Februar 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
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Koordinationssitzung<br />
Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Sinnesbehinderung Fernsehen<br />
Association Suisse pour organisations<br />
de sourds et malentendants<br />
dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />
Associazione Svizzera per organizzazioni<br />
a favore delle persone audiolese<br />
4 Hochkarätiges Tisch-Gespräch<br />
Neokapitalismus – <strong>das</strong> Ende einer Religion<br />
7 Open house in der Gehörlosenfachstelle Basel<br />
Verheissungsvoller Start in‘s neue Jahr<br />
<strong>12</strong> Info-Sitzung SVEHK<br />
Was ist ergänzte Lautsprache (ELS) ?<br />
19 Nachteilsausgleich<br />
Ein Blick in die Rechtsgeschichte<br />
20 Richard Liebermann<br />
Wer war der gehörlose Maler ?<br />
106. Jahrgang<br />
Nr. 2 <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>
Seite des<br />
Präsidenten<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
Immer noch läuft im Kino « Der Verdingbub<br />
», ein sehenswerter Film. Darin wird<br />
auf eindrückliche Weise ein dunkles Kapitel<br />
der Schweizergeschichte aufgerollt. Erdrückende<br />
Bilder zeigen Verlogenheit und<br />
Angst vor Neuem, seelischen und körperlichen<br />
Missbrauch, Überheblichkeit von Behördemitgliedern,<br />
Abgeschiedenheit ländlicher<br />
Gegenden, verkrustete Strukturen,<br />
Armut und Hunger. Wehe demjenigen, der<br />
es wagt, sich gegen <strong>das</strong> Althergebrachte<br />
zu stemmen. Dies muss im Film eine Lehrerin<br />
erfahren, die öffentlich einsteht <strong>für</strong> die<br />
Rechte der Verdingkinder. Sie wird entlassen<br />
und mit Schimpf und Schande aus dem<br />
Dorf vertrieben. « Eine klare Geschichte,<br />
klare Bilder, deutliche Menschen. Nichts<br />
soll denunzieren. Jeder hat seine Probleme,<br />
seine Sicht auf die Dinge. Jeder hat aus<br />
sich heraus Recht », so steht es im offiziellen<br />
Begleittext zum Film.<br />
Und tatsächlich, es waren damals nicht<br />
nur die Verdingkinder, die gelitten haben.<br />
Noch vor wenigen Jahrzehnten waren<br />
viele Leute in der Schweiz arm, es war<br />
keine Selbstverständlichkeit gesättigt vom<br />
Tisch aufzustehen. Das Leben war Überlebenskampf,<br />
wehe wenn eine Missernte den<br />
kargen Ertrag vernichtete. Es blieb kaum<br />
Zeit und Geld <strong>für</strong> Zerstreuung und Weiterbildung.<br />
Es waren also nicht nur die Verdingkinder,<br />
die gelitten haben. Im 19. Jahrhundert<br />
sollen etwa zehn Prozent ohne Einkommen<br />
gewesen sein. Es gab <strong>für</strong> sie weder<br />
Arbeitslosenversicherung, AHV, IV noch<br />
irgendwelche Renten oder Pensionen.<br />
Die heute bekannte und gesetzlich abgesicherte<br />
Für- und Vorsorge musste<br />
zwischen 1850 und 1950 erfunden, aufgebaut<br />
und seither schrittweise angepasst<br />
werden. Für uns kaum vorstellbar,<br />
<strong>das</strong>s unsere Vorfahren in einer ärmlichen<br />
Welt ohne Kinder- und Altersheime, ja gar<br />
ohne Spitäler lebten. So hat die frühere<br />
bäuerlich und handwerklich geprägte Gesellschaft<br />
andere Formen der Fürsorge<br />
entwickelt. Die Grossfamilien mit eigenem<br />
Hof und Selbstversorgung boten<br />
Raum und Nahrung <strong>für</strong> die Randständigen.<br />
Die Gemeinde bezahlte eine kleine<br />
Entschädigung <strong>für</strong> Wohnrecht, Nahrung<br />
und weitere Aufwendungen. Den Vertrag<br />
zwischen Gemeinde und Pflegeeltern<br />
nannte man nach dem damaligen Sprachgebrauch<br />
