturi 1
Spyker 1
www.Motorsport-Magazin.com 7
MOTORRAD
INSIDE TEXT: MICHAEL HÖLLER, NICO PAPPELAU & MARIA POHLMANN
Scott Redding
stellten sich
unseren 8 Fragen
8
FRAGEN AN
SCOTT REDDING
Silverstone oder Donington?
Puh, da kann ich mich nicht
entscheiden.
Zweitakter oder Viertakter?
Zum Rennfahren Viertakter, für
den Spaß aber auf jeden Fall
Zweitakter.
Pizza oder Pasta?
Pizza ist mir lieber, aber meistens
muss ich zu Pasta greifen.
[lacht und blickt auf seinen
Bauch]
Agostini oder Rossi?
Agostini war vor meiner Zeit,
Rossi ist hingegen die schillerndste
Persönlichkeit der
aktuellen MotoGP.
Blondinen oder
Dunkelhaarige?
Das ist egal, bei Frauen kommt
es mir auf andere Dinge an.
[grinst schelmisch]
Party in der Disco oder
Relaxen auf der Couch?
Während der Saison meistens
die Couch, aber ich bin 21 und
habe in meiner Freizeit auch jede
Menge Unfug im Kopf.
Dein Lieblingsfußballklub?
Ich hasse Fußball.
Ein perfekter Urlaub wäre...?
Ich brauche warmes Wetter, ein
Motocrossbike und ein paar
Mädchen. Dann bin ich
glücklich.
RADAR-FALLE
Andrea Iannone fuhr am Samstagmorgen in Mugello direkt in eine Geschwindigkeitsmessung,
wurde aber weder gestoppt noch bestraft - im Gegenteil. Der Pramac-Ducati-Pilot
stellte im dritten Freien Training zum Italien GP einen neuen Geschwindigkeitsrekord in der
MotoGP auf. ‚Maniac Joe‘ - wie sich Iannone selbst gerne nennt - raste mit 349,6 km/h über
den Asphalt und übertraf damit Dani Pedrosas bisheriges Spitzentempo von 349,288 km/h.
349,6 km/h
8 www.Motorsport-Magazin.com
ROSSI WIRD
300
Als überhaupt erst zweiter Fahrer nach Loris Capirossi
(Katar 2010) erreichte Valentino Rossi einen
bedeutenden Meilenstein in der Motorrad-WM:
Der Fan-Liebling fuhr seinen 300. Grand Prix.
Besonders glücklich ist der »Doktor« darüber nicht.
»Dass ich meinen 300. Grand Prix fahre, bedeutet,
dass ich schon sehr alt bin«, sagte er in Mugello.
Schließlich ist seit Rossis Debüt im malaysischen
Shah Alam 1996 schon etwas Zeit vergangen.
FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE, ADRIVO/SUTTON
Nicht nur Valentino Rossi huldigte Marco Simoncelli
beim italienischen Grand Prix mit einer Aufschrift
auf seiner Kombi. Der charismatische Pilot
wurde am Freitag in Mugello posthum in die Hall
of Fame aufgenommen und damit zur 21.
MotoGP-Legende. Simoncelli, der 2011 in Malaysia
bei einem tragischen Unfall ums Leben kam,
teilt sich die Ruhmeshalle mit Legenden wie
Giacomo Agostini, Daijiro Kato, Mick Doohan,
Anton Mang, Carlo Ubbiali und Casey Stoner.
#THISFORSIC58
FRANZOSEN GEBEN GUMMI
Ab 2016 tritt Bridgestone als alleiniger Reifenlieferant in der MotoGP
zurück. Obwohl laut der Dorna mehrere Hersteller Interesse an einer Nachfolge
angemeldet hatten, war letztlich Michelin der einzige Produzent,
der ein ernsthaftes Angebot vorlegte. Der Zuschlag ging - ohne große
Überraschung - an die Franzosen, die sich mit vermehrten Testfahrten
2015 bereits auf die 1000ccm einstellen sollen, nachdem sie eine siebenjährige
MotoGP-Pause eingelegt haben. Bonne chance!
www.Motorsport-Magazin.com 9
Dontjes Bilanz 2013 im
ADAC Formel Masters: 2
Siege, 4 Podiums
Coolster Name im
ganzen Fahrerlager:
Indy Dontje
FRAGEN AN
TEXT: ROBERT SEIWERT
INDY DONTJE
DER ATS FORMEL 3 CUP IST DAS ABITUR DES MOTORSPORTS. DAS MOTOR-
SPORT-MAGAZIN WIRFT EINEN GENAUEN BLICK INS FAHRERLAGER UND PRÄ-
SENTIERT HOFFNUNGSVOLLE TALENTE SOWIE SPANNENDE GESCHICHTEN.
DIESMAL: ROOKIE INDY DONTJE.
MSM: Indy, du startest dieses Jahr zum ersten Mal
im ATS Formel 3 Cup. Was waren die größten
Herausforderungen nach dem Aufstieg aus dem
ADAC Formel Masters?
INDY DONTJE: Das Formel-3-Auto hat wesentlich mehr
Downforce als der Formel ADAC, den ich in den vergangenen
beiden Jahren gefahren bin. Bei Testfahrten
mit dem Formel 3 haben wir deshalb sehr häufig simuliert,
wie es ist, in der so genannten ‚Dirty Air‘ zu fahren
- also direkt hinter einem anderen Auto. Wenn du sehr
nah am Vordermann dran bist, verlierst du viel Abtrieb.
Das macht das Überholen zu einer ganz schön kniffligen
Angelegenheit - eine Herausforderung, die ich
aber sehr gerne annehme.
Welches Ziel hast du dir für diese Saison gesetzt?
Die Herausforderung ATS Formel 3 Cup darf man nicht
unterschätzen, und man sollte auf keinen Fall zu früh
zu viel wollen. Ich habe mir realistische Ziele in meiner
ersten Saison gesteckt und bin froh, dass es bislang
so erfolgreich lief. Dieses Jahr sind einige hungrige
Rookies am Start, die ebenfalls alles für den Sieg geben.
Ich hoffe, dass ich in der Rookie-Wertung um den
Gesamtsieg kämpfen kann.
Und wie soll es in Zukunft in deiner Karriere
weitergehen?
Ich kann mir gut vorstellen, später vom Formel- in den
GT-Sport zu wechseln. Es ist aktuell sehr schwierig,
den Sprung in die Formel 1 zu schaffen. Da mache ich
mir überhaupt nichts vor und lasse meine Zukunft im
Motorsport offen. GT-Autos finde ich sehr spannend,
das wäre auf jeden Fall eine gute Alternative.
Du bist auch abseits der Rennstrecke fleißig.
Erzähle bitte etwas über dein aktuelles
Kartprojekt.
Gemeinsam mit meinem Bruder betreibe ich eine Kartbahn
im niederländischen Lelystad. Das ist eine Outdoor-Strecke,
die wir in den vergangenen Monaten
immer weiter ausgebaut haben. Außerdem habe ich
eine Gokart-Schule, in der ich 35 Jugendlichen das
Kartfahren beibringe. Langweilig wird mir nie: Vier Tage
in der Woche sitze ich im Vorlesungsraum der Uni und
an den anderen drei Tagen kümmere ich mich um das
Kart-Unternehmen - und natürlich das Rennfahren!
Was hat es mit dem Projekt ‚Against Cancer‘ auf sich,
mit dem du auch auf deinem Formel-3-Auto wirbst?
Mein Vater hat diese Organisation gegründet, sie setzt
sich für krebskranke Kinder ein. Da mache ich natürlich
gerne mit - es ist ein gutes Gefühl, ein Lächeln in den
Gesichtern dieser Kids zu sehen. ‚Against Cancer‘ kümmert
sich um 50 Familien mit krebskranken Kindern,
die wir zu unseren Rennen und anderen Veranstaltungen
einladen. Wir hoffen, dass sie auf diese Weise
zumindest kurzzeitig den Krebs ‚vergessen‘ können.
FOTOS: ATS FORMEL 3 CUP/ALEXANDER TRIENITZ
Motorsport-Magazin.com ist offizieller Medien-Partner des ATS Formel Cup.
10 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | MOTORRAD
ORDINATION
DR. ROSSI BLEIBT GEÖFFNET
TEXT: MICHAEL HÖLLER
ER IST EINFACH NICHT WEGZUDENKEN: WARUM VALENTINO ROSSI SO WICHTIG FÜR DIE MOTOGP IST.
E
r sagte es bei einem Pressetermin in
Jerez ganz beiläufig: »Ich habe vor,
noch zwei weitere Jahre bei Yamaha
zu bleiben.« Unscheinbare Worte von großer Tragweite,
denn sie wurden von niemand Geringerem
als Valentino Rossi ausgesprochen. Viele Monate
wurde über die Zukunft des Italieners spekuliert.
Geht er? Bleibt er? Oder wechselt er gar noch
einmal das Team? Nun sollte klar sein: Mr. MotoGP
bleibt seiner Rennserie mindestens bis Ende 2016
erhalten. Denn wo ein Wille, da auch ein Weg -
besonders wenn es um die Liebesbeziehung
zwischen Rossi und Yamaha geht.
Wie wichtig er für die gesamte MotoGP ist,
beweist er an jedem Rennwochenende aufs Neue.
Rossis Racing-Gelb ist auf jeder Tribüne, die nicht
explizit Ducati- oder Marquez-Fans vorbehalten
ist, die dominante Farbe, die Fanartikel-Stände
führen zum größten Teil VR46-Produkte und die
Menschentraube hinter Rossis Box ist nicht nur
bei Rennen in Italien die mit Abstand größte. In
Mugello kam es bei der »Track Invasion« während
der Siegerehrung auf der Zielgeraden und in Teilen
der Boxengasse zu Szenen, wie man sie sonst
nur von Fußballspielen kennt. Sprechchöre, gelbe
Rauchbomben und Fans, die in Ekstase und in
Jubelposen auf Zäunen hängen. Valentino Rossi
macht all das möglich und braucht dazu noch
nicht einmal zu gewinnen. »So etwas habe ich
noch nie gesehen. In der Formel 1 kenne ich so
eine Begeisterung nicht einmal nach Ferrari-
Siegen in Monza«, sagte mir ein F1-Journalist,
der dem MotoGP-Rennen in Mugello beiwohnte.
Dass die Zuneigung seiner Anhänger zu Rossi
schon beinahe Beziehungsstatus hat, zeigt auch
der Umstand, dass sie ihm trotz mäßigen Erfolgen
in den vergangenen Jahren eisern die Treue halten.
Man darf nicht vergessen: in den letzten 48
Monaten hat Rossi gerade einmal zwei Rennen
gewonnen. 2014 ist der Dottore aber wieder dick
im Geschäft. Mit neuem Crewchief und einem laut
eigenen Angaben adaptierten Fahrstil ist er bei
Yamaha wieder die Nummer eins, hat erneut ein
Abo auf Podiumsplätze und steht nach Mugello
sogar als erster Verfolger in der WM-Wertung von
Überflieger Marc Marquez da. Und all das im Alter
von 35 Jahren, in dem andere Fahrer mit weit
weniger Erfolgen auf dem Konto schon längst in
Rente sind (kennen Sie Casey Stoner?). Das Glühen
in den Augen und den Erfolgshunger hat Rossi
auch nach 300 Rennen in der Weltmeisterschaft
nicht verloren. »Ich weiß nicht, wo er nach all den
Erfolgen seine Begeisterung hernimmt. Ich könnte
mich mit 35 Jahren nicht mehr so motivieren«,
gestand Bradley Smith unlängst.
Rossi lebt den Motorradsport mit jeder Faser
seines Körpers, was sich auch daran äußert,
dass er auf seiner Moto Ranch private Rennveranstaltungen
organisiert, seit jeher Zaungast
bei den Starts der kleinen Klassen ist und seit
dieser Saison auch als Teameigentümer in der
Moto3 aktiv ist. Ein Leben ohne die MotoGP ist
für den neunfachen Weltmeister wohl noch
unvorstellbarer als für seine Fans. Die Ordination
des Dr. Rossi bleibt nun also weitere Jahre
geöffnet, was auch den Patienten MotoGP bei
guter Gesundheit hält. Denn die Rennserie hat
mit sinkenden Quoten zu kämpfen, was vor
allem daran liegt, dass bei der Vergabe der TV-
Rechte in den letzten Jahren vermehrt Bezahlsender
zum Zug kamen. Ein Schicksal, dass
auch den deutschen Markt 2015 ereilen könnte.
So gesehen kann sich die MotoGP umso glücklicher
schätzen, dass Rossis Mission noch lange
nicht vorbei ist.
FOTOS: MILAGRO
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www.Motorsport-Magazin.com 13
Lorenzo und Rossi
lieferten sich eine
epische Rennschlacht
TEXT: NICO PAPPELAU
BARCELONA 2009:
WO EIN WILLE IST...
Valentino Rossi stand gewaltig unter Druck. Sein Teamkollege Jorge Lorenzo
hatte zwei der ersten fünf Saisonrennen gewonnen, Rossi nur eines. Auch im
Qualifying zum Großen Preis von Katalonien hatte Lorenzo die Nase um 0,013
Sekunden vorne. Nach dem Start, den Lorenzo gewann, begannen er und
Rossi sich vom Rest des Feldes abzusetzen. In Runde vier überholte Rossi
Lorenzo zum ersten Mal. Ab diesem Moment entwickelte sich das Rennen
zum Solo für Zwei. Immer wieder überholten sich die Yamaha-Piloten gegenseitig.
Zwei Runden vor Ende des Rennens überholte Lorenzo Rossi am Ende
der Zielgeraden. Der Italiener konterte jedoch, indem er blitzschnell das Knie
einzog und sich außen an Lorenzo vorbeibremste. In der letzten Runde schlug
Lorenzo erneut zu. Rossis Gegenschlag verpuffte wirkungslos. »Als Jorge mir
in Kurve neun die Tür zuwarf, wusste ich, dass ich es in der letzten Kurve
DENK-
WÜRDIGE
RENNEN
versuchen musste«, so Rossi, der bei seinen Überlegungen einen Crash mit
seinem Teamkollegen einkalkulierte. Vor der letzten Kurve zuckte der »Doktor«
blitzartig aus Lorenzos Windschatten und stach in eine 35 cm große Lücke.
Beim Bremsen spürte er, wie die Front der Yamaha M1 wegzurutschen begann.
Doch der Reifen hielt der Belastung stand und Rossi fuhr 0,095 Sekunden vor
Lorenzo über die Ziellinie. »Ich habe eine Woche lang von diesem Manöver
geträumt«, gab Rossi später zu. Er und Lorenzo lieferten sich 2009 noch
weitere Duelle, bevor der Italiener am Ende der Saison zum neunten Mal
Weltmeister wurde.
DATUM: 14. Juni 2009
STRECKE:
Circuit de Catalunya
DISTANZ:
25 Runden = 118,175 Kilometer
STARTER: 19
WETTER:
Sonnig
POLE POSITION:
Jorge Lorenzo (1:41.974 Minuten)
SCHNELLSTE RENNRUNDE: Casey Stoner (1:42.858 Minuten)
FOTOS: YAMAHA
Die beiden Yamaha-
Asse schenkten sich
keinen Millimeter
Rossi freute sich am
Ende über 25 Punkte
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PRO & CONTRA
SOLL ROMAIN GROSJEAN LOTUS VERLASSEN?
Romain Grosjean
durchlebt schwierige
Zeiten bei Lotus
Nach einem
katastrophalen Start
geht es aufwärts
FOTOS: LOTUS
+++ PRO +++
+++ CONTRA +++
Nichts wie weg - so und nicht anders muss das Credo von Romain Grosjean
lauten. Der Franzose ist aktuell eine gefragte Aktie auf dem Fahrermarkt und
wie sagt ein Sprichwort so schön: Man muss das Eisen schmieden, so lange
es heiß ist.
Als schneller Fahrer galt Grosjean von Beginn an, 2013 hat er auch endgültig
sein Image als Crash-Kid abgestreift. Eine Tatsache, die auch Lotus-Teambesitzer
Gerard Lopez bewusst ist. »Wir sprechen hier von einem Fahrer, der
stark kritisiert wurde und der jetzt im Grunde bei jedem Team unterkommen
könnte.«
Zusätzliche Pluspunkte brachten dem Franzosen ein, dass er trotz des katastrophalen
Saisonstarts kein böses Wort über sein Team verlor, stattdessen
die Mannschaft stets zu motivieren versuchte. Doch auch wenn Grosjean
nicht müde wird zu betonen, dass es bei Lotus schrittweise aufwärts geht,
muss er jetzt an sich denken - schließlich wird er auch nicht jünger.
Lotus fehlt es an den finanziellen Mitteln sowie - nach dem Abgang von
Technikdirektor James Allison - an kreativen Köpfen, um ein gutes Auto zu
bauen bzw. weiterzuentwickeln. Fakt ist: will Grosjean Weltmeister werden,
muss er zu einem anderen Team wechseln.
Wie wär‘s mit McLaren? Mit Neo-Renndirektor Eric Boullier versteht sich
Grosjean bekanntlich blendend und dank dem Einstieg von Motorenhersteller
Honda hat er mit McLaren sicherlich größere Chancen, 2015 um Siege mitzukämpfen
als mit Lotus.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
Kämpfen, Romain, kämpfen! Wer hätte es dem einstigen Crash-Kid der
Formel 1 zugetraut, dass er sich in den Tiefen der Lotus-Misere dieses
Jahres als echte Kämpfernatur entpuppen würde?
Seine Blicke sagten zu Saisonbeginn alles, aber nur die Augen verrieten
den Frust und die bittere Enttäuschung. Kein böses Wort kam dem
Schweizer mit französischer Rennlizenz über die Lippen. Das schweißte
ihn und seine Truppe zusammen.
Der stellvertretende Teamchef Federico Gastaldi glaubt aus diesem Grund
nicht an einen Weggang seines Starfahrers. Immerhin hat Lotus Grosjean
in schweren Zeiten den Rücken gestärkt und ihm eine zweite und sogar
dritte Chance in der Königsklasse gegeben. Das muss Grosjean nun
zurückzahlen.
Ja, Rennfahrer sind Egoisten. Sie müssen in der kurzen Zeit ihrer Karriere
das Beste daraus machen. Aber schwierige Jahre sind bekanntlich wichtig
für den Charakter. Auch Michael Schumacher musste bei Ferrari eine
Dürreperiode durchstehen, bevor er reihenweise die Pokale abräumte.
Der leichte Formaufschwung könnte Grosjean Hoffnung machen.
Ohnehin scheint es für ihn kaum Alternativen zu geben. Die Cockpits bei
Mercedes, Red Bull und auch Ferrari sind vorerst besetzt. Höchstens bei
McLaren könnte eine kleine Chance auf Zuflucht bestehen, allerdings
dürfte Ron Dennis eher auf Eigengewächse wie Magnussen und Vandoorne
oder Weltstars wie Alonso setzen. Grosjean bleibt bei Lotus.
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
16 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | FORMEL 1
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
ALTES GERÜCHT NEU ANGEHEIZT
UM ADRIAN NEWEY RANKEN SICH SEIT JAHREN SPEKULATIONEN. DIESES MAL SOLL DER KAUZIGE BRITE IN MARANELLO ANDOCKEN.
I
rgendwann muss ich über meine Zukunft
entscheiden.« Ein harmloser Satz, der in
den Medien wie eine Bombe einschlug.
Sofort überschlugen sich die Schlagzeilen - Newey
sei bei Red Bull nicht mehr glücklich, ein lukratives
Angebot von Ferrari liege bereits auf dessen Zeichentisch.
Bei den Medienrunden von Christian Horner und
Marco Mattiacci gab es kein anderes Thema mehr
als Newey und seinen vermeintlichen Wechsel ins rote
Lager. Dass Ferrari den studierten Raumfahrt-Ingenieur
mit Kusshand nehmen würde, daran besteht kein
Zweifel. In Spanien wiegelte der Neo-Ferrari-Teamchef
die Gerüchte um einen Newey-Wechsel erst ab, um
wenige Augenblicke später sie wieder neu anzuheizen,
indem er erklärte, Luca di Montezemolo müsse sicherstellen,
dass für Ferrari nur die besten Leute arbeiten.
Und wer ist besser als Adrian Newey?
Mit James Allison hat die Scuderia zwar erst im Vorjahr
einen neuen Technikdirektor an Bord geholt, doch mit
einem Design-Kaliber wie Adrian Newey kann Allison
nicht mithalten. Auch Fernando Alonso goss neues Öl
ins Gerüchte-Feuer, als er die aktuell enttäuschende
Performance des F14T auf zu wenig Kreativität im
Team schob. Mangelnde Kreativität? Für den einen
oder anderen Journalisten war das eine unterschwellige
Forderung nach Newey - denn kein Name steht
in der Formel 1 für mehr Kreativität als seiner, auch
wenn der Brite ab und an über das Ziel hinausschießt.
Mit seinem verschmitzten Lächeln wirkt Newey oftmals
wie ein kleiner Schuljunge, der er in seinem Kopf
gerade einen Streich ausheckt. Nur sind es in seinem
Fall nicht irgendwelche kindischen Lausbuben-, sondern
Geniestreiche, die einen Rennstall geradewegs
zum nächsten WM-Titel führen können. Nicht ohne
Grund gilt der 56-Jährige als bester Konstrukteur der
Königsklasse. Die von ihm entworfenen Autos sind
zumeist ein Garant für Erfolge - seit Beginn der 90er
Jahre gewannen Neweys Boliden zehn Fahrer- und
zehn Konstrukteurstitel sowie acht respektive sieben
Vize-Weltmeistertitel.
Wirklich neu sind die Gerüchte um Newey allerdings
nicht. Immer wieder wurde er in den vergangenen
Jahren mit anderen Rennställen in Verbindung
gebracht, selbst ein Wechsel in den Segelsport zum
legendären America‘s Cup wurde ihm angedichtet.
Doch bis dato entpuppte sich jedes Gerücht als exakt
das - ein Gerücht. Natürlich wäre ein Wechsel nach
Maranello für Newey eine reizvolle Herausforderung,
denn nach Williams, McLaren und Red Bull ist Ferrari
eines der Top-Teams, das in seiner Vita noch fehlt. Der
Reiz für einen Traditionsrennstall wie Ferrari zu arbeiten,
darf - trotz der verpassten Titelchancen in den
vergangenen Jahren - nicht unterschätzt werden. Aber
genau bei der Performance wären wir bei dem entscheidenden
Punkt angelegt, der gegen einen Wechsel
Neweys spricht. In Maranello würde auf den Briten
ein riesiger Berg an Arbeit warten, dessen Ergebnisse
trotz seines Genies zwei bis drei Jahre brauchen würden.
Die Frage ist: will sich Newey nach rund 30
Jahren im Formel-1-Geschäft noch einmal solche
Anstrengungen antun?
Es gibt Insider, die diese Frage mit Ja beantworten.
Ich gehöre nicht dazu. Zum einen sieht Newey
meiner Meinung nach seine Aufgabe bei Red Bull
noch nicht als beendet an, immerhin drehen derzeit
zwei silberne Boliden Kreise um seinen RB10. Zum
anderen hat es Red Bull geschafft, dem kauzigen
Briten genau jenes Umfeld hinzustellen, das er
braucht. Bei Ferrari würde man wohl weniger damit
klarkommen, dass Newey seine Ideen auf einem
altmodischen Zeichenbrett niederschreibt und
diese dann von jüngeren Kollegen erst in den Computer
übertragen werden müssen. In der Formel 1
sollte man zwar nie den Fehler begehen, etwas
komplett auszuschließen - immerhin ist selbst Kimi
Räikkönen zur Scuderia zurückgekehrt - aber mein
Geld würde ich nicht auf einen Newey-Wechsel
setzen.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
17 www.Motorsport-Magazin.com
MARK & KEITH SUTTON
LIFE THROUGH A LENS
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Ein Selfie von
Fernando Alonso
01
01 SELFIE TIME
Dieses Foto habe ich aus dem Pressezentrum aufgenommen. Es ist schön, mal eine
andere Perspektive zu haben – nicht nur Nahaufnahmen. Hier sieht man, wie viele Fans
da waren. Fernando begann am einen Ende, Autogramme zu schreiben und Kimi am
anderen. Als sie sich in der Mitte trafen, ging Kimi weg, weil alle nur nach Alonso schrien!
Fernando blieb bis zum Ende und macht neuerdings auch immer einen Selfie mit den
Fans. Er scheint keine Angst zu haben, dass ihn jemand anfassen könnte. Ich habe das
Foto gesehen, das er gemacht hat, und es ist wirklich ein gutes Bild geworden!
02 FEUERWEHRMANN SEB
Hier sehen wir Sebastian nach seinem Defekt im 2. Training in Barcelona. Ich war in der
Boxengasse, als es passierte, sah es aber auf dem Bildschirm. Es war nicht weit weg,
also rannte ich schnell los, bog rechts ab und er stand direkt auf der anderen Seite. Als
ich ankam, war er schon aus dem Auto ausgestiegen und hatte einen Feuerlöscher in
der Hand. Dann half er den Streckenposten, das Auto gerade zu halten, als es verladen
wurde. Als er auf dem Abschleppwagen stand, hat er sich das Heck noch einmal genau
mit dem Feuerlöscher angesehen. Eine schöne Serie an Bildern!
03 VATER & SOHN
Es war großartig, dass Felipe seinen Sohn auf die Fahrerparade mitgenommen hat.
Es scheint fast so, als ob er es für sein letztes Jahr halten würde und er alle Erinnerungen
teilen möchte. Ich weiß jedoch nicht, wie lange sein Vertrag tatsächlich geht.
Vielleicht ist es sein südamerikanisches Blut, denn auch Pastor bringt sein Baby oft
mit ins Fahrerlager. Einmal habe ich ein Foto von ihm auf einem kleinen Golfwagen
gemacht. Wir Europäer sind da anders. Michael Schumacher hatte seine Kinder nie
dabei. Fernando hat zumindest seine Freundin dabei, aber sie halten nicht Händchen.
Deshalb ist es toll, zu sehen, wie Felipe seinen Sohn auf den Schultern durch den
Paddock trägt und ihm die F1 zeigt.
Selbst ist der
Weltmeister:
Feuerwehrmann Seb
Massa Junior &
Senior auf der
Fahrerparade
02 03
KOLUMNE | FORMEL 1
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1
VON SUPERTRÖTEN & SUPERSPRÜNGEN
ES GIBT SO VIEL ZU LERNEN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN AUF ERKUNDUNGSREISE IN DEN WEITEN DES F1-PADDOCKS.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARUSSIA
Zu viel Rambo?
Pastor Maldonado
hinter Gittern
LEHRE NUMMER 1: Zurück in die Zukunft
Die Formel 1 verläuft in Zyklen, heißt es. Anscheinend ist damit nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit
der Teams gemeint, sondern auch deren Einfallsreichtum. Die F1 ist zu teuer! Klares
ja. Wir brauchen ein Testverbot während der Saison! Ebenfalls ein..., Moment mal. Wurde das
nicht gerade erst vor dieser Saison aufgehoben? Genau, jetzt wollen es die Teams wieder
rückgängig machen. Jeder Cent zählt, so viel ist klar. Aber sind die vier zweitägigen Tests
wirklich die Wurzel des Übels? Ich glaube mich zu erinnern, dass es die Schreie nach Kostensenkungen
auch schon in den vergangenen Jahren gegeben hat - in der gleichen Lautstärke
und Tonhöhe, die selbst bei Hunden zu blutenden Ohren führte. Was wohl ein gewisser Bewohner
von Maranello davon hält? Die nächste halbstündige Wutrede gegen Simulatoren, die
Aerodynamik und einfach alles, was außerhalb von Fiorano liegt, ist schon im Anmarsch...
Vorsicht! Hier ist kein
Red Bull erlaubt...
LEHRE NUMMER 2: Kalter Krieg
Frevel! Was haben wir uns nur dabei gedacht? Einfach so mit einem Wasserfläschchen von
Red Bull in der Hand in die Mercedes-Hospitality zu spazieren. Verräter! Binnen Sekunden
hatte die flinke Hospitality-Mitarbeiterin die Plastikflasche gegen eine neue ausgetauscht.
»Wir haben nämlich auch das beste Wasser!« Da hilft selbst der unschuldigste Blick nichts
mehr. Pirelli-Gate und Fuelflow-Gate haben ihre Spuren hinterlassen. In Zeiten der McLaren-
Ferrari-Titelkämpfe zu Beginn des Jahrtausends kamen den Kontrahenten in ihren Pressemitteilungen
noch nicht einmal mehr die Namen ihrer »Rivalen«/«Hauptgegner«/»des anderen
Teams« über die Tastaturen. Jetzt gibt es ein neues Duell der Namenlosen. Was lernen wir
daraus? Red Bull ist wohl doch mehr als nur ein Brausehersteller. Exakt, sie haben auch
Wasser...
Sound-Update:
Lautere Mega-Tröte
für den Silberpfeil
Höher springt keiner:
Super-Springer
Max Chilton
LEHRE NUMMER 3: Trörööö
»Wroooom« So klingt Madonna di Campiglio. Nein, keine Angst. Es ist keine Lawine abgegangen.
Das ist der Name des alljährlichen Sponsor-Events von Ferrari und Ducati. Aber irgendwie auch
die Hoffnung aller Fans, die sich in der neuen Formel 1 viel mehr »Wrooooom« wünschen.
Mercedes testete eine Lösung: einen Megaphon-Auspuff. Was das ist? Berechtigte Frage. So
etwas Ähnliches wie eine Tröte, nur viel hässlicher. Möglicherweise weil es sich auf Kröte reimt.
Die Aushilfs-Vuvuzela machte jedenfalls bestenfalls »wrooom« und wurde direkt wieder aussortiert.
Aus rein optischen Gründen sicher kein Verlust. Neue Krawallmacher sind allerdings schon
auf dem Weg. Unser Vorschlag: Setzt einen blau und rot gekleideten Elefanten auf den »Monkey
Seat«. Gegen die Farben dürften die Silberpfeile, wie wir beim Wasserzwischenfall gelernt haben,
zwar etwas einzuwenden haben, aber eins wäre sicher - ein geschmettertes: »Tröröööö!«
LEHRE NUMMER 4: Kultfigur wider Willen
Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Super Max! Kaum ein aktiver Formel-1-Fahrer,
der noch nie einen WM-Punkt geholt hat, genießt solch einen Kultstatus wie Max Chilton.
Selbst in unserer Redaktion ist Chilton eine lebende Legende. Underdog, Mr. Zielankunft und
eine Art Hochsprungweltmeister: Chilton ist der Traum der Social Media Fangemeinde. Nur
wusste er es bislang nicht. Wir konfrontierten ihn im Interview mit seiner Rolle als Kultfigur.
Seine Reaktion? Aus Überraschung sprang er (wenn auch nicht ganz so denkwürdig wie einst
bei den Tests und in Malaysia, s. links) fast über den Tisch der Marussia-Hospitality:
»Wirklich???« Wirklich!
Max Chilton im Interview: www.Motorsport-Magazin.com/goto/Chilton
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SLIDESHOW | FORMEL1 | #37 | 2014
❱ DAS
COMEBACK
DES JAHRES
TEXT: CHRISTIAN MENATH
FOTO: ADRIVO/SUTTON
Zugegeben: Das Comeback der Silberpfeile ist beeindruckend. Aber
mit der Rückkehr des Österreich GPs kann es nicht mithalten. Binnen
weniger Stunden war das Rennen in Spielberg restlos ausverkauft.
In Zeiten, in denen leere Tribünen in Korea und Bahrain zur Tagesordnung
gehören, ist das eine willkommene Abwechslung. An der
Formel-1-Begeisterung der Alpenrepublik kann sich auch die Autofahrernation
Deutschland etwas abschauen, wenn das Motodrom
wieder einmal halbleer ist. Einen Schönheitsfehler gibt es in Spielberg
dann aber doch: Niki Lauda Kurve klingt deutlich schöner als
Pirelli Kurve. Die paar Schilling hätte Red Bull Boss Dietrich Mateschitz
noch drauflegen sollen.
