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Vortrag Prof. Dr. Ralf Schumacher - Schulentwicklung in Bayern

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Die Förderung schulischen Lernens mit kognitiv<br />

aktivierenden Lernformen<br />

Ralph <strong>Schumacher</strong><br />

MINT-Lernzentrum, ETH Zürich


• Hans baute e<strong>in</strong> Boot.<br />

• Urs liess e<strong>in</strong>en <strong>Dr</strong>achen steigen.<br />

• Lutz ass e<strong>in</strong>en Apfel.<br />

• Beat g<strong>in</strong>g über das Dach.<br />

• Jochen versteckte e<strong>in</strong> Ei.<br />

• Dom<strong>in</strong>ik setzte das Segel.<br />

• Peter schrieb e<strong>in</strong> <strong>Dr</strong>ama.<br />

• Viktor drückte den Schalter.<br />

2


• Wer ass e<strong>in</strong>en Apfel?<br />

• Wer versteckte e<strong>in</strong> Ei?<br />

• Wer liess e<strong>in</strong>en <strong>Dr</strong>achen steigen?<br />

• Wer g<strong>in</strong>g über das Dach?<br />

• Wer drückte den Schalter?<br />

• Wer setzte das Segel?<br />

• Wer baute e<strong>in</strong> Boot?<br />

• Wer schrieb das <strong>Dr</strong>ama?<br />

3


• Noah baute e<strong>in</strong> Boot.<br />

• Benjam<strong>in</strong> Frankl<strong>in</strong> liess e<strong>in</strong>en <strong>Dr</strong>achen steigen.<br />

• Adam ass e<strong>in</strong>en Apfel.<br />

• Der Weihnachtsmann g<strong>in</strong>g über das Dach.<br />

• Der Osterhase versteckte e<strong>in</strong> Ei.<br />

• Christoph Kolumbus setzte das Segel.<br />

• William Shakespeare schrieb e<strong>in</strong> <strong>Dr</strong>ama.<br />

• Thomas Edison drückte den Schalter.<br />

4


• Wer ass e<strong>in</strong>en Apfel?<br />

• Wer versteckte e<strong>in</strong> Ei?<br />

• Wer liess e<strong>in</strong>en <strong>Dr</strong>achen steigen?<br />

• Wer g<strong>in</strong>g über das Dach?<br />

• Wer drückte den Schalter?<br />

• Wer setzte das Segel?<br />

• Wer baute e<strong>in</strong> Boot?<br />

• Wer schrieb das <strong>Dr</strong>ama?<br />

5


Was heisst es, e<strong>in</strong> naturwissenschaftliches Konzept<br />

verstanden zu haben?<br />

• Man kann es beschreiben und an Beispielen erläutern.<br />

• Man kann es unter Bezug auf andere naturwissenschaftliche<br />

Konzepte erklären.<br />

• Man kann es auf oberflächlich unterschiedliche Fälle<br />

übertragen.


E<strong>in</strong> Beispiel: Die goldene Regel der Mechanik<br />

• Benutzt man e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Masch<strong>in</strong>e wie den Hebel oder<br />

die schiefe Ebene als Kraft sparende Masch<strong>in</strong>e, dann<br />

muss man am Weg zusetzen, was an Kraft e<strong>in</strong>gespart wird.<br />

• Benutzt man e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Masch<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>gegen als Weg<br />

sparende Masch<strong>in</strong>e, dann muss man an Kraft zusetzen,<br />

was am Weg e<strong>in</strong>gespart wird.


Erklärung unter Bezug auf naturwissenschaftliche<br />

Konzepte<br />

• Erklärung der goldenen Regel der Mechanik unter Bezug<br />

auf den mechanischen Begriff der Arbeit:<br />

• Die mechanische Arbeit W ist gleich dem Produkt aus<br />

dem Betrag F der Kraft und dem Betrag s des Weges.<br />

• W = F . s<br />

• Das Produkt aus Kraft und Weg – also die Arbeit - bleibt<br />

bei kraft- und wegsparenden Masch<strong>in</strong>en gleich.