« Verdingung », dementsprechend<br />
hiessen die Pflegekinder « Verdingkinder<br />
».<br />
Aus einem Protokoll einer Gemeinde<br />
geht folgendes hervor : « Dem Anton K. in<br />
D. wurde der Knabe J.O. auf ein Jahr verdungen.<br />
Die Gemeinde muss ihm da<strong>für</strong><br />
17 Gulden bezahlen. K. hat sich verpflichtet,<br />
J. mit Speis und Trank und Kleidung<br />
standesgemäss zu unterhalten und zu<br />
verpflegen und gehörig in die Schule und<br />
in den Religionsunterricht zu schicken ».<br />
Der Kinofilm « Der Verdingbub » mag mehr<br />
oder weniger gefallen. Die Schauspieler<br />
sind geschickt ausgewählt. Hoffnung<br />
weckt die Hochbegabung des Hauptdarstellers<br />
im Bereich Musik. Mich hat der<br />
Film beeindruckt. Er nimmt Stellung, rüttelt<br />
auf gegen Ungerechtigkeit und steht<br />
ein <strong>für</strong> eine Kultur der Mitmenschlichkeit.<br />
Er zeigt die Auswirkungen von Verlogenheit<br />
und vom ausschliesslichen Festhalten<br />
am Althergebrachten, nur um seine<br />
Vorteile zu behalten.<br />
Und während des ganzen Filmes hat mich<br />
ein Gedanke nicht losgelassen. Wie erging<br />
es Verdingkindern, die nicht hochbegabt,<br />
sondern gar behindert waren ?<br />
Euer Bruno Schlegel<br />
Präsident <strong>sonos</strong>
Impressum<br />
Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />
Sie werden in der aktuellen Ausgabe zwei<br />
Beiträge finden, die über zwei Schweizer<br />
Filme berichten, in denen zwei Menschen<br />
mit Behinderungen die KinobesucherInnen<br />
in den Bann ziehen: «Ursula – Leben in<br />
Anderswo» und «Unter Wasser atmen». Auch<br />
<strong>sonos</strong>-Präsident, Bruno Schlegel, geht in seinen<br />
Darlegungen auf einen jetzt in den Kinos<br />
laufenden ganz aktuellen Film «Der Verbingbub»<br />
und somit auf ein sehr dunkles Kapitel<br />
in der schweizerischen Geschichte ein.<br />
Liegen Filme über Menschen mit Behinderungen<br />
bzw. Menschen, die Benachteiligungen<br />
erleben, im Trend? Oder ist es eher Zufall,<br />
<strong>das</strong>s fast zeitgleich mehrere solcher Filme in<br />
die Kinos kommen ? Während in der Schweiz<br />
die mediale Wirkung an sich recht gut ist –<br />
denn viele Menschen, auch solche, die bis<br />
anhin noch nie in ein Kino gegangen sind,<br />
wollen die Filme sehen – sind es doch keine<br />
eigentliche Kassenschlager. Die Filmemacher<br />
erhalten zwar Anerkennung da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s sie<br />
sich an so heikle Themen herangewagt haben.<br />
Voraussichtlich werden sie aber damit<br />
nicht sehr viel Geld verdienen können. Wahrscheinlich<br />
war es so, <strong>das</strong>s sie von «Pontius<br />
bis Pilatus» weibeln mussten, damit diese<br />
Produktionen überhaupt realisiert werden<br />
konnten.<br />
Da sieht es in Frankreich ganz anders aus –<br />
könnte man denken. Der Film «Les Intouchables»<br />
bzw. auf Deutsch «Ziemlich beste<br />
Freunde» von Eric Toledano und Oliver Nakistache<br />
ist – auch zur Überraschung der Produzenten<br />
– ein unglaublicher Kassenerfolg.<br />
Binnen kurzer Zeit sahen über 10 Millionen<br />
Franzosen die Geschichte um die klassenübergreifende<br />
Freundschaft zweier ungleicher<br />
Männer.<br />
Philippe (François Cluzet) ist zwar reich und<br />
intelligent, aber er benötigt im Alltag auch<br />
Hilfe, da er vom Hals abwärts gelähmt ist. Als<br />
er einen neuen Pfleger engagiert, entscheidet<br />
er sich zum Entsetzen seiner Freunde <strong>für</strong><br />