20 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 21
DIE KÖNIGE
DER FORMEL 1
HAMILTON VS. ROSBERG
SIEG AUF SIEG, STREIT UM STREIT. LEWIS HAMILTON UND NICO ROSBERG DOMINIEREN
DIE FORMEL 1 - AUF DER STRECKE UND IN DEN SCHLAGZEILEN. ZWEI TOP-FAHRER MIT
IDENTISCHEM MATERIAL, DOCH NUR EINER VON BEIDEN KANN WELTMEISTER WERDEN.
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN STELLT DIE KANDIDATEN AUF DEN WM-PRÜFSTAND.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN
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www.Motorsport-Magazin.com 23
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
Lewis Hamilton lässt
seiner emotionalen
Seite gerne freien Lauf
Nico Rosberg pflegt
lange und intensive
Gespräche mit
seinen Ingenieuren
TITELFAKTOR: CLEVERNESS
Ein Sprichwort besagt: der Teufel liegt im Detail. Umso größer ist der Vorteil
für jenen Piloten, der sich mit der Technik bis ins kleinste Detail auseinandersetzt
- und das tut Nico Rosberg. Er saugt technisches Wissen in sich
auf und versucht, eins mit seinem Auto zu werden. »Denn ich weiß: das
kann einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied ausmachen«, so
Rosberg, der die Schwachstelle vieler Piloten kennt. »Mancher denkt beim
Fahren überhaupt nicht mit.« In der Vergangenheit gehörte auch Teamkollege
Lewis Hamilton in diese Kategorie. Der Brite verließ sich vorwiegend
auf sein Talent, doch mit dem neuen Reglement setzte auch bei Hamilton
ein Umdenken ein. »Lewis ist in diesem Jahr konzentrierter. Er scheint auch
härter gearbeitet zu haben als früher«, sagt Johnny Herbert dem Motorsport-
Magazin. Hamilton habe verstanden, dass man mit reinem Speed und Talent
allein keinen WM-Titel gewinnt. »Man muss das mit harter Arbeit kombinieren.
Deshalb ist Nico so gut, wie er ist«, so Herbert. »Lewis hat das
natürlich erkannt und macht jetzt das gleiche.«
WM-CHECK: VORTEIL ROSBERG
TITELFAKTOR: PSYCHOSPIELE
Keines Blickes würdigte Hamilton seinen Teamkollegen nach dem Qualifying
in Monaco. Hat Rosberg sein Auto absichtlich in Mirabeau geparkt
oder nicht? Die Stewards befanden nein, der emotionale Brite sah es anders.
Für Motorsportchef Toto Wolff gehören solche Psychospielchen einfach
dazu - so lange sie nicht das große Ganze gefährden. Wer die Vorbereitung
des Teams durch falsche Angaben in den Briefings stört, läuft Gefahr, mehr
als nur einen Rüffel zu erhalten. »Wenn man hier Spielchen spielt, ist das
nicht förderlich für das Team. Da würden wir dazwischen gehen«, so Wolff.
»Gleichzeitig gibt es wesentlich mehr Methoden, als den Teamkollegen nur
mit dem Setup in die Irre zu führen.« Christian Danner ist davon überzeugt,
dass sich Rosberg von solchen Dingen nicht zermürben lässt. »Er kennt
Lewis ganz genau und weiß, mit wem er es zu tun hat«, glaubt Danner an
das Selbstbewusstsein des Deutschen. »Aufgrund der Kapazität zwischen
den Ohren steckt er das weg.«
WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL HAMILTON
24 www.Motorsport-Magazin.com
TITELFAKTOR: TALENT
»Lewis brillant? Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.« Diese Aussage
von Sir Jackie Stewart überrascht. Immerhin sprechen wir hier von einem
Fahrer, der diese Saison bereits vier Rennen in Folge gewonnen hat. Von
einem Fahrer, der sämtliche Beobachter bereits in seinem Debütjahr mit
seinem Speed in Erstaunen versetzte und einem Fahrer, der sich schon in
seinem zweiten Jahr zum Champion krönte. Doch genau darin liegt für
Stewart der sprichwörtliche Hund begraben. »Lewis ist unbestritten ein
schneller Fahrer, aber er muss noch beweisen, dass er zu den ganz Großen
zählt. Ich finde, es braucht mehr WM-Titel, um in der ersten Liga mitzuspielen«,
so Stewart gegenüber dem Motorsport-Magazin. Was das gottgegebene
Talent angeht, sieht Heinz-Harald Frentzen den Briten allerdings
ganz vorne. »Er ist ein schneller Hund. Für mich ist Lewis der schnellste
Rennfahrer - er übertrumpft sogar Fernando Alonso«, erklärt der frühere
Formel-1-Pilot. »Wir sprechen hier aber von Hemisphären, in denen die
Luft sehr dünn ist.« Dass Hamilton die Fähigkeit besitzt, aus dem Auto noch
das Extrabisschen herauszuquetschen, bewies er im Qualifying zum Großen
Preis von Spanien. Auf seinem letzten Versuch in der allerletzten Minute des
Qualifyings schnappte er seinem Teamkollegen die Pole Position weg - und
später den Sieg. Trotzdem sieht Motorsport-Magazin-Experte Christian Danner
Rosberg und Hamilton fahrerisch auf einem Niveau. »Lewis ist ein Vollgastier,
während Nico jemand ist, der mit einer unglaublichen Intelligenz und Akribie
die Latte für sich selbst immer höher legt. Fahrerisch geben sich beide praktisch
nichts.« Den Beweis erbrachte Rosberg mit seinem zweiten Sieg im Fürstentum
von Monaco - auf einem der schwierigsten Kurse im Rennkalender. Für Stewart
steht fest: »Nico hat das Potenzial, besser zu sein als Lewis. Er geht sehr sanft
mit dem Auto um, er überfährt es nicht und crasht damit nicht. Er geht auch
sehr gut mit den Reifen um, fährt sie nicht zu Tode. Er ist ein unglaublich
intelligenter Fahrer und langfristig wird er sich damit durchsetzen.« Eine Prognose,
der sich Herbert noch nicht anschließen möchte: »Über die Saison
hinweg ist noch nichts in Stein gemeißelt.«
→
WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL HAMILTON
Seriensieger:
Die Silberpfeile eilen
von Sieg zu Sieg
www.Motorsport-Magazin.com 25
Perfektes Teamwork
kann den WM-Titel
entscheiden
Nicht ohne meine
Sonnenbrille:
Lewis bleibt cool
TITELFAKTOR: TEAM
Die Formel 1 ist ein Mannschaftssport. So kommt es im WM-Zweikampf
nicht ausschließlich auf die Fähigkeiten der beiden Titelkontrahenten an.
»Es ist auch ein Wettkampf unter den Ingenieuren, der in der Box stattfindet«,
betont Toto Wolff. Jeder Fahrer hat seine Mannschaft, die sich gegenseitig
zu Höchstleistungen antreibt. Jede Seite der Box will ihren Fahrer
siegen sehen. Ob man sich mit seinem Renningenieur blind versteht oder
nicht, kann laut Frentzen den Titelkampf entscheiden. »Als ich für Jordan
gefahren bin, haben wir aus Scheiße Pfefferkuchen gemacht«, erinnert er
sich. »Das Auto war eine Sekunde langsamer als die Spitze, aber wir haben
gemeinsam immer das Beste herausgeholt und Rennen gewonnen.« Bei
der Rennstrategie entscheidet bei Mercedes ein klares Kriterium: »Der im
Qualifying führende Mann hat Priorität bei der Reifenstrategie«, verrät
Wolff. Das führte unter anderem in Monaco zu Verärgerung bei Hamilton,
der gerne früher gestoppt hätte.
WM-CHECK: UNENTSCHIEDEN
TITELFAKTOR: UMFELD
Tattoos, Ohrring, Turbofrisur - Lewis Hamilton pflegt sein Image als Rockstar
der F1. Dazu kommt sein Liebeswirrwarr mit On-Off-Freundin und
Pussycat Nicole Scherzinger sowie seine auf den sozialen Netzwerken breit
zur Schau gestellte Liebe zu seinen Hunden Coco und Roscoe. Letzterer
besitzt sogar seine eigene Akkreditierung für den F1-Paddock. Für diesen
Lebensstil wurde Hamilton in der Vergangenheit oftmals kritisiert. 2014
bleibt der Anhang deshalb brav zu Hause. »Entgegen dem, was in den
Zeitungen steht, schreiben wir Lewis nicht vor, dass seine Hunde und seine
Freundin zu Hause bleiben müssen. Lewis macht es so, wie er es für richtig
hält«, betont Toto Wolff. Ein ganz anderes Umfeld pflegt Nico Rosberg.
Seine Verlobte Vivian weicht ihm zwar seit über zehn Jahren nicht von der
Seite, dennoch ist Rosbergs Fokus ganz und gar auf die Formel 1 gerichtet.
»Nico ordnet alles andere unter. So funktioniert er am besten«, erklärt Wolff.
»Unsere Fahrer sind ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, die ein ganz
verschiedenes Leben führen. Beides ist für den jeweiligen Fahrer richtig.«
WM-CHECK: UNENTSCHIEDEN
26 www.Motorsport-Magazin.com
TITELFAKTOR: EXPLOSIONSGEFAHR
Bahrain, Spanien, Monaco: Schon mehrmals stand der Krieg der Sterne
in dieser Saison vor einer Eskalation. »Die Intensität zwischen beiden
Fahrern ist groß«, redet Toto Wolff nicht um den heißen Brei herum.
»Man kann nicht erwarten, dass die beiden auf Kuschelkurs gehen, wenn
sie wissen, dass sie das Werkzeug haben, um Weltmeister zu werden.«
Die Spannungen zwischen Hamilton und Rosberg werden von Rennen
zu Rennen ansteigen - und irgendwann vielleicht explodieren. Hamiltons
verärgerte Funksprüche waren bisher nur ein kleiner Vorgeschmack
darauf. Wolff möchte diese aber nicht überbewerten, wenn im Eifer des
Gefechts um jeden Millimeter gekämpft wird. Wichtig ist dem Team,
dass beide Fahrer ohne Kollision die Zielflagge sehen. »Manchmal sind
sie ein bisschen wie Teenager, die prüfen, wie weit sie gehen können«,
vergleicht Wolff. »Es liegt an uns, sicherzustellen, dass alles immer in
einem korrekten Rahmen bleibt.« Umso mehr müssen Wolff, Paddy Lowe
und Niki Lauda bei ihren regelmäßigen Meetings mit den Fahrern die
Zügel anziehen. Bei den Rad-an-Rad-Duellen unter dem Nachthimmel
von Sakhir waren beide Fahrer am absoluten Limit - ihrer selbst, ihrer
Autos und des Erlaubten. »In Bahrain haben wir die Grenze genau getroffen
- das war voll am Limit, aber immer mit dem gewissen Respekt«,
erklärt Rosberg dem Motorsport-Magazin. »Jetzt wissen wir beide, was
man sich erlauben kann.« Je öfter es zu solchen Zweikämpfen kommt,
desto größer wird die Gefahr einer Kollision. Neben Rosbergs Sieg in
Monaco zählt Hamiltons hart umkämpfter Triumph in Bahrain zu den
bisherigen Schlüsselmomenten im WM-Kampf. »Nico hatte in Bahrain
zehn Runden vor Schluss die frischeren Reifen, es war sein Rennen, er
hatte den Vorteil. Aber er hat es nicht geschafft. Das war meiner Meinung
nach ein wichtiger Moment für Lewis, der danach sagen konnte: Du
hättest gewinnen müssen, aber ich habe dich geschlagen«, meint Herbert
gegenüber dem Motorsport-Magazin. In Monaco schlug Rosberg zurück.
Der psychologische Wert dieses Sieges zählte doppelt: Rosberg durchbrach
Hamiltons Siegesserie und setzte ein Zeichen für den Rest der
Saison. Ein dreifacher Weltmeister wie Niki Lauda weiß genau, was in
einer solchen Situation nötig ist: »Man muss ein Bastard sein, um in der
Formel 1 zu gewinnen.«
→
WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL ROSBERG
Nico Rosberg jagt
seinen ersten
WM-Titel
www.Motorsport-Magazin.com 27
Zweikampf der
Silberpfeile
28 www.Motorsport-Magazin.com
SCHLAGABTAUSCH:
HAMILTON VS. ROSBERG
»Für die Medien wäre es toll, wenn bei uns im
Team der Mega-Krieg entbrennen würde.«
Nico Rosberg
»Wir sind keine Freunde. Wir sind Kollegen.«
Lewis Hamilton
»Ich kenne alle seine Stärken und Schwächen.
Ich weiß, wo ich ihn packen kann.«
Nico Rosberg
»Ich komme aus einer nicht gerade noblen
Gegend in Stevenage und habe auf dem
Sofa im Apartment meines Vaters geschlafen.
Nico ist in Monaco mit Jets, Hotels und Booten
aufgewachsen - der Hunger ist ein anderer.«
Lewis Hamilton
»Es wird schwer für ihn, mich
mental zu brechen.«
Nico Rosberg
»Mir gefällt, wie Senna damit umgegangen
ist, also werde ich mir davon eine
Scheibe abschneiden.«
Lewis Hamilton
»Ich mag es einfach nicht, Zweiter zu werden.«
Nico Rosberg
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TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
DAS MERCEDES
REZEPT
EIN DOPPELSIEG JAGT DEN NÄCHSTEN. MERCEDES SCHEINT IN DER NEUEN FORMEL-1-ÄRA NAHEZU UNSCHLAGBAR ZU SEIN.
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT 15 GRÜNDE, WARUM DIE SILBERPFEILE DIE KÖNIGSKLASSE DOMINIEREN.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
30 www.Motorsport-Magazin.com
Wie ein
Rockstar: Lewis
Hamilton steigt in
seinen Super-
Silberpfeil
www.Motorsport-Magazin.com 31
1. Niki Lauda
»Ich werde nicht ins Tagesgeschäft eingreifen.«
Mit diesen Worten beschrieb Niki Lauda seine
neue Rolle als Aufsichtsratschef bei Mercedes.
Und tatsächlich: Lauda bestimmt kein Setup,
Lauda entwickelt keine Autos. Er zeichnet aber
sehr wohl für einige der wichtigsten Entscheidungen
verantwortlich. »Niki redet nicht um den
heißen Brei herum, er spricht mit jedem Klartext«,
betont Motorsport-Magazin.com-Experte Christian
Danner. Der Österreicher kennt jeden in der
Formel 1. Sein Kontaktnetzwerk reicht weit über
die Grenzen des Paddocks hinaus. So eiste er
Lewis Hamilton von McLaren los und setzte damit
ein wichtiges Zeichen: Mercedes besitzt die Strahlkraft,
um einen der besten Fahrer der Welt
anzulocken.
2. Rosberg & Hamilton
»Beide sind superstark«, sagt Heinz-Harald Frentzen.
»In diesen Hemisphären ist die Luft sehr
dünn.« Den Grund dafür sieht Toto Wolff in der
langjährigen Erfahrung beider Fahrer von Kindestagen
an. »Sie sind nicht nervös oder zweifeln
an sich. Sie kennen ihre Fähigkeiten«, so Wolff.
»Es ist wie Fahrrad fahren. Wenn wir aufsteigen,
denken wir auch nicht mehr darüber nach, wie es
funktioniert.« Diese Saison ist der beste Beweis
dafür: Mit einem siegfähigen Auto steigen Hamilton
und Rosberg ein und gewinnen, als wäre es
das einfachste auf der Welt.
Der Mercedes-
Erfolg basiert auf
15 Bausteinen. Wir
erklären, was sie
so schnell macht
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
3. Werksstatus
Mercedes ist ein reines Werksteam. Anders als bei
Ferrari befinden sich Chassis- und Motorenabteilung
allerdings nicht unter einem Dach. Die
Werke in Brackley und Brixworth trennen jedoch
nur knapp 45 km. »Im Jahr 2006 arbeiteten wir
gemeinsam mit McLaren am V8-Motor, jetzt
arbeiten wir mit dem Team in Brackley zusammen«,
verriet Mercedes-Motorenchef Andy
Cowell bei einem Werksbesuch Anfang des vergangenen
Jahres. Bei der Entwicklung der neuen
Motoren hat das Werksteam die Führungsrolle
übernommen. Der Unterschied ist erheblich: Die
Kundenteams erhalten nur jene Informationen,
die für sie nötig sind - und das auch erst nach der
Vertragsunterschrift. Diese fand für 2014 recht
spät statt. Demnach waren ihre Autos schon in
einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium
und die ersten wichtigen Entscheidungen bereits
getroffen. Wie entscheidend der Unterschied zwischen
Werks- und Kundenteam ist, zeigt das Beispiel
Ferrari und Sauber. Teamchefin Monisha
Kaltenborn verriet dem Motorsport-Magazin: »Es
ist schwierig. Man steht nicht in der ersten Reihe
- man muss auf die Daten warten. Als Kundenteam
hat man dadurch einen gewissen
Nachteil.«
4. KERS-Expertise
In der Vergangenheit war es schwierig, ohne
KERS schnell zu sein. In dieser Saison ist es
nahezu unmöglich, ohne ERS schnell zu sein.
Kein Wunder, dass der Klassenprimus des alten
Systems auch beim neuen vorne liegt. Seit den
ersten Entwicklungsschritten 2006 ist das KERS-
Projekt in Brixworth beheimatet. Damals entschied
sich Mercedes dazu, eine eigene Abteilung
aufzubauen und das Know-how intern zu verwalten.
Das führte zu kurzen Wegen und ausgebildeten
Fachkräften im Haus. Der Lohn waren die
besten KER-Systeme der ersten beiden Generationen.
Die Fortschritte waren enorm: Das erste
Entwicklungs-KERS wog 2007 mehr als 100 kg,
Ende 2012 waren es nur noch 24 kg. Die Leistungsdichte
wurde um das zwölffache gesteigert.
Das angesammelte Fachwissen ist so groß, dass
Mercedes sogar den Antrieb für den SLS AMG
Electric Drive in Brixworth entwickeln ließ.
5. Entwicklungszeit
Der Grundstein für die Seriensiege wurde bereits
im Jahr 2010 gelegt - noch bevor das Reglement
für die Saison 2014 Mitte 2011 endgültig veröffentlicht
wurde. Dabei flossen von Anfang an
Ideen aus allen Abteilungen in die Konzepte mit
ein. Im PR-Deutsch ist dabei gerne von einem
»komplett integrierten Ansatz« die Rede. Dies war
bei Mercedes wörtlich zu nehmen: Die Arbeit
begann gleichzeitig an beiden Standorten auf
einem leeren Bildschirm. Ein unfairer Vorteil war
dies jedoch nicht, wie Danner anmerkt: »Mercedes
hatte nicht mehr Zeit, um sich auf die Situation
einzustellen. Alle wussten, ab wann das Reglement
steht. Alle, die jetzt schimpfen, waren an der Entscheidungsfindung
beteiligt; die Komplexität war
allen bekannt. Die anderen haben es
unterschätzt.«
6. Power Unit
»Mercedes hat den besten Motor«, sagt Allan
McNish. Mit dieser Ansicht steht er im Paddock
nicht alleine da. Leistung, Zuverlässigkeit, Effizienz:
der neue Antriebsstrang ist der Wunsch eines jeden
Teams. Schon bei den Wintertests erzielten die
Mercedes-Teams mit knapp 18.000 Testkilometern
die meisten aller Hersteller - davon konnten die
bemitleidenswerten Renault-Teams nur träumen.
Aber auch die Leistung hat es in sich: Red Bull
beklagte in Malaysia einen Rückstand von 80 PS
und 20 km/h auf der Geraden. Einer von vielen
Vorteilen steckt im Layout: Turbo und Kompressor
sind voneinander getrennt und liegen an den jeweiligen
Enden des Motorblocks. Das hilft sowohl bei
der Kühlung als auch der Leistung.
32 www.Motorsport-Magazin.com
Das WM-Duell
kann kommen:
Nico Rosberg ist
bereit für den
Kampf
11. Ross Brawn
Ross Brawn erlebt die Erfolge nicht mehr am
Kommandostand. Doch der frühere Superstratege
von Michael Schumacher brachte auch bei
Mercedes viele wichtige Bausteine in Position. So
verpflichtete er wertvolle Neuzugänge wie Bob
Bell (der das Team im November wieder verlassen
wird), Geoff Willis und seinen alten Weggefährten
Aldo Costa. Letzterer war bei Ferrari in Ungnade
gefallen und wurde wie Chris Dyer oder Stefano
Domenicali eines der vielen Bauernopfer in Rot.
Brawn benötigte nur einen Anruf, um ihn nach
Brackley zu lotsen.
Mercedes hat
sich in vier Jahren
an die Spitze der
Formel 1
katapultiert
12. Personal
Oft wurde Mercedes für seine »fünf Technischen
Direktoren« belächelt. In dieser Saison dürfte den
Kritikern das Lachen vergangen sein. Das Team
wurde aber nicht nur in der Spitze verstärkt, auch
die zweite und dritte Reihe wurden aufgestockt. »Wir
haben es geschafft, die richtigen Ingenieure zusammenzustecken
und die richtige Organisation aufzubauen«,
sagt Wolff. Noch gebe es einige Bereiche, in
denen Nachholbedarf bestehe. Aber die nötigen
Schritte und Verpflichtungen wurden bereits eingeleitet.
»So langsam fügt sich eines ins andere«, betont
Wolff. »Das zeigt sich an den Ergebnissen.«
7. Konzernressourcen
Das Team ist bei Problemen nicht auf sich allein
gestellt und kann jederzeit auf die Forschungsund
Entwicklungsressourcen des Konzerns
zurückgreifen. So geschehen zu Beginn dieses
Jahres. »Wir hatten ein Kühlungsproblem, das wir
nicht lösen konnten«, verrät Wolff. »Da wussten
selbst unsere schlauesten Ingenieure keine
Lösung. Unsere Kollegen in Stuttgart und Sindelfingen
kannten das Problem jedoch aus der Serie
und verschafften uns so einen echten
Wettbewerbsvorteil.«
8. Petronas
Wenn ein in England beheimatetes Team eines
deutschen Automobilherstellers in Malaysia
von einem Heimrennen spricht, führt das
schnell zu Stirnrunzeln und der Vermutung
eines Marketinggags. Der malaysische Mineralölkonzern
Petronas ist aber tatsächlich mehr
als nur ein Geldgeber. Parallel zur Entwicklung
von Auto und Motor trieben die Petronas-
Techniker drei Jahre lang die Entwicklung des
Benzins und der Schmiermittel voran. Eine der
Errungenschaften ist ein Öl, das bei niedrigeren
Temperaturen dünn ist und bei höheren dickflüssiger
wird.
9. Windkanal-Update
So gut die Aerodynamiker auch sind, bis Mitte
2012 waren sie gehandicapt: der Windkanal des
Teams funktionierte nur mit 50-Prozent-Modellen.
Eine Umrüstung auf 60-Prozent-Modelle war
unumgänglich, um vor allem mit Blick auf die
Reifen repräsentativere Werte zu erhalten. Die
Umstellung forderte aber auch ein Opfer: sie legte
den Windkanal für eine Zeit lahm und behinderte
damit Fortschritte in der laufenden Saison.
10. Rückschläge
Nach vier Jahren mehr oder weniger großer Rückschläge
ist Mercedes vom Gespött des Fahrerlagers
zum Dominator aufgestiegen. »Was ihnen
zugute kommt, ist sicherlich, dass sie in der Vergangenheit
eines auf die Nüsse bekommen
haben«, sagt Danner. Als Mercedes Ende 2009 das
Weltmeisterteam Brawn GP übernahm, sah man
darin das Teammodell der Zukunft: 400 Mitarbeiter
sollten unter der geplanten Ressourcen-
Beschränkung ausreichen - doch soweit kam es
nie. »Sicherlich gab es eine schmerzhafte Zeit, die
ich nicht noch einmal erleben möchte«, erinnert
sich Daimler-Boss Dr. Dieter Zetsche. »Aber das
Ergebnis ist nun viel wertvoller, als wenn wir von
Anfang an alles gewonnen hätten.«
13. Toto Wolff
Die Verpflichtung von Wolff war ein weiteres
Puzzleteil auf dem Weg zum Erfolg. Mit Brawn
war zwar ein Teamchef vorhanden, doch war
es Wolff, der den Vorstand davon überzeugte,
dass Budget zu erhöhen - zuvor war dieses niedriger
als jenes von Williams, bei denen Wolff
vorher arbeitete. Mittlerweile soll das Budget
200 Millionen Euro betragen und zu 80 Prozent
aus den Einnahmen finanziert werden. Die
Finanzspritze war auch nötig, da Honda allein
vor dem Verkauf des Teams 200 Millionen investierte,
um für die Saison 2009 aufzurüsten.
Während der Titelsaison von Brawn GP floss
dann aber gar kein Geld in die Weiterentwicklung
des Autos.
14. Eigenes Risiko
Wolff trat bei Mercedes nicht nur die Nachfolge
von Norbert Haug an. Er übernahm auch 30%
der Anteile am Formel-1-Team. Wenn es nicht
läuft, verliert er also bares Geld. »Als Mitgesellschafter
habe ich somit einen anderen Antrieb,
als wenn ich nur Manager wäre«, erklärt er das
Prinzip.
15. Selbstironie
Bei allem Ernst könnte der Schlüssel zum Erfolg
jedoch im Spaß liegen. »Wir lachen sehr viel über
uns selbst«, verrät Wolff. »Wenn man merkt, dass
einem das Ego davonläuft, ist Selbstironie ganz
wichtig, um sich daran zu erinnern, dass das, was
wir hier machen, die unwichtigste Wichtigkeit der
Welt ist.«
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HEILSBRINGER
AUSGEBREMST
MACHTLOS GEGEN DIE KONKURRENZ VON MERCEDES
UND RED BULL, VOM TEAMKOLLEGEN IN DEN SCHATTEN
GESTELLT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WAS
FERRARI-HEILSBRINGER KIMI RÄIKKÖNEN BISLANG
AUSBREMSTE.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
34 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 35
»Und dann ist das
Heck einfach
weggeschmiert...«
die Strecke gebracht haben, die funktioniert
haben - am Freitagabend haben wir
die Teile stets wieder abgenommen«, nahm
Massa kein Blatt vor den Mund. Und da
wären wir schon beim nächsten Punkt
angekommen...
R
ed is Emotion - diese Plakatwerbung
pflastert den Weg durch
die Häuserschluchten von
Monaco. Am Gesicht von Kimi Räikkönen
lässt sich während der Pressekonferenz in
Monaco nur eine Emotion ablesen: Langeweile.
Der Finne hat die Kappe tief ins
Gesicht gezogen, als ob er sich damit vor
den Fragen der Journalisten verstecken
könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die
Journalisten schießen sich noch mehr auf
den Iceman ein. Kein Wunder - seit seiner
Rückkehr zu Ferrari wird Räikkönen mit
Argusaugen beobachtet, immerhin erwarteten
viele Experten, dass Räikkönen und
Teamkollege Fernando Alonso den heißesten
Zweikampf des Jahres hinlegen würden.
Doch in den ersten Saisonrennen sah Räikkönen
gegen Alonso blass aus und das lag
nicht nur an seiner finnischen Herkunft.
Waren die Erwartungen an den vermeintlichen
Heilsbringer doch zu groß?
URSACHE 1: DAS TEAM
Ferrari und Kimi Räikkönen - diese Kombination
passte in der Vergangenheit nicht
wirklich zusammen. Dem Finnen schnürte
das enge Korsett, in das er vom italienischen
Traditionsrennstall hineingesteckt
wurde, die Luft zum Atmen ab. Der Finne
rebellierte auf seine Art, die Teamchef Stefano
Domenicali zu der Aussage veranlasste,
dass Räikkönen auf seinem eigenen
Planeten lebe. 2014 kehrte das einstige
schwarze Schaf nach Maranello zurück.
Neo-Teamchef Marco Mattiacci kommt mit
dem schweigsamen Finnen bisher gut
zurecht. »Jeder ist anders, also muss man
manchmal die Kommunikation oder die
Art und Weise anpassen, wie man mit
jemandem spricht. Ich sehe überhaupt kein
Problem im Umgang mit Kimi. Ganz im
Gegenteil: Es macht Spaß, mit ihm zu
arbeiten«, betont Mattiacci. Dem Iceman
soll der Spaß spätestens seit dem Spanien
GP vergangen sein. Hinter den Kulissen
heißt es, Räikkönen werfe Ferrari vor,
Alonso zu bevorzugen. Tatsächlich beorderte
das Team Alonso in Barcelona zuerst
an die Box, obwohl Räikkönen zu diesem
Zeitpunkt als Vierter vor seinem Teamkollegen
lag. »Das ist nicht die übliche Herangehensweise«,
bestätigt Martin Brundle.
Das ungeschriebene Gesetz in der Formel
1 lautet, den besser platzierten Fahrer
zuerst an der Box abzufertigen. Angesprochen
auf die Gerüchte, gibt sich Räikkönen
gewohnt kühl. »Ich hatte immer wieder
Probleme, die das Gesamtbild verzerren«,
so der Finne. Einer, dem solchen Szene wie
in Barcelona vertraut sind, ist Felipe Massa.
Der Brasilianer musste sein Ferrari-Cockpit
für Räikkönen räumen und scheint
darüber gar nicht mehr so unglücklich zu
sein. Zuletzt konnte er sich einen Seitenhieb
in Richtung seines Ex-Arbeitgebers
nicht verkneifen. Während bei Williams
jedes Update auf Anhieb funktionieren
würde, sei das bei Ferrari nie der Fall gewesen.
»Ich kann mich an kein Rennen im
letzten Jahr erinnern, bei dem wir Teile an
URSACHE 2: DAS AUTO
»Zu behaupten, dass das aktuelle Chassis
im Vergleich zu den vergangenen Jahren
eines der besseren ist, wäre mehr als höflich.
Leider ist es so, dass wir zu Red Bull
oder Mercedes kein vergleichbar gutes
Chassis gebaut haben«, räumte Technikdirektor
James Allison ein. Hinzu kommt,
dass sich das Auto mit dem neuen Brakeby-Wire-System
instabil verhält, was speziell
Kimi Räikkönen schwer zu schaffen
macht. »Wenn man sich Kimis Aussagen
im Funk anhört, merkt man, dass er seit
seinem Comeback sehr sensibel auf die
Servolenkung reagiert. Ich kenne die Kommentare
fast aller Fahrer über das Brake-
»ANSCHEINEND IST DAS
BRAKE-BY-WIRE SEHR
SCHWIERIG ZU ERFÜH-
LEN, WENN DIE BALANCE
NICHT STIMMT. DANN GIBT
ES KEINE VERBINDUNG
ZWISCHEN DEM FUSS DES
FAHRERS UND DEM, WAS
IM AUTO GESCHIEHT.«
JOHNNY HERBERT
Kimi Räikkönen muss
sich erst an den
Ferrari gewöhnen
36 www.Motorsport-Magazin.com
RÄIKKÖNEN & FERRARI:
DIE ERFOLGE
Sieg im ersten
Rennen für Ferrari
in Melbourne
Weltmeister! Kimi
feiert den
WM-Titel 2007
Räikkönen liebt
es, die schnellste
Runde zu fahren
1. AUF FANGIOS SPUREN
Australien GP 2007 - das erste Rennen der neuen Ferrari-Zeitrechnung.
Kimi Räikkönen setzte bei seinem Debüt in Rot ein Ausrufezeichen:
Nach der ersten Ferrari-Pole sicherte sich der Finne auch in
beeindruckender Manier den zehnten Sieg seiner Karriere - mit 7,2
Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzieren Fernando Alonso.
Räikkönen war damit der erste Ferrari-Pilot seit Nigel Mansell, der
bei seinem ersten Rennen für die Scuderia auf dem Siegerpodest
stand und der erste Fahrer seit Juan Manuel Fangio 1965, der das
Rennen auch noch von Startplatz eins gewann.