Wissenstransfer: Anwendung des Wissens auf andere Fälle<br />

• Beispiele: Flaschenzug, hydraulische Presse, Unter- bzw.<br />

Übersetzungen bei Zahnrädern, Schraube


Intelligentes Wissen als Lernziel<br />

• Flexibel e<strong>in</strong>setzbares Wissen, das den Transfer des<br />

Gelernten auf neue Fälle ermöglicht<br />

• Intelligente Wissensorganisation nach problemlösungsrelevanten<br />

Kriterien (anstatt nach Oberflächenmerkmalen)<br />

• Abstraktes Begriffswissen (z.B. physikalischer Kraftbegriff<br />

anstelle der Alltagsvorstellung von Anstrengung)<br />

• Vielfältige relevante Wissensbezüge z.B. zu technischen<br />

Realisierungen naturwissenschaftlicher Pr<strong>in</strong>zipien


Die Bedeutung des Begriffswissens<br />

für den Wissenstransfer<br />

• Beispiel: der Doppler-Effekt bei Schall und Licht<br />

• Voraussetzung für den Wissenstransfer: Das Wissen,<br />

dass es sich bei Schall und Licht um Wellen handelt.


Wie lässt sich der Erwerb <strong>in</strong>telligenten<br />

Wissens fördern?<br />

• Ziel: die Organisation des Wissens nach problemlösungsrelevanten<br />

Kriterien<br />

• Umgestaltung von Begriffswissen: von Oberflächenmerkmalen<br />

zu abstrakten Merkmalen<br />

• Umgang mit geistigen Werkzeugen (Graphen, Formeln, etc.)<br />

• Herstellung von Wissensbezügen (z.B. zur Technik)<br />

• Nutzung anschlussfähiger und nicht-anschlussfähiger<br />

Schülervorstellungen (produktiver Umgang mit Fehlern)


Die Bedeutung des Wissens für das Lernen: Wie wird neue<br />

Information <strong>in</strong> bestehendes Wissen <strong>in</strong>tegriert?<br />

Um die Wissensvermittlung im Unterricht optimal gestalten zu können, müssen<br />

Lehrpersonen Folgendes wissen:<br />

• (1) Welche Anforderungen an das Vorwissen der Lernenden s<strong>in</strong>d mit<br />

bestimmten Lernzielen verbunden (Konzepte, Organisation der<br />

Wissensbasis)?<br />

• (2) Wie ist das Vorwissen der Lernenden tatsächlich beschaffen? Welche<br />

Missverständnisse und Fehler s<strong>in</strong>d zu erwarten, wenn sie mit diesem Wissen<br />

bestimmte Aufgaben zu bewältigen versuchen?<br />

• (3) Wor<strong>in</strong> besteht das Lernziel? Wie sollte die Organisation der Wissensbasis<br />

nach Erreichen des Lernziels beschaffen se<strong>in</strong>?


Die Balkenwaage als<br />

Repräsentationswerkzeug<br />

• Hardy, I., Schneider, M., Jonen, A., Stern, E., & Möller, K.<br />

(2005). Foster<strong>in</strong>g Diagrammatic Reason<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Science<br />

Education. Swiss Journal of Psychology, 64 (3), 207 –<br />

217.<br />

19


• Versuchspersonen: 100 <strong>Dr</strong>ittklässler (Durchschnittsalter: 8<br />

Jahre)<br />

• Schwierigkeit der Schüler mit dem Konzept der Dichte<br />

• Volumen und Masse werden von ihnen noch nicht als zwei<br />

verschiedene Eigenschaften berücksichtigt<br />

• Hypothese: Die Balkenwaage unterstützt als Repräsentationswerkzeug<br />

den Wissenstransfer im Umgang mit l<strong>in</strong>earen<br />

Graphen, weil sie den Schülern hilft, verschiedene physikalische<br />

Größen wie Masse und Volumen unabhängig vone<strong>in</strong>ander<br />

zu repräsentieren.<br />

20


(Geheimmaterial: Größe 2, Gewicht 400)<br />

Wird das Geheimmaterial s<strong>in</strong>ken oder schwimmen?<br />

23


Kognitiv aktivierende Lernformen unterstützen den<br />

Aufbau <strong>in</strong>telligenten Wissens<br />

(1) E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> neue Themen mit Phänomenen, die die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler selber noch nicht erklären<br />

