Z eitschrift des S auerländer H eimatbundes
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ISSN 0177-8110<br />
Sauerland 1/2012 1<br />
Z <strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> S auerländer H eimatbun<strong>des</strong><br />
Sauerland<br />
M ärz 2012 /1
Sauerland 1/2012 3<br />
Sauerland<br />
Nr. 1 / März 2012 • Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />
Wie finden Sie eigentlich ...<br />
... die behutsame Neugestaltung unserer Z<strong>eitschrift</strong>, die wir Ihnen mit<br />
dieser Ausgabe erstmalig präsentieren? Sie haben es noch nicht bemerkt?<br />
– Dann waren wir vielleicht zu zaghaft bei den Veränderungen,<br />
über die wir in der Redaktionskonferenz diskutiert haben. Einig<br />
waren wir uns darin, wenn Veränderungen kommen, dann müssen sie<br />
so ausfallen, dass der sogenannte Wiedererkennungswert bei unseren<br />
werten Leserinnen und Lesern auf jeden Fall gewährleistet ist.<br />
Dennoch kann man sich vorstellen, dass die Spannbreite <strong>des</strong>sen,<br />
was noch unter diese Vorgabe passt, einige weitere Veränderungen<br />
ermöglicht hätte. Nun, wir haben uns zu der Version entschieden,<br />
die Ihnen jetzt ins Haus geflattert ist. Umgesetzt worden ist dies von<br />
Hans Wevering, der für Lithographie, Layout und technische und<br />
Schlussredaktion verantwortlich zeichnet. Übrigens: Das bisherige<br />
Layout existiert schon seit Heft 1/1985 und wurde von Werner<br />
Ahrens, dem heutigen Vorstandsmitglied gestaltet und in den<br />
Grundzügen bis zur letzten Ausgabe im Jahre 2011 erhalten.<br />
Hans Wewering hatte uns in der Beratung zur Ankündigung <strong>des</strong>sen,<br />
was uns widerfahren könnte, zwei Briefe aus den damaligen Leserreaktionen<br />
präsentiert:<br />
„Das Heft 1/1985 mit der schwarz umrandeten<br />
Titelseite wirkt wie ein Totenbrief!“<br />
und<br />
„Herzlichen Glückwunsch zur Neugestaltung von<br />
SAUERLAND. Alle guten Wünsche!“<br />
So sind wir nun gerüstet auf Reaktionen und Meinungen aus der Leserschaft,<br />
um die wir Sie herzlich bitten, zumal wir noch einige Anregungen<br />
haben, deren Umsetzung wir noch „nachschieben“ könnten.<br />
Im Falle von gnadenloser Kritik bedenken Sie bitte, dass diese Z<strong>eitschrift</strong><br />
mit ihren vier Ausgaben per anno immer noch ehrenamtlich<br />
erstellt wird. Das sind zunächst und vor allem die Autoren, der Redaktionsstab<br />
mit seinen Ressortleitern bis hin zur arbeitsintensiven Schlussredaktion.<br />
Für den drucktechnischen Teil pflegen wir die langjährige<br />
Zusammenarbeit mit becker druck, F. W. Becker GmbH Arnsberg.<br />
Viel Vergnügen beim Lesen und in der „Wahrnehmung“ dieser<br />
Ausgabe wünscht Ihnen<br />
Aus dem Inhalt<br />
Geschichte<br />
Steinbrücke an der Helle – Grundstein<br />
im Mosaik der Ortsentwicklung 24<br />
Stracken Hof 27<br />
„unbegreifliches begreifbar“ 38<br />
Natur · Landschaft · Siedlung<br />
Baugestaltung und Baukultur in<br />
Dörfern und Städten <strong>des</strong><br />
ländlichen Raumes 12<br />
„Problemberg“ Kahler Asten 16<br />
Vom Wald zum Naturpark<br />
50 Jahre<br />
Naturpark Arnsberger Wald 21<br />
Kurfürstlicher Thiergarten Arnsberg –<br />
von der Idee zur Realisierung 35<br />
Arnsbergs Geschichte im<br />
„Thiergartenwanderweg“<br />
wieder erlebbar geworden 39<br />
Sprache und Literatur<br />
Die Christine-Koch-Gesellschaft<br />
zwei Jahrzehnte für die Literatur<br />
im Sauerland 33<br />
Criminale 2012 41<br />
Religion und Glaube<br />
Figur der seliggesprochenen<br />
Mutter Teresa eingeweiht 30<br />
Heimat · Kultur<br />
Wie finden Sie eigentlich ... 3<br />
Theodor Pröpper – ein kraftvoller<br />
Motor für Glaube und Heimat 4<br />
Kommentiert 6<br />
Franz Stock und der Weg nach Europa 7<br />
100 Jahre Museum u. Museumsverein 10<br />
Jubiläumsausstellung – Osterzeit 32<br />
Wirtschaft<br />
Pieper Holz – Anzeige<br />
„Sägewerk sucht Waldbesitzer/in“ 23<br />
Rezensionen · Personalien<br />
Bücher – Schrifttum 43<br />
Personalien 49<br />
Elmar Reuter, 1. Vorsitzender<br />
Unser Titelbild zeigt die Arnsberger<br />
Altstadt mit Blick auf den Glockenturm.<br />
Es fotografierte Friedhelm Ackermann †
4 Sauerland 1/2012<br />
Theodor Pröpper –<br />
ein kraftvoller<br />
Motor für Glaube<br />
und Heimat<br />
von Rudolf Rath<br />
Das hätte auch der Titel der Festveranstaltung<br />
am 16. Dezember<br />
2011 in Balve sein können. Im<br />
Mittelpunkt nämlich stand die Person<br />
Theodor Pröppers, vor allem aber sein<br />
musikalisches und literarisches Werk. 32<br />
Jahre nach seinem Tode traf sich im kath.<br />
Pfarrheim eine illustre Gästeschar, in der<br />
sich auch der Balver Organist und Literat<br />
zu Lebzeiten heimisch gefühlt hätte: Bürgermeister<br />
Hubertus Mühling mit seinem<br />
Fachbereichsleiter Michael Bathe und weitere<br />
Vertreter der Stadt, der Fraktionen im<br />
Rat, der katholischen und evangelischen<br />
Kirchengemeinden und der örtlichen<br />
Heimwacht. Trotz drohender Sturmböen<br />
hatten auch der Vorsitzende <strong>des</strong> Sauerländer<br />
Heimatbun<strong>des</strong>, Elmar Reuter, und<br />
Mitglieder seines Vorstan<strong>des</strong> aus dem<br />
Hochsauerland die Anreise gewagt. Ein<br />
„Heimspiel“ hatte dagegen Landrat Thomas<br />
Gemke aus dem Märkischen Kreis,<br />
Vorsitzender <strong>des</strong> dortigen Kreisheimatbun<strong>des</strong>.<br />
Er war als Balver Bürger per<br />
pe<strong>des</strong> gekommen, ebenso wie auch viele<br />
Vorstände örtlicher Vereine und Verbände<br />
und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.<br />
Eingeladen hatten die Stadt Balve, die<br />
Heimwacht Balve e. V. und die katholische<br />
Kirchengemeinde St. Blasius Balve<br />
gemeinsam. Und das aus immerhin drei<br />
guten Gründen: Vor 50 Jahren verlieh<br />
Balve die Ehrenbürgerwürde an Theodor<br />
Pröpper – darauf wies Bürgermeister Hubertus<br />
Mühling bei seiner Begrüßung der<br />
vielen Teilnehmer hin. 1921 bereits, also<br />
vor genau 90 Jahren, gründete Pröpper<br />
die Heimwacht Balve, daran erinnerte<br />
Vorsitzender Werner Ahrens.<br />
Und Pfarrarchivar Rudolf Rath<br />
übergab den Kindern Pröppers<br />
ein neu angelegtes „Findbuch“.<br />
Dieser symbolische Akt dokumentierte<br />
die Aufnahme <strong>des</strong><br />
literarischen Nachlasses von<br />
Theodor Pröpper in das Pfarrarchiv.<br />
Würdigung als<br />
verdienstvoller Musiker<br />
In seinem Grußwort zeigte<br />
sich Andreas Schulte, als Pfarrer<br />
der kath. Kirchengemeinde St. Blasius<br />
auch „Hausherr“ dieser festlichen Veranstaltung,<br />
sehr erfreut: „Mit dem heutigen<br />
Abend würdigen wir das Werk und das<br />
55-jährige Wirken unseres früheren Organisten<br />
und Kirchenmusikdirektors in<br />
unserer Kirchengemeinde.“ In seiner eigenen,<br />
erst 2-jährigen Amtszeit in Balve, sei<br />
der Name „Theodor Pröpper“ ganz häufig<br />
gefallen, „so dass ich mir schon ein Bild<br />
von ihm machen konnte. Heute werden<br />
die einzelnen Mosaiksteinchen all <strong>des</strong>sen,<br />
was ich bisher aufgeschnappt habe,<br />
gleichsam zum Ganzen zusammengesetzt.<br />
1. Reihe v. l.: Landrat Thomas Gemke, Vors. KHB Märkischer Kreis, Tenor Stephan Hinssen,<br />
Münster, Pianist Claus Canstein, Hamburg, Referent Dr. Franz-Josef Ratte, Münster,<br />
Kunigunde Pröpper, Prof. Dr. Thomas Pröpper.<br />
Darauf bin ich gespannt.“ Der Geistliche<br />
wusste sich gut informiert, konnte <strong>des</strong>halb<br />
auch auf das Orgelbuch „Sursum corda“<br />
hinweisen, das der verdienstvolle Kirchenmusiker<br />
1950 für die Erzdiözese erstellt<br />
hatte.<br />
An die Verdienste Pröppers erinnerte<br />
sich auch Werner Ahrens: „Pröpper<br />
machte den sauerländisch/kurkölnischen<br />
Lebensraum mit seinem Freund Franz<br />
Hoffmeister lebendiger. Er forderte mehr<br />
Interesse der Bürger und öffnete weit das<br />
Fenster für Musik, Kunst, Dichtung, Theater<br />
und Geschichte. ‚Gott allein die Ehre‘,<br />
das war sein Lebensmotto, als Christ für<br />
seine Heimat. Nach diesem Gebot, festgeschrieben<br />
1921 in der ersten Satzung<br />
der Heimwacht Balve, leben wir auch<br />
heute noch.“ Der 1. Vorsitzende gab einen<br />
kurzen Überblick über das Wirken <strong>des</strong><br />
Gründers Theodor Pröpper, <strong>des</strong>sen Arbeit<br />
viele Ehrungen und Würdigungen erfahren<br />
habe.<br />
Für diesen Abend waren Insignien und<br />
Urkunden, mit Unterstützung der Familie<br />
Pröpper, zusammengetragen worden. In<br />
Ausstellungsvitrinen bzw. an Stellwänden<br />
konnten sie aus der Nähe betrachtet<br />
werden: das Kreuz <strong>des</strong> Gregorius-Ritterordens,<br />
von Papst Johannes XXIII. verliehen,<br />
die Ehrenbürger-Urkunde der Stadt<br />
Balve, bei<strong>des</strong> aus dem Jahre 1961, und<br />
das Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz 1. Klasse, 1966<br />
vom Bun<strong>des</strong>präsidenten Heinrich Lübke<br />
erhalten. Ausgestellt waren aber auch viele<br />
weitere Zeugnisse von Pröppers engagiertem<br />
Einsatz in den Jahrzehnten <strong>des</strong> letzten<br />
Jahrhunderts.<br />
Tatkräftiger Förderer<br />
der Entwicklungen im Sauerland<br />
Einfluss auf kulturelle Entwicklungen im<br />
engeren Heimatbereich, aber auch im Sauerland<br />
und darüber hinaus habe Theodor<br />
Pröpper auf vielfältige Weise genommen<br />
und dazu seine örtlichen und überörtlichen<br />
Ämter genutzt, wusste Landrat Thomas<br />
Gemke als Vorsitzender <strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong>.<br />
Wohl eher enttäuschend aber sei<br />
für Pröpper dann in den 70er Jahren <strong>des</strong><br />
vorigen Jahrhunderts sein politisches Engagement<br />
verlaufen: Auf ihn und seine<br />
mahnenden Worte hörte man nicht, als<br />
er sich für einen einheitlichen sauerländischen<br />
Kreis eingesetzt habe.<br />
Als jahrzehntelang tatkräftigen Förderer<br />
der Entwicklungen im Sauerland würdigte<br />
Elmar Reuter aus Olsberg eindrucksvoll<br />
den Musiker und Schriftsteller. Theodor<br />
Pröppers Handeln sei, so der Vorsitzende<br />
<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>, stets vom<br />
persönlichen Einsatz für Glaube und Hei
Sauerland 1/2012 5<br />
1. Reihe v. l.: Stefan Pröpper mit Ehefrau, Pfarrer Andreas Schulte,<br />
Werner Ahrens, Vorsitzender der Heimwacht Balve<br />
1. Reihe v. l.: Rudolf Rath, Pfarrarchivar St. Blasius Balve,<br />
Landrat Thomas Gemke, Vors. KHB Märkischer Kreis<br />
mat bestimmt worden. Bei<strong>des</strong> bildete für<br />
ihn eine Einheit. Sie galt es zu sichern und<br />
zu festigen. So habe der Balver neben und<br />
mit Franz Hoffmeister über Jahrzehnte im<br />
Verband und für das Sauerland verantwortlich<br />
und erfolgreich gewirkt.<br />
Elmar Reuter konnte an diesem Abend<br />
Dokumente aus dem persönlichen Nachlass<br />
Theodor Pröppers für den Sauerländer<br />
Heimatbund „nach Hause tragen“.<br />
Drei Mappen mit Schriften, darunter die<br />
Zusammenstellung „Correspondenz <strong>des</strong><br />
S.H.B. ab 1922“, übergab ihm Rudolf<br />
Rath mit dem Hinweis: „Das sind Dokumente<br />
aus den Gründungs- und Aufbaujahren<br />
<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>. Diese<br />
Papiere, nämlich Einladungen, Protokolle<br />
und Berichte, Aufrufe und persönliche<br />
Briefe sowie Veröffentlichungen, dürften“,<br />
so der Archivar der katholischen Kirchengemeinde<br />
„die Sicht auf die Anfänge <strong>des</strong><br />
SHB erleichtern und erweitern.“ Dazu,<br />
so führte Rath weiter aus, habe er diese<br />
Dokumente bereits aufgelistet, chronologisch<br />
geordnet und mit Erläuterungen zum<br />
Inhalt versehen. Ebenso geordnet und inventarisiert<br />
waren auch die beiden weiteren<br />
Mappen, die Elmar Reuter an diesem<br />
Abend erhielt: „Kunst <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />
1933“, mit 22 Dokumenten, und „Betr.<br />
Sauerländer Künstlerring 1956/57“, mit<br />
rund 30 Dokumenten. „Auch sie stammen<br />
aus dem literarischen Nachlass“, so<br />
Rath, „der unserem Pfarrarchiv von den<br />
Kindern Pröpper im Mai 2011 zur Aufbewahrung,<br />
Auswertung, Erschließung und<br />
Nutzung überlassen wurde. Dabei erhielt<br />
ich auch die Vollmacht, Schriftgut an andere<br />
Stellen, wie jetzt an den Sauerländer<br />
Heimatbund, weiterzugeben zu können,<br />
wo es sinnvoll genutzt werden kann.“ Elmar<br />
Reuter quittierte mit herzlichem Dank<br />
dieses Schriftgut, das zur Bereicherung <strong>des</strong><br />
Archivs beim Sauerländer Heimatbund<br />
beitragen werde.<br />
Elmar Reuter,<br />
1. Vorsitzender Sauerländer Heimatbund,<br />
bei seinem Grußwort<br />
Überregionale Bedeutung und<br />
internationale Beachtung<br />
„Es ist nicht vorstellbar, an Theodor<br />
Pröpper zu erinnern, ohne dabei auch<br />
sein musikalisches Wirken und Schaffen zu<br />
würdigen, lag doch hier seine wahre Profession<br />
und erlangte er hier überregionale<br />
Bedeutung und internationale Beachtung.“<br />
Mit diesem Einstieg in sein Referat gewann<br />
Dr. Franz-Josef Ratte die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />
seiner Zuhörer. Der Musikwissenschaftler<br />
aus Münster belegte seine<br />
Feststellung mit einem Beispiel: „Fast auf<br />
den Tag genau vor 15 Jahren habe ich<br />
in der Balver Pfarrkirche das Gedenkkonzert<br />
anlässlich Pröppers 100. Geburtstag<br />
erlebt. Daraus entstand die CD ‚Nun öffnet<br />
alle Tore weit’. Seitdem“, so führte er<br />
weiter aus, „ist kein Jahr vergangen, in<br />
dem der Westdeutsche Rundfunk nicht in<br />
der Advents- und Weihnachtszeit Titel von<br />
dieser CD im werktäglichen Frühschoppen,<br />
in der Vesper am Samstagabend<br />
oder in der geistlichen Musik am Sonntagmorgen<br />
gesendet hätte.“ Natürlich fehlte<br />
auch nicht sein Hinweis auf das Orgelbuch<br />
„Sursum corda“, das Theodor Pröpper im<br />
Jahre 1950 für die Erzdiözese Paderborn<br />
verfasste – „eine einzigartige Leistung<br />
Pröppers“, merkte Karl-Heinz Ratte an.<br />
„Sie wurde mit der seltenen Verleihung<br />
<strong>des</strong> Titels ‚Kirchenmusikdirektor’ durch<br />
den damaligen Erzbischof Lorenz Jäger<br />
gewürdigt.“<br />
Beispiele aus dem „Klingemund“ trugen<br />
Stephan Hinssen, Tenor aus Münster, und<br />
Claus Canstein aus Hamburg am Flügel<br />
vor und „illustrierten“ damit die teilweise<br />
wissenschaftlich geprägten Darstellungen<br />
<strong>des</strong> Münsteraner Musiklehrers. „Mit überschwänglichen<br />
Rezensionen wurde diese<br />
Sammlung von Volks- und Kirchenliedern<br />
nach ihrem Erscheinen im Jahre 1960<br />
bedacht“, erinnerte sich der Referent.<br />
„Es handelt sich - wie Theodor Pröpper<br />
im Vorwort selbst formuliert – um ‚Lieder<br />
volkstümlicher Prägung, die aus dem<br />
Quellgrund sauerländischer Landschaft<br />
und heimatlichen Volkstums erblüht sind’.“<br />
Darauf abgestimmt waren auch die<br />
Beiträge <strong>des</strong> Musikvereins Balve. Unter<br />
Leitung von Matthias Streiter hatten sie<br />
wesentlichen Anteil an dem gelungenen<br />
Programm. Erfreulich dabei die große Anzahl<br />
jugendlicher Instrumentalisten, die so<br />
ihr Interesse an der Musik Pröppers bekundeten.<br />
Mit einer besonderen Überraschung<br />
wartete der Männerchor 1874 Balve auf.<br />
Unter Leitung von Elisabeth Alfes-Blömer<br />
hatten die Sänger eine Uraufführung vorbereitet.<br />
Das St.-Johannes-Lied, das Pröpper<br />
im Jahre 1964 seiner Heimatstadt<br />
gewidmet hatte, stellten sie neu gesetzt für<br />
vierstimmige Männerchöre den begeisterten<br />
Zuhörern vor. Überrascht und erfreut<br />
waren vor allem Thomas, Kunigunde und<br />
Stefan Pröpper, als ihnen Vorsitzender Alexander<br />
Jedowski dazu eine Urkunde über<br />
diese „Welturaufführung“ überreichte.
6 Sauerland 1/2012<br />
Prof. Dr. Thomas Pröpper (links) und<br />
Pfarrarchivar Rudolf Rath mit dem<br />
Findbuch zum Nachlass von Theodor Pröpper<br />
Literarischer Nachlass im<br />
Pfarrarchiv St. Blasius Balve<br />
Natürlich wusste der inzwischen verstorbene<br />
Geistliche Rat Josef Löcker bei<br />
der Feier seines 100-jährigen Geburtstags<br />
im Januar 2008 nicht, was sich „hinter<br />
seinem Rücken abspielte“. In den fast 20<br />
Jahren seiner Tätigkeit als Pfarrer und<br />
Dechant in Balve war er Weggefährte<br />
Theodor Pröppers, auch im Vorstand <strong>des</strong><br />
Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>. Zwei weitere<br />
„Balver“, Prof. Dr. Thomas Pröpper, em.<br />
Inhaber eines Lehrstuhls der theologischen<br />
Fakultät an der Universität Münster, und<br />
Rudolf Rath, begegneten sich nach vielen<br />
Jahren am Rande der Geburtstagsfeier für<br />
den damals ältesten Priester der Diözese.<br />
Schnell stellten sie fest: Ihr gemeinsames<br />
Anliegen bestand darin, den literarischen<br />
Nachlass Pröppers dauerhaft zu sichern<br />
und allgemeiner Nutzung zugänglich zu<br />
machen. Der musikalische Nachlass jedoch,<br />
darin war man sich einig, solle an<br />
das Musikarchiv in Hagen abgegeben werden.<br />
Bereits nach einem Jahr – es waren<br />
die Voraussetzungen und notwendigen<br />
vertragsrechtlichen Grundlagen zu klären<br />
–, konnte Pröppers literarischer Nachlass<br />
in das Archiv der Pfarrgemeinde St. Blasius<br />
Balve aufgenommen werden. Zwei<br />
weitere Jahre benötigte der ehrenamtliche<br />
Pfarrarchivar, um das umfangreiche Werk<br />
<strong>des</strong> Dichters und Schriftstellers zu ordnen,<br />
aufzubereiten und in einem „Findbuch“<br />
darzustellen, um es zur allgemeinen Nutzung<br />
bereitstellen zu können.<br />
„Als Bestandsverzeichnis und eine Art<br />
Wegweiser zu den Dokumenten im Pfarrarchiv<br />
St. Blasius spiegelt das ‚Findbuch’<br />
die große Bandbreite <strong>des</strong> literarischen<br />
Kommentiert<br />
Irritationen durch das<br />
Schmallenberg-Virus<br />
Schaffens Pröppers wider. Sie erstreckt<br />
sich von Manuskripten und Büchern über<br />
Vortragstexte und Berichte, Theaterstücke<br />
und Aufsätze bis hin zu Liedtexten und<br />
Gedichten“, erläuterte der Archivar an diesem<br />
Festabend den aufmerksamen Gästen.<br />
„Eigentlich existiert dieses ‚Findbuch’<br />
nur als umfangreiche Datei im Computer<br />
<strong>des</strong> Pfarrarchivs. So kann der hochwertige<br />
literarische Bestand fortlaufend ergänzt<br />
und aktualisiert werden.“ Eine einmalige<br />
schriftliche Druckausgabe aber, also ein<br />
Unikat, überreichte Rudolf Rath an Prof.<br />
Dr. Thomas Pröpper, die dieser mit großer<br />
Freude entgegennahm. „Meine Geschwister<br />
und ich wissen das außergewöhnliche<br />
Engagement zu schätzen, mit dem der umfangreiche<br />
literarische Nachlass unserers<br />
Vaters im Pfarrarchiv erfasst, dieses Findbuch<br />
erarbeitet und das heutige eindrucksvolle<br />
Festprogramm vorbereitet und gestaltet<br />
wurde“, so Thomas Pröpper. „Wir<br />
Plötzlich geisterte das „Schmallenberg-Virus“<br />
durch die Medienlandschaft.<br />
Ein besorgniserregender Begriff – vor<br />
wenigen Monaten noch völlig unbekannt.<br />
Schmallenberg, die mit 303<br />
Quadratkilometern flächengrößte Stadt<br />
Nordrhein-Westfalens, sah und sieht<br />
sich konfrontiert mit dieser neuen Wort-<br />
Kombination. Wie kam es dazu? Das<br />
Friedrich Loeffler Institut auf der Insel<br />
Riems (Greifswalder Bodden/Rügen)<br />
entdeckte das Virus, das erstmals im vergangenen<br />
Herbst auf einem Bauernhof<br />
in Schmallenberg auftauchte und isoliert<br />
werden konnte. Es ist ein naher Verwandter<br />
<strong>des</strong> Akabana-Virus, das 1959<br />
entdeckt wurde und zwar im japanischen<br />
Akabana. Schmallenberg teilt also das<br />
Schicksal mit dieser fernöstlichen Stadt.<br />
Der Name <strong>des</strong> Virus wird offensichtlich<br />
(wenn auch zunächst vorläufig) mit dem<br />
Ort verbunden, wo es entdeckt wird.<br />
Das Virus befällt das Gehirn von<br />
Wiederkäuern, vor allem Rindern, Schafen<br />
und Ziegen. Anfang 2012 wurden<br />
in NRW zahlreiche nicht lebensfähige<br />
Lämmer mit missgebildeten Gliedmaßen<br />
geboren. Ähnliche Entwicklungen<br />
befürchten die Bauern, wenn im Frühjahr<br />
die Kälber geboren werden. Für die<br />
Schäfer und Landwirte ist das natürlich<br />
eine schlimme Situation, mit der sie fertig<br />
werden müssen. Die Produktion von<br />
Impfstoffen braucht Monate. Bis dahin<br />
muss Schadensbegrenzung geleistet werden.<br />
Nach vorläufigen Erkenntnissen soll<br />
das Virus für Menschen keine Gefahr<br />
bedeuten. Das dürfte sich positiv auswirken<br />
bei den Urlaubern, die gerne nach<br />
wie vor nach Schmallenberg und in die<br />
umliegenden reizvollen Dörfer kommen<br />
und entsprechend buchen. Ängste und<br />
eventuelle Befürchtungen müssen aber<br />
ernst genommen werden. Die Gäs te<br />
möchten ohne Wenn und Aber ungeschönte<br />
Informationen. Tourismus-Chef<br />
Thomas Weber und seine Mitarbeiter<br />
sind verlässliche Berater, auf deren Wort<br />
man sich verlassen kann. Auch Bürgermeister<br />
Halbe gibt sich größte Mühe,<br />
das ausgezeichnete Image seiner Stadt<br />
Schmallenberg wortreich zu pflegen. So<br />
ist zu hoffen und zu wünschen, dass dieses<br />
Schmallenberg-Virus möglichst bald<br />
keine Sorgen mehr auslöst und seinen<br />
Schrecken verliert.<br />
Heinz Lettermann<br />
sind tief beeindruckt, nachdem wir uns<br />
davon überzeugen konnten, dass das Werk<br />
unseres Vaters auch über 30 Jahre nach<br />
seinem Tod einen so hohen Stellenwert<br />
im kulturellen Leben der Stadt Balve, der<br />
Region und darüber hinaus behalten hat.“<br />
Damit bestätigte auch er den Eindruck der<br />
weireren Gäste: Bei allen Rückblicken und<br />
Erinnerungen hatten sie in dieser Festveranstaltung<br />
nicht eine lediglich gedenkende<br />
Rückschau erlebt, sondern vielfältige<br />
Impulse für eine Neubelebung der Werke<br />
<strong>des</strong> verdienstvollen Musikers und Literaten<br />
Theodor Pröpper wahrgenommen.<br />
Bürgermeister Hubertus Mühling blieb<br />
es vorbehalten, diesen Abend mit einem<br />
herzlichen Dank an die Organisatoren, die<br />
Mitwirkenden und die zahlreichen Gäste zu<br />
beschließen. Dabei vergaß er auch nicht,<br />
die Vereinigte Sparkasse im Märkischen<br />
Kreis als Sponsor für diese Festveranstaltung<br />
zu erwähnen.
Sauerland 1/2012 7<br />
Die Erfahrungen der beiden Weltkriege<br />
und insbesondere die Erinnerungen<br />
an die unter der deutschen<br />
Besatzung zwischen 1940 und 1944 an<br />
Franzosen begangenen Verbrechen haben<br />
das Verhältnis zwischen beiden Völkern<br />
schwer belastet und als irreparabel<br />
erscheinen lassen. Menschen wie der<br />
aus dem Sauerland stammende Priester<br />
Franz Stock haben jedoch entscheidend<br />
zur Aussöhnung zwischen Deutschland<br />
und Frankreich beigetragen und damit das<br />
neue Europa auf den Weg gebracht. Für<br />
viele Franzosen ist Franz Stock ein überzeugen<strong>des</strong><br />
Beispiel dafür, dass nicht alle<br />
Deutschen dem verbrecherischen System<br />
<strong>des</strong> Nationalsozialismus gefolgt sind.<br />
Franz Stock<br />
und der Weg<br />
nach Europa<br />
Sonderausstellung<br />
im Sauerland-Museum<br />
vom 20. Mai bis zum<br />
26. August 2012<br />
von Dr. Jürgen Schulte-Hobein<br />
Das Sauerland-Museum <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises<br />
in Arnsberg zeichnet in Zusammenarbeit<br />
mit dem Franz-Stock-Komitee<br />
für Deutschland mit der Sonderausstellung<br />
„Franz Stock und der Weg nach Europa“<br />
das Lebenswerk Abbé Stocks nach. Durch<br />
die Einbettung in den historischen Gesamtkontext<br />
wird die Bedeutung Stocks für die<br />
fundamentale Veränderung <strong>des</strong> deutschfranzösischen<br />
Verhältnisses deutlich, das<br />
sich seit der Mitte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />
vom „Erzfeind zum Duzfreund“ gewandelt<br />
hat.<br />
Die Spannungen zwischen den beiden<br />
Nachbarn hatten besonders nach dem<br />
Krieg von 1870/71 zugenommen und<br />
durch die Reichsgründung am 18. Januar<br />
1871 im Spiegelsaal <strong>des</strong> Schlosses von<br />
Versailles in Verbindung mit der Annexion<br />
von Elsass-Lothringen zu einer Konfrontation<br />
geführt, die in zwei Weltkriegen ausgetragen<br />
wurde und den Begriff der „Erbfeindschaft“<br />
aufkommen ließ.<br />
In Frankreich wirkte die Wahl von Versailles<br />
als Ort der Proklamation als tiefe<br />
Demütigung, symbolisierte doch das durch<br />
Ludwig XIV. errichtete Schloss sowohl<br />
den Glanz der französischen Monarchie<br />
als auch die Geburt der souveränen Nation.<br />
Hier hatte sich 1789 die Nationalversammlung<br />
konstituiert. Darüber hinaus<br />
blieb der Verlust <strong>des</strong> Elsass und eines Teils<br />
von Lothringen als Symbol nationaler<br />
Schmach in der kollektiven Erinnerung<br />
Frankreichs verankert. „Der Durst nach<br />
Vergeltung quälte uns alle, die Hoffnung<br />
auf baldige oder spätere Revanche war<br />
der stete Gedanke <strong>des</strong> ganzen Lan<strong>des</strong>“,<br />
schrieb der französische Essayist Paul de<br />
Saint-Victor im Juli 1871.<br />
Franz Stock (1904–1948)<br />
In Deutschland regierte seit 1888 der<br />
politisch unreife Kaiser Wilhelm II., der<br />
mit der Entlassung Bismarcks den Übergang<br />
zur Weltpolitik und das Ende der<br />
Berechenbarkeit deutscher Außenpolitik<br />
einleitete und eine entscheidende Mitverantwortung<br />
für den Ausbruch <strong>des</strong> Ersten<br />
Weltkrieges am 1. August 1914 trägt. Die<br />
brutalen Kämpfe von Verdun, in denen<br />
über 700 000 Deutsche und Franzosen<br />
fielen, markieren den Höhepunkt der kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen zwischen<br />
beiden Völkern und stehen als Symbol für<br />
die tragische Ergebnislosigkeit <strong>des</strong> Stellungskriegs.<br />
Vor diesem Hintergrund wird Franz<br />
Stock am 21. September 1904 als erstes<br />
von neun Kindern geboren. Die Familie<br />
stammt aus Ruhne, Kreis Soest, einem<br />
kleinen Dorf auf der Höhe <strong>des</strong> Haar<br />
strangs. Der Vater arbeitet in einer Neheimer<br />
Kleinmetallwarenfabrik und baut sich<br />
ein Haus in der Gartenstraße. Im siebten<br />
Volksschuljahr äußert der junge Franz<br />
zum ersten Mal den Wunsch, Pries ter zu<br />
werden. Deshalb schicken ihn die Eltern<br />
Ostern 1917 auf das Neheimer Realgymnasium<br />
in der heutigen Goethestraße. In<br />
seiner Gymnasialzeit schließt er sich der<br />
katholischen Jugendbewegung „Quickborn“<br />
an, die ihm erlaubt, seine Gedanken<br />
vom Frieden nachzuleben.<br />
Der Versailler Friedensvertrag von<br />
1919 ist durch Revanchismus geprägt<br />
und schafft keinen dauerhaften Frieden<br />
zwischen Deutschland und Frankreich.<br />
Vielmehr legt er den Keim für neue kriegerische<br />
Auseinandersetzungen und begünstigt<br />
entscheidend den Aufstieg der<br />
Nationalsozialisten. Eine dauerhafte Verbesserung<br />
der Beziehungen zwischen<br />
Deutschland und Frankreich gelingt nicht,<br />
obwohl sich die Außenminister Stresemann<br />
und Briand durch den Vertrag von<br />
Locarno im Oktober 1925 redlich darum<br />
bemühen.<br />
Für Stock ist die Aussöhnung eine Herzensangelegenheit.<br />
Ostern 1926 macht er<br />
sein Abitur und geht als Theologiestudent<br />
nach Paderborn. Im selben Jahr nimmt er<br />
an einem großen internationalen Friedenstreffen<br />
von Jugendlichen in Bierville in der<br />
Nähe von Paris teil. Im Anschluss an eine<br />
Pilgerfahrt nach Luxemburg 1931 lädt<br />
er 35 junge Franzosen in sein Elternhaus<br />
nach Neheim ein. Das Friedenstreffen endet<br />
am 13. September 1931 mit einer von<br />
den Nationalsozialisten gestörten großen<br />
Friedenswallfahrt auf dem Borberg bei Brilon.<br />
Deutsch-französisches Jugendtreffen<br />
auf dem Borberg bei Brilon<br />
Am 12. März 1932 wird Stock durch<br />
Erzbischof Caspar Klein zum Priester<br />
geweiht. Die Primizmesse feiert er am<br />
zweiten Ostertag in seiner Neheimer Heimatgemeinde<br />
St. Johannes Baptist. Nach<br />
ersten Priesterstationen in Effeln bei An
8 Sauerland 1/2012<br />
röchte und Dortmund-Eving wird er 1934<br />
zum Rektor der deutschen Gemeinde in<br />
Paris ernannt. Zu seinen Gemeindemitgliedern<br />
zählen Angehörige der Deutschen<br />
Botschaft, Familien, die in Paris leben,<br />
Studenten, weibliche Angestellte und junge<br />
Mädchen, die als Au-Pair-Mädchen nach<br />
Paris gekommen sind, um französisch zu<br />
lernen. Zu dieser Gruppe kommen nach<br />
und nach politische Flüchtlinge, die vor<br />
dem Nationalsozialismus in Deutschland<br />
geflohen sind.<br />
Der von London<br />
aus über den<br />
Rundfunk verbreitete<br />
Aufruf General<br />
de Gaulles vom<br />
18. Juni 1940 ist<br />
der Gründungsakt<br />
<strong>des</strong> „Freien Frankreichs“<br />
und der<br />
Beginn <strong>des</strong> Widerstan<strong>des</strong><br />
gegen die<br />
Deutschen. Die<br />
Stock mit dem deutschen Botschafter von Welczek (2. v.l.)<br />
Primiz 1932 in Neheim<br />
Der Ausbruch <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges,<br />
den Hitler am 1. September 1939 durch<br />
den deutschen Angriff auf Polen auslöst,<br />
beendet vorerst Stocks Tätigkeit in Paris.<br />
Ende <strong>des</strong> Jahres wird er zum Pfarrverweser<br />
in Dortmund-Bodelschwingh berufen<br />
und im Januar zur Vertretung in die mitteldeutsche<br />
Diaspora nach Klein-Wanzleben<br />
geschickt.<br />
Nach der Niederwerfung und Besetzung<br />
Frankreichs durch deutsche Truppen<br />
und dem Waffenstillstandsvertrag vom 22.<br />
Juni 1940 in Compiègne erhält Stock erneut<br />
seine Ernennung zum Seelsorger der<br />
Deutschen in Paris.<br />
Mitglieder der Résistance<br />
stammen<br />
aus allen Milieus. Es<br />
sind Nationalisten,<br />
Christen, Demokraten<br />
und Kommunisten,<br />
die von<br />
den offiziellen Stellen<br />
als Feinde <strong>des</strong><br />
Reiches deklariert<br />
und gefangengesetzt<br />
werden. Ihnen<br />
gibt Abbé Stock seit<br />
November 1940 religiösen Beistand und<br />
versucht nach Kräften zu helfen. Er betreut<br />
die Gefangenen in den Pariser Gefängnissen<br />
La Santé, Cherche-Midi und Fresnes.<br />
Allein in Fresnes werden zwischen 1940<br />
und 1944 mehr als 11 000 Menschen<br />
inhaftiert. Man nennt es das „Vorzimmer<br />
<strong>des</strong> To<strong>des</strong>“ und die „Filiale der Hölle“. In<br />
Fresnes und den anderen Gefängnissen, in<br />
denen die Gefangenen in den Zellen zusammengepfercht<br />
werden, finden sich auf<br />
den Wänden der feuchten Verliese Botschaften,<br />
die mit einem Nagel oder Bleistift<br />
eingekritzelt worden sind. Sie beschreiben<br />
die Leiden der Gefangenen, die wegen<br />
ihres Widerstan<strong>des</strong> hier inhaftiert gewesen<br />
sind, bezeugen aber auch die Gedanken<br />
der Hoffnung und <strong>des</strong> Verzeihens.<br />
Anfangs wird Stock nicht immer mit<br />
Wohlwollen empfangen, wenn er die Zellen<br />
betritt. Schließlich ist er Deutscher<br />
und verkörpert mit seinen blauen Augen<br />
und seinem blonden Haar vom äußeren<br />
Erscheinungsbild ganz das Idealbild der<br />
Nazis. Seine Besuche in Soutane mit einer<br />
Rote-Kreuz-Armbinde werden jedoch<br />
immer häufiger und wecken bei den Gefangenen<br />
Vertrauen. Bald erhält er für<br />
seinen unermüdlichen Einsatz von den<br />
Gefangenen den Beinamen „Seelsorger in<br />
der Hölle“.<br />
Viele haben nicht nur ein ungewisses<br />
Schicksal vor sich, sie sind auch ohne<br />
Nachricht von ihren Angehörigen. Stock<br />
ist und bleibt die einzige Verbindung von<br />
der Außenwelt in die Gefängnisse und von<br />
den Gefängnissen in die Außenwelt. Er<br />
Das Paris, in das er zurückkehrt, hat<br />
sich verändert. Es ist nicht mehr die gleiche<br />
Stadt wie vor dem Kriege. Auf dem<br />
Arc de Triomphe weht die Hakenkreuzfahne.<br />
Das Bild ist geprägt von der militärischen<br />
Gegenwart der deutschen Besatzer.<br />
Die katholische Gemeinde besteht jetzt<br />
aus uniformierten Offizieren und Soldaten,<br />
aus Nachrichtenhelferinnen und Krankenschwestern.<br />
Stock organisiert eine regelmäßige<br />
Seelsorge für sie in Form von Gottesdiensten,<br />
Predigten oder Vorträgen. Auf<br />
der Tagesordnung stehen auch Führungen<br />
zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. In<br />
seiner schwarzen Soutane ist er der einzige<br />
Zivilist unter den Uniformierten.<br />
In der nationalen Gedenkstätte am Mont Valérien werden die Erschießungspfähle<br />
und die Särge, in denen die Erschossenen zu den Massengräbern transportiert wurden,<br />
aufbewahrt. Erschießungsphahl und Sarg werden als Leihgabe aus Paris in<br />
der Arnsberger Ausstellung zu sehen sein.