2. AUSSENSEITER SIEGT
Wie übertrumpft man einen perfekten Einstand? Ganz einfach:
man gewinnt in seinem ersten Jahr in einem neuen Team die Weltmeisterschaft.
Mit Außenseiterchancen ging Räikkönen in das letzte
Rennen der Saison in Brasilien. Bei einem Sieg des Finnen hätte
seinen Gegnern Lewis Hamilton und Fernando Alonso ein fünfter
bzw. zweiter Platz genügt, um die WM für sich zu entscheiden - doch
keinem der beiden gelang das benötigte Resultat. Räikkönen krönte
sich mit einem Punkt Vorsprung zum Champion.
3. SCHNELLSTES LEBEWESEN
»Das schnellste Lebewesen auf vier Rädern« - so beschrieb Gerhard
Berger einst Kimi Räikkönen. Wie schnell der Finne tatsächlich ist,
zeigt die Statistik aus seiner zweiten Ferrari-Saison. In 18 Grands
Prix fuhr Räikkönen nicht weniger als zehn Mal die schnellste Rennrunde.
Bis heute führt er den Rekord der schnellsten Rennrunden
innerhalb einer Saison gemeinsam mit Michael Schumacher an. Im
Gegensatz zum siebenfachen Champion gelang Räikkönen dieses
Kunststück sogar zwei Mal - schon 2005 fuhr er im McLaren zehn
Mal die schnellste Rennrunde.
Räikkönen zog im
Duell mit Alonso
bislang den Kürzeren
Der Iceman
lässt sich nicht
unterkriegen
by-Wire. Anscheinend ist es sehr schwierig
zu erfühlen, wenn die Balance nicht
stimmt. Dann gibt es keine Verbindung
zwischen dem Fuß des Fahrers und dem,
was im Auto geschieht«, verrät Johnny Herbert
dem Motorsport-Magazin. Für Marc
Surer hat Räikkönen mit den gleichen Problemen
wie sein Kumpel Sebastian Vettel
zu kämpfen. »Sie zählen zu jenen Fahrern,
die die Angewohnheit hatten, in die Kurve
hinein zu bremsen. Genau diese Fahrer
haben jetzt größere Probleme. Fahrer, die
das Auto einfach so zusammengebremst
und dann in die Kurve eingelenkt haben,
haben weniger Probleme«, erklärt Surer
die Problematik. Doch gegen die starke
Konkurrenz von Mercedes, Red Bull oder
eben teamintern gegen Fernando Alonso
kann Räikkönen nur bestehen, wenn das
Gefühl im Auto zu 100 Prozent stimmt. →
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
www.Motorsport-Magazin.com 37
Nicht schnell
genug: der neue
Ferrari F14T
Abgesehen von der Traktion des Autos
sowie dem Bremssystem machen dem
Finnen auch die Pirelli-Reifen zu schaffen.
»Für mich sind die Reifen dieses Jahr
extrem tricky. Ich weiß nicht, ob es an mir
oder dem Auto liegt, aber es ist für mich
verdammt schwierig, das volle Potenzial
aus den Reifen herauszuholen«, erklärt der
Finne. Für die Kritiker des Iceman haben
längst dessen Schicksalsrennen bei Ferrari
begonnen. »Das ist lächerlich«, meint hingegen
Motorsport-Magazin-Experte Christian
Danner. »Kimi war mit dem Auto
nicht ganz zufrieden, aber Ferrari hat das
jetzt einigermaßen im Griff. Kimi darf man
nie unterschätzen. Er hat etwas, was die
anderen nicht haben - das kommt vielleicht
im Qualifying nicht zum Tragen, aber definitiv
im Rennen.«
URSACHE 3: DER TEAMKOLLEGE
Nach sechs Rennen hatte Fernando Alonso
bereits drei Mal so viele Punkte wie Kimi
Räikkönen auf seinem WM-Konto zu
Buche stehen. Die explosive Ferrari-Fahrerpaarung
von der zu Saisonbeginn sämtliche
Schlagzeilen handelten, ist angesichts
des lahmen Dienstwagens verpufft. Weder
Alonso noch Räikkönen können ein Wörtchen
um den Sieg mitreden, doch zumindest
Alonso scheint die widerspenstige rote
Göttin ab und zu zähmen zu können. »Der
Ferrari ist mit Sicherheit nicht einfach zu
fahren und offensichtlich kommt Fernando
mit einem schlechten Auto besser klar als
Kimi«, sagt Marc Surer dem Motorsport-
Magazin. Im Verlauf der Saison rechnet er
aber damit, dass Räikkönen seine Probleme
mit dem F14T in den Griff bekommt und
das Duell zwischen dem Ferrari-Duo an
Hitze gewinnt. »Trotzdem sehe ich über
die Saison hinweg Alonso vor Kimi. Er ist
einfach sehr, sehr gut«, streute Surer dem
Spanier Rosen. Für den Ex-Rennfahrer
zählt Alonso zu den komplettesten Fahrern
im Feld, was das Leben von Räikkönen
nicht einfacher macht. Laut Johnny Herbert
hat Räikkönen durchaus den Speed,
um Alonso herauszufordern, allerdings hat
der Spanier eine entscheidende Trumpfkarte
in der Hand - seine Konstanz. »Diese
Konstanz bringt Fernando immer in die
Position, doch noch einen Podestplatz
herauszuholen, auch wenn das Auto dieses
Ergebnis nicht hergibt. Das hat er im vorletzten
Jahr schon gezeigt: er ist immer
wieder mit einer fantastischen ersten
Runde nach vorne geprescht. Fernando
startet verdammt gut und so gleicht er
seine schlechteren Startplätze aus. Das ist
Fernandos Spezialität«, sagt Herbert dem
Motorsport-Magazin. In seiner Zeit bei
Lotus habe Räikkönen dieselbe Konstanz
gegenüber seinem damaligen Teamkollegen
Romain Grosjean an den Tag gelegt.
»Wir haben es nur noch nicht bei Ferrari
gesehen«, so Herbert. Ferrari-Technikdirektor
James Allison plädiert dafür, dem
38 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
RÄIKKÖNEN & FERRARI:
DIE TIEFSCHLÄGE
Bloß raus hier.
Wenn Lewis Kimi
zu nahe kommt...
1. ROT HEISST STOPP
»Das Wetter kann sich rasch ändern, manchmal funktionieren die Reifen nicht optimal,
manchmal gibt es viele Safety-Car-Einsätze, oder manchmal fährt ein anderer Fahrer in
dich rein, wenn du an der roten Ampel wartest.« Räikkönen hat den Großen Preis von
Kanada 2008 nicht vergessen. Es kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass der amtierende
Vizeweltmeister dem amtierenden Weltmeister ins Heck kracht, während dieser an einer
roten Ampel am Boxenausgang steht und darauf wartet, dass die Rennleitung die Ausfahrt
freigibt. Für Räikkönen, der bis zu diesem Zeitpunkt auf Rang drei lag, war das Rennen
damit unverschuldet zu Ende.
2. SCHALL & RAUCH
Rauchzeichen:
Vorzeitiges Ende
in Valencia 2008
»Jetzt hol ich mir
ein Eis...«
»Es ist noch ein langer Weg zu gehen«, sagte sich Räikkönen nach dem Motorschaden in
Valencia. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Doch die Realität sah anders aus - nach dem
Europa GP hatte er nicht nur 13 Punkte Rückstand auf WM-Spitzenreiter Hamilton, er war
auch schon seit acht Rennen ohne Sieg. Das lag aber nicht nur an Räikkönens Leistungen,
sondern auch an Ferrari. Ehe sich der WM-Traum des Iceman in Valencia spektakulär in Rauch
auflöste, patzte sein Team beim zweiten Boxenstopp. Als er losfuhr, steckte immer noch der
Tankrüssel. Ein Mechaniker wurde dabei zu Boden gerissen und musste ins Krankenhaus.
Finnen noch mehr Zeit zu geben. »Es
stimmt, dass Kimi im Moment etwas langsamer
ist als Fernando, aber diese Lücke
wird kleiner. Es gilt, ihm einfach noch
etwas Zeit zu geben.«
URSACHE 4: DAS REGLEMENT
Wie schnell sich die Dinge ändern können.
2012 schwärmten Fans sowie Kritiker wie
schnell und gut Kimi Räikkönen mit all den
Neuerungen bei seinem Comeback im Vergleich
zu Michael Schumacher zurechtkam.
Zwei Jahre später beschert ihm ein anderes
Reglement sehr viel mehr Ärger. »So gerne
jeder vom Iceman spricht, den nichts beeinträchtigt,
so muss man jetzt eingestehen,
dass ihn gewisse Dinge doch beeinträchtigen«,
sagt Johnny Herbert dem Motorsport-
Magazin. Für Marc Surer liegt auf der Hand,
warum der Finne 2012 weit weniger Probleme
hatte als der siebenfache Formel-
1-Champion. »Der Lotus hat direkt zu seinem
Fahrstil gepasst. Aber jetzt haben wir
eine völlig neue Technik und die scheint ihm
weniger zu liegen«, betont Surer. Die neuen
Turboautos erzeugen viel mehr Drehmoment
als deren Vorgänger, verfügen aber
über deutlich weniger Grip. Die Fahrer können
daher nicht mehr so aggressiv mit den
Autos umgehen wie es in den Jahren zuvor
noch möglich gewesen ist. »Die Probleme
von Kimi liegen sehr viel am neuen Reglement«,
bestätigt Ferrari-Technikdirektor
James Allison gegenüber dem Motorsport-
Magazin. Es sei allerdings unfair, davon zu
sprechen, dass Räikkönen mehr leide als
Alonso. »Es stimmt nicht, dass Kimi mit
dem Ferrari mehr zu kämpfen hat als
Fernando«, sagt Allison. »Beide geben ein
ähnliches Feedback über das Auto ab. Ich
denke, dass es generell für die Fahrer nicht
einfach ist.«
Zu langsam? Egal,
Sonnenbrille auf
und durch!
3. EISMANN
Eine Zechtour im Gorilla-Kostüm, ein Sturz kopfüber von einer Yacht - Kimi Räikkönen sorgte
mit seinen Aktionen des Öfteren für Kopfschütteln. Doch gegen die Schlagzeilen, die nach
dem Malaysia GP 2008 folgten, war alles andere Kinderkram. Aufgrund der Regenfälle hatte
die Rennleitung den Grand Prix nach 31 Runden abgebrochen. Während alle anderen Piloten
brav in ihren Boliden sitzen blieben und abwarteten, ob das Rennen neu gestartet werden
würde, schleckte Räikkönen in der Ferrari-Box gemütlich ein Eis. Für seine Kritiker, die ihm
stets unprofessionelles Verhalten und Gleichgültigkeit vorwarfen, ein gefundenes Fressen.
www.Motorsport-Magazin.com 39
FOTOS: MCLAREN
40 www.Motorsport-Magazin.com
GUTIST NICHT TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
GUT
GENUG
NACH DEM AUSTRALIEN GP SCHIEN BEI MCLAREN DIE WENDE EINGELÄUTET, DOCH ES BLIEB
BISLANG BEI EINEM ONE-HIT-WONDER. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WAS BEIM
BRITISCHEN TRADITIONSRENNSTALL SCHIEF LÄUFT UND WELCH TIEFGREIFENDER SCHNITT
NOTWENDIG IST, UM DIE PROBLEME ZU BEHEBEN.
www.Motorsport-Magazin.com 41
»JETZT STAGNIEREN SIE. SCHNELLER SIND SIE EINFACH NICHT, AUCH WENN
MCLAREN EIGENTLICH VON DER KONSTRUKTION HER EIN TEAM IST,
DAS WEITER VORNE SEIN MÜSSTE.« CHRISTIAN DANNER
Der neue Chompfeil
entspricht nicht der
McLaren-Vorstellung
Kevin Magnussen:
Starker Einstand,
schwierige Zeit
danach
Die Jungs bei
McLaren müssen
alle anpacken
D
er Erfolg war lange Jahre McLarens‘
ständiger Begleiter. Seit seinem
ersten Grand Prix 1966 in
Monaco gewann der britische Traditionsrennstall
zwölf Fahrer- und acht Konstrukteurstitel.
In 182 Rennen trank ein McLaren-Pilot
den Siegerchampagner, 155 Mal stand ein
McLaren auf der Pole Position. Doch nach Lewis
Hamiltons Titeltriumph vor fünfeinhalb Jahren
kam kein weiterer hinzu. Nach der Saison 2013
war die Misere von McLaren nicht mehr schön
zu reden. Der Rennstall beendete die Saison auf
Rang fünf, 465 Punkte hinter dem Weltmeisterteam
Red Bull - der einstige Titelkandidat war
endgültig zur Lachnummer verkommen.
Rückblick: 16. März 2014, Australien. Mit den
Plätzen zwei und drei von Rookie Kevin Magnussen
und Routinier Jenson Button gelang McLaren
beim Auftakt im Albert Park eine kleine Sensation,
bis dato blieb es jedoch das einzige ‚Wunder‘.
»Der Saisonstart war Zufall, das kommt in Australien
vor«, erklärt Motorsport-Magazin-Experte
Christian Danner. »Jetzt stagnieren sie. Schneller
sind sie einfach nicht, auch wenn McLaren eigentlich
von der Konstruktion her ein Team ist, das
weiter vorne sein müsste.« Auf den ersten Blick
hat McLaren tatsächlich alles, was es braucht, um
erfolgreich zu sein. Doch wer in die Materie tiefer
eintaucht, der erkennt schnell, dass die Misere
nicht von irgendwoher kommt. Ein gutes Budget,
eine gute Mannschaft und zwei gute Fahrer - doch
gut ist nicht gut genug. Nach dem Seuchenjahr
im Vorjahr teilte Managementdirektor Jonathan
Neale Anfang des Jahres mit, dass McLaren 2014
ein größeres Budget zur Verfügung stehen werde
als in allen Jahren zuvor. So sollen die Aktionäre
des Teams auf ihren Profit verzichtet haben, allerdings
mit der Bedingung, dass es im Team vorwärts
geht - eine Bedingung, die bisher unerfüllt
blieb. Noch immer steht McLaren ohne
Hauptsponsor da und auch ein angeblicher Sponsor
aus China ist bisher nichts weiter als ein
Gerücht. Hinter den Kulissen heißt es, dass Ron
Dennis vom Vorstand eine Frist bis Jahresende
gesetzt wurde. Bis dahin muss der verwöhnte
Erfolgsmensch auch Erfolge vorweisen, ansonsten
gilt seine Rückkehr als gescheitert.
Am besten lockt man Sponsoren mit Erfolgen an.
Mit dem aktuellen Auto sind diese allerdings
kaum einzufahren. »Bei den Testfahrten sah
McLaren sehr stark aus, aber in den Rennen konnten
sie die Performance nicht auf die Strecke bringen.
Ich bin überrascht, dass sie uns nicht mehr
fordern können, schließlich haben sie die gleiche
Power Unit. Stattdessen scheinen sie einen Schritt
zurück gemacht zu haben«, gab Mercedes-Motorsportchef
Toto Wolff zu Protokoll. Mit der Power
Unit von Mercedes-Benz befindet sich tatsächlich
das stärkste Paket im Heck des MP4-29, allerdings
kommt der Motorenvorteil als Kundenteam weit
weniger zum Tragen als in den guten alten Zeiten
von McLaren-Mercedes. Damals war die Mannschaft
aus Woking noch die Nummer 1 im Hause
Mercedes, jetzt spielt das Werksteam die erste
Geige. Fakt ist aber auch, dass das aktuelle Auto
von McLaren einfach nicht gut genug ist. »Der
Erfolg liegt nicht am Budget eines Teams, sondern
an den Leuten und deren Fähigkeiten. Es geht um
die Fertigkeiten des Teams, der Fahrer und wie es
die Teamführung schafft, mit den bestehenden
Ressourcen die nötigen Ergebnisse einzufahren«,
sagt Red Bull-Teamchef Christian Horner.
Adrian Newey, Paddy Lowe, Lewis Hamilton - sie
42 www.Motorsport-Magazin.com
McLaren ist in fast
allen Belangen
gut, aber eben
nicht exzellent
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN
Jenson Button
fährt auch um
seine Zukunft
Wie kommen wir
da nur wieder
heraus?
alle haben entweder schon vor einigen Jahren oder
erst kürzlich McLaren in Richtung eines anderen
Teams verlassen. »Es sieht nur so aus, als würde
es bei Ferrari und McLaren Kontinuität geben«,
erklärt Alain Prost. Der ehemalige McLaren-Pilot
sieht gerade in den Abgängen wichtiger Personen
wie Rory Byrne, Michael Schumacher und Adrian
Newey den Absturz der traditionsschwangeren
Rennställe wie McLaren und Ferrari begründet.
Ihre Nachfolger waren zwar schnell gefunden,
doch die Qualität derer darf im Hinblick auf die
allerhöchsten Ansprüche durchaus in Frage
gestellt werden. Sie sind sicher gut, aber sind sie
sehr gut oder gar exzellent? Blickt man auf die
Schwächen des aktuellen Autos, erwiesen sich die
Fußstapfen von Paddy Lowe für Neo-Technikdirektor
Tim Goss vielleicht als zu groß. Somit ist
es kein Wunder, dass McLaren zuletzt alles versuchte,
um Aerodynamiker Dan Fallows nicht
wieder an Red Bull zu verlieren - doch der Kampf
scheint aussichtslos. Zumindest im Fall von Peter
Prodromou scheint alles geregelt zu sein. Der
ehemalige Red-Bull-Chefaerodynamiker wird mit
Anfang des nächsten Jahres seine Arbeit bei
McLaren aufnehmen. Trotz der personellen Querelen
im Hintergrund soll die Atmosphäre in
Woking seit der Ankunft von Eric Boullier wieder
stimmen. »Die Atmosphäre hat sich definitiv
geändert«, bestätigt Jenson Button. »Das letzte
Jahr war unglaublich schmerzhaft für uns. Es
mussten Entscheidungen getroffen und Änderungen
vorgenommen werden. Das ist geschehen
und die Reaktion, die das im Team ausgelöst hat,
ist zu sehen. Alle im Team, Ingenieure und
Mechaniker, sehen positiv in die Zukunft. Ich
kann also nur sagen, dass ich froh über die Änderungen
bin und vor allem über jene, die Eric vorgenommen
hat, seit er bei uns ist.«
Seit Anfang des Jahres leitet der frühere Lotus-
Teamchef die Geschicke des Teams, natürlich stets
unter dem wachsamen Auge von Ron Dennis.
»Als Team machen wir definitiv Fortschritte. Wir
alle im Team fühlen uns wie eine große Familie«,
betont Button. Für ihn steht fest: McLaren wird
wieder Rennen gewinnen. Doch fraglich ist, ob
er dann noch ein Teil des Teams sein wird, denn
auch seine Personalie ist nicht unumstritten. Seine
fahrerischen Qualitäten konnten den Weggang
eines Fahrerkalibers wie Lewis Hamilton nicht
kompensieren. Stattdessen scheint McLaren mit
Button und Eigengewächs Kevin Magnussen nur
mit eineinhalb Mann gegen die starken Fahrerpaarungen
von Mercedes, Red Bull und Ferrari
anzutreten. »Magnussen ist ein ordentlicher Kerl,
aber er ist schwer einzuschätzen. Vielleicht ist er
die absolute Zukunft und der Champion überhaupt.
Aber ich weiß es nicht«, gibt Danner zu.
Feststeht, gut ist in der aktuellen Formel 1 eben
nicht gut genug - schon gar nicht, wenn McLaren
die hohen Ansprüche von Ron Dennis erfüllen
will. »Wir sind nicht hier, um Zweiter oder Dritter
zu werden«, betonte er nach dem Überraschungsauftakt
in Melbourne. »Wir sind erst zufrieden,
wenn wir gewinnen. Und das werden wir.«
Doch auch Dennis hat längst erkannt, dass seine
Aussagen angesichts der Mercedes-Dominanz
und der eigenen, enttäuschenden Performance
lachhaft wirken und so schwenkte der Big-Boss
seinen Blick zuletzt immer öfter in Richtung 2015.
Dort wartet mit dem Einstieg von Honda der vermutlich
letzte Rettungsanker des Teams. Ausgerechnet
Dennis brachte zuletzt auch Fernando
Alonso ins Spiel. Als Ablenkung von der Misere
oder doch als einen ernstgemeinten Kandidaten?
Christian Danner findet es so oder so interessant:
»In letzter Instanz fragt man sich, was würde
Alonso in so einem Auto erreichen? Wäre er in
einem McLaren weiter vorne als im Ferrari? Oder
wäre der McLaren dann so weit vorne wie jetzt
der Ferrari mit Alonso?«
Ein neuer Motorenpartner, ein neuer Top-Fahrer
- damit würde McLaren nach Ansicht von Alain
Prost sich in die richtige Richtung bewegen. Laut
dem vierfachen Champion haben die alten Traditionsrennställe
lang genug den Fehler begangenen,
auf alten Wegen zu bleiben und sich Neuem
gegenüber zu verschließen. »Als Red Bull kam,
waren sie eine Marketingplattform, aber sie hatten
einen Plan, eine Strategie und auch Mercedes
hatte einen Plan. Das konnte man in den letzten
zwei, drei Jahren deutlich sehen. McLaren hat
auch einen Plan, aber der sieht wie in all den Jahren
zuvor aus. Manchmal muss man Dinge allerdings
anders machen, einen Schnitt wagen«,
betont Prost - und Boullier stimmt seinem Landsmann
überaschenderweise zu. »Das ist genau das,
was ich seit meinen Anfängen hier im Team
versuche.«
Der Zeitpunkt für besagten Schnitt wäre perfekt.
Zudem hätte Boullier die besten Verbindungen,
um einen weiteren starken Mann ins Boot zu
holen, einen Fahrer mit Perspektive: Romain
Grosjean. »Wer noch nicht gemerkt hat, dass
Grosjean speziell ist, dem kann ich auch nicht
mehr helfen«, sagt Danner. Für den Motorsport-
Magazin-Experten wäre der Franzose die perfekte
Wahl für jedes Topteam. »Grosjean überzeugt
mich mit seiner klaren Fokussierung, die er in
diesen schwierigen Tagen bei Lotus zeigt, wie er
das Team motiviert, nicht nur rummotzt, wie das
der eine oder andere Fahrer in so einer Situation
machen würde. Da sage ich: Hut ab. Ein großer
Fahrer muss auch durch den Dreck gehen können«,
so Danner. Mit Motorenpartner Honda und
der Fahrerpaarung Alonso/Grosjean wären
McLaren die Schlagzeilen sicher. Das könnte
genau jener tiefgreifende Schnitt sein, den das
Team braucht, um endgültig wieder in die Riege
der erfolgreichen Traditionsrennställe
aufzusteigen.
→
www.Motorsport-Magazin.com 43
Problemkind im
Heck: Der RB10
hat noch
44 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
SICHER KEINE EINTAGSFLIEGE
WAS FÜR EIN DEBÜT! PLATZ ZWEI BEIM FORMEL-1-DEBÜT. VERGLEICHE MIT LEWIS HAMILTON.
KEVIN MAGNUSSEN WAR IN AUSTRALIEN DER VIEL UMJUBELTE HELD. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN
TRAF DEN NEWCOMER, UM ÜBER DEN KOMETENHAFTEN AUFSTIEG UND DIE FLAUTE DANACH
ZU SPRECHEN...
MSM: Du bist bei deinem Debüt in Australien direkt aufs Podium gefahren.
Wie schwierig war es für dich, danach weniger gute Ergebnisse
einzufahren?
KEVIN MAGNUSSEN: Es war ganz sicher keine Eintagsfliege. Ich werde
garantiert wieder aufs Podium fahren. Wenn nicht in diesem Jahr, dann eben
in der Zukunft. Aber ich werde es wieder schaffen. Man muss positiv denken
und weiter kämpfen. Unsere Situation ist nun einmal so. Der Podestplatz
war kein Schock für mich. Ich gehe in jedes Rennen mit der Erwartung, ein
gutes Ergebnis einzufahren. Es war aber überraschend, dass es mir direkt in
Melbourne gelungen ist. Derzeit denke ich aber nicht mehr an Australien.
Nach diesem starken Auftakt herrschte ein riesiger Hype um dich. Viele
Experten bezeichneten dich als den neuen Lewis Hamilton. Wie schwierig
war es, mit all dieser Aufmerksamkeit umzugehen?
Das Schwierigste ist der Umgang mit deinen eigenen Erwartungen. Mir war
bereits in Melbourne klar, dass wir dieses Ergebnis nicht sofort würden
wiederholen können. Dennoch war es schwierig zu akzeptieren, dass wir in
Malaysia und Bahrain nicht die Pace hatten. Es hat einige Zeit gedauert, das
einzusehen. Wir müssen einfach alles geben und weiter kämpfen, um wieder
zurück an die Spitze zu gelangen.
Finnen haben eine lange und erfolgreiche Tradition in der Formel 1. Auch
Dänemark hat einige sehr gute Rennfahrer hervorgebracht. Uns fehlen vielleicht
die großen Erfolge in der Formel 1, aber in Le Mans oder anderen
Sportwagenserien gibt es viele dänische Fahrer. Für mich war meine Nationalität
kein Hindernis.
Liegt das daran, dass dir dein Vater geholfen hat?
Nein, das hat mit ihm nichts zu tun. Ich war hier schon immer Teil eines sehr
guten Teams und hatte wirklich gute Leute um mich herum. Außerdem habe
ich stets an mich geglaubt.
Wie groß ist das Interesse an der Formel 1 in Dänemark?
Mit einem dänischen Fahrer wird das Interesse natürlich stetig größer. Meine
Landsleute wollen jetzt wissen, wie ich mich schlage. Aber die Formel 1 wurde
bei uns schon immer im Fernsehen übertragen. Ich denke, die Formel 1 ist
überall auf der Welt eine große Sache. Ich hatte selbst nie einen Lieblingsfahrer.
Ich habe die Formel 1 schon immer mit den Augen eines Profis gesehen, ich
habe sie nie als Fan verfolgt. Natürlich bin ich Formel-1-Fan, aber ich weiß, dass
Rennfahrer Profisportler sind.
Wie würdest du die aktuelle Situation bei McLaren beurteilen?
Hinter uns liegt eine sehr schwierige Saison. Das Team hat im vergangenen
Jahr bis zum Ende weiterentwickelt, um das Auto zu verbessern. Nun fehlt
es unserem aktuellen Auto etwas an Abtrieb. Es ist aber ein gutes Auto. Wir
brauchen nur mehr Downforce. Mir ist klar, dass das von außen schwer zu
beurteilen ist, aber als Teil des Teams kann ich die Fortschritte spüren.
Wie groß ist die Herausforderung für einen Rookie wie dich, bei einem
Topteam wie McLaren einzusteigen?
In meinen Augen ist es keine größere Herausforderung, für ein großes Team
zu fahren. Normalerweise hast du bei einem der größeren Teams auch automatisch
ein schnelleres Auto. Für mich ist es einfach klasse, bei McLaren zu
fahren, weil ich das Team in- und auswendig kenne. Sie besitzen so viel
Fachwissen und Erfahrung, viel mehr als ein kleines Team.
Ich habe in Malaysia mit deinem Vater gesprochen und er sagte mir, dass
McLaren für dich genau das richtige Team zu diesem Zeitpunkt in deiner
Karriere sei...
Absolut. Es ist definitiv das richtige Team. Ich bin mit der Mannschaft aufgewachsen
und kenne die Leute hier. Wichtig ist, dass ich ihnen vertraue
und umgekehrt auch sie mir. McLaren ist wirklich das beste Team für mich.
Ist es für dänische Rennfahrer schwieriger, in die Formel 1 zu kommen, weil es
dort nur sehr wenige erfolgreiche Piloten gegeben hat?
Unser Land hat fünf Millionen Einwohner, ähnlich wie Finnland, aber die
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN
www.Motorsport-Magazin.com 45
SCHNELLE
GRINSEKATZE
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN
LACHEND ZUM ERFOLG: DANIEL RICCIARDO GELINGT DAS SCHIER UNDENKBARE -
ER STELLT SEINEN ÜBERLEGEN GEGLAUBTEN TEAMKOLLEGEN SEBASTIAN VETTEL
REGELMÄSSIG IN DEN SCHATTEN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WELCHE
GEHEIMWAFFEN DER MANN AUS DOWNUNDER NEBEN SEINEM ANSTECKENDEN
LÄCHELN NOCH BESITZT.
46 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 47
FOTOS: RED BULL
2.
September 2013. Ein dunkler, sternenloser
Nachthimmel thront über Salzburg.
Nur einige behelfsmäßig aufgebaute
Scheinwerfer erhellen den Vorplatz des
Hangar 7. Wie in einem Krimi bahnt sich ein
schwarzer Infiniti gemächlich seinen Weg in Richtung
Eingang. Hinter den getönten Scheiben versteckt
sich der neue Teamkollege von Serienchampion
Sebastian Vettel. Die hintere Tür schwingt auf
und ein nur allzu bekanntes, entwaffnendes
Lächeln kommt zum Vorschein. Das Australierwechsel-dich-Spielchen
hat ein Ende: Daniel Ricciardo
wird Nachfolger von Mark Webber bei Red
Bull. Der Wechsel des Australiers vom kleinen
Bruder Toro Rosso ins Weltmeisterteam von Red
Bull Racing stellt für Formel-1-Insider keine große
Überraschung dar, die Vertragslaufzeit von nicht
weniger als drei Jahren hingegen schon. Denn bis
zu diesem Zeitpunkt war eine wichtige Frage noch
unbeantwortet: Wie gut ist dieser Daniel Ricciardo
wirklich?
25. Mai 2014. Mit einem breiten Grinsen nimmt
Ricciardo den Pokal für den dritten Platz von Fürst
Albert von Monaco entgegen und überstrahlt mit
seinem Lächeln selbst Sieger Nico Rosberg. Sebastian
Vettel ist das Lachen hingegen längst vergangen,
mal wieder ließ ihn die Technik im Stich
und mal wieder stahl ihm sein neuer Teamkollege
die Show. »Daniel hat mit seiner bisherigen Performance
alle Kritiker Lügen gestraft«, erklärt
Marc Surer dem Motorsport-Magazin. Während
Vettel mit seiner Suzie zu kämpfen hat, ist es Ricciardo,
der beweist, dass Designgenie Adrian
Newey ein durchaus schnelles Auto gebaut hat.
»Der Red Bull ist hinter Mercedes das beste Auto
- von dem her hat Newey wie erwartet wieder ein
gutes Auto gebaut. Sicherlich haben sie eine
Sekunde Rückstand auf Mercedes, aber den Rest
des Feldes haben sie im Griff«, betont Surer.
Immer für einen
Spaß gut:
Ricciardo hat sich
nicht verändert
Ricciardo überzeugt
auch im Rennen
Gleich in seinem ersten Rennen für Red Bull, und
unter dem Druck der heimischen Fans, beendete
Ricciardo den Saisonauftakt in Australien auf
Rang zwei. Nach dem Rennen kam dann die böse
Überraschung: wegen eines irregulären Benzindurchflusses
wurde Ricciardo disqualifiziert -
daran konnte auch eine Berufung nichts ändern.