können<br />

(2) Anleitungen zur Bildung von Selbsterklärungen<br />

(3) Metakognitive Fragen<br />

(4) Anleitungen zum forschenden Lernen


Beispiel 1: Das umgedrehte Wasserglas<br />

Lernziel: Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen<br />

verstehen, dass die Luft auf die Körper, die sie<br />

umgibt, e<strong>in</strong>en <strong>Dr</strong>uck ausübt.<br />

Beispiel 2: Die Verteilung des<br />

<strong>Dr</strong>ucks auf e<strong>in</strong>en Luftballon im<br />

Wasser<br />

Lernziel: Der <strong>Dr</strong>uck wirkt stets<br />

senkrecht auf die Gefässwände, die<br />

das Gas oder die Flüssigkeit umgeben.


Beispiel 3: Das Wechselwirkungsgesetz (actio<br />

= reactio)<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt


Wie wirkt sich die Konfrontation mit Phänomenen, die die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler selber noch nicht erklären<br />

können, auf die kognitive Aktivierung aus?<br />

• E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> eigene Wissenslücken bzw. Verständnisdefizite<br />

• größeres Interesse am Lernstoff<br />

• höhere Aufmerksamkeit<br />

• bessere Lernmotivation


Anleitungen zur Bildung von Selbsterklärungen<br />

Bei Selbsterklärungen handelt es sich um Erklärungen,<br />

die man für sich selber entwickelt, um sich e<strong>in</strong>en<br />

Sachverhalt verständlich zu machen.<br />

Wie erkläre ich<br />

den Unterschied<br />

zwischen Kraft<br />

und Impuls?<br />

Selbsterklärungen s<strong>in</strong>d für die<br />

Konstruktion von Wissen<br />

sowie für die Integration<br />

neuer Informationen <strong>in</strong> das<br />

bereits vorhandene Vorwissen<br />

von zentraler Bedeutung.


Selbsterklärungs-Effekt:<br />

Zwischen dem Lernerfolg und der Anzahl der spontan<br />

gebildeten Selbsterklärungen besteht e<strong>in</strong> positiver<br />

Zusammenhang.<br />

Je größer die Anzahl der Selbsterklärungen, desto<br />

größer der Lernerfolg.<br />

Dieser Effekt wird durch e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Untersuchungen<br />

belegt (Chi et al. 1989, Pirolli & Recker 1994,<br />

Nathan et al. 1994, etc.).


Wirksamkeit von Selbsterklärungs-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<br />

Studien von Berthold 2007, Chi 2000, Schworm & Renkl<br />

2007, Siegler 2002<br />

Experimentelle Studie von Chi et al. (1994) zur Förderung<br />

des Textverstehens durch aufgeforderte Selbsterklärungen<br />

Ziel der Studie: Es soll gezeigt werden, dass das Verstehen<br />

von Texten durch aufgeforderte Selbsterklärungen gefördert<br />

und vertieft werden kann.<br />

Teilnehmer: 24 Schüler im achten Schuljahr<br />

(Durchschnittsalter: 14 Jahre)


Versuchsgruppe: 14 Schüler wurden aufgefordert, beim<br />

Lesen e<strong>in</strong>es Textes über den menschlichen Blutkreislauf<br />

nach jedem Satz e<strong>in</strong>e Selbsterklärung zu bilden<br />

Kontrollgruppe: 10 Schüler haben den Text zweimal<br />

gelesen, wurden aber nicht aufgefordert, Selbsterklärungen<br />

zu bilden<br />

Kriterien: bei allen Schülern wurde das Wissen über den<br />

menschlichen Blutkreislauf vor und nach dem Lesen des<br />

Textes getestet


Ergebnisse: Die Schüler <strong>in</strong> der Versuchsgruppe hatten<br />

e<strong>in</strong>en signifikant größeren Wissenszuwachs vom Vor- zum<br />

Nach-Test als die Schüler <strong>in</strong> der Kontrollgruppe.<br />

Zudem förderten die Selbsterklärungen die Vertiefung des<br />

Verständnisses. Dies zeigte sich daran, dass die Schüler<br />

mit vielen Selbsterklärungen komplexere Fragen beantworten<br />

konnten als die Schüler mit wenigen Selbsterklärungen.