den jungen schwarzen Driss (Omar Sy), der<br />
gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde.<br />
Der direkte und fröhliche Charakter von Driss<br />
beeindruckt Philippe, dem besonders <strong>das</strong><br />
allgegenwärtige Mitleid seiner Umgebung<br />
zu schaffen macht. Zwischen den beiden<br />
entwickelt sich eine ungewöhnliche Männerfreundschaft,<br />
die alle ethnischen und sozialen<br />
Grenzen überschreitet.<br />
Offensichtlich spricht «Les Intouchables» ein<br />
Thema an, <strong>das</strong> den Franzosen aus der Seele<br />
spricht. Auch die französischen Medien und<br />
Politiker griffen <strong>das</strong> Thema der sozialen Ungleichheit<br />
auf und brachten es wohl vor allem<br />
wegen des derzeit so erfolgreich laufenden<br />
Films zurück in die öffentliche Diskussion.<br />
Gerade in Frankreich ist die Trennung zwischen<br />
den sozialen Klassen extrem mit der<br />
ethnischen Zugehörigkeit verbunden. Dies<br />
sorgt insbesondere in den sozial schwachen<br />
französischen Vorstädten – den Banlieues<br />
– immer wieder <strong>für</strong> gewalttätige Ausschreitungen.<br />
Aber nicht nur in Frankreich ist der Film «Les<br />
Intouchables» ein Publikumsmagnet. Auch<br />
in Deutschland wurde der Film bereits von<br />
über einer Million Personen gesehen. Solche<br />
Filme berühren und können trotz aller persönlichen<br />
Leiden durchaus auch zum Lachen<br />
anregen. Von der Gesellschaft ausgeschlossene,<br />
benachteiligte und behinderte Menschen<br />
haben doch auch Anrecht auf Fröhlichkeit,<br />
Humor, Ungezwungenheit und auf ganz<br />
grosse Toleranz.<br />
Solche Publikumsmagneten eignen sich m. E.<br />
hervorragend als «Lobbyinginstrument», um<br />
auf die Anliegen von Menschen mit Behinderungen<br />
bzw. auf Diskriminierungen aufmerksam<br />
zu machen. Vielleicht lassen sich<br />
mit solchen Filmen vorherrschende Meinung<br />
über Bord werfen, und sie können helfen, in<br />
Zukunft verständnisvoller mit den Wünschen<br />
und Lebenswelten von Menschen mit besonderen<br />
Bedürfnissen umzugehen.<br />
Solche Filme sollten deshalb unbedingt auch<br />
von Politikern gesehen werden.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spass bei Ihrem Kinobesuch.<br />
Roger Ruggli<br />
Master of Arts (M.A.)<br />
Redaktor<br />
Erscheint monatlich<br />
Herausgeber<br />
<strong>sonos</strong><br />
<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Feldeggstrasse 69<br />
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8032 Zürich<br />
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Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />
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Redaktion<br />
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Vereinfachung abwechslungsweise die<br />
weibliche oder männliche Form,<br />
angesprochen sind beide Geschlechter.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />
und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />
Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />
geben nicht in jedem Fall die Auffassung<br />
desHerausgebers wieder.<br />
Die nächste Ausgabe erscheint<br />
am 1. März 20<strong>12</strong><br />
Redaktionsschluss :<br />
15. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Titelbild : Dr. hc. Daniel Gerber, Prof. Dr. Hans Ruh,<br />
Rudolf Strahm und Dr. Res Strehle (v. l. n. r.)<br />
am Tisch-Gespräch in der Augustinerkirche.<br />
3
Neo Kapitalisums – <strong>das</strong> Ende einer<br />
Religion<br />
Bei einem hochkarätig besetzten « Tisch-<br />