Nach einem Ausfall in Malaysia drehte der Aussie
in Bahrain und China derart auf, dass das Team
Vierfach-Champion Vettel anwies, seinem schnelleren
Teamkollegen Platz zu machen. Für Johnny
Herbert ist Ricciardo die positive Überraschung
des Jahres, nicht zuletzt, weil es dem 25-Jährigen
gelungen ist, seine Schwächen, speziell im Renntrimm,
auszumerzen. »In der Vergangenheit war
Daniel im Qualifying gut, hatte aber immer etwas
Schwierigkeiten im Rennen. In diesem Jahr ist er
in beidem großartig«, schwärmt Herbert im
Gespräch mit dem Motorsport-Magazin. Die
nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:
in sechs Qualifyings war der Mann aus Perth fünf
Mal schneller als der amtierende Weltmeister,
ebenso oft kam er vor Vettel ins Ziel. Mit dem
Podestplatz in Monaco ließ Ricciardo Vettel sogar
in der Fahrerwertung hinter sich. »Daniel ist
hochmotiviert und im Vergleich zu Sebastian
weniger empfindlich, wenn das Auto nicht so gut
ist. Für ihn ist dieses Jahr die große Chance und
er macht das Beste daraus«, erklärt Surer und fügt
scherzend hinzu: »Und ich gehe mal davon aus,
dass das Auto immer noch besser liegt als ein
Toro Rosso. Nein, im Ernst: Daniel hat eine tolle
Einstellung. Das hilft ihm.«
Dank dieser Einstellung hebt der 25-Jährige trotz
der aktuellen Lobeshymnen auf seine Person
nicht ab. Durch die starken Ergebnisse ist Ricciardos
Selbstvertrauen gewachsen, doch in seiner
Selbsteinschätzung ist der Australier immer noch
realistisch. Während die Medien Vettels Nummer-1-Status
bereits wackeln sehen, gibt sich
Ricciardo gelassen. »Die Leute tun so, als sei die
Saison schon zu Ende und ich hätte Sebastian
geschlagen. Das ist aber nicht der Fall. Es ist für
mich bisher gut gelaufen und das freut mich«,
erläutert der Red-Bull-Pilot mit seinem typischen
Grinsen im Gesicht. Dieses perfekte Zahnpasta-
Lächeln ist in den vergangenen Monaten zum
Markenzeichen des Australiers geworden. Während
das Lächeln bei anderen Fahrern aufgesetzt
wirkt, kauft man es Ricciardo zu 100 Prozent ab.
»Ich habe schon viele Fahrer zu einem großen
Team wechseln sehen und es hat ihren Charakter
verändert. Bei Daniel hat sich bisher nichts verändert.
Er lacht immer noch«, betont Johnny
Herbert. Seine positive Grundhaltung erklärt der
Sonnyboy aus Perth damit, dass es weniger Stress
bedeute, wenn man freundlich sei. Zudem habe
ihn Big-Boss Dietrich Mateschitz geraten, sich
Red Bull lag mit der
Verpflichtung von
Daniel Ricciardo
goldrichtig
FOTOS: RED BULL, ADRIVO/SUTTON
48 www.Motorsport-Magazin.com
unter allen Umständen sein Lächeln zu bewahren.
»Das kann man mögen oder eben nicht«, meint
Motorsport-Magazin-Experte Christian Danner.
»Es gibt durchaus Leute, die sagen: ‚Haut dem
Ricciardo endlich mal in die Fresse, damit er aufhört
zu grinsen.‘ Doch alle Rennfahrer haben eine
Vergleichsbasis - das Ergebnis respektive die Rundenzeiten.
Da muss ich ganz ehrlich sagen:
Chapeau!«
»DAS KANN MAN MÖGEN ODER
EBEN NICHT. ES GIBT DURCH-
AUS LEUTE, DIE SAGEN: ‚HAUT
DEM RICCIARDO ENDLICH
MAL IN DIE FRESSE, DAMIT ER
AUFHÖRT ZU GRINSEN.‘ DOCH
ALLE RENNFAHRER HABEN EINE
VERGLEICHSBASIS - DIE RUN-
DENZEITEN. DA MUSS ICH GANZ
EHRLICH SAGEN: CHAPEAU!«
CHRISTIAN DANNER
Experten beschädigt die starke Performance von
Ricciardo weit weniger Vettels Image als jenes
seines Vorgängers Mark Webber. »Die große
Frage, die sich mir stellt, ist: ist Webber so eine
Banane gewesen oder waren es die technischen
Umstände, die dazu geführt haben?«, stellt Danner
in den Raum. In seinen 215 Formel-1-Rennen
holte Webber 42 Podestplätze und gewann neun
Rennen, den letzten großen Schritt schaffte er
aber nie. 2010, 2011 und 2013 reichte es in der
Weltmeisterschaft jeweils nur zu Platz drei. »Es
zeichnet sich kristallklar ab, dass Webber mit dem
angeblasenen Auspuff immer deutlich hinter Vettel
lag«, erklärt Danner. Wann immer es diesen
Vorteil nicht gab, seien Vettel und Webber gleichauf
gewesen oder Webber sogar vor dem Deutschen.
»Ich glaube schon, dass dieser angeblasene
Diffusor fahrstiltechnisch etwas ist, was Sebastian
perfektioniert hat und was er jetzt nicht mehr
nutzen kann, speziell beim Bremsen.«
Bei aller Disziplin und dem Ehrgeiz, es ganz noch
oben zu schaffen, hat sich Ricciardo seine Leichtigkeit
bewahrt. Für seine entspannte und lockere
Art wird er im Fahrerlager von Kollegen und
Journalisten gleich hoch geschätzt. Starallüren
sind ihm nicht anzumerken. Im Gegenteil: Er hat
nicht vergessen, wer schon in den vergangenen
Jahren in Diensten des Talentschuppens Toro
Rosso den längeren Weg ins Mittelfeld der Startaufstellung
auf sich genommen hat. Laut Danner
könne sich sogar Vettel von Ricciardos Außendarstellung
noch eine Scheibe abschneiden. »Es
tut mir weh, das zu sagen, aber Vettel hat sich in
meinen Augen in seiner Außendarstellung nicht
sehr glücklich benommen. Ich habe es für sehr
unklug von ihm gehalten, als viermaliger Weltmeister
permanent auf den eigenen Sport draufzuhauen«,
kritisiert Danner Vettels Kritik an den
neuen Regeln und dem in seinen Ohren zu dürftigen
Sound. Angesichts der Tatsache, dass ihm
sein jüngerer Teamkollege um die Ohren fährt,
sei es vielleicht angebracht, den Reset-Knopf zu
drücken. »Vettel muss sich sagen: Ich bin der
beste Fahrer der Welt und jetzt zeige ich das auch
wieder im Auto. Ab sofort habe ich wieder Freude
am Rennfahren - das haben nämlich alle anderen«,
so Danner. »Im Gegensatz zu Sebastian
leuchten deren Augen.«
Ernsthafte Sorgen muss sich Vettel wegen der
leuchtenden Augen und des breiten Lächelns
jedoch nicht machen. »Sebastian hat bislang keine
runde Saison erlebt. Kann er zurückschlagen? Ich
denke schon. Wir haben von ihm noch nicht alles
gesehen«, meint Herbert. Nach Ansicht der
Daumen hoch statt
Vettel-Finger:
Ricciardo lief Vettel
den Rang ab
Ricciardo hat hingegen kein Problem, sich vom
schwächeren Toro Rosso, der in diesem Bereich
nie das Niveau seiner Red-Bull-Brüder erreichte,
auf den neuen RB10 einzustellen. Er hat seinen
Fahrstil nie so stark an den angeblasenen Unterboden
angepasst, wie Vettel es in den vergangenen
Jahren praktizierte und geradezu perfektionierte.
Aber wie gut ist dieser Daniel Ricciardo nun
wirklich? »Daniel hat noch keinen WM-Titel und
keinen Grand Prix gewonnen«, betont Danner.
»Aber so wie er sich präsentiert und dabei diese
Leistung abruft, da kann man nur sagen: Hut ab!«
Bis zum ersten WM-Titel eines Australiers seit Alan
Jones ist es noch ein weiter Weg. Mit Daniel Ricciardo
sitzt aber ein Fahrerkaliber im Red Bull, das
dazu im Stande ist, zugleich einem vierfachen Weltmeister
Feuer unter dem Hintern zu machen und
dabei über das gesamte Gesicht zu lachen.
www.Motorsport-Magazin.com 49
FOTOS: RED BULL
DER CHAS
EIN CHASSIS IST IN DER MODERNEN FORMEL 1 WIE DAS ANDERE - ODER ETWA DOCH NICHT?
OFT BRACHTE EIN CHASSIS-WECHSEL DIE WENDE. ABERGLAUBE, KOPFSACHE ODER FEINGE-
FÜHL? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN GEHT DEM PHÄNOMEN CHASSIS-TAUSCH AUF DEN GRUND.
50 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & KERSTIN HASENBICHLER
SIS-FLUCH
www.Motorsport-Magazin.com 51
FOTOS: RED BULL, MERCEDES, ADRIVO/SUTTON
Neues Chassis,
bessere Zeiten:
Sebastian Vettels
Suzie war verflucht
S
uzie ist verflucht. Sie ist hochwohlgeboren,
hat das Feinste vom Feinen.
Aber irgendetwas stimmt nicht mit
ihr. Sie hat nicht so viel Power wie ihre
namenlose Freundin aus dem nahegelegenen
englischen Dorf Brackley und auch
kein so aerodynamisch wohl geformtes Silberkleid.
Dennoch ist sie zum Erfolg verdammt. Nur einmal
schaffte sie es in den erlauchten Kreis, in dem ihre
älteren Schwestern Jahre lang ein- und ausgingen,
und selbst da, in der schwülen Hitze von Malaysia,
war sie nur eine Randerscheinung, nicht der strahlende
Star im Rampenlicht.
Die verfluchte Suzie war Sebastian Vettels erstes
Auto in der neuen Formel-1-Ära. Die Spekulationen
reichten von einem verzogenen Chassis
bis zu einem Konstruktionsfehler. So richtig
äußern wollte sich dazu niemand, und wenn,
dann nur widersprüchlich, was die Situation
noch mysteriöser erscheinen ließ. Erst in
Monaco brachte Vettel Licht ins Dunkel: »Es war
nichts verkehrt mit dem Chassis, aber bei der
Abstimmung des Autos gibt es gewisse Messwerkzeuge,
die stimmten aber leider nicht ganz
überein.« Sprich: die Einstellwerkzeuge waren
fehlerhaft und dadurch auch das Setup des
Autos. Deshalb veränderte sich die Balance von
Vettels Suzie in den Kurven und er wurde im
Cockpit heftig hin und hergeworfen. Ein dritter
Platz in Sepang blieb das beste Saisonergebnis
für den verfluchten RB10.
52 www.Motorsport-Magazin.com
Suzie brachte
Sebastian Vettel
kein Glück
»NATÜRLICH SAGEN DIE TECH-
NIKER, DASS ALLE CHASSIS
GLEICH WÄREN. ABER ICH SAGE
AUCH, DASS ICH JEDE RUNDE
GLEICH FAHRE UND ES GIBT
TROTZDEM KLEINE SCHWAN-
KUNGEN - OBWOHL DIE DATEN
AM ENDE ETWAS ANDERES
SAGEN; KLEINE UNTERSCHIEDE
GIBT ES IMMER.« TIMO GLOCK
Für Vettel war der Chassis-Wechsel übrigens keine
Premiere: Schon in seiner ersten WM-Saison 2010
tauschte er nach einem eher schwachen Saisonstart
ein Chassis. Nach sechs Rennen hatte »Luscious
Liz« ihre Pflicht mehr schlecht als recht erfüllt. An
ihre Stelle trat »Randy Mandy«, die Vettel zu seinem
ersten WM-Titel verhelfen sollte. Bis zu ihrem
Debüt in Istanbul sah es hingegen gar nicht gut aus:
Mark Webber hatte im RB6 klar die Oberhand. In
der Türkei läutete dann der berüchtigte Hornochsen-Crash
die Wende ein. »Randy Mandy« fuhr
also gleich beim ersten Einsatz ihre Krallen aus.
»Manchmal wechselt ein Fahrer das Chassis aus
Verzweiflung«, sagt Motorsport-Magazin-Experte
Christian Danner. Die Beispiele aus der Vergangenheit
sind zahlreich. Selbst Serienweltmeister
Michael Schumacher wechselte zu Beginn der Saison
2010 nach einem schwachen Rennen in Shanghai
das Chassis seines Silberpfeils. Im Nachhinein
soll eine Beschädigung festgestellt worden sein. Mit
dem neuen Auto fuhr er in Barcelona auf Anhieb
auf Platz vier.
»Es ist auch ein bisschen eine Kopfsache«, gibt Ex-
Formel-1-Pilot Markus Winkelhock gegenüber
dem Motorsport-Magazin zu. »Einige Fahrer haben
einfach etwas mehr Selbstvertrauen, wenn sie ein
anderes Chassis bekommen.« Für Adrian Sutil ist
dieses Vertrauen ins Auto das A und O. »Wenn
man das nicht hat, verliert man extrem viel Zeit«,
verrät uns der Sauber-Pilot. Ihm selbst habe ein
Max Chilton sagt:
Es gibt Chassis-
Unterschiede
Chassis-Wechsel jedoch noch nie etwas gebracht.
»Es muss schon etwas Gravierendes kaputt sein,
damit man einen großen Unterschied spürt«, so
Sutil. Aus rein technischer Sicht betrachtet, sind
die Chassis in der hochtechnisierten modernen
Formel 1 tatsächlich alle identisch. »Wenn man
nur die Schilder mit den Chassis-Nummern austauschen
würde, hätte das sicher schon denselben
Effekt«, sagte Willy Rampf vor einigen Jahren über
die mentale Komponente eines Chassis-Tauschs.
»Die Chassis werden alle genau vermessen. Sie
unterscheiden sich nicht.«
Christian Danner lächelt darüber. »Grundsätzlich
erklärt dir jeder Ingenieur, dass ein Chassis wie das
andere ist«, bestätigt er Rampfs Worte. »Grundsätzlich
ist dem aber nicht so. Man spürt, auch
wenn das technisch nicht erklärbar ist, von Chassis
zu Chassis Unterschiede.« Seien sie auch noch so
winzig. Wie so oft kommt es auf den ersten Eindruck
an, der sich im Kopf des Fahrers festsetzt. Er
muss einsteigen und sich wohl fühlen. »Natürlich
sagen die Techniker, dass alle Chassis gleich wären«,
sagt der frühere Formel-1- und heutige DTM-
Fahrer Timo Glock. »Aber ich sage auch, dass ich
jede Runde gleich fahre und es gibt trotzdem kleine
Schwankungen - obwohl die Daten am Ende etwas
anderes sagen; kleine Unterschiede gibt es immer.«
Auch Winkelhock hat diese Erfahrung schon
gemacht. Nach einem Totalschaden erhielt er einmal
ein komplett baugleiches Chassis, aber es fühlte
sich anders an, war unterschiedlich zu fahren.
Selbst mit dem gleichen Setup fühlte sich das Auto
seines Teamkollegen ein bisschen anders an. »Auf
der Stoppuhr gab es meistens keine Unterschiede:
die Autos haben sich unterschiedlich angefühlt,
waren aber immer gleich schnell.« Also doch alles
nur Hirngespinste und Aberglauben der Fahrer?
»Wenn das Chassis intakt ist, sollte man nichts
spüren«, meint Nico Hülkenberg im Gespräch mit
dem Motorsport-Magazin. »Es ist ein bisschen eine
Kopfsache.«
Vielleicht ist es aber zu einem gewissen Teil auch
eine Geldfrage. So bestätigt Marussia-Pilot Max
Chilton auf Nachfrage des Motorsport-Magazins:
»Es gibt definitiv Unterschiede zwischen den Chassis.
Jedes ist handgefertigt und damit anders. Unser
drittes Auto ist vielleicht nicht so gut wie die beiden
Einsatzautos.« T-Cars sind heutzutage verboten,
aber jedes Team hat bei jedem Grand Prix ein
Ersatzchassis dabei, um im Notfall ein neues Auto
aufbauen zu können. Nach dem Spanien GP
schickte Marussia die Einsatzchassis bereits auf die
Reise, während Chilton und Bianchi an den beiden
Testtagen nach dem Wochenende mit dem dritten
Chassis testeten. »Ich denke, dass man das ein bisschen
merken konnte«, verrät uns Chilton in Berufung
auf sein Feingefühl als Rennfahrer. »Wenn
man tief in den Daten gräbt und bestimmte
Bereiche ansieht, kann man es möglicherweise
auch dort entdecken, aber das ist schwierig.«
In Danners Augen sind diese gefühlten Unterschiede
auf keinen Fall nur Kopfsache. »Was ist ein
Chassis?«, fragt er. »Es ist die Komponente des
Fahrzeugs, an der die Pickup-Punkte für die Aufhängung
angebracht sind, damit diese über den
Radträger und die Reifen die Kräfte auf die Fahrbahn
übertragen können.« Auf diesem Weg gibt
es einigen Spielraum für Fehler. Ein Teil könnte
nicht stark genug gefertigt worden sein. Vielleicht
bricht es nicht direkt, aber es verbiegt sich oder
erbringt nicht jene Leistung, für die es im Gesamtkonzept
des Autos vorgesehen ist. »So verlierst du
tröpfchenweise Performance«, erklärt Danner. Das
Fehlerpotential ist weitläufig: Möglicherweise
wurde die Aufhängung nicht richtig angeschraubt
oder ein Querlenker anders laminiert. Hinzukommen
die Belastungen der Rennwochenenden. Hin
und wieder sind kleinere Reparaturen notwendig,
jedes Chassis geht turnusgemäß zur Überarbeitung.
»Mal ist ein Gewinde ausgeschlagen oder eine Ecke
angehauen«, verrät der frühere BMW-Motorsportdirektor
Mario Theissen. »Das wird dann repariert,
und das Chassis geht wieder in den normalen
Kreislauf zurück.«
Die kritischen Stellen sind jene, an denen Kräfte
eingeleitet werden, an denen die Radaufhängung
angebracht ist. »Es sind immer die Ecken, an denen
die maximale Belastung herrscht, zum Beispiel wo
der Motor angeflanscht ist«, sagt Danner, der in
seiner aktiven Formel-1-Zeit sowohl mit Alu- als
auch den neueren Karbon-Chassis fuhr. Bei den
Alu-Chassis legte das Team eine maximale Laufleistung
fest und tauschte es danach aus. »Mit dem
Karbon-Chassis haben wir das auch gemacht, das
war aber meiner Ansicht nach nicht nötig«, erinnert
sich Danner. »Aber auch da macht man es, um
auszuschließen, dass sich irgendetwas am System
Chassis verändert.« Egal wie hochentwickelt die
Formel-1-Wissenschaft heutzutage auch sein mag,
die Angst vor dem Chassis-Fluch hat sich tief in
den Köpfen der Fahrer verankert. Suzies verwunschene
Verwandte werden auch in Zukunft weiter
gepeinigte Piloten heimsuchen.
Wohin des
Weges? Läuft es
ohne Suzie
besser?
Auch Michael
Schumacher
tauschte einmal
ein Chassis
www.Motorsport-Magazin.com 53
TEXT: CHRISTIAN MENATH
BLACK
JACKS
SPIELZEUGE
SIR JACK BRABHAM VERSTARB AM 19. MAI IM ALTER VON 88 JAHREN.
DER AUSTRALIER IST BIS HEUTE DER EINZIGE PILOT, DER IN SEINEM EIGENEN
AUTO WELTMEISTER WURDE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BLICKT AUF
ALLE DREI BRABHAM-BOLIDEN ZURÜCK, IN DENEN DER TEAMGRÜNDER
SELBST GEWINNEN KONNTE.
54 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Sir Jack Brabham ist der
einzige Fahrer, der in
seinem eigenen Auto
Weltmeister wurde
www.Motorsport-Magazin.com 55
56 www.Motorsport-Magazin.com
BRABHAM
BT19
W
ie so oft in der Formel 1, stand auch 1966 wieder ein
technologischer Umbruch an. Der maximale Hubraum
wurde von 1,5 auf 3,0 Liter vergrößert, deshalb wurde auch gerne
von der Dreiliterformel gesprochen wurde. Allerdings vergrößerten
nicht alle Hersteller ihre Motoren, einige setzten weiter auf
1,5-Liter, die jedoch mit einem Kompressor aufgeladen werden
durften. Brabham gab bei der australischen Motorenschmiede
Repco die Entwicklung eines 3-Liter-V8-Motors in Auftrag. Es
sollte der einzige Motor in dieser Spezifikation sein. Zwar bauten
Ferrari und Maserati ebenfalls 3-Liter-Motoren, die Italiener
setzten aber auf 12-Zylinder.
Auch wenn der Repco-Motor in jener Saison als der schwächste
Motor galt, dem Leistungsdefizit standen zahlreiche Vorteile
gegenüber: Im Gegensatz zu den V12-Aggregaten waren die Achtzylinder
deutlich leichter. Vier Zylinder weniger bedeuten gleichzeitig
weniger bewegliche Teile, was sich nicht nur durch geringere
Defektanfälligkeit auswirkt. Weil weniger Reibung entsteht, waren
die Repco-Aggregate deutlich spritsparender als jene der Konkurrenz.
Der Vorteil war erheblich, die Brabham-Boliden konnten
mit mehr als 50 Kilogramm-Spritballast-Vorteil in die Rennen
gehen.
Die kompakte Bauweise des V8 brachte außerdem Vorteile beim
Chassis mit sich. Während Lotus schon 1962 den ersten Boliden
mit Monocoque einführte, vertraute Brabham weiter auf einen
konventionellen Gitterrohrrahmen. Der Rahmen war zwar noch
auf einen 1,5-Liter-Motor ausgelegt, durch kleine Änderungen am
Heckrahmen konnte aber auch der größere V8 eingebaut
werden.
Schwachstelle war anfangs noch das Getriebe, das nicht auf die
neuen, stärkeren Motoren ausgelegt war. Brabham musste deshalb
am Start vorsichtig mit dem Drehmoment umgehen. Beim ersten
Rennen schied Brabham noch mit einem Getriebeschaden aus,
die nächsten Grands Prix sollten dann umso erfolgreicher werden.
Nach einem vierten Platz in Belgien siegte Brabham viermal in
Folge und sicherte sich schon drei Rennen vor Ende der Saison in
Italien trotz eines Ausfalls die Weltmeisterschaft.
TECHNISCHE DATEN:
Motor: Repco 620, 2995 cmm, 90-Grad-V8-Mittelmotor, längseingebaut
Gewicht: 518 Kg
Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen
Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland
Reifen: Goodyear
Benzin: Esso
ERFOLGE:
4 Siege
Fahrertitel (1966)
2 Konstrukteurstitel (1966 und 1967)
3 Pole Positions
1 Schnellste Rennrunde
→
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BRABHAM
BT24
B
rabham ging 1967 gleich mit drei verschiedenen Chassis-Varianten
an den Start. Der BT19 und der BT20, die beide schon im
Jahr zuvor erstmals eingesetzt wurden, trugen ihren Teil zur
erfolgreichen Saison des Brabham Teams bei. Jack Brabham selbst fuhr aber
seine größten Erfolge in diesem Jahr mit dem BT24 ein.
Wie seine Vorgänger wurde auch der BT24 von Ron Tauranac konstruiert.
Ein Technologiedurchbruch war aber auch er nicht. Ganz im Gegenteil: wie
schon im vorangegangenen Jahr setzte Brabham auf eher ausgereifte, fast
schon alt anmutende Technik. Auch beim Motor blieb fast alles beim Alten.
Repco überarbeitete das V8-Triebwerk, sodass es nun rund 330 PS und
somit zwischen 20 und 30 PS mehr auf die Hinterräder stemmte.
Während der Saison zeichnete sich ein Titeldreikampf zwischen Denny Hulme,
ebenfalls für Brabham am Start, Jack Brabham und Jim Clark ab. Clark musste
jedoch zwei Rennen lang auf seinen neuen Boliden für 1967 warten, zuvor ging
er mit den alten Lotus 33 und Lotus 43 an den Start und schied zweimal aus.
Mit dem technisch überlegenen Lotus 49 holte er zwar die meisten Siege aller
Piloten, sah aber bei drei weiteren Rennen die Zielflagge nicht.
Einmal mehr sollte sich das Konzept von Brabham auszahlen: Durch die
ausgereifte und zuverlässige Technik fuhren beim letzten Grand Prix in Mexiko
nur noch Hulme und Brabham um den Titel - obwohl die beiden zusammen
lediglich drei Siege feierten. Auch beim Showdown in Mexiko Stadt traten
Brabham und Hulme mit gleichem Material an. Als Teamchef hätte Brabham
dem Neuseeländer einfach unterlegendes Material zur Verfügung stellen
können, um selbst den zweiten Fahrertitel in Folge einzufahren. Mit identischen
Autos wurde Brabham Zweiter, Hulme Dritter.
Die Weltmeisterschaft ging an Hulme. Bezeichnend ist der Rückstand der
beiden Brabhams auf Sieger Clark: Fast anderthalb Minuten nahm der Lotus
den Brabhams ab. Fahrer- und Konstrukteurstitel zeigten aber, dass Brabhams
Taktik mit alter Technik erfolgreicher war als jene von Lotus, mit moderner,
aber unausgereifter Technik an den Start zu gehen.
TECHNISCHE DATEN:
Motor: Repco 740 2994 cmm, 90-Grad-V8-Mittelmotor, längseingebaut
Gewicht: 517 kg
Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen
Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland
Reifen: Goodyear
Benzin: Esso
ERFOLGE:
3 Siege
Fahrertitel (1967)
Konstrukteurstitel (1967)
1 Schnellste Rennrunde
→
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www.Motorsport-Magazin.com 57
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BRABHAM
BT33
19
70 konnte Brabham nicht mehr konsequent auf Evolution
statt Revolution setzen. Aus Sicherheitsgründen
schrieb das Reglement um den Tank herum einen festen
Aluminium-Teil im Chassis vor. Trotzdem wollte Designer Tauranac
nicht gänzlich vom Gitterrohrrahmen abweichen. Aus diesem
Grund entschied er sich für eine Hybridkonstruktion aus einem
Aluminium-Bauteil und Stahl-Gitterrohrrahmen. Eine ähnliche
Konstruktion fand sich auch im Ferrari 312B aus jener Saison
wieder.
Wie im Vorjahr setzte Brabham auf den 3-Liter-V8-Motor aus dem
Hause Cosworth. Fast das gesamte Formel-1-Feld fuhr 1970 mit
diesem Aggregat, das rund 430 Pferdestärken Richtung Getriebe
schickte. Mit rund 168 Kilogramm war das Cosworth-Aggregat
zwar rund 20 Kilogramm schwerer als der alte Repco-Motor, dafür
aber deutlich stärker und zudem so konstruiert, dass er als voll
tragendes Bauteil in das Chassis integriert werden konnte.
Für Jack Brabham sollte es das letzte Auto seiner Formel-1-Karriere
werden. Obwohl für Brabham der technologische Umbruch in diesem
Jahr größer war als für einige Konkurrenten, die zum Teil schon
seit Jahren mit einem Voll-Monocoque fuhren, konnte Brabham
gleich das erste Saisonrennen in Kyalami vor Denny Hulme gewinnen,
der in dieser Saison für McLaren an den Start ging.
Die weitere Saison sollte sich allerdings dramatisch anders gestalten:
insgesamt starten 1970 26 Mal Brabham-Boliden, dabei gab es elf
technische Defekte. Bei 13 Rennen sah Jack Brabham lediglich siebenmal
die Zielflagge. Fünfmal musste er den BT33 unverschuldet
hauptsächlich wegen Motorproblemen abstellen. Wenn der Bolide
lief, war Brabham aber - zumindest in der ersten Saisonhälfte -
konkurrenzfähig. In Monaco verschenkte er einen Sieg durch einen
Verbremser, wurde aber noch Zweiter, in Frankreich und Großbritannien
reichte es ebenfalls für Podiumsplatzierungen. Trotz einer
Nullnummer in der zweiten Saisonhälfte reichte es immerhin noch
für Platz fünf in der Fahrerwertung und Platz vier bei den
Konstrukteuren.
TECHNISCHE DATEN:
Motor: Ford Cosworth DFV, 90-Grad-V8-Mittelmotor
Gewicht: 550 Kg
Chassis: Hybrid-Konstruktion aus Monocoque und Rahmen
Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland
Reifen: Goodyear
Benzin: Esso
ERFOLGE:
1 Sieg
1 Pole Position
4 Schnellste Rennrunden
6 Podiumsplatzierungen
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SLIDESHOW | MOTORRAD | #37 | 2014
❱ UNTER DEM
ÜBERFLIEGER
TEXT: MARIA POHLMANN
Rekorde, Pole Positions, Siege, Punkte, Punkte und noch mehr Punkte
- Marc Marquez ist einfach nicht zu stoppen. Das Schlimmste daran
ist: der amtierende Weltmeister ist so sympathisch und bodenständig,
dass man ihm nicht einmal übel nehmen kann, dass er für eine absolute
Monotonie in der MotoGP sorgt. Was machen wir also? Wir konzentrieren
uns auf das Feld dahinter - schließlich gibt es dort wenigstens
noch richtig gute Duelle und spannende Entscheidungen. Selbst
Valentino Rossi freute sich über seinen dritten Platz in Mugello fast
so sehr wie über einen Sieg. Willkommen in der Ära Marquez. So
sehen sie also aus, die neuen glorreichen Zeiten in der
Königsklasse.
FOTO: REPSOL
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www.Motorsport-Magazin.com 63
BECAUSE
I‘M HAPPY
DER NEUE MOTOGP-DOMINATOR MARC MARQUEZ EILT VON EINEM
SIEG ZUM ANDEREN. UND DAS MIT EINER LEICHTIGKEIT, WIE SELTEN
ZUVOR ERLEBT. HAT DER 21-JÄHRIGE DAS POTENZIAL ZUM NEUEN
MR. MOTOGP AUFZUSTEIGEN?
TEXT: MICHAEL HÖLLER
Marc Marquez ist nicht zu stoppen.
Auch sein zweites Jahr in der
MotoGP ist von Rekorden gepflastert.
Knackte der 21-jährige Spanier 2013 in
seiner ersten Saison einen Rookie- und Alters-
Rekord nach dem anderen, so geht er nun als
Seriensieger auf Bestmarken los, von denen manche
dachten, sie könnten für die Ewigkeit
gemacht sein. Selbst die Frage »Kann Marc Marquez
alle Saisonrennen gewinnen?« wurde von
dem einen oder anderen Journalisten schon nach
wenigen Rennen gestellt. Doch was ist das
Erfolgsrezept des neuen Überfliegers, vor dem
nun sogar Mick Doohan oder Valentino Rossi
um so manchen Rekord zittern müssen?
»Kennen Sie den Song ‚Because I‘m happy‘? Der
passt perfekt auf Marc«, erklärt Hondas Teamchef
Livio Suppo im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin.
»Er ist so jung, er ist so selbstbewusst
- das ist einfach unglaublich. Sein ganzer
Charakter ist einfach nur positiv«, gerät Marquez‘
Boss beim Sprechen über sein bestes Pferd
im Stall ins Schwärmen. Nach sechs der 18 Rennen
steht der Weltmeister mit einer makellosen
Bilanz von sechs Siegen und sechs Pole Positions
sowie dem Punktemaximum und einem mehr
als komfortablen Vorsprung in der WM-Wertung
da. Mit diesem durchschlagenden Erfolg
hatte selbst bei Honda niemand gerechnet. »Das
ist weit mehr als wir erwartet hatten«, gesteht
Suppo. Sechs oder mehr GP-Siege in Folge - das
war zuvor in der Geschichte erst fünf Piloten
gelungen: Giacomo Agostini, Mike Hailwood,
John Surtees, Mick Doohan und Valentino
Rossi. Rossis persönliche Rekordserie von sieben
Erfolgen hintereinander wackelt bereits und
Doohans zehn Siege könnten noch im Sommer
fallen. Die australische Honda-Legende muss
zudem um seine Allzeit-Rekorde für die meisten
Pole Positions in Folge, die meisten Poles in
einer Saison und die meisten Saisonsiege →
64 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 65
FOTOS: MILAGRO
Kurvenwinkel bis
zu 64 Grad sind
möglich
Muggelo war der
6. Saisonsieg von
Marquez
fürchten (jeder dieser Rekorde steht derzeit bei
zwölf). Selbstredend wackelt auch die Bestmarke
für in einer Saison erzielte Punkte, die
Jorge Lorenzo seit 2010 mit 383 Zählern hält.