Sauerland 1/2012 9<br />
schmuggelt manches in die Gefängnisse<br />
hinein, was gegen die Weisungen der militärischen<br />
Autoritäten verstößt. Auf der<br />
Innenseite seiner Soutane hat er sich zwei<br />
große Taschen nähen lassen, in die er die<br />
Sachen verstaut. Wenn man ihn kontrollieren<br />
will, verbittet er sich jede Kontrolle<br />
und kann darauf verweisen, dass er im<br />
Rang eines Offiziers ist. Stocks Risiko geht<br />
sogar soweit, dass er schriftliche Nachrichten,<br />
Grüße, familiäre Angelegenheiten,<br />
Bitten und Informationen auf Zettel oder<br />
Papierfetzen kritzelt und herein- oder herausschmuggelt.<br />
Die Antworten der Angehörigen<br />
lässt er die Gefangenen lesen.<br />
Anschließend nimmt er sie wieder mit und<br />
verbrennt sie.<br />
Die Nationalsozialisten ahnden jeden<br />
Widerstand mit brutaler Gewalt, sodass<br />
die Herausforderungen für Stock immer<br />
größer werden. Er wird mit einer noch<br />
grausameren Wirklichkeit konfrontiert.<br />
Auf dem Mont Valérien, einem alten<br />
Wallfahrtsort, werden die zum Tode verurteilten<br />
Widerstandskämpfer und Geiseln<br />
hingerichtet. Stock bereitet sie auf den<br />
Tod vor und steht ihnen bis zu ihrer Hinrichtung<br />
bei. Die Zahl der Hinrichtungen<br />
geht bis in die Tausende. Zunächst sind es<br />
nur Einzelerschießungen, bald aber folgen<br />
auch Gruppenerschießungen. Die Termine<br />
zwischen den Exekutionen werden immer<br />
kürzer.<br />
Stocks Tagebuch nennt 863 Erschießungen.<br />
Einem Bekannten aus seiner Heimat<br />
hat er acht Wochen vor seinem Tod<br />
die Zahl von über 2000 genannt. Die Gedenkplakette<br />
auf dem Mont Valérien führt<br />
über 4500 Erschießungen auf. Stock ist<br />
von den Ereignissen sichtlich gezeichnet.<br />
Die Ärzte raten ihm, sich auszuruhen und<br />
nicht mehr in die Gefängnisse und zum<br />
Mont Valérien zu gehen. Die Frau eines<br />
Gefangenen berichtet später: „Ich war erschüttert<br />
von seinem Anblick. Er weinte,<br />
wie ich noch niemals einen Mann habe<br />
weinen sehen…“.<br />
Am 6. Juni 1944 erfolgt die Invasion<br />
der Alliierten in der Normandie. Am Mittag<br />
<strong>des</strong> 25. August 1944 weht nach über<br />
vier Jahren wieder die Trikolore auf dem<br />
Eiffelturm und dem Arc de Triomphe. De<br />
Gaulles Einmarsch in die Stadt wird zum<br />
Triumphzug.<br />
Stock bleibt in Paris und hilft freiwillig in<br />
einem Hospital, wo viele schwer verwundete<br />
deutsche Soldaten zusammengelegt<br />
sind. Das Hospital wird durch französische<br />
Streitkräfte besetzt. Ein Hauptmann, der<br />
als Mitglied der Résistance im Gefängnis<br />
Fresnes inhaftiert gewesen ist, dringt mit<br />
seinen Soldaten in das Lazarett ein und<br />
fordert die Herausgabe von mehreren Geiseln,<br />
um sie wegen der Grausamkeiten von<br />
SS und Gestapo erschießen zu lassen. Als<br />
er Abbé Stock erkennt, stellt er das Lazarett<br />
unter den Schutz der Résistance und<br />
bewahrt seine Insassen vor Repressalien.<br />
Der Offizier unterzeichnet ein entsprechen<strong>des</strong><br />
Papier, das an das Portal <strong>des</strong> Lazaretts<br />
geheftet wird.<br />
Als die Amerikaner das Lazarett übernehmen,<br />
wird Abbé Stock amerikanischer<br />
Kriegsgefangener und in das Gefangenenlager<br />
Cherbourg gebracht. Zwei Tage<br />
vorher ist er vierzig Jahre alt geworden.<br />
Gemeinsam mit französischen Priesterfreunden<br />
gründet er das „Seminar hinter<br />
Stacheldraht“ für deutsche kriegsgefangene<br />
Theologiestudenten, zuerst in Orléans,<br />
dann in Chartres. Stock wird gebeten, dieses<br />
Seminar als Regens zu leiten. Die Universität<br />
Freiburg im Breisgau übernimmt<br />
die Patenschaft.<br />
Nuntius Roncalli,<br />
der spätere Papst<br />
Johannes XXIII.,<br />
besucht das Seminar<br />
wiederholt.<br />
Am Sonntag nach<br />
Weihnachten betont<br />
der Nuntius<br />
bei einem seiner<br />
Besuche: „Das Seminar<br />
von Chartres<br />
gereicht sowohl<br />
Frankreich<br />
wie Deutschland<br />
zum Ruhme. Es ist<br />
sehr wohl geeignet,<br />
zum Zeichen<br />
der Verständigung<br />
und Versöhnung zu<br />
werden.“ Am 5. Juni 1947 wird das in der<br />
Geschichte der Kirche größte und einzigartige<br />
Seminar nach mehr als zwei Jahren<br />
seines Bestehens aufgelöst. 949 Seminaristen,<br />
Dozenten, Priester und Laienbrüder<br />
sind hier gewesen. Gesundheitlich<br />
angeschlagen kehrt Stock nach Paris zurück<br />
und wartet dort auf seine baldige Entlassung.<br />
Am 24. Februar 1948 stirbt er,<br />
noch keine 44 Jahre alt, an Herzversagen<br />
in einem Pariser Krankenhaus. Da er für<br />
die französische Verwaltung immer noch<br />
Kriegsgefangener ist, wird sein Tod nicht<br />
bekannt gegeben. Bei seiner Beerdigung<br />
auf dem Pariser Friedhof Thiais sind daher<br />
nur wenige Personen anwesend. Nuntius<br />
Roncalli segnet den Verstorbenen ein und<br />
spricht den berühmten Satz: „Franz Stock,<br />
das ist kein Name, das ist ein Programm.<br />
“ 16 Monate später findet am 3. Juli 1949<br />
im Invalidendom in Paris, in dem noch<br />
nie ein Deutscher geehrt worden ist, in<br />
der Nähe von Napoleons Sarkophag die<br />
erste offizielle Feier zum Gedenken an<br />
Franz Stock statt. Zwei Jahre später erhält<br />
das Grab einen würdigen Grabstein mit<br />
der Inschrift „PAX“. Den Stein haben die<br />
Familien der inhaftierten und hingerichteten<br />
Widerstandskämpfer gestiftet. Im Juni<br />
1963 wird Stocks Leichnam von Paris<br />
nach Chartres in die neuerbaute Kirche<br />
Saint-Jean-Baptiste umgebettet. Am Tag<br />
zwischen der Exhumierung und Beisetzung<br />
in Chartres ratifiziert am 14. Juni 1963<br />
die französische Nationalversammlung den<br />
deutsch-französischen Freundschaftsvertrag<br />
(Élysée-Vertrag), den Adenauer und de<br />
Gaulle am 22. Februar 1963 unterzeichnet<br />
haben.<br />
Im Rahmen der Beisetzungsfeierlichkeiten<br />
in Chartres erhält der Platz vor<br />
der Kirche St.-Jean-Baptiste den Namen<br />
Place de l’Abbé Franz Stock<br />
vor dem Mahnmal am Mont Valérien<br />
„Place de l’Abbé Stock“. Im Jahre 1990<br />
setzt Frankreich ein neues Zeichen der<br />
Versöhnung. Mit einem einstimmigen Beschluss<br />
<strong>des</strong> Stadtrats von Suresnes/Paris<br />
wird der große Platz vor dem „Memorial<br />
de la France combattante“ auf dem Mont<br />
Valérien, das an den Widerstand der Franzosen<br />
gegen die deutsche Besatzungsmacht<br />
erinnert, in „Place de l’Abbé Franz<br />
Stock“ umbenannt.<br />
Heute erinnern viele weitere Einrichtungen,<br />
Straßen, Plätze und Gedenkstätten<br />
sowohl in Deutschland als auch in<br />
Frankreich an Franz Stock und halten so<br />
das Andenken an sein Wirken dauerhaft<br />
wach. Hierzu zählen auch mehrere Schu
10 Sauerland 1/2012<br />
Gedenktafel am Elternhaus in Neheim<br />
Gedenktafel an Franz Stock in Chartres<br />
len wie das 1961 umbenannte Arnsberger<br />
Franz-Stock-Gymnasium mit ca. 1500<br />
Schülerinnen und Schülern.<br />
Im Jahre 2013 ist der 50. Jahrestag<br />
der Unterzeichnung <strong>des</strong> Élysée-Vertrags,<br />
der die Aussöhnung zwischen Deutschen<br />
und Franzosen besiegelt und die Grundlagen<br />
für einen dauerhaften Frieden auf dem<br />
europäischen Kontinent geschaffen hat.<br />
Der Élysée-Vertrag hat im Sinne Franz<br />
Stocks, der sich fast sein ganzes Leben<br />
lang für Frieden, Verständigung und Aussöhnung<br />
zwischen Deutschen und Franzosen<br />
eingesetzt hat, eine Ära beispielloser<br />
Zusammenarbeit eingeleitet und maßgeblich<br />
die Vereinigung Europas auf den Weg<br />
gebracht.<br />
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft<br />
<strong>des</strong> französischen Botschafters<br />
in Berlin, Monsieur Maurice Gourdault-<br />
Montagne, und <strong>des</strong> deutschen Botschafters<br />
in Paris, Herrn Reinhard Schäfers.<br />
Parallel erscheint ein reich bebilderter<br />
Katalog.<br />
Die Einführungsveranstaltung zur Ausstellungseröffnung<br />
beginnt am Sonntag,<br />
20. Mai 2012, 15.00 Uhr, mit einem Gottesdienst<br />
in der Arnsberger Propsteikirche.<br />
Danach findet der Festakt im Sauerlandtheater<br />
mit einem Einführungsvortrag von<br />
Kardinal Paul Josef Cor<strong>des</strong> statt. Anschließend<br />
erfolgt die Eröffnung der Ausstellung<br />
im Sauerland-Museum.<br />
Seit 1912 widmet sich das Mendener<br />
Museum dem Abenteuer Heimat.<br />
Am 21. 11. wird der Verein der<br />
Freunde und Förderer <strong>des</strong> Städt. Museums<br />
Menden e.V. gegründet. Dies ist gleichzeitig<br />
die Geburtsstunde <strong>des</strong> Mendener<br />
Museums, denn der erste Museumsleiter<br />
100 Jahre<br />
Museum<br />
und<br />
Museumsverein<br />
von J. Törnig-Struck<br />
Glunz mit Höhlenbär<br />
Friedrich Glunz, Bürgermeister Dr. Ernst<br />
Overhues und weitere Mendener Persönlichkeiten<br />
gründen den Museumsverein<br />
ausdrücklich zum Zweck der Einrichtung<br />
eines Heimatmuseums. Mit dem Aufruf<br />
„Spendet Altertümer“ beginnt eine<br />
Sammlungstätigkeit, die bis heute anhält.<br />
Bereits zwei Monate nach der Gründung<br />
<strong>des</strong> Museumsvereins konnten im alten Rathaus<br />
zwei Räume eröffnet werden, die die<br />
neuen Sammlungsbestände präsentierten.<br />
Am Weihnachtsmorgen <strong>des</strong> Jahres 1914
Sauerland 1/2012 11<br />
wurde das heutige Museum für Stadt- und<br />
Kulturgeschichte im Patrizierhaus <strong>des</strong><br />
Kaufmanns Biggeleben eröffnet.<br />
Gleichzeitig wurde im Umkreis <strong>des</strong> Museums<br />
rege Feldforschung betrieben. So<br />
konnte Glunz mit dem Medizinalrat Prof.<br />
Dr. Keppler für das Mendener Museum<br />
einen Vertrag abschließen, der ihm das<br />
Recht erteilte, die so genannte Keppler-<br />
Höhle, schräg gegenüber der Balver Höhle<br />
gelegen, auszuwerten. Sie erwies sich als<br />
reiche Fundgrube eiszeitlicher Tierknochen:<br />
Im Jahr 1919 konnte Glunz dort<br />
über 5000 Knochen für das Mendener<br />
Museum bergen. In den Jahren 1924 und<br />
1925 führte Friedrich Glunz umfangreiche<br />
Grabungen in der Karhof-Höhle und in<br />
der Burghöhle im Hönnetal durch. 1950<br />
wurde von Rektor Robert Frese die Ruine<br />
der mittelalterlichen Rodenburg wiederentdeckt<br />
und ausgegraben.<br />
Ging es anfangs darum, die Geschichte<br />
Mendens, die Ur- und Frühgeschichte <strong>des</strong><br />
Hönnetals und die „heile Welt“ der Ackerbürger<br />
und Handwerker zu bewahren, so<br />
steht heute das Motto „Wir machen Geschichte<br />
erlebbar“ im Vordergrund. Hinter<br />
der schönsten Haustür Mendens erscheint<br />
der Kaufmann und Bürgermeister Johann<br />
Caspar Biggeleben sogar selbst als „sprechen<strong>des</strong><br />
Porträt“ und berichtet von seinem<br />
üppigen Lebensstil. Dank der Eröffnung<br />
einer Zweigstelle im so genannten Schmarotzerhaus,<br />
einem kleinen Fachwerkhaus<br />
an der ehemaligen mittelalterlichen<br />
Wehrmauer, bietet sich inzwischen beim<br />
Stadtrundgang und Museumsbesuch die<br />
einzigartige Gelegenheit, die Pracht einer<br />
barocken Küche mit der Einfachheit einer<br />
verrußten Feuerstelle zu vergleichen, Kälte<br />
und Dunkelheit eines Arme-Leute-Hauses<br />
und die Wohnlichkeit eines Patrizierhauses<br />
hautnah zu erleben.<br />
Nach wie vor unterstützt der Museumsverein<br />
das Museum durch zahlreiche Aktivitäten<br />
und durch den Erwerb von Exponaten<br />
für die Sammlung. Auch die österliche<br />
Jubiläumsausstellung konnte nur durch die<br />
Unterstützung <strong>des</strong> Museumsvereins ermöglicht<br />
werden.<br />
Das Jubiläumsjahr beginnt am 10. März<br />
mit der Sonderausstellung „Osterzeit – Von<br />
Ostereiern, Hasen und alten Bräuchen<br />
(Sammlung Monika Lennartz, Mönchengladbach).<br />
Zahlreiche Veranstaltungen<br />
und Aktivitäten folgen bis zum Festakt am<br />
24. November, zu dem Prof. Dr. Reiner<br />
Feldmann den Festvortrag zum Thema<br />
„Geheimnisvolle Orte – Feldforschung im<br />
Umkreis <strong>des</strong> Museums Menden“ hält.<br />
Vertreter Papst Benedikts XVI. in Deutschland<br />
leitet Eichsfelder-Wallfahrt nach Bochum-Stiepel<br />
Die Wallfahrt der katholischen Eichsfelder<br />
in der Fremde zur ‚Schmerzhaften<br />
Mutter von Bochum-Stiepel’ wird alljährlichm<br />
vom Bund der Eichsfelder Vereine e.<br />
V. in der Fremde organisiert und hat bereits<br />
seit 1924 Tradition. Es ist somit die<br />
89. Wallfahrt der katholischen Eichsfelder<br />
in der Fremde zur ‚Schmerzhaften Mutter<br />
von Bochum-Stiepel’. Diese findet diesjährig<br />
wieder am Dreifaltigkeitssonntag<br />
(Sonntag nach Pfingsten), 3. Juni 2012<br />
statt. Besonderer Gast ist der Vertreter<br />
Papst Benedikts XVI. in Deutschland, Erzbischof<br />
Dr. Jean-Claude Périsset, aus Berlin.<br />
Die Firma Thon-Reisen aus Kreuzebra<br />
bietet wieder interessierten Landsleuten<br />
aus dem Eichsfeld die Möglichkeit einer<br />
Teilnahme an den Wallfahrtsfeierlichkeiten<br />
mit dem besonderen Gast.<br />
Voller Dankbarkeit blickt der Bund der<br />
Eichsfelder Vereine e. V. in der Fremde auf<br />
den Papstbesuch am 23. September 2011<br />
im Eichsfeld zurück. Viele Eichsfelder<br />
Apostolischer<br />
Nuntius:<br />
Dr. Erzbischof<br />
Jean-Claude<br />
Périsset<br />
und Pilger aus ganz<br />
Deutschland konnten<br />
gemeinsam mit Papst<br />
Benedikt XVI. an der<br />
Wallfahrtskapelle in<br />
Etzelsbach eine Marianische<br />
Vesper feiern.<br />
„Zu dieser Wallfahrt<br />
laden wir bereits alle<br />
Eichsfelder in der Heimat<br />
und der Fremde<br />
sehr herzlich ein“, so<br />
Christian Herker vom<br />
Bun<strong>des</strong>vorstand <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong> der Eichsfelder Vereine e. V. in der<br />
Fremde. Damit diese Wallfahrt zu einem<br />
„großen Glaubensfest in landsmännischer<br />
Verbundenheit“ wird, wäre eine zahlreiche<br />
Beteiligung vieler Eichsfelder wünschenswert.<br />
Ansprechpartner für organisatorische Fragen ist:<br />
Bund der Eichsfelder Vereine e.V. in der Fremde,<br />
c/o Christian Herker, Ratiborer Str. 5, 44795 Bochum,<br />
Tel.: 0234 473453, Mobil: 0160 8433959
12 Sauerland 1/2012<br />
Ausufernder Ortsrand<br />
mit chaotischen Bauformen<br />
Baugestaltung und<br />
Baukultur in Dörfern<br />
und Städten <strong>des</strong><br />
ländlichen Raumes<br />
von Dipl.-Ing. Wolfgang Pieper<br />
Inakzeptable Verunstaltung einer Dachfläche<br />
Der Festvortrag von Herrn Professor<br />
Dr. Halbfas anlässlich der Mitgliederversammlung<br />
in Olpe (veröffentlicht<br />
in Heft 3/2011 Z<strong>eitschrift</strong> Sauerland)<br />
zum Thema „Heimatpflege tut Not“ ist mir<br />
Veranlassung, die Verdienste von Prof.<br />
Halbfas in Sachen Dorf- und Stadtgestaltung<br />
zu würdigen. Die vielen Beiträge, die<br />
Prof. Halbfas in der Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer<br />
Heimatbun<strong>des</strong> geliefert hat, (z.B.<br />
Außenreklame, Gestaltung von Dachgauben,<br />
Ausführung von Schieferdächern,<br />
Gestaltung von Gartenmauern etc.) sind<br />
beispielhaft und treffen immer den Nagel<br />
auf den Kopf.<br />
Als Fachmann habe ich große Genugtuung<br />
empfunden, dass der Sauerländer<br />
Heimatbund dieses Thema immer wieder<br />
aufgreift, zumal in der Gesellschaft oft<br />
wenig Verständnis für Gestaltungsfragen<br />
der gebauten Umwelt aufgebracht wird.<br />
Wenn Prof. Halbfas in seinem Festvortrag<br />
beklagt, dass er bisher der alleinige Autor<br />
zum Thema geblieben ist, so kann ich seinen<br />
Frust gut nachvollziehen. Da ich als<br />
Baudezernent und Erster Beigeordneter<br />
einer Kleinstadt im Westmünsterland über<br />
fast drei Jahrzehnte die Verantwortung für<br />
das Baugeschehen in unserer Stadt getragen<br />
und mit heißem Herzen um eine gute<br />
Ortsgestaltung gerungen habe, möchte ich<br />
die Bemühungen von Prof. Halbfas durch<br />
einen Beitrag zur Gestaltung von Siedlungen<br />
in Dörfern und Städten unterstreichen.<br />
Zwar ist die Bautradition im Münsterland<br />
eine andere als im Sauerland. Durch<br />
die Tonvorkommen ist die Bauweise hier<br />
durch den roten Backstein geprägt, während<br />
sich das waldreiche Sauerland durch<br />
die Holzfachwerkbauweise auszeichnet.<br />
Die gestalterischen Probleme sind aber in<br />
beiden Landschaften ähnlich. Leider wird<br />
es immer schwieriger die landschaftsgebundene<br />
Bauweise, für die ich mich stets<br />
„Prestige-Objekt“ innerhalb einer traditionellen Wohnsiedlung
Sauerland 1/2012 13<br />
Fehlende bzw. aufgehobene Gestaltungssatzung ermöglicht derart verunglückte Dachausbauten<br />
vehement eingesetzt habe, zu erhalten.<br />
Das gilt für das Sauerland gleichermaßen<br />
wie für das Münsterland. Als gebürtiger<br />
Kirchhundemer, der die Verbindung<br />
zur Sauerländer Heimat immer gepflegt<br />
hat, bin ich mit den baulichen Entwicklungen<br />
<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> bestens vertraut.<br />
Ich möchte die Gestaltung von Städten<br />
und Dörfern besonders aus der Sicht der<br />
Städte und Gemeinden beleuchten, die für<br />
deren Entwicklung im Rahmen der Bauleitplanung<br />
eine hohe Verantwortung tragen.<br />
Als langjähriges Mitglied in der Kreisbewertungskommission<br />
(Kreis Borken) „Unser<br />
Dorf soll schöner werden – unser Dorf<br />
hat Zukunft“ habe ich mein Augenmerk<br />
besonders auf das Kriterium und die Zielsetzung<br />
„Erhaltung der ortsbildprägenden<br />
Bausubstanz, nachhaltige, dem Bedarf<br />
entsprechende Siedlungsentwicklung und<br />
Baugestaltung“ gerichtet.<br />
Die o.g. Zielsetzung ist Teil unserer Baukultur<br />
(wenn es denn so etwas noch gibt?),<br />
die sich auf unsere Städte genauso bezieht<br />
wie auf die Dörfer. Der deutsche Städte-<br />
und Gemeindebund brachte in einem<br />
Beitrag <strong>des</strong> Beigeordneten Norbert Portz<br />
folgende, m. E. sehr zutreffende Meinung<br />
zum Ausdruck. Ich zitiere: „Baukultur geht<br />
uns alle an. Sie findet in den Dörfern und<br />
Städten statt und bestimmt das Wohlbefinden<br />
und die Lebensqualität der Bürger entscheidend<br />
mit. Der Cappuccino trinkt sich<br />
eben dort besser, wo auch das Auge eine<br />
qualitätsvolle Gestaltung erlebt, weil damit<br />
das Wohlbefinden steigt.“ Ich möchte ergänzen<br />
und die Feststellung auf die Wohngebiete<br />
ausdehnen, wo die Menschen die<br />
meiste Zeit Ihres Lebens verbringen. Es<br />
wird einfach unterschätzt, welche Auswirkungen<br />
die Gestaltung unserer gebauten<br />
Umwelt, die über viele Genrationen unsere<br />
Dörfer und Städte prägen wird, letztlich<br />
auf die Identifikation der Bürger mit ihrer<br />
Stadt oder Gemeinde und auf das soziale<br />
Umfeld der Menschen haben wird. So ist<br />
zu erklären, dass der Baugestaltung heute<br />
bei den Bürgern und in den politischen<br />
Gremien unserer<br />
Städte und Gemeinden<br />
so wenig<br />
Aufmerksamkeit<br />
geschenkt wird.<br />
Niemand würde<br />
es hinnehmen,wenn<br />
historische Städte<br />
wie Münster, Rothenburg<br />
o. d. T.,<br />
Dinkelsbühl oder<br />
Celle durch brutale<br />
bauliche Veränderungen<br />
und unangepasste<br />
Werbeanlagen<br />
verunstaltet<br />
würden. Um das zu<br />
verhindern, erlassen<br />
die Räte dieser<br />
Städte Gestaltungssatzungen<br />
mit einer<br />
engmaschigen Gestaltungsregelung.<br />
In unseren Dörfern<br />
und Städten<br />
mit weniger historischer<br />
Bedeutung<br />
ist der Erlass von<br />
Gestaltungssatzungen<br />
für Ortskerne<br />
und Wohnsiedlungen<br />
fast wie<br />
ein Sakrileg. Freiheit<br />
für den Bauherrn<br />
ist vielfach<br />
in der Argumentation<br />
der Räte das<br />
Schlüsselwort. Von<br />
den Architekten<br />
werden Gestaltungssatzungen<br />
allgemein<br />
als Eingriff in die Freiheit <strong>des</strong> Gestaltens<br />
gesehen. Das mag für Architekten mit hohem<br />
gestalterischen Ansprüchen durchaus<br />
zutreffen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass<br />
Gut gestaltete Wohnsiedlungen mit (noch)<br />
intakten Dachlandschaften aus den Nachkriegsjahrzehnten<br />
<strong>des</strong> vorherigen Jahrhunderts
14 Sauerland 1/2012<br />
Kirchturm <strong>des</strong> Dorfes von Windrädern flankiert<br />
die meis ten Architekten sich den oft von<br />
Bauz<strong>eitschrift</strong>en geprägten Gestaltungsvorgaben<br />
der Bauherren beugen und so<br />
Gebäude entwerfen, die weder der landschaftsgebundenen<br />
Tradition noch der<br />
Anpassung an die bereits vorhandene<br />
Bebauung Rechnung tragen. Der Bauherr<br />
interessiert sich während der Planungsund<br />
Bauzeit häufig nur für die Gestaltung<br />
seines eigenen Hauses. Die gestalterischen<br />
Zusammenhänge in einer Wohnsiedlung<br />
oder in einem Ortskern (z.B. beim Umbau<br />
eines Geschäftshauses) kann oder will er<br />
in seine Überlegungen nicht einbeziehen.<br />
Der Bedeutung seiner Rolle gegenüber der<br />
Öffentlichkeit als Bauherr (Sozialpflichtigkeit<br />
<strong>des</strong> Eigentums lt. Grundgesetz) ist er<br />
sich kaum bewusst. Außerdem sieht er sich<br />
einer übermäßigen Fülle von Erzeugnissen<br />
der Bau stoffindustrie gegenüber, die er<br />
unkritisch verwendet, auch wenn das Siedlungsbild<br />
und die landschaftsgebundene<br />
Bautradition erheblich gestört wird. So<br />
entsteht das Schwarzwaldhaus im Münsterland<br />
und das kanadische Trapperhaus<br />
im Schwarzwald, die in den jeweiligen<br />
Landschaften beide nichts zu suchen haben.<br />
Einige Bilder zeigen, dass in den Nachkriegsjahrzehnten<br />
<strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts<br />
gestalterisch ansprechende Siedlungen<br />
entstanden sind, die sich nicht<br />
so sehr aus der Addition von Bauten mit<br />
hohem künstlerischen Anspruch, sondern<br />
vielmehr aus dem Zusammenwirken einer<br />
übergeordneten Einheitlichkeit und einer<br />
ebenso spürbaren Lebendigkeit entwickelt<br />
haben. Die übergeordnete Einheitlichkeit<br />
entstand durch die Beschränkung auf wenige<br />
landschaftstypische Materialien und<br />
die direkt daraus abgeleiteten Formen und<br />
Farben.<br />
Während sich so in der Vergangenheit<br />
eine übergreifende Ordnung und Lebendigkeit<br />
in Architektur und Städtebau die<br />
Waage gehalten haben, sind diese Faktoren<br />
in den letzten Jahrzehnten immer<br />
mehr auseinander gefallen. Wir treffen<br />
heute vornehmlich ein räumliches und<br />
gestalterisches Chaos durch ungezügelte<br />
Vielfalt von Baustoffen, Formen und Farben.<br />
Prof. Meinhard v. Gerkan schreibt in<br />
seinem Buch „Architektur 1966 bis 1978“<br />
unter anderem: „Das Geheimnis guter<br />
Gestaltung in städtebaulicher Dimension<br />
liegt darin, ein ausgewogenes Maß<br />
von Vielfalt im Einzelnen und Einheit<br />
im Ganzen zu erzielen. Was neu erbaute<br />
Siedlungen so <strong>des</strong>olat macht, ist eine<br />
empfindliche Störung dieses gestalterischen<br />
Gleichgewichts.“<br />
Fotovoltaikanlagen im Innen- und Außenbereich verunstalten die Dachlandschaften
Sauerland 1/2012 15<br />
Prof. v. Gerkan bringt diese Feststellung<br />
auf die Kurzformel: „Vielfalt in der Einheit<br />
oder Einheit in der Vielfalt.“<br />
Leider zeigt die Erfahrung der letzten<br />
Jahrzehnte, dass sich dieses harmonische<br />
Erscheinungsbild von Siedlungen<br />
nicht mehr wie in historischer Zeit u. a.<br />
auf Grund der Beschränkung auf wenige<br />
Materialien und Konstruktionen, von allein<br />
einstellt. Das führt zu der Erkenntnis, dass<br />
auf grundlegende Gestaltungsrichtlinien<br />
heute nicht verzichtet werden kann. Dabei<br />
bin ich mir bewusst, dass es nicht in<br />
der Macht von Gestaltungssatzungen liegt,<br />
städtebauliche und architektonisch gut gestaltete<br />
Siedlungen zwangsläufig hervorzubringen.<br />
Die guten Beispiele beweisen<br />
aber, dass es bei richtiger Festlegung der<br />
wesentlichen Gestaltungsmerkmale sehr<br />
wohl möglich ist, ein notwendiges Maß<br />
an übergeordneter Einheit zu erreichen,<br />
wobei trotzdem noch genügend Raum für<br />
Vielfalt bleibt.<br />
Wenn doch alle am Bau neuer Siedlungen<br />
verantwortlich Beteiligten, also<br />
Städte und Gemeinden, Architekten und<br />
Bauherrn, erkennen würden, dass wir unsere<br />
bebaute Umwelt nicht wie ein Kleid<br />
oder einen Anzug wechseln können. Was<br />
wir jetzt schaffen, wird über Generationen<br />
das Zusammenleben in Dörfern und<br />
Städten prägen. Hier läge auch ein Betätigungsfeld<br />
für unsere oftmals unglaublich<br />
aktiven Heimatvereine. Bewusstseinsbildung<br />
der Bevölkerung in Bezug auf die<br />
Stadtgestaltung und Stadtbildpflege sollte<br />
nicht nur auf die Vergangenheit sondern<br />
mit gleicher Intensität auf Gegenwart und<br />
Zukunft gerichtet sein.<br />
In Gesprächen wird das Unbehagen an<br />
dem oft chaotischen Erscheinungsbild vieler<br />
Neubausiedlungen deutlich. Wenn selbst<br />
Fachleute höheren Ranges abschätzig von<br />
„Wildschweinsiedlungen“ sprechen, wird<br />
damit mehr als Resignation ausgedrückt.<br />
Das gilt besonders für Bedienstete von<br />
städtischen Planungsämtern, die es längst<br />
aufgegeben haben, gegen politische Windmühlenflügel<br />
anzurennen.<br />
Die realen Windmühlenflügel der erneuerbaren<br />
Energieversorgung, die das Landschaftsbild<br />
in oft unerträglichem Maße<br />
beeinträchtigen, wirken sich zunehmend<br />
auch auf die Silhouette unserer Dörfer und<br />
Städte aus. Da wird die Dorfkirche von<br />
zwei Windrädern flankiert (s.Bild), und der<br />
Windpark dominiert das Dorf in der Landschaft.<br />
Das Bewertungskriterium <strong>des</strong> Dorfwettbewerbes<br />
„Dorf in der Landschaft“<br />
Windräder auf Gittermasten „krönen“ einen Höhenzug im Sauerland<br />
(von Fahlenscheid Richtung Rahrbach)<br />
wird da zur Farce, wenn die das Dorf umgebende<br />
Landschaft mit Windmühlen verspargelt<br />
ist. Herr Prof. Halbfas hat Recht,<br />
wenn er feststellt, dass uns die größten Herausforderungen<br />
durch erneuerbare Energien<br />
noch bevorstehen. Nach Abschaltung<br />
der Atomkraftwerke wird der Druck zum<br />
Ausbau der Windenergie enorm zunehmen.<br />
Man kann nur hoffen, dass die Bemühungen<br />
<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />
zur Abmilderung <strong>des</strong> Windenergie Erlasses<br />
der Lan<strong>des</strong>regierung NRW vom 7. Februar<br />
2011 Erfolg haben wird. Auch die im<br />
Vortrag von Prof. Halbfas erwähnte Montage<br />
von Solar- und Fotovoltaikanlagen<br />
auf Dächern im Innen- und Außenbereich<br />
verursacht zunehmend gestalterische Probleme.<br />
Die unsensible „Zupflasterung“ von<br />
Dachflächen mit diesen Anlagen führt oft<br />
zu unzumutbaren Verunstaltungen ganzer<br />
Siedlungsbereiche (s. Bild).<br />
SEIT 1928<br />
Nun ist es ja fast unmöglich widerspruchslos<br />
gegen die jetzt auf breiter politischer<br />
Basis beschlossene Energiepolitik<br />
zu argumentieren, zumal der Klimaschutz<br />
und die Sicherheit der Stromversorgung<br />
(Atomstrom) ins Spiel kommen. Man sollte<br />
aber zumin<strong>des</strong>t erwarten können, dass<br />
Regelungen getroffen werden (evtl. durch<br />
Satzungen), die eine großflächige Verunstaltung<br />
ganzer Dachlandschaften verhindern<br />
und Windenergieanlagen nur dort<br />
errichtet werden, wo eine hohe Effizienz<br />
gewährleistet ist und die Beeinträchtigung<br />
<strong>des</strong> Landschaftsbil<strong>des</strong> in eine unverzichtbare<br />
Abwägung einbezogen wird.<br />
Benutzte Literatur:<br />
Galda, Dietbert u. a.: „Untersuchung von Gestaltungsmöglickeiten<br />
von Einfamilienhausgebieten“,<br />
Deutsches Architcktenblatt (DAB 6/85)<br />
Portz, Nobert, Beigeordneter Deutscher Städteund<br />
Gemeindebund: „Das Auge genießt mit“, Z<strong>eitschrift</strong><br />
Stadt und Gemeinde 5/2002<br />
Lange Wende 94 – Mendener Straße 8<br />
Tel. 0 29 32/2 43 64 – Tel. 0 29 32/71 04<br />
59755 Arnsberg-Neheim
16 Sauerland 1/2012<br />
Vater der Sauerländer Berge<br />
Grenzberg von alters her (P. Aust 1990)<br />
Berg der Berge (M. Pape, Astenführer 2004)<br />
Höhepunkt <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> (M. Pape, Astenführer 2007)<br />
Wetterküche <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> (Bergwetter-Station, Deutscher Wetterdienst)<br />
Wetterberg Westdeutschlands (M. Pape, Astenführer 2004)<br />
Wanderwegestern<br />
<strong>des</strong> Hochsauerlan<strong>des</strong><br />
(R. Brämer, Deutsches Wanderinstitut Marburg)<br />
Ausflugs- und Wanderziel für Millionen<br />
Problemberg <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />
„Problemberg“ Kahler Asten<br />
Viele dieser Titel und Namen sind<br />
uns geläufig und wir verstehen sie<br />
sofort.<br />
Aber, der Kahle Asten soll ein Problemberg<br />
sein, wie ist das möglich oder was<br />
kann gemeint sein? Viele Leser werden<br />
sich diese Frage stellen und auch ich habe<br />
sie mir gestellt! Mit seinen 841 Metern ist<br />
er zwar nicht der höchste, aber mit Sicherheit<br />
der bekannteste Berg unseres Sauerlan<strong>des</strong>,<br />
wenn nicht sogar Westfalens.<br />
(Mit dem Titel „Höchster Berg“ darf<br />
sich mit 843 Metern der Langenberg<br />
(Stadtgebiet Olsberg) und mit dem Titel<br />
„Heiliger Berg“ der 655 Meter hohe<br />
Wilzenberg (Stadtgebiet Schmallenberg)<br />
schmücken.) - (Abb. 1)<br />
von Ulrich Lange<br />
Woher stammt der Name<br />
„Kahler Asten“<br />
Leicht zu erklären ist das Eigenschaftswort<br />
„kahl“. Es gibt nämlich den jahrhundertealten<br />
Zustand <strong>des</strong> Astenberges treffend<br />
wieder. Obwohl das Gipfelplateau rechtlich<br />
ein Naturschutzgebiet (NSG) ist, würde der<br />
Name Kulturschutzgebiet (KSG) wesentlich<br />
besser passen. Die Bezeichnung Kulturschutzgebiet<br />
kann einen großen Teil der<br />
Geschichte <strong>des</strong> Astenberges viel besser erklären.<br />
Das Wort „Asten“ bleibt uns wohl<br />
immer etwas rätselhaft. Hat es etwas mit<br />
astig oder knorrig zu tun, so könnten wir<br />
fragen.<br />
Dann würde Kahler Asten „Astiger,<br />
Knorriger und Kahler Berg“ bedeuten!<br />
Dem heutigen Zustand kommt dies nahe!<br />
Wie ist der heutige Zustand am<br />
Kahlen Asten entstanden?<br />
Der Kinderreichtum der Familien und<br />
die Existenznot früherer Jahrhunderte veranlasste<br />
viele Bewohner <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />
zum Auswandern. Um zu überleben, waren<br />
die Hiergebliebenen zu harten Eingriffen<br />
in die damalige Landschaft gezwungen.<br />
Deutschland war von Natur aus ein<br />
„Waldland‘‘ (Buchonia= Buchenland).<br />
Der Wald bot den Menschen alles:<br />
1. Das Holz wurde als Bauholz und<br />
Brennholz genutzt.<br />
2. Der Wald wurde nicht nur in den<br />
Talbereichen, sondern auch auf den flacheren<br />
Höhen, zu Ackerland gerodet. Die<br />
Namen „Sternrodt“, „Eimelrod“ oder „Auf<br />
dem Rott“ sind eindeutig. Die meisten dieser<br />
ehemals gerodeten Gebiete sind heute<br />
wieder Wald, bewirtschafteter „Forst“.<br />
3. Im Sommerhalbjahr wurde der Wald<br />
als „Weide“ für die Nutztiere (Kühe, Rinder,<br />
Ziegen, Schafe und Schweine) genutzt.<br />
Der Dorfhirte führte die Herde jeden Tag<br />
in den Wald, oder auf die Dorfweide und<br />
abends ins Dorf zurück. Durch die „Waldweide“<br />
wurde die natürliche Verjüngung<br />
<strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> verhindert und kahle Hochflächen<br />
entstanden. Talwiesen benötigte man<br />
zur Gewinnung von Heu als Vorrat für den<br />
Winter.<br />
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern,<br />
dass der Dorfhirte in Assinghausen<br />
täglich die Herde zur sogenannten „Ziegenweide“<br />
führte.<br />
4. Der nährstoffreiche Oberboden auf<br />
den Höhen wurde zudem „abgeplaggt“<br />
und mit tierischem Dung vermischt als Naturdünger<br />
auf die Felder im Tal gebracht.<br />
(Der Begriff „Plackerei“ hat hier seinen<br />
Ursprung!)<br />
5. Der Wildreichtum bot Möglichkeiten<br />
der Ernährung, wenn auch oft nur durch<br />
„Wilderei“ – der Bauer durfte nicht jagen.<br />
6. Frauen und Kinder gingen im Herbst<br />
zum Beerensammeln auf die Heiden und<br />
in den Wald und trugen so zur Ernährung<br />
bei.<br />
Der Plaggenhieb führte – jahrhundertelang<br />
so betrieben – zu einer gewissen<br />
„Nährstoffanreicherung“ auf den Feldern<br />
in den Tälern und zu „Nährstoffarmut“ auf<br />
den Höhen der Berge.<br />
Abb. 1: Die Hochheide am Kahlen Asten (Wege, Wege, Wege)<br />
(entnommen aus: Luftbildatlas NRW 1969)<br />
Ergebnis waren viele kahle Berge<br />
und die Bergheiden.<br />
Bergnamen wie „Kalied“ (bei Düdinghausen),<br />
„Kahle Pön“ (bei Düdinghausen),<br />
„Kahleberg“ oder „Kahlenberg“ (bei<br />
Wiemeringhausen) und auch unser „Kah-
Sauerland 1/2012 17<br />
Abb. 2: Wegweiser an der Lennequelle (10 verschiedene Markierungszeichen)<br />
Foto: Ulrich Lange<br />
ler Asten“ sind Zeugnis <strong>des</strong> Raubbaues<br />
am Wald. Die Bergnamen Heideköppel,<br />
Heidkopf oder Heidekopf lassen unschwer<br />
den damaligen Zustand der Berghöhen<br />
erkennen. Die Köhlerei trug ebenfalls ein<br />
gerütteltes Maß zu diesem Zustand bei, da<br />
Steinkohle sich zur Erzerzeugung wegen<br />
<strong>des</strong> hohen Schwefelgehaltes nicht eignete.<br />