Gründe für die positiven Wirkungen von Selbsterklärungen:<br />

(1) Reflexion und Kontrolle der eigenen Lernfortschritte<br />

(weniger Verstehensillusionen)<br />

(2) gezielte Integration neuer Informationen <strong>in</strong> das bereits<br />

bestehende Vorwissen<br />

(3) Konstruktion bereichsspezifischer Pr<strong>in</strong>zipien, die für das<br />

Problemlösen wichtig s<strong>in</strong>d<br />

(4) gezielte Aktivierung korrekter und Unterdrückung<br />

<strong>in</strong>korrekter Lösungsstrategien


E<strong>in</strong>satzbereiche von Selbsterklärungen<br />

• Förderung des konzeptuellen Verstehens<br />

• Produktiver Umgang mit Fehlern und Misskonzepten<br />

• Herstellung von Wissensbezügen / Organisation des<br />

Wissens<br />

• Kontrastierungen


(1) Selbsterklärungen von Konzepten, Zusammenhängen<br />

und Lösungswegen<br />

Grundidee:<br />

- gezielte Vergegenwärtigung zentraler Konzepte,<br />

Zusammenhänge und Lösungswege<br />

- Förderung des konzeptuellen Verstehens<br />

Beispiel:<br />

„Erklären Sie, warum das Wasser aus dem umgedrehten<br />

Wasserglas, das mit der Postkarte abgedeckt ist, nicht<br />

herauslaufen kann. Warum fällt die Postkarte nicht e<strong>in</strong>fach<br />

herunter?“


„Erklären Sie, wie es möglich ist, dass bei e<strong>in</strong>er<br />

hydraulischen Presse mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Pumpkolben bei<br />

e<strong>in</strong>em großen Presskolben e<strong>in</strong>e große Kraft erzeugt<br />

wird“.


(2) Selbsterklärungen zur gezielten Integration neuer<br />

Informationen <strong>in</strong> das Vorwissen<br />

Grundidee: Aktivierung des Vorwissens zur besseren<br />

Anb<strong>in</strong>dung der neuen Informationen<br />

„Gase wie z.B. Luft s<strong>in</strong>d komprimierbar. Nennen Sie e<strong>in</strong>e<br />

technische Anwendung, bei der dies e<strong>in</strong>e Rolle spielt.<br />

Erklären Sie, warum die Komprimierbarkeit von Gasen für<br />

diese technische Anwendung besonders wichtig ist.“


(2) Selbsterklärungen zur gezielten Integration neuer<br />

Informationen <strong>in</strong> das Vorwissen<br />

„Flüssigkeiten wie z.B. Wasser s<strong>in</strong>d nicht komprimierbar.<br />

Nennen Sie e<strong>in</strong>e technische Anwendung, bei der dies e<strong>in</strong>e<br />

Rolle spielt. Erklären Sie, warum die Nicht-Komprimierbarkeit<br />

von Flüssigkeiten für diese technische Anwendung<br />

besonders wichtig ist.“


(3) Selbsterklärungen von nahe liegenden Fehlern und<br />

Misskonzepten<br />

Grundidee:<br />

Falsche Konzepte und Lösungsstrategien werden bewusst als<br />

<strong>in</strong>korrekt vergegenwärtigt. Man repräsentiert e<strong>in</strong>en Fehler als<br />

Fehler.<br />

Muster:<br />

„Jemand glaubt, dass X und Y der Fall ist. Das ist nicht richtig.<br />

Erklären Sie, warum dies falsch ist.“


Beispiel: Erstes Newtonsches Axiom<br />

E<strong>in</strong> Körper verharrt im Zustand der<br />

Ruhe oder der gleichförmig geradl<strong>in</strong>igen<br />

Bewegung, sofern er nicht durch<br />

e<strong>in</strong>wirkende Kräfte zur Änderung<br />

se<strong>in</strong>es Zustandes gezwungen wird.<br />

Alltagsvorstellungen:<br />

(1) Ruhe und Bewegung werden als<br />

wesensmäßig verschieden angesehen.<br />

(2) Zum Aufrechterhalten e<strong>in</strong>er<br />

Bewegung bedarf es immer<br />

e<strong>in</strong>er Kraft.