Marquez‘ Leistung in diesem Jahr ist umso
erstaunlicher, da es für den Weltmeister im Winter
eine Hiobsbotschaft gab, die viele schon
wieder völlig vergessen haben. Beim Dirt-Track-
Training brach sich der Spanier Mitte Februar
das rechte Wadenbein und musste auf Testfahrten
in Sepang und auf Phillip Island verzichten.
Selbst sein Start beim Saisonauftakt in
Katar, der nur etwas mehr als einen Monat nach
Marquez‘ Unfall angesetzt war, wackelte. »Wenn
du von einer Verletzung eines deiner Fahrer
hörst, machst du dir immer Sorgen über die
Konsequenzen«, schildert Suppo seine damaligen
Gefühle. »Das Positive ist, dass er sehr jung
ist, da erholt sich der Körper schneller von solchen
Verletzungen. Das Rennen in Katar war
dennoch eine absolute Überraschung. Er kam
dort nach fast zwei Monaten ohne Rennpraxis
an. Zwischen November und März saß der Bursche
gerade einmal drei Tage auf seinem Motorrad,
während alle anderen Fahrer neun Testtage
hatten. Vor allem das Selbstvertrauen war beeindruckend,
denn du musst auf diesem Niveau
immer an dich glauben und pushen. Das war
echt beeindruckend.« Im ersten Training beim
Auftakt noch Elfter, stand er nach etwas mehr
als 24 Stunden bereits auf Pole Position und
lachte weitere 24 Stunden später nach einem
spektakulären Kampf gegen Valentino Rossi
bei der Siegerehrung vom obersten Treppchen
herunter. Vom Handicap der Nachwirkungen
eines Beinbruchs oder von Testrückstand war
keine Spur mehr. Seither legte der Weltmeister
weiter zu und steigerte das fahrerische Niveau
auf ein selbst für seine stärksten Kontrahenten
fast unverträgliches Maß. Ist Marquez nach
etwas mehr als 20 MotoGP-Rennen schon der
perfekte Fahrer? »Ich musste schon im Vorjahr
immer antworten, dass es schwierig ist,
überhaupt eine Schwachstelle auszumachen«,
ZWISCHEN NOVEM-
BER UND MÄRZ SASS
DER BURSCHE GE-
RADE EINMAL DREI
TAGE AUF SEINEM
MOTORRAD, WÄH-
REND ALLE ANDEREN
FAHRER NEUN TEST-
TAGE HATTEN.
66 www.Motorsport-Magazin.com
Livio Suppo ist
stolz auf seinen
Schützling
Marquez
stürmt von
Pole zu Pole
FOTOS: MILAGRO, HONDA
Jeder Sieg
zaubert ein
Lächeln auf
Marcs Gesicht
DREI FRAGEN AN...
HRC-TEAMCHEF
LIVIO SUPPO
MSM: Wie steht Honda zum Ausstieg von
Bridgestone?
LIVIO SUPPO: Das sind normale Vorgänge
im Leben. Sie sind seit zwölf Jahren
dabei und haben sechs davon als alleiniger
Hersteller gearbeitet. Nichts hält ewig und
früher oder später musste man damit
rechnen. Wir waren mit ihrer Arbeit
immer zufrieden, denn in sechs Jahren
Bridgestone-Monopol gab es kaum Probleme.
Die gleiche Reifenmischung im
gleichen Rennen verhielt sich auch immer
beinahe gleich. Das heißt, dass die Qualitätskontrolle
immer sehr gut funktioniert
hat
Wie kommt Dani Pedrosa als Teamkollege
mit der aktuellen Dominanz von Marc
Marquez zurecht?
Ob Sie es mir glauben oder nicht, er kommt
sehr gut damit zurecht. Erstens, weil er
auch sehr gute Ergebnisse einfährt und
zweitens, weil sein Level sehr knapp an
jenem von Marc dran ist. Die Strecken, auf
denen er traditionell sehr stark ist, stehen
erst jetzt auf dem Programm. Im Moment
ist er sehr entspannt und die beiden kommen
gut miteinander aus. Sie respektieren
sich und haben gemeinsam Spaß.
Kühlt man schon den Siegersekt für die
Weltmeister-Party im November ein?
Es ist noch viel zu früh, um darüber wirklich
ein Urteil fällen zu können. Die ersten
Rennen waren stark von Fehlern von Jorge
beeinflusst, mit ihm wird aber noch zu
rechnen sein. Auch Valentino Rossi darf
man nicht unterschätzen.
gesteht Suppo in. Und tatsächlich fällt die
Suche nach Schwächen schwer. »Ich will ihn
ja nicht zu viel loben, aber mir fällt im
Moment nichts ein.« Neben seinen Fähigkeiten
als Fahrer zeigt seine lockere Art aber
auch bei Fans und Medien ihre Wirkung.
»Aktuell ist er sehr gut darin, auf die richtige
Art und Weise zu kommunizieren. Das ist gut
für den gesamten Sport. Am Ende des Tages
fährt Honda hier ja, weil wir Motorräder verkaufen
wollen und nicht primär, um zu gewinnen,
auch wenn wir natürlich erfolgshungrig
sind und damit das Image unserer Marke
steigern können«, führt Suppo aus. »Für dieses
Vorhaben ist Marc das perfekte
Testimonial.«
Honda stellt Marquez allerdings auch
perfektes Material zur Verfügung.
Ein Umstand, auf den der im Vorjahr
knapp unterlege Vizeweltmeister Jorge
Lorenzo immer wieder hinwies. Suppo verteidigt
Marquez vor solchen Aussagen: »Natürlich
ist unsere Maschine im Moment sehr gut und
das Level sehr hoch. Ich glaube aber, dass der
Unterschied zwischen Honda und Yamaha
geringer ist, als das die aktuellen Resultate vermuten
lassen. Zwischen Honda und Yamaha lief
das schon immer so, auf einigen Strecken funktioniert
unser Motorrad besser, auf anderen →
www.Motorsport-Magazin.com 67
Längst sind für
Marquez eigene
Fantribünen
reserviert
Strecken ihres. Im vergangenen Jahr in Assen
war die Yamaha deutlich stärker. Hochgerechnet
auf die gesamte Saison dürfte das Niveau
der Motorräder in etwa gleich sein.« So sei es
am Ende doch der Fahrer, der den großen
Unterschied ausmache. Schon Valentino Rossi
musste sich in seinen Anfangsjahren in der
Motorrad-WM den Vorwurf gefallen lassen,
er gewinne nur deshalb, weil er auf einer
Honda sitze. »Das war mit ein Grund, wieso
ich 2004 zu Yamaha gegangen bin«, erklärt
Rossi noch heute. Dass er prompt sein erstes
Rennen für den Erzrivalen gewann, im ersten
Jahr seinen Honda-Titel in Yamaha-Farben
verteidigte und drei weitere Gesamtsiege folgen
ließ, machte Kritiker und Erzfeinde wie
Max Biaggi rasch mundtot. Ein derartiges
Kunststück wird Marquez vorerst nicht vollbringen
müssen, denn Honda verlängerte
Mitte Mai den Vertrag mit dem 21-Jährigen
bis Ende der Saison 2016 und behielt die heißeste
Aktie dieses Jahrzehnts damit in den
eigenen Reihen. Für Marquez gibt es laut
Suppo aber auch gar keinen Grund, um das
Team zu wechseln: »Unser Bike hat einen
bärenstarken Motor und beschleunigt sehr
schnell. Unsere Ingenieure haben bei den
Bremsen gute Arbeit erledigt, denn das war
ein kleiner Schwachpunkt im Vorjahr. Unser
Motorrad ist nun ausgezeichnet ausbalanciert
und Marc kommt damit bestens zurecht.«
Denn Honda hat eine wichtige Mission: seit
Rossi 2003 konnte kein Fahrer aus den Reihen
Voll fokussiert:
Marquez im
Rennmodus
Seine Gegner sehen ihn
meistens nur von hinten
VALENTINO IST NOCH
IMMER DIE GROSSE
IKONE DES SPORTS.
MARC HAT DEFINITIV
DAS POTENZIAL, VIEL-
LEICHT AUCH EINMAL
ZU SO EINER IKONE
ZU WERDEN.
68 www.Motorsport-Magazin.com
Rossi fuhr zwei
Jahre für Repsol
Honda
Alex Criville war der
erste spanische
500cc-Champion
20 JAHRE REPSOL
HONDA. DIE PERFEKTE
SPANISCH-JAPANISCHE
PARTNERSCHAFT?
Der japanische Hersteller Honda und der spanische
Erdölkonzern Repsol feiern in dieser Saison
das 20-jährige Jubiläum ihrer gemeinsamen
Partnerschaft, die längst weit über ein reines
Sponsoring hinausgeht. Das Jubiläumsjahr 2014
könnte das erfolgreichste Jahr einer ohnehin von
Triumphen und Titeln gepflasterten Zusammenarbeit
werden. Was im Jahr 1995 unter Mick
Doohan, der vier seiner fünf Weltmeisterschaften
bei Honda in den orange-rot-schwarzen Farben
Repsols holte, begann, bescherte auch Alex Criville
(1999), Valentino Rossi (2002 und 2003),
Nicky Hayden (2006), Casey Stoner (2011) und
zuletzt Marc Marquez (2013) WM-Ehren. Rossi
war 2001 der einzige Honda-Weltmeister dieser
Zeit, der nicht für das Werksteam in den Farben
von Repsol angetreten war.
In die Ära der Kooperation zwischen Repsol und
Honda wurden die Japaner zum erfolgreichsten
Hersteller in der Königsklasse, überholten MV
Agusta und distanzierten Yamaha. Marquez‘ Sieg
in Mugello war der 130. eines Fahrers auf einer
Repsol Honda im 281. gemeinsamen Rennen - das
ergibt eine unglaubliche Siegquote von 46,2 Prozent.
Unvergessen ist das Jahr 1997, als die drei
Werksfahrer Mick Doohan, Alex Criville und Tadayuki
Okada alle 15 Rennen gewannen.
Längst ist die Partnerschaft nicht mehr nur auf
das MotoGP-Team beschränkt. Repsol hat eigene
Jugendförderungsprogramme ins Rollen gebracht
und ist maßgeblich daran beteiligt, dass der spanische
Motorradsport derzeit ein nie da gewesenes
Hoch erlebt und die jungen Talente förmlich
nur so aus dem Boden sprießen. Nicht nur die
beiden aktuellen MotoGP-Piloten Dani Pedrosa
und Marc Marquez werden schon lange von Repsol
unterstützt, mit Marcs Bruder Alex Marquez
und dessen Teamkollegen Alex Rins, die in der
Moto3 im Team von Emilio Alzamora eine Honda
pilotieren, stehen bereits die nächsten heißen
Eisen in den nächsten Jahren ante portas.
der Japaner seinen Titel verteidigen, Nicky
Hayden nicht und Casey Stoner nicht. Vielleicht
gerade deshalb hält man sich im japanischen
Werksteam trotz Seriensiegen von
Marquez mit vorzeitigen Jubelmeldungen
noch zurück. »Auch wenn wir so einen guten
Start hatten, heißt das noch lange nicht, dass
die Weltmeisterschaft schon vorbei ist«,
erklärt Suppo. »Wir wissen, dass Yamaha und
Jorge sehr stark sind. Valentino hat sich im
Vergleich zu letztem Jahr enorm verbessert,
was man ihm in seinem Alter sehr hoch
anrechnen muss. Das Niveau von Marc, Dani
und Jorge ist superhoch. Aber Valentino hat
es tatsächlich geschafft, noch einmal zuzulegen.
Ich bin überzeugt, dass die Saison sehr
interessant wird.«
Rossi war in drei der ersten sechs
Rennen der erste Verfolger von
Marquez und hält nach Mugello
Rang zwei in der WM-Wertung. Die beiden
begnadeten Motorradfahrer verbindet aber
nicht nur ihr enormes sportliches Talent, auch
ihr Umgang mit Medien und Fans ähnelt sich.
Während Top-Fahrer wie Casey Stoner, Dani
Pedrosa oder Jorge Lorenzo immer ein distanziertes
Verhältnis zu Journalisten und ihrer
Anhängerschafft hatten, genießen Rossi und
Marquez nicht nur das Bad in der Menge, sondern
haben dabei auch immer ein Lächeln im
Gesicht und einen flotten Spruch auf den Lippen.
In den seltensten Fällen sieht man Mar-
quez oder Rossi mit finsterer Mine - zumindest
nicht, wenn TV-Kameras oder Fan-Augen auf
sie gerichtet sind. In den unzähligen Pressekonferenzen
mit Marquez und Rossi überkommt
einen das Gefühl, dass hier allmählich
der Prozess einer Amtsübergabe ins Rollen
kommt. Beide Piloten ernten ihre Lacher nach
markigen Aussagen, flüstern sich gegenseitig
ins Ohr und pflegen öffentlich ein nahezu
freundschaftliches Verhältnis. Keine Spur von
Neid oder Missgunst, denn der eine hat bereits
alles gewonnen und der andere ist auf dem
besten Weg dazu. Noch ist Rossi der unumstrittene
Liebling, wie auch Suppo weiß:
»Valentino ist noch immer die große Ikone
dieses Sports. Selbst im weit entfernten Argentinien
war es unglaublich, wie die Zuseher
abgegangen sind, als er in der ersten Runde
jemanden überholt hat. Und genau so geht es
auch auf jeder anderen Rennstrecke der Welt
zu.« Die Szenen, die sich in Mugello abspielten,
als tausende gelb gekleidete Fans die Zielgerade
und Teile der Boxengasse enterten, um den
dritten Platz ihres Idols mit Sprechchören wie
einen Sieg zu feiern, unterstrichen Rossis Status
einmal mehr. »Es wird schwierig, wenn
nicht sogar unmöglich, ihn eines Tages in seiner
Rolle als Mister MotoGP zu ersetzen. Er
war der Allererste, der so einen Zuspruch der
Massen erfuhr und vielleicht gibt es so etwas
nie wieder. Aber Marc hat definitiv das Potenzial,
vielleicht auch einmal zu so einer Ikone
zu werden.«
FOTOS: MILAGRO, HONDA
Wer soll diesen
Mann in den
nächsten Jahren
stoppen?
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DIAGNOSE:
DOCH NICHT
UNHEILBAR
DER ROTE PATIENT DUCATI ZEIGT NACH EINER LANGEN
SCHOCKSTARRE ALLMÄHLICH WIEDER LEBENSZEICHEN.
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN SPRACH MIT THERAPEUT
ANDREA DOVIZIOSO ÜBER DEN WEITEREN HEILUNGS-
VERLAUF VON DUCATIS HERZSCHMERZEN UND DIE ERB-
KRANKHEITEN DER DESMOSEDICI GP14.
TEXT: MICHAEL HÖLLER
70 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 71
DERZEIT SIND WIR NICHT SCHNELL
GENUG, UM UNS ERNSTHAFTE HOFF-
NUNGEN MACHEN ZU KÖNNEN. ABER
WIR HABEN JA SCHON ÜBERRASCHEND
EIN PODIUM GEHOLT.
MSM: Dovi, in Austin hast du es nach langer
Wartezeit wieder auf das Podium geschafft. Du
hattest davor 23 Rennen ohne Top-3-Ergebnis,
Ducati musste sogar noch einen Grand Prix länger
warten. Wie groß war die Erleichterung, als
du auf dem Treppchen den Pokal entgegennehmen
durftest?
ANDREA DOVIZIOSO: Das Rennen war toll und
es war schön, dieses Gefühl einer Siegerehrung
wieder einmal erleben zu dürfen. Für Ducati und
vor allem in unserer aktuellen Situation war dieses
Resultat etwas ganz Besonderes. Alle bei Ducati
arbeiten richtig hart und die Ingenieure hängen
sich schon seit Jahren ordentlich rein. Dieser dritte
Platz war enorm wichtig für all diese Leute. Leider
entspricht das aber nicht den realistischen Kräfteverhältnissen,
denn es ist offensichtlich, dass wir
im Regelfall noch nicht schnell genug sind, um aus
eigener Kraft um das Podium kämpfen zu
können.
Wie war dieses Erlebnis für dich persönlich?
Ich war etwas krank, als ich in Austin ankam und
die Strecke hat wirklich jedem alles abverlangt und
alle Fahrer an die Grenzen getrieben. Es war wichtig,
von Anfang bis Ende eine gute Pace zu halten
und nie nachzulassen. Die letzten sechs Runden
- puh - da war ich schon echt zerstört. Aber als ich
im Ziel war, überkam mich endlich wieder dieses
unbeschreibliche Gefühl. Mit einer Ducati auf das
Podium zu fahren, das ist ein besonderes Gefühl.
Ist die Strecke in Austin der Ducati so sehr entgegen
gekommen oder konntest du deinen Fahrstil
dort so gut ausspielen?
Das war ein seltsames Rennen und wir hatten
eigentlich nicht die Pace für einen Platz auf dem
Podium. Aus eigener Kraft konnten wir bislang ja
auch noch nicht besser als auf Rang fünf abschließen.
So sieht die Realität leider aus. Die Fahrer von
Platz fünf bis elf hatten in Austin etwa das gleiche
Tempo, innerhalb dieser Gruppe wäre jede Platzierung
möglich gewesen. Einige Fahrer hatten
allerdings ihr Limit am Vorderreifen schnell
erreicht und einige haben Fehler gemacht. Ich
konnte Andrea Iannone, Stefan Bradl und Valentino
Rossi überholen und habe es so auf das
Podium geschafft.
Im Vorjahr hast du immer wieder das Motorrad
kritisiert. Fühlt sich die Desmosedici nun bereits
besser an als im vergangenen Jahr?
Natürlich! Wenn wir das gleiche Motorrad wie im
Vorjahr gehabt hätten, wären wir in Austin nie
und nimmer auf das Podium gefahren. Wir sind
aber noch nicht so schnell, wie wir das gerne hät-
ENDE DER DURSTSTRECKE
Andrea Doviziosos Podestplatz beim Texas GP in
Austin beendete eine anderthalbjährige Durststrecke
für Ducati. Zwischen Valentino Rossis 2. Platz in
Misano am 16. September 2012 und Doviziosos 3.
Rang in Austin am 13. April 2014 durfte nahm 24
Rennen lang kein Ducati-Fahrer an einer Siegerehrung
teil. Es war die längste Durststrecke, seit der
italienische Hersteller in der Königsklasse antritt.
FOTOS: MILAGRO, DUCATI
72 www.Motorsport-Magazin.com
ten, um aus eigener Kraft um die Top-3-Plätze
kämpfen zu können. Aber wir sind näher dran als
im Vorjahr, deshalb können wir durch Kampfkraft
einiges wettmachen. Deshalb ergeben sich hin und
wieder auch solche Situationen wie in Austin.
Wo siehst du im Moment die größte Problemzone
des Motorrads?
An der Problemzone hat sich nicht viel geändert.
Das Umlegen der Maschine ist nach wie vor der
Schlüsselfaktor, den wir nicht hinbekommen. Wir
haben das Bike in anderen Bereichen verbessern
können, etwa beim Bremsen und sogar beim
Herausbeschleunigen aus den Kurven. Es braucht
aber wohl noch einige Zeit, bis auch das mit dem
Umlegen des Motorrads nach unseren Vorstellungen
klappt.
Gibt es irgendwelche Strecken, die der Ducati von
der Charakteristik besser entgegen kommen? Wo
ihr es ein wenig leichter haben könntet?
Nein, und es ist auch schnell erklärt warum: Wir
haben Probleme mit dem Umlegen des Motorrads
und jede Strecke hat Kurven. Im Moment haben
wir keine Chance, auf dem gleichen Niveau zu
agieren wie unsere Konkurrenten - sowohl im
fahrerischen als auch im technischen Bereich.
Daher sind wir zu langsam und gehen in jedes
einzelne Rennen mit einem gewissen Handicap.
Während der Saison werden zwar neue Teile
ankommen, aber vermutlich nichts wirklich Großartiges.
Für große Änderungen müssen wir uns
wohl bis Valencia oder gar nächste Saison gedulden.
Bis dahin müssen wir fokussiert bleiben und
weiter pushen.
Du machst dir also keine allzu großen Hoffnungen
auf ein weiteres Podium in dieser
Saison?
Derzeit sind wir nicht schnell genug, um uns ernsthafte
Hoffnungen machen zu können. Aber wir
haben ja schon überraschend ein Podium geholt
- und vor allem auf einer Strecke, auf der extrem
schwierige Bedingungen herrschten. Alles ist möglich,
daher besteht natürlich auch eine Chance,
dass wir es in dieser Saison noch einmal
schaffen.
Wie sehr hilft es euch, dass ihr aufgrund einer
Reglementänderung mehr Sprit, mehr Motoren
und den weicheren Reifen verwenden dürft?
Wir haben uns für diese Option entschieden,
damit wir das Bike weiterentwickeln können und
nicht wegen irgendwelcher Vorteile in den Rennen.
Den weichen Reifen kann man im Rennen
ohnehin nicht verwenden, weil er die volle Distanz
nicht durchhält. Wir können zwar etwas mehr
Sprit einsetzen, aber wenn du mit unseren Ingenieuren
sprichst, werden sie dir erklären, warum
das keinen großen Unterschied macht. Der Grund,
warum wir in diesem Jahr etwas schneller sind,
ist, weil wir das Bike über den Winter verbessern
konnten. Wir wollen entwickeln, uns geht es also
nicht darum, schon dieses Jahr schneller zu sein.
Unter den aktuellen Regeln können wir einfach
mehr ausprobieren und den Motor während der
Saison öfter tauschen.
Wie gefällt dir bislang die Arbeit mit deinem
neuen Boss Gigi Dall‘Igna?
Es macht mir sehr viel Spaß. Ich arbeite zum
ersten Mal mit ihm zusammen, denn in der
Vergangenheit war er als Aprilia-Chef in der
125cc- und der 250cc-Klasse immer bei meinen
Konkurrenten [Dovizioso fuhr in den kleinen
Klassen stets für Honda, d. Red.]. Ich hätte vorher
nicht erwartet, dass wir uns so gut verstehen.
Ich mag ihn als Menschen, aber mir gefällt auch
seine Arbeitsweise, wie er mit uns redet, Dinge
erklären kann und wie er Probleme während
eines Rennwochenendes analysiert und angeht.
Er ist ein Ingenieur, der wirklich noch an der
Strecke Dinge anpackt und sich nicht hinter
einem Computer in der Fabrik versteckt. Es gibt
nicht viele Ingenieure, die so viel Zeit an der
Strecke verbringen. Er bringt so viel Erfahrung
mit, dass er jede Situation genau analysieren
kann.
Hat Dall‘Ignas Verpflichtung dem Team auch aus
psychologischer Sicht geholfen?
Sobald sich das Motorrad verbessert, läuft es im
Team automatisch in allen anderen Bereichen auch
besser. Die Art wie er mit allen Leuten umgeht, ist
sehr gut und das hat positive Auswirkungen auf
alle Bereiche.
In den Kurven hat
die Desmosedici
noch immer
Probleme
Dovizioso hat bei
Ducati noch
immer Spaß
Wie kommst du mit deinem neuen Teamkollegen
Cal Crutchlow aus?
Unsere Beziehung ist gut. Wir waren ja schon vor
zwei Jahren bei Tech 3 gemeinsam in einem Team
und ich habe keinerlei Probleme mit ihm. Er ist
schnell und ich bin froh, einen derartigen Teamkollegen
zu haben, denn dadurch pusht man sich
gegenseitig immer weiter und weiter.
Abschließend noch eine Frage zur italienischen
Nachwuchsförderung. Es gab ja in den vergangenen
Jahren ein Problem, dass kaum Fahrer aus
Italien in die WM nachrückten. Nun hat Valentino
Rossi ein Moto3-Team gegründet, hinter dem
ein überlegtes Konzept der Nachwuchsförderung
italienischer Piloten steckt. Ist das der richtige
Weg, um Italiens Talenten wieder mehr Chancen
zu bieten?
Ich sehe diese Idee sehr positiv, kann aber über
Details wenig sagen, weil ich nicht in das Projekt
involviert bin. Es ist aber schön zu sehen, dass es
ein italienisches Team gibt, das italienischen Fahrern
derart große Möglichkeiten bietet. Die Jungs
bekommen die beste Betreuung und die beste
Vorbereitung auf die WM. Das alleine ist aber
nicht die Lösung des italienischen Nachwuchsproblems.
Wir brauchen in Italien auch eine starke
Meisterschaft, um vielen jungen Piloten die
Chance zu geben, sich untereinander zu messen.
Genau deshalb kommen ja seit Jahren so viele
Talente aus Spanien: Weil die Meisterschaft dort
sehr gut organisiert und hochkarätig besetzt ist.
Dadurch wird der Prozentsatz an Piloten, die es
in die WM schaffen, automatisch höher.
Gigi Dall‘Igna ist
Ducatis
womöglich letzte
Hoffnung
AM
SCHEIDEWEG
TEXT: MICHAEL HÖLLER
STEFAN BRADL IST LÄNGST IN DER
MOTOGP ANGEKOMMEN. 2014 KÖNNTE
ZUM WICHTIGSTEN SOMMER SEINER
KARRIERE WERDEN. DAS MOTOR-
SPORT-MAGAZIN STELLT DEN EHE-
MALIGEN MOTO2-CHAMPION
AUF DEN PRÜFSTAND.
Vergangenen Juli erlebte Stefan Bradl seinen
bislang besten Monat in der MotoGP.
Führungsrunden und Platz vier beim
Heimrennen auf dem Sachsenring folgten
eine Woche später die Pole Position und der erste
Podiumsplatz in der Königsklasse in Laguna Seca.
Seither ist viel passiert in der Karriere des Stefan
Bradl. Erfolgserlebnisse wie konstante Top-5-Ergebnisse
oder die Vertragsverlängerung mit dem LCR
Honda Team wechselten sich mit bitteren Stürzen wie
jenem in Katar, als Bradl führte, und einer Zwangspause
nach einem Knöchelbruch in Sepang im vergangenen
Oktober ab. In den Sommermonaten stehen
Bradls Leistungen erneut auf dem Prüfstand, denn es
geht um nicht weniger als eine neuerliche Verlängerung
seines Kontrakts mit dem Team von Lucio Cecchinello
und damit auch um den Verbleib auf einer
konkurrenzfähigen Factory-Honda.
»Natürlich waren einige Rennen dabei, wo das eine
oder andere mehr drin gewesen wäre, aber im Nachhinein
ist immer leicht reden. Ich denke, dass →
FOTOS: HONDA, MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 75
meine Leistungen im Großen und Ganzen in
Ordnung waren«, zieht Bradl im Gespräch mit
dem Motorsport-Magazin eine zufriedene Bilanz.
»Es ist für einen Nicht-Werksfahrer wie mich
nicht so einfach, jedes Wochenende mit Podiumsplätzen
spekulieren zu können. Unser großes
Ziel ist es, am Ende des Jahres als bestes Satellitenteam
dazustehen. Da wollen wir hin und das
ist unsere Hauptaufgabe«, führt Bradl aus. In den
vergangenen beiden Jahren verfehlten Bradl und
LCR dieses Ziel, da Cal Crutchlow vom Tech3-
Team und Alvaro Bautista von Gresini in der
Endabrechnung jeweils vor Bradl landeten. Dennoch
hielt Honda am Deutschen fest, von dem
HRC-Teamchef Livio Suppo nach wie vor überzeugt
ist. »Er leistet gute Arbeit, ist immer vorne
dabei und wir können stolz auf ihn sein. Ich
würde ihn hin und wieder aber gerne etwas
aggressiver sehen. Er soll noch mehr an sich und
sein Können glauben. Ich denke, dass er das drauf
hat«, erklärt der Italiener und fügt hinzu: »Man
darf nie vergessen: Es ist etwas anderes, ob man
diesen Level erreicht, wenn man aus Spanien
oder Italien kommt, oder ob man sich aus
Deutschland nach oben kämpfen musste.« Von
einer zielstrebigen Frühförderung wie etwa ein
Marc Marquez konnte Bradl nämlich nur träumen,
denn in der deutschen Rennsport-Szene
ticken die Uhren anders - zumeist langsamer und
mit weniger Geld im Hintergrund. Dennoch
konnte sich Bradl stets auf den vielleicht wichtigsten
Mann in seinem Leben verlassen: Vater
Helmut, der einst selbst 84 Mal in der Motorrad-
WM startete und nach fünf Siegen im Jahr 1991
sogar 250cc-Vizeweltmeister wurde. »Ich wäre
ohne ihn nie soweit gekommen und er war eine
der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste
Person in meiner Karriere«, sagt Sohn Stefan
über seinen Papa. »In den wichtigsten Momenten
war er immer zur richtigen Zeit da und hat mir
die eine oder andere Tür geöffnet. Allerdings
habe ich in den letzten drei bis vier Jahren mehr
und mehr meine eigene Richtung eingeschlagen.«
Als MotoGP-Fahrer wurden ab 2012 aber andere
Leute wichtiger. »Lucio ist derjenige, der alles
zusammenstellt und es ist wichtig, sich mit ihm
gut zu verstehen, damit man zusammen die richtigen
Leute für die gemeinsame Arbeit auswählen
kann. Dann kommt natürlich auch noch der
Crewchief Cristophe Bourguignon, mit dem ich
gemeinsam das Bestmögliche herauszuholen
versuche. Ich komme mit beiden sehr gut aus
und fühle mich im Team sehr wohl«, so Bradl.
Mit den Erfolgen stieg freilich auch die öffentliche
Aufmerksamkeit, die dem 24-Jährigen zuteil
wurde. Nicht jeder Rennfahrer konnte sich in der
Vergangenheit damit anfreunden und Charaktere
wie etwa Casey Stoner entschieden sich deshalb
sogar für den Ruhestand statt den Medienrummel.
Wie Bradl damit umgeht? »Die Leute wollen
natürlich immer noch mehr und irgendwo muss
Bitterer Moment: Bradl
fliegt in Karar in
Führung liegend ab
IRGENDWO MUSS MAN AUCH
GRENZEN ZIEHEN. WIR SOLLEN
EINERSEITS UNSERE LEISTUNG
AUF DER STRECKE BRINGEN, ABER
WIR SOLLEN AUCH NAHE AM
PUBLIKUM UND NAHE AN DEN PR-
LEUTEN SEIN.
man auch Grenzen ziehen. Wir sollen einerseits
unsere Leistung auf der Strecke bringen, aber wir
sollen auch nahe am Publikum und nahe an den
PR-Leuten sein. Da muss man einfach die richtige
Balance finden. Und wenn ich Mal keine Lust
habe, ein Interview zu geben, dann gebe ich auch
keines«, sagt Bradl, der die Abläufe eines stressigen
MotoGP-Rennwochenendes aber mittlerweile
verinnerlicht hat. »Mann muss mit seinem
Team einfach einen guten Plan für Presse- und
Sponsor-Aktivitäten aufstellen. Natürlich ist es
stressig, aber ich kenne das Geschäft ja mittlerweile
und wenn man alles vorher gut durchplant,
dann ist es mit geringem Aufwand machbar. Auf
den Job auf der Rennstrecke muss ich mich dann
ohnehin selbst fokussieren, da kann mir dann
niemand helfen.« Auch abseits der Strecke spielen
Motorräder eine wichtige Rolle in Bradls
Leben. »Hin und wieder fahre ich auch privat auf
der Straße, wenn das Wetter schön ist und ich
einen Tag mal nichts zu tun habe. Darüber hinaus
bin ich auch hin und wieder im Motocross unterwegs.
Wir haben eine Strecke in unserer Nähe,
die ich hin und wieder besuche. Motocross macht
mir viel Spaß und wenn es mich mal wieder juckt,
dann packe ich meine Maschine ein fahre dorthin.