„Devastierte“, d. h. mehr oder weniger<br />
zerstörte Wälder waren die Folge. Längst<br />
sind heute die meisten der ehemaligen<br />
Heideflächen wieder aufgeforstet.<br />
Kahler Asten – Wanderwegestern<br />
<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />
Alle wollen hinauf, zum und auf den<br />
Kahlen Asten! Der Astenberg ist für viele<br />
Einheimische und Gäste ein gefragtes<br />
Ausflugsziel und Naturerlebnis, wir lieben<br />
die im Herbst farbenprächtige Heide! Alle<br />
wollen oben die prächtigen Aussichten<br />
genießen, über die Hochheide wandern<br />
oder nur in der Sonne sitzend die Natur<br />
und Umgebung am Berggasthof erleben.<br />
Mehr als l Million Besucher sollen es jährlich<br />
sein! Die große touristische Nutzung<br />
bringt natürlich auch Probleme mit. Über<br />
den Kahlen Asten verläuft (für mich als<br />
zuständigen Wegewart) eine fast erschreckende<br />
Vielzahl von Wanderwegen:<br />
• der Rothaarsteig (Rhstg.), zertifizierter,<br />
touristischer Wanderweg, „Weg der<br />
Sinne“ genannt<br />
• der Sauerland-Höhenflug (SHF), touristischer<br />
Wanderweg <strong>des</strong> Sauerland-<br />
Tourismus<br />
• der Hochsauerlandkammweg (HSK),<br />
zertifizierter Wanderweg <strong>des</strong> SGV<br />
• zertifizierter Wanderweg der Winterberger<br />
Touristik<br />
• der Rothaarkammweg (K 3) <strong>des</strong> SGV<br />
(ehemaliger Skiwanderweg <strong>des</strong> WSV)<br />
• der Rothaarweg (X 2) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV)<br />
• Winterberger Hochtour (WHT)<br />
• der Robert-Kolb-Weg (X 6) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV)<br />
• der Hanseweg (X 13) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV)<br />
• der Astenweg (X 14) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV)<br />
• der Friedrich-Wilhelm-Grimme-Weg<br />
(X 27) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV)<br />
• der Lennetalweg (offene Raute mit L)<br />
• der Schmallenberger Stadtrundweg<br />
(SR im Kreis)<br />
• der Verbindungsweg vom<br />
Naturfreundehaus Mollseifen zum<br />
Kahlen Asten (N)<br />
• 4 Zugangswege zum Rothaarsteig<br />
von Altastenberg, Siedlinghausen,<br />
Silbach und Nordenau<br />
• der Rundwanderweg <strong>des</strong> Naturparks<br />
Rothaargebirge (A l)<br />
• die Golddörferroute (G) von Westfeld<br />
• der Lehrpfad „Kahler Asten“<br />
Der Europäische Femwanderweg (E l)<br />
sowie der Wanderweg der Deutschen<br />
Einheit (WDE) benutzen die vorhandenen<br />
Hauptwanderwege <strong>des</strong> SGV und führen<br />
daher ebenfalls über den Astenberg.<br />
Einen geräumten bzw. gewalzten „Winterwanderweg“<br />
gibt es ebenfalls. Meine<br />
Wanderfreunde fragen oft, ob nicht die seit<br />
Jahrzehnten vorhandenen „alten“ Wanderwege<br />
genügt hätten! Oder sollen wir<br />
vielleicht die alten Wanderwege aufgeben<br />
und nur noch die neuen benutzen? Finanzielle<br />
Schwierigkeiten scheint es jedenfalls<br />
bei den neuen, touristischen Wanderwegen<br />
bisher nicht zu geben!<br />
All diese Wanderwege haben auf<br />
dem Kahlen Asten „Gleichlauf“, d. h.<br />
sie sind kanalisiert, wie wir im SGV<br />
sagen<br />
Um die Natur nicht zu sehr zu belasten,<br />
sind sie schon vor Jahren „zusammengelegt“<br />
worden. (Abb. 3)<br />
Unschwer ist auf dem Foto zu erkennen,<br />
dass es eigentlich nur einen markierten<br />
Rundwanderweg und die beiden<br />
Zugangswege zum Turm auf dem Kahlen<br />
Asten gibt, die alle anderen Wanderwege<br />
mitbenutzen.<br />
Daraus ergeben sich für die Wegezeichner<br />
auch schon wieder Schwierigkeiten.<br />
Die Markierungszeichen müssen möglichst<br />
alle am gleichen Baum/Ort/Wegweiser<br />
angebracht sein, damit die Vielzahl der<br />
Wanderer beruhigt unterwegs sein kann<br />
und „wandersicher“ geleitet wird.<br />
Abb. 3: Kopie aus der aktuellen Wanderkarte Winterberg<br />
Foto: Ulrich Lange
18 Sauerland 1/2012<br />
Kein Zeichen darf fehlen!<br />
Wenn mehrere Wanderwege Gleichlauf<br />
haben, entstehen sogenannte „Zeichenlatten“<br />
an den Bäumen, die manche<br />
Besucher eher verwirren als dass sie diese<br />
sicher leiten. Die Wanderer müssen „ihr“<br />
Wegezeichen bei den vielen anderen zur<br />
Beruhigung immer wieder sehen. Am Albrechtsplatz<br />
sind es zum Beispiel 12 (!) verschiedene<br />
Wanderzeichen, die sich dann<br />
allerdings nach kurzer Strecke auch wieder<br />
trennen. In gefragten „Wanderlandschaften“<br />
ist dies an markanten Stellen nicht zu<br />
verhindern. (Abb. 2)<br />
Man muss wohl einen Lehrgang gemacht<br />
haben, um alles zu verstehen! Als<br />
Wegezeichner finde ich manchmal kaum<br />
noch Platz an den Bäumen. Auch auf den<br />
Wanderkarten kann man sich für die vielen<br />
verschiedenen Markierungszeichen nur<br />
noch mit Pfeilen helfen, damit wichtige Inhalte<br />
nicht verdeckt werden.<br />
Unsicherheit verdirbt allerdings den<br />
Wandergenuss.<br />
Ein „Verlaufen“ scheint heute für viele<br />
Menschen unerträglich geworden zu sein.<br />
Für mich gehört es aber untrennbar zum<br />
Wander-Erlebnis dazu, ja es kann eine<br />
„durchgeplante“ Wanderung sogar bereichern!<br />
Die SGVer sagen, dass die Wanderzeichen<br />
eine Wanderkarte nicht ersetzen können.<br />
Ich möchte ergänzen: und das Lesen-<br />
Können derselben. Sie nur dabei zu haben,<br />
bringt eine trügerische Sicherheit!<br />
„Weniger ist mehr“ und „Qualität<br />
geht vor Quantität“!<br />
(Forderungen <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins SGV)<br />
Abb. 4: Breiter Fahrweg mit Abzweig zur Lennequelle<br />
Foto: Ulrich Lange 2011<br />
Manchmal habe ich den Eindruck, dass<br />
genau das Gegenteil erfolgt! Aber sollen<br />
oder können wir am Kahlen Asten Wanderwege<br />
streichen, damit aufgeben und<br />
wenn ja, welche sollen es sein? Auch wenn<br />
es manche Touristiker nicht gerne hören,<br />
die Zugangswege, egal ob zum Rothaarsteig<br />
oder zum Sauerland-Höhenflug, sind<br />
hier alle überflüssig. Das bestehende und<br />
völlig ausreichende Netz der Wanderwege<br />
wurde durch sie unnötig erweitert und trägt<br />
zur Verwirrung bei. Übrigens, wer wird sie<br />
alle unterhalten und regelmäßig nachmarkieren,<br />
also für die Nachhaltigkeit sorgen?<br />
Warum werden die bestehenden Wanderwege<br />
nicht als Zugangswege genutzt,<br />
muss ich fragen? Die rund um den Kahlen<br />
Asten liegenden Orte sind restlos alle<br />
durch Hauptwanderwege <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV) mit dem<br />
Kahlen Asten verbunden. Anscheinend ist<br />
das nicht bekannt oder man will es nicht<br />
kennen und nutzen. Soll vielleicht ein ganz<br />
neues Wanderwegesystem geschaffen werden?<br />
Kirchturmspolitik lässt grüßen! Neue<br />
örtliche Wanderwege, egal wie diese genannt<br />
werden, sind im Astengebiet nicht<br />
nötig und daher überflüssig. Weitere Wanderwege<br />
verträgt der Astenberg nicht.<br />
In dieser Hinsicht ist der Kahle Asten<br />
für mich schon jetzt ein „Problemberg“<br />
geworden! Die vielen Wanderwege, wenn<br />
man alle einzeln zählt, sind es mehr als<br />
zwanzig (20), sind also zusammengefasst,<br />
d. h. kanalisiert! Das ist so gewollt und<br />
auch völlig in Ordnung. (Abb. 3)<br />
Es gibt aber noch ganz andere Probleme.<br />
Wenn die Besucher nicht auf den<br />
markierten Wanderwegen bleiben, sich eigene<br />
„Trampelpfade“ anlegen oder nicht<br />
nur zur erlaubten Beerensuche kreuz und<br />
quer durch und über die Heide „trampeln“,<br />
dann wird diese zertreten und zerstört.<br />
Großflächige Kahlstellen entstehen und die<br />
geliebte Heide (Lebensraumtyp Bergheide)<br />
verschwindet langsam. Auch von Bäumen<br />
wird man die Landschaft mit der Motorsäge<br />
frei halten können und die mühsame<br />
Plackerei kann ebenfalls maschinell erfolgen.<br />
Allerdings kann man auf den neuen,<br />
völlig eingeebneten Heideflächen gut Fußball<br />
spielen, da die früher wellige und buckelige<br />
Oberfläche verschwunden ist.<br />
(Abb . 5)<br />
Ohne menschliche Eingriffe wird durch<br />
eine natürliche „Wiederanreicherung“ <strong>des</strong><br />
Bodens aus der farbenprächtigen, bunten<br />
Heide langsam, aber unaufhaltsam<br />
eine kahle „Graslandschaft“ entstehen. Es<br />
muss also wieder geplaggt werden. Früher<br />
Abb. 5: „Graslandschaft“ oberhalb <strong>des</strong> Blaubeerpfa<strong>des</strong><br />
Foto: Ulrich Lange 2011
Sauerland 1/2012 19<br />
Abb. 8: Der Rothaarsteig (und zwei weitere Wanderwege) werden hierhin verlegt.<br />
Foto: Ulrich Lange 2011<br />
Abb. 9: So wollte man früher die Astenbesucher leiten! Es hat nicht gewirkt.<br />
entnommen aus Der Hochsauerlandkreis 2005<br />
landeten die Plaggen, „Haid“ genannt,<br />
als Einstreu in den Viehställen. Sollen sie<br />
heute zur Kompostierung nach Brilon gebracht<br />
werden? Weil die Heide eine vom<br />
Menschen geschaffene Kulturlandschaft<br />
ist, bedeutet ihre Erhaltung also Kulturschutz<br />
gegen die Natur!<br />
Die Biologische Station Bödefeld hat im<br />
Jahr 2011 eine Bestandsaufnahme vorgenommen.<br />
Alle „Wege“ (breite Fahrwege,<br />
Trampelpfade, Querwege, Fußwege usw.)<br />
wurden erfasst. Auf einem Quadratkilometer<br />
sind mehr als 8 Kilometer „Wege“ aller<br />
Art festgestellt und kartiert worden!<br />
Was kann und muss zur Erhaltung<br />
der Heidelandschaft am Kahlen Asten<br />
getan werden?<br />
Mitglieder der Unteren Landschaftsbehörde<br />
(ULB) <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises,<br />
<strong>des</strong> Naturparks Rothaargebirge, <strong>des</strong> Sauerländischen<br />
Gebirgsvereins (SGV), <strong>des</strong><br />
Rothaarsteigvereins, <strong>des</strong> Sauerland-Höhenfluges<br />
sowie der Biologischen<br />
Station waren fast<br />
einen ganzen Tag lang „vor<br />
Ort“, um ein zukünftiges<br />
„Wegekonzept“ zu erarbeiten<br />
und abzustimmen.<br />
Alle Beteiligten waren<br />
sich in den folgenden Feststellungen<br />
und über die zu<br />
treffenden Maßnahmen einig:<br />
1. Wir wollen die Heidelandschaft<br />
am Kahlen<br />
Asten zur Erholung, also<br />
zum Wohl für uns Menschen<br />
erhalten, auch wenn<br />
dies viel Geld kostet und eigentlich<br />
gegen die Natur ist. (Das Gleiche<br />
gilt übrigens auch für die Hochheide bei<br />
Niedersfeld!)<br />
2. Manche Wege sind viel zu breit, besonders<br />
der Weg vom Astenturm zur Lennequelle.<br />
Wie kann die Breite verringert<br />
werden, haben wir uns gefragt?<br />
3. Es sind viel zu viele „Wege“ vorhanden,<br />
sie müssen aufgegeben und „renaturiert“<br />
werden. Die weitere Nutzung als<br />
Weg muss gestoppt und in Zukunft verhindert<br />
werden.<br />
4. Manche Wege sind mit sehr grobem<br />
Schotter befestigt, dies muss geändert werden.<br />
(Die Füße tun weh, man kann auch<br />
leicht umknicken, also laufen die Leute<br />
nebenher auf dem weicheren Wegrand.)<br />
(Abb. 4)<br />
5. Der sehr steinige, fast felsige und von<br />
tiefen Rinnen durchzogene Weg hinunter<br />
nach Lenneplätze ist allerdings so „von<br />
Natur aus“. Er soll bleiben, wie er ist, auch<br />
wenn das Wandern hinauf zur Astenhochfläche<br />
erschwert ist. (Die Wanderer mit<br />
Handicap sollten daher besser auf dem mit<br />
einem roten Dreieck markierten Rothaarkammweg<br />
(K 3) zum Astenturm hinauf<br />
laufen.)<br />
6. Etwa 500 Meter sollen Rothaarsteig,<br />
Lennetalweg, Golddörfer Weg und Schmallenberger<br />
Rundweg – alle im Gleichlauf –<br />
auf den etwas höher verlaufenden und<br />
naturbelassenen Fußweg gelegt werden.<br />
Das ist sinnvoll, denn die Begründung ist<br />
einfach und klar: (Abb. 8)<br />
• der geänderte Verlauf bietet eine<br />
bessere Aussicht<br />
• der Untergrund ist weitgehend<br />
naturbelassen<br />
• der Gerichtsstein Oberkirchen wird<br />
einbezogen (Kulturdenkmal)<br />
• der Lehrpfad „Kahler Asten“ kann<br />
teilweise einbezogen werden<br />
Abb. 10: Infotafel <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>straßenbauamtes NRW
20 Sauerland 1/2012<br />
• der alte Verlauf wird aufgegeben und<br />
die Markierungszeichen gelöscht.<br />
Die Beteiligten waren sich auch darüber<br />
einig, dass die Wegbreite dauerhaft nur<br />
verringert werden kann, wenn „Totholz“<br />
eine gewisse Zeit lang an beiden Wegseiten<br />
gelagert wird. Kein Wanderer stolpert<br />
gerne über Äste und Zweige!<br />
Der schon vorhandene und auch teilweise<br />
asphaltierte, kurze Rundweg vom<br />
Astenturm zur Wetterstation soll ausgebessert<br />
und so in einen behindertengerechten<br />
und barrierefreien Zustand versetzt werden.<br />
Wo es nötig und möglich ist, sollen die<br />
Wegeschilder und Wegetafeln konzentriert<br />
und auch einige Stationen <strong>des</strong> Heidelehrpfa<strong>des</strong><br />
sollen auf den geänderten Verlauf<br />
<strong>des</strong> Rothaarsteiges versetzt werden.<br />
Das teilweise defekte Mobiliar muss repariert,<br />
bzw. durch möglichst einheitliche<br />
Neuanschaffungen ersetzt werden.<br />
Ungenehmigte und nicht abgesprochene<br />
Tafeln und Schilder sollen „entfernt“<br />
werden. Eine neue, große Wanderwegetafel<br />
im Stil <strong>des</strong> Sauerland-Tourismus<br />
bzw. ähnlich der großen Tafel <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>straßenbauamtes<br />
NRW (Straßen NRW) soll<br />
an geeigneter Stelle aufgestellt werden.<br />
Metallschranken werden wegen erwiesener<br />
„Funktionslosigkeit“ entfernt. Damit<br />
das Befahren <strong>des</strong> Heidegebietes mit PKW<br />
unterbleibt, werden bewegliche Poller eingesetzt.<br />
Auf den jetzt zertrampelten Flächen<br />
soll der Lebensraumtyp „Bergheide“<br />
entwickelt werden. (Abb. 10)<br />
Ich hoffe, dass die hohe touristische<br />
Nutzung sowie die geplante Ausweitung<br />
und Entwicklung <strong>des</strong> Projektes „Klimaberg“<br />
nicht zu erhöhtem Müllaufkommen<br />
führen wird und dann regelmäßig Müllsammel-Aktionen<br />
notwendig werden.<br />
Was bleibt, sind einige Fragen.<br />
Wer soll das alles machen?<br />
Wer soll das bezahlen?<br />
Wer wird das alles pflegen<br />
und unterhalten?<br />
Wer sorgt für dauerhafte<br />
Nachhaltigkeit?<br />
Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass<br />
das „Kulturschutzgebiet“ Hochheide Kahler<br />
Asten trotz aller Probleme und Schwierigkeiten<br />
dauerhaft erhalten und für alle<br />
Besucher zugänglich bleiben kann. Auch<br />
die vom Menschen aus wirtschaftlicher<br />
Not geschaffene Kulturlandschaft „Heide“<br />
kann so zu einer echten „Erholungslandschaft“<br />
für alle Besucher werden und dauerhaft<br />
Freude und Naturgenuss bringen.<br />
Aus dem Vorstand<br />
Zu Beginn der letzten Vorstandssitzung<br />
im alten Jahr am 25. November<br />
– traditionsgemäß in den<br />
gastlichen Räumen der Sparkasse<br />
Hochsauerland – würdigte unser Vorsitzender<br />
Elmar Reuter noch einmal<br />
die Verdienste unseres Heimatfreun<strong>des</strong><br />
Dr. Siegfried Kessemeier, unseren<br />
Lesern aus vielen Beiträgen in<br />
unserer Z<strong>eitschrift</strong> bekannt, der am<br />
l. November verstarb. Sodann stellte<br />
der Soester Kreisheimatpfleger Peter<br />
Sukkau seinen kürzlich gewählten Vertreter<br />
Norbert Dodt vor. Für den Vorstand<br />
war das willkommener Anlass, in<br />
Zukunft auf die stärkere Einbeziehung<br />
der ehemals kurkölnischen Gebiete im<br />
Kreis Soest in die Arbeit unseres Heimatbun<strong>des</strong><br />
hinzuwirken.<br />
Beim Rückblick auf die Mitgliederversammlung<br />
am 29. August 2011 in<br />
Olpe wurde übereinstimmend die gute<br />
Organisation und die geschickte Auswahl<br />
der Exkursionen gelobt. Bedauert<br />
wurde allerdings, dass man versehentlich<br />
die Presse nicht eingeladen hatte.<br />
Der Vorsitzende gab einen umfassenden<br />
Überblick hinsichtlich der demnächst<br />
im Sauerland zu erwartenden<br />
Windkraftanlagen. Er wird sich weiterhin<br />
bemühen, hier eine interkommunale<br />
Zusammenarbeit zu erreichen,<br />
gerade auch weil die Interessenlage bei<br />
den einzelnen Gemeinden durchaus<br />
unterschiedlich ist.<br />
Im Rahmen der Regionale 2013<br />
gewinnt das Projekt „Wege zu Leben“<br />
weiter an Bedeutung. Der Sauerländer<br />
Heimatbund ist durch unser Vorstandsmitglied<br />
Susanne Falk gut vertreten, zumal<br />
sie die Funktion der Projektleiterin<br />
wahrnimmt. Auch Vorstandsmitglied<br />
Pfarrer Michael Schmitt wirkt mit. Wir<br />
werden über die weitere Entwicklung<br />
laufend in unserer Z<strong>eitschrift</strong> berichten.<br />
Kopfschmerzen macht dem Vorstand<br />
die Planung <strong>des</strong> Pilgerweges<br />
von Paderborn nach Elspe. So besteht<br />
Unklarheit über den historisch richtigen<br />
Streckenverlauf. Darauf weist<br />
besonders unser Heimatfreund Bernd<br />
Follmann aus Marsberger Sicht hin.<br />
Unser Heimatbund ist zwar weiterhin<br />
bereit, die Trägerschaft zu übernehmen.<br />
Zunächst will man sich aber um<br />
die fachliche Mitarbeit <strong>des</strong> Landschaftsverban<strong>des</strong><br />
bemühen.<br />
Heimatfreund Werner Ahrens berichtete<br />
als Vorsitzender der Balver<br />
Heimwacht über den Nachlass unseres<br />
unvergessenen Theodor Pröpper, der<br />
in den Gründungsjahren unseres Heimatbun<strong>des</strong><br />
eines der führenden Mitglieder<br />
war. Unser Vorsitzender wird<br />
zusammen mit dem Kreisarchivar Norbert<br />
Föckeler die für die Geschichte<br />
unseres Heimatbun<strong>des</strong> wertvollen Teile<br />
sichten.<br />
Frank Muffert gab erstmals als Schatzmeister<br />
einen umfassenden Überblick<br />
über die – nach wie vor geordneten –<br />
Finanzen unseres Heimatbun<strong>des</strong>. In<br />
diesem Zusammenhang wies unsere<br />
Geschäftsführerin Karin Kraft darauf<br />
hin, dass leider einige Mitglieder mit<br />
der Beitragszahlung erheblich im Verzug<br />
sind, zum Teil schon seit einigen<br />
Jahren. Es bleibt nur der Weg, diese<br />
Mitglieder aus dem SHB auszuschließen,<br />
falls sie trotz nochmaliger Mahnung<br />
nicht zahlen.<br />
Hans Wevering gab in gewohnt<br />
straffer Form einen Überblick über<br />
die redaktionelle Arbeit. Der Vorstand<br />
nahm die von der Redaktionskonferenz<br />
beschlossenen Änderungen im äußeren<br />
Erscheinungsbild unserer Z<strong>eitschrift</strong> zustimmend<br />
zu Kenntnis.<br />
Unter dem Punkt „Verschiedenes“<br />
wurden noch einige interessante Projekte<br />
angesprochen – das hat dieser<br />
Tagesordnungspunkt so an sich –, über<br />
die demnächst in unserer Z<strong>eitschrift</strong> berichtet<br />
wird.<br />
Am Schluss hatten wohl alle Teilnehmer<br />
der Sitzung den Eindruck: eine<br />
straffe Leitung und eine sachkundige<br />
Diskussion. Dazu passten die guten<br />
Wünsche unseres Vorsitzenden zum<br />
bevorstehenden Jahreswechsel.<br />
Dr. Adalbert Müllmann
Sauerland 1/2012 21<br />
Nimmt man das offizielle Datum der<br />
Gründung <strong>des</strong> Zweckverban<strong>des</strong><br />
Arnsberger Wald, so schaut man<br />
auf den 10. Dezember 1961, als er mit der<br />
Bekanntgabe seiner Satzung im Amtsblatt<br />
für den Regierungsbezirk Arnsberg errichtet<br />
wurde.<br />
Nun, die heute Verantwortlichen haben<br />
sicher die Jahreszeit im Auge gehabt und<br />
<strong>des</strong>halb schon bei fantastischem Herbstwetter<br />
am 9. Oktober 2011 im Bibertal<br />
in Rüthen den 50. Geburtstag mit rund<br />
Vom Wald<br />
zum Naturpark<br />
50 Jahre<br />
Naturpark<br />
Arnsberger Wald<br />
von Elmar Reuter<br />
1 000 Gästen gefeiert. Dieser Geburtstag<br />
und die Entwicklung <strong>des</strong> Naturparks im Jubiläumszeitraum<br />
verdienen es, durch uns<br />
gewürdigt zu werden.<br />
Die nahezu explosive Inanspruchnahme<br />
<strong>des</strong> Naherholungsziels Arnsberger<br />
Wald mit dem Möhnesee als flächengrößter<br />
Stausee Nordrhein-Westfalens machten<br />
es Anfang der 1960er Jahre erforderlich,<br />
die Interessen von Naturschutz sowie<br />
von Land- und Forstwirtschaft unter Einschluss<br />
der wasserwirtschaftlichen Belange<br />
langfris tig zu sichern und den sich abzeichnenden<br />
Fehlentwicklungen gegenzusteuern.<br />
In einer über zwei Jahre währenden<br />
konstruktiven Diskussion gelang es den<br />
Kreisen Arnsberg, Meschede und Soest,<br />
den betroffenen Städten und Gemeinden,<br />
dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe,<br />
dem Waldbauernverband, dem Sauerländer<br />
Gebirgsverein und dem damaligen<br />
Ruhrtalsperrenverein heute Ruhrverband<br />
sowie weiteren Fachbehörden und -institutionen<br />
sich auf ein gemeinsames Handeln<br />
zu verabreden und den Zweckverband zu<br />
gründen. In der Gründungsphase bestand<br />
die 211 km² große Waldfläche zu 50 %<br />
aus Privatwald, 28,8 % aus Staatswald,<br />
20,4 % aus Kommunalwald und einer<br />
Festansprache von Kreisdirektor Dirk Lönnecke<br />
Foto: Rainer Emmerich, Kreis Soest<br />
kleinen Fläche, die dem heutigen Ruhrverband<br />
gehörte. Heute ist der Naturpark<br />
Arnsberger Wald einer von 14 Naturparken<br />
in Nordrhein-Westfalen mit einer Gesamtfläche<br />
von 482 km². Davon finden<br />
wir 302 km² im Kreis Soest und 180 km²<br />
im Hochsauerlandkreis, gelegen am Südrand<br />
der Westfälischen Bucht zwischen<br />
dem Haarstrang im Norden und mit den<br />
südlichen Ausläufern im Bereich der heutigen<br />
Kommunen Meschede und Bestwig<br />
bis ins Ruhrtal hineinreichend. Mehr als<br />
zwei Drittel <strong>des</strong> Arnsberger Wal<strong>des</strong> sind<br />
jetzt in Staats- und Kommunalbesitz, davon<br />
70 % Laubwald und 30 % Nadelwald,<br />
die Flächen sind zu 25 % Bestandteil von<br />
Landschaftsschutzgebieten, zu 20 % von<br />
Naturschutzgebieten (FFH-Gebiete), 6 %<br />
sind EU-Vogelschutzgebiet.<br />
Historisches Foto, Blick auf den Arnsberger Wald<br />
Foto: Naturpark Arnsberger Wald<br />
Ranger Klaus Hötte auf dem Sinnespfad<br />
im Bibertal<br />
Foto: Stadt Rüthen
22 Sauerland 1/2012<br />
Jubiläumsveranstaltung, Mundwerker Michael Klute unterhält die Gäste<br />
<br />
Foto: Naturpark Arnsberger Wald<br />
In den Gründerjahren waren die Besucherlenkung<br />
und der Aufbau einer Infrastruktur,<br />
die dies gewährleisten sollte<br />
(Großraumparkplätze, sanitäre Einrichtungen,<br />
Wege, Bänke, Schutzhütten) vordringliches<br />
Ziel. Es mag sein, dass dies im<br />
Lichte <strong>des</strong> heutigen Verständnisses von<br />
Natur- und Artenschutz zum Schmunzeln<br />
verführt. Bekanntlich hat alles seine Zeit<br />
und die Maßnahmen aus der Aufbauphase<br />
<strong>des</strong> Zweckverban<strong>des</strong> und damit die Gründung<br />
<strong>des</strong> Naturparks haben aber auf jeden<br />
Fall geholfen, ein Bewusstsein zum Erhalt<br />
der Ursprünglichkeit <strong>des</strong> Arnsberger<br />
Wal<strong>des</strong> für die Zukunft zu prägen.<br />
Kein Wunder, dass nach den Jahren<br />
<strong>des</strong> Auf- und Ausbaues und der Pflege<br />
<strong>des</strong>sen, was geschaffen worden war, in<br />
der Mitte der 80er Jahre ein Umdenken<br />
bei den Verantwortlichen einsetzte. Man<br />
begann Rückbauten vorzunehmen und<br />
kreierte neue Angebote auf Basis der auch<br />
deutschlandweit veränderten Aufgaben<br />
und Ziele für die Naturparke. Wie in den<br />
übrigen 102 Naturparken in Deutschland<br />
auch, ist eine der wichtigsten Aufgaben<br />
<strong>des</strong> Naturparks Arnsberger Wald der<br />
Schutz von Natur und Landschaft. So leistet<br />
er einen bedeutenden Beitrag für den<br />
Erhalt der biologischen Vielfalt, den Aufbau<br />
eines Biotopverbun<strong>des</strong> in Mitteleuropa<br />
und den Schutz gefährdeter Arten, wie<br />
z. B. Rotmilan, Kreuzkröte, Mopsfledermaus,<br />
Brocken anemone, Küchenschelle<br />
oder Arnika. Eine wichtige Rolle spielt<br />
dabei der Möhnesee, der das lan<strong>des</strong>weit<br />
größte Rastgebiet bzw. Winterquartier für<br />
Wasservögel darstellt.<br />
Im Gegensatz zu Naturschutzgebieten,<br />
in denen die Natur sich möglichst ungestört<br />
durch menschliche Einflüsse entwickeln<br />
soll, verstehen sich Naturparke als<br />
vom Menschen geprägte Kulturlandschaften,<br />
deren Status sich oft auf einer Jahrhunderte<br />
langen<br />
land- und<br />
forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung<br />
der Natur gründet.<br />
Als man<br />
im vorletzten<br />
Jahrhundert begann,<br />
im Arnsberger<br />
Wald<br />
schnell wachsende<br />
Fichten-<br />
Monokulturen<br />
anzupflanzen<br />
und Bäche zu<br />
begradigen,<br />
einzudämmen,<br />
hatte dies eine<br />
Verarmung der Artenvielfalt zur Folge<br />
und der Wald wurde anfälliger gegenüber<br />
extremen Naturereignissen. Mit den Vorgaben<br />
für eine naturnahe, nachhaltige<br />
Waldwirtschaft Ende der 90er Jahre folgte<br />
man dem allgemeinen Umdenken, dies in<br />
Kombination mit diversen Naturschutzprojekten.<br />
Anfang 1994 wurde das Waldreservat<br />
Breitenbruch/Neuhaus als Naturschutzgebiet<br />
ausgewiesen mit dem Ziel:<br />
Reduktion von Fichten-Monokulturen zugunsten<br />
der langfristigen Sicherung sommergrüner<br />
Laubwälder durch die schrittweise<br />
Entwicklung eines Laubwaldgebietes<br />
mit heimischen Gehölzen verschiedener<br />
Altersstufen. Später folgten Beiträge für<br />
die Renaturierung von Bächen, Auen und<br />
Mooren, die man konkret in den Projekten<br />
„Bachtäler im Arnsberger Wald“<br />
und „Möhneaue“ im Rahmen der LIFE-<br />
Projekte der Europäischen Union angelegt<br />
hat.<br />
Zu den wesentlichen Zielen eines Naturparks<br />
gehört aber auch die Erhaltung <strong>des</strong><br />
kulturellen Erbes einer Region, ihres traditionellen<br />
Handwerks<br />
oder ihrer<br />
landschaftstypischen<br />
Architektur.<br />
Ziele,<br />
die auch in der<br />
Heimatarbeit<br />
von besonderer<br />
Bedeutung<br />
sind. Dies zeigen<br />
uns auch<br />
in jüngerer Vergangenheit<br />
die<br />
vielfältigen Aktivitäten<br />
unseres<br />
Vorstandsmitglie<strong>des</strong><br />
Kreisheimatpfleger<br />
Dieter Sukkau,<br />
seines Stellvertreters Norbert Dodt und<br />
der ehrenamtlichen Ortsheimatpfleger im<br />
Kreis Soest z. B. im Projekt: Kulturlandschaft<br />
am Hellweg.<br />
Als beispielhaft mag hier auch das Landschaftsinformationszentrum<br />
(LIZ) „Wasser<br />
und Wald Möhnesee e. V.“ in der alten<br />
Günner Mühle gelten. Drei Erlebnisräume<br />
zu den Themen „Landschaft“, „Wasser“<br />
und „Wald“ beherbergen eine interaktive<br />
Dauerausstellung, die Besucher über die<br />
Besonderheiten <strong>des</strong> Arnsberger Wal<strong>des</strong><br />
informiert (Foto), weitere Informationen<br />
unter www.liz.de. Wer mag, kann sich die<br />
„Jubiläumsregion“ auch erwandern, denn<br />
die Sauerland-Waldroute, die mit dem Rothaarsteig<br />
und dem Sauerland-Höhenflug<br />
zu den Aushängeschildern <strong>des</strong> Sauerlands<br />
nach den Prinzipien <strong>des</strong> Neuen Wanderns<br />
angelegt ist, führt quer durch den Arnsberger<br />
Wald von Iserlohn nach Marsberg.<br />
Bleibt am Ende nur noch den Verantwortlichen,<br />
die jetzt und in der Vergangenheit<br />
sich in den Gremien <strong>des</strong><br />
Zweckverban<strong>des</strong> und in den beteiligten Organisationen<br />
für den erreichten prächtigen<br />
Zustand <strong>des</strong> Geburtstagskin<strong>des</strong> eingesetzt<br />
haben, herzlich zu danken und Anerkennung<br />
auszusprechen. Und: Im nächsten<br />
Jahre wird weitergefeiert, denn dann ist<br />
die 100jährige Wiederkehr <strong>des</strong> Einstaus<br />
der Möhnetalsperre. Der Sauerländer Heimatbund<br />
wird sich daran beteiligen, indem<br />
wir unsere jährliche Mitgliederversammlung<br />
für 2013 nach Möhnesee vergeben<br />
haben. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen<br />
am Möhnesee im Naturpark Arnsberger<br />
Wald. Weitere Informationen, vor allen<br />
Dingen das Jubiläumsmagazin zum Herunterladen,<br />
im Netz unter www.naturparkarnsberger-wald.de<br />
Die alte Günner Mühle<br />
Foto: LIZ/M. Kraft
Sauerland 1/2012 23<br />
Die Firma PIEPER HOLZ ist ein traditionelles<br />
Familienunternehmen,<br />
das auf eine über 60jährige Historie<br />
zurückblicken kann und ist im Herzen einer<br />
der waldreichsten Regionen Deutschlands<br />
beheimatet – dem Sauerland. Bei<br />
dem international operierenden Unternehmen<br />
mit einer der modernsten Sägewerksanlagen<br />
Europas dreht sich alles um den<br />
natürlichen, nachwachsenden Werkstoff<br />
Holz. Dementsprechend bietet die Firma<br />
PIEPER HOLZ seinen Kunden mit den<br />
Sparten Holzhandel, Säge-, Imprägnier-<br />
PIEPER HOLZ<br />
Anzeige „Sägewerk<br />
sucht Waldbesitzer/in“<br />
und Hobelwerk, Holz im Garten sowie<br />
Spielgeräte und Spielanlagensysteme ein<br />
breit gefächertes Leistungsspektrum und<br />
ist somit in diversen Marktsegmenten solide<br />
etabliert.<br />
Allerdings ist der Rohstoff Holz heiß<br />
begehrt, immer mehr Verwerter machen<br />
sich das Angebot streitig. Der Orkan<br />
„Kyrill“, der am 18. Januar 2007 über<br />
Deutschland hinwegfegte und einen Großteil<br />
<strong>des</strong> hiesigen Waldbestan<strong>des</strong> mit sich<br />
riss, trug sein übriges zur mittelfristigen<br />
Verknappung bei. Insofern bestand zu diesem<br />
Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf,<br />
um dieser Entwicklung entgegenzusteuern<br />
und die notwendige Holzversorgung <strong>des</strong><br />
Unternehmens auch<br />
langfristig sicherstellen<br />
zu können. Auch wenn<br />
man mitten in einer<br />
Waldregion beheimatet<br />
ist sind dann innovative<br />
Ideen gefragt.<br />
Doch was tun? Über<br />
das Forstamt und den<br />
Holzhandel war es<br />
nicht möglich, genügend<br />
Holzeinkäufe zu<br />
tätigen, um den Bedarf<br />
zu decken. Aus diesem<br />
Engpass entstand die<br />
Idee, die zahlreichen<br />
privaten Waldbesitzer<br />
verstärkt anzusprechen,<br />
die zwar nur bedingt<br />
über die genannten<br />
Einrichtungen, aber<br />
dafür über die regionale<br />
Tagespresse erreicht<br />
werden können.<br />
Um dort eine hohe<br />
Aufmerksamkeit zu erzielen<br />
und aus der Vielzahl<br />
an Zeitungsanzeigen<br />
herauszustechen,<br />
ist der Gedanke einer<br />
etwas anderen Kontaktanzeige<br />
konzipiert<br />
worden. Das Primärziel<br />
dieser Anzeige bestand<br />
darin, sich von anderen<br />
Anzeigen abzuheben,<br />
aufzufallen, die Leser<br />
zum Schmunzeln zu<br />
bringen, eine breite<br />
Ehrung mit der Urkunde und dem golden Woody Award<br />
Moderatorin Katja Weingartz, Arno Riedel, Bettina Meister,<br />
Hans-Georg Pieper, Guido Ricken, Wolfram Simon und Vorstandsmitglied<br />
vom Gesamtverband Deutscher Holzhandel Jens Blume<br />
(v.l.n.r.)<br />
Öffentlichkeitswirkung<br />
herbeizuführen und<br />
im Fokus natürlich die<br />
Zielgruppe dieser Werbemaßnahme<br />
zur Kontaktaufnahme<br />
und zum<br />
Verkauf zu animieren.<br />
Kurz gesagt, die Anzeige<br />
wurde ein riesiger<br />
Erfolg. Die angesprochene<br />
Zielgruppe mit<br />
kleinerem Waldbesitz,<br />
die sonst andere Verkaufs-<br />
und Vertriebswege<br />
gesucht hätte,<br />
reagierte in einer Zahl,<br />
die selbst bei PIEPER<br />
HOLZ überraschte.<br />
Dass die Anzeige<br />
„Sägewerk sucht<br />
Waldbesitzer/in“ diese<br />
Zielsetzung bei weitem<br />
übertroffen hat, beweist<br />
auch die Tatsache, dass<br />
sogar der WDR auf diese<br />
Anzeigenkampagne<br />
aufmerksam geworden<br />
ist und in seiner Sendung<br />
„Lokalzeit“ über die außergewöhnliche<br />
Idee der<br />
Materialbeschaffung und<br />
die enorme Resonanz in<br />
der Region berichtet hat.<br />
Darüber hinaus ist im Informationsblatt<br />
Gesamtverband<br />
Deutscher Holzhandel<br />
ein ausführlicher<br />
Artikel erschienen, der<br />
ebenfalls die Kreativität,<br />
Innovation und Effektivität<br />
dieser Kampagne<br />
würdigt. Neben dieser<br />
Präsenz in den Medien<br />
ist auch die Resonanz aus<br />
der Bevölkerung überwältigend<br />
gewesen, da sogar<br />
etliche außenstehende<br />
Personen das Unternehmen<br />
auf diese Anzeige<br />
angesprochen haben,<br />
von Mitarbeitern über<br />
Bekannte bis zu vielen<br />
Kunden.<br />
Und der Erfolg geht<br />
weiter<br />
Im Oktober 2011<br />
wurden Herr Pieper und<br />
Herr Riedel von Sauerland<br />
Initiativ eingeladen<br />
zur Preisverleihung Innovationspreis<br />
Sauerland<br />
2011. PIEPER HOLZ bekam eine Auszeichnung<br />
für diese Anzeige.<br />
Am wichtigsten war allerdings die Auszeichnung<br />
auf der Branchenmesse Holz in<br />
Köln. Hier wurde der Woody Award ausgelobt.<br />
Welches Holzunternehmen hat den<br />
Mut, seine Kunden im Kundenkontakt zu<br />
verblüffen? Prämiert wurde in dieser Kategorie<br />
ein Unternehmen, welches über<br />
eine Anzeige oder andere Instrumente der<br />
Kommunikation den Mut und die Originalität<br />
bewiesen hat, sich mit einer unerwarteten<br />
Andersartigkeit in Szene zu setzen.<br />
Voraussetzung war, dass diese Konzeption<br />
in der Praxis umgesetzt worden ist.<br />
In der Kategorie Woody Joke für das<br />
Jahr 2011 wurde das Unternehmen<br />
PIEPER HOLZ und die Werbeagentur<br />
riedel und eichler am 2. November mit<br />
dem Woody Award 2011 und dem 1. Platz<br />
belohnt.