Produktiver Umgang mit Fehlern und Misskonzepten<br />

• Jede Unterrichtse<strong>in</strong>heit enthält e<strong>in</strong>e Liste von gängigen<br />

Alltagsvorstellungen und Misskonzepten, die die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> Bezug auf das Unterrichtsthema<br />

haben könnten.<br />

• Nutzung:<br />

-Thematisierung im Unterricht<br />

-Behandlung im Rahmen von Selbsterklärungs-<br />

Aufträgen


(4) Selbsterklärungen mit Kontrastierungen<br />

Grundidee: Durch die Kontrastierung werden die wichtigsten<br />

Merkmale e<strong>in</strong>es Konzepts / Zusammenhangs noch e<strong>in</strong>mal<br />

besonders herausgehoben und vergegenwärtigt.<br />

„Erklären Sie, warum e<strong>in</strong>e Kreisbewegung mit konstanter<br />

W<strong>in</strong>kelgeschw<strong>in</strong>digkeit nicht e<strong>in</strong>e gleichförmige, sondern<br />

e<strong>in</strong>e beschleunigte Bewegung ist.“


(4) Selbsterklärungen mit Kontrastierungen<br />

Bei e<strong>in</strong>em Newtonschen<br />

Pendel werden die Metallkugeln<br />

durch Kugeln aus<br />

Knetmasse ersetzt.<br />

Anschliessend werden die<br />

vier hängenden Kugeln mit<br />

e<strong>in</strong>er Kugel angestossen.<br />

Erklären Sie, warum es sich<br />

dabei nicht um e<strong>in</strong>en<br />

elastischen Stoss handelt.<br />

Newtonsches Pendel


(5) Selbsterklärungen mit Perspektivübernahme<br />

Grundidee: gezielte Vergegenwärtigung der zentralen<br />

Konzepte und Zusammenhänge beim Überlegen, wie man<br />

jemandem etwas erklärt.<br />

Wie würden Sie jemandem,<br />

der Ihr physikalisches Wissen<br />

nicht besitzt, erklären, warum<br />

sich der Luftballon <strong>in</strong> der PET-<br />

Flasche nicht aufblasen lässt,<br />

solange der F<strong>in</strong>ger das Loch <strong>in</strong><br />

Der Flasche verschliesst? Welcher<br />

Punkt ist für das Verständnis<br />

besonders wichtig?


Anleitungen zur Bildung von Selbsterklärungen<br />

(5) Selbsterklärungen mit Perspektivübernahme<br />

„Wie würden Sie jemandem, der Ihr physikalisches Wissen<br />

nicht besitzt, erklären, warum die Wasserstrahlen bei der<br />

unten gezeigten Figur stets senkrecht zur Gefässoberfläche<br />

austreten?“


Metakognitive Fragen<br />

Anleitung zur Reflexion über die eigenen Lernprozesse:<br />

1) Kontrolle der eigenen Lernfortschritte<br />

2) selbständiges Aufdecken von Verstehensillusionen<br />

3) gezielte Gestaltung der eigenen Wissensorganisation


„Ich habe noch nicht<br />

verstanden, warum die<br />

Zentrifugalkraft e<strong>in</strong>e<br />

„Sche<strong>in</strong>kraft“ se<strong>in</strong> soll.“


Experimentelle Studie von Mevarech & Kramarski (2003)<br />

Ziel der Studie:<br />

(1) Untersuchung der Wirkungen e<strong>in</strong>es metakognitiven<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs und des Lernens mit ausgearbeiteten Beispielen<br />

auf das mathematische Denken und die mathematischen<br />

Leistungen (Algebra)<br />

(2) Untersuchung der langfristigen Wirkungen beider Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<br />

auf die Mathematikleistungen


Teilnehmer: 122 Schüler im achten Schuljahr (Durchschnittsalter:<br />

14 Jahre)<br />

Versuchsgruppe: metakognitives Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g (IMPROVE)<br />

(Verständnis-, Verknüpfungs-, Strategie- u. Reflexionsfragen)<br />

Kontrollgruppe: Lernen mit ausgearbeiteten Beispielen<br />

In beiden Gruppen arbeiteten die Schüler <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen<br />

von je vier Personen zusammen.<br />

Tests: Vortest, unmittelbarer Nachtest, sowie e<strong>in</strong> Nachtest<br />

e<strong>in</strong> Jahr später; Kriterien: sprachliche Erklärungen, mathematische<br />