Das ist praktisch und gehört auch mal dazu
- auch als Training«, führt Bradl aus. Doch auch
im Privatleben muss man sich als MotoGP-Fahrer
an gewisse Konventionen halten. »Während
der Saison ist das natürlich schwierig wegen der
Verletzungsgefahr.« Schon allzu oft bekam die
Karriere eines Piloten wegen eines unvorsichtigen
Manövers bei einem Motocross- oder Dirt-
Track-Ausflug samt einhergehender Verletzung
einen Knick. Kompetitive Anreize sucht Bradl
bei seinen Ausflügen an die MX-Strecke aber
ohnehin nicht: »Wir haben genug Stress und
Konkurrenzkampf in der MotoGP, da brauche
ich das privat nicht auch noch.«
In den Sommermonaten wird es in der
Motorrad-WM immer besonders stressig,
wenn Teams, Hersteller und Fahrer hinter
verschlossenen Türen über die Verträge für
das kommende Jahr verhandeln. Während Journalisten
und Paddock-Insider diese Zeit für
muntere Spekulationen nutzen, beteiligen sich
die Fahrer in den seltensten Fällen an solchen
Debatten. So auch Bradl nicht: »Ich fühle mich
hier im LCR Team sehr wohl und über irgendetwas
zu spekulieren, interessiert mich im Moment
nicht. Ich will hier und jetzt meine Leistung bringen,
alles andere kommt dann von selbst.« Fakt
ist allerdings, dass viele wichtige Verträge auslaufen
und dank des Einstiegs von Suzuki zwei
weitere attraktive Jobs als Werksfahrer geschaffen
werden. Es könnte ein heißer Transfersommer
in der MotoGP werden. Wie sieht Hondas Suppo
Bradls Chancen in diesem Poker? »Stefan macht
grundsätzlich einen vernünftigen Job. Leider
sieht es so aus, als würde es ihm schwer fallen,
76 www.Motorsport-Magazin.com
den letzten alles entscheidenden Schritt zu
machen.« Der Italiener räumt allerdings ein: »Er
hat aber auch Pech. Historisch gesehen haben
wir so viele gute Fahrer im Feld wie selten zuvor.
In den goldenen Jahren von Mick Doohan oder
Valentino Rossi waren die beiden weit über all
ihre Konkurrenten zu stellen, da konnte man
zwar nicht siegen, aber es war leichter zweite oder
dritte Plätze zu holen. Aktuell gibt es mit Marc,
Jorge, Dani und Vale allerdings vier Ausnahmekönner.
Da brauchst du selbst als sehr guter Fahrer
einfach das letzte Fünkchen Glück und Mut,
damit du da mithalten kannst. Stefan wurde in
eine schwierige Zeit hineingeboren.« Umso
höher wäre es Bradl anzurechnen, wenn er sich
in diesem Zeiten erneut behaupten könnte.
Zumindest einen Titel kann ihm vorerst keiner
wegnehmen: 2011 war er in der Moto2 der bislang
letzte Fahrer, der sich in einem Duell um
eine Weltmeisterschaft gegen Marc Marquez
durchsetzen konnte. An diesem Umstand wird
sich wohl so schnell nichts ändern.
Hochkonzentriert:
Bradl ist
ein sensibler
Fahrer
Nur am Limit kann
man mit den
Besten mithalten
FOTOS: MIALGRO, HONDA
Nicht überall
machen
PR-Termine
so viel Spaß
wie in Austin
Bradl auf der
Jagd nach
Iannone
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TEXT: MICHAEL HÖLLER
BARRY
SHEENES
ERBEN
FOTOS: MILAGRO, ADRIVO/SUTTON
DIE EINST SO STOLZE MOTORRADNATION GROSSBRITANNIEN
WAR EINIGE JAHRZEHNTE NUR NOCH EIN SCHATTEN IHRER
SELBST. MIT BRADLEY SMITH UND SCOTT REDDING FINDEN
SICH NUN ABER WIEDER ZWEI JUNGE PILOTEN IN DER MOTOGP.
DOCH HABEN SIE DAS POTENZIAL, DER TRADITION IHRES
LANDES IN DER MOTOGP WIEDER LEBEN EINZUHAUCHEN?
Scott Redding
fand sich in
der MotoGP
schnell
zurecht
Bradley Smith
bestreitet
seine zweite
Saison in der
Königsklasse
www.Motorsport-Magazin.com 79
V
or 40 Jahren feierte ein 23-jähriger
Brite mit langen Haaren, der gerne
in der Startaufstellung noch rasch
eine Zigarette qualmte, in Clermont-Ferrand
sein Debüt in der Königsklasse
der Motorrad-WM: Barry Sheene. Was die
erfolgsverwöhnten britischen Fans damals noch
nicht wussten: Sheene sollte der letzte große
Motorrad-Star aus dem Königsreich werden. Auf
sein Konto geht nicht nur der bis heute letzte
WM-Titel (1977), sondern auch der letzte Sieg
in der Königsklasse (1981) eines Briten. Zunächst
die goldene Generation der US-Amerikaner, später
die Italiener und zuletzt die Spanier lösten die
einst so erfolgreiche Motorrad-Nation an der
Spitze ab. Satte 135 Rennen und 17 500cc-Weltmeisterschaften
hatten britische Piloten gewonnen,
doch seit über 30 Jahren herrscht Flaute.
2010 war der Tiefpunkt erreicht, als es in der
Königsklasse in den 18 Rennen des Jahres nicht
einmal einen einzigen Wildcard-Start eines britischen
Piloten gab. Doch die Talsohle hat die
britische Motorradnation hinter sich. Superbike-
Quereinsteiger Cal Crutchlow machte den
Anfang, seither schafften es mit Bradley Smith
(23) und Scott Redding (21) zwei vielversprechende
Talente aus den unteren Klassen in die
MotoGP. »Langsam geht es wieder bergauf«,
erklärte Smith im Gespräch mit dem Motorsport-
Magazin. »Man hat schon in den letzten Jahren,
als Cal den einen oder anderen Teilerfolg eingefahren
hat, einen leichten Anstieg bei den TV-
Quoten bemerkt. Dadurch kam unser Sport in
der BBC und den großen nationalen Zeitungen
wieder etwas prominenter vor. Diese Entwicklung
lässt sich in den letzten vier Jahren deutlich
erkennen«, so Smith. »Ich sehe eine wachsende
Aufmerksamkeit für unseren Sport. Wir haben
endlich wieder mehr Fahrer, daher wird das auch
in der Öffentlichkeit ein immer größeres Thema«,
pflichtet ihm sein Landsmann Redding bei. Allerdings
habe man es als Motorradfahrer in den
britischen Medien nicht leicht, denn längst dominieren
König Fußball und die Berichterstattung
rund um die millionenschweren Klubs der Premier
League in Zeitungen und Fernsehen. »Weil
wir so lange keinen Weltmeister mehr hatten,
denken manche Leute und viele der großen Zeitungen
vielleicht, dass unser Sport nicht so wichtig
ist. Aber auch mit einem WM-Titel wären wir
noch immer um so viel kleiner als Fußball. Denn
selbst die Formel 1 schafft es - obwohl wir dort
mit Jenson Button und Lewis Hamilton in den
letzten Jahren Weltmeister hatten - kaum einmal
auf eine Titelseite«, ärgert sich Smith. Hinzu
kommt noch ein weiteres Problem, denn die
MotoGP-Piloten sind nicht einmal die Herren
im eigenen Haus bzw. in ihrem eigenen Sport. In
der Superbike-WM stellt Großbritannien mit
Weltmeister Tom Sykes, Jonathan Rea, Chaz
Davies, Leon Haslam und Alex Lowes gleich fünf
Redding
träumt von
einer Factory
Honda
2010 WAR DER TIEFPUNKT ERREICHT, ALS ES IN DER KÖNIGS-
KLASSE IN DEN 18 RENNEN NICHT EINMAL EINEN EINZIGEN
WILDCARD-START EINES BRITISCHEN PILOTEN GAB.
der Top-Fahrer mit Podiumspotenzial. »In der
Superbike-WM gewinnt fast jedes Wochenende
ein britischer Fahrer. Natürlich gehen die Fans
dort dann mehr ab«, beklagt Smith. Redding
sieht ein anderes Problem: »Ich denke nicht, dass
der normale Fan von seiner Couch aus einen
großen Unterschied zwischen WSBK und
MotoGP erkennt.« Bedroht fühlt er sich von der
britischen WSBK-Armada aber nicht. »Es ist
keine Rivalität, weil wir uns auf unterschiedlichem
Level bewegen. Manche MotoGP-Fahrer
- wie früher Simoncelli - haben gezeigt, dass man
als Gaststarter schon am ersten Rennwochenende
ein Podium erreichen kann«, so Redding, der
noch nie mit einem Wechsel zu den Superbikes
liebäugelte.
Seit seinem 15. Lebensjahr fährt der Mann aus
Gloucestershire im WM-Zirkus. Seit damals
hängt der Name Barry Sheene wie ein Damoklesschwert
über ihm, wie über allen jungen britischen
Piloten in der WM. »Jeder kennt diesen
Namen. Er war so etwas wie der Valentino Rossi
der damaligen Zeit und als Brite wirst du ständig
mit ihm verglichen«, sagt Redding. Der 21-Jährige
weiß, wovon er spricht, denn auf seinem Weg
in die Königsklasse konnte er bereits einige
Rekorde aufstellen, womit aber auch die Hoffnungen
von Fans und Journalisten stiegen. Er
war der jüngste Fahrer, der die Marken von 50
und 100 Starts in der WM erreichte. Im Debütjahr
2008 gewann er im Alter von nur 15 Jahren
und 170 Tagen sein erstes 125cc-Rennen und
Redding hat
schon einen
Top-10-Platz
auf dem Konto
Die englische
Flagge prangt
von Smiths
Helm
damit als jüngster Pilot der Geschichte einen
WM-Lauf. Diesen Rekord konnte nicht einmal
der gleichaltrige Marc Marquez knacken und es
könnte ein Rekord für die Ewigkeit sein, denn
mittlerweile wurde das Mindestalter für einen
Start in der WM auf 16 Jahre hinaufgesetzt. Dass
Redding diesen Sieg auch noch ausgerechnet vor
heimischem Publikum in Donington einfuhr,
machte die Euphorie um ihn nur noch größer.
»Die britischen Fans sind bei den Heimrennen
nahezu ekstatisch und ich liebe es, in Großbritannien
zu fahren, weil dort immer so tolle Stimmung
herrscht. Die Fans geben für ihre Fahrer
auf jeden Fall alles«, sieht Redding großes Fanpotenzial,
das er schon oft entfesseln konnte.
Auch 2009 und 2012 stand er bei seinem Heimrennen
auf dem Podium, im Vorjahr gelang ihm
beim Moto2-Rennen in Silverstone sogar ein
weiterer Heimsieg. »Ich fühle mich auf heimischem
Boden einfach schneller - das ist merkwürdig«,
erklärte Redding. Als »God Save the
Queen« für ihn erklang, der Union Jack gehisst
wurde und tausende Fans ihm zujubelten und
mitsangen, fühlte sich Redding wie im Olymp.
38 Punkte Vorsprung bei nur noch sechs ausständigen
Rennen gaben Hoffnung, dass es zum
ersten Titel seit den Siebzigerjahren reichen
könnte. Wenn schon nicht in der Königsklasse,
dann zumindest in der Moto2. Doch das schwere
Erbe des Barry Sheene wurde zu einer zu großen
Last für Redding. In den letzten Rennen stürzte
er mehrfach, zog sich auf Phillip Island einen
Bruch im Handgelenk zu und holte in den letzten
80 www.Motorsport-Magazin.com
drei Saisonrennen nur noch einen einzigen Zähler.
Statt der Stunde des Triumphes folgte ein
schwerer Gang durch das Tal der Tränen.
Doch Redding ist darüber hinweg und hat - endlich
in der MotoGP angekommen - schon wieder
hohe Ziele. »Ich hoffe natürlich eines Tages auf
ein Werksmotorrad. Ich will gute Resultate und
Fortschritte erzielen. Dann sollte das alles von
alleine kommen«, sagte der Rookie, der 2014 auf
einem Production Racer von Honda fährt. Für
Smith geht es in dessen zweitem MotoGP-Jahr
bereits um mehr. Vor allem, da der 23-Jährige
bei Tech 3 Yamaha auf ebenbürtigem Material
wie Jorge Lorenzo und Valentino Rossi sitzt. In
den ersten Saisonrennen zeigte seine Formkurve
bereits nach oben, doch durch eigene Fehler
machte er sich das eine oder andere gute Ergebnis
zunichte. »Ich hoffe, dass ich aus diesen Schwachstellen
schnell lernen kann«, sagte Smith. Die
Aufstiege von Smith und Redding gehen britischen
Motorradfans wieder Hoffnung, doch
dass Karrieren nicht immer nur bergauf führen
müssen, zeigt ein weiteres Beispiel - jenes von
Cal Crutchlow. Der 28-Jährige stand im Vorjahr
als Teamkollege von Smith viermal auf
dem Podium. Seit seinem Wechsel zu Ducati
fährt er dem Feld allerdings hinterher, muss
sich mit Verletzungen und vor allem einem
zickigen Motorrad herumärgern. Von Podestplätzen
darf Crutchlow derzeit nicht einmal
träumen. Dem Aufschwung im britischen
MotoGP-Lager soll das aber keinen Abbruch
tun. Redding etwa bleibt optimistisch: »Jetzt
brauchen wir wieder einen britischen Fahrer,
der an diese Leistungen herankommt und vielleicht
irgendwann auch wieder einmal eine
Weltmeisterschaft gewinnt.« Smith hat auch
noch einen Wunsch: »Ich hoffe, dass wir eines
Tages so viel Aufmerksamkeit bekommen, wie
die Fahrer in Spanien.« Das zu erreichen, liegt
an Redding und Smith. Doch die Latte liegt
hoch, denn im kommenden Jahrzehnt wird die
beiden der Name Marc Marquez wohl genauso
oft begleiten wie das der Name Barry Sheene
in den vergangenen Jahren tat.
→
Redding kam
als Moto2-Vize
in die
Königsklasse
FOTOS: MIALGRO
Bradley Smith:
Seit 2010 sieglos
in der WM
Surtees ist der
einzige
Weltmeister auf
zwei und vier
Rädern
TRADITION VERPFLICHTET:
DIE BRITISCHEN CHAMPIONS
JOHN SURTEES
Mitte der 50er Jahre machte ein frecher 20-Jähriger in der
WM auf sich aufmerksam. John Surtees startete ab 1956
einen Siegeszug in der 500cc-Kategorie, der lange seinesgleichen
suchen sollte. Bis Ende 1960 gewann er 22 von
29 Rennen und krönte sich in diesen fünf Jahren viermal
zum Champion. Zum Drüberstreuen dominierte er in
dieser Zeit auf MV Agusta auch in der 350cc-Klasse, wo
er 15 weitere Siege plus drei WM-Titel abräumte. Ab 1961
kehrte er den Motorrädern den Rücken und versuchte sich
in der Formel 1, wo er 1964 ebenfalls Weltmeister wurde.
Surtees ist bis heute der einzige Rennfahrer, der sowohl
auf zwei als auf vier Rädern Weltmeisterschaften gewann.
82 www.Motorsport-Magazin.com
LESLIE GRAHAM
Leslie Graham krönte sich 1949 zum ersten Weltmeister
der 500cc-Klasse und legte damit den
Grundstein zur britischen Motorrad-Tradition
in der WM. Bis Ende 1952 gewann er insgesamt
sechs Rennen in der Königsklasse und wurde
einmal Vizeweltmeister. In die Saison 1953 ging
er auf seiner MV Agusta als Favorit, als er beim
Auftaktrennen auf der Isle of Man in einer Hochgeschwindigkeits-Passage
die Kontrolle über sein
Motorrad verlor und diesen Fehler im Alter von
41 Jahren mit dem Leben bezahlte.
GEOFF DUKE
Sieg im ersten Rennen in der 500cc-Klasse. Was
weder Giacomo Agostini, noch Valentino Rossi
oder Marc Marquez vergönnt war, schaffte Duke
1950. Seine Karriere war von Rekorden gepflastert:
Er holte 22 Siege in der Königsklasse und
krönte sich zwischen 1951 und 1955 vier Mal
zum Champion bei den 500er-Bikes. 1956 wurde
er von der FIM für ein halbes Jahr gesperrt, nachdem
er einen Fahrerstreik unterstützt hatte, dessen
Ziel ein höheres Startgeld für die Piloten war.
Duke gilt zudem als Erfinder der einteiligen
Lederkombi, wie sie im Motorradsport längst
gang und gäbe ist. Mit 91 Jahren ist er der älteste
noch lebende Motorradweltmeister.
BARRY SHEENE
Es war Barry Sheene, der Giacomo Agostini in
den Ruhestand verabschiedete. 1975 besiegte der
britische Rookie den Altmeister in zwei von drei
Rennen, 1976 holte Sheene mit einer fast perfekten
Bilanz von fünf Siegen und einem zweiten
Platz bei sechs Starts seinen ersten Titel, den er
1977 verteidigen konnte. Als Suzuki-Werkspilot
holte er bis Ende 1979 insgesamt 18 Siege, doch
mit seinem Wechsel zu Yamaha ließen auch seine
Leistungen nach. Sheene sollte bis zu seinem
Rücktritt 1984 nur noch ein einziges Rennen
gewinnen: Am 16. August 1981 im schwedischen
Anderstorp. Es war bis heute der letzte Sieg eines
britischen Piloten in der Königsklasse.
Barry Sheene
war der letzte
britische
Champion
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
MIKE HAILWOOD
Wo er fuhr, hatten die Gegner in den 60er Jahren
in der Regel nichts zu lachen. Nachdem Surtees
in die F1 abgezogen war, übernahm Mike Hailwood
seinen Part als Dominator. Zwischen 1958
und 1967 gewann er insgesamt 76 Rennen, 37
davon in der Königsklasse. Der Brite trat teilweise
in bis zu vier Klassen gleichzeitig an und feierte
etwa auf der Isle of Man, in Brünn und in Assen
drei Siege an ein und demselben Rennwochenende.
Zwischen 1962 und 1965 wurde er viermal
hintereinander Weltmeister. Erst Giacomo Agostini
konnte Hailwood 1966 in die Schranken
weisen und ihn ein Jahr später im Alter von nur
27 Jahren in Rennrente schicken. Der Brite versuchte
sich später in 50 F1-Rennen, bei denen
ihm aber die Erfolge von Surtees verwehrt
blieben.
PHIL READ
Was unter Hailwood begonnen hatte, endete mit
Phil Read: die Agostini-Ära. Zwischen 1966 und
1972 hatte es wegen des dominanten Italieners
auf seiner noch dominanteren MV Agusta nichts
zu gewinnen gegeben. 1973 heuerte der italienische
Hersteller den Briten als Teamkollegen
Agostinis an und Read lief ihm rasch den Rang
ab. In allen 23 Rennen als Werksfahrer von MV
Agusta stand Read zwischen 1973 und 1975 auf
dem Podest (11 Siege) und sorgte für die letzten
beiden Titel sowie den vorletzten Sieg der
Mythosmarke. 1976 bestritt er noch drei Rennen
für Suzuki, ehe er seine Karriere beendete.
Mike Hailwood
blieb ein
Erfolg in der
F1 versagt
www.Motorsport-Magazin.com 83
VOLKSKRANKHEIT:
FOTO: MILAGRO
ARM-
PUMP
TEXT: MARIA POHLMANN
SPEZIELL IN DER MOTOGP HÖRT MAN IMMER WIEDER VOM CHRONISCHEN
BELASTUNGS-KOMPARTMENT-SYNDROM. ABER WOHER KOMMT ES, WAS KANN
EIN FAHRER DAGEGEN TUN UND WARUM KEHRT ES ZURÜCK? DAS MOTORSPORT-
MAGAZIN ERKLÄRT DIE GESUNDHEITSFAKTEN.
FOTOS: MIALGRO
84 www.Motorsport-Magazin.com
S
chmerzen, Krämpfe, Taubheit, der Fahrer kann seine
Maschine nicht mehr kontrollieren. »Der Druck beim Bremsen
ist unglaublich«, erklärte es Cal Crutchlow. »Dieses Problem
zerstörte mein Rennen«, beschwerte sich Stefan Bradl
darüber. Casey Stoner beschrieb es 2010: »Die schnellen Wechsel sind das
größte Problem, beim Bremsen war es dann nicht mehr so schlimm, aber
aus den Kurven heraus hatte ich einfach nicht genug Kraft beim Umlegen.
Man kann das schwer erklären, es ist als ob man etwas extrem straff um
den Arm wickelt, sodass man ihn nicht wie gewohnt belasten kann.«
Jeder kennt es, jeder hasst es: das chronische Belastungs-Kompartment-Syndrom,
besser bekannt als Arm-Pump. Ein weit verbreitetes Phänomen im
Motorradsport und durch die schweren Maschinen besonders in der MotoGP
ein Problem. Stoner, Crutchlow, Bradl, Toni Elias, Chris Vermeulen, John
Hopkins Nicky Hayden, Dani Pedrosa und viele weitere Fahrer mussten sich
bereits damit herumplagen. Während Stoner eine Operation ablehnte, legte
sich Bradl sogar schon mehrfach unters Messer.
www.Motorsport-Magazin.com 85
Dani Pedrosa
macht sein
Arm derzeit
Probleme
OFT WIRD DER BLUTFLUSS IN
DEN VENEN UNTERBROCHEN,
DAS BLUT IN DEN ARTERIEN
FLIESST ABER WEITER DURCH
DIE FASZIEN.
WAS IST ARM-PUMP?
Arm-Pump ist ein Kompartment-Syndrom, das
durch eine Überbeanspruchung herbeigeführt
und zur Verletzung wird. Damit bildet es im
Motorradrennsport eine Ausnahme, schließlich
sind die meisten Verletzungen traumatischer
Natur. Eine komplexe Koordination von Händen
und Handgelenken ruft das Syndrom beim
Motorradfahren hervor: wenn ein Fahrer mit seiner
Hand am Lenker zugreift, ziehen sich die
Muskelgruppen unter- und oberhalb des Unterarms
zusammen. Für einen stärkeren Griff wird
das Handgelenk automatisch verlängert. Diese
Anspannung führt zu steigendem Druck im Muskelgewebe.
Dadurch kann das Blut nur schwer
zirkulieren. Dazu kommt auf dem Motorrad der
Griff ans Gas, an Kupplung oder Bremse, wodurch
die Muskelkontraktion verstärkt wird.
Oft wird das Syndrom auf technisch anspruchsvollen
Kursen, auf denen häufig beschleunigt und
abgebremst wird, verstärkt, da auf Hochgeschwindigkeitsabschnitte
viele enge Kurven folgen und
die Hand damit kaum zur Ruhe kommt. In den
kurzen Beschleunigungsphasen hat der Unterarm
kaum Zeit, sich zu entspannen. Ergonomie spielt
dabei eine sehr große Rolle, die Positionen von
Lenker und Hebeln sind entscheidend. Auch der
Druck auf Kupplung und Bremse ist wichtig: bei
Karbon-Scheibenbremsen ist die benötigte
Bremskraft beispielsweise geringer.
Um die Muskeln befinden sich Faszien, weiße
dünne Knorpel, die jeden Muskelstrang umfassen,
wie die Haut um eine Bockwurst. Die Faszien
sorgen dafür, dass die Muskeln fest sitzen. Sie sind
extrem stark, aber nicht sehr elastisch. Da sie
kaum dehnbar sind, können sie schon bei den
kleinsten Schwellungen Druck verursachen.
Wenn die Muskeln beim Gas geben und Bremsen
auf dem Motorrad anschwellen, üben sie Druck
auf die Faszien aus, die sie umfassen. Diese sind
nicht dehnbar und deshalb wird der Unterarm
hart wie Stein. Wenn der Druck dann weiter
ansteigt, können auch Blutgefäße kollabieren,
wodurch der Blutfluss gestoppt wird.
Kleine Venen kollabieren dabei schon bei geringerem
Druck als größere Arterien. Oft wird der
Blutfluss in den Venen unterbrochen, das Blut in
den Arterien fließt aber weiter durch die Faszien,
kann aber durch die Venen nicht mehr transportiert
werden. Der Druck wird erneut stärker.
Wenn der Druck so weit steigt, dass er stärker ist,
als der Druck in den Arterien, dann kommt es zu
einer schmerzhaften Durchblutungsnot im Muskel.
Sobald die Fahrer vom Motorrad steigen, lässt
der Druck langsam nach und die Symptome
verschwinden.
WIE ÄUSSERT SICH DIE
VERLETZUNG?
Die Schmerzen der Fahrer hängen von der Stärke
der Verletzung ab. Sie spüren eine starke Spannung
im Unterarm, eine Schwellung und Schmerzen
beim Bewegen der Muskulatur. Wenn die
Muskeln im unteren Teil des Unterarms in Mitleidenschaft
gezogen wurden, führt das Syndrom
zu veränderten Empfindungen auf der Handfläche,
aber auch am Zeige-, Mittel- und Ringfinder
- genau die Finger, die viele Fahrer zum Kuppeln
oder Bremsen nutzen. Der kleine Finger funktioniert
hingegen oft tadellos, da der Nerv, der vom
Unterarm in den kleinen Finger führt, meist weniger
stark betroffen ist als die mittleren Nerven.
Der Daumen und die anderen Finger werden
meist in einer leicht geknickten Position gehalten.
Das Beugen und Strecken des Ellenbogens ist oft
schmerzhaft, allerdings noch weniger schlimm
als das Bewegen von Fingern oder Handgelenk.
Sind die Muskeln im oberen Teil des Unterarms
betroffen, sind die Empfindungen in Fingern und
der Hand meist normal, weil der betroffene Nerv
(Nervus Interosseus Posterior) keine sensorischen
Komponenten besitzt. Dafür werden Daumen,
Finger und Handgelenk oft taub, wenn diese ausgestreckt
werden. Hand und Handgelenk werden
grundsätzlich meist ausgestreckt. Das Einknicken
der Finger führt dann zu unerträglichen Schmerzen.
»Im rechten Unterarm entstehen so etwas
wie Krämpfe. Die Beweglichkeit der Hand und
der Finger wird dann plötzlich eingeschränkt.
Fingerbewegung und Handbewegung sind dann
nicht mehr so schnell, es geht auch teilweise das
Gefühl dafür verloren, ob die Vorderradbremse
schon maximal gezogen ist oder wie schnell ich
sie gerade loslasse. Es entsteht auch ein Gefühl
der Taubheit«, beschreibt Bradl.
FOTOS: MIALGRO
86 www.Motorsport-Magazin.com
WIE KANN ARM-PUMP
BEHANDELT WERDEN?
Oft versuchen die Piloten sich zunächst mit Physiotherapie
zu behelfen. Dabei wird der Unterarm
so massiert, dass sich die Faszien dehnen können.
Ziel ist es, Muskel und Faszie in Einklang zu bringen.
Beide Komponenten sollen harmonieren.
Mittels Faszientechniken werden diese gedehnt,
weich massiert, teilweise erwärmt und für eine
gute Durchblutung gesorgt.
Hilft diese Behandlung nicht, muss eine Operation
her. Der Eingriff ist für die meisten Orthopäden
ein Klacks und dient zur Entlastung der
Faszien im Unterarm. Der Arzt schneidet die
Muskel-Faszie auf und entfernt einen Streifen
davon. Damit wird der Knorpel-Raum geöffnet.
Somit kann sich der Muskel im Unterarm ausdehnen.
Meist bestimmt der Fahrstil der Piloten,
welche Faszien genau betroffen sind. Die Operation
kann ambulant vorgenommen werden, einen
Gips müssen die Patienten nicht tragen.
das wird schon helfen. Es ist besser ein Triathlet
zu sein, als ein Bodybuilder. Die Muskeln eines
Triathleten kann man über einen längeren Zeitraum
strapazieren. Ich werde alles versuchen,
um eine Operation zu vermeiden, ich glaube
nicht, dass sie auch nur irgendeinen Nutzen hat.
Wie viele Leute hatten schon eine OP und dann
wieder eine? Es hilft nur für einen kurzen Zeitraum,
dann müssen sie wieder hin.«
Die Ursache ist oft der Fahrer selbst. Neben einem
umgestellten Training und Physiotherapiesitzungen
stellen betroffene Piloten oft einfach ihren
Fahrstil um und versuchen, sich weniger am Lenker
festzukrallen. Allerdings kann das Syndrom
nach einer Operation aus unterschiedlichen
Gründen auch an anderen Stellen wieder auftreten.
Eine ideale Behandlungsmöglichkeit für
jeden Fahrer scheint es nicht zu geben. Mit Physiotherapie
kann viel erreicht werden. Die endgültige
Entscheidung trifft aber der behandelnde
Arzt oder der Fahrer selbst.
Stefan Bradl
hatte 2014
bereits eine
Arm-Operation
Der Eingriff an sich dauert lediglich 10 bis 15
Minuten. Der Einschnitt in die Faszie ist nur etwa
zwei Zentimeter groß, der Schnitt im Unterarm
hat oft nur eine Länge von drei bis vier Zentimetern
und wird nach dem Eingriff vernäht. Normalerweise
kann ein Pilot nach zwei Wochen
wieder mit seinem Training beginnen und nach
vier Wochen wieder fahren. Wie Pedrosa und
Bradl bewiesen haben, ist eine Rückkehr schon
nach neun Tagen möglich. Scott Redding fuhr
2012 nach nur fünf Tagen in der Moto2 wieder
aufs Podest.
Auch Cal
Crutchlow
musste bereits
unters Messer
Pedrosa ist ein
Dauerpatient
WARUM TRETEN HÄUFIG SPÄTER
WIEDER PROBLEME AUF?
Während der Operation oder auch danach kann
der Muskel an der Schnittstelle teilweise herausquillen
und dann verkleben. Hin und wieder
verklebt auch das Blut und die Wunde an der
Faszie vernarbt. Wenn das passiert, hat der Muskel
erneut keine Chance, sich innerhalb der Faszie
zu bewegen und der Fahrer bekommt erneut
starke Schmerzen. Allerdings ist der Heilungsverlauf
unterschiedlich, da jeder Mensch eine
verschieden starke Narbenbildung hat.
FOTO: MILAGRO
Die Verklebung des Muskels kann zwar leicht
behoben werden, resultiert aber häufig später in
einer weiteren Operation. Das Risiko, dass die
Schmerzen im Unterarm nach einem Eingriff
zur Behandlung des chronischen Belastungs-
Kompartment-Syndroms wieder eintreten, ist
enorm hoch. Aus diesem Grund war auch Stoner
nie ein Fan des Eingriffs: »Wir müssen einfach
das Training ändern. Damit bauen wir die Muskeln
anders auf, sodass alles trainiert wird und
Bradl wurde in
Jerez von
Problemen
gehemmt
www.Motorsport-Magazin.com 87
Max Biaggis
Klappe gehörte
zu den ganz
großen im
Paddock
TOP
REIFEN DEBAKEL
TEXT: MARIA POHLMANN
EINE ÄRA NÄHERT SICH DEM ENDE: BRIDGESTONE VERABSCHIEDET SICH NACH 14
ERFOLGSJAHREN AUS DER KÖNIGSKLASSE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN SAGT ADIEU
UND WIRFT EINEN BLICK AUF DIE KRITISCHSTEN MOMENTE DER LETZTEN JAHRE.
5. INDY, OH INDY
Eine der Geburtsstätten des Motorsports hatte es für
die MotoGP immer wieder in sich: Meist lag alles -
aber auch wirklich alles - am Asphalt. War der okay,
mussten die Reifen dran glauben. Das Indy-Rennwochenende
2012 hatte es in sich. Hector Barbera eröffnete
die Sturzserie im ersten Freien Training. Noch
nicht ungewöhnlich? Abwarten. Denn Casey Stoner,
Nicky Hayden und Ben Spies folgten im Qualifying.
Selbst Valentino Rossi konnte sich zwei Mal nur knapp
retten. Fast alle Fahrer flogen per Highsider ab und
kamen leider nur selten verletzungsfrei davon. Die
Beschwerden fielen dementsprechend zahlreich aus.
»Mit dem weichen Reifen hatte ich weniger Grip«, so
Alvaro Bautista. Auch Jorge Lorenzo beklagte die
weiche Mischung, die ab Rennmitte stark abbaute.