24 Sauerland 1/2012<br />
Für die bergige Bahnnebenstrecke<br />
Wennemen-Eslohe-Finnentrop war<br />
eine gleichmäßige Steigung der<br />
Bahntrasse erforderlich. Buchstäblich von<br />
Menschenhand wurde vor mehr als 100<br />
Jahren u. a. ein bis zu 18 m tiefer und<br />
mehr als 100 m langer Geländeeinschnitt<br />
in felsigem Untergrund erforderlich. Dieser<br />
Einschnitt für die Bahntrasse an der<br />
Helle wurde aufwändig überbrückt. Diese<br />
Hellebrücke ermögliche die Wegeführung<br />
zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen<br />
jenseits der Bahntrasse ohne Umwege.<br />
Trotz ihrer durchaus erhaltenswerten<br />
Architektur der Hellbrücke mit ihren drei<br />
Bögen aus heimischen Bruchsteinen stufte<br />
Steinbrücke an<br />
der Helle –<br />
Grundstein im<br />
Mosaik der<br />
Ortsentwicklung<br />
<br />
von Dr. Hans Dürr<br />
das LWL-Denkmalschutzamt die Brücke<br />
auch 2011 nicht als Baudenkmal ein. Vergleichbare<br />
oder ähnliche Brückenobjekte<br />
mag es auch andernorts geben, dennoch<br />
ist die Hellebrücke einzigartig für den<br />
Raum Eslohe.<br />
Nachdem bereits 1861 die Ruhr-Sieg-<br />
Hauptstrecke bahnmäßig erschlossen<br />
worden war, verharrte Eslohe verkehrstechnisch<br />
noch ein halbes Jahrhundert<br />
auf überkommenen Infrastrukturen per<br />
Fuhrwerke. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen<br />
hatten Esloher Gewerbetreibende,<br />
wie z. B. Kleineisenindustrie<br />
der Fa. Chr. Gabriel, immer wieder den<br />
Bau der Eisenbahnnebenlinie Wennemen-Finnentrop<br />
gefordert, damit Esloher<br />
Unternehmer kostengünstiger auf den<br />
Märkten agieren könnten. In den Protokoll<br />
büchern der Gemeinde Eslohe finden<br />
sich Hinweise darauf, wie Kommunalpolitiker<br />
die Bahnhöfe und die Bahnanbindung<br />
von Gewerbegrundstücken z. B. der<br />
Fa. Chr. Gabriel unterstützten.<br />
Gewerke Gabriel auf der Eröffnungsfeier<br />
der Bahnstrecke am 11. Jan. 1911:<br />
Fernab <strong>des</strong> Heerwegs, der den breiten Flüsse<br />
Zu folgen pflegt, grünen unsere Matten.<br />
Da liegen unsere Dörfer, unsere Berge.<br />
Da ziehen unsere Wälder ihre Schatten.<br />
Wie das verträumte Königskind im Märchen<br />
Von dichten Dornenhecken rings umgeben,<br />
Im müß‘gen Schlafe hundert Jahre ruhte,<br />
So schlief auch hundert Jahre hier das Leben<br />
…<br />
Und all die Dörfer, deren blanke Häuser<br />
Im Wenne-Esseltale eingebettet<br />
Sind heut erwacht aus langem Märchentraume<br />
Und heute miteinander neu verkettet. …<br />
(Quelle: Bruns, Alfred (1982), S. 57)<br />
1. Bauphase bis 1911<br />
Interessengeleitet hatten Esloher<br />
Wald- und Grundbesitzer, so wie Fuhrunternehmer,<br />
den Bau einer Bahntrasse<br />
Wennemen-Finnentrop noch bis zur Jahrhundertwende<br />
hinausgezögert. Einigen<br />
Grundbesitzern aus (Nieder-)Eslohe ermöglichte<br />
die Bahnbehörden eine ungehinderte<br />
Nutzung ihrer Wald- und Wiesenflächen<br />
jenseits der Bahnlinie durch den Bau der<br />
Hellebrücke und durch Unterführungen an<br />
Verkehrsschnittpunkten, damit die Grundstücksfragen<br />
zum Bau der neuen Trasse<br />
vom Tisch kamen. Dennoch wird so gar<br />
noch von Enteignungen für Bahngelände<br />
berichtet.<br />
Danach konnten mit massivem Einsatz<br />
von „Gastarbeitern“ aus Südeuropa<br />
Brücken-, Tiefbau- und Tunnelbauten in<br />
wenigen Jahren fertiggestellt werden. Der<br />
Geländeeinschnitt unter der Hellebrücke<br />
war verbunden mit Sprengarbeiten und<br />
anschließend sehr viel Handarbeit. Das hat<br />
nicht nur Tausende von Arbeitsstunden<br />
gekostet, fünf Menschen fanden den Tod<br />
beim Bau der gesamten Nebenstrecke.<br />
1911 wurde die Bauphase beendet.<br />
Zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />
leitete der Bau der Eisenbahnstrecke<br />
mit seinen Bahnhöfen und Brücken zu<br />
einem Wirtschaftsaufschwung in der Region<br />
ein. Bereits während der Bauphase<br />
konnte Eslohe davon wirtschaftlich profitieren:<br />
• Für einige Jahre bezog die Bauleitung<br />
der Bahn Quartier im Dorf<br />
• Willkommener Nebenerwerb für Esloher<br />
Frauen wurde die Verköstigung der<br />
Bahnbauarbeiter<br />
• Die Gastronomie <strong>des</strong> Ortes boomte<br />
Eslohe hatte nun (Bahn-)Anschluss<br />
an die Industrieregionen Lenne-Sieg und<br />
an das Ruhrgebiet und war so reichsweit<br />
mit den Absatz- und Beschaffungsmärkten<br />
vernetzt. Erste Touristen kamen per<br />
Bahn, umgekehrt konnten Esloher bequemer<br />
verreisen. Die überwiegend landund<br />
forstwirtschaftlich strukturierte Region<br />
Wenne-Eslohe war im Industriezeitalter angekommen.<br />
Mit dem Betrieb der Bahn gab<br />
es neue berufliche Möglichkeiten, die den<br />
allmählichen Rückgang der landwirtschaftlichen<br />
Erwerbsmöglichkeiten auffangen<br />
konnte. Auch wurden Erwerbsmöglichkeiten<br />
für Pendler durch die Bahn verbreitert<br />
– selbst wenn lange Fußmärsche zum<br />
Arbeitsplatz (noch) alltäglich üblich waren.<br />
Hellebrücke 2011<br />
Quelle: Archiv Museum Eslohe<br />
Lage der Hellebrücke<br />
Quelle: Schulte, B., S. 193
Sauerland 1/2012 25<br />
Brücke in der Bauphase<br />
Quelle: Archiv<br />
RAD-Eslohe auf Bahnreise zum Reichsparteitag in Nürnberg.<br />
Quelle: Privates Archiv Dürr<br />
Beschäftigte im Kreis Meschede<br />
Quelle: Ellerbrock/Besler-Worbs, (2001),S. 308 ff.<br />
Bereiche 1907 1939<br />
Landwirtschaft 45,8 % 40,6 %<br />
Bergbau + Industrie+Handwerk 41,6 % 37,0 %<br />
Dienstleistungen und Verkehr 12,6 % 22,3 %.<br />
Tab. 1<br />
Der Bahnanschluss eröffnete den Eslohern<br />
andere, neue Möglichkeiten der Sicherung<br />
<strong>des</strong> Lebensunterhalts und beeinflusste das<br />
Wachstum der Gemeinde. (Tab. 1)<br />
Wie viele Tausend Personen haben über<br />
Jahrzehnte täglich die Hellebrücke wenige<br />
Meter vom Bahnhof Eslohe entfernt<br />
durchfahren und dabei den Schritt in eine<br />
ganz Lebens- und Arbeitswelt vollzogen<br />
und umgekehrt? Der strukturelle Wandel<br />
von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft<br />
wäre auch im Kreis<br />
Meschede ohne Eisenbahnbau bis zum<br />
2. Weltkrieg kaum realisierbar gewesen.<br />
2. Zugverkehr unter der Hellebrücke,<br />
Nutzung der Bahnbrücke<br />
Nach Aufnahme <strong>des</strong> Linienverkehrs<br />
1911 standen 5 dampfgetriebene Zugpaare<br />
für den Personen- und Güterverkehr<br />
zur Verfügung, Personenverkehr erfolgte<br />
täglich mehrfach in beide Richtungen. Der<br />
Güterverkehr für die Esloher Kleineisenund<br />
Handwerksbetriebe, sowie die Landwirtschaft<br />
wurde meist über den Bahnhof<br />
abgewickelt. Landwirtschaftsberufsschule,<br />
Amtsrealschule, Krankenhaus, Post und<br />
Amtsverwaltung in Eslohe sicherten den<br />
Personenbahnverkehr. Haupttourismusströme,<br />
damals „Sommerfrischler“ und<br />
Wintersportler, verliefen zwar über die<br />
Tabelle 2<br />
Ruhrschiene, jedoch<br />
eher in Richtung<br />
Schmallenberg/Winterberg.<br />
Ein Arbeitslager in<br />
Eslohe wurde 1934 zum RAD-Arbeitslager<br />
für wechselnde Belegungen mit mehr<br />
100 Personen ausgebaut. Viele kamen zu<br />
Fuß, andere reisten per Bahn an und unterquerten<br />
dabei kurz vor dem Zielbahnhof<br />
die Hellebrücke.<br />
Der RAD leistete gemeinnützige Arbeit<br />
in der Region. Eine davon war der Ausbau<br />
<strong>des</strong> Waldweges Niedereslohe-Grevenstein,<br />
die RAD-Abteilung mit geschulterten Spaten<br />
hat die Hellebrücke dazu täglich und<br />
oft singend überquert. Ein Wegestein ca.<br />
800 m hinter der Hellebrücke erinnert an<br />
den RAD-Wegebau.<br />
Wegen vermutlich untergeordneter<br />
militärischer Nutzung im Krieg zeigte<br />
am Kriegsende diese Bahnstrecke kaum<br />
Kriegsschäden. Bereits am 14. 5. 1945<br />
war eine Wiederaufnahme <strong>des</strong> Güter- und<br />
Personenverkehrs möglich. Neue Personengruppen<br />
begrüßte die Hellebrücke<br />
nun kurz vor dem Zielbahnhof: Viele Tausend<br />
Flüchtlinge und Aussiedler. Zeitzeuge<br />
Dieter Gurni: „Mit Mutter und kleinem<br />
Bruder reisten wir von Bitterfeld aus am<br />
17.8.1949 an. Am Bahnhof Eslohe ging<br />
es mit Gepäck zu Fuß auf den Weg in eine<br />
neue Heimat, Vater erwartete uns im Gasthof<br />
Keggenhoff.“<br />
Teile der Flüchtlinge konnten vorübergehend<br />
in den ehemaligen „RAD-Baracken“<br />
untergebracht und verpflegt werden.<br />
Als 1949 der Zustrom von Deutschen aus<br />
den Ostgebieten nachließ fehlten der lokalen<br />
Geschäftswelt Kunden. Esloher Politiker<br />
agierten entsprechend, es gelang, die<br />
lan<strong>des</strong>weite Ausbildung für Dachdecker<br />
auf dem ehemaligen RAD-Gelände zu etablieren<br />
und zusätzlich auch Ausbildungseinrichtungen<br />
für Metall- und Bauberufe,<br />
so wie für Blaufärber. Tausende Junghandwerker<br />
reisten, damals ganz selbstverständlich<br />
per Bahn unter der Hellebrücke<br />
hindurch an, ab 1953 in Schienenbussen<br />
anstelle dampflokbetrieben Personenzüge.<br />
3. Rückgang <strong>des</strong> Schienenverkehrs<br />
Die alte Minden-Coblenzer Provinzialstraße<br />
war für die Anforderungen der Pferdefuhrwerke<br />
bis ins 19. Jhdt zwischen Meschede-Olpe<br />
ausgelegt. Dies genügte nicht<br />
mehr für Auto- und Busverkehr, der sich<br />
20 Jahre nach dem Eisenbahnanschluss<br />
hier entwickelte.1930 werden Teile der<br />
heutigen B 55 im Raum Eslohe verbreitert<br />
und z.T. geteert. Dies erleichterte Transporte<br />
mit PKW, LKW und den Busverkehr.<br />
Die Bahnhöfe Eslohe und Wenne<br />
liegen abseits vom Kernort Eslohe, daher<br />
entstanden beim Warenverkehr Wegekosten<br />
und Personen mussten Fußmärsche<br />
zum Bahnhof berücksichtigen. Motorrad-,<br />
Auto- und Linienbusfahren wurde im ländlichen<br />
Bereich immer attraktiver auf den<br />
o.a. verbesserten Straßen. Die Bahn verlor<br />
im Wirtschaftswunderland allgemein<br />
und auch im Raum Eslohe an Kundschaft.
26 Sauerland 1/2012<br />
1965 wird der regelmäßige Güterverkehr<br />
auf der Strecke eingestellt, ein Jahr später<br />
dann der regelmäßige Betrieb, für einige<br />
Jahre verblieb ein eingeschränkter Güterverkehr.<br />
Immer größer und schwerer werdenden<br />
Fahrzeuge änderten die Nutzungsbeanspruchung<br />
der Hellebrücke. Diese war ursprünglich<br />
auf Fußgänger und Pferdegespanne<br />
ausgelegt. Schwere Zugmaschinen mit und<br />
ohne Hänger hielten Einzug in die Holzabfuhr<br />
und z. T. in die Landwirtschaft. Als<br />
die Brücke um die Jahrtausendwende von<br />
der DB ins Eigentum der Gemeinde Eslohe<br />
überging, begrenzte diese zwar die Brückennutzung<br />
auf 10 t. Ob dieses Verkehrsschild<br />
tatsächlich berücksichtigt wurde, ist nicht bekannt.<br />
Nach dem verheerenden Kyrill-Sturm<br />
2007 wurde sehr viel Holz abgefahren und<br />
ein Jahr später wurden dann gravierende<br />
Mängel an der Hellebrücke festgestellt.<br />
Passierende Wanderer rasten auch heute<br />
noch gerne auf der hohen Hellebrücke,<br />
blicken über eine Jahrzehnte stillgelegte<br />
zu stillgelegten Bahnstrecken und Bahnbrücken.<br />
Noch stehen solche mühsam errichteten<br />
Bauwerke wie die Hellebrücke,<br />
wenn auch ohne wirtschaftliche Sachzwänge.<br />
Sie symbolisieren eine bewegte<br />
Vergangenheit.<br />
Aus der Sitzungsvorlage 10/2011 der<br />
Gemeinde Eslohe: „Beim Bau der Eisenbahnstrecke<br />
zwischen Eslohe und Sallinghausen<br />
wurde im Bereich der Helle,<br />
unweit <strong>des</strong> Bahnhofs Eslohe, ein tiefer<br />
Geländeeinschnitt abgetragen. Um die<br />
Funktionsfähigkeit <strong>des</strong> dabei durchtrennten<br />
bedeutsamen Waldwirtschaftsweges zu<br />
erhalten, wurde eine den damaligen Anforderungen<br />
entsprechende Brücke über dem<br />
Einschnitt errichtet. Die Brücke hat eine<br />
Spannweite von ca. 40,00 m und eine<br />
Höhe über Grund von ca. 16,50 m. Sie<br />
ist als sogenannte Dreifeldbogenbrücke<br />
aus Naturstein gebaut und für Fahrzeuge<br />
bis 10 to freigegeben. Baulastträger <strong>des</strong><br />
Wirtschaftsweges ist die Beteiligtengesamtheit<br />
(BGH) Eslohe. Die Gemeinde ist<br />
Brückenpfeiler, Widerlager und Stützmauern<br />
ohne Abbruch mit verfüllt werden. Damit<br />
ist jedoch kein Ende der Diskussion eingetreten,<br />
eher ein Neuanfang: Es formierte<br />
sich nach diesem Ratsbeschluss in vielen<br />
Leserbriefen und Zeitungsartikeln Kritik<br />
und andererseits Rechtfertigung zu diesem<br />
Ratsbeschluss. Für den Erhalt der Hellebrücke<br />
in Sichtweite der Esloher Museumseisenbahn<br />
formiert sich Ende 2011 ein<br />
Verein „Freunde der Helle brücke“ mit dem<br />
Ziel: Förderung und Bewahrung von Landschafts-,<br />
Geschichts- und Kulturgütern…“.<br />
Quellen und Literatur<br />
Archiv der Gemeinde Eslohe, insbes. Protokollbücher<br />
der Gemeinde Eslohe<br />
Archiv <strong>des</strong> Maschinen- und Heimatmuseums Eslohe<br />
Privates Archiv Dürr<br />
Bruns, Alfred:<br />
Die gute alte Zeit, Fredeburg, 1982<br />
Bruns, Alfred: Die Eisenbahn im Sauerland, hg.<br />
vom Schieferbergbau-Museum Schmallenberg-<br />
Holthausen, 1989<br />
Brücke in Öl<br />
Quelle: privat (Christine Kopietz)<br />
Hellebrücke mit Camera obscura 2011<br />
Quelle: Museum Eslohe (Manfred Haupthoff)<br />
Bahnstrecke immer noch auf Bahngleis.<br />
Anfang 2012 wurde nun auch der Schienenstrang<br />
entfernt. Dennoch fasziniert das<br />
Bild einer hohen Eisenbahnbrücke nicht<br />
nur lokale Künstler, es ist auch eine Brücke<br />
in eine andere Zeit.<br />
4. Eisenbahnbrücke ohne<br />
Eisenbahn – erhalten,<br />
vernichten oder konservieren?<br />
Letztlich hatte der Autoboom im Wirtschaftswunder<br />
der Bun<strong>des</strong>republik zum<br />
Niedergang der Eisenbahn geführt, damit<br />
Eigentümerin <strong>des</strong> gesamten Einschnittgelän<strong>des</strong><br />
bis ca. 80 m nordöstlich der Brücke<br />
in Richtung Sallinghausen und damit auch<br />
Eigentümerin, Baulastträger und Verkehrssicherungspflichtiger<br />
der Brücke.“<br />
2008 hatte eine Brückenprüfung der<br />
Hellebrücke Sanierungskosten von ca.<br />
165 000 € aufgezeigt, viel Geld für eine<br />
Brücke mit nur wenigen gewerblichen Nutzern.<br />
Am 2.3.2011 beschloss der Rat mit<br />
24:5:2 Stimmen eine Wiederauffüllung<br />
<strong>des</strong> Geländeeinschnittes der ehemaligen<br />
Bahntrasse an der Hellebrücke, wobei die<br />
Dürr, Hans: Die RAD-Baracke – nur für braune<br />
hardliner? in: Sauerland, Nr. 3, September<br />
2007<br />
Ellerbrock, Karl-Peter/Bessler-Worbs, Tanja (Hg.):<br />
Wirtschaft und Gesellschaft im südöstlichen<br />
Westfalen, Dortmund 2001<br />
Franzen, Rudolf: Esloher Forschungen, Bd. II,<br />
Eslohe 1999/ Bd. III, Eslohe 2002<br />
Keite, Franz-Josef u.a.: Abfahrt 1911, Maschinenund<br />
Heimatmuseum Eslohe, 2011<br />
Schulte, Bernd: Sauerland im Laufe der Zeit,<br />
Meschede, 1998
Sauerland 1/2012 27<br />
Stracken Hof<br />
Ein Musterbeispiel Endorfer Identität<br />
von Klaus Baulmann<br />
Das älteste noch erhaltene Bauernhaus,<br />
der Stracken Hof in der Mitte<br />
<strong>des</strong> Sunderner Ortsteils Endorf,<br />
verfiel zusehends. Eine Untersuchung der<br />
Jahresringe in den Holzbalken hatte eindeutig<br />
das Erbauungsjahr 1634 erbracht.<br />
Intensive Bemühungen <strong>des</strong> Westfälischen<br />
Amtes für Denkmalpflege in den Jahren<br />
1999 und 2002, das Haus in die Denkmalliste<br />
der Stadt Sundern eintragen zu<br />
lassen, scheiterten. Auch die in Westfalen<br />
renommierte Interessengemeinschaft Bauernhaus<br />
e.V. engagierte sich vergebens.<br />
Die Abbruchgenehmigung wurde Anfang<br />
2007 erteilt. Im Dorf wurde leidenschaftlich<br />
diskutiert: Modernisierer gegen Erhalter.<br />
Manche Argumente wurden zu scharfen<br />
Geschützen mit teils verheerender<br />
Wirkung. Es war nur noch eine Frage von<br />
wenigen Wochen, und eines der ältesten<br />
Steinhäuser im Sauerland wäre unwiederbringlich<br />
ein Opfer von Bagger und Abrissbirne<br />
geworden.<br />
setzt jedoch grundsätzlich nicht voraus,<br />
dass sich das Objekt in einem guten Erhaltungszustand<br />
befindet. Die Renovierungsbedürftigkeit<br />
lässt die Denkmaleigenschaft<br />
regelmäßig nicht entfallen.“ Der Weg war<br />
frei für die Errichtung eines Notdaches.<br />
Der dreifach vorkragende historische<br />
Nordgiebel mit dem spätgotischen Deelentor<br />
wurde durch ein Bockgerüst gestützt<br />
und gesichert.<br />
Der „Bescheid über die Eintragung<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> Stracken<br />
Hof in Sundern-Endorf, Endorfer<br />
Straße 22, in die Denkmalliste<br />
der Stadt Sundern“ trägt<br />
das Datum vom 18. November<br />
2009. Er stellt u. a. fest: „Das<br />
Objekt ist in hohem Maße bedeutend<br />
nicht nur für die Geschichte<br />
Endorfs, sondern <strong>des</strong> gesamten<br />
Raumes Sundern und <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong>.“<br />
In der Begründung der Stadt wird auch<br />
auf die charakteristische Dreischichtigkeit<br />
<strong>des</strong> Anwesens hingewiesen: das ursprünglich<br />
niederdeutsche Längsdeelenhaus von<br />
1634, den Umbau zum Querdeelenhaus<br />
um 1855/56 und den Anbau eines Wohnhauses<br />
nach dem 2. Weltkrieg 1949/51.<br />
Der Stracken Hof von 1634 ist sicher<br />
nicht das erste Haus an dieser Stelle, er<br />
dürfte ein Neubau oder wenigstens ein<br />
Ausbau mitten im Dreißigjährigen Krieg<br />
gewesen sein. Er ist wie die meisten Endorfer<br />
landwirtschaftlichen Betriebe ein<br />
Lehnshof <strong>des</strong> Kanoniker-Stifts Meschede.<br />
Im Jahr 1495 wird z. B. eine Familie<br />
Stracke als Besitzer eines Gutes in Endorf<br />
genannt. Eine Enkelin der Mette Stracke<br />
aus Endorf wird 1524 in einem Soester<br />
Toversichtsbrief erwähnt. Einer der tüchtigsten<br />
Steuerzahler im Kopfschatzregister<br />
<strong>des</strong> kurkölnischen Herzogtums Westfalen<br />
Da ergriffen beherzte Personen aus Endorf<br />
und der näheren und weiteren Umgebung<br />
die Initiative und gründeten am<br />
9. Oktober 2007 eine „Interessengemeinschaft<br />
Stracken Hof e.V.“ Zwei Ziele standen<br />
zunächst im Vordergrund der Arbeit<br />
<strong>des</strong> Vereins, die Finanzierung <strong>des</strong> Grunderwerbs<br />
und die Sicherung <strong>des</strong> schon stark<br />
einsturzgefährdeten Daches. Die Bemühungen<br />
um die Finanzierung zogen sich<br />
bis zum Jahr 2009 hin. Viele kleine und<br />
wenige große Spenden kamen zu Hilfe.<br />
Mit einem denkmalpflegerischen Sonderprogramm<br />
beteiligten sich der Bund und<br />
das Land. Auch die NRW-Stiftung half mit<br />
einem namhaften Betrag.<br />
Für die Erstsicherung gegen Witterungseinflüsse<br />
und weiteren Verfall war nach<br />
dem Grunderwerb durch die Interessengemeinschaft<br />
eine vorläufige Unterschutzstellung<br />
durch die Stadt Sundern nötig. Der<br />
entsprechende Bescheid kam am 14. April<br />
2009. Dabei stützte sich die Stadt auf ein<br />
Urteil <strong>des</strong> Oberverwaltungsgerichts Münster<br />
vom 12. Mai 1986, in dem es u. a.<br />
heißt: „Die Bejahung <strong>des</strong> öffentlichen Interesses<br />
an der Erhaltung eines Gebäu<strong>des</strong><br />
Nordgiebel von Stracken Hof in Endorf im Zustand von 1634.<br />
Zeichnung D. Maschmeyer<br />
In der Mitte oben das Fachwerk mit dreifacher Vorkragung, in der Mitte unten das spitzbogige<br />
Deelentor, links die Tür zum früheren Kuhstall.<br />
Rechts oben unter dem Fachwerk das Rauchloch <strong>des</strong> Kamins der Kemenate.
28 Sauerland 1/2012<br />
von 1543 das Kirchspiel Stockum betreffend<br />
ist ein Jost Stracken aus Endorf.<br />
Über viele Jahrhunderte ist Stracken Hof<br />
min<strong>des</strong>tens der zweitgrößte landwirtschaftliche<br />
Betrieb in Endorf. Um 1700 wird<br />
der Schultenhof <strong>des</strong> Huxe mit einer Hufe<br />
angegeben. Stracke steht mit 2½ Hufen<br />
zu Buche, vor Schlotmanns Hof in Endorf<br />
und dem Schultenhof zu Brenschede mit<br />
zwei Hufen. Von 1800 bis 1814 ist ein<br />
Stracke Holzaufseher der Endorfer Mark.<br />
Stracken Hof ist nicht nur als landwirtschaftlicher<br />
Betrieb von großer Bedeutung.<br />
Schon lange bevor Endorf von Kurfürst<br />
Ernst um 1585 zur Bergfreiheit erhoben<br />
wurde, kommt der Name Stracke seit<br />
1460 im Zusammenhang mit dem Bönkhauser<br />
Bleibergwerk vor. Im frühen 16.<br />
Jahrhundert heißen die Endorfer Schulten<br />
Stracke. Ein Stracke wird 1596 als Mitinhaber<br />
<strong>des</strong> Recklinghauser Eisenhammers<br />
genannt. Hermann Stracke ist 1656 beim<br />
Besuch <strong>des</strong> Kölner Kurfürsten Maximilian<br />
Heinrich Schichtmeister der Grube in<br />
Bönkhausen. Nach dem Rauchschatzregister<br />
von 1664 besitzt er eine Feuerstätte,<br />
einen Backofen, einen Kachelofen, einen<br />
Braukessel und einen Hammerherd (Herd<br />
eines Eisenhammers). Eine vergleichbare<br />
Bedeutung für den Bergbau im Raum Endorf<br />
hatte von den alten Endorfer Höfen<br />
nur der Schlotmanns Hof, von dem noch<br />
der alte Spieker erhalten ist.<br />
Aus den wenigen beispielhaften Angaben<br />
geht hervor, welch große Bedeutung<br />
Stracken Hof für die Geschichte von Endorf<br />
hat. Von den ursprünglichen Höfen<br />
der Endorfer Markberechtigten existiert<br />
nur noch der von Schulte-Beste. Dazu<br />
kommt noch die exponierte Lage an der<br />
Endorfer Hauptstraße an der Nahtstelle<br />
zwischen Ober- und Unterdorf. War doch<br />
Stracken Wiese im letzten Jahrzehnt <strong>des</strong><br />
19. Jahrhunderts sogar im Gespräch als<br />
Standort für die Endorfer Dorfkirche.<br />
Nach den ersten Erfolgen der Renovierung<br />
besserte sich auch die Stimmung im<br />
Dorf. Im Zuge der Diskussionen, wie man<br />
denn den erneuerten Strackenhof nutzen<br />
könnte, erinnerte man sich daran, dass<br />
sogar dort schon Schützenfest gefeiert<br />
wurde. Im Jubiläumsbuch von 1978 steht<br />
zu lesen: „Der Rendant und Richtmann<br />
(Schützenhauptmann) Franz Miederhoff<br />
erwähnt z. B. vom Schützenfest 1867 in<br />
einer Fußnote: ... auf Stracken-Hofe das<br />
Schützenfest am 2. und 3. Juny gefeiert.“<br />
Nach dem Bau der Schützenhalle ist das<br />
Problem für die Schützenbruderschaft gelöst.<br />
Der Heimatverein veranstaltete 2011<br />
mit großem Erfolg den Endorfer Weihnachtsmarkt<br />
in und um Stracken Hof. Von<br />
April bis September betreibt er das Backhaus<br />
an jedem ersten Samstag im Monat.<br />
Frauenchor und Museum Alte Schmitte<br />
sind in die Planungen einbezogen. Das<br />
Stan<strong>des</strong>amt der Stadt Sundern lädt demnächst<br />
zu Eheschließungen in Stracken<br />
Hof ein. Der Hochsauerlandkreis ist mit<br />
Lesungen im Rahmen der Criminale zu<br />
Gast. Große Freude kam auf, als die Meldung<br />
vom Wiederauffinden <strong>des</strong> originalen<br />
Deelenpflasters sich verbreitete. Jetzt kann<br />
das alte Fischgrätenmuster wieder die Tenne<br />
zieren.<br />
Im Jahr 2012 ist eine gute Zukunft für<br />
Stracken Hof absehbar. Der Erfolg hat<br />
bekanntlich viele Väter (und Mütter). Einige<br />
seien hier beispielhaft genannt. Dr.<br />
Dietrich Maschmeyer von der Interessengemeinschaft<br />
Bauernhaus e.V. hat durch<br />
seine Untersuchungen und Appelle zum<br />
Erhalt viel bewirkt. Dr. Thomas Spohn<br />
vom Westfälischen Amt für Denkmalpflege<br />
in Münster hat durch seinen persönlichen<br />
Einsatz und seine Argumentationskraft<br />
weit mehr geleistet, als es seine dienstliche<br />
Pflicht gebot. Er verwies u. a. darauf, dass<br />
der hochgelobte Stertschultenhof in Eslohe-Cobbenrode<br />
120 Jahre jünger sei als<br />
Stracken Hof in Endorf.<br />
Nordgiebel im Zustand von 2011.<br />
Foto: Hubert Cor<strong>des</strong><br />
Mit viel Mut und Schwung übernahm<br />
der junge Norbert Rademacher 2007 den<br />
Vorsitz in der neugegründeten Interessengemeinschaft<br />
Stracken Hof e.V. Er machte
Sauerland 1/2012 29<br />
Ansicht der westlichen Traufseite von Stracken Hof in Sundern-Endorf von der Endorfer Straße aus im Jahr 2011.<br />
Foto: Beate Feische<br />
sich kundig, wie man einen solchen Verein<br />
organisiert. Die Lage stand wirklich auf<br />
<strong>des</strong> Messers Schneide. Blankes Entsetzen<br />
befiel ganz Endorf, als er im August 2009<br />
sein Leben zusammen mit einem Kameraden<br />
bei einem Unfall in den kanadischen<br />
Bergen verlor. In der nun folgenden außerordentlichen<br />
Mitgliederversammlung<br />
rettete Katharina Hoff die angespannte<br />
Situation und übernahm die Bürde der<br />
Vorsitzenden.<br />
Fels in der Brandung um Stracken Hof<br />
ist von Anfang an bisher Geschäftsführer<br />
Hubert Cor<strong>des</strong>. Berufsbedingt kennt er<br />
sich aus mit Verwaltungsvorgängen, disponiert<br />
die Termine und verhandelt erfolgreich<br />
mit Denkmalamt, Architekt und<br />
Handwerkern.<br />
Endorfs Mitte liegt in guten Händen.<br />
LITERATUR<br />
EHBRECHT, Wilfried: Westfälischer Städteatlas Sundern,<br />
Lieferung XI Nr. 4, Münster 2010<br />
MASCHMEYER, Dietrich: Verliert ein Dorf sein<br />
materielles Gedächtnis? Der Holznagel 4/2007<br />
RÖRIG, Maria: Endorf – Geschichte einer Landgemeinde<br />
im Sauerland, Sundern 1981<br />
SCHEPERS, Josef: Haus und Hof westfälischer Bauern,<br />
Münster 1960<br />
SPOHN, Thomas: Das „Stracken-Gut“ in Endorf,<br />
Sunderner Heimatblätter, Sundern 2007<br />
200 JAHRE Endorfer Schützenbruderschaft, Endorf<br />
1978<br />
Mundartlyrik aus dem Nachlass von Joseph Anton Henke (1892–1917), Frettermühle<br />
Wiärümme nit?<br />
Warum nicht?<br />
Wiärümme siek nit fröggen,<br />
Wo’t Liäwen doch söe wenket?<br />
De schoinsten Blaumen blögget<br />
In weiken Froihjohrsnächten.<br />
De Sunne lachet vam Hiäwen<br />
Söe fröndlek-warem raffer<br />
Op all dät junge Liäwen,<br />
Wat doch blöeß äinmol blaumet.<br />
Et löchtet diusend Farwen<br />
Vam Muaren bit taum Owend –<br />
Noch fröeh genaug weerd Garwen<br />
Im Hiärwestwinne stohen.<br />
Warum sich nicht freuen,<br />
Wo’s Leben doch so winkt?<br />
Die schönsten Blumen blühen<br />
In weichen Frühlingsnächten.<br />
Die Sonne lacht vom Himmel<br />
So freundlich-warm herab<br />
Auf all das junge Leben,<br />
Was doch bloß einmal blümt.<br />
Es leuchten tausend Farben<br />
Vom Morgen bis zum Abend –<br />
Noch früh genug werden Garben<br />
Im Herbstwind stehen.<br />
2010 ist der Nachlass<br />
<strong>des</strong> im ersten Weltkrieg<br />
ums Leben gekommenen<br />
Dichters J.A. Henke<br />
aus Frettermühle für das<br />
Christine-Koch-Mundartarchiv<br />
am Esloher Museum<br />
ausgewertet worden. Eine<br />
136 Seiten starke Dokumentation<br />
mit Lebensbild<br />
und allen Texten kann auf<br />
www.sauerlandmundart.de<br />
(daunlots nr. 42)<br />
aufgerufen werden.
