08.07.2014 Aufrufe

Beschlussvorlage 23. Sächsischer Ärztetag/48. Tagung der ...

Beschlussvorlage 23. Sächsischer Ärztetag/48. Tagung der ...

Beschlussvorlage 23. Sächsischer Ärztetag/48. Tagung der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zu TOP: 2<br />

<strong>23.</strong> <strong>Sächsischer</strong> <strong>Ärztetag</strong>/<strong>48.</strong> <strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> Kammerversammlung<br />

21./22. Juni 2013<br />

Beschlussantrag Nr. 12<br />

Betrifft:<br />

Einreicher:<br />

Zeit- und praxisnahe gesetzliche Regelungen zur Behandlung<br />

nicht einwilligungsfähiger psychisch Kranker schaffen<br />

Vorstand <strong>der</strong> Sächsischen Landesärztekammer<br />

Prof. Dr. Otto Bach<br />

Haushaltsbelastung: ./.<br />

Höhe <strong>der</strong> Haushaltsbelastung: ./.<br />

im Haushaltsplan enthalten: ./.<br />

DIE KAMMERVERSAMMLUNG MÖGE BESCHLIEßEN:<br />

Der <strong>23.</strong> Sächsische <strong>Ärztetag</strong> 2013 for<strong>der</strong>t die Sächsische Staatsregierung auf, im Sächsischen<br />

Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) eine<br />

zeit- und praxisnahe Regelung zur Behandlung nicht einwilligungsfähiger psychisch Kranker zu<br />

treffen und sich dabei an <strong>der</strong> novellierten Bestimmung zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung<br />

in § 1906 BGB zu orientieren.<br />

Begründung:<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung in § 22 Absatz 1 Satz 1 SächsPsychKG (Anlage)<br />

mit Urteil vom 20. Februar 2013 (AZ. 2 BvR 228/12) für verfassungswidrig erklärt, da diese<br />

Bestimmung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Zwangsbehandlungen darstellt.<br />

Damit fehlt <strong>der</strong>zeit in Sachsen eine Rechtsgrundlage für Zwangsbehandlungen im Rahmen<br />

öffentlich-rechtlich angeordneter Unterbringungen von psychisch Kranken. Gleiches hatte <strong>der</strong><br />

Bundesgerichtshof im Jahr 2012 für betreuungsrechtliche Zwangsmaßnahmen festgestellt.<br />

Das hat zu Unsicherheit bei Ärzten, Patienten, Angehörigen und an<strong>der</strong>en Gesundheitsberufen<br />

bezüglich einer verantwortungsvollen ethischen Anwendung von Zwangsbehandlungen geführt.<br />

Während <strong>der</strong> Bundesgesetzgeber zwischenzeitlich für das Betreuungsrecht nachgebessert und<br />

in § 1906 BGB (Anlage) eine umfassende Regelung zur Zwangsbehandlung aufgenommen hat,<br />

besteht auf Län<strong>der</strong>ebene, insbeson<strong>der</strong>e auch in Sachsen, weiterhin großer Handlungsbedarf<br />

bezüglich <strong>der</strong> Anpassung des SächsPsychKG.<br />

Dresden, 21. Juni 2013<br />

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze<br />

Präsident<br />

Dr. med. Michael Nitschke-Bertaud<br />

Schriftführer<br />

Angenommen X Abgelehnt Vorstandsüberweisung Entfallen Zurückgezogen Nichtbefassung<br />

Stimmen: Ja: Einstimmig Nein: ./. Enthaltungen: 1


Anlage<br />

§ 22 Abs. 1 Satz 1 SächsPsychKG – Behandlung ohne Einwilligung des Patienten<br />

(vom Bundesverfassungsgericht am 20.02.2013 für verfassungswidrig erklärt):<br />

Zu allen nach den anerkannten Regeln <strong>der</strong> ärztlichen Kunst erfor<strong>der</strong>lichen Behandlungsmaßnahmen<br />

ist grundsätzlich das Einverständnis des Patienten o<strong>der</strong> seines gesetzlichen Vertreters<br />

einzuholen.<br />

§ 1906 BGB – Genehmigung des Betreuungsgerichts bei <strong>der</strong> Unterbringung<br />

(gültig seit 01.01.2013):<br />

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden<br />

ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erfor<strong>der</strong>lich ist, weil<br />

1. auf Grund einer psychischen Krankheit o<strong>der</strong> geistigen o<strong>der</strong> seelischen Behin<strong>der</strong>ung des Betreuten<br />

die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet o<strong>der</strong> erheblichen gesundheitlichen Schaden<br />

zufügt, o<strong>der</strong><br />

2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung<br />

des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung o<strong>der</strong> ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne<br />

die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und <strong>der</strong> Betreute auf Grund<br />

einer psychischen Krankheit o<strong>der</strong> geistigen o<strong>der</strong> seelischen Behin<strong>der</strong>ung die Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Unterbringung nicht erkennen o<strong>der</strong> nicht nach dieser Einsicht handeln kann.<br />

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung<br />

ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist;<br />

die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden,<br />

wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung <strong>der</strong> Unterbringung dem<br />

Betreuungsgericht anzuzeigen.<br />

(3) Wi<strong>der</strong>spricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen<br />

des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann <strong>der</strong> Betreuer in sie nur einwilligen, wenn<br />

1. <strong>der</strong> Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit o<strong>der</strong> einer geistigen o<strong>der</strong> seelischen<br />

Behin<strong>der</strong>ung die Notwendigkeit <strong>der</strong> ärztlichen Maßnahme nicht erkennen o<strong>der</strong> nicht nach dieser<br />

Einsicht handeln kann,<br />

2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> ärztlichen Maßnahme zu<br />

überzeugen,<br />

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen <strong>der</strong> Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des<br />

Betreuten erfor<strong>der</strong>lich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,<br />

4. <strong>der</strong> erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine an<strong>der</strong>e dem Betreuten zumutbare Maßnahme<br />

abgewendet werden kann und<br />

5. <strong>der</strong> zu erwartende Nutzen <strong>der</strong> ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen<br />

deutlich überwiegt.<br />

§ 1846 ist nur anwendbar, wenn <strong>der</strong> Betreuer an <strong>der</strong> Erfüllung seiner Pflichten verhin<strong>der</strong>t ist.<br />

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf <strong>der</strong> Genehmigung des Betreuungsgerichts.<br />

Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu wi<strong>der</strong>rufen,<br />

wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Wi<strong>der</strong>ruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.<br />

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, <strong>der</strong> sich in einer Anstalt,<br />

einem Heim o<strong>der</strong> einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische<br />

Vorrichtungen, Medikamente o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Weise über einen längeren Zeitraum<br />

o<strong>der</strong> regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.<br />

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten<br />

in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich<br />

erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im<br />

Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!