Spies beobachtete seinen Kontrahenten: »Ich erkannte,
dass Dani viel mehr Hinterreifen verbrauchte als ich.«
Auch Rossi stellte fest: »Nach drei Runden begann der
Hinterreifen zu rutschen, ich wollte an den Fahrern
vor mir dranbleiben, doch das Vorderrad klappte zwei
Mal fast ein und ich gab auf.«
88 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE
4. VON ZERSTÜCKELTEN HINTERREIFEN
Etwas dicker kam es allerdings einige Wochen zuvor. Spies und Rossi brachen in Assen
2012 ganze Gummi-Teile aus den Reifen. Die Reifen hatten sich überhitzt, beide Fahrer
waren stinksauer. Zu dieser Zeit gab es aber noch einen gewissen Stoner, der nur selten
ein Blatt vor den Mund nahm: »Die Technologie wird immer besser und wir werden
langsamer. Es ist schwieriger für uns, Rundenrekorde zu fahren. Sie werden nie zugeben,
dass mit den Reifen etwas nicht stimmt. Das ist das größte Problem, es ist enttäuschend.«
Rossi musste seinen Reifen während des Rennens sogar wechseln. »Es war
unmöglich, weiterzufahren. Ich wäre nicht bis ins Ziel gekommen«, hielt er fest. Zumindest
gab sich Bridgestone nach dem Vorfall größte Mühe, das Problem aus der Welt
zu schaffen und checkte alle Pneus durch. Heraus kam, dass es sich nicht um einen
Werksfehler handelte. Lediglich Überhitzung führte zum Desaster. Na wenn das mal
nicht beruhigend ist.
3. BRIDGESTONE-MEETINGS IN JEREZ
Wir blicken zurück nach Jerez 2013: An besagtem ereignisreichen Rennwochenende, an
dem die Streckentemperaturen zwischen 20 und 50 Grad schwankten, ist die Sturzliste
so lang, dass ein Aufzählen fast den Rahmen sprengt. Dani Pedrosa, Marc Marquez,
Valentino Rossi, Cal Crutchlow, Stefan Bradl, Lukas Pesek, Randy de Puniet, Yonny Hernandez
und Andrea Iannone mussten dran glauben. Und wer war schuld? Natürlich, die
Reifen. »Man hat ja gesehen, wie viele Stürze es gab. Das Wochenende war für Bridgestone
sicherlich nicht leicht, aber für diese besondere Situation sind die Reifen einfach falsch«,
beklagte Andrea Dovizioso, der mehr als zwei Reifen zur Auswahl forderte. Crutchlow
war das Thema schon leid: »In jeder Sitzung der Sicherheitskommission geht es nur
darum, das sind reine Bridgestone-Meetings.« Der Brite war überzeugt, dass alle Fahrer
ihr Bestes geben, um Informationen zu liefern. »Aber wir haben nicht genügend Reifen«,
beschwerte er sich. Aber wer sagt denn, dass viel wirklich viel hilft?
www.Motorsport-Magazin.com 89
FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE
2. EIN DEFEKTER HINTERREIFEN
Nachdem Jorge Lorenzo in Jerez nicht zum Reifen-Opfer wurde, griff der bösartige
Gummi in Le Mans an. »Beim Bremsen ging es los, denn ich hatte in der Mitte der
Kurve kein Vertrauen zum Hinterreifen. Beim Beschleunigen war es ähnlich, denn
das Hinterrad hat so extrem durchgedreht, dass ich fast eine halbe Sekunde im
Vergleich auf die anderen verloren habe.« Mit Platz sieben das bis dato schlechteste
MotoGP-Ergebnis des zweifachen Weltmeisters - abgesehen von Ausfällen. Bridgestone
wurde einmal mehr beschuldigt, die falschen Teile geliefert zu haben. Lorenzo
90 www.Motorsport-Magazin.com
fand für seine derart ungewohnt schlechte Leistung nur eine Erklärung: Bridgestone
hatte ihm einen defekten Reifen geliefert. Alles böser Wille oder wollten die Japaner
nur für etwas Abwechslung sorgen? Nichts dergleichen. Denn später stellte sich
heraus, dass der Reifen tadellos war. »Jorges Rennreifen wurde durch seinen Ingenieur
gründlich untersucht und für einwandfrei funktionstüchtig befunden. Darüber hinaus
habe ich den Reifen selbst untersucht«, sagte Shinji Aoki, Leiter der Abteilung Reifen-
Entwicklung. Chefsache also. Und eine Menge heiße Luft.
FOTOS: HONDA
1. DIE KATASTROPHE AUF DER INSEL
Die Sorgen rund um das schwarze Gold gipfelten im
Rennen auf Phillip Island 2013. Zugegeben - mit dem
neuen Asphalt hatte der Reifenhersteller einfach nicht
gerechnet und Tests waren zuvor nicht geplant. Also
erlebte die MotoGP-Welt eines der skurrilsten Rennen
der Geschichte. Der Sicherheit halber entschied sich
die Rennleitung für Boxenstopps zur Rennmitte. Der
drei Millionen Euro teure Asphalt fraß die Reifen förmlich
auf. Nicht nur der viel bessere Grip, sondern auch
viel höhere Reifentemperaturen führten zum Desaster.
Pirelli hatte schon beim Superbike-Lauf zu Beginn des
Jahres Probleme. Warum die Japaner mit keiner Silbe
daran dachten, dass es auch in der MotoGP auf dem
neuen Asphalt zu diversen Unstimmigkeiten kommen
könnte, versteht bis heute niemand. »Lächerlich« und
»verwirrend« waren die Begriffe, die am 16. Rennwochenende
der Saison am häufigsten fielen. Als
Zuschauer und begeisterter Fan muss man Bridgestone
aber danken. Schließlich gab es schon lange
nicht mehr so viel Spannung in einem so kurzen Rennen
der Königsklasse.
www.Motorsport-Magazin.com 91
Kallio bleibt auch bei
heißesten Versuchungen
cool
FOTOS: MILAGRO, KTM
92 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: MICHAEL HÖLLER
DER ZWEITE FRÜHLING
MIKA KALLIO GEHÖRT SEIT ÜBER 200 RENNEN ZUM INVENTAR DER MOTORRAD-WM. VOR EINEM JAHR
FAND ER ZURÜCK AUF DIE SIEGERSTRASSE UND DARF 2014 SOGAR WIEDER EINEN TITEL INS VISIER
NEHMEN. BEKOMMT ER NÄCHSTE SAISON GAR EINE ZWEITE CHANCE IN DER MOTOGP?
FOTOS: MIALGRO
»200 - das ist doch nur eine Zahl!« So
bescheiden gibt sich Mika Kallio, als das
Motorsport-Magazin ihm zum Jubiläumsstart
in der Motorrad-WM gratulieren will.
Als 20. Fahrer in der Geschichte und als
erster skandinavischer Pilot hatte Kallio beim
Argentinien GP die Marke von 200 Starts
geknackt. Aus dem aktuellen Fahrerfeld
haben nur Valentino Rossi, Alex de Angelis,
Dani Pedrosa und Anthony West mehr Rennen
auf dem Buckel. »Aber diese Zahl bedeutet
zumindest, dass ich in meiner Karriere
einiges richtig gemacht und dadurch immer
wieder einen Platz in guten Teams bekommen
habe«, räumt Kallio ein. Seit 2002 ist
der Finne fester Bestandteil des WM-Zirkus
und fuhr bereits in vier verschiedenen Klassen
Motorräder von fünf unterschiedlichen
Herstellern. »Wenn ich mich für ein
bestimmtes Motorrad entscheiden müsste,
dann wäre es der 250cc-Zweitakter. Das war
ein unglaublich leichtes Motorrad mit viel
Kraft«, gerät Kallio ins Schwärmen über die
guten alten Zeiten.
Damals (2007 und 2008) duellierte sich der
Finne als KTM-Werkspilot in der Viertelliterklasse
mit Fahrern wie Jorge Lorenzo,
Andrea Dovizioso, Marco Simoncelli und
Alvaro Bautista auf den Spitzenpositionen.
Fünf Siege und zehn Podiumsplätze binnen
zwei Jahren sowie Rang drei in der WM-
Endabrechnung 2008 führten ihn schließlich
in die MotoGP, wo seine bis dahin gut verlaufene
Karriere (Kallio wurde unter anderem
zweimal 125cc-Vizeweltmeister) zum
ersten Mal ins Stocken geriet. Mit einer
Ducati hatte er sich im Pramac Team aber
auch nicht unbedingt das einfachste Arbeitsgerät
ausgesucht. »Die Desmosedici GP9 war
zu diesem Zeitpunkt wahrlich nicht das beste
Motorrad, aber wir schafften es einige Male
in die Top-10. Das erste Jahr war ich für
einen Rookie gar nicht so schlecht. Die
zweite Saison war allerdings ein echtes Desaster.
Ich hatte eine Schulterverletzung und
konnte nicht so fahren, wie ich das gewohnt
war. Auch die Entwicklung des Bikes ging in
eine komplett andere Richtung, als ich mir
das gewünscht hätte«, blickt Kallio wehmütig
auf seine beiden MotoGP-Jahre zurück. 2011
erfolgte der bittere Schritt zurück in die
zweithöchste Klasse, die mittlerweile mit
600cc-Viertaktern und Honda-Einheitsmotoren
unter dem Titel Moto2 ausgefahren
wurde. Für Kallio ein radikaler Umbruch.
»Mein Selbstvertrauen war am Anfang nicht
gerade hoch«, gesteht er heute. Ein Motorradfahrer
ohne Vertrauen in sein Können
und seine Maschine ist kein schneller Motorradfahrer.
So dauerte es rund zweieinhalb
Jahre, bis Kallio in der Moto2 gewinnen
konnte - im Vorjahr in Brünn. Der erste Sieg
nach über fünf Jahren und 83 Rennen beflügelte
den Kampfgeist des mittlerweile
31-Jährigen.
»In dieser Saison fühle ich mich wieder richtig
gut«, sagt der Finne, der 2014 ein gewaltiges
Wörtchen um die WM mitredet. In
Jerez und Le Mans siegte er zweimal in Folge
und rückte damit seinem Teamkollegen Tito
Rabat in der Gesamtwertung auf den Pelz.
»Tito ist verdammt schnell und strotzt vor
Selbstvertrauen. Wir haben keine Probleme
miteinander, aber der Teamkollege ist natürlich
der Erste, den du besiegen musst. Wir
sind natürlich nicht die besten Freunde und
auf der Strecke will jeder der Schnellere
sein«, lässt Kallio seinen Killerinstinkt, der
ihm bislang 15 Siege einbrachte, durchblitzen.
Nicht nur im Erfolgsfall darf sich der
Finne für nächstes Jahr vielleicht wieder
Gedanken über die MotoGP machen. Marc
van der Straten, ein belgischer Bierbaron, für
dessen Team Kallio seit zweieinhalb Jahren
fährt, hat schon länger Interesse daran, sein
WM-Engagement von den unteren zwei
Klassen auf die Königsklasse zu erweitern.
Für 2015 könnte er einen neuen Anlauf nehmen.
»Ich würde schon gerne wieder in die
MotoGP aufsteigen. Sollte sich das Marc VDS
Team zu diesem Schritt entschließen, wäre
das natürlich auch für mich eine gute Gelegenheit
», gesteht Kallio. Am Geld sollte es
bei van der Straten nicht scheitern, doch
Kallio sieht ein anderes Problem: »Ohne Bike
mit Top-10-Potenzial gibt es für mich keinen
Grund, es dort noch einmal zu versuchen.
Da bleibe ich lieber hier in der Moto2 und
duelliere mich mit den stärksten Jungs um
Siege.«
DIESE ZAHL BEDEUTET
ZUMINDEST, DASS ICH IN
MEINER KARRIERE EINIGES
RICHTIG GEMACHT HABE UND
DADURCH IMMER WIEDER
EINEN PLATZ IN GUTEN TEAMS
BEKOMMEN HABE.
Kallio lacht
wieder häufiger
vom Treppchen
www.Motorsport-Magazin.com 93
KTM
VS.
TEXT:
MICHAEL
HÖLLER
HONDA
NEUE BESTE FEINDE
IN DER MOTO3 TOBT EIN KAMPF DER HERSTELLER. KTM KONNTE HONDA AUF DEM FALSCHEN FUSS ERWISCHEN UND
FÄHRT SEIT BEINAHE ZWEI JAHREN SIEG UM SIEG EIN. DAMIT WECKTEN DIE ÖSTERREICHER ABER DEN KAMPFGEIST
DES JAPANISCHEN GROSSKONZERNS.
Efren Vazquez
fährt eine Honda
beim Racing
Team Germany
Isaac Vinales trug
seine KTM in Le
Mans erstmals
auf das Podium
Mugello, 15. Juli 2012. Maverick
Vinales gewinnt vor Romano
Fenati, Honda feiert einen Doppelsieg
und jubelt über den siebten
Sieg im neunten Rennen der eben erst eingeführten
Moto3-Klasse. Was damals noch keiner
wusste: Es sollte der letzte Sieg einer Honda in
dieser Klasse auf Jahre sein. Zeitsprung -
Mugello, 1. Juni 2014. Romano Fenati siegt und
erzielt damit den 27. Sieg in Folge für eine reinrassige
KTM in der Moto3. »Wenn wir diese
Zahl so sehen, dann macht uns das natürlich
extrem stolz. Vor allem, da wir ja nie mit dem
Glauben in diese Klasse eingestiegen sind, dass
wir je so dominieren könnten«, erklärt KTM-
Sportchef Pit Beirer im Gespräch mit dem
Motorsport-Magazin. »Wir haben von Beginn
an normale Rennsportentwicklung betrieben.
Im letzten Jahr haben wir einen klaren Schritt
nach vorne gemacht, der für Honda vielleicht
einen Tick zu groß war.« So blieb der japanische
Motorrad-Gigant 2013 in der kleinsten Klasse
der WM ohne einen einzigen Podiumsplatz.
So sehr die sportlichen Erfolge ausblieben, so
wenig hielt man mit Kritik am neuen Rivalen
hinter dem Berg. »Die Moto3 wurde ins Leben
gerufen, um gegenüber der alten 125cc-WM
billigeren Rennsport für die Teams zu ermöglichen.
Daher haben wir ein Motorrad aufgebaut,
das kostengünstig und trotzdem konkurrenzfähig
war. Doch unser Konkurrent hat dann
etwas mehr Aufwand in dieses Projekt gesteckt«,
kritisiert HRC-Teamchef Livio Suppo im
Gespräch mit dem Motorsport-Magazin. Eine
Kritik, die Beirer nicht auf KTM sitzen lassen
will: »Das entspricht nicht der Realität, denn
das Reglement hat die Kosten für die Teams von
Anfang an limitiert. Ein Motor darf für 12.000
Euro an die Teams verrechnet werden, ein erstklassiges
KTM-Werksmotorrad gibt es um
100.000 Euro. Dass wir selbst auch etwas in die
Entwicklung investieren, ist nicht verboten.
Honda macht in der MotoGP nichts anderes.
Wir als Hersteller bekommen hier in der WM
eine Bühne, auf der wir uns in jedem Rennen
vor 100.000 Zusehern präsentieren dürfen. Da
gehört ein gewisses Investment einfach dazu.«
Im Winter schlug Honda ohnehin zurück. »Wir
hatten nur zwei Optionen«, erklärt Suppo. »Entweder
wir hätten gesagt, dass uns die Moto3
94 www.Motorsport-Magazin.com
nicht mehr interessiert. Oder, wenn KTM spielen
will, dann spielen wir eben mit ihnen. Wir
haben uns für Letzteres entschieden«, meint der
Italiener mit einem Augenzwinkern. Honda
bemühte sich nicht nur mit einem massiven
Entwicklungsschub, sondern spielte auch seine
Karten im Paddock perfekt aus. So warb man
den spanischen Monlau-Rennstall von Emilio
Alzamora samt deren Top-Piloten Alex Rins
und Alex Marquez von KTM ab und installierte
dort eine Art Honda-Werksteam. »Dass Monlau
übergelaufen ist, nachdem wir ihnen unsere
ganzen Geheimnisse offengelegt hatten,
schmerzte natürlich sehr«, sagt Beirer. Im
Gegenzug zogen die Österreicher mit Valentino
Rossi und seinem neuen Rennstall einen prominenten
Ersatz an Land. Zudem angelte sich
KTM mit Jack Miller den im Vorjahr bestplatzierten
Honda-Piloten der WM-Wertung für
die Werksmannschaft. Prompt siegten Miller
und der für das Rossi-Team startende Fenati in
den ersten sechs Saisonrennen des neuen Jahres
je drei Mal. »Mit Nakamoto (HRC-Vizepräsident)
scherze ich oft, dass das die Rache der
letztjährigen Honda-Fahrer Miller und Fenati
ist. Vielleicht wollen sie nicht, dass eine Honda
gewinnt und haben deshalb das Fünkchen
Extramotivation«, so Suppo.
DASS MONLAU ÜBERGELAUFEN IST,
NACHDEM WIR IHNEN UNSERE GANZEN
GEHEIMNISSE OFFENGELEGT HATTEN,
SCHMERZTE NATÜRLICH SEHR.
Rivalität zwischen KTM und Honda jedenfalls
zuträglich. Die Spitzengruppen sind dank der
Bemühungen der beiden Hersteller größer denn
je, die Fahrer motivierter denn je und der neue
Weltmeister wird im November in Valencia eine
der umkämpftesten Trophäen der Geschichte
stemmen. »Jetzt herrscht wieder Normalzustand.
Honda hat die Klasse und die Aktivitäten
von KTM anfänglich vielleicht etwas unterschätzt«,
sagt Beirer. Angesprochen auf die
aktuelle Stimmung zwischen den beiden Marken
meint Suppo nur: »Beziehungen zwischen
Herstellern sind immer wettbewerbsorientiert.«
Den Fans kann das nur recht sein.
Jack Miller ist die
Trumpfkarte von
KTM
Honda schnappte
sich das Talent
Alex Rins
FOTOS: MILAGRO
Für die Spannung in den Rennen ist die neue
Jonathan Rea stieg zum
Seriensieger auf
FOTOS: HONDA
96 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: MARIA POHLMANN
POLE POSITION, DOPPELSIEG UND WM-FÜHRUNG: JONATHAN REA UND DEM PATA HONDA WORLD
SUPERBIKE TEAM GELANG IN DIESER SAISON ENDLICH DER DURCHBRUCH. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN
SPRACH MIT TEAMCHEF RONALD TEN KATE ÜBER DIE ERFOLGE.
Leon Haslam ist
das Sorgenkind bei
Pata Honda
MSM: Wie hast du dich nach dem erfolgreichen
Rennwochenende in Imola gefühlt?
RONALD TEN KATE: Es fühlte sich wirklich
großartig an. Ich war echt glücklich, schließlich
ist Gewinnen das Wichtigste in unserem
Geschäft, aber ich war gleichzeitig auch sehr,
sehr stolz. Imola bedeutete für uns einen Durchbruch.
Wir hatten in den letzten Jahren dort
nicht wirklich tolle Ergebnisse. Es hat das komplette
Team - und damit meine ich alle, inklusive
der Fahrer - viel Anstrengung und harte Arbeit
gekostet, diese Wende zu schaffen. In Imola war
es schlichtweg ein wundervolles Gefühl, zu
sehen, dass sich all unsere Arbeit, die wir investiert
haben, schließlich ausgezahlt hat.
Bist du stolz auf Jonathan Rea?
Ich bin stolz auf alle unsere Fahrer. Zu Johnny
haben wir natürlich schon eine sehr lange Beziehung.
Er fährt seit 2008 für uns und ist seitdem
mit uns gewachsen. Er begann als Jungspund in
der Supersport-WM mit uns und ist jetzt ein
Mann und Vater. Wir haben ihn aufwachsen
sehen. Wenn man solange zusammenarbeitet,
entwickelt man natürlich ein besonderes Verhältnis.
Er war immer loyal - nicht nur gegenüber
dem Team, sondern auch gegenüber Honda. Er
hatte Chancen, zu anderen Teams zu wechseln
und sogar die Meisterschaft zu wechseln, aber
er blieb uns gegenüber loyal, da er an unser Programm
glaubte. Ihn gewinnen zu sehen, war
etwas Besonderes. Ich wäre genauso glücklich,
einen meiner anderen Fahrer siegen zu sehen,
UNSER GESCHÄFT VON TEN
KATE TUNING UND RACING PRO-
DUCTS STEHT IN ZUSAMMEN-
HANG MIT PRODUCTION-BIKES,
WONACH UNSERE ZUKUNFT
IM FAHRERLAGER DER WORLD
SUPERBIKE SEIN WIRD. WIR
KÖNNTEN IN ALLEN KLASSEN
VERTRETEN SEIN.
aber Johnny hat natürlich einen speziellen Platz
durch diese lange Beziehung, die uns
verbindet.
Ihr hattet in den vergangenen Jahren einige Probleme
mit der Elektronik. Wie konntet ihr das
lösen?
Wir haben das Elektronik-Programm in diesem
Jahr zusammen mit Cosworth komplett selbst
in die Hand genommen. Ein Programm, das
schon Mitte der letzten Saison begann, als deutlich
wurde, dass die gewünschten Ergebnisse
2013 nicht kamen. Direkt nach Jonathans Verletzung
auf dem Nürburgring begannen wir, das
neue Paket zu entwickeln und setzten uns für
2014 neue Ziele, denn es musste etwas Großes
passieren. Wir haben jetzt nicht nur das Rideby-Wire-Kit
angepasst, sondern auch die duale
Motoreinheit, was man deutlich an den Bikes
hört. Das war ein großer Durchbruch. Ich weiß,
dass Massimo Neri in der Öffentlichkeit viel
Aufmerksamkeit geschenkt wird, aber es ist eine
Team-Leistung. Bei uns arbeiten vier Leute dauerhaft
an der Elektronik, dazu kommen Ingenieure
von Cosworth. Es ist also keine Einzelmission,
aber natürlich war Massimo eine große
Helfe, um die Entwicklung voranzutreiben, da
er mit dem System, das wir jetzt haben, zuvor
schon gearbeitet hat.
Wie habt ihr es geschafft, die CBR wieder zu
einem siegfähigen Motorrad zu machen?
Wir haben immer an das Potential der Maschine
geglaubt. Die Fireblade hat eine sehr starke Basis,
aber im letzten Jahr war klar, dass uns etwas bei
der Elektronik fehlt, also brauchten wir ein neues
Elektronik-Paket. Den Motor konnten wir auf
dem Niveau des Vorjahres halten, während die
anderen Hersteller ihre Aggregate aufgrund der
Motorbeschränkung in diesem Jahr scheinbar
etwas abrüsten mussten und urplötzlich ist die
CBR eine siegfähige Maschine.
Was denkst du über die Regeländerungen für
die Saison 2015?
98 www.Motorsport-Magazin.com
Ehrlich gesagt, denke ich, dass jeder Hersteller
mit den aktuellen Regeln sehr konkurrenzfähig
sein kann. Wir können sehen, dass Kawasaki,
Ducati, Aprilia, Honda und Suzuki gewinnen
können. Einige neue Hersteller wie Bimota oder
EBR haben momentan noch Probleme, aber sie
müssen einfach noch mehr lernen. Die Regeländerungen
sind deshalb sehr schwierig, denn wir
müssen die natürliche Balance halten, die wir
jetzt haben. Aktuell sind die Neuerungen aber
noch nicht so klar. Viele Leute denken, dass wir
im nächsten Jahr nur noch EVO-Bikes haben
werden. Das wird definitiv nicht passieren: Es
wird nicht nur World Superbike-Maschinen
geben, aber auch nicht nur EVO-Motorräder. Es
wird sich irgendwo dazwischen einpendeln.
Bevor diese Regeln aber noch nicht komplett von
der FIM und der Dorna verabschiedet wurden,
kann ich nicht ins Detail gehen. Ich hoffe, dass
die Regeländerungen den Einstieg für neue
Teams günstiger machen. Ich mache mir nur
Sorgen über die Balance aller Hersteller.
Wie könnt ihr als Nicht-Werksteam so gut sein?
Bekommt ihr Unterstützung von Honda aus
Japan?
Nein, die Basis unserer Firma ist ein Autohaus.
Einen weiteren Teil stellt unsere Tuning-Firma
von Rennprodukten dar und der dritte Teil ist
das Rennteam selbst. Diese Kombination liefert
uns viel Fachkenntnis und Wissen, das vom
Team genutzt wird. Unser Team hat schon immer
so gearbeitet: Wir bekamen nie direkt Teile geliefert,
sondern haben alte Teile vorbereitet, entwickelt
und selbst hergestellt. So fahren wir seit
1994 Rennen, also schon 20 Jahre lang. Wir
haben es nie anders gemacht. Manchmal sind
wir sogar etwas stolz darauf, kein Werksteam zu
sein, denn wir sind verantwortlich für das Bike
- auch in Zeiten, in denen es nicht so gut läuft.
In Zeiten, in denen es richtig gut läuft, ist man
darum natürlich doppelt so stolz, denn wir
machen alles selbst. Die Unterstützung vom
Werk in Japan ist nicht so groß. Momentan existiert
sie fast gar nicht. Alles wird von Honda
Motor Europe angetrieben. Teile aus Japan kommen
nur sehr selten zu uns, natürlich herrscht
dadurch auch nur ein geringer Informationsaustausch.
Manchmal bekommen wir Informationen
über Dinge, die wir gerade entwickeln. Am
Ende wird aber alles in Nieuwleusen in Holland
entwickelt.
Michael van der Mark hat 2014 enorm stark
begonnen. Wie denkst du über ihn? Was muss
er noch lernen?
Michael ist in der Tat in seiner zweiten Saison in
der World Supersport sehr stark. Wir haben ehrlich
gesagt von ihm erwartet, dieses Jahr einen
Schritt zu machen, denn das ist, was junge Fahrer
in ihrem zweiten Jahr normalerweise tun. Sie
FOTOS: HONDA
Dank Ronald Ten Kates Team, Leon Haslam und Jonathan
Rea hat Honda in der Hersteller-Wertung einen großen
Sprung nach vorne gemacht.
sind dann aber noch immer nicht auf ihrem
höchsten Leistungsniveau. Wir halten viel von
ihm und hoffen, dass er dieses Jahr mit uns um
den Titel kämpfen kann. Ich denke, er kann noch
mehr lernen. Bei einem jungen Fahrer wie ihm
gibt es immer viele Bereiche, in denen er noch
dazulernen kann. Er ist dazu auch durchaus in
der Lage. Eine seiner Schwächen ist im Moment
das Qualifying. Er zeigt zwar auch in der Qualifikation
ein starkes Renntempo, aber auf nur
einer Runde richtig schnell zu sein, ist für ihn
nicht so leicht. Während andere Fahrer einen
frischen Reifen aufziehen und direkt 0,4 oder 0,5
Sekunden schneller fahren, scheint das für
Michael aktuell fast unmöglich. Manchmal sind
seine Qualifying-Ergebnisse nicht so gut und er
startet nur aus der zweiten oder gar dritten
Reihe. Aber im Rennen kommt er immer nach
vorne, weil er ein wahrer Racer ist. In diesem
Bereich muss er noch lernen und es gibt noch
viel mehr Dinge, bei denen er noch Erfahrungen
sammeln muss: zum Beispiel ein Bike einzustellen
und zu verstehen, worin er seine Energie
investieren soll. Er kann sehr aufgeregt sein,
wenn zu viel Verkehr auf der Strecke herrscht
oder Leute ihm folgen, dann ist er immer ziemlich
verärgert und steckt damit Energie in unnötige
Dinge. Aber das ist ein Lernprozess für ihn.
Besteht für ihn die Chance, im nächsten Jahr in
die WSBK aufzusteigen?
Ich glaube nicht, dass er die ganze Zeit in der
World Supersport fahren wird, worauf auch seine
Körpergröße hinweist, weil er ziemlich groß ist.
Letztes Jahr in Suzuka hat er Potential auf der
großen Maschine gezeigt und überraschte viele
Leute, weil er so schnell war. Natürlich wollen
wir ihn auf World-Superbike-Niveau sehen. Ob
das nächstes Jahr passiert, kann ich nicht bestätigen.
Ich würde ihn eines Tages aber natürlich
gerne in der World Superbike für uns antreten
sehen.
Wie siehst du die Zukunft deines Teams?
Unser Geschäft von Ten Kate Tuning und Racing
Products steht in Zusammenhang mit Production-Bikes,
wonach unsere Zukunft im Fahrerlager
der World Superbike sein wird. Wir
könnten in allen Klassen, also World Superbike,
World Supersport und vielleicht den Stock-
Kategorien, vertreten sein. Ich habe es immer
sehr genossen, mit jungen Fahrern zu arbeiten,
wie wir es jetzt mit Michael machen. Er war erst
zwei Jahre in unserem Junior Team, stieg dann
in die World Supersport auf und wird in Zukunft
vielleicht in der World Superbike für uns fahren.
Das würde ich gerne sehen. Ständig fragen uns
Leute, warum wir nicht in der MotoGP sind. Das
ist kein Ziel, das wir erreichen müssen oder wollen.
Unsere Zukunft wird immer mit Production-Race-Bikes
zu tun haben.
www.Motorsport-Magazin.com 99
Dario Giuseppetti
hat sich zurück
gekämpft
FOTOS: PEGGY REICHL
Freude am
Fahren:
Giuseppetti
kann wieder
lachen
100 www.Motorsport-Magazin.com
DIE AKTE
GIUSEPPETTI
TEXT: MARIA POHLMANN
NACH ÜBER EINEM JAHR SASS DARIO GIUSEPPETTI IM APRIL ZUM ERSTEN MAL WIEDER AUF EINEM
MOTORRAD. IM MOTORSPORT-MAGAZIN BERICHTET ER EXKLUSIV, WIE ES ZU SEINEM FURCHTBAREN
UNFALL IN ALMERIA 2013 KOMMEN KONNTE.
A
ngenehme spanische Frühlingstemperaturen, Sonnenschein,
eine leichte Brise, eine über vier Kilometer lange
Rennstrecke mit acht Rechts- und fünf Linkskurven,
ein gutes Gefühl, gute Grundeinstellungen, verschiedenste
Reifen, ein ordentliches Tempo, eine neue persönliche Bestzeit
auf Standard-Reifen: alles hätte perfekt sein können - oder zumindest
in Ordnung. Wäre da nicht Testtag fünf in Almeria gewesen...
»Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich dachte, jetzt
musst du abspringen. Ob ich das geschafft habe oder nicht, kann
ich nicht sagen. Dann bin ich erst wieder im Krankenhaus aufgewacht
und habe gedacht, mich hat ein Bus überfahren.«
Für Dario Giuseppetti hatte sich zwischen 2012 und 2013 viel
geändert: Mit neuen Mechanikern und einem neuen Bike fuhr
er im Februar 2013 zum ersten Vorsaisontest nach Spanien. Das
Team war gerade von der Ducati 1098 auf die Panigale umgestiegen.
»Da war ein Hilfsmechaniker dabei, der bis dahin nichts
mit Rennmotorrädern zu tun hatte«, erinnert er sich. »Er hatte
die Aufgabe, sich um den vorderen Teil des Motorrads zu kümmern,
sprich Bremse, Reifen, etc.«
Nach vier positiven Testtagen und einem erfolgreichen Vormittag
entschied Giuseppetti, mit dem Test von zehn Prototyp-Reifen zu
beginnen. »Die Vorderradfelgen von der 1098 kann man auch auf
der Panigale verwenden. Dazu gehört aber ein spezielles Umbau-
Kit. Die Fassung der Felge der 1098 ist etwas schmaler. Demnach
passt das mit der Steckachse zwar rein, aber man muss größere
Distanzbuchsen verwenden«, erklärt er. »Dieser Junge, der die Räder
eingebaut hat, wusste - wie im Nachhinein herauskam - aber noch
nicht einmal, dass es überhaupt zwei verschiedene Felgen gibt und
niemand hat ihn darüber informiert, dass man darauf achten muss.