Gespräch » diskutieren Dr. hc. Jean-Daniel<br />
Gerber, ehem. Chef SECO, Prof. Dr. Hans<br />
Ruh, Theologe und Sozial-Ethiker, und<br />
Rudolf Strahm, ehem. Preisüberwacher<br />
und Nationalrat, unter der Leitung von<br />
Dr. Res Strehle, Chef-Redaktor des Tages-<br />
Anzeigers, Aspekte der geschichtlichen<br />
Entstehung des Kapitalismus, in welchen<br />
sie weitgehend Konsens finden. In der<br />
Analyse der Ursache <strong>für</strong> die heutige Krise<br />
driften die Meinungen doch erheblich<br />
auseinander.<br />
Seit der jahrtausendealten Geschichte<br />
vom Tanz um <strong>das</strong> goldene Kalb brauchen<br />
Menschen höhere Werte, um <strong>das</strong> Leben<br />
sinnvoll zu gestalten. Damals wie heute<br />
schaffen Menschen eine Art « Ersatz-Religion<br />
», wenn ihnen der sichtbare Bezug zur<br />
transzendenten Dimension der göttlichen<br />
Liebe abhandenkommt. Damals im naturreligiösen<br />
Stiersymbol, <strong>das</strong> Mehrwert versprach,<br />
heute in Form von Geld und Konsum,<br />
die Mehrwert versprechen. Damals<br />
wie heute machen Menschen Fehler, gibt<br />
es immer wieder Krisen. Solche Krisen als<br />
Chancen zu nutzen um die Dinge besser<br />
zu machen, ist die Alternative. Um diese<br />
erkennen zu können, sollten wir optimistischer<br />
sein.<br />
Weit über <strong>12</strong>0 Personen folgen am Dienstagabend,<br />
22. November 2011, der Einladung<br />
der Ökumenischen Tisch-Gemeinschaft<br />
Symbolon, in die Augustinerkirche<br />
in Zürich. Die gesamte Veranstaltung<br />
wird <strong>für</strong> anwesende Gehörlose und Hörbehinderte<br />
durch Gabriela Spörri und<br />
Corinne Elliker in die Gebärdensprache<br />
übersetzt.<br />
Geistliche Vertreter von vier Kirchen gestalten den ökumenischen Wortgottesdienst.<br />
Pfr. Traxel : « Einer, dem ich die Einladung<br />
<strong>für</strong> den heutigen Abend gab, meinte : ‹Augustiner-Kirche<br />
Bahnhofstrasse – da seid<br />
ihr ja direkt am Tatort›. Natürlich dachte<br />
er an die unmittelbare Nähe der Grossbanken.<br />
Wir sind ja überzeugt, <strong>das</strong>s wir die<br />
Schuldigen am aktuellen Debakel dingfest<br />
gemacht haben : Banker und Politiker. Und<br />
<strong>das</strong> nicht ohne Grund ».<br />
Pfr. Traxel erwähnt in seiner Predigt, <strong>das</strong>s<br />
der Mensch nach « höheren Werte » strebe,<br />
um <strong>das</strong> Leben zu bewältigen. Gerät der<br />
sichtbare Bezug zur transzendenten Dimension<br />
aus dem Blick – in der biblischen<br />
Geschichte Mose, der sich auf den Berg zurückzog,<br />
heute eine Kirche, deren Inhalte<br />
<strong>für</strong> viele Menschen nicht mehr greifbar<br />
scheinen –, erschafft sich <strong>das</strong> Volk eine<br />
handfestere « Ersatzreligion », die Mehrwert<br />
schafft.<br />
Stimmungsvoller Gottesdienst<br />
Der verheissungsvolle Debattierabend beginnt<br />
<strong>für</strong> einige der Anwesende wohl etwas<br />
überraschend mit einem Gottesdienst, in<br />
welchem geistliche Vertreter von vier Religionsgemeinschaften<br />
mitwirken.<br />
In seiner Predigt geht der pensionierte<br />
reformierte Pfarrer, Gerhard Traxel, mit<br />
wohlformulierten Worten auf die tieferen<br />
geistigen Ursachen der aktuellen Finanzund<br />
Wirtschaftskrise ein.<br />
Pfarrer Gerhard Traxel sieht heute die primäre Aufgabe der Kirche darin, eine neue religiöse Sprache und Praxis zu<br />
ermöglichen, welche Menschen wieder in der Transzendenz der Liebe verankert und zum gesellschafts-kritischen<br />
Engagement motiviert.