Repräsentationen und Mathematikleistungen


Ergebnisse: Die Schüler aus der Versuchsgruppe zeigten <strong>in</strong><br />

beiden Nachtests deutlich größere Lernfortschritte als die<br />

Schüler aus der Kontrollgruppe.<br />

Die Unterschiede <strong>in</strong> den Lernfortschritten zeigten sich sowohl<br />

bei den Mathematikleistungen als auch bei der Fähigkeit, die<br />

eigenen Überlegungen mündlich und schriftlich zu erklären.<br />

Studie von Mevarech & Fridk<strong>in</strong> (2006): Vergleichbare Effekte<br />

e<strong>in</strong>es metakognitiven Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs auch bei Studierenden


Metakognitive Fragen:<br />

• Verständnis (positiv): „Welche zentralen Inhalte haben Sie<br />

richtig gut verstanden? Erklären Sie die betreffenden Begriffe<br />

und Zusammenhänge.“<br />

• Verständnis (negativ): „Welche zentralen Inhalte haben Sie<br />

noch nicht verstanden? Und welche Möglichkeiten gibt es, die<br />

Ihnen helfen könnten, diese Punkte besser zu verstehen? /<br />

Was könnten Sie tun, um diese Verständnisschwierigkeiten<br />

zu beseitigen?“<br />

• Vertiefung: „Welche Inhalte haben Sie besonders<br />

<strong>in</strong>teressiert, und worüber möchten Sie noch mehr erfahren?“


Instruktionen zur Anleitung forschenden Lernens<br />

(I) Die Entwicklung e<strong>in</strong>er Fragestellung:<br />

Der erste Schritt besteht dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle und <strong>in</strong>teressante<br />

Fragestellung zu f<strong>in</strong>den, die sich anhand e<strong>in</strong>es Experiments<br />

beantworten lässt.<br />

Dabei müssen die folgenden Punkte beachtet werden:<br />

-s<strong>in</strong>nvoll / theoriegeleitet<br />

-nicht trivial / gute Gründe für verschiedene Erwartungen<br />

-konkret


• Fragestellung:<br />

• Was treibt den Rotor <strong>in</strong> der Lichtmühle an – und <strong>in</strong><br />

welche Richtung dreht sich daher das Flügelrad?


• (II) Die Herleitung von Hypothesen:<br />

• Der zweite Schritt besteht dar<strong>in</strong>, ausgehend von der Fragestellung<br />

und den verschiedenen Positionen unterschiedliche<br />

Hypothesen zu entwickeln, die anschließend im dritten<br />

Schritt durch e<strong>in</strong> geeignetes Experiment überprüft werden<br />

können.<br />

• Beim Herleiten der Hypothesen müssen die folgenden<br />

Punkte beachtet werden:<br />

-gehaltvoll und konkret<br />

-klarer Zusammenhang zur Theorie<br />

-konkurrierende Hypothesen, die durch e<strong>in</strong> Experiment<br />

geprüft werden können


• Hypothese: Photonendruck / Impuls der Lichtquanten,<br />

<strong>Dr</strong>ehung <strong>in</strong> Richtung der schwarzen Seiten<br />

• Gegenhypothese: Thermischer Effekt, <strong>Dr</strong>ehung <strong>in</strong> Richtung<br />

der glänzenden Seiten


Instruktionen zur Anleitung forschenden Lernens<br />

• (III) Die Planung und Durchführung e<strong>in</strong>es geeigneten<br />

Experiments:<br />

• Im dritten Arbeitsschritt wird e<strong>in</strong> Experiment konstruiert und<br />

durchgeführt, das geeignet ist, e<strong>in</strong>e Entscheidung zwischen<br />

den konkurrierenden Hypothesen herbeizuführen. Bei diesem<br />

Arbeitsschritt müssen vor allem die folgenden Punkte<br />

beachtet werden:<br />

-realisierbar<br />

-Passung Experiment / Hypothesen<br />

-Kontrolle der relevanten Faktoren


• Planung und Durchführung e<strong>in</strong>es Experiments:<br />

• Die Lichtmühle wird mit dem weissen Licht e<strong>in</strong>er 500 W<br />

Halogenlampe beleuchtet. Das Flügelrad beg<strong>in</strong>nt sich zu<br />

drehen – und zwar <strong>in</strong> Richtung der glänzenden Seiten.<br />

• Führt man das Experiment h<strong>in</strong>gegen bei tiefen<br />

Temperaturen durch, <strong>in</strong>dem man die Lichtmühle z.B. <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Gefäss mit kaltem Wasser stellt, f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e<br />

Umkehrung der <strong>Dr</strong>ehrichtung statt.