30 Sauerland 1/2012<br />
Mitten im Bekanntwerden der<br />
rechtsradikalen Anschläge in<br />
Deutschland am Ende <strong>des</strong> vergangenen<br />
Jahres und in der Diskussion<br />
um Integration der Mitbürger mit Migrationshintergrund<br />
in Deutschland bekam<br />
die Stadt Sundern ein bemerkenswertes<br />
Kunstwerk übergeben: Der örtliche Verein<br />
der Kosovo-Albaner, der fast ausnahmslos<br />
aus Mitgliedern <strong>des</strong> islamischen Glaubens<br />
Bemerkenswerte Stiftung in Sundern:<br />
Figur der seliggesprochenen<br />
Mutter Teresa eingeweiht<br />
besteht, hatte sich zusammen mit der Regierung<br />
der Republik Kosovo zur Aufgabe<br />
gesetzt, als Zeichen der Integration und<br />
<strong>des</strong> guten Willens zum Zusammenleben<br />
eine Figur der 2003 seliggesprochenen<br />
Mutter Teresa von Kalkutta der Bürgerschaft<br />
zu schenken. Mit diesem<br />
Anliegen wandten sie sich an<br />
Bürgermeister Detlef Lins und<br />
an den Verfasser als Pfarrer<br />
der katholischen Kirchengemeinde.<br />
Mutter Teresa, am 26. August<br />
1910 in Skopje als Tochter<br />
albanischer Eltern geboren,<br />
ist mit ihrer Schwesterngemeinschaft<br />
bis heute Inbegriff<br />
<strong>des</strong> caritativen Handelns an<br />
den Armen und Bedürftigen.<br />
Der „Engel von Kalkutta“ starb<br />
dort in Indien am 5. September<br />
1997. Bereits 1979 hatte<br />
sie den Friedensnobelpreis für<br />
ihr Wirken erhalten. Die Kosovo-Albaner<br />
fühlen sich trotz<br />
größtenteils islamischer Religion<br />
dieser christlichen Ordensfrau<br />
besonders verbunden.<br />
Ihre in Originalgröße von<br />
1,58 m von Marlies Hof aus<br />
Harbach im Westerwald geschaffene<br />
wertvolle Plastik aus<br />
Bronze fand in der Sunderner<br />
Fußgängerzone neben der<br />
Pfarrkirche St. Johannes Evangelist<br />
ihre Aufstellung. Die Finanzierung<br />
der Skulptur hatte<br />
der Verein der Kosovo-Albaner<br />
übernommen und in den Familien<br />
und durch weitere Sponsoren<br />
zusammengetragen. Ortsheimatpfleger<br />
Gerhard Scheffer und Mitarbeiter der<br />
Firma Landschaftsbau Klute aus Stockum<br />
sorgten sich um die Aufstellung <strong>des</strong> Kunstwerkes.<br />
Nun kann man in der Sunderner<br />
Innenstadt Mutter Teresa auf Augenhöhe<br />
begegnen.<br />
Der Künstlerin, die bereits zwei weitere<br />
Figuren in Niederfischbach und in Augsburg<br />
geschaffen hat, waren das Lächeln,<br />
von Michael Schmitt<br />
die Liebe und die Frömmigkeit von Mutter<br />
Teresa besonders wichtig. Diese Aspekte<br />
drückt die Figur, die in der Glocken- und<br />
Kunstgießerei Edelbrock in Gescher im<br />
Münsterland im Wachsausschmelzverfahren<br />
gegossen und anschließend brüniert<br />
wurde, in bemerkenswerter Weise aus:<br />
Mutter Teresa streckt den Besuchern die<br />
rechte Hand entgegen und hält in der<br />
linken Hand betend einen Rosenkranz.<br />
Freundlich, offen und mit wachen Augen<br />
schaut die Figur den Betrachter an. Bei der<br />
eindrucksvollen und sehr gut besuchten<br />
Einweihungsfeier am 26. November 2011<br />
sagte die Künstlerin zu ihrem Werk:<br />
Wenn Mutter Teresa jetzt hier wäre,<br />
würde sie ganz sicher diese feierliche Begegnung<br />
unter ihr Lebensmotto stellen:<br />
„Tun wir etwas Schönes für Gott“ (…)<br />
Meine Intension zu Darstellung war,<br />
Mutter Teresa so lebensnah wie möglich<br />
zu porträtieren.<br />
Im Fokus meiner Arbeit standen ihr<br />
Gebet, ihre Liebe und ihr Lächeln, denn<br />
für Mutter Teresa sind sie grundlegend<br />
der Nährboden, der Humus für das Gedeihen<br />
eines guten, friedlichen Zusammenlebens<br />
aller Menschen und Völker.<br />
Der Rosenkranz steht für das Gebet. Sie<br />
hält ihn engumschlungen um ihre linke<br />
Hand. Wie Mutter Teresa immer wieder<br />
betonte, schöpfte sie aus dem Gebet<br />
<strong>des</strong> Rosenkranzes nicht nur geistige<br />
und physische Kraft, sondern<br />
auch jenes unerschütterliche,<br />
totale Gottvertrauen: „Es ist,<br />
als ob ich Jesus an der Hand<br />
halte“, sagte sie. Das Kreuz<br />
als Erkennungszeichen <strong>des</strong><br />
Ordens trägt sie mit einer<br />
einfachen Schließnadel befestigt<br />
auf der linken Schulter.<br />
„Sie kam, sah und liebte“,<br />
berichten Menschen, die ihr<br />
begegnen durften. In jedem<br />
Menschen sah sie das Ebenbild<br />
Gottes. Dabei machte<br />
sie keinerlei Unterschiede<br />
und begründete das mit den<br />
Worten: „Weiß, schwarz, gelb<br />
oder was auch immer, ihr seid<br />
alle Kinder Gottes, geschaffen<br />
um zu lieben und geliebt<br />
zu werden.“ Mit Freude ging<br />
sie auf die Menschen zu und<br />
suchte Zugang zu ihren Herzen.<br />
Diese Liebe ist hier symbolisiert<br />
durch ihre liebevoll<br />
ausgestreckte, offene Hand,<br />
als Einladung zu einem<br />
kurzen, stillen Innehalten,<br />
gleichsam zum Atemschöpfen<br />
in der Hast und Hektik<br />
<strong>des</strong> Tages. Und schließlich ihr<br />
Lächeln. Es ist weltweit zum<br />
Charakteristikum geworden.<br />
Sie sagt und sie hat es durch
Sauerland 1/2012 31<br />
Die Künstlerin Staatssekretär Bürgermeister Detlef Lins<br />
ihr vorbildliches Leben tausendfach bewiesen:<br />
„Man kann Freude bereiten,<br />
helfen, ja sogar heilen ohne Mühen und<br />
Kosten, nur mit einem einfachen aus<br />
dem Herzen kommenden Lächeln“. Mit<br />
berührender Überzeugung fährt sie fort:<br />
„Wir werden nie wissen, wie viel Gutes<br />
ein einfaches Lächeln bewirken kann.<br />
Ein Lächeln bringt etwas von der Wirklichkeit<br />
Gottes in unser Leben“. Mehr<br />
und mehr erkannte Mutter Teresa auch,<br />
wo es in der sogenannten Wohlstandsgesellschaft<br />
mangelt. Und auch da verweist<br />
sie wieder auf das Gebet, die Liebe<br />
und das Lächeln. Fast flehend bittet sie,<br />
die spirituelle oder materielle Armut vor<br />
unserer eigenen Haustür und in unseren<br />
eigenen Familien aufzudecken. Für sie<br />
ist der Zerfall einer Gesellschaft, ja gar<br />
das Zusammenbrechen <strong>des</strong> Weltfriedens<br />
auf den Verlust <strong>des</strong> Gebetes und der Liebe<br />
in der Familie zurückzuführen. Sie<br />
sagt: „Die Liebe beginnt zuhause in der<br />
Familie und die Familie, die zusammen<br />
betet, bleibt auch zusammen.“ Trotz aller<br />
Not und Bedrängnis bittet sie aber,<br />
das Lächeln nicht zu verlernen. „Lasst<br />
uns Liebe anwenden und Mitleid, denn<br />
Frieden beginnt mit einem Lächeln.“<br />
Mögen die Betrachter der Statue Mutter<br />
Teresas immer wieder Freude empfinden<br />
und sich vielleicht inspirieren<br />
lassen von ihrem gütigen Lächeln, um es<br />
weiterzutragen zu ihren Mitmenschen,<br />
an ihren Arbeitsplatz, zu ihren Freunden<br />
und in ihre Familien.<br />
Die Segnung<br />
der<br />
Figur<br />
Neben der Figur ist mittlerweile eine<br />
Schrifttafel mit dem Hinweis auf die Stiftung<br />
und einem Zitat von Mutter Teresa<br />
angebracht:<br />
„Der Geburt nach bin ich Albanerin,<br />
der Staatsangehörigkeit nach Inderin; ich<br />
bin eine katholische Schwester. Durch<br />
meine Mission gehöre ich der ganzen<br />
Welt, aber mein Herz gehört nur Jesus.“<br />
Reges Interesse der Sunderner Bürger in der Fußgängerzone zum Festakt<br />
Alle Fotos: Hans Wevering
32 Sauerland 1/2012<br />
Das Osterbrauchtum ist über viele<br />
Jahrhunderte eng mit dem Osterei<br />
verknüpft. Das Ei stellt ein<br />
vollkommenes Gleichnis <strong>des</strong> Lebens dar<br />
und wurde schon früh als christliches Auferstehungssymbol<br />
verstanden. Die heute<br />
üblichen Eier sind bunt gefärbt, das Ei<br />
früherer Jahrhunderte hatte eine<br />
rote Farbe. Gefärbte Ostereier<br />
werden erstmals im 13. Jahrhundert<br />
erwähnt, 1553<br />
wird von roten Eiern bei<br />
der seit dem Mittelalter<br />
bekannten österlichen<br />
Speisenweihe berichtet.<br />
Der Brauch,<br />
Eier zu verschenken,<br />
geht auf das Zinsei<br />
und die Eierspende<br />
zurück, wie auch<br />
der erstmals 1582<br />
belegte Hase zum<br />
Osterzins und zur<br />
Osterspeise gehören<br />
dürfte. Als österlicher<br />
Gabenbringer taucht<br />
er jedoch erst ein knappes<br />
Jahrhundert später<br />
auf.<br />
Im 16. Jahrhundert wird es<br />
üblich, höhergestellten Personen<br />
zum Osterfest Eier zu schenken. Später<br />
verbreitet sich das Osterei-Schenken<br />
in allen Bevölkerungsschichten und hält<br />
auch in den<br />
Konventen<br />
der Frauenklöster<br />
Einzug.<br />
Früh bekannt<br />
in klösterlicher<br />
Tradition sind<br />
beschriftete<br />
oder beklebte<br />
Freundschaftsund<br />
Gebetseier.<br />
In der Zeit<br />
der Romantik<br />
entwickelt sich<br />
in ganz Europa<br />
der Brauch,<br />
Ostereier als<br />
„Liebesgaben“<br />
zu verschenken.<br />
Die fein<br />
verzierten<br />
Biedermeier-<br />
Eier gehören<br />
ebenso dazu<br />
wie die vielen<br />
verschiedenen<br />
Sprucheier.<br />
Jubiläumsausstellung<br />
zum 100. Geburtstag<br />
<strong>des</strong><br />
Mendener Museums<br />
Osterzeit<br />
Von Ostereiern,<br />
Hasen und alten Bräuchen<br />
Sammlung Monika Lennartz,<br />
Mönchengladbach<br />
10. März - 27. April 2012<br />
Die ursprüngliche heidnische Figur<br />
<strong>des</strong> Osterhasen, der im Elsass, in der<br />
Pfalz und am Oberrhein erstmals aufgetaucht<br />
sein soll, ist über die Jahrhunderte<br />
hinweg zum unumstrittenen Star dieses<br />
Festes geworden. Erste schriftliche Belege<br />
für den Eier bringenden Hasen sind<br />
aus dem Jahr 1678 aus Heidelberg<br />
überliefert. Jedoch erst im 19.<br />
Jahrhundert kann sich der<br />
Osterhase überall durchsetzen.<br />
Als zum Ende <strong>des</strong><br />
19. Jahrhunderts viele<br />
thüringische und erzgebirgische<br />
Spielzeughersteller<br />
ihren Weihnachtsartikeln<br />
auch<br />
österliche hinzufügen,<br />
dauert es nur<br />
kurze Zeit, bis auch<br />
die Figur <strong>des</strong> Osterhasen<br />
hinzukommt.<br />
In Thüringen entstehen<br />
zu Beginn <strong>des</strong><br />
20. Jahrhunderts die<br />
Pappmachéhasen, die<br />
als Ostergeschenke äußerst<br />
populär werden.<br />
Um dieselbe Zeit wird<br />
es Mode, Kindern an Ostern<br />
zweiteilige, befüllbare Pappeier und<br />
kleine Körbchen aus Pappe oder Weide zu<br />
schenken, die anfangs nur mit gefärbten<br />
Hühnereiern, später zusätzlich mit allerhand<br />
Süßigkeiten<br />
gefüllt<br />
sind. Wie so<br />
vieles im profanisierten<br />
österlichen<br />
Bereich<br />
mag wohl auch<br />
das Osterkörbchen<br />
seinen<br />
Ursprung<br />
im religiösen<br />
Osterbrauchtum<br />
haben.<br />
Es könnte auf<br />
das so genannte<br />
„Speisekörbchen“<br />
der Auferstehungsfeier<br />
in<br />
der Osternacht<br />
zurückzuführen<br />
sein, wenn<br />
vor dem Altar<br />
mit Lebensmittel<br />
gefüllte<br />
Körbchen zur<br />
Foto: H. Rüland Segnung auf<br />
Museum Menden<br />
Foto: R. Ruschkowski<br />
gestellt werden. Dieser „Speisenweihe“<br />
genannte Brauch ist jedoch hauptsächlich<br />
im Süddeutschen und im Alpenländischen<br />
beheimatet.<br />
Sammlung Monika Lennartz<br />
Die in mehreren Räumen <strong>des</strong> Mendener<br />
Museums ausgestellten, rund 300<br />
österlichen Objekte gehören zur Sammlung<br />
von Monika Lennartz aus Mönchengladbach.<br />
In drei Abteilungen gegliedert,<br />
geben die Exponate einen umfassenden<br />
Überblick über die religiösen österlichen<br />
Darstellungen, über die Entwicklung <strong>des</strong><br />
Hasen als österlichen Gabenbringer sowie<br />
über das Ei als beliebtesten Osterschmuck.<br />
Auch dem bekannten und weniger bekannten,<br />
regional unterschiedlichen Osterbrauchtum<br />
sind einige Vitrinen gewidmet.<br />
Die österliche Jubiläumsausstellung konnte<br />
nur durch die Unterstützung <strong>des</strong> Museumsvereins<br />
ermöglicht werden.<br />
Die Termine für öffentliche Führungen<br />
und Kinderveranstaltungen zum Thema<br />
„Osterhase & Co“ können einem gesonderten<br />
Faltblatt entnommen werden, das<br />
im Museum erhältlich ist. Informationen<br />
auch unter www.menden.de/museum.<br />
Museum Menden für Stadt- und Kulturgeschichte,<br />
Marktplatz 3, 58706 Menden,<br />
Tel. 0 23 73 / 903 653<br />
Di - Sa 9 - 12 Uhr, Do auch 15 - 17 Uhr
Sauerland 1/2012 33<br />
Die Christine Koch-Gesellschaft ist<br />
eine der größten literarischen Vereinigungen<br />
nicht nur der Region,<br />
sondern wahrscheinlich sogar Westfalens.<br />
Und das, obwohl sie einer der jüngsten literarischen<br />
Vereine unseres Lan<strong>des</strong> ist. In<br />
den zwei Jahrzehnten ihres Bestehens auf<br />
fast 300 Mitglieder angewachsen, verdeutlicht<br />
sie das große Interesse der Menschen<br />
im ländlichen Raum am literarischen Wort.<br />
Es war am 16. November <strong>des</strong> Jahres<br />
1993 als sich im Schmallenberger Hotel<br />
Die Christine-<br />
Koch-Gesellschaft<br />
zwei Jahrzehnte<br />
für die Literatur<br />
im Sauerland<br />
Von Herbert Somplatzki<br />
Störmann – jenem historischen Ort, an<br />
dem 1956 die Literatur Westfalens mit<br />
dem so genannten „Westfälischen Dichterstreit“<br />
ihre entscheidende Wende zum<br />
erfolgreichen Neubeginn erfahren hatte –<br />
Menschen zusammenfanden, um für diese<br />
Region einen Bezugspunkt zu schaffen, der<br />
Tradition und Gegenwart der Literatur im<br />
Sauerland für die Zukunft verbinden sollte.<br />
Initiator der Zusammenkunft war der<br />
Rektor Dietmar Rost und seine Idee wurde<br />
unterstützt von Literaturfreunden aus Politik,<br />
Kirche, Wissenschaft und Verwaltung –<br />
und natürlich von den Autorinnen und Autoren,<br />
die hier im Süden Westfalens ihre<br />
Sicht von Welt mit literarischem Schreiben<br />
öffentlichen Ausdruck gaben.<br />
In dieser Gründungsversammlung<br />
wurde die Sauerländische Schriftstellerin<br />
Chris tine Koch zur Namenspatronin gewählt.<br />
1869 in Eslohe geboren, hatte sie<br />
sich auch über das Sauerland hinaus einen<br />
Namen gemacht, besonders durch ihre Lyrik<br />
in niederdeutscher Sprache.<br />
Doch im Gegensatz zu manchen anderen<br />
literarischen Vereinigungen in Westfalen,<br />
die seit langem das Andenken bekannter<br />
Dichter pflegen – etwa die Annette von<br />
Droste-Hülshoff-Gesell schaft –, erfolgte<br />
die Gründung dieser neuen Literatur-Vereinigung<br />
nicht allein, um<br />
sich auf den literarischen<br />
Nachlass und die Person<br />
der Namensgeberin<br />
zu konzentrieren. Die<br />
Christine-Koch-Gesellschaft<br />
hatte vielmehr<br />
das primäre Ziel, die allgemeine<br />
Förderung der<br />
Literatur im Sauerland<br />
voranzubringen. Das war<br />
der entscheidende Unterschied<br />
gegenüber anderen<br />
Gesellschaften,<br />
denn hier wurde der<br />
Förderbegriff positiv<br />
erweitert, da er Werke<br />
und Wirken der zeitgenössischen<br />
Schriftstellerinnen<br />
und Schriftsteller<br />
der Region mit<br />
einbezog.<br />
So war es dann<br />
auch nicht verwunderlich,<br />
dass die Christine-Koch-Gesellschaft<br />
bereits am Anfang<br />
ihres Bestehens einen<br />
gro ßen Zulauf hatte:<br />
Schon im ersten Jahr vervierfachte<br />
sich die Zahl ihrer<br />
Mitglieder; es schien,<br />
als hätten die Menschen<br />
<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> nur darauf<br />
gewartet!<br />
Die Förderung der<br />
zeitgenössischen Literatur<br />
hat sich dann auch als<br />
eine wichtige Stimulanz<br />
erwiesen, um die Gesellschaft<br />
auch räumlich über<br />
ihren Ursprung im Hochsauerland<br />
hinaus zu erweitern:<br />
denn schon bald<br />
reichte ihr literarischer<br />
Einfluss bis in die Soester<br />
Hellweg-Region und das<br />
Sieger- und Wittgensteiner<br />
Land hinein.<br />
Deutsch-Polnische-Schriftsteller-Begegnung:<br />
„Sauerland – Ermland/Masuren“ der Christine-Koch-Gesellschaft<br />
Foto: Gerlinde Bahr Somplatzki<br />
Waldskulpturenweg – „Der Krummstab“ von Heinrich Brummack<br />
Foto: Herbert Somplatzki<br />
Waldskulpturenweg – „Hexentanzplatz“ von Lili Fischer<br />
Foto: Herbert Somplatzki<br />
Einen weiteren Glücksfall bildeten die<br />
im Laufe der Jahre wechselnden Vorstände<br />
und ihre Vorsitzenden, die durch ihre<br />
neuen Ideen die literarische Entwicklung<br />
der Region beflügelten. Nach dem leider<br />
zu früh verstorbenen Gründungsvorsitzenden<br />
Dietmar Rost hatte dann Dieter Wiethoff<br />
die Führung der Christine-Koch-Gesellschaft<br />
übernommen und erweiterte das<br />
literarische Wirkungsfeld auf internationale<br />
Begegnungen. Unter seiner Leitung entstand<br />
der Schriftsteller-Austausch mit der<br />
polnischen Region Ermland-Masuren, die<br />
seit dem Jahr 2000 alternierend im Sauerland<br />
und in Polen stattfindend erfolgreich<br />
weiter geführt wird; eine Singularität im<br />
westfälischen Kulturraum, die mit ehrenamtlichem<br />
Engagement die europäische<br />
Begegnung weiter entwickelt.<br />
Der jetzige Vorsitzende, Hans Claßen,<br />
widmete und widmet sich im Besonde
34 Sauerland 1/2012<br />
ren neuen Veranstaltungsformen. So<br />
entwickelte er beispielsweise die inzwischen<br />
schon zum „Klassiker“ gewordene<br />
Literatur-Schiff-Fahrt auf dem Möhnesee.<br />
Auch der auf seine Initiative geschaffene<br />
„Edelrabe-Literaturpreis“ würdigt herausragende<br />
literarische Leistungen für die Region.<br />
Und die Literaturfahrten reichen bis<br />
ins Südfranzösische Sanery-sur-Mer, auf<br />
den Spuren jener deutschen Schriftsteller,<br />
die vor dem Terror der Nationalsozialisten<br />
dort Asyl gefunden hatten.<br />
Zwei Jahrzehnte erfolgreichen Wirkens<br />
durch die Christine Koch-Gesellschaft haben<br />
in der Region das Bewusstsein für die<br />
Literatur geschärft und erweitert. Durch<br />
ihre intensive und grenzüberschreitende<br />
Arbeit, getragen von großem ehrenamtlichem<br />
Engagement, wird das Sauerland<br />
inzwischen auch in der lan<strong>des</strong>weiten Kultur<br />
deutlich wahrgenommen. So nimmt<br />
die Gesellschaft beispielsweise im Kanon<br />
der großen Veranstaltungsreihe „Literaturland<br />
Westfalen“, initiiert vom Landschaftsverband<br />
Westfalen-Lippe und koordiniert<br />
durch das Westfälische Literaturbüro<br />
Unna, mit dem wohl einmaligen Projekt<br />
„Poesie am Rothaarsteig“ teil. Dieses Projekt<br />
am „Waldskulpturenweg“, das im Jahr<br />
der Regionale 2013 stattfinden wird, soll<br />
Literatur, bildende Kunst und menschliche<br />
Bewegung in der Natur <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />
mit einander verbinden. Es ist ein literarisch-künstlerisches<br />
Projekt, dass so nur im<br />
Sauerland stattfinden kann!<br />
Doch trotz aller ihrer erfolgreichen<br />
Arbeit ist die Christine Koch-Gesellschaft<br />
leider noch immer „heimatlos“, steht ihr<br />
doch kein „Ort für das Wort“ zur Verfügung;<br />
kein Heim für die Literatur beispielsweise,<br />
wie ihn andere Regionen mit ihren<br />
Literaturbüros, Literaturmuseen oder Literaturhäusern<br />
längst besitzen. Und das ist<br />
die kulturelle Schwachstelle unserer Region,<br />
die sich zur Regionale 2013 rüstet. Wir<br />
brauchen diesen „Ort für das Wort“, ist<br />
doch das Alphabet das Fundament unserer<br />
gesamten Kultur, denn, wie es die Bibel so<br />
treffend sagt: „Im Anfang war das Wort.“<br />
Termine • Termine • Termine<br />
Maschinen- und Heimatmuseum, Museumsverein Eslohe e.V . Homertstraße 27, 59889 Eslohe<br />
Feste Termine im Museum in Eslohe für 2012 Stand: 22.12.2011<br />
Mo. 9. April Unterhaltungskonzert „ESLOHER KLANG“ in der Maschinenhalle,<br />
(Ostermontag) 17 Uhr Blasorchester St. Peter u. Paul, Eslohe;<br />
So. 13. Mai<br />
Muttertagskonzert von Schülern der Musikschule HSK, „Freier Eintritt“, 11 Uhr<br />
Sa./So. Dampftage, Maschinen- und Heimatmuseum, mit Aktionen im Rahmen von „Tatort Technik“ 10-18 Uhr.<br />
26./27. Mai Info unter 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20 und info@museum-eslohe.de<br />
(Pfingsten)<br />
So. 9. Aug. Jazz- Benefizkonzert vom Lions-Club Meschede; 10 Uhr in der Maschinenhalle; Info unter: 0 29 73/80 94 09<br />
Sa./ So. Dampftage, Maschinen- und Heimatmuseum, mit Aktionen im Rahmen von „Tatort Technik“ 10 - 18 Uhr.<br />
29./30. Sept. Info unter: 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20 und info@museum-eslohe.de<br />
So. 02. Dez.<br />
Der Nikolaus kommt mit der Dampfeisenbahn, Maschinen- und Heimatmuseum von 15-17 Uhr<br />
Info unter: 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20<br />
Die Auflistung der besonderen Termine im Museum wird laufend komplettiert und ggf. neu bekanntgegeben.<br />
Weitere Termine, Sonderöffnungszeiten etc. werden in der örtlichen Presse und im Internetauftritt www.museum-eslohe.de<br />
bekannt gegeben.<br />
Termine <strong>des</strong> Heimatvereins für Olpe und Umgebung e.V.<br />
So. 29. April Wasser und Bergbau in der Rhonard<br />
Wanderung in Zusammenarbeit mit der SGV-Abteilung Olpe, bei der besonders auf die Geschichte<br />
der Wasserversorgung der Stadt Olpe in früherer Zeit und den Bergbau eingegangen wird. Dabei werden<br />
markante Punkte wie z. B. Reste von Wasserkunst-Gräben, Grubenschächten und ein Erdkamin aufgesucht –<br />
Zeugen der Heimatgeschichte, die teilweise erst beim genaueren Hinsehen ihre frühere Bedeutung erkennen<br />
lassen. Ca. 10 km mit Einkehr in der SGV-Hütte „Grube Rhonard“<br />
So. 13. Mai Von Brachthausen zum Dollenbruch (NSG) und über die alte Landhecke Kurköln-Nassau<br />
10 Uhr Abfahrt von Olpe, Stadthalle mit Pkw-Fahrgemeinschaften nach Brachthausen.<br />
Heimatkundliche Wanderung gemeinsam mit der SGV-Abteilung Olpe über Höhen und durch Täler <strong>des</strong><br />
Kirchhundemer Lan<strong>des</strong> von Brachthausen über Varste durch den Dollenbruch (NSG) zur Wigrow, an der<br />
Vorspanneiche vorbei über den Wimberg nach Brachthausen.<br />
Die Strecke beträgt ca. 18 km. Es wird Verpflegung aus dem Rucksack empfohlen.<br />
Einkehr ist zum Ende der Wanderung geplant.<br />
Interessenten wenden sich an Gerhard Burghaus, Tel. 0 27 61/48 57 bzw. gerhardburghaus@web.de<br />
Die Redaktion bittet um Mitteilung weiterer Termine
Sauerland 1/2012 35<br />
Kurfürstlicher<br />
Thiergarten<br />
Arnsberg –<br />
von der Idee<br />
zur Realisierung<br />
<br />
von Wolfram Blanke*)<br />
Torsten Kapteiner*) Jochem Otterbach*)<br />
In einem Ritterspiel lässt es sich der „Kurfürst“ nicht nehmen,<br />
am 18. Juni 2011 seinen Thiergarten zu eröffnen.<br />
Alle Fotos: Jochem Ottersbach<br />
Irgendwann tauchen zwei handgezeichnete<br />
Karten (1653 / 1670) eines stadtnahen<br />
Waldgebietes auf: scheinbar belanglose<br />
Dokumente, die lediglich als vergilbte<br />
Bilder betrachtet werden. Niemand kann<br />
etwas damit anfangen, weil sich auf den<br />
ersten Blick kein Zusammenhang mit der<br />
Realität erkennen lässt. Nur einem Ortskundigen,<br />
dem zuständigen Förster, fallen<br />
markante Details auf, die auch nach 350<br />
Jahren noch vorhanden sind: Geländeeinschnitte,<br />
Hohlwege, Bachläufe und<br />
Kuppen. Die Menschen haben damals die<br />
Landschaft gemalt, so wie sie ihre Umgebung<br />
gesehen haben. Bedeutsame Dinge<br />
wurden hervorgehoben, zum Teil mit dreidimensionalen<br />
Gebäude-Ansichten. Interessanterweise<br />
sind die alten Karten nicht<br />
wie heute üblich eingenordet (Norden ist<br />
oben auf der Karte), sondern gewestet<br />
bzw. geostet.<br />
Man muss Fragen stellen<br />
So geht es los mit der Frage: Kann man<br />
die gezeigten Geländemerkmale draußen<br />
erkennen? Ist von einem der abgebildeten<br />
Objekte noch etwas zu finden? Sind in<br />
der Karte noch andere Details erkennbar<br />
und draußen vorhanden? Mit der Bereitschaft<br />
überhaupt weitere Fragen zu stellen,<br />
kommt eine Flutwelle in Gang: Was bedeutet<br />
das eine oder andere Detail? Warum<br />
war ein bestimmtes Detail in der Karte den<br />
Menschen damals so wichtig, dass sie es<br />
eingezeichnet haben? Warum hat man hier<br />
kleine Bäume und dort große Bäume gemalt?<br />
Warum sind in einzelnen Bereichen<br />
gar keine Bäume? Welches Leben hat sich<br />
im Barock hier abgespielt? Wie fühlten sich<br />
die Menschen in jener Zeit in dieser Stadt?<br />
Wie haben sie ihre Ressourcen genutzt?<br />
Wir müssen wieder sehen lernen<br />
Anlässlich dieser ca. 5jährigen Suche<br />
von scheinbar Unbedeutendem in bekannter<br />
Umgebung vor Ort fanden sich aber<br />
Teiche: Künstliche Wallanlagen zeugen von runden Fischteichen,<br />
die in Kurfürstlicher Zeit vorwiegend der Fischzucht dienten.<br />
auch andere (nicht verzeichnete und nicht<br />
natürliche) Merkwürdigkeiten, die menschliche<br />
Einwirkung in anderen Zeiten erkennen<br />
oder vermuten ließen, z.B. flache<br />
runde Plätze, Gräben, Hohlwege und Erdlöcher.<br />
Und Fragen tauchen auch: Was soll<br />
das hier? Wer hat das gemacht? Warum<br />
ist das da?<br />
So stand im Kurfürstlichen Thiergarten<br />
Arnsberg am Anfang die Idee, die Spuren<br />
der Geschichte auf diesem Territorium zu<br />
entdecken und zu verstehen. Für die Beantwortung<br />
einzelner Fragen waren zunächst<br />
der städtische Archivar und der Forsthistoriker<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>betriebes Wald und Holz<br />
wertvolle Gesprächspartner. Schnell gaben<br />
alte Stiche und Gemälde weitere wertvolle<br />
Hinweise auf Details der Umgebung.<br />
Ebenso wurden alte Ansichtskarten und<br />
Bildbände hilfreich. Bilderlose Geschichtsbücher<br />
(für viele Menschen totes Material)<br />
wurden durch Situationsbeschreibungen<br />
plötzlich zu interessanten und lebendigen<br />
Ratgebern. Darüber hinaus führten viele<br />
Gespräche, vor allem mit den Älteren unter<br />
den Ortskundigen zu weiteren Hinweisen<br />
aus der Bevölkerung.<br />
Entdeckerdrang und Begeisterung<br />
Die Erkenntnisse waren spannend, weil<br />
die noch bestehenden Spuren der Kulturgeschichte<br />
im Wald nun etwas zu erzählen<br />
hatten. Die Kombination von örtlichen<br />
Funden mit Bildern und Texten ließ die<br />
Details in der Natur lebendig werden. Das<br />
Kopf-Kino war in Gang gesetzt. Wo sonst,
36 Sauerland 1/2012<br />
Müschede, Schutzgemeinschaft Deutscher<br />
Wald, Sauerländer Gebirgsverein, Landschaftsverband<br />
Westfalen Lippe (Archäologie),<br />
Lan<strong>des</strong>gemeinschaft Naturschutz<br />
und Umwelt NRW, Naturpark Arnsberger<br />
Wald, Sauerland-Tourismus e.V. und Verkehrsverein<br />
Arnsberg,<br />
Die Ruine der Rüdenburg mit ihrer 1000jährigen sagenumwobenen<br />
Geschichte ist ein Höhepunkt auf dem 12 km langen Wanderweg.<br />
Seit seiner Eröffnung Mitte 2011 zieht der Thiergarten zahlreiche<br />
Wanderer und Wandergruppen zu allen Jahreszeiten an.<br />
wenn nicht im Wald, kann man nahezu<br />
unberührte Spuren aus vergangenen Jahrhunderten<br />
finden? Manch ein alter Mann<br />
weiß von einem Steinhügel im Wald zu<br />
erzählen, der als Grenzmarkierung gedient<br />
hat. Oder er hat noch daran mitgearbeitet,<br />
einen Entwässerungsgraben auszuheben<br />
oder zuzuwerfen. Wer sonst, wenn nicht<br />
die alten Ortskundigen, können etwas darüber<br />
erzählen? Es war und bleibt ein gigantisches<br />
Puzzle-Spiel. Und es kommen<br />
immer weitere Entdeckungen hinzu. Wir<br />
wissen heute: der Kurfürstliche Thiergarten<br />
Arnsberg ist durchtränkt von Schweiß<br />
und Blut.<br />
Unsere Funde sollten nicht geheim<br />
bleiben, sondern als beispielhafte Relikte<br />
unserer Kultur-Geschichte gemeinnützig<br />
sichtbar gemacht und jedem Interessierten<br />
nahegebracht werden. Der Eintrag in eine<br />
Karte machte die Möglichkeit deutlich,<br />
einen großen Teil der Plätze mit einem<br />
wanderbaren Rundweg zu verbinden. Wie<br />
Perlen auf einer Schnur bietet die Kulturhistorische<br />
Route inzwischen eine große<br />
Vielfalt von Eindrücken und Relikten aus<br />
knapp 1000 Jahren. Und dies gerade in<br />
einem Naturschutz- und FFH-Gebiet, das<br />
mit all seinen Besonderheiten und Naturschönheiten<br />
auf diese Weise in besonderem<br />
Maße naturschonend erlebbar wird<br />
(http://www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de/wald).<br />
Die Begeisterung war ansteckend. Trotz<br />
Sparzwängen bzw. Nothaushalt stimmten<br />
der Leiter <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>betriebes Wald und<br />
Holz sowie der Bürgermeister als die Vertreter<br />
<strong>des</strong> Grundbesitzes zu. Kooperationspartner<br />
sind das Lehr- und Versuchsforstamt<br />
Arnsberger Wald, Stadt Arnsberg,<br />
Arnsberger Heimatbund, Arbeitskreis<br />
Dorf entwicklung und Heimatpflege<br />
Nachdem sich diese Institutionen gefunden<br />
und bereiterklärt hatten, die vorhandenen<br />
Möglichkeiten der eigenen<br />
Organisation einzubringen, wurde am<br />
10.12.2010 ein Kooperationsvertrag geschlossen.<br />
In jedem Falle sollte bei diesem<br />
Projekt das Ehrenamt im Vordergrund stehen.<br />
Der Arnsberger Heimatbund als lokale<br />
ehrenamtliche Organisation übernahm<br />
dankenswerterweise die Federführung der<br />
Kooperation. Die Projektleitung vor Ort<br />
liegt in Händen <strong>des</strong> Lehr- und Versuchsforstamtes<br />
Arnsberger Wald.<br />
Ohne Geld geht es nicht<br />
Die Partner haben für das Projekt keine<br />
eigenen Geldmittel zur Verfügung und<br />
können wesentlich nur ihre Arbeitskräfte<br />
einbringen. Für die Durchführung hat<br />
man sich gemeinsam zu schrittweisem<br />
Vorgehen entschlossen. Aber woher das<br />
Geld nehmen und was wird das kosten?<br />
Knappe Frage, knappe Antwort: zwischen<br />
zwei Tausend € und zwei Millionen €. Die<br />
Kosten hängen entscheidend vom Ausbauzustand<br />
ab. Als wichtigste Bedingungen allen<br />
Handelns standen von Anfang an fest:<br />
absolute Naturverträglichkeit der Maßnahmen,<br />
Beachtung und Förderung <strong>des</strong> Naturschutzes,<br />
Übereinstimmung mit geltenden<br />
Normen (z.B. gesetzliche Vorgaben, Einfügung<br />
in das äußere Erscheinungsbild der<br />
Sauerländer Wanderwelt, etc.) und ein<br />
Höchstmaß an Qualität. Frühzeitig erkannte<br />
die NRW-Stiftung unser Vorhaben als<br />
förderungswürdig an, weil es inhaltlich genau<br />
dem entspricht, was die NRW-Stiftung<br />
bei ihrer Gründung vor 25 Jahren als ihre<br />
Kernaufgabe formuliert hat: die Förderung<br />
von Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.<br />
Das Urteil der NRW-Stiftung über das<br />
Projekt „Kurfürstlicher Thiergarten Arnsberg“<br />
war richtungsweisend für die Vergabe<br />
von Förderungsmitteln auch durch andere<br />
Organisationen und Sponsoren wie<br />
z. B. die LWL-Kulturstiftung oder die Sparkasse<br />
Arnsberg-Sundern. Der Lan<strong>des</strong>betrieb<br />
Wald und Holz hat bisher allein mit<br />
den Lohnkosten für die Organisation, die<br />
fachliche Begleitung und die Umsetzung<br />
vor Ort etwa ein Viertel der bezifferten Gesamtbelastung<br />
getragen. Die Sachkosten<br />
in Höhe von drei Vierteln der Gesamtausgaben<br />
konnten durch eingeworbene För
Sauerland 1/2012 37<br />
Geführte Themenwanderungen, wie hier ein kulinarischer Spaziergang durch den Kurfürstlichen Thiergarten<br />
werden immer mehr das Programm bereichern.<br />
dermittel und Spenden beglichen werden.<br />
Allen Geldgebern sei auf diesem Wege<br />
nochmals herzlich gedankt!<br />
Wer macht was bis wann?<br />
Kern <strong>des</strong> folgenden Halbjahres war eine<br />
To-Do-Liste: Wer macht was bis wann?<br />
Dies funktioniert bis heute durch Transparenz<br />
und Klarheit der Detail-Aufgaben:<br />
Jeder sieht, was der andere beiträgt. Und<br />
jeder möchte seinen eigenen Beitrag möglichst<br />
bald abgehakt sehen. Das gemeinsame<br />
Ziel war die erfolgreiche Eröffnung<br />
der Kulturhistorischen Route: sie fand aufgrund<br />
intensiver Arbeit bereits nach sechs<br />
Monaten am 19. 6. 2011 mit großen Getöse<br />
statt (http://www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de/archiv/eroeffnung).<br />
Seit<br />
diesem Zeitpunkt finden sich vor Ort nur<br />
Wegezeichen und Markierungen an den<br />
Stationen, die behutsam freigestellt und<br />
zum Teil auf fußläufigen Pfaden erreichbar<br />
sind. Wissenswertes zu der Örtlichkeit erfährt<br />
der selbständige Wanderer lediglich<br />
aus dem Erlebnis-Wanderführer, der<br />
als kleine Broschüre ein unentbehrlicher<br />
Wander-Begleiter ist (spiralgebunden, 135<br />
Seiten, 7,50 €). Aus zehn Organisationen<br />
arbeiten etwa 25 Personen partnerschaftlich<br />
an dem Projekt. Bis zum Jahresende<br />
2011 sind inzwischen neben dem dienstlichen<br />
Engagement (vor allem durch das<br />
Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger<br />
Wald sowie die Stadt Arnsberg) knapp<br />
4000 ehrenamtliche Stunden geleistet<br />
worden.<br />
Was Viele gemeinsam tun wird Einem<br />
nicht zu schwer. Und so wurde der Kurfürstliche<br />
Thiergarten Arnsberg aus<br />
seinem Dornröschenschlaf geholt und<br />
wiederbelebt. Damit reiht sich die Stadt<br />
Arnsberg in die Liste der Städte ein, in denen<br />
aufgrund jener Modeerscheinung <strong>des</strong><br />
Barock „Tiergärten“ entstanden sind: das<br />
verbindet Arnsberg z. B. mit Nürnberg,<br />
Dresden und Berlin. Arnsbergs Waldkulturerbe<br />
ist lebendig geworden.<br />
Der Wald als offenes<br />
Geschichtsbuch<br />
In der Stadt sind viele kulturelle Spuren<br />
bekannt und z. B. durch Ausweisung<br />
als Baudenkmäler geschützt. Diese sind in<br />
einem speziellen Kataster erfasst. Und im<br />
Wald? Relativ Weniges ist als Bodendenkmal<br />
geschützt. Aber dort liegen noch viele<br />
Schätze verborgen, die im Waldboden<br />
viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte überdauert<br />
haben. Vor allem die Verbindung<br />
<strong>des</strong> heute Sichtbaren mit alten Bildern<br />
und Dokumenten birgt eine faszinierende<br />
Lebendigkeit. Viele einzelne Spuren sind<br />
für sich allein wenig spektakulär, jedoch in<br />
der Summe und in der Gegenüberstellung<br />
spannend. Das Kulturlandschafts-Kataster<br />
(http://www.kuladig.de, https://www.lwl.<br />
org/geokult/portal) hat „weiße Flecken“:<br />
Waldflächen. Dabei haben wir so viele<br />
kulturelle Schätze im Wald, die einen faszinierenden<br />
Erlebnis-Mix ermöglichen. Wir<br />
arbeiten daran, die gefundenen Spuren<br />
der Kulturgeschichte für die Zukunft auch<br />
digital festzuhalten.<br />
Mit Nummern an Pfählen sind die Sehenswürdigkeiten markiert, die in dem unerlässlichen<br />
Wanderführer erklärt sind und vor Ort nachgeschlagen werden sollten.<br />
Wald, Kultur und Tourismus<br />
Wir wollen nicht nur meckern über das,<br />
was nicht funktoniert, sondern selbst et
38 Sauerland 1/2012<br />
was für unsere Stadt tun: Frei nach Goethes<br />
Faust „Was Du ererbst von Deinen<br />
Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“ haben<br />
wir einen Arnsberger Schatz gehoben.<br />
Was vor einem Jahr noch Hoffnung und<br />
Vision war, ist heute Realität: die Entdeckung<br />
von Waldkultur interessiert erstaunlich<br />
viele Menschen. Im Jahr 2011 sind<br />
bereits ca. 5000 Besucher über die 12 km<br />
lange Route gewandert (man benötigt dafür<br />
den Erlebnis-Wanderführer (Broschüre) und<br />
sechs Std. Zeit, kann die Route aber auch<br />
teilen); Eintritt: frei. Die Parallele findet sich<br />
im „Tiergarten Raesfeld“: auch dort wurden<br />
die Spuren der Geschichte erfolgreich touristisch<br />
wirksam wiederbelebt. In Raesfeld<br />
arbeitet man daran, sich der ursprünglichen<br />
Waldpark-Situation mitsamt Wildbesatz zu<br />
nähern; in Arnsberg kommt dies wegen Eigenart<br />
und Schönheit der Landschaft (FFH-<br />
Gebiet) allerdings nicht in Frage. Der „Tiergarten<br />
Raesfeld“ mitsamt Besucherzentrum<br />
(Ausbaustufe) steht inzwischen im internationalen<br />
Interesse (http://www.tiergartenschloss-raesfeld.de).<br />
All dies zeigt das enorme Potential, das<br />
auch in unseren Ressourcen steckt. Seit<br />
Oktober 2011 werden im Kurfürstlichen<br />
Thiergarten Arnsberg auch Gruppen-Führungen<br />
angeboten (http://www.arnsberginfo.de).<br />
Alle Kooperations-Partner sind<br />
sich darüber klar, dass wir unsere Schätze<br />
gerne mit anderen teilen, aber auch Touristen<br />
in der Stadt behalten, neue hinzugewinnen<br />
und so mit unseren Ressourcen<br />
Geld verdienen möchten, z. B. durch Verpflegung<br />
und eine weitere Übernachtung:<br />
während ein Tagestourist 20 € in der<br />
Stadt lässt, sind dies beim Übernachtungs-<br />
Touristen etwa 80 €. Und so ergibt sich<br />
ähnlich wie bereits auf der SauerlandWaldroute<br />
eine weitere Chance: die Kooperation<br />
mit Hotels und Gastronomie. Daher<br />
wurden auch im Kurfürstlichen Thiergarten<br />
Arnsberg bereits erfolgreich Wandertouren<br />
mit Führung und Verpflegung durch<br />
Gastronomie-Betriebe durchgeführt. Hier<br />
werden keine neuen Konkurrenzen aufgebaut,<br />
sondern Synergie-Effekte genutzt,<br />
denn gemeinsam sind wir stark.<br />
Die Jungen und die Alten<br />
Über die Kulturhistorische Route ist<br />
eine Audiovisions-Schau entstanden, die<br />
für Jung und Alt anhand wesentlicher<br />
Objekte den Themeneinstieg in die Spurensuche<br />
ermöglicht. Die AV-Schau wird<br />
voraussichtlich ab März 2012 käuflich erhältlich<br />
sein. Obgleich wir im Wesentlichen<br />