Pfr. Traxel macht geltend, es liesse sich<br />
auch historisch zeigen, <strong>das</strong>s im selben<br />
Mass, in welchem <strong>das</strong> Fundament der traditionellen<br />
Religion zu wanken begonnen<br />
habe, sich die Irrationalität der Geldwirtschaft<br />
ausbreitete. Zugleich seien die alten<br />
religiösen Werte wie Nächstenliebe<br />
und Sorge <strong>für</strong> die Schwachen in den Privatbereich<br />
abgewandert. Persönlich stelle er<br />
sich ernsthaft die Frage : « Wächst nicht<br />
der Drang, alles an Gewinn, Erfolg, Vorteil<br />
und Genuss <strong>für</strong> sich selber aus dem Leben<br />
herauszuholen, wenn doch <strong>das</strong> Ganze keinen<br />
tragenden Hintergrund mehr zu haben<br />
scheint, – wenn göttliche Dimension<br />
sich verflüchtigt hat ? Tritt dann nicht <strong>das</strong><br />
Geld an die Stelle der ‹höchsten Werte›,<br />
weil es Lebenserfüllung versprechen<br />
kann – abgetrennt von den ethischen Maximen<br />
der alten, an den Rand gerückten<br />
Relig ion ? »<br />
Pfr. Traxel schliesst seine Ausführungen<br />
mit folgenden Worten : « Philosophische<br />
Ethiker sagen mir, <strong>das</strong>s Ethik, gutes Handeln,<br />
nicht abhänge von einer religiösen<br />
Begründung. Die ‹Goldene Regel› der Bergpredigt,<br />
die Menschenrechte, die Sorge<br />
um <strong>das</strong> Gemeinwohl, der Anstand : all dies<br />
liesse sich auch ableiten aus dem menschheitsgeschichtlichen<br />
Erkenntnissen der<br />
Evolution. Das mag so sein, wenngleich ich<br />
auch davon nicht restlos überzeugt bin.<br />
Für mich lautet die entscheidende Frage<br />
eben anders, nämliche : Woher bekommt<br />
der Mensch die Kraft und den Mut, sein eigenes<br />
Leben auch wirklich einzusetzen <strong>für</strong><br />
eine menschlichere und gerechtere Welt ?<br />
Genügt da die blosse Kenntnis, <strong>das</strong> theoretische<br />
Akzeptieren ethischer Werte ? »<br />
Mit seiner flammenden Predigt hat Pfarrer<br />
Traxler den perfekten Bogen zum mit<br />
Spannung erwarteten « Tisch-Gespräch »<br />
gespannt.<br />
« Ersatz-Religion » – Neo Kapitalismus<br />
Unter der kompetenten Leitung von<br />
Dr. Res Strehle entwickelt sich schon nach<br />
der ersten Einstiegsfrage zwischen den<br />
Tisch-Gesprächs-Teilnehmer ein lebhaft<br />
geführter Diskurs. Bereits nach wenigen<br />
Minuten wird dem Publikum klar, <strong>das</strong>s<br />
Dr. Jean-Daniel Gerber, Prof. Dr. Hans Ruh<br />
und Rudolf Strahm ganz unterschiedliche<br />
Beurteilungen und Standpunkte in Bezug<br />
auf die aktuelle Wirtschafts- und Finanz-<br />
Krisen haben.<br />
Die Protagonisten des engagiert und emotional geführten Tisch-Gespräches : Dr. hc. Daniel Gerber, Prof. Dr. Hans<br />
Ruh, Rudolf Strahm und Dr. Res Strehle (v.l.n.r.).<br />
Aufmerksam verfolgen über <strong>12</strong>0 Personen die Voten der Redner am Tisch-Gespräch.<br />
Während Ruh die Verselbständigung des<br />
Geldes aufgrund der menschlichen Gier<br />
erwähnt, welche ethische Werte vergessen<br />
lässt, macht Strahm die sukzessive<br />
Deregulierung verantwortlich als Folge<br />
einer Schwächung des Staates durch die<br />
Politik. Er zeigt an verschiedenen Beispielen<br />
die weltwirtschaftlichen Folgen<br />
auf. Dem widerspricht Gerber forsch. Der<br />
Schweizer Staat handle aus seiner Sicht<br />
nicht unethisch oder ohne Werte. Die<br />
Finanzbranche sei bis vor kurzem der<br />
Garant unseres Wohlstandes gewesen.<br />
Noch nie in der Geschichte der Menschheit<br />
sei es den Menschen weltweit – mit<br />
Blick auf Wohlstand, Gesundheit, zunehmend<br />
wachsender demokratischer<br />