Instruktionen zur Anleitung forschenden Lernens<br />

• (IV) Beobachtung:<br />

• Im Anschluss an die Durchführung des Experiments muss<br />

genau protokolliert werden, welche Phänomene sich als<br />

Wirkungen des Experiments beobachten lassen. Dabei sollte<br />

auf die folgenden Punkte geachtet werden:<br />

-Sorgfalt beim Protokollieren<br />

-Beobachtungen s<strong>in</strong>d theoriegeleitet


• Beobachtung:<br />

• Protokollierung des Zusammenhangs zwischen Temperatur<br />

und <strong>Dr</strong>ehrichtung der Lichtmühle<br />

warm<br />

kalt


Instruktionen zur Anleitung forschenden Lernens<br />

• (V) Interpretation:<br />

• Im letzten Schritt werden die beobachteten Resultate <strong>in</strong>terpretiert<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong> theoretisches Modell <strong>in</strong>tegriert. Hierbei s<strong>in</strong>d<br />

die folgenden Punkte zu beachten:<br />

Fall 1: Die Resultate stimmen mit der eigenen Hypothese<br />

übere<strong>in</strong>. (Erklärungswert?)<br />

Fall 2: Die Resultate stimmen mit der eigenen Hypothese<br />

nicht übere<strong>in</strong>. (falsche Hypothese oder schlechte Durchführung<br />

des Experiments?)


• Interpretation:<br />

• Möglicherweise spielen beide Effekte e<strong>in</strong>e Rolle: Der<br />

thermische Effekt überwiegt vielleicht bei höheren<br />

Temperaturen und der Photonendruck bei tieferen.<br />

• Frage nach alternativen Erklärungen für die Umkehr der<br />

<strong>Dr</strong>ehrichtung bei Abkühlung: stärkere Abkühlung der<br />

schwarzen Seiten<br />

• Fragen für weiterführende Experimente:<br />

-E<strong>in</strong>fluss der Luftmenge <strong>in</strong> der Lichtmühle<br />

-E<strong>in</strong>fluss verschiedener Lichtarten (UV-Licht oder<br />

Infrarotstrahlung)


Die Förderung Forschenden Lernens <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen<br />

• I. Wahser & E. Sumfleth (2008). Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g experimenteller<br />

Arbeitsweisen zur Unterstützung kooperativer<br />

Kle<strong>in</strong>gruppenarbeit im Fach Chemie. Zeitschrift für Didaktik<br />

der Naturwissenschaften<br />

• M. Walpuski & E. Sumfleth (2007). Strukturierungshilfen und<br />

Feedback zur Unterstützung experimenteller<br />

Kle<strong>in</strong>gruppenarbeit im Chemieunterricht. Zeitschrift für<br />

Didaktik der Naturwissenschaften


Kognitiv aktivierende Lernformen als<br />

zentrale Bestandteile jeder MINT-Unterrichtse<strong>in</strong>heit<br />

• Übungen zum Umgang mit geistigen Werkzeugen (z.B.<br />

Graphen)<br />

• Aus der Sicht der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler nicht-erklärbare<br />

Phänomene<br />

• Anleitungen zur Bildung von Selbsterklärungen<br />

• Metakognitive Fragen<br />

• Anleitungen zum forschenden Lernen<br />

• Inhaltlich abgestimmte Prä- und Post-Tests


Webseiten<br />

• MINT-Lernzentrum:<br />

www.educ.ethz.ch/m<strong>in</strong>t/<strong>in</strong>dex<br />

• Forschungsliteratur:<br />

www.educ.ethz.ch/ll/sl/<strong>in</strong>dex<br />

Username: Lernifv<br />

Password: Lern.1!


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