zunächst den mobilen Teil der Generation<br />
40+ aus der Arnsberger Umgebung erreicht<br />
haben und in 2012 Schüler und<br />
Lehrer mit Unterrichtshilfen ansprechen<br />
werden, gibt es noch mehr Menschen, denen<br />
wir den Schweiß ihrer Ahnen unter die<br />
Nase halten wollen: die älteren Mitglieder<br />
unserer Gesellschaft, die sich eine solche<br />
Wanderung nicht mehr zutrauen. Auch<br />
diese Menschen werden im Jahr 2012<br />
den Kurfürstlichen Thiergarten Arnsberg<br />
erleben können: Wir arbeiten daran, auch<br />
diese Menschen mitzunehmen auf unsere<br />
Zeitreise.<br />
Ein Projekt mit Zukunft<br />
Das kombinierte Erlebnis von vielfältiger<br />
Natur und Kultur begeistert inzwischen<br />
viele Menschen. Im Kurfürstlichen Thiergarten<br />
Arnsberg werden im Jahr 2012<br />
viele Besucher aus dem Umkreis von einer<br />
Autostunde erwartet. Neben dem Naturgenuss<br />
(viele seltene europäisch geschützte<br />
Arten) kann man hier lernen, Spuren zu<br />
lesen und kann diese Kenntnisse anderswo<br />
im Lande wieder anwenden. Unser<br />
Projekt ist in seiner Art einzigartig in ganz<br />
Nordrhein-Westfalen. Und wir planen weitere<br />
Aktivitäten, u. a. die Erforschung <strong>des</strong><br />
Eisenberges, Erforschung und Sichtbarmachung<br />
der Rüdenburg-Ruine, die Reaktivierung<br />
der Kurfürstlichen Teiche, den<br />
Bau einer Schutzhütte, die Untersuchung<br />
und Optimierung anderer Objekte sowie<br />
szenische Führungen. Ausgehend von dem<br />
nun vorhandenen Rundwanderweg sollen<br />
demnächst noch weitere Objekte der<br />
Waldkultur im Arnsberger Wald erkundet,<br />
gesichert und betreut werden.<br />
Besuchen Sie uns auch im Internet:<br />
www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de.<br />
Hier erfahren Sie mehr über Projekt, Hintergründe,<br />
Natur, Kultur und Naturschutz im<br />
Walde. Dort können Sie stets den aktuellen<br />
Stand unserer Arbeit verfolgen. Besorgen<br />
Sie sich nun den Erlebnis-Wanderführer,<br />
nehmen Sie sich die Zeit und packen Sie<br />
Ihren Rucksack. Lassen Sie sich ein auf die<br />
Suche der Spuren unserer Ahnen und nach<br />
kulturellen Relikten der Arnsberger und<br />
westfälischen Geschichte. Im Kurfürstlichen<br />
Thiergarten Arnsberg werden Sie fündig.<br />
Sie werden begeistert sein.<br />
Dem sehen folgt erkennen, kennen,<br />
schätzen und schützen. Für Erhalt, Pflege<br />
und Entwicklung von kulturellen Spuren<br />
für den Schutz der Natur, für die Bevölkerung,<br />
für den Tourismus, für unsere Enkel.<br />
*) Wolfram Blanke (Projektleiter),<br />
Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald<br />
*) Torsten Kapteiner, Arnsberger Heimatbund<br />
Geschäftsführer<br />
*) Jochem Ottersbach. Fotograf und Journalist<br />
Der Erlebnis-Wanderführer „Kurfürstlicher Thiergarten<br />
Arnsberg“ ist im Buchhandel erhältlich.<br />
(Broschüre, spiralgebunden, 135 Seiten, 7,50 €).<br />
„unbegreifliches begreifbar“<br />
Faksimile-Ausstellung<br />
im Arnsberger Kloster Wedinghausen<br />
Über 22 Glanzstücke der Buchkunst<br />
vom 7. bis 16. Jahrhundert können<br />
vom 4. März bis zum 6. Mai<br />
2012 im Arnsberger Kloster Wedinghausen<br />
bestaunt werden. Die Stadt Arnsberg<br />
– Kulturbüro und Stadtarchiv – präsentieren<br />
hier die schönsten Stücke aus einer<br />
Privatsammlung. Drei Faksimile-Verlage<br />
stellen weitere Exponate. Es ist ein Augenschmaus,<br />
diese Schätze – wahre Wunder<br />
der Buchkunst – zu betrachten.<br />
Wenige Sterbliche werden je die originalen<br />
Handschriften zu sehen bekommen.<br />
Sie sind viel zu einzigartig, viel zu wertvoll<br />
und werden in Hochsicherheitsräumen,<br />
Tresoren und Klimakammern wohl behütet.<br />
Anfassen natürlich streng verboten!<br />
Nicht so in dieser Ausstellung: Die Besucher<br />
dürfen selbst in den Kostbarkeiten<br />
blättern. Im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes:<br />
„unbegreifliches wird begreifbar“<br />
Ausschnitt aus dem Rahmenprogramm<br />
zur Ausstellung<br />
So. 04.03.: 15.00 Uhr Eröffnung im Kapitelsaal:<br />
Begrüßung Bürgermeister Vogel,<br />
„Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> Faksimiles“,<br />
Vortrag von Dr. Manfred Kramer, Graz;<br />
Tischgespräch: „Buchleidenschaften und ihre<br />
Infizierten“<br />
Fr. 16.03.: 18.30 Uhr „Das Sakramentar<br />
Heinrichs II. - von der Prachthandschrift zum<br />
Faksimile“, Vortrag von Armin Sinnwell, Verleger<br />
Faksimile Verlag, München<br />
Mi. 18.04.: 19.00 Uhr „Das Speyrer Evangelistar<br />
– Bilder und Einband einer romanischen Prachthandschrift“,<br />
Vortrag von Clarissa Rothacker M.A.,<br />
Quaternio Verlag Luzern im Kapitelsaal<br />
Mi. 02.05.: 19.00 Uhr „Das Abenteuer ‚Lorscher<br />
Evangeliar’“, Vortrag von Dr. Manfred Kramer, Graz<br />
Do. 03.05.: 19.00 Uhr „Die geistliche Bedeutung<br />
<strong>des</strong> Stundengebets – Erfahrung und Hinführung<br />
aus einer gelebten Praxis“ Vortrag von Pater Jonas<br />
Wiemann OSB, Abtei Königsmünster, Meschede<br />
Fr. 04.05.: 19.00 Uhr „Andacht und Gebet im Protestantismus“,<br />
Vortrag von Prof. Dr. Claus-Dieter Osthövener,<br />
Fachbereich Evangelische Theologie, Bergische<br />
Universität Wuppertal<br />
So. 06.05.: 11.00 Uhr „Aspekte der mittelalterlichen<br />
Buchmalerei“ Abschlussvortrag von Sammler<br />
Siegfried Loob mit anschl. Führung durch die Ausstellung.<br />
Kloster Wedinghausen, Klosterstr. 11, 59821 Arnsberg<br />
Dauer: So. 04.03.2012 – So. 06.05.2012<br />
Öffnungszeit: Mi. + Do. 16.00 – 19.00 Uhr,<br />
Sa. 14.00 – 17.00 Uhr,<br />
So. 11.00 – 17.00 Uhr;<br />
Information: Telefon: 02932-201-1859; -201-1113 oder<br />
201-1241 – www.kloster-wedinghausen.de
Sauerland 1/2012 39<br />
Mit der Eröffnung einer 12 km langen<br />
Rundwanderroute im Juni<br />
2011 ist ein Stück Arnsberger<br />
Geschichte wieder auferstanden und erlebbar<br />
geworden. Es handelt sich um das<br />
waldreiche Areal <strong>des</strong> ehemaligen Tiergartens,<br />
den der damalige Lan<strong>des</strong>herr, Kurfürst<br />
Maximilian Heinrich von Bayern,<br />
zwischen 1653 und 1656 anlegte. Er ließ<br />
ein 250 Hektar großes bewaldetes Gebiet<br />
mit Wall, Graben und Zäunen einfrieden,<br />
um darin das zahlreiche Wild zu beobachten<br />
und bequem zu jagen, wie es damals<br />
Arnsbergs Geschichte<br />
im „Thiergartenwanderweg“<br />
wiedererstanden<br />
auch in anderen Residenzen üblich war.<br />
In diesem Gebiet, das sich westlich der<br />
Stadt Arnsberg von Obereimer aus über<br />
die vorwiegend mit Laubbäumen bewaldeten<br />
Täler und Bergkuppen über Kapune<br />
mit Tempelberg zum Kreuzberg und zur<br />
Alten Burg hinzieht, hat man eine Menge<br />
geschichtlicher Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten<br />
gefunden und durch den gekennzeichneten<br />
Rundwanderweg erlebbar<br />
gemacht. An über 40 Stationen kann man<br />
mit Hilfe <strong>des</strong> für 7,50 Euro erhältlichen<br />
Wanderführers dies ausführlich beschrieben<br />
und illustriert nachvollziehen.<br />
Jochem Ottersbach<br />
Hauptzugang <strong>des</strong> Wanderweges mit<br />
Parkmöglichkeiten ist das ursprüngliche<br />
Jägerhaus an der Arnsberger Jägerbrücke,<br />
was auch schon zu Zeiten der Kurfürsten<br />
als Eingangsportal diente. Über die Tiergartenstraße<br />
gelangt man zum Eisenbahnviadukt,<br />
wo noch die Spuren der Zerstörung<br />
durch die<br />
Bombardierung<br />
im Zweiten Weltkrieg<br />
zu erkennen<br />
sind. Längs<br />
der Ruhr wandert<br />
man weiter und<br />
biegt dann nach<br />
links zum 400<br />
Jahre alten Rittergut<br />
Obereimer ab.<br />
An der Abbiegung<br />
in die Wälder der Herbreme. Schon bald<br />
entdeckt man rechts und links die Bodenvertiefungen<br />
ursprünglicher Teichanlagen,<br />
die wohl der Versorgung <strong>des</strong> kurfürstlichen<br />
Hofs mit Fisch dienten, sowie Spuren alter<br />
Bewässerungsgräben und Hohlwege, die<br />
verschiedenen Transportaufgaben dienten,<br />
u. a. für ein Hammerwerk zur Eisenverarbeitung,<br />
an das das heutige Industriegebiet<br />
„Hammerweide“ erinnert. Rechts<br />
<strong>des</strong> Weges kann man an einer Naturwaldzelle<br />
Beobachtungen anstellen, wie sich<br />
der Wald entwickelt, wenn man ihn sich<br />
selbst überlässt. Bald biegt der markierte<br />
Wanderweg links ab, es lohnt sich jedoch<br />
geradeaus einen Abstecher zu einer 400<br />
Jahre alten Eiche zu machen, die wohl<br />
etliche Kurfürsten vorbei reiten sah. Der<br />
imposante Baum ist 33 Meter hoch und<br />
hat unten einen Durchmesser von über<br />
eineinhalb Metern. An einem idyllisch gelegenen<br />
Teich und einem alten Grenzstein<br />
vorbei endet der Stichweg an der Schwedenschanze,<br />
einem gebogenen Wall, der<br />
wahrscheinlich im Dreißigjährigen Krieg<br />
als Wegsperre und Befestigungsanlage<br />
diente. Dieses Bodendenkmal ist so deutlich,<br />
dass man sich lebhaft vorstellen kann,<br />
wie 1634 der Generalmajor Beckermann<br />
sich mit seiner mit den Schweden verbündeten<br />
Truppe hier verschanzt hatte, um<br />
Arnsberg einzunehmen. Ein Unwetter soll<br />
dies schließlich verhindert haben.<br />
Rittergut Obereimer<br />
Naturwaldzelle<br />
hat man die Stelle einer inzwischen verschwundenen<br />
hölzernen Brücke kenntlich<br />
gemacht, über die der Kurfürst zu Pferde<br />
von seinem Arnsberger Schloss herunter<br />
reitend die Ruhr überqueren konnte, um<br />
in seinen Tiergarten zu gelangen. An über<br />
40 Stationen kann man dies mit Hilfe <strong>des</strong><br />
Wanderführers nachvollziehen.<br />
An der Abzweigung zum Jugendwaldheim<br />
beginnt der befestigte Wanderweg<br />
Hohlweg<br />
Zurück zum Abzweig steigt man nun<br />
den geschwungenen Weg teilweise steil<br />
bergan durch die abwechslungsreiche Natur<br />
<strong>des</strong> Teufelssiepen. Dieses Bachtal zeigt<br />
eine faszinierende Romantik durch den<br />
wilden Bachlauf und idyllisch im Wald gelegene<br />
Teiche, die vor etwa 100 Jahren<br />
von Förstern zur Fischzucht, aber auch<br />
zur Erholung und zum Baden angelegt<br />
worden waren. Um eine Wegecke biegend<br />
glaubt man plötzlich im gegenüber<br />
liegenden Wald einen leibhaftigen Wolf zu<br />
begegnen. Es handelt sich um ein kunstvoll<br />
mit der Kettensäge modelliertes Holztier,<br />
das an die Artgenossen erinnern soll, die<br />
bis 1811 auch dieses Gebiet bewohnten.
40 Sauerland 1/2012<br />
Ein Stück weiter weist der Wanderführer<br />
auf einen damals hier arbeitenden so<br />
genannten Tuckhammer hin, einer nur<br />
durch Fließenergie getriebene Pumpe, die<br />
Wasser stoßweise zur höher gelegenen<br />
Ansiedlung Kapune gepumpt hat. Bevor<br />
man diese auf dem Weg weiter nach oben<br />
erreicht, wird man noch auf eine Meilerplatte<br />
hingewiesen, ein völlig ebenes Plateau<br />
auf dem Waldboden, auf dem vor<br />
vielleicht 150 Jahren ein Köhler seinen<br />
Meiler zur Holzkohlegewinnung betrieb.<br />
Neben der ehemaligen Ausflugsgaststätte<br />
Kapune ersteigt man als höchsten Punkt<br />
<strong>des</strong> Tiergartens eine Aufschüttung, Tempelberg<br />
genannt. Auf dem neu eingezäunten<br />
Plateau stehend kann man sich<br />
vorstellen, wie seinerzeit der Kurfürst mit<br />
seiner Jagdgesellschaft von hier aus das<br />
Wild beobachten und bequem erlegen<br />
worden war, ein Beispiel für die enormen<br />
Arbeitsleistungen, die Menschen früher<br />
für die aufwändige Lebensführung der<br />
Kurfürsten erbringen mussten. Ein Stück<br />
zurück führt der Weg immer noch durch<br />
romantischen Wald steil bergab. Wieder<br />
steht eine über 350 Jahre alte mächtige<br />
Eiche vor einem: die Goetheeiche. Zusammen<br />
mit einer ebenso alten imposanten<br />
Buche, der Schillerbuche, gab sie dem<br />
bewaldeten Hang den Namen „Dichtertal“.<br />
Seit dem Sturm Kyrill liegt die Buche<br />
jedoch umgestürzt neben der Eiche<br />
und die riesige Wurzel und der bemooste<br />
Stamm zeugen von der Mächtigkeit dieses<br />
einst stolzen Baumriesen, aber auch von<br />
der Vergänglichkeit <strong>des</strong> Lebens. Ebenfalls<br />
aus der Zeit der Goetheeiche stammt die<br />
imposante Max-Heinrich-Buche ein Stück<br />
weiter.<br />
Rondell am Tempelberg<br />
Kohlenmeilerhütte<br />
Schwedenschanze<br />
konnte. Nicht unweit vom Tempelberg geben<br />
Ansammlungen von etwa zwei Meter<br />
tiefen rechteckig angelegten Gruben, so<br />
genannten Pingen, Rätsel auf. Am Ende<br />
<strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges hatten sich hier<br />
Soldaten verschanzt. Sie nutzten dazu bereits<br />
vorhandene Erdlöcher, die mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit Relikte Jahrhunderte<br />
alten Erzbergbaus sind, zumal entsprechen<strong>des</strong><br />
Gestein in der Umgebung gefunden<br />
wurde. Hier begegnen sich alte und<br />
neuere Historie. Der Weg, an dem Spuren<br />
von etwa 100 Jahren altem Wegebau zu<br />
erkennen sind, führt weiter zu einem Rastplatz,<br />
wo man einen Kohlenmeiler nebst<br />
Wohnhütte naturgetreu nachgebaut hat,<br />
um Arbeits- und Lebensweise der Köhler<br />
nachvollziehbar zu machen. Unweit davon<br />
erkennt man im Waldgelände terrassenähnliche<br />
Bodenformationen, die auf damaligen<br />
Ackerbau hinweisen. Der Rundweg<br />
führt nun auf schmalen Pfaden durch<br />
die Vegetation eines dichten Buchenwalds.<br />
Rechts schimmern die saftig grünen Pferdeweiden<br />
von Kapune im Sonnenlicht zwischen<br />
den Baumstämmen hindurch. Der<br />
Pfad endet am ursprünglichen Grenzwall<br />
<strong>des</strong> Tiergartens. Auf diesem hat man einige<br />
Meter Zaun wieder hergestellt, wie er<br />
damals kunstvoll mit Weidenruten errichtet<br />
Gockelteich<br />
Nachdem man die Landstraße nach<br />
Wennigloh überquert hat, genießt man<br />
den Blick ins romantische Seufzertal, <strong>des</strong>sen<br />
Name an die Pestkranken <strong>des</strong> Mittelalters<br />
erinnert, die hier ausgestoßen leben<br />
mussten. Nun geht’s wieder bergauf an<br />
der Kreuzkapelle und der Osterfeuerwiese<br />
vorbei zur Rüdenburg. Kurz verweilend genießt<br />
man hier einen der spektakulärsten<br />
Ausblicke auf Arnsberg, bevor man die<br />
romantisch überwucherten Grundmauerreste<br />
der Burgruine erreicht. Sie bergen<br />
noch viele Geheimnisse, über die man spekulieren<br />
kann, wenn man die Grundrisse<br />
und Dimensionen erahnend in der Anlage<br />
herumwandert. Mit dem wunderschönen<br />
Blick auf den gegenüberliegenden Schlossberg<br />
gerichtet, lohnt es sich, im Wanderführer<br />
die Sage von der Ledernen Brücke<br />
nachzulesen, die, einst vom Teufel errichtetet,<br />
Fluchtweg von der einen zur anderen<br />
Burg gewesen sein soll. Den Kreuzweg mit<br />
den Passionsstationen absteigend erreicht<br />
man den Ausgangspunkt <strong>des</strong> Rundwanderweges,<br />
der jetzt Endpunkt ist.<br />
Man hat eine erlebnisreiche Wanderung<br />
mit vielfältigen Eindrücken geschafft,<br />
die zu allen Jahreszeiten alleine schon als<br />
reines Naturerlebnis lohnend ist, im Früh<br />
Rüdenburg<br />
ling bei aufblühender Vegetation im Wald,<br />
im Sommer in der Kühle <strong>des</strong> dichten Blätterdachs,<br />
im Herbst in der farbigen Pracht<br />
der Laubbäume und auch in der Schneelandschaft<br />
<strong>des</strong> Winters. Der zusätzliche<br />
Reiz dieser Rundwanderung ist natürlich<br />
das Hineintauchen in die zahlreichen geschichtlichen<br />
Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten.<br />
Wie überhaupt die Route sehr<br />
gut mit Schildern und Wegweisern ausgestattet<br />
ist, weisen nummerierte Holzpfosten<br />
auf die Stationen mit den Sehenswürdigkeiten<br />
hin. Allerdings erschließen sich<br />
diese erst richtig mit den Hinweisen und<br />
ausführlichen Kommentaren <strong>des</strong> Erlebnis-<br />
Wanderführers, der unbedingt mitgeführt<br />
werden sollte. Für den Weg muss man sich<br />
schon viel Zeit nehmen und zwölf Kilometer<br />
können an sich schon anstrengend<br />
sein. Man kann den Tiergarten aber auch<br />
in Etappen genießen. In jedem Fall belohnt<br />
die Symbiose der Natur- und Geschichtserlebnisse<br />
den aufmerksamen Wanderer.<br />
Ein Wanderführer der kulturhistorischen<br />
Route mit dem Titel „Kurfürstlicher Thiergarten<br />
Arnsberg“ ist erschienen. Format 11 x 12 cm,<br />
Spiralheftung, 134 Seiten, 4farbig bebildert.<br />
7,50 EURO. Bezug über den örtlichen Buchhandel.
Sauerland 1/2012 41<br />
Fingerabdrücke, Schmauchspuren,<br />
Verdächtige und Zeugen. Das klassische<br />
Sujet fast jeden Krimis wird<br />
auch in diesem April im Mittelpunkt <strong>des</strong><br />
Krimi-Festivals Criminale stehen.<br />
Vom 25. bis zum 29. April 2012 geht<br />
es mörderisch zu im Land der tausend Berge.<br />
Der Hochsauerlandkreis, bzw. <strong>des</strong>sen<br />
Fachdienst Kultur, richtet in Zusammenarbeit<br />
mit der Krimiautorengruppe „Syndikat“<br />
die Criminale aus – das größte deutsche<br />
Krimifestival.<br />
Ein „Mobiles Einsatzkommando“ (MEK)<br />
hat sich aus dem Kreis <strong>des</strong> Veranstalters zu<br />
diesem Zweck gegründet. In einer selbstverständlich<br />
geheimen, ja geradezu konspirativen<br />
Klausurtagung hat dieses Einsatzkommando<br />
aus einem Pool von 238<br />
Ein mörderischer Frühling<br />
Criminale 2012<br />
findet im<br />
Hochsauerlandkreis statt<br />
Von Manuela Decker<br />
Autorinnen und Autoren das Programm<br />
aus gemeinsamen Auftritten und Lesungen<br />
zusammengestellt.<br />
Geballte Krimilust erwartet Fans und<br />
Interessierte am letzten Aprilwochenende,<br />
das als Höhepunkt mit der Gala „Tango<br />
Criminale“ am 28. April in der Olsberger<br />
Konzerthalle aufwartet. Im Rahmen dieser<br />
„Oscar-Verleihung“ der deutschsprachigen<br />
Krimiszene warten der Friedrich-Glauser-<br />
Preis in den Sparten Debüt, Kurzkrimi und<br />
Lebenswerk sowie der Hansjörg-Martin-<br />
Preis für den besten Kinder- und Jugendkrimi<br />
auf neue Preisträger.<br />
Die Namensgeber der verliehenen Preise<br />
waren bei<strong>des</strong> Pioniere auf dem Gebiet<br />
<strong>des</strong> Kriminalromans.<br />
Friedrich Charles Glauser, der 1938<br />
nur 42-jährig verstarb, gilt als einer der ersten<br />
deutschsprachigen Krimiautoren und<br />
als einer der wichtigsten Wegbereiter <strong>des</strong><br />
modernen Kriminalromans. Der Leipziger<br />
Hansjörg Martin trug mit seinem ersten<br />
Kriminalroman „Gefährliche Neugier“ von<br />
1965 zur Entstehung eines eigenen Genres,<br />
<strong>des</strong> neuen deutschen Kriminalromans,<br />
bei und machte sich zudem als Autor zahlreicher<br />
Kinder- und Jugendbücher einen<br />
Namen.<br />
Mörderisch gut: Neue Anthologie<br />
streift Sauerländer Abgründe<br />
Der Auftakt der diesjährigen Criminale<br />
wird bereits am Sonntag, 22. April,<br />
sein, wenn um 15 Uhr eine Krimilesung<br />
mit Kindern im Lichtwerk Schmallenberg<br />
stattfindet. Am selben Tag um 19 Uhr<br />
nimmt die Criminale weiter Fahrt auf. In<br />
Winterberg lesen Raoul Biltgen und Angela<br />
Eßer. Bilthgen ist als Autor von „Erster,<br />
Zweiter, Loser“ auch in der zur Criminale<br />
erschienenen Anthologie „Tausend Berge<br />
– tausend Abgründe“ vertreten. Angela<br />
Eßer ist eine der Sprecherinnen der Autorengruppe<br />
„Syndikat“.<br />
Die kriminelle Energie von 18 Autoren<br />
vereinigt die genannte Anthologie, die<br />
keinen Landstrich <strong>des</strong> Hochsauerlan<strong>des</strong><br />
unbeachtet lässt. Von Neheim-Hüsten bis<br />
Marsberg kann man sich als Leser auf Spurensuche<br />
begeben und dabei die eine oder<br />
andere Leiche im Keller finden.<br />
Die offizielle Eröffnungsveranstaltung<br />
wird am Mittwoch, 25. April, im Atrium<br />
der Sparkasse Hochsauerland in Brilon<br />
stattfinden. Krimiautor Peter Godazgar (er<br />
schrieb u. a. den Roman zu Til Schweigers<br />
Kinofilm „Knockin’ on heaven’s door“)<br />
liest aus „Der Krimiautor im Allgemeinen<br />
und Besonderen“ und Ruhrgebiets-Kabarettist<br />
und Autor Fritz Eckenga wirft einen<br />
Blick auf „Der Sauerländer im Allgemeinen<br />
und Besonderen“. Eckenga wurde im November<br />
vergangenen Jahres mit dem Literaturpreis<br />
Ruhr 2011 für sein literarischsatirisches<br />
Gesamtwerk ausgezeichnet.<br />
Moderiert wird der Mittwochabend von<br />
Kulturamtschef <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises<br />
Georg Scheuerlein.<br />
Der Donnerstag und Freitag<br />
stehen jeweils vormittags<br />
mit den Schullesungen<br />
im Zeichen junger Leser und<br />
potentiellen Krimi-Nachwuchses.<br />
Mit der Uraufführung<br />
der Mafia-Oper „Mundtot<br />
– messo a tacere“ am 26.<br />
April um 18 Uhr zieht das<br />
organisierte Verbrechen – für<br />
einen Abend – im Landgericht<br />
Arnsberg ein. Die Oper<br />
stammt aus der literarischen<br />
Feder <strong>des</strong> Krimiautors Jürgen Alberts, die<br />
Musik von Marco Lenzi. Die wohl weltweit<br />
erste Krimiautorenband „Hands up! & The<br />
Shooting Stars“ gibt am selben Abend zu<br />
späterer Stunde um 22 Uhr ebenfalls in<br />
Arnsberg in der Kultur Schmiede ihr Debüt.<br />
Dabei ist über die Band selbst noch nichts<br />
genaues zu erfahren. Zwar gehören alle ihre<br />
Mitglieder der Krimiautorengruppe „Syndikat“<br />
an, doch lanciert die Band selbst ein<br />
geheimnisumwittertes Selbstbild, das auch<br />
auf der offiziellen Internetseite <strong>des</strong> Festivals<br />
(www.die-criminale.de) nachzulesen ist.<br />
Man darf also sehr gespannt sein, wer und<br />
was sich hinter der bisher einmaligen musikalischen<br />
Zusammensetzung verbergen<br />
mag. Aber Spannung gehört ja schließlich<br />
zu jedem guten Krimi dazu.<br />
Krimis im weltweiten Netz und auf<br />
dem Fußballplatz<br />
Mit verschiedenen Seminaren zu Themen<br />
wie Social Media Marketing geht es<br />
am Freitag bei der Criminale weiter. Das<br />
hochaktuelle Thema Ebook, also das digitale<br />
Buch, steht dabei im Mittelpunkt einer<br />
Podiumsdiskussion mit Marc Ritter – ebenfalls<br />
Mitglied <strong>des</strong> „Syndikats“.<br />
Alle Autoren <strong>des</strong> „Syndikats“ treffen<br />
sich schließlich am Samstagvormittag in<br />
der Konzerthalle Olsberg. Überhaupt wird<br />
Samstag der Höhepunkt der diesjährigen<br />
Criminale sein. Dabei geht es durchaus<br />
unterhaltsam weiter: Der FC Criminale<br />
misst sich nachmittags im Fußball gegen<br />
die Damenmannschaft <strong>des</strong> SV Thülen. Ob<br />
im Olsberger Hochsauerlandstadion dann<br />
ein Fußballkrimi zu sehen ist, wird sich erst<br />
vor Ort zeigen können.<br />
Mit großer Sicherheit legt die Spannung<br />
dann am Abend zum „Tango Criminale“<br />
wiederum in der Konzerthalle zu. Die Nominierten<br />
für die bereits erwähnten Preise<br />
stehen bereits fest. Darunter sind junge<br />
Autorinnen, gestandene Krimispezialisten<br />
und eigenwillige Sprachartisten – aus ganz<br />
Deutschland sowie dem deutschsprachigen
42 Sauerland 1/2012<br />
Ausland. Allein diese Mischung verspricht<br />
Nervenkitzel am Abend der Preisverleihung.<br />
Mit Thomas Przybilka kann bereits<br />
das Geheimnis um den Träger <strong>des</strong> „Ehrenglauser“<br />
gelüftet werden. Er ist ebenfalls<br />
Mitglied <strong>des</strong> „Syndikats“.<br />
Kathrin Heinrichs, auch Nicht-Krimifans<br />
seit Jahren durch ihre Alltagssatiren<br />
bekannt, sowie Ralf Kramp, Krimiautor<br />
und Karikaturist. Als besonderes „Schmankerl“<br />
darf man sicher den musikalischen<br />
Part bezeichnen: Der gebürtige Olsberger<br />
und Wahl-Kölner Frederik Köster ist Professor<br />
für Jazz-Trompete und Preisträger<br />
<strong>des</strong> Echo Jazz 2010. Mit seinem Quartett<br />
veröffentlichte er bisher drei Alben und<br />
ist international auf Festivals und großen<br />
Bühnen unterwegs. Den Bezug zu seiner<br />
sauerländischen Heimat hat er dabei nie<br />
verloren und ist daher immer wieder auch<br />
in seiner Heimatstadt zu erleben. Ebenfalls<br />
Musik für die Ohren verspricht Buchleser<br />
Christian Brückner, <strong>des</strong>sen sonore Stimme<br />
zahlreiche Dokumentationen, Lesungen,<br />
Hörbücher aber auch Spielfilme (in erster<br />
Linie als Synchronstimme Robert de Niros)<br />
prägt. Eine perfekte Überleitung zur<br />
Party mit der Band „Stixx“, die sich in der<br />
Konzerthalle an den „Tango Criminale“<br />
anschließt.<br />
Am Sonntagmorgen schon sein. Denn<br />
es wird zum Ehrenglauser-Brunch ins Olsberger<br />
Parkhotel geladen. Mit dabei sind<br />
die Krimiautoren Jürgen Alberts und Sabine<br />
Deitmer sowie Journalist, Drehbuchautor<br />
und Schriftsteller Felix Huby und<br />
natürlich der am Vorabend frisch gekürte<br />
Ehrenglauser-Preisträger.<br />
Ein geballtes spannen<strong>des</strong> und sicher<br />
aufregen<strong>des</strong> Programm, das sich an den<br />
vier Tagen Criminale bietet. Da kommt das<br />
mittägliche „Criminale Chill out“ im Parkhotel<br />
gerade recht, bevor alte und auf diesem<br />
Weg vielleicht auch neu gewonnene<br />
Krimifreunde wieder Zeit haben werden,<br />
sich lesend der Mördersuche zu widmen.<br />
Lesestoff – ob auf Papier oder digital – ist<br />
reichlich vorhanden.<br />
Buchtipps zur<br />
Criminale:<br />
Die Anthologie<br />
„Tausend Berge – tausend<br />
Abgründe“, die<br />
aus jeder Ecke <strong>des</strong><br />
Hochsauerlan<strong>des</strong> etwas<br />
Mörderisches zu<br />
bieten hat:<br />
Sundern: Sandra Lüpkes:<br />
Letzte Ausfahrt Ochsenkopf<br />
Neheim-Hüsten: Lucie Flebbe: Frauenfrühstück<br />
Meschede: Kathrin Heinrichs:<br />
Plan E wie Eversberg<br />
Bestwig: Brigitte Glaser:<br />
Zapfenstreich<br />
Arnsberg: Theo Pointner:<br />
Der Abt – Reloaded<br />
Winterberg: Raoul Biltgen:<br />
Erster, Zweiter, Loser<br />
Eslohe: Angelika Schröder:<br />
Ein Weihnachtsbaum mit gelben<br />
Stiefeln<br />
Schmallenberg: Tatjana Kruse:<br />
Showdown!<br />
Marsberg: Nina George:<br />
Der Reiz <strong>des</strong> Tötens<br />
Medebach: Jürgen Siegmann:<br />
Das Glück wohnt auf dem Friedhof<br />
Meschede: Jutta Profijt:<br />
Fracht kotzt nicht<br />
Brilon: Jürgen Reitemeier:<br />
Vergessen<br />
Sundern: Peter Godazgar:<br />
Jupp ante portas<br />
Eslohe: Wilfried Eggers:<br />
Der Tote von Lochtrop<br />
Arnsberg: Oliver Buslau:<br />
Im Keller<br />
Hallenberg: Reinhard Junge:<br />
Madonna eiskalt<br />
Winterberg: Sunil Mann:<br />
Busenfeindinnen<br />
Olsberg: Jan Zweyer:<br />
Olsberger Doppel<br />
Der etwas andere<br />
Wanderführer<br />
„Mörderisches vom<br />
Rothaarsteig“:<br />
Der Rothaarsteig,<br />
das heißt „Wandern<br />
auf dem Weg der<br />
Sinne“. Doch rechts<br />
und links <strong>des</strong> Weges<br />
lauern unerwartete<br />
Gefahren. Denn nicht alle Geister der<br />
Vergangenheit sind zur Ruhe gekommen,<br />
manch ein Besucher kommt nicht nur, um<br />
die Schönheit der Landschaft zu genießen,<br />
und auch die Hiesigen kochen schon mal<br />
tödliche Süppchen. Dies zumin<strong>des</strong>t in der<br />
Vorstellung von Sabine Deitmer, Jürgen<br />
Ehlers, Marcel Feige, Roger M. Fiedler,<br />
Edgar Franzmann, Gunter Gerlach, Thomas<br />
Hoeps, Norbert Horst, Jürgen Kehrer,<br />
Krystina Kuhn, Gisa Pauly, Niklaus<br />
Schmid, Ilka Stitz und Ella Theiss. Sie alle<br />
haben ihre Wanderstiefel geschnürt, den<br />
Rucksack gepackt, sind losgestiefelt und<br />
haben in Qualitätsbetrieben Rothaarsteig<br />
übernachtet, um ihre Erfahrungen in diesen<br />
mörderisch unterhaltenden Wanderführer<br />
einzubringen!<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Elmar Reuter, Olsberg<br />
Rudolf Rath, Balve<br />
Heinz Lettermann, Olsberg-Bigge<br />
Dr. Jürgen Schulte-Hobein, Arnsberg<br />
J. Tönig-Struck, Menden<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Pieper, Ahaus<br />
Ulrich Lange, Winterberg<br />
Dr. Adalbert Müllmann, Brilon<br />
Dr. Hans Dürr, Eslohe<br />
Klaus Baulmann, Sundern<br />
Michael Schmitt, Sundern<br />
Herbert Somplatzki, Schallenberg<br />
Wolfram Blanke, Arnsberg<br />
Torsten Kapteiner, Arnsberg<br />
Jochen Ottersbach, Arnsberg<br />
Manuela Decker, Olsberg<br />
Peter Bürger, Düsseldorf<br />
Dr. Erika Richter, Meschede<br />
Josef Drilling, Medebach<br />
Redaktionsschluss<br />
für die<br />
nächste Ausgabe<br />
ist der<br />
15. Mai 2011<br />
Neue Mitglieder bzw. Abonnenten<br />
Reinhard Schandelle, Marsberg<br />
Hubert Pieper, Schmallenberg<br />
Gabriele Schmidt, Attendorn<br />
Gertrud Schmidt, Alfter<br />
Marlies Lorenz, Olsberg<br />
Alfred Roderfeld, Lüdenscheid<br />
Evamaria Aeltermann, Meschede<br />
Josef Schulte, Sundern-Amecke<br />
Norbert Sapp, Eslohe<br />
Josef Pieper, Winterberg-Silbach<br />
Heimatverein Möhnesee e. V.<br />
Klemens Spanke, Paderborn<br />
Klaus Bückner, Sundern-Seidfeld<br />
Georg Stratmann, Olsberg-Assinghausen
Sauerland 1/2012 43<br />
Bücher · Schrifttum<br />
„Allerbester Melchior“<br />
„Schwellengestalten sind nicht nur für<br />
Theologen oder Geisteswissenschaftler von<br />
besonderem Interesse. An ihnen zeigen<br />
sich, wie in einem Brennglas, die spannungsreichen<br />
Facetten einer Zeit im Übergang,<br />
und sie weisen in vielem, gerade auf<br />
Grund ihrer Gradwanderungen, weit über<br />
das Kommende hinaus.“ – So schreibt der<br />
Bischof von Speyer, Dr. Karl-Heinz Wiesemann,<br />
in seinem programmatischen Geleitwort<br />
zur jetzt erschienenen 268 Seiten<br />
umfassenden Publikation „‘Allerbester Melchior‘<br />
– Melchior Ludolf Herold – Initiator<br />
der Industrieschulbewegung im Herzogtum<br />
Westfalen“ (Bonifatius Paderborn, ISBN<br />
978-3-89710-485-3, € 34,80).<br />
Peter Karl Becker aus Brilon hat aus<br />
Anlass <strong>des</strong> 200. To<strong>des</strong>tages bereits vor einiger<br />
Zeit in unserer Zeitung eine Würdigung<br />
Herolds vorgenommen (SAUERLAND<br />
2/2010). Nun erschien seine umfangreiche<br />
Dissertation über das Leben und (Nach-)Wirken<br />
dieses Theologen. Seine Fähigkeiten<br />
und Interessen sind für einen Dorfgeistlichen<br />
dieser Zeit ungewöhnlich weit gespannt: theologische,<br />
philosophische und pädagogische<br />
Fragestellungen beschäftigen ihn genauso<br />
wie ökonomische, juristische und naturwissenschaftliche<br />
Zusammenhänge.<br />
Herold, der 1753 in Rüthen geboren<br />
wurde, stammte aus einer alten, weitverzweigten<br />
Juristenfamilie <strong>des</strong> Herzogtums<br />
Westfalen, deren dargestellten Verwandtschaftsverhältnisse<br />
bereits von überörtlichem,<br />
also regionalem Interesse für das<br />
Sauerland und darüber hinaus sind. Die<br />
kurkölnische Bindung dokumentiert nicht<br />
nur sein erster Vorname Melchior, sondern<br />
auch die seiner Brüder Caspar Anton und<br />
Balthasar Felix stehen dafür. Herold ist nicht<br />
nur ein Vertreter der Epoche am Ende Kurkölns,<br />
sondern auch für den Übergang in<br />
eine neue Zeit. Beide Epochen wirken bis<br />
heute in unserer Heimat nach und werden<br />
an Herold eindrucksvoll fassbar.<br />
Breiten Raum nimmt natürlich „Die Industrieschule<br />
in Theorie und Praxis – eine<br />
ideengeschichtliche Verortung“ (S. 152-<br />
235) ein, die unwiderruflich mit seinem<br />
Namen im heimischen Raum verbunden ist.<br />
Vorab werden seine Kindheit, Jugend und<br />
sein Studium bis zur Priesterweihe 1776<br />
beleuchtet, der sich nach kurzer Kaplanszeit<br />
sein 30 Jahre langes, segensreiches Wirken<br />
in der Pfarrei Hoinkhausen mit ihren Filialen<br />
(heute zur Stadt Rüthen gehörig) anschließt<br />
(S. 43-151). Der aufschlussreichen Analyse<br />
einer typischen Landpfarrei dieser Gegend<br />
jener Zeit schließt sich die Dokumentierung<br />
seiner umfangreichen Stiftungen an, bevor<br />
die unter dem letzten Kölner Kurfürst Max-<br />
Franz von Österreich geförderte Neuorganisation<br />
<strong>des</strong> Schulwesens beleuchtet und im<br />
wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes konkret „verortet“<br />
wird. Herold ist in diesem Sinne ideenund<br />
wirkungsgeschichtlich ein typischer Vertreter<br />
der Aufklärungspädagogik.<br />
Vielen Lesern sind vor allem noch Herolds<br />
Liedtexte vertraut, die, über das „Sursum<br />
Corda!“, bis heute im katholischen<br />
Gesangbuch „Gotteslob“ zu finden sind. Sie<br />
gehen auf sein 1803 und in zweiter Auflage<br />
1808 erschienenes „Heroldsches Gesangbuch“<br />
zurück, das gerade im ehemaligen<br />
Herzogtum Westfalen weite Verbreitung<br />
fand und prägend wurde.<br />
Dass der Band außer einem Porträt<br />
Herolds keine weiteren Fotos und Abbildungen<br />
von Dokumenten zeigt, ist zwar<br />
bedauerlich, aber im Hinblick der Drucklegung<br />
einer Promotionsschrift nicht nur verständlich,<br />
sondern gar unabdingbar. Dieses<br />
Fehlen schmälert nicht den Verdienst dieses<br />
Buches, sondern macht Mut, sich einmal<br />
auf die Spuren dieses bedeutenden Mannes<br />
zu begeben.<br />
Die abschließende Würdigung „Melchior<br />
Ludolf Herold – gebildete Persönlichkeit<br />
oder westfälischer Gelehrter?“ (S. 236-259)<br />
von Dr. Peter Karl Becker zeigt nicht nur<br />
die „Facetten einer Zeit im Übergang“ und<br />
einer seiner bedeutenden Persönlichkeiten,<br />
die sie mit prägte, sondern die Gesamtpublikation<br />
ist für jeden lan<strong>des</strong>geschichtlich<br />
Interessierten eine wichtige, ja fast unverzichtbare<br />
Lektüre.<br />
Michael Schmitt<br />
Erinnerungen an Brilon<br />
Die Erinnerungsliteratur boomt sowohl<br />
im regionalen wie im bun<strong>des</strong>weiten Rahmen.<br />
Eine bewusste Verbindung lokaler<br />
und allgemeiner Geschichte ist seltener:<br />
hier haben wir ein Beispiel dafür. Herbert<br />
Kraft ruft sowohl seine „Kindheit und Jugend<br />
in einer westfälischen Kreisstadt von<br />
1930–1950 (es handelt sich um die Stadt<br />
Brilon), in seiner Darstellung wieder ins Gedächtnis<br />
zurück, fügt gleichzeitig aber ausführlich<br />
Dokumente aus der deutschen Geschichte<br />
dieser bewegten Jahrzehnte hinzu,<br />
um die Ortsgeschichte in den Kontext einer<br />
Gesamtbetrachtung zu stellen. Das gelingt<br />
nicht bruchlos, der Leser muss den häufigen<br />
Wechsel immer wieder wahrnehmen und<br />
verarbeiten. Vielleicht empfindet er die Verknüpfung<br />
der beiden Betrachtungsweisen<br />
aber stellenweise auch als gelungene Vertiefung<br />
seines historischen Wissens über diese<br />
vergangenen Jahre.<br />
Der Autor Herbert Kraft, Jahrgang<br />
1930, nach dem Studium in Aachen und<br />
Köln Dipl. Ingenieur und Dipl. Kaufmann,<br />
schildert im Rückblick mit „außergewöhnlicher<br />
Präzision“ wie es im Geleitwort heißt,<br />
seine Kindheit auf einem Bauernhof am<br />
Rande Brilons, zu dem auch eine Zimmerei<br />
und ein Sägewerk gehörte. Intensiv und<br />
technisch sehr interessiert geht er nicht nur<br />
auf das enge Familienleben und seine persönliche<br />
Sozialisation ein, sondern auch auf<br />
den Stand der Haustechnik, auf das Essen<br />
und die damalige Vorratswirtschaft, für Sozialwissenschaftler<br />
ein reiches Anschauungsmaterial<br />
über die ländlich-gewerbliche Situation<br />
in den 30er Jahren im Sauerland. Aber<br />
auch die Wehrmachtsfahrzeuge erläutert er<br />
sachkundig, die er durch seinen älteren, in<br />
der Wehrmacht dienenden Bruder früh kennenlernte.<br />
Ein unerwarteter Einschub ruft<br />
dann eine unvergleichliche Briloner Tradition<br />
ins Gedächtnis: die Schnadezüge, die seit<br />
1948 wieder aufgenommen wurden. Damit<br />
war das Kriegsgeschehen endgültig vorbei.<br />
Nach einem knappen, aber anschaulich-informativen<br />
Schulkapitel, hat die<br />
Darstellung <strong>des</strong> Nationalsozialismus ein<br />
Schwergewicht, beginnend mit der Situation<br />
der Briloner Juden und ihrer Verfolgung<br />
(S. 111–117). Die NS-Organisationen, vor<br />
allem die der Hitlerjugend, werden mit ihren<br />
Formationen geradezu handbuchartig<br />
vorgestellt. Hier geht der Verfasser ganz in<br />
einer breiten Gesamtdokumentation auf,<br />
Brilon tritt völlig zurück. Das gilt speziell für<br />
das Kapitel „Propaganda in der NS-Zeit“.<br />
(S. 210–240) Erst mit der Schilderung <strong>des</strong><br />
Zweiten Weltkriegs und den erschreckenden<br />
Auswirkungen <strong>des</strong> Luftkriegs gewinnen die<br />
heimischen Bezüge wieder an Anschauuungskraft<br />
z. B. auch in den Erläuterungen<br />
über die unterschiedlichen Gruppen der<br />
Kriegsgefangenen und der Zwangsarbeiter.<br />
Mit dem Bericht über das Kriegsende und<br />
die einmarschierenden Amerikaner schließt<br />
das Buch. Viele Briloner – und nicht nur sie<br />
– werden in dieser eingehenden, durch eine<br />
Vielzahl von Bildquellen illustrierten und aspektreichen<br />
Darstellung der ereignisreichen<br />
Jahrzehnte von 1930–1950 die Ortsgeschichte<br />
in ihrer Einbettung in die „große“<br />
Geschichte gern und nachdenklich neu erleben<br />
und dem Verfasser dafür Dank wissen.<br />
Dr. Erika Richter<br />
Herbert Kraft: Kindheit und Jugend in einer westfälischen<br />
Kreisstadt 1930–1950, Erinnerungen und Dokumente<br />
aus der Heimatgeschichte und der deutschen Geschichte,<br />
Siegburg Rheinlandia Verlag 2010, 314 S., Band XXIV<br />
der Reihe Ortstermine, historische Funde und Befunde<br />
aus der deutschen Provinz.