Er bekam sie hingestellt und gesagt: ‚Die Räder müssen rein.‘ Er hat
das Rad eingebaut und alles festgezogen, da passiert noch nichts.
Aber man hat immer etwa drei bis fünf Millimeter Spiel.«
Durch die Richtungswechsel bei hoher Geschwindigkeit bewegte sich
das Rad um Millimeter auf der Achse, wodurch die Bremsscheiben
auf der Felge nach und nach die Bremsbacken auseinanderdrückten.
Bremsbacken und Kolben saßen nicht mehr fest an der Bremsscheibe.
»Ich bin in die dritte Kurve eingebogen, hatte plötzlich keinen Bremsdruck,
war da aber noch recht langsam unterwegs und konnte das
gerade noch so retten. Daraufhin habe ich nachgepumpt und dachte
erst, dass sich vielleicht irgendetwas bewegt hat oder die Bremse nicht
richtig gedrückt worden war und dann bin ich in die nächste Kombination
rein, wollte bremsen und bremse wieder ins Leere«, beschreibt
Giuseppetti, der daraufhin in die Boxengasse einbog.
Beim Team beklagte er sich über die Bremsen. »Es hieß, dass Luft in
der Bremse ist, obwohl alle Anzeichen signalisiert haben, dass keine
Luft in der Bremse sein konnte, sondern es ein gravierendes Problem
mit der Bremse gab. Sie haben die Bremse entlüftet und da kaum Luft
drin war, hätte eigentlich klar sein müssen, dass das nicht das Problem
war und normalerweise hätten die Alarmglocken dann schon läuten
müssen, schließlich waren die unterschiedlichen Räder auch nicht
gekennzeichnet. Ich wurde trotzdem wieder rausgeschickt.« Im
Testrhythmus kam der Berliner nicht auf die Idee, weiter nachzuhaken
und vertraute seiner Crew.
»Wieder dasselbe Spiel: Ich fuhr aus der Box raus, spürte den Bremsdruck
und dachte jetzt ist alles okay. Als ich dann die Linkskurve
anbremsen wollte, habe ich die Bremse durchgezogen, aber es setzte
keine Verzögerung ein. Bei einem Tempo von 170 km/h hatte ich keine
Zeit mehr. Ich bin mit hoher Geschwindigkeit ins Kiesbett gefahren.
Die Auslaufzone ist dort sehr, sehr kurz, was heißt, dass die Reifenstapel
und die Leitplanke sehr früh kommen...«
Nach dem Einschlag kam Giuseppetti erst im Krankenhaus wieder zu
sich. »Die Erstversorgung war sehr gut, obwohl alles ein bisschen
schwierig war, denn durch eine sehr starke Schwellung im Rückenmark,
konnten die Ärzte am Anfang kaum etwas erkennen.« Nach einer
Woche mit einem großen Bluterguss, starken Schmerzen, kaum Gefühl
in den Beinen und ohne jegliche Bewegung wurde der Ducati-Pilot
nach Cartagena verlegt. »Dort hat sich mein Freund Manuel Hernandez
um alles Weitere gekümmert. Mein Team ist nach dem Unfall ins Kran-
www.Motorsport-Magazin.com 101
kenhaus gekommen und hat sich kurz informiert. Der Teamchef ist
dann weitergezogen, am Abend noch nach Hause geflogen und seitdem
habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Der Teamchef wollte sich auf Nachfrage des Motorsport-Magazins zu
den Aussagen seines Ex-Fahrers nicht äußern. Giuseppetti lag damals
drei Wochen lang im Gips-Bett. »Darin ist man komplett fest und kann
auch keine seitlichen Bewegungen machen. Letztlich bestand die ganze
Kurierphase aus liegen, liegen und noch mehr liegen. Nach zweieinhalb
Wochen haben sie mich zum ersten Mal richtig aufgesetzt. Dann kannst
du mal zwei, drei Schritte gehen, dann legen sie dich wieder hin. Ich
habe immer Hilfe benötigt, weil ich wie ein Käfer war, der auf dem
Rücken lag.« Fünf Wochen später durfte der Berliner wieder nach
Hause fliegen. »Ich lag fast fünf Monate nur herum und habe nach und
nach versucht, die Beine wieder zu bewegen. Der Weg bis zur ersten
Reha-Maßnahme war hart.«
G
iuseppetti war in dieser Zeit auf Hilfe anderer angewiesen.
»Lediglich mit den Leuten der alten Crew stand
ich noch in Kontakt. In den ersten drei Monaten war
ich nicht einmal in der Lage, alleine auf die Toilette zu
gehen oder mich zu waschen. Ich war mit einem Korsett die ganze Zeit
fixiert.« Erst Mitte Oktober 2013 konnte er die erste Rehabilitation
beginnen. »Dort habe ich größere Fortschritte gemacht. Da wurde
mehr in die Tiefenmuskulatur und an der Balance gearbeitet, weil du
ja in dem halben Jahr, in dem du dich überhaupt nicht bewegt hast,
schon viel verloren hast«, sagt Giuseppetti, dem in dieser Zeit verschiedene
Sportärzte attestierten, dass er 2013 und wohl auch darüber hinaus
nicht mehr Motorradfahren könne.
»Die Reha-Maßnahmen haben mir sehr geholfen. Leider ist es nach
wie vor aber noch so, dass ich in gewissen Situationen immer noch
Schmerzen habe«, gibt er zu. »Einen richtigen Superbike-Einsatz
schiebe ich leider immer noch weiter und weiter hinaus, bis ich wirklich
sagen kann, dass ich mich wohlfühle und es noch einmal versuchen
kann. Viel besser wird es wahrscheinlich nicht mehr werden. Ich muss
morgens viel Gymnastik machen, damit ich mir überhaupt alleine die
Socken anziehen kann. Abends habe ich noch ein bisschen Schmerzen,
aber im Großen und Ganzen ist es im Vergleich zu dem, was vorher
war, sehr gut.«
Im April 2014 saß Giuseppetti beim Einführungslehrgang des ADAC
Junior Cup powered by KTM als Instruktor zum ersten Mal wieder
auf einem Motorrad. »Ich arbeite auch bei den Hafeneger Renntrainings
vereinzelt übers Jahr mit. Das Hauptaugenmerk liegt in diesem Jahr
aber auf der spanischen Meisterschaft. Dort arbeite ich mit Hernandez
im Team H43 zusammen, kümmere mich um die ganze Teamorganisation
und bin mit ihm zusammen Crewchief. Ansonsten bin ich - wenn
es sich zeitlich einrichten lässt - auch bei der IDM bei meinem Team
3C Racing, um das Team zu vertreten und helfe natürlich so weit es
geht Max Neukirchner und Xavi Fores.«
Als wären alle gesundheitlichen Schäden nicht schon genug, steckt er
auch etwa eineinhalb Jahre nach dem Unfall noch in finanziellen
DAS LETZTE, WORAN ICH MICH ERINNERN KANN, IST,
DASS ICH DACHTE, JETZT MUSST DU ABSPRINGEN.
OB ICH DAS GESCHAFFT HABE ODER NICHT, KANN ICH
NICHT SAGEN. DANN BIN ICH ERST WIEDER IM
KRANKENHAUS AUFGEWACHT.
Schwierigkeiten. »Anfangs gab es eine ganz klare Vereinbarung: Ich
sollte einen neuen Vertrag bekommen, den ich schon lange vor dem
ersten Test unterschrieben haben sollte.« Doch der Vertrag wurde nie
vorgelegt. » Durch diesen Vertrag kann ich normalerweise meine Sportversicherungen
abschließen, die ich bis dahin nicht abschließen
konnte.« Dennoch flog der Berliner zum Test nach Spanien. »Letzten
Endes wollte ich immer Rennen fahren und das war auch der Grund,
warum ich mir das alles über die Jahre angetan habe. Da bin ich aber
auf der Strecke geblieben, weil nichts abgewickelt war, keine Übernahme
und damit auch keine gültige Versicherung, die in dem Fall
hätte greifen können.«
Allein in Spanien blieb Giuseppetti auf fast 15.000 Euro Krankenhausrechnungen
sitzen, die vor Ort entrichtet werden musste. »Meine
Familie hat das weitestgehend übernommen. Hernandez hat mir das
Geld vor Ort vorgestreckt. Durch die Hilfe meines Sponsors 3C Carbon,
besonders Geschäftsführer Karsten Jerschke, und meinen damaligen
Sponsor Technogym - allen voran Winfried Reicht - konnte ich Einiges
abdecken. Ich habe aus dem letzten Jahr noch immer über das Doppelte
offen, weil ich mir viel Geld leihen musste, das ich nicht hatte. Ich
versuche jetzt auf allen möglichen Ebenen das Geld wieder reinzuholen
und es den Leuten zurückzuzahlen. Ich bin jetzt ein armer Schlucker,
war aber auch vorher nicht reich«, erklärt er offen.
Heute ärgert sich Giuseppetti über sein blindes Vertrauen. »Über die
Jahre wurde viel Geld durch mich verdient, das Team hatte durch mich
extrem gute Publicity und feierte mit wenig Einsatz gute Erfolge. Als
ich dann wirklich auf Hilfe angewiesen war, hat sich derjenige dann
nicht mehr verpflichtet gefühlt, von sich aus Hilfe anzubieten. Das war
nicht nur geschäftlich, sondern vor allem menschlich eine riesige Enttäuschung.«
Der 29-Jährige sagt, er habe sich nichts vorzuwerfen. »Ich
habe alles richtig gemacht, immer 110 oder 120 Prozent auf dem
Motorrad gegeben, das oft in einem extrem schlechten Zustand und
schlecht vorbereitet war.«
Giuseppetti ärgert
sich über so
manchen
Wegbegleiter aus
der Vergangenheit
FOTOS: PEGGY REICHL
102 www.Motorsport-Magazin.com
Ein Bild aus
besseren Tagen:
Giuseppetti im
Renntempo
Giuseppetti gab
als Instruktor im
ADAC Junior Cup
sein Comeback
www.Motorsport-Magazin.com 103
SLIDESHOW | MOTORSPORT | #37 | 2014
❱ KLINGT GUT,
AUCH OHNE LÄRM
ROBERT SEIWERT
FOTO: MICHELIN
Ohren spitzen, die Formel E kommt! Auf leisen Sohlen, und doch mit
Knalleffekt. Mit Stadtrennen-Konzept und mehr oder weniger bekannten
Fahrern hat sich die Öko-Serie vor der Premiere in diesem Jahr Gehör
verschafft. Die Idee klingt gut, aber am Ende entscheidet der Zuschauer.
Motorsport als Familienereignis? Kein Sound? Autowechsel im Rennen?
Zusatzboost via Twitter? So etwas gab es noch nie in der Rennsportgeschichte.
Zweifel sind angebracht, aber ein weiser Mann sagte mal dazu:
»Warum muss man immer Vergleiche zur Formel 1 ziehen?« Dieser Mann
heißt Alain Prost. Der muss es als Professor und Vierfach-Weltmeister ja
wissen - also geben wir der Formel E eine faire Chance.
104 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 105
Schubert greift mit zwei
BMW Z4 GT3 auf der
Nordschleife an
DAS 24-STUNDEN-RENNEN AUF DEM NÜRBURGRING: VOLLGAS-FEIER AUF DER GEFÄHRLICHSTEN
RENNSTRECKE DER WELT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BEGIBT SICH AUF SPURENSUCHE BEIM
SCHMALEN GRAT ZWISCHEN PARTYSTIMMUNG UND PROFESSIONALITÄT.
DIE EXTREMSTE
TEXT: ROBERT SEIWERT
106 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: SX CONSULTING GROUP
PARTY DER WELT
Die legendärste
Rennstrecke der Welt:
Die Nordschleife
www.Motorsport-Magazin.com 107
Die BMW-Profis
mittendrin bei der
Vollgas-Party
Der Z4 ist der
Nachfolger des
erfolgreichen M3
FOTOS: SX CONSULTING GROUP
BMW feierte 2010
den letzten
Gesamtsieg beim
24h-Rennen
108 www.Motorsport-Magazin.com
Als ob man einen torkelnden Riesen im Vollrausch losgeschickt
hätte, um die Strecke festzulegen.˝ Treffender hätte es ein
britischer Journalist nicht ausdrücken können, als er seine
Beobachtungen nach dem Eröffnungsrennen der Nordschleife
am 18. Juni 1927 zu Papier brachte. Das betrunkene Ungetüm hat
gute Arbeit geleistet, knapp 90 Jahre später ist der Nürburgring noch
immer Faszination pur. Highlight des Jahres: das legendäre 24-Stunden-
Rennen. Vollgas-Rausch. Adrenalin-Überdosis. Party zweimal rund um
die Uhr - Zeit zum Schlafen bleibt nicht. »Viele Leute vergleichen dieses
Wachbleiben während des 24-Stunden-Rennens mit einem Diskobesuch.
Das ist auch nicht so weit davon entfernt, aber: Wenn der Diskobesuch
früh morgens endet, geht es bei uns weiter«, verrät Stefan Wendl, der
Teammanager des BMW Sports Trophy Team Schubert, dem
Motorsport-Magazin.
Spaßveranstaltung 24 Stunden? Fehlanzeige, diese Zeiten sind längst Geschichte.
Wenn in der Diskothek die Lichter ausgehen, regiert die Lichthupe in der Grünen
Hölle. Während sich die Feiermeute gemächlich in der Schlange zur Jackenausgabe
einreiht, schlängeln sich die schnellen
GT3-Boliden durch den dichten Verkehr des
24-Stunden-Rennens. Es geht um viel. Seit die
großen Werke das Potenzial des Rennens mitten
in der beschaulichen Eifel erkannt haben,
wird nichts mehr dem Zufall überlassen. Sieg
statt Spaß - so lautet das Motto der Vollgas-
Feier. Das werksunterstützte BMW-Team
Schubert rückt mit einer Entourage von
»ICH FINDE ES NICHT SCHLIMM, 24
STUNDEN AM STÜCK NICHT RICHTIG ZU
SCHLAFEN. EIN PAAR RUHEPHASEN
MÜSSEN ABER SCHON SEIN. FERNSEH-
SCHAUEN ODER SO, UM EINFACH DEN
KÖRPER RUNTERZUFAHREN.«
30 Ingenieuren und Mechanikern für
seine beiden BMW Z4 GT3-Boliden an.
Kein Einlass für Amateure, wie auch die
Fahrerbesetzung der Truppe aus Oschersleben zeigt. Von Claudia Hürtgen bis
hin zum früheren DTM-Champion Martin Tomczyk bedient sich Schubert
vom Feinsten, was der BMW-Werkskader zu bieten hat.
»Wir hatten bisher immer super Fahrer und auch dieses Mal bin ich wieder
sehr zufrieden mit unserer Auswahl«, sagt Wendl. »Die Werksunterstützung
bringt zudem Planungssicherheit sowie finanzielle Unterstützung und technisches
Know-how.« Die Piloten wissen, worum es geht. Um Prestige und
viel Geld. Das altbekannte ‚Prädikat Nordschleife‘ hat in den vergangenen
Jahren ein neues Level erreicht. »Die 24 Stunden am Ring sind dieses Jahr
mein größtes und wichtigstes Rennen«, weiß Dirk Werner. »Die 24 Stunden
sind schon das Highlight der Saison und da willst du natürlich ständig 100
Prozent geben«, sagt auch die erfahrene Renn-Lady Hürtgen, die 1997 ihr
erstes 24-Stunden-Rennen in Le Mans bestritt.
Bestand die Vorbereitung auf den Eifel-Klassiker früher aus Currywurst und
Bier, ist Fitness inzwischen das A und O des wohl härtesten Rennens der Welt.
Extraschichten für den Erfolg - ein gutes Abschneiden am Nürburgring kann
auch der eigenen Karriere einen zusätzlichen Push verleihen. »Da bist du
noch mal eine Spur motivierter und gehst vielleicht noch eine Runde mehr
laufen«, sagt Schubert Motorsport-Pilot Jens Klingmann dem Motorsport-
Magazin vor seinem vierten Start beim 24h-Rennen. »Kann ja nicht schaden.
Man darf sich mit der ganzen Geschichte aber auch nicht verrückt machen.«
Die 24 Stunden sind sowieso schon verrückt genug. Anspannung am Kommandostand,
Adrenalin im Cockpit. Der Wald- und Wiesenmarathon ist
nicht irgendein Rennen. Er ist das Rennen des Jahres. Ausnahmezustand auf
und abseits der Strecke - und dann gehen auch noch die Lichter aus. »In der
Nacht habe ich immer das Gefühl, als ob ich über die Nordschleife fliegen
würde«, so Klingmann. »Die Rundenzeiten bleiben zwar gleich, aber du hast
viel weniger Orientierungspunkte und dadurch fühlt sich subjektiv alles viel
schneller an. Da denkst du, dass du in jeder Runde einen neuen Rundenrekord
aufstellst!« 24-Stunden-Rennen sind keine Seltenheit mehr, rund um den
Globus sind Veranstalter und Fans auf den Geschmack gekommen. Doch der
Nürburgring zählt weiter zu den exklusivsten Clubs und kann es sich leisten,
auf alten Charme zu setzen. »Gerade auf der Nordschleife ist es schwierig,
nachts zu fahren«, erklärt Werner die Ring-Besonderheit. »Es ist ziemlich
dunkel im Vergleich zu anderen Strecken, die eine sehr gute Ausleuchtung
haben.«
Als ob es nicht schon reichen würde, dass der Nürburgring mit seinen rund
80 Kurven zu den gefährlichsten Rennstrecken der Welt gehört, ist die Nacht
ein zusätzlicher Risiko-Faktor. »Da kann es immer heikel werden«, sagt
Werner. »Da passiert meist eine ganze Menge, wenn die Fahrer müde sind
und die Konzentration etwas nachlässt.« Entsprechend gehen die Profis heutzutage
mit der Situation um. In alten Zeiten war der eine oder andere Fahrer
während des Rennens bei den Fans auf dem Campingplatz anzutreffen; Schnitzel
und ein bisschen Plaudern als Ablenkung vom Hochgeschwindigkeits-
Spektakel. Inzwischen sind die Hotels an der Strecke der favorisierte Rückzugsort.
»Ich finde es nicht schlimm, 24 Stunden am Stück nicht richtig zu
schlafen«, so Klingmann. »Ein paar Ruhephasen
müssen aber schon sein. Fernsehschauen oder
so, um einfach den Körper runterzufahren und
ein bisschen abzuschalten.«
‚The Party never stops‘ gilt jedoch auch am Nürburgring.
Die Fahrer müssen immer wieder den engen
Spagat zwischen Ruhephase und totaler Konzentration
schaffen. »Runterkommen ist wichtig bei diesem
langen Rennen, gleichzeitig musst du aber schauen,
dass du 100-prozentig wach und fokussiert bist, wenn
du selbst wieder ins Cockpit steigst«, erklärt Hürtgen
die Herausforderung. Was brutal klingt, ist für einen Großteil des Teams schon
fast ein Luxusproblem. Führungsetage, Ingenieure und Mechaniker wären
bei einer guten Party die absoluten Feierbiester. »Schlaf gibt es für mich überhaupt
nicht«, sagt Wendl. »Das gilt aber nicht nur für mich als Teammanager,
sondern für den gesamten Kommandostand und die für die Autos zuständigen
Mitarbeiter. 80 Prozent der Crew kommen überhaupt nicht zum Schlafen,
weil die Anspannung so groß ist. Grundsätzlich gibt es aber genug zu tun,
um wach zu bleiben.«
Ein Gefühl, dass die Fahrer am Ring bestens kennen. Trotz all der Professionalität
wird am Nürburgring dann doch nicht so ganz genau hingeschaut,
wer die Tür zum Fahrerlager betritt. Dresscode ist Nebensache: Neben den
Profi-Rennfahrern stehen traditionell auch Amateure und selbst Prominente
aus dem Showbusiness auf der Gästeliste. In den angesagten Clubs gern gesehen,
zählen Möchtegern-Promipiloten auf der Rennstrecke nicht unbedingt
zu den beliebtesten Tanzpartnern. Spaßgesellschaft auf der einen Seite, Profitum
auf der anderen: Diese ziemlich einzigartige Kombination hat in der
Vergangenheit nicht selten zu einem Handgemenge mit Vollkontakt auf der
Asphalttanzfläche geführt. »Das macht den Reiz aus und ist einfach der Charakter
des Rennens. Aber: Je mehr schnelle Autos mitfahren, desto kritischer
wird es«, sagt Werner. »In letzter Zeit gab es leider relativ viele Unfälle. Da ist
die Vernunft der Fahrer gefragt. Unser BMW Z4 GT3 ist in den Kurven so
viel schneller als beispielsweise ein Zwei-Liter-Tourenwagen. Da bist du so
schnell dran, dass du dich schon sehr früh darauf einstellen musst.«
Trotz des immensen Erfolgsdrucks wissen die Profis: Am Ende kommt es auf
das Miteinander im rund 700 Piloten starken Starterfeld an. Eine Tradition,
die sich das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring in all den Jahren bewahrt
hat. Der Sieg ist das Ziel, Ankommen aber auch eine Kunst. »Vorbei ist es
erst, wenn die Zielflagge gefallen ist«, sagt Hürtgen. »Aber wenn du deinen
letzten Turn absolviert hast, fällt schon eine gewisse Last ab.« Schließlich muss
auch die beste Party der Welt irgendwann ein Ende haben.
www.Motorsport-Magazin.com 109
Tim Georgi stieg
aus dem ADAC
Mini Bike Cup in
den ADAC Junior
Cup auf
TALENT - TIM GEORGI
IMMER IN BEWEGUNG
TEXT: MARIA POHLMANN
ADAC JUNIOR CUP ROOKIE TIM GEORGI WOLLTE NACH SEINEN ERSTEN FAHRVERSUCHEN GAR NICHT
WIEDER VOM MOTORRAD ABSTEIGEN. DER 14-JÄHRIGE WEISS GENAU, WO SEIN WEG HINGEHEN SOLL
UND SPRACH MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN ÜBER ERFOLGE UND ZIELE.
DIE ANFÄNGE:
Mein Vater war früher Rennfahrer. Er fuhr Classic
Superbike. Ich war bei den Rennen immer dabei und
wollte dann auch Motorradrennfahrer werden. Dann
habe ich ein Pocket Bike bekommen und damit ging
alles los. Damals war ich vier Jahre alt. Wir sind auf
dem Parkplatz einfach so hin und her gefahren. Das
war ein toller Moment. Als ich dann ein bisschen
Gefühl hatte, sind wir auf einer kleinen Kart-Bahn
gefahren, wo ich mich immer weiterentwickelt habe.
Das hat mir so viel Spaß gemacht, ich wollte am liebsten
gar nicht wieder vom Motorrad absteigen.
DIE ERFOLGE:
Die letzten vier Jahre bin ich im ADAC Mini Bike Cup
gefahren, zwei Jahre in der Nachwuchsklasse, zwei
Jahre in der Einsteigerklasse. Mein größter Erfolg war
das letzte Rennen 2013 in Wackersdorf, das ich
gewinnen konnte. In der Gesamtwertung wurde ich
Dritter. Nach dem ersten Rennen im ADAC Junior Cup
war natürlich der Auftakt auf dem Lausitzring mein
absolutes Highlight. Es hat Spaß gemacht und ich
hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Auf der einen
Seite war ich nach dem vierten Platz ein bisschen
enttäuscht, nicht aufs Podest gefahren zu sein, auf
der anderen Seite war ich aber auch überglücklich,
dass es so gut gelaufen ist.
DAS ZIEL:
Langfristig gesehen würde ich gerne eines Tages in
der MotoGP oder der Superbike-WM fahren. Am Ende
dieser Saison muss ich aber erst einmal einen guten
Platz im Junior Cup einfahren. Dann werden wir
sehen, wohin wir aufsteigen können. Vielleicht kann
ich über die spanische Meisterschaft in die Moto3-
WM kommen und dann geht es vielleicht weiter. Aber
ich habe guten Beistand: 2010 habe ich Dario Giuseppetti
kennengelernt. Wir verstehen uns super. Er
hat natürlich viel Erfahrung und gibt mir viele hilfreiche
Tipps.
DIE AUSBILDUNG:
Ich gehe momentan in die achte Klasse auf der
Sekundarschule. Das läuft gut. Meine Lieblingsfächer
sind Sport und Geografie. Darin war ich schon immer
gut, es scheint mir einfach zu liegen und deshalb
macht es natürlich auch Spaß. In meiner Schule
bekomme ich viel Unterstützung. Zum Beispiel gibt
es keine Probleme, wenn ich freitags nicht erscheine,
weil am Wochenende ein Rennen ansteht. Weil ich
ab und an fehle, heißt das aber nicht, dass ich ein
schlechter Schüler bin.
DIE HOBBIES:
Ich bin viel skaten. Wir haben hier in Berlin einige
Skaterbahnen. Außerdem fahre ich Dirt-Bike - also
mit dem Fahrrad. Nicht weit von mir ist ein Dirt-Bike-
Park, da treffe ich nachmittags oft meine Freunde.
Ich mache jeden Tag Sport. Wenn ich mal kein Rennwochenende
habe, versuche ich, auf dem Motorrad
zu trainieren. Nur etwa 15 Kilometer von uns entfernt
ist eine Motocross-Strecke, dort fahre ich so oft ich
kann. Fußball spiele ich auch hin und wieder. Ich habe
immer etwas zu tun.
Georgi ist
Förderkandidat
der ADAC
Stiftung Sport
110 www.Motorsport-Magazin.com
DER
STAR-MAGNET
Die »Liga der Supersportwagen« wird zur »Champions
League«: Auf dem Lausitzring drückte niemand
anderes als Rallye-Weltmeister und Superstar
Sebastien Ogier dem ADAC GT Masters mit
zwei starken Auftritten seinen Stempel auf. Und
auch der ehemalige Formel-1-Pilot Jaime Alguersuari
begeistert in dieser Saison die Motorsportfans
an den Strecken. Nach seinem Debüt hat der Spanier
Blut geleckt und tritt in einem Flügeltürer-
Mercedes von ROWE Racing an.
M. Winkelhock, S.
Ogier, A. Kaiser,
H.-H. Frentzen &
J. Alguersuari
Die ADAC Rallye
Deutschland live
erleben
MotoGP auf dem
Sachsenring
FOTOS: ADAC MOTORSPORT, MILAGRO
Die ADAC MX Academy
legte 2013 einen
fulminanten Start hin
SUPER-SPRINT-SPECIAL AUF DER
PANZERPLATTE
Aus spektakulär wir noch spektakulärer: Die Arena Panzerplatte
- legendäre Wertungsprüfung der ADAC Rallye
Deutschland - wird 2014 um eine rund drei Kilometer lange
Sprint-Prüfung erweitert! Für die Fans bietet sich so eine
weitere Chance, die Ausnahmefahrer Sebastien Ogier,
Robert Kubica, Jari-Matti Latvala und Thierry Neuville am
absoluten Limit zu bestaunen. Dabei ist von den Zuschauerbereichen
nahezu die gesamte Strecke einsehbar.
MOTORRADSPORT
DELUXE: MOTOGP AUF
DEM SACHSENRING
Der Countdown läuft! Vom 11. bis 13. Juli geben die Superstars des
Motorradsports auf dem legendären Sachsenring die alljährliche Kostprobe
ihres außergewöhnlichen Könnens: Überflieger Marc Marquez, Altmeister
Valentino Rossi, Doppelweltmeister Jorge Lorenzo, Lokalmatador Stefan
Bradl und Vierfachsieger Dani Pedrosa in Action - ein Muss für wahre
Motorrad-Fans! Auch die Piloten des ADAC Junior Cup powered by KTM
wollen sich vor den Augen ihrer großen Idole und der 200.000 Fans beim
Saisonhighlight beweisen!
www.Motorsport-Magazin.com 111
PORSCHE 911 GT3 CUP
OPTISCHER
HINGUCKER
TEXT: ANNIKA KLÄSENER
ZAWOTEC RACING TRITT MIT DEM PORSCHE 911 GT3 CUP (TYP 991) IM PORSCHE CARRERA CUP AN. DAS
MOTORSPORT-MAGAZIN WIRFT EINEN BLICK UNTER DIE HAUBE DES 171.600 EURO TEUREN SUPERSPORTWAGENS.
112 www.Motorsport-Magazin.com
MOTOR: Im Heck sorgt ein Sechszylinder-
Aluminium-Boxermotor für Antrieb. Bei 7.500
Umdrehungen pro Minute setzt er maximal 460
PS frei. Er verfügt über eine Wasserkühlung mit
Thermomanagement für Motor und Getriebe
sowie ein elektronisches Motormanagement von
Bosch. Mittels sequentieller Multi-Point-Kraftstoffeinspritzung
gelangt das Benzin - Superplus
bleifrei mit mindestens 98 Oktan - in die
Verbrennungsräume.
KRAFTÜBERTRAGUNG: Das sequentielle
Sechsgang-Klauengetriebe wird ab 2014 mit
pneumatischen Schaltwippen am Lenkrad
bedient. Es verfügt über eine Drei-Scheiben-
Sintermetall Rennsportkupplung, ein mechanisches
Sperrdifferenzial und eine interne
Druck-Ölschmierung mit aktiver
Ölkühlung.
KAROSSERIE:
Die Leichtbaukarosserie
in Aluminium-Stahl-Verbundbauweise
verfügt über
einen eingeschweißten Überrollkäfig, der nach
FIA Homologationsvorschriften zertifiziert
wurde. Im Vergleich zur Serie sind die Kotflügel
breiter, die hinteren Radhäuser größer sowie
Bug- und Heckverkleidung modifiziert. Türen,
Heckdeckel und -flügel bestehen aus kohlenstofffaserverstärktem
Kunststoff. Die Scheiben
sind aus einem Kunststoff gefertigt, der auch für
Flugzeugfenster verwendet wird.
FAHRWERK: Die MacPherson-Federbeine an
der Vorderachse sind in Höhe, Sturz und Spur
einstellbar, ebenso wie die Mehrlenker-Hinterachse.
Die Rennsport-Stoßdämpfer sind dagegen
nicht verstellbar. Die Schmiedelenker sind Steifigkeitsoptimiert,
zweischnittig angebunden und
verfügen über Hochleistungsgelenklager. Weitere
Merkmale des Fahrwerks sind geschmiedete
Stützlager und ein beidseitig verstellbarer
Schwertstabilisator
BREMSEN: Der Porsche 911 GT3 Cup (Typ
991) verfügt über zwei getrennte Bremskreise
für Vorder- und Hinterachse, die vom Fahrer
über ein Waagebalkensystem reguliert werden
können. An der Vorderachse spannen Sechskolben-Aluminium-Monobloc-Rennbremssättel
die Rennbremsbeläge auf mehrteilige, innenbelüftete
und geschlitzte Stahlbremsscheiben mit
einem Durchmesser von 380 Millimetern. An
der Hinterachse wirken Vierkolben-
Aluminium-Monobloc-Rennbremssättel.
ELEKTRIK: Cosworth liefert sowohl das Farb-
Display als auch das Bordnetzsteuergerät. Die
Lichtanlage besteht aus Bi-Xenon-Hauptscheinwerfern,
einem LED-Tagfahrlicht und Rückleuchten
sowie Regenlicht in LED-Technik. Die
12-Volt-Batterie ist auslaufsicher im Beifahrerfußraum
untergebracht.
i
ZaWotec Racing wurde im Jahr 2010 neugegründet.
Seitdem gewann das Team den
Meistertitel in der Gruppe N der BMW 325
Challenge, den KTM X-Bow Battle und den
Porsche Alpenpokal. 2013 stieg ZaWotec,
das auf zehn Jahre Motorsport-Erfahrung
zurückblicken kann, in den Porsche Carrera
Cup ein und war im Premierenjahr gleich
das beste Rookie-Team.
FOTOS: TEAM ZAWOTEC
www.Motorsport-Magazin.com 113
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