44 Sauerland 1/2012<br />
Strunzerdaal 2011<br />
Die 30. Ausgabe <strong>des</strong> Heimatblattes der<br />
Stadt Olsberg gilt vor allem den ortsbezogenen<br />
Großereignissen wie der Ortsumgehung,<br />
die 2005 begonnen und am 5. November<br />
2010 eingeweiht wurde. Sie hat<br />
eine lange spannungsvolle Vorgeschichte,<br />
die Elmar Reuter aus eigenem Erleben<br />
mitverfolgte und nun anschaulich berichtet.<br />
Als Markstein in der Entwicklungsgeschichte<br />
Olsbergs verdient dieses nun<br />
gelungene Verkehrsprojekt einen Schwerpunkt<br />
in der örtlichen Chronik, aber auch<br />
das Hochwasser, das im Januar 2011 ganz<br />
ungewöhnliche Höhen erreichte und wie<br />
auch das in Wulmeringshausen nun in vielen<br />
Fotos eindrucksvoll festgehalten ist.<br />
Einen besonderen Abschnitt nimmt dann<br />
der breite archäologische Grabungsbericht<br />
am Briloner Eisenberg von S. 49–102 ein,<br />
informativ und vorzüglich bebildert. Dann<br />
blicken wir in Gesichter: Ursula Balkenhol<br />
schaut uns als neue Vorsitzende <strong>des</strong><br />
Olsberger Heimatvereins an, dann Pastor<br />
Kringe, der mit seiner Gemeinde vor nun<br />
40 Jahren die Dorfkirche St. Cyriakus in<br />
Bruchhausen baute. Die damalige Baugeschichte<br />
wird ausgiebig dokumentiert.<br />
Jährlich im September wird der Tag<br />
<strong>des</strong> Offenen Denkmals begangen. Da er<br />
diesmal das Motto „Friedhofskultur im<br />
Wandel der Zeiten“ hatte, war das ein<br />
sinnvoller Anlass, dass Heinz Lettermann<br />
den Friedhof Bigge-Olsberg mit seinen<br />
vielen steingewordenen Erinnerungen vorstellt.<br />
Erinnerungen ganz anderer Art hat<br />
Alfred Wenke aus alten Akten gesammelt<br />
z. B. von Arbeitsordnungen vor 100 Jahren<br />
wie auch den einstigen Lehrverträgen,<br />
wahrlich keine Beispiele der „guten alten<br />
Zeit“, wie auch interessante Dokumente<br />
der NS-Zeit. Natürlich fehlen farbprächtige<br />
Festberichte aus dem vielschichtigen<br />
Vereinsleben nicht, die leider hier gar<br />
nicht alle im einzelnen genannt werden<br />
können. Viele Olsberger, Elleringhauser,<br />
Assinghauser oder Elper werden sich in<br />
den Fotos festfroh wiedersehen. Unbedingt<br />
muss aber noch an die Würdigung<br />
<strong>des</strong> Stadtheimatpflegers Otto Knoche erinnert<br />
werden, <strong>des</strong> „Asker Urgesteins“,<br />
der weit über Assinghausen und Olsberg<br />
hinaus als ein Sauerländer mit Leib und<br />
Seele eine besondere Ausstrahlung besaß.<br />
Ihm und weiteren Persönlichkeiten aus<br />
dem Olsberger Raum, die 2011 starben<br />
(Dr. Hüttemann, Küster Heinz Körner,<br />
Rektor Simon) schenkt Heinz Lettermann<br />
in seinem „Strunzerdaal“ ein bewegen<strong>des</strong><br />
Andenken.<br />
Dr. Erika Richter<br />
Heimatkalender Kreis Soest 2012<br />
Der neue „Heimatkalender Kreis Soest<br />
2012“ berichtet wieder facettenreich über<br />
den heimischen Kreis – diesmal unter dem<br />
Schwerpunktthema „Lebenselixier Wasser“.<br />
Eine breite Palette wartet auf den Leser:<br />
Wasser kann für Energie sorgen, wie im<br />
Kraftwerk Wickede (Ruhr), Wasser dient<br />
aber auch, innerlich wie äußerlich angewendet,<br />
dem allgemeinen Wohlbefinden.<br />
Für die Reinigung braucht es Kläranlagen<br />
und vor zu viel Wasser schützen Regenrückhaltebecken.<br />
Selbstredend findet<br />
auch das aktuelle Thema „Renaturierung<br />
von Flüssen und Bächen“ entsprechende<br />
Würdigung in Wort und Bild. An der Möhne<br />
sind die Arbeiten schon weit gediehen,<br />
bei der Ahse läuft das Projekt langsam<br />
an. Hinzu kommen auch innerstädtische<br />
Bachläufe, die, wie in Soest und Geseke,<br />
wieder freigelegt wurden und werden und<br />
sich eindrucksvoll ins Straßenbild einpassen.<br />
Der Leser erfährt aber auch, wie diealten<br />
Klärteiche der Soester Zuckerfabrik<br />
zu einem wahren Naturparadies wurden<br />
und was es mit dem „Enser See“ auf sich<br />
hat – und dass Wasser auch beim Bierbrauen<br />
von besonderer Bedeutung ist.<br />
Das Kalendarium steht unter dem Motto<br />
„Schilder und Plakate – Informationsträger<br />
und „Zeitzeugen“. Da geht es um alte Werbeplakate,<br />
wie etwa für die Eröffnungsfeier<br />
<strong>des</strong> Strandba<strong>des</strong> in Wickede-Ruhr, das<br />
Haar-Eselrennen oder das „Steinkammergrab“<br />
von Hiddingsen. In der Rubrik<br />
„Geschichte und Geschichten“ wird die St.<br />
Sebastianus-Schützenbruderschaft Geseke<br />
vorgestellt. Ein weiterer Beitrag handelt<br />
über den Autobahnbau im Dritten Reich<br />
– exemplarisch festgemacht am Bau der<br />
Strecke 77 von Rhynern nach Warburg.<br />
Spannend ist auch die Frage, wie denn<br />
das Sikawild einst in den Arnsberger Wald<br />
kam. Und es wird auch über das neue<br />
Heimathaus in Lippetal-Oestinghausen<br />
berichtet. Unter dem Kapitel „Menschen<br />
aus dem Kreis Soest“ finden sich Artikel<br />
über den Künstler Hans Kaiser und sein<br />
„Schöpfungsfenster“ in St. Patrokli, aber<br />
auch über den aus Werl-Büderich stammenden<br />
Dimitri Hegemann, der zu den<br />
„Erfindern“ der deutschen Techno-Musik<br />
gehört. Nicht fehlen darf ein längerer Bericht<br />
über Schäfer Heinrich, bekannt aus<br />
der Fernsehsendung „Bauer sucht Frau“.<br />
Brigitte und Albert Eickhoff brachten den<br />
modischen Luxus nach Lippstadt – und<br />
was wäre die „Soester Fehde“ ohne Ruth<br />
Reismann und ihre fleißigen Helferinnen,<br />
die für die Teilnehmer <strong>des</strong> Spektakels emsig<br />
die Kostüme schneidern. Abgerundet<br />
wird der Kalender durch die Ordensverleihungen<br />
an verdiente Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger, die Totenehrung und die Vorstellung<br />
neuer Heimatliteratur.<br />
Der neue Heimatkalender <strong>des</strong> Kreises Soest hat 128 Seiten<br />
Umfang und ist für 9,20 Euro im örtlichen Buchhandel<br />
erhältlich.<br />
Geschichte Sunderns III<br />
Eine außergewöhnliche<br />
Leistung<br />
ist anzuzeigen: In<br />
drei(!) Jahren haben<br />
im Auftrag<br />
<strong>des</strong> Vereins: „700<br />
Jahre Sundern...“<br />
Werner Neuhaus,<br />
Dr. Hubert Schmidt,<br />
Michael<br />
Schmitt und Berthold Schröder nun den<br />
dritten Band der Geschichte Sunderns veröffentlicht.<br />
Band I und II sind in SAUERLAND bereits<br />
lobend besprochen worden, der nun<br />
vorliegende 3. und letzte Band braucht<br />
sich nicht vor diesen Bänden zu verstecken.<br />
Nach den politischen und kirchlichen<br />
Vorgängen und Ereignissen gilt er<br />
der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Entwicklung der jungen sauerländischen<br />
Stadt. Er beginnt mit Beiträgen zur forstund<br />
landwirtschaftlichen Situation. Der<br />
Wald war nicht nur im Mittelalter und der<br />
frühen Neuzeit lebenswichtig für die Bevölkerung<br />
<strong>des</strong> Sundener Raums sowohl als<br />
Viehhude, für die Schweinemast und zur<br />
Bau- und Brennholzbeschaffung. Er wurde<br />
so ausgebeutet, dass er am Ende <strong>des</strong><br />
18. Jahrhunderts „devastiert“ war, wie<br />
alle forstlichen Berichte aussagen. Die<br />
von den neuen hessischen Lan<strong>des</strong>herren<br />
nach der Säkularisation initiierte Fichtenanpflanzung,<br />
aber auch die forcierte Holzkohlengewinnung<br />
gaben dem Wald eine<br />
wirtschaftliche Bedeutung, aber die Industrialisierung<br />
war keinesfalls waldfreundlich,<br />
wie die Entwicklung bis zum sogenannten<br />
„Waldsterben“ bezeugt. Die Sorge um<br />
den Erhalt eines gesunden Waldreichtums<br />
bleibt – auch im Hinblick auf den Tourismus<br />
– eine wichtige Zukunftsaufgabe.<br />
Sowohl die Fischerei als auch die Jagd<br />
gehören in diesen Themenkreis und sind<br />
durch teilweise recht humorvolleBeiträge<br />
veranschaulicht. Selbstverständlich hat die<br />
Landwirtschaft ihren eigenen Stellenwert,<br />
die allerdings angesichts der schlechten<br />
Bodenbeschaffenheit in der Vergangenheit<br />
nur geringen Gewinn abwarf und heute<br />
ganz an Bedeutung verloren hat. Gab es<br />
1954 in Sundern noch 18 Haupterwerbsund<br />
22 Nebenerwerbsbetriebe, so gibt es
Sauerland 1/2012 45<br />
2011 im Gesamtbereich von Sundern keinen<br />
landwirtschaftlichen Betrieb mehr.<br />
Um so bedeutsamer ist dagegen die<br />
Entwicklung der Industrie. Die Darstellung<br />
dieses Prozesses ist der eigentliche Kern<br />
<strong>des</strong> Buches. Die vorindustrielle Montangeschichte<br />
verweist auf die schon früh bekannten<br />
Eisenlagerstätten und die Kupfererze.<br />
Sie wurden in Rennfeueröfen, später<br />
dann in Schachtöfen abgebaut. Dank der<br />
Wasserkraft von Röhr und Sorpe und den<br />
Einsatz der Holzkohle entstanden Hütten<br />
und Hammerwerke, bis der enorme Aufschwung<br />
<strong>des</strong> Ruhrgebiets die industrielle<br />
Entwicklung im Sauerland eindämmte.<br />
Doch neue „Röhrbarone“ sorgten dann<br />
für ein ungeahntes industrielles Wachstum<br />
in Sundern und Umgebung, so dass der<br />
Ort heute zu den wohlhabendsten Städten<br />
in Nordrhein-Westfalen gehört und „wenn<br />
man die Liste der Einkommensmillionäre<br />
pro Einwohner betrachtet, steht die Stadt<br />
sogar auf Platz 10 aller Gemeinden im bevölkerungsreichsten<br />
Bun<strong>des</strong>land“ (S. 72)<br />
Wie wandelte sich der „verschlafene Krähwinkel“<br />
zu einem regionalen Industrie-<br />
Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum?<br />
In einer faszinierenden Schilderung <strong>des</strong><br />
Wirkens von einigen Unternehmerpersönlichkeiten<br />
seit der 2. Hälfte <strong>des</strong> 18.<br />
Jahrhunderts wird die Frage beantwortet<br />
(S. 71–131). Der wirtschaftliche Aufstieg<br />
von Johann Michael Cramer, ihm folgend<br />
Peter Bierhaus, der sich der Papierfabrikation<br />
widmete, während Cramer noch in<br />
der Montanindustrie seine Erfolge erzielte,<br />
wird überzeugend erzählt. Dazu gesellte<br />
sich der Unternehmer Brumberg als Lampenfabrikant<br />
1873, der die Bedeutung der<br />
beginnenden Elektrifizierung nutzte. Die<br />
Familien Blome, Scheffer-Hoppenhöfer<br />
und Maybaum ergänzen die Lebensgeschichten<br />
der ersten Unternehmer, die<br />
bald alle in einem Netzwerk verbunden<br />
waren. Natürlich spielten sie auch in der<br />
Lokalpolitik eine wichtige Rolle, erwarben<br />
sich aber auch durch ihre Sozialfürsorge<br />
ein dauern<strong>des</strong> Ansehen. Neben diesen<br />
Biographien der „Röhrbarone“, die sich<br />
zwar bis ins 20. Jahrhundert erstreckt,<br />
ihren Schwerpunkt aber doch in der Vergangenheit<br />
hat, beleuchtet ein weiterer<br />
Beitrag die Geschichte vieler einzelner Unternehmen,<br />
von denen Sundern so reich<br />
ist, bis in die jüngste Gegenwart hinein.<br />
Ein umfangreiches Kapitel gilt auch<br />
dem Überblick über die Infrastruktur und<br />
die Dienstleistungen. Der begrenzte Raum<br />
erlaubt keine Einzelheiten, erwähnt seien<br />
nur die Themen. Sie behandeln die Bahnund<br />
Postgeschichte, das Bankwesen, die<br />
Strom- und Gasversorgung sowie die Wasserver-<br />
und Abwasserentsorgung, wie auch<br />
den Geamtbereich von Handel, Handwerk<br />
und Gewerbe, schließlich auch die Gaststätten,<br />
Kneipen, Hotels und Pensionen<br />
im Wandel der Zeit. Die vielseitige Liste<br />
der Geschäfte in Sundern dokumentiert<br />
eindrucksvoll, wieviele heute zwar aufgegeben<br />
sind, wieviele aber noch weiterbestehen.<br />
Das dichte Vereinswesen, für das<br />
Sauerland insgesamt charakteristisch, wird<br />
ebenfalls berücksichtigt. Auch hier würde<br />
eine detaillierte Aufzählung zu weit führen,<br />
erwähnenswert ist aber die Existenz eines<br />
albanischen Vereins, der wohl in den sauerländischen<br />
Gemeinden eine Seltenheit<br />
ist. Den Schluss <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> bildet eine<br />
relativ knappe Wiedergabe der Geschichte<br />
der Parteien in Sundern. Hier erhält Franz<br />
Josef Tigges (CDU) eine berechtigte Ehrenstellung<br />
und neben der FDP und den<br />
Grünen folgt mit der SPD der wohl bekannteste<br />
Sunderner Ehrenbürger Franz<br />
Josef Müntefering.<br />
Mit seinen 350 Seiten hat auch dieser<br />
3. Band der Geschichte Sunderns den<br />
Umfang der beiden vorherigen Bände erreicht<br />
und allen Lesern ein umfassen<strong>des</strong>,<br />
anschauliches Bild dieser außergewöhnlichen<br />
Stadt vermittelt, wofür allen Mitarbeitern<br />
ein Dank gebührt.<br />
Dr. Erika Richter<br />
„Gemeinsam die Vielfalt der<br />
Heimat entdecken“<br />
Publikation erschienen: Biologische<br />
Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen<br />
„Orts- und Stadtmuseum, Freilichtmuseum<br />
oder Sammlungen – hinter dem Begriff<br />
Heimatmuseum verbergen sich höchst unterschiedliche<br />
Einrichtungen<br />
mit äußerst<br />
verschiedenen<br />
inhaltlichen, materiellen<br />
und personellen<br />
Möglichkeiten<br />
– in jedem Fall setzen<br />
sich hier Menschen<br />
haupt- und ehrenamtlich mit viel Engagement<br />
für ihre Region ein“, so Senatorin a.<br />
D. Dr. Herlind Gundelach, Präsidentin <strong>des</strong><br />
Bund Heimat und Umwelt (BHU). Mit der<br />
neu erschienenen Publikation „Biologische<br />
Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen“<br />
hat der Bund Heimat und Umwelt, Bun<strong>des</strong>verband<br />
der Bürger- und Heimatvereine in<br />
Deutschland, auf insgesamt 180 reich bebilderten<br />
Seiten praxiserprobte Anregungen<br />
für Heimatmuseen herausgegeben. Sie<br />
kann unentgeltlich direkt beim Bund Heimat<br />
und Umwelt bezogen werden.<br />
Heimatmuseen besitzen ein großes Potenzial,<br />
die Themen Nachhaltigkeit und<br />
biologische Vielfalt über den Themenkreis<br />
Kulturlandschaft zu vermitteln. Gerade die<br />
Verbindung von Kultur- und Naturthemen<br />
bietet ein breites Spektrum an Möglichkeiten,<br />
die Attraktivität eines Museums zu<br />
steigern und die Besucherinnen und Besucher<br />
gezielt an diese Zusammenhänge<br />
heranzuführen. Hierbei werden die Museen<br />
stark durch bürgerschaftliches Engagement<br />
getragen. In enger Zusammenarbeit<br />
mit Fachleuten aus den genannten<br />
Themengebieten und aus Heimatmuseen<br />
hat der Bund Heimat und Umwelt Strategien<br />
zur zeitgemäßen Vermittlung von<br />
Biodiversität und nachhaltige Entwicklung<br />
erarbeitet. Die Ergebnisse sind in diesem<br />
Leitfaden zusammengefasst und werden<br />
von informativen Begleittexten flankiert.<br />
„Wir wünschen uns, dass diese Publika tion<br />
für Heimatmuseen Anreize schafft, ihre<br />
bereits vorhandenen Angebote zu erweitern<br />
und bekannter zu machen, damit das<br />
große Engagement dieser Einrichtungen<br />
für unser Kultur- und Naturerbe in der Öffentlichkeit<br />
noch besser wahrgenommen<br />
wird, so Wolfgang Börnsen (Bönstrup),<br />
MdB , 1. Vizepräsident <strong>des</strong> BHU.<br />
Das Buch bietet Heimatmuseen Anregungen,<br />
den immer wieder notwendigen<br />
Modernisierungsprozess mit wenig Mitteln<br />
und schrittweise umzusetzen. Das ist eine<br />
Voraussetzung dafür, dass Heimatmuseen<br />
auch künftig ein breites Publikum ansprechen<br />
und vor allem auch jüngere Zielgruppen<br />
dazugewinnen können.<br />
Das Projekt wurde gefördert durch das<br />
Bun<strong>des</strong>amt für Naturschutz mit Mitteln<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit. Dafür gilt<br />
besonderer Dank.<br />
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland – Bun<strong>des</strong>verband<br />
für Natur- und Denkmalschutz, Landschafts- und<br />
Brauchtumspflege e. V.<br />
Esloher Museumsnachrichten 2011.<br />
2011: F. J. Keite: Bericht <strong>des</strong> Museumsvereins<br />
– Höhepunkte <strong>des</strong> Jahres<br />
2010. Multimediales Maschinen- und Heimatmuseum.<br />
K. Fiebig: Das Sägewerk,<br />
eine neue Sehenswürdigkeit im Museum.<br />
S. Kessemeier: Neue Blicke auf das Erbe –<br />
Warum Peter Bürger einen Preis verdient.<br />
P. Bürger: Zum Tod von Siegfried Kessemeier.<br />
R. Franzen: Museumsstück <strong>des</strong><br />
Jahres. H. Jetschny-Dihel: Der Schiffsdynamo<br />
erzeugt wieder Strom. G. Schulte:<br />
Drei Chronisten ihrer Zeit – drei Maler<br />
unserer Heimat. Bürger: Mittelniederdeutsche<br />
Sprachzeugnisse aus Soest und dem<br />
Sauerland. Ro. Franzen: Als Eslohe nur<br />
aus 22 Häusern bestand. Die Geschich
46 Sauerland 1/2012<br />
te der Schwanen-Apotheke. G. Schulte:<br />
„Abfahrt 1911 – Eine Zeitreise mit der Eisenbahn<br />
im Sauerland. A. Bruns: „Abfahrt<br />
1911, Festvortrag zur Ausstellungseröffnung.<br />
B. Klens: Jugendkreuzweg 2011 an<br />
einem ungewöhnlichen Ort. M. Rischen:<br />
Generationen im Wandel der Zeit – ihr<br />
Kommen und Gehen auf einer alten Hofstelle<br />
in Eslohe – Bremscheid. F. J. Keite:<br />
Problemfall Hellebrücke – Warum es lohnt,<br />
das Baudenkmal zu erhalten. P. Bürger:<br />
Weihnachtsgaben im Christine-Koch-<br />
Mundartarchiv. N. Breusch: Wo sie blieben,<br />
was sie wurden.... Norbert Breusch.<br />
R. Franzen: Ein Kommisbrot und das siebte<br />
Gebot. A. Bruns: Chrysologus Heimes,<br />
Pfarrer zu Reiste 1822–1835. W. Kuhne:<br />
Schon drei Mal nach Eslohe ... Warum?<br />
Hrsg. Maschinen- und Heimatmuseum Eslohe, Homertstraße,<br />
59889 Eslohe, Tel.: 02973/2455 u.<br />
02973/800200<br />
Handirk – Grafschaft, Latrop,<br />
Schanze in Wort und Bild<br />
28/2011: B. Beste: 50 Jahre Verkehrsverein<br />
Grafschaft-Schanze (2). H.<br />
Entian: Latroper Waldarbeiter- und Försterpfad.<br />
H. Volmer: Eine Schule für<br />
Schanze? P. Senn: Rettungswagen am<br />
Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft stationiert.<br />
Freiwiliige Feuerwehr Löschgruppe<br />
Grafschaft: M. Vollmer, M. Günther,<br />
B. Didam: „1911–2011“ = 100 Jahre<br />
Feuerwehr in Grafschaft. M. Günter u.<br />
B. Didam: Neubau Feuewehrgerätehaus.<br />
H. Volmer: Die alte Feuerspritze der Grafschafter<br />
Feuerwehr. K. Weinfurtner, Terra<br />
Preta – Was haben Amazinsaindianer<br />
mit dem Sauerland zu tun? M. Schrewe:<br />
En Möül voll Platt. J. Dünnebacke: Meine<br />
Heimat – Ein Grafschafter Ortsrundgang.<br />
F. H. Dick: Erinnerungen an Lilli Marleen.<br />
H. Vogt: „Unser Dorf hat Zukunft“ – Grafschaft<br />
im Wettbewerb der Dörfer 2011. L.<br />
Mette, D. Saßmannshausen, F. Sellmann:<br />
Romreise 2010 Tambourkorps Grafschaft.<br />
Verwaltung: Mutterhaus Kloster Grafschaft<br />
– Neuwahl Ordensleitung. H. R. Schrewe:<br />
Benediktiner-Abtei Michaelsberg Siegburg<br />
aufgelöst. Aus der Kath. Kirchengemeinde<br />
St. Georg Grafschaft: B. Beste u. B.<br />
Hanses: „1. Tag der Dörfer am Rothaarsteig“<br />
– Höhenerlebnis in Schanze. P. d.<br />
Kloidt: Vor 40 Jahren: Planungsbeginn<br />
Straßenausbau „Am Wilzenberg“. Aus<br />
dem Vereinsleben: P. Amzehnhoff u. J.<br />
König: Sportverein DJK Grafschaft 1930<br />
e. V., A. Sporing. Gesangsverein „Cäcilia<br />
1879 Grafschaft e. V., C. Heimes: St. Sebastian<br />
Schützenbruderschaft Grafschaft<br />
1825 e. V. BSG: Betriebssportgruppe<br />
Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft. H.<br />
Vogt: Heimat- und Förderverein Grafschaft-Schanze<br />
e. V. Leitungsteam: kfd St.<br />
Georg Grafschaft. C. Silberg. Schützenfestverein<br />
Latrop.<br />
Hrsg. von der St. Sebastina Schützenbruderschaft Grafschaft<br />
1825 e. V, 57392 Schmallenberg.<br />
Der Schwammklöpper,<br />
Fredeburger Heimatblätter<br />
23/2012: St. M. A. Lingemann MSC:<br />
Etwas aus dem Leben von Früher. AK: Winterfreuden<br />
1880/1910. H. Nückel: Eine<br />
saubere Sache. R. Rickert-Biskoping/W.<br />
Hesse: 100. Geburtstag Skiclub Fredeburg<br />
e. V. J. Nückel: Ein runder Geburtstag.<br />
H. Gierse: Franz beginnt zu fotografieren.<br />
A. Baumhöfer: 100 Jahre Schule<br />
in Fredeburg. Rassegeflügelzuchtverein<br />
Fredeburg e. V.: An Mistkratzern kein Interesse.<br />
H. Gierse: Aussichturm auf dem<br />
Kahlenberg. Die Uhren von damals stehen<br />
auch heute nicht still. G. Schulte: Über den<br />
Vermögenszustand der Stadt Fredeburg im<br />
Jahre 1812. J. Nückel: Und da war noch.<br />
AK Friedenskirche schließt für immer die<br />
Pforten. H. Gierse: Ein altes Siegel gibt<br />
Rätsel auf. Königin-Luise-Bund. Jugend<br />
unter einer Fahne. R. Rickert-Biskoping:<br />
Rennrodler Robin Geueke erringt den 3.<br />
Platz bei den Juniorenweltmeisterschaften.<br />
F. Altenhoff: Dortmunder Altligisten<br />
zu Gast. H. Gierse: Es tut sich was in<br />
Fredeburg. Wie soll Fredeburg in 20 Jahren<br />
aussehen? E. Hölscher: Das typische<br />
schwarz-weiße Fachwerkhaus im Sauerland.<br />
H. Gierse: Hinweise am Wege. „Man<br />
muss Ziele haben“. Die Briefe. Friedr.<br />
Albert Groeteken: Priester, Schriftsteller,<br />
Historiker. Jost Pieper: Maler und Schauspieler.<br />
Y. Houphouet: Das Festival der<br />
Kulturen. H. Gierse: Licht und Schatten“<br />
im Rudolf-Becker-Park. I. Ratte: „Friäwerske<br />
Originale“ H. Gierse: 200 Jahre<br />
Zeitreise.<br />
Hrsg. vom „Arbeitskreis Heimat“ der SGV Abteilung Fredeburg,<br />
Hubert Gierse<br />
Südsauerland Heimatstimmen aus<br />
dem Kreis Olpe<br />
4/2011 Folge 245. H. Halbfas: Vereinsarchive<br />
– labile Gebilde. R. Kirsch-<br />
Stracke: Ein Wort vorneweg. 700 Jahre<br />
Stadt Olpe M. Möller: Festumzug der Olper<br />
Vereine zum Stadtjubiläum 2011. J.<br />
Wermert: „Eine nie geahnte Leidenszeit<br />
ist über uns hereingebrochen“. Ansprache<br />
zum Volkstrauertag an der Gedenkstätte<br />
in Olpe am 13. November 2011. W.<br />
Ohly: Johann Bergmann von Olpe und<br />
das „Narrenschiff“. Eine Stiftung <strong>des</strong> Fördervereins<br />
Stadtmuseum Olpe e. V. an die<br />
Stadt Olpe. A. Stracke: Eine Gedenktafel<br />
für den „Heiligen von San Julian“. Pater<br />
Rötger Hundt vor 300 Jahren in Olpe geboren.<br />
O. Höffer: Funde und Hinweise aus<br />
dem Archiv <strong>des</strong> Freiherrn von Fürstenberg<br />
– Herdringen (Teil 27). G. Stumpf: Vor 70<br />
Jahren. Jugendlicher Protest in Attendorn<br />
gegen das NS-Regime. R. Kirsch-Stracke<br />
u. R. Rameil: 12 Jahre „Arbeitskreis Familienforschung“<br />
im Kreisheimatbund Olpe.<br />
Ein Gespräch mit dem scheidenden Leiter<br />
Robert Rameil. M. Vormberg: Paul Josef<br />
Kardinal Cor<strong>des</strong> feierte Goldenes Priesterjubiläum.<br />
H. Halbfas u. K. F. Platz: Über<br />
Heimat und Heimatarbeit. Ein Gespräch<br />
mit Kreisdirektor a. D. Knut Friedrich<br />
Platz zu <strong>des</strong>sen 75. Geburtstag. R. Kirsch-<br />
Stracke: Mitgliederversammlung <strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong><br />
am 20. September 2011 in<br />
Olpe. J. Voss: 50 Jahre Volkshochschule<br />
<strong>des</strong> Kreises Olpe. L. Engemann u. R.<br />
Kirsch-Stracke: Die Vogelschutzwarte in<br />
Altenhundem – eine Planung <strong>des</strong> Berliner<br />
Gartenarchitekten Erwin Albert Barth<br />
(11880-1933). K.-H. Kaufmann: „Un<br />
wenn d‘r Papscht vam Thron stäjch! Et<br />
mut doch es jesächt wern“. Gedanken zur<br />
goldenen Hochzeit in Wendener Mundart.<br />
H.-W. Voß Heimatchronik vom 1. Juli<br />
2011 bis 30. September 2011. Buchbesprechungen,<br />
Termine, Nachrichten aus<br />
der Heimatarbeit, Neumitglieder.<br />
Hrsg. vom Kreisheimatbund Olpe e. V., Geschäftsstelle<br />
<strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong> e.V., Westfälische Straße 75,<br />
57462 Olpe, Tel.: 02761/81-593<br />
An Bigge, Lenne und Fretter.<br />
Heimatkundliche Beiträge aus der<br />
Gemeinde Finnentrop.<br />
35/2011: G. Tilly: Geschichte und<br />
Restaurierung <strong>des</strong> spätgotischen Retabels<br />
aus Rönkhausen (Teil 1). Aufbereitet von<br />
H. Schmidt und A. Reker: Ein Zeitzeuge<br />
berichtet: Das Kirchspiel Schliprüthen im<br />
Jahre 1833 – Aus den Aufzeichnungen<br />
<strong>des</strong> Schliprüthener Pfarrers Josef Tillmann.<br />
Mitgeteilt von Ä. Mette: Unser Dorf<br />
– Ein Schulaufsatz aus dem Jahr 1882.<br />
A. Weyl: Joachim von Plettenberg, Gouverneur<br />
der niederländischen Kapkolonie<br />
(Teil 1). Nachruf auf den Amtmann Joseph<br />
Kayser aus der Mescheder Zeitung, 1907:<br />
Sie haben einen guten Mann begraben. H.<br />
Hesener: Meine Schulzeit 1942 bis 1945<br />
in Heggen. H. Lehnen: Lage <strong>des</strong> früheren<br />
„Oberbamenohl“ gefunden. M. Berghoff:<br />
Abschied von Anneliese Schmidt-Schöttler.<br />
Aus der plattdeutschen Vorlage übertragen<br />
von Josef Schröder: Weringhauser<br />
Schulgeschichte(n) und sonstige Begebenheiten.<br />
D. Kennemann und M. Sieg: Hei
Sauerland 1/2012 47<br />
matbund besichtigte Finnentroper Schulmensa<br />
und das Schieferbergbaumuseum<br />
in Holthausen. Kalendarium aus der Gemeinde<br />
Finnentrop 1. April 2011 – 30.<br />
September 2011. Vorstand und Ortsheimatpfleger.<br />
Red. Heimatbund Gemeinde Finnentrop e. V., Volker<br />
Kennemann, Weusperter Straße 10, 57413 Finnentrop,<br />
Tel.: 02721/7527<br />
An Möhne, Röhr und Ruhr<br />
50/2011. Geschichte aus Erster Hand<br />
– Präsentation von Stadtgeschichte –<br />
Nachdruck 2011 – Carl Joseph Dinslage<br />
– Bürgermeister der Stadt Neheim von<br />
1847 bis zu seinem Tod 1886 – Der Stadt<br />
erster Geschichtsschreiber. F. J. Schulte:<br />
Begleitung zum Nachdruck. F. C. Felmann:<br />
Vorwort zur Erstauflage. Lebenslauf<br />
von Carl Joseph Dinslage. Neheim unter<br />
der Königlich Preußischen Regierung.<br />
Bürgermeisterwahlen 1847, 1858 und<br />
1871 – Städtische Verfassungen. Neheim<br />
in den Revolutionsjahren 1848 und 1849.<br />
Das 600jährige Jubiläum der Stadt Neheim.<br />
Statistische Beschreibung der Stadt<br />
Neheim 1863. Donatoren – Gedächtnisfeier<br />
1368–1868. Alte Straßen und Flurnamen.<br />
Hofespacht und Zehnten. Neheim<br />
an der Schwelle der Industrialisierung.<br />
Stadtgeschichte im Spiegel der Ratsprotokolle<br />
1668–1767. Kriegs- und Notzeiten<br />
der Stadt Neheim. Besondere Ereignisse.<br />
Heimatblätter <strong>des</strong> Heimatbun<strong>des</strong> Neheim Hüsten e. V.,<br />
Widukindstraße 23, 57579 Arnsberg<br />
De Fitterkiste –<br />
Geschichtliches aus Winterberg<br />
und seinen Dörfern<br />
Band 20 Ausgabe 2011. Msgr. Dr. W.<br />
Kuhne: „Wer zum Lehren berufen ist, der<br />
lehre“. U. Lange: Gibt es den „Wandergenuss“<br />
auch ohne Gütesiegel? H. Koch:<br />
Försterleben im 18. und 19. Jahrhundert.<br />
Msgr. Dr. W. Kuhne: „Anspruch, das Herrenvolk<br />
der Welt sein zu wollen“. A. Hitzegrad<br />
(†): Die Strickmühle in Grönebach.<br />
Dr. F. Opes: Zu Besuch in der heimlichen<br />
Hauptstadt Hessen. E. Stahlschmidt: In<br />
memoriam an den verstorbenen Pfarrer<br />
i. R. und Geistlichen Rat Friedrich Appelhand.<br />
Dr. W. Herold: Familiennamen<br />
– Herkunft und Bedeutung. Dr. F. Opes:<br />
Ein großer Tag für die Winterberger Heimatfreunde.<br />
U. Peis: Episoden und Erinnerungen<br />
an meine Kindheit. R. Ahlers:<br />
Fränkische Gewandspange aus der Karolingerzeit.<br />
U. Lange: Kleine Wanderwelt<br />
Grönebach. E. Stahlschmidt: Johann<br />
Jost Stahlschmidt aus Grönebach weigert<br />
sich Rezeptionsgeld zu zahlen. U. Lange:<br />
Dorfpfad Grönebach. Div. Autoren: Winterberger<br />
Ausdrücke und Bezeichnungen.<br />
B. Selbach: Nun läuft sie wieder – die<br />
Hellequelle. J. Pape: Das Wetter 2010.<br />
F. Mickus: Ein Ort der Erinnerung für den<br />
„Siedlinghauser Kreis“. H. Hellwig: Ehrenmal<br />
erstrahlt in neuem Glanz.<br />
Herausgeber: Heimat- und Geschichtsverein<br />
Winterberg e. V.<br />
Jahrbuch Olpe 2010/2011<br />
Das Jahrbuch <strong>des</strong> Heimatvereins für<br />
Olpe und Umgebung steht 2011 ganz im<br />
Zeichen <strong>des</strong> 700jährigen Stadtjubiläums,<br />
das mit vielen festlichen Veranstaltungen<br />
begangen wurde. Konsequenterweise beginnt<br />
es mit der Wiedergabe der Ansprachen<br />
und Vorträge bei den zahlreichen<br />
Versammlungen und Tagungen im Jahresverlauf.<br />
Die Fülle der Grußworte und<br />
Ansprachen muss hier unberücksichtigt<br />
bleiben, zumal ein „Rückblick“ alle Veranstaltungen<br />
noch einmal eingehend zusammenfasst<br />
(S. 81–106) Doch sei der<br />
Eingangsvortrag erwähnt, der dem Stadtgründer,<br />
dem Kurfürst Heinrich II. Graf<br />
von Virneburg, gilt. Michael Maiworm<br />
schildert das Wirken <strong>des</strong> Kirchenmanns,<br />
Königmachers und Krisenmanagers im<br />
bewegten 14. Jahrhundert in persönlicher,<br />
lebendiger Art. Der Kurfürst stattete das<br />
Dorf Olpe am 26. April 1311 in einer Urkunde<br />
in Neuss mit Stadtrechten aus, so<br />
dass es sich nun befestigen und somit auch<br />
sein schon bestehen<strong>des</strong> Bergwerk schützen<br />
konnte.<br />
In eine ganz andere, ebenfalls sehr bewegte<br />
Zeit führt uns Rolf Müller mit dem<br />
3. Teil seiner Zusammenstellung „Das<br />
haben wir nicht gewusst“ die katholische<br />
Kleinstadt Olpe im Spiegel <strong>des</strong> „Sauerländischen<br />
Volksblatt“ in den ereignisreichen<br />
Jahren 1938–1941 vor, bis 1941 die<br />
Zeitung ihr Erscheinen einstellen musste.<br />
(S. 107–192) Gern wüsste man, wie die<br />
Olper Leser auf die pausenlosen scharfen<br />
Kampagnen gegen die Juden in ihrem<br />
Blatt reagierten. Ein eigener Abschnitt<br />
<strong>des</strong> Jahrbuchs gilt speziell namhaften Personen<br />
im zeitlichen Wandel, einmal dem<br />
Indio-Missionar Eberhard Hengstebeck<br />
SJ (1725–1772), der im Orinoko Gebiet<br />
allerdings nur kurzfristig tätig war, denn<br />
der spanische König ließ 1767 alle Jesuiten<br />
aus Südamerika ausweisen (Christoph<br />
Nebgen S. 225–245). Matthias Pape analysiert<br />
eine völlig andere Zeit in seinem<br />
Aufsatz über den Olper Pfarrer Hermann<br />
Josef Kurze in den Jahren innerkirchlichen<br />
und gesellschaftlichen Umbruchs<br />
von 1967-1979, die auch den Kleinstadt<br />
Katholizismus herausforderten und Kurze<br />
nicht unerheblich belasteten.<br />
Aber auch der „kleinen Leute“ ist gedacht.<br />
Über die Geschicke der Familie im<br />
letzten strohgedeckten Haus in Olpe berichten<br />
Alfons und Paulheinz Gummersbach<br />
aus den Jahren 1935–1953, als das alte<br />
Haus einem Neubau weichen musste, in:<br />
die „Hütten“ (S. 287–328) Ausführlich wird<br />
nicht nur das Familienleben erzählt, auch<br />
die Arbeit in der kleinen Landwirtschaft und<br />
Jahres- und Festverlauf erstehen anschaulich<br />
vor unseren Augen, ein sozialgeschichtlich<br />
interesssanter Bericht aus einer nun<br />
entschwundenen Welt. Ein Erlebnisbericht<br />
über das Kriegsende 1945 ergänzt diesen<br />
umfangreichen Jahrbuchteil, <strong>des</strong>sen viele<br />
weitere Beiträge z. B. aus Kunst- und Kultur<br />
aus Raumgründen hier nicht erwähnt<br />
werden können. Doch der Mundartbeitrag<br />
von Peter Bürger über ein plattdeutsches<br />
Zeitungskapitel zum Kulturkampf 1875–77<br />
„Wy Suerlänners wören bit van Dage katholsk“<br />
sei noch genannt, ein bemerkenswertes<br />
Zeugnis damaliger Gestimmtheit.<br />
Fazit: Insgesamt ist Josef Wermert<br />
und seinen Mitarbeitern Günther Becker,<br />
Gerhard Burghaus, Matthias Schrage und<br />
Axel Stracke hier ein anregen<strong>des</strong> und lesenswertes<br />
Jahrbuch gelungen, das nicht<br />
nur für Olpe, sondern weit darüber hinaus<br />
von Interesse ist. Dr. Erika Richter<br />
Heimatblätter<br />
<strong>des</strong> Arnsberger Heimatbun<strong>des</strong><br />
32/2011.: Prof. Dr. Dr. A. Kettrup:<br />
Grußwort. M. Gosmann: Der Maximiliansbrunnen<br />
auf dem Alten Markt – Stationen.<br />
Prof. Dr. Dr. A. Kettrup: Geschichte<br />
der Handwerkskammer Arnsberg. Dr.<br />
G. Cronau: Noch einmal Franz Kessler:<br />
sein Weihnachtsbrief vom 28.11.1941.<br />
J. Ottersbach: „Arnsberg, ich bau Dir ein<br />
Schloss“. A. H. Hoffmann: „Sommerfrische“<br />
in Arnsberg. M. F. Rüther: Firmen<br />
und Geschäftsanzeigen aus Arnsberg um<br />
1900, Folge 5. Dr. M. Baumeister/G.<br />
Schlecht: 150 Jahre Turnverein Arnsberg<br />
1861 e. V. W. Thomas: Eine Weltmeisterschaft<br />
in Arnsberg. M. Hochstein: Uentroper<br />
Schützen haben 100-jährige Geschichte.<br />
K. J. Schulte: Die Feldmühle und ihre<br />
„Wohnsiedlung Lasmecke“. W. Mohler:<br />
Ein kleines Gemälde vom Kloster Wedinghausen.<br />
E. Kriegel geb. Stein: Handwerkerumzug<br />
in Arnsberg 1933 – Fotos. M.<br />
F. Rüther: Ostertage in Arnsberg 1934.<br />
B. Welke: Mit dem Fahrrad durch die Zeit.<br />
F. Keuter: Schlachtfest für Kiwweken. P.<br />
M. Goldner: Hanse-Stadt ohne Hafen? W.<br />
Klimmer: die Historische Bibliothek <strong>des</strong><br />
Gymnasium Laurentianum. H. J. Vogel:
48 Sauerland 1/2012<br />
Grußwort zum Schützenfest: Arnsberger<br />
Meisterschuss vor 425 Jahren. N. Baumeister:<br />
Ein Kunstsommerstückchen. H.<br />
Wevering: Die Kreuzbergkapelle und ihre<br />
Wiedersichtbarmachung. Verjüngungskur<br />
am Schlossbergaufgang. T. Kapteiner:<br />
Willkommen in der Waldkultur <strong>des</strong> Arnsberger<br />
Wal<strong>des</strong>. H. Wevering: Waldgottesdienst<br />
am Hubertuspöstchen. T. Kapteiner:<br />
Arnsberg im Wandel – Teil 2. H.<br />
G. Schüttler/R. Hahne: Auswertung alter<br />
Urkunden bracht Licht in Breitenbrucher<br />
Geschichte. W. Bühner: Nachruf Heimatfreund<br />
Paul Hansknecht (1924-2011).<br />
Prof. Dr. Dr. A. Kettrup: Tätigkeitsbericht<br />
<strong>des</strong> Arnsberger Heimatbun<strong>des</strong>.<br />
Hrsg. vom Arnsberger Heimatbund e. V.,<br />
Berbke 15, 59821 Arnsberg<br />
Geschichte Echthausens<br />
Der Rat der bis dahin selbstständigen<br />
Gemeinde Echthausens hatte in seiner<br />
letzten Sitzung am 13.6.1969 der neuen<br />
Gemeinde Wickede, zu der Echthausen<br />
seitdem gehört, empfohlen die Chronik<br />
Echthausens fortzusetzen. Es gab bereits<br />
Chroniken, die 1946 und 1969 geschrieben<br />
worden waren. Die jetzt 2011 erschienene,<br />
von Alfons Henke, Johannes Bröer<br />
und Rainer Belz verfasste „Geschichte <strong>des</strong><br />
Dorfes Echthausen“, bringt diese früheren<br />
Chroniken als Anhang (S. 149 – 210) und<br />
nimmt auch immer wieder Bezug auf deren<br />
Aussagen, so dass nun eine ausführliche<br />
Geschichte Echthausens von den Anfängen<br />
<strong>des</strong> schon 1036 genannten Dorfes bis<br />
zur Gegenwart, als Echthausen vom Landkreis<br />
Arnsberg zum Kreis Soest kam, vorliegt.<br />
Die Ereignisse seit der Neugliederung<br />
spielen selbstverständlich eine besondere<br />
Rolle. Den Beginn machen das Schloss<br />
und seine Baugeschichte seit dem 16.<br />
Jahrhundert bis in die jüngste Zeit und die<br />
Adelsfamilien, die hier ihren Sitz hatten,<br />
vor allem die Geschlechter der von Schüngels<br />
und von Liliens. Dann wird das Dorf<br />
Echthausen vorgestellt, das seit der Neugliederung<br />
manche Änderungen erfahren<br />
hat, aber doch auch gern an die Charakteristik<br />
der Vergangenheit erinnert, sie z. B.<br />
die Skulpturengruppe „störrische Ziegen“<br />
bezeugt. Öffentliche Einrichtungen wie<br />
die Westerheiderschule, Sporthalle, Kindergarten,<br />
der erweiterte Friedhof, aber<br />
auch der Flugplatz in seiner modernen<br />
Gestaltung sind eingehend geschildert,<br />
ebenso die katholischen und evangelischen<br />
kirchlichen Angelegenheiten. Das Kapitel<br />
„Landwirtschaft“ entspricht dem in vielen<br />
anderen sauerländischen Gemeinden:<br />
die Bauernhöfe sind aufgegeben worden,<br />
die landwirtschaftliche Nutzung hört auf,<br />
auch die Handwerksbetriebe sind zurückgegangen,<br />
während die Industriebetriebe<br />
an Bedeutung gewonnen haben. Einen<br />
gewichtigen Raum beansprucht der Bau<br />
<strong>des</strong> Wasserwerks, das seit 1942 hier eine<br />
Trinkwassergewinnungsanlage betreibt.<br />
Eine ganz außergewöhnliche Einrichtung<br />
in Echthausen ist der „Show-Service Diana“,<br />
das Unternehmen der Familie Antoine,<br />
die hier ein Winterquartier für ihre<br />
Zirkustiere geschaffen hat. Mitglieder der<br />
Familie Antoine sind im Dressur- und<br />
Showgeschäft inzwischen europaweit bekannt,<br />
berühmtester Filmstar aus Echthausen<br />
ist aber wohl das Schwein „Rudi<br />
Rüssel“. Nach der auch hier berichteten<br />
Entwicklungsgeschichte der Vielzahl örtlicher<br />
Vereine bringt ein reizvoller Abschnitt<br />
die Schilderung von Erinnerungen<br />
Echthauser Kinder (S. 141 – 146), die<br />
am Ende <strong>des</strong> ersten Teils der Echthauser<br />
Geschichte stehen. Der nun beginnende<br />
Anhang Rasche/Schäfer von 1946 und<br />
Streitbürger 1969 enthalten ausführliche<br />
historische Erläuterungen zu Echthausen<br />
und sind als Ergänzung zu der Neuausgabe<br />
von 2011 unbedingt lesenswert. Erst als<br />
gemeinsame Darstellung bieten sie eine<br />
Meldung<br />
„Dialektgrenzen im Kopf“<br />
LWL-Kommission veröffentlicht Arbeit<br />
über mentale Sprachräume<br />
Westfalen (lwl). Was wissen die Plattdeutsch-Sprecher<br />
in Westfalen-Lippe<br />
über ihre Sprache? Wie nehmen sie ihren<br />
Sprachraum wahr? Mit diesen Fragen hat<br />
sich Daniela Twilfer aus Coesfeld in ihrer<br />
Magisterarbeit beschäftigt, für die sie<br />
Fragebögen aus etwa 2.000 Orten <strong>des</strong><br />
westfälischen Sprachraums ausgewertet<br />
hat. Die Fragebögen stammen aus dem<br />
Archiv der Kommission für Mundart- und<br />
Namensforschung <strong>des</strong> Landschaftsverban<strong>des</strong><br />
Westfalen-Lippe (LWL). Die LWL-<br />
Kommission hat die Magisterarbeit jetzt als<br />
Buch herausgegeben.<br />
Eine große Karte mit über 3.500 Pfeilen<br />
zeigt, wo die Mundartsprecher Ähnlichkeiten<br />
zwischen den Ortsmundarten<br />
wahrnehmen und wo nicht. „Die Lippe ist<br />
eine fest im Sprachwissen der Menschen<br />
verankerte Sprachgrenze, die das Münsterländische<br />
vom Südwestfälischen trennt“,<br />
stellt die Autorin fest. „Im nördlichen Ostwestfalen,<br />
im Kreis Minden-Lübbecke, sind<br />
umfassende, anschauliche und informative<br />
Geschichte <strong>des</strong> Dorfes Echthausen.<br />
Dr. Erika Richter<br />
Sunderner Heimatblätter<br />
19/2011: Dr. F. Schulte-Kramer: Ein<br />
Weltstar in Amecke – Henny Porten drehte<br />
einen Stummfilm im Sauerland. Dr. H.<br />
Schmidt: Die Heuwiese zu Stemel. K. Baulmann:<br />
Klostergut Brenschede und Kloster<br />
Brunnen. Dr. A. Otto: Exorzismus vor 100<br />
Jahren. Dr. H. Schmidt: Die Peter-Bierhaus-Straße.<br />
H. Grote: 50 Jahre Ehrenmal<br />
Stockum. A. Lübke: Der Traum von der Eisenbahn<br />
und dem Knotenpunkt Allendorf.<br />
V. Wargin: 100 Jahre Dr. Maria Röhrig.<br />
M. Gülcher: 1125 Jahre Kirchspiel Hellefeld<br />
„Altes Testament“. Dr. G. Teske: Eine<br />
denkwürdige Silvesternacht – Ein Auszug<br />
aus den Allendorfer Ratsprotokollen. A. W.<br />
Hoffmann: Spar- und Darlehnskasse Hachen<br />
GmuH zu Hachen an der Röhr. Das<br />
Rittergut Reigern. Dr. F. Schulte-Kramer:<br />
Ausflüge und Exkursionen.<br />
Sunderner Heimatblätter Rund um Linnepe, Röhr und<br />
Sorpe. Sunderner Heimatbund e. V. , Verein für Geschichte,<br />
Kultur und Heimatpflege in der Stadt Sundern,<br />
Dr. Friedrich Schulte-Kramer, Hauptstr. 120, 59846<br />
Sundern Tel.: 02933/2034<br />
sich dagegen jeweils fünf bis zehn benachbarte<br />
Ortschaften einig, dass sie eine ähnliche<br />
Mundart sprechen, die sich deutlich<br />
von der Umgebung abhebt.“ Solche im<br />
Sprachwissen der Menschen verankerten<br />
Raumbilder sind für Westfalen-Lippe nun<br />
erstmalig umfassend dokumentiert. Ein<br />
überraschen<strong>des</strong> Ergebnis der Arbeit: Die<br />
Sicht der Plattsprecher auf den westfälischen<br />
Sprachraum weist viele Parallelen<br />
mit der Einteilung der Sprachforscher auf.<br />
Das Buch „Dialektgrenzen im Kopf.<br />
Der westfälische Sprachraum aus volkslinguistischer<br />
Perspektive“ ist im Verlag für<br />
Regionalgeschichte (Bielefeld) erschienen.<br />
Die Pfeilkarte liegt nicht nur dem Buch<br />
bei, sie kann auch auf der Website der<br />
Kommission für Mundart- und Namensforschung<br />
Westfalens kostenlos heruntergeladen<br />
werden (http://www.mundartkommission.lwl.org).<br />
Twilfer, Daniela: Dialektgrenzen im Kopf.<br />
Der westfälische Sprachraum aus volkslinguistischer Perspektive.<br />
Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2012<br />
Westfälische Beiträge zur niederdeutschen Philologie 13<br />
94 S. Broschüre. Eine farbige Karte. 14 Euro<br />
ISBN 978-3-89534-903-4
Sauerland 1/2012 49<br />
Personalien<br />
Edward Kersting<br />
feierte 80. Geburtstag<br />
Im Waldgasthof<br />
Föckinghausen feierte<br />
am 26. Januar<br />
Edward Kersting,<br />
der langjährige<br />
Chef der Olsberger<br />
Hütte, seinen<br />
80. Geburtstag. Im<br />
Kreis seiner gro ßen<br />
Familie konnte er dazu zahlreiche Freunde,<br />
Weggefährten, Mitarbeiter und Nachbarn<br />
herzlich begrüßen. In markant gesetzten<br />
Worten zeichnete er seinen Lebensweg<br />
nach, der den gebürtigen Briloner nach seinem<br />
Abitur am Arnsberger Laurentianum<br />
zunächst zur TH Braunschweig führte, wo<br />
er Elektrotechnik studierte. 1958 kam er<br />
als Projektingenieur zu Siemens in Essen/<br />
Duisburg. Seine Hauptaufgabenbereiche:<br />
Hüttenwerke und Industrie. Von 1961-<br />
1964 übernahm er die Leitung der Elektrobetriebe<br />
der Duisburger Kupferhütte.<br />
1965 kam er zurück ins Sauerland und<br />
wurde Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Olsberg Hermann Everken GmbH.<br />
Seit dem Jahr 2000 fungiert er als Vorsitzender<br />
<strong>des</strong> Beirates in dem Unternehmen,<br />
das er nun jahrzehntelang energievoll mit<br />
viel Phantasie, Vitalität, Weit- und Umsicht<br />
geleitet hat. Dabei erfuhr das Werk zahlreiche<br />
Umstrukturierungen und konnte<br />
sich so für moderne Anforderungen und<br />
Entwicklungen rüsten.<br />
Große Verdienste erwarb sich Edward<br />
Kersting bei seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />
in Organisationen und Verbänden<br />
der Wirtschaft. So war er u. a. bis 2002<br />
Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer<br />
Arnsberg und Vorsitzender <strong>des</strong><br />
Unternehmensverban<strong>des</strong> Südöstliches<br />
Westfalen. Auf kommunaler Ebene arbeitete<br />
er als Mitglied <strong>des</strong> Kreistages. Er gehörte<br />
zum ersten Stadtrat der neuen Doppelstadt<br />
Bigge-Olsberg von 1969 bis 1975. Im Bigger<br />
Josefsheim galt sein Einsatz vor allem<br />
den Dauerheimbewohnern. In jüngster<br />
Zeit wirkte er mit bei der Neuausrichtung<br />
<strong>des</strong> Hauses Hövener in Brilon. Seit 2001<br />
gehört er zum Vorstand der Stiftung Briloner<br />
Eisenberg und Gewerke. In seiner<br />
Freizeit zog es den passionierten Jäger in<br />
die Fluren und Wälder rund um das Grimmedorf<br />
Assinghausen. Sonntags ließ er es<br />
sich nicht nehmen, hier das Hochamt in<br />
der Dorfkirche auf der Orgel zu begleiten.<br />
Heinz Lettermann<br />
Anton Trippe – Nachruf<br />
Im Alter von 80 Jahren verstarb Anton<br />
Trippe, gebürtig vom Rennefeld in Medebach,<br />
zuletzt wohnhaft in Kaarst-Büttgen.<br />
Er besuchte das Progymnasium in<br />
Medebach und das Gymnasium in Brilon.<br />
1954 wurde er staatlich geprüfter<br />
Wirtschaftskorrespondent und war Bevollmächtigter<br />
und Verkaufsleiter beim Stahlkonzern<br />
Usinor-Sacilor in Paris.<br />
Zu seinen bedeutenden Buchausgaben,<br />
Artikeln in Fachz<strong>eitschrift</strong>en und Buchbeteiligungen<br />
gehören: Die Münzen von<br />
Medebach 1967, das Notgeld der Stadt<br />
Medebach 1968, Medebach an ereignisreichen<br />
Tagen 1945, Medebach 1455<br />
– Zeugnis starken Bürgertums, das Sauerland<br />
im 30-jährigen Krieg 1988, Kanonade,<br />
Korporale und Kontributionen – das<br />
kölnische Sauerland im 7-jährigen Krieg,<br />
Münz- und Geldwesen der Stadt Medebach<br />
in dem Buch „Geschichte von Stadt und<br />
Amt Medebach“.<br />
In dem Buch „Das Ende <strong>des</strong> 2. Weltkriegs<br />
in Medebach“, hat er über seine<br />
persönlichen Kriegserlebnisse in seinem<br />
Elternhaus am Rennefeld und Umgebung<br />
berichtet, Hinterlassenschaften wie Stahlhelme<br />
u. a. hat er aufbewahrt und an das<br />
Museum in Medebach übergeben. Sein<br />
letztes Buch befasste sich mit Joan-Wilm<br />
Trippe, Bürgermeister und kurkölnischer<br />
Schöffe 1720 -1800, Schicksale Medebacher<br />
Soldaten im 2. Weltkrieg und Zeugnisse<br />
Medebacher Auswanderer in die<br />
USA.<br />
Sein literarisches Wirken wäre unvollständig,<br />
wenn nicht auf die zahlreichen<br />
Veröffentlichungen in Fachz<strong>eitschrift</strong>en<br />
und Zeitungen, so auch in der Z<strong>eitschrift</strong><br />
„Sauerland“ hingewiesen würde.<br />
Auch wenn er in rheinländischer Erde<br />
seine letzte Ruhestätte gefunden hat, er ist<br />
immer Sauerländer geblieben mit starker<br />
Bindung zu seinem Geburtsort Medebach.<br />
Josef Drilling<br />
Hohe Auszeichnung<br />
für Msgr. Dr. Konrad Schmidt<br />
Mit der nur selten verliehenen Goldenen<br />
Plakette der Landwirtschaftskammer NRW<br />
wurde unser Heimatfreund Msgr. Prof. Dr.<br />
Konrad Schmidt ausgezeichnet. In seiner<br />
Laudatio führte der Kammerpräsident<br />
Johannes Frizen aus, dass unser Heimatfreund<br />
Konrad Schmidt wie sein Vorgänger<br />
Msgr. Dr. Wilhelm Kuhne die Landvolkshochschule<br />
in Hardehausen zu einem<br />
Ort der Begegnung und <strong>des</strong> Austauschs<br />
von Wissen und Erfahrung gemacht habe.<br />
Neben seiner Kunst, Menschen für eine<br />
gute Sache zu gewinnen und sie zu begleiten,<br />
habe er sich immer auch durch sein<br />
Organisationstalent, seine Beharrlichkeit<br />
und seine Gabe, im Großen wie im Kleinen<br />
zu denken, ausgezeichnet.<br />
Bekanntlich war Msgr. Konrad<br />
Schmidt von 1992 bis 2011 Rektor der<br />
Erwachsenenbildungsstätte in Hardehausen.<br />
Nach seiner Zurruhesetzung lebt er<br />
jetzt in seinem Heimatort Stockum bei<br />
Sundern, wo er sich zur Freude <strong>des</strong> Sauerländer<br />
Heimatbun<strong>des</strong> auch den Aufgaben<br />
der Heimatpflege widmen wird.<br />
Dr. Adalbert Müllmann<br />
Trauer um Dr. Joachim Grünewald<br />
Man kannte<br />
ihn nicht nur im<br />
heimischen Olpe<br />
und im Sauerland,<br />
sondern ebenso<br />
auch in Münster<br />
und Düsseldorf, in<br />
Bonn und Berlin.<br />
Auf vielen Ebenen<br />
der öffentlichen<br />
Verwaltung waren<br />
seine Sachkenntnis, sein Ideenreichtum<br />
und sein Gespür für das politisch Wichtige<br />
und Machbare gefragt. Der langjährige<br />
Oberkreisdirektor <strong>des</strong> Kreises Olpe und<br />
spätere parlamentarische Staatssekretär<br />
Dr. Joachim Grünewald verstarb unerwartet<br />
am 5. Januar 2012 im Alter von 78<br />
Jahren.<br />
1967 wurde er zum Oberkreisdirektor<br />
gewählt, ein Amt, das er bis zum Ende seiner<br />
zweiten Wahlperiode 1987 ausübte.<br />
Seine größte Leistung in dieser Zeit sei<br />
gewesen, so Landrat Frank Beckehoff in<br />
einem Gespräch, dass er in der Phase der<br />
kommunalen Neuordnung 1975 die Selbständigkeit<br />
<strong>des</strong> Kreises Olpe behauptet<br />
habe, gestützt auf sein Verhandlungsgeschick<br />
und seine guten Sachkontakte mit<br />
den entscheidenden Beschlussgremien.<br />
Von 1987 bis 1994 gehörte er als direkt<br />
gewählter Abgeordneter dem Deutschen<br />
Bun<strong>des</strong>tag an. Hier machte er sich<br />
als Finanzexperte einen Namen. Von<br />
1991 bis 1994 war er Parlamentarischer<br />
Staatssekretär beim Bun<strong>des</strong>minister der<br />
Finanzen. Anschließend wurde er Vorsitzender<br />
der früheren Treuhandanstalt für<br />
vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, wo<br />
er sich in so hohem Maße bewährte, dass<br />
ihm 1998 eine der höchsten deutschen<br />
Auszeichnungen, das Große Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz<br />
mit Stern, verliehen wurde.<br />
Schließlich stellte er sein Fachwissen auch
50 Sauerland 1/2012<br />
den Ländern Ungarn und Rumänien bei<br />
der Lösung schwieriger Privatisierungsfragen<br />
zur Verfügung.<br />
Bei all diesen Aufgaben auf nationaler<br />
und europäischer Ebene verlor er nicht<br />
den Kontakt zu seiner Heimat. Der Kreis<br />
Olpe schreibt in seinem Nachruf zu Recht:<br />
„Als echter Sauerländer blieb er seiner<br />
Heimat, ihren Menschen und Traditionen<br />
fest verbunden.“ Der Sauerländer Heimatbund<br />
ist ihm dankbar dafür, dass der Kreis<br />
Olpe sich immer wieder zu Einheit <strong>des</strong> kurkölnischen<br />
Sauerlan<strong>des</strong> bekannt hat. Ich<br />
selbst verliere in Dr. Joachim Grünewald<br />
einen Freund, auf den auch in politisch<br />
unruhigen Zeiten Verlass war. Wir werden<br />
ihn in guter Erinnerung behalten.<br />
Dr. Adalbert Müllmann<br />
Dr. jur. Franz Demmer †<br />
Nach langer<br />
schwerer Krankheit<br />
verschied am<br />
11. Dezember<br />
2011 im Alter<br />
von 68 Jahren<br />
Dr. Franz Demmer,<br />
von 1987<br />
bis 1995 Oberkreisdirektor<br />
<strong>des</strong><br />
Kreises Olpe. Der<br />
promovierte Jurist war zuvor Landrat <strong>des</strong><br />
Lahn-Dill-Kreises gewesen. Landrat Frank<br />
Beckehoff würdigte seinen Amtsvorgänger<br />
mit den Worten: „Mit Pragmatismus, Weitsicht<br />
und Mut zu raschen Entscheidungen<br />
erfüllte Dr. Demmer seine Aufgaben zum<br />
Wohle <strong>des</strong> Kreises Olpe und seiner Bürgerinnen<br />
und Bürger und stellte Weichen für<br />
die Zukunft.<br />
Das war besonders in der Feierstunde<br />
am 7. Juni 1995 zum Ausdruck gekommen,<br />
als ihm bei seiner Verabschiedung<br />
Frau Regierungspräsidentin Berve das von<br />
Bun<strong>des</strong>präsident Roman Herzog verliehene<br />
Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz überreichte,<br />
nachdem zuvor Landrat Hanspeter Klein<br />
festgestellt hatte, dass Dr. Demmer sein<br />
Amt nicht nur verwaltet, sondern auch gestaltet<br />
habe.<br />
Der Personalratsvorsitzende Karl-Josef<br />
Stemmer widmete damals dem scheidenden<br />
Oberkreisdirektor einige Worte,<br />
die sicher nicht jeder Chef zu hören bekommt:<br />
„Vorsichtiges Taktieren und Absichern<br />
nach allen Seiten war ihm völlig<br />
fremd. Es hat sich gezeigt, dass die Vorteile<br />
eines kompetenten Chefs überwiegen, und<br />
zudem hat sich Dr. Demmer immer vor seine<br />
Leute gestellt, ist in der Kritik nie ehrverletzend<br />
geworden, und über allem stand<br />
sein christliches Menschenbild. Für die<br />
schwerbehinderten Kollegen war er das<br />
Glück ihres Lebens ...<br />
In seinen Dankesworten vergaß Dr.<br />
Demmer nicht, auf die freundschaftliche<br />
Zusammenarbeit mit dem damaligen Kreisdirektor<br />
Knut Friedrich Platz hinzuweisen,<br />
der seinerseits auf einen erfreulich engen<br />
Kontakt mit dem Sauerländer Heimatbund<br />
hinwirkte. Unsere Heimatfreunde<br />
wissen es zu schätzen, dass die Spitzen<br />
<strong>des</strong> Kreises Olpe sich immer wieder zur<br />
Einheit <strong>des</strong> kurkölnischen Sauerlan<strong>des</strong> bekannt<br />
haben. Dr. Adalbert Müllmann<br />
Stadtdirektor a. D. Edwin Dohle<br />
verstorben<br />
Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung<br />
wurde er in seinem Heimatdorf<br />
Silbach zur letzten Ruhe geleitet. Stadtdirektor<br />
a. D. Edwin Dohle starb am<br />
24. 1. 2012 im Alter von 86 Jahren.<br />
Von 1960 bis 1974 war er Amtsdirektor<br />
<strong>des</strong> Amtes Niedersfeld und von 1975 bis<br />
1989 erster Stadtdirektor der neuen Stadt<br />
Winterberg. In all diesen Jahren stand ich<br />
mit ihm in engem dienstlichen und persönlichen<br />
Kontakt.<br />
In den unruhigen und schwierigen Jahren<br />
der kommunalen Neuordnung 1975<br />
gelang es ihm erstaunlich schnell, in der<br />
neuen Stadt Winterberg in den vierzehn<br />
damals selbständigen Gemeinden <strong>des</strong><br />
Großraumes Winterberg einen Interessenausgleich<br />
zwischen der Kernstadt und den<br />
umliegenden Dörfern herbeizuführen und<br />
dadurch die notwendige Einheitlichkeit in<br />
der Wahrung der Gesamtinteressen zu sichern.<br />
Man wird sagen dürfen, dass er als<br />
Stadtdirektor die Kommunalpolitik im oberen<br />
Sauerland führend mit gestaltet und<br />
geprägt hat.<br />
Die Stadt Winterberg widmete ihm einen<br />
eindrucksvollen Nachruf, in dem es<br />
heißt: „Edwin Dohle war ein Mann <strong>des</strong> Gesprächs<br />
und der Tat, er war ein geschickter<br />
Verhandlungspartner mit großer Überzeugungskraft.<br />
Seine persönlichen Kontakte<br />
im außerkommunalen Bereich zu Behörden<br />
und Ministerien dienten der Weiterentwicklung<br />
unserer Stadt Winterberg.“<br />
Hervorzuheben ist sein persönlicher<br />
Einsatz beim Wettbewerb „Unser Dorf<br />
hat Zukunft“. Gelegentlich hat man ihn<br />
als „Vater der Golddörfer“ rings um den<br />
Kahlen Asten bezeichnet. Hervorzuheben<br />
sind auch seine Bemühungen, der weithin<br />
bekannten Bob- und Rodelbahn eine ausreichende<br />
wirtschaftliche Basis zu geben.<br />
Er hielt nicht viel von langen Schriftsätzen,<br />
sondern er suchte immer wieder die persönliche<br />
Begegnung. Dem Heimat- und<br />
Geschichtsverein Winterberg war er ebenso<br />
wie dem Sauerländer Heimatbund besonders<br />
verbunden. Zu Recht wurde ihm<br />
im Jahre 1992 die Ehrenmedaille der<br />
Stadt Winterberg verliehen.<br />
Dr. Adalbert Müllmann<br />
I mpressum<br />
SAUERLAND<br />
Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />
(früher Trutznachtigall, Heimwacht und Sauerlandruf)<br />
45. Jahrgang • Heft 1, März 2012<br />
ISSN 0177-8110<br />
Herausgeber und Verlag: Sauerländer Heimatbund e.V.,<br />
Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />
Vorsitzender: Elmar Reuter, Unterm Hagen 39,<br />
59939 Olsberg, Tel. (02962) 80 22 77,<br />
E-Mail: Reuter.Elmar@t-online.de<br />
Stellv. Vorsitzende: Birgit Haberhauer-Kuschel,<br />
Wesetalstraße 90, 57439 Attendorn,<br />
Tel. (0 27 22) 7473,<br />
E-Mail: genelogia@RA-Kuschel.eu.<br />
Ehrenvorsitzender: Dr. Adalbert Müllmann, Jupiterweg 7,<br />
59929 Brilon, Tel. (0 29 61) 13 40<br />
Geschäftsstelle: Hochsauerlandkreis, Fachdienst<br />
Kultur/Musikschule, Karin Kraft,<br />
Telefon (02 91) 94-14 62, Telefax (02 91) 9 42 6171,<br />
E-Mail: Karin.Kraft@hochsauerlandkreis.de,<br />
Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />
Internet: www.sauerlaender-heimatbund.de<br />
Konten: Sparkasse Arnsberg-Sundern<br />
(BLZ 466 500 05) 4 000 600.<br />
Jahresbeitrag zum Sauerländer Heimatbund<br />
einschließlich <strong>des</strong> Bezuges dieser Z<strong>eitschrift</strong> 15,– EUR.<br />
Einzelpreis 4,00 EUR.<br />
Erscheinungsweise vierteljährlich.<br />
Redaktion: Günther Becker, Lennestadt. Werner Cor<strong>des</strong>,<br />
Attendorn. Dr. Theo Bönemann, Menden. Su san <br />
ne Falk, Lennestadt. Norbert Föckeler, Brilon. Birgit<br />
Haberhauer-Kuschel, Attendorn. Professor Dr. Huber tus<br />
Halbfas, Drolshagen. Heinz Lettermann, Bigge-Olsberg.<br />
Dr. Adalbert Müllmann, Brilon. Heinz-Josef Pad berg,<br />
Meschede. Elmar Reuter, Olsberg. Dr. Erika Richter, Meschede.<br />
Michael Schmitt, Sundern. Dr. Jür gen Schulte-<br />
Hobein, Arnsberg. Dieter Wiethoff, Me sche de. Dieter<br />
Wurm, Meschede.<br />
Schlussredaktion: Hans Wevering, Schlossstraße 54,<br />
59821 Arnsberg, Tel. (0 29 31) 32 62,<br />
Fax (0 29 31)1 29 83, E-Mail: hanswevering@t-online.de,<br />
Martin Reuther, Alter Soestweg 85, 59821 Arnsberg,<br />
Tel. (02 91) 94-14 58,<br />
E-Mail: martinreuther@t-online.de<br />
Redaktionsanschrift: Sauerländer Heimatbund,<br />
Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />
Lithografie, Layout und techn. Redaktion:<br />
Hans Wevering, Schlossstraße 54, 59821 Arnsberg,<br />
Tel. (0 29 31) 32 62, Fax (0 29 31) 1 29 83,<br />
E-Mail: hanswevering@t-online.de,<br />
www.weveringlayout.de<br />
Druck: becker druck, F. W. Becker GmbH<br />
Anzeigenverwaltung:<br />
becker druck, F. W. Becker GmbH, Grafenstraße 46,<br />
59821 Arnsberg, Ansprechpartner: Eckhard Schmitz,<br />
E.-Mail: schmitz@becker-druck.de<br />
Tel. (0 29 31) 52 19-21, Fax (0 29 31) 52 19-6 21.<br />
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom 1. Jan. 2010.
Sauerland 1/2012 51<br />
holzwurmumbra und<br />
heimatgrün<br />
<br />
15.03.2012 13:52:00 Uhr<br />
<br />
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52 Sauerland 1/2012<br />
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