Rechte erreichtem Lebensalter usw.<br />
so gut gegangen wie heute. Kurzfristige<br />
Patentlösungen als Auswege aus<br />
dem derzeitigen Debakel hat keiner der<br />
Referenten zur Hand. Strahm moniert,<br />
mit simplem « Gürtel enger schnallen »<br />
sei noch keine Krise überwunden worden.<br />
Es brauche aussergewöhnliche Anstrengungen<br />
und einen starken Staat –<br />
insbesondere engere Leitplanken <strong>für</strong> die<br />
Finanzwirtschaft. Die Wirtschaft müsse<br />
ökologischer werden. Gerber ruft zu mehr<br />
Optimismus auf. Wirtschaftliches Auf<br />
und Ab liege in der Natur der Sache, weil<br />
Menschen immer wieder Fehler machten.<br />
Im Gegensatz zu früheren Zeiten suchten<br />
heute Staaten weltweit miteinander<br />
Lösungen, ein Grund zur Zuversicht. Ruh<br />
regt an, über grundlegende Veränderungen<br />
nachzudenken, z.B. den obligatorischer<br />
Sozialdienst zur Lösung des<br />
Betreuungsbedarfs, <strong>das</strong> bedingungslose<br />
Grundeinkommen oder neue Regelungen<br />
<strong>für</strong> die Arbeitszeit. Dazu brauche es <strong>das</strong><br />
Miteinander von uns allen.<br />
5
Rudolf Strahm erwähnt, <strong>das</strong>s die angehäuften<br />
Staatsschulden den zukünftigen<br />
Generationen übergeben<br />
werden. So wie jetzt könne es einfach<br />
nicht weitergehen. Seiner Meinung<br />
nach müsse schrittweise der Abbau<br />
vom Bankenregulierungssystem erfolgen.<br />
Und wichtig sei, <strong>das</strong>s Verletzungen<br />
dieser Regelungen zukünftig<br />
als krimineller Akt angesehen würden.<br />
Dr. Jean-Daniel Gerber meint, es sei<br />
nicht einfach, griffige Lösungen <strong>für</strong><br />
die Bewältigung der Krise zu finden.<br />
Sicher sei aber, <strong>das</strong>s es ein wirtschaftliches<br />
Wachstum brauche. Global<br />
gesehen, gebe es auch dank der<br />
aufstrebenden Schwellenländer ein<br />
Wachstum. Die vorherrschende Krise<br />
sei auch eine Chance. Aber es würden<br />
wieder Fehler gemacht werden. Es<br />
werde deshalb neue andere Krisen<br />
geben.<br />
Prof. Hans Ruh erklärt, <strong>das</strong>s die Neo-<br />
Liberalisierung ihr Ziel – mit den kaputten<br />
Staaten, als zynischer Gedanken<br />
– endlich erreicht habe. Die Wirtschaft<br />
habe den Staat ausgeblutet.<br />
Die Staaten hätten kein Geld mehr in<br />
den « Taschen ». Das ganze habe historische<br />
Dimensionen angenommen.<br />
Zweifellos steckten wir in einer tiefen<br />
Krise. Denn zwei Dinge seien verloren<br />
gegangen, nämlich <strong>das</strong> « Mass » und<br />
die «Legitimation».<br />
Die äusserst engagiert abgegebenen<br />
Voten der drei Referenten führen beim<br />
interessierten Publikum zu mehrmaligem<br />
spontanem zustimmendem Applaus, aber<br />
auch einmal zu Buh-Rufen.<br />
Am Schluss der wirklich interessanten<br />
Veranstaltung bleibt eigentlich nur die<br />
Erkenntnis, <strong>das</strong>s die westliche Welt –<br />
und dazu gehört auch die Schweiz – in den<br />
kommenden Monaten mit grossen Herausforderungen<br />
konfrontiert sein wird. Und,<br />
<strong>das</strong>s weit und breit kein Patenrezept zur<br />
Krisenbewältigung existiert. Grosse Sorge<br />
bereiten dabei zweifellos die ins Trudeln geratenen<br />
Euro-Land-Staaten mit ihren extrem<br />
verschuldeten Staatshaushalten. Denn eines<br />
ist klar, dank der Globalisierung wird<br />
es weiterhin Wachstumsstaaten geben,<br />
und in diesen aussereuropäischen Staaten<br />
wird der Neo-Liberalismus erfolgreich<br />
weiter praktiziert werden.<br />
[rr]
Mit voller Kraft ins neue Jahr<br />
Die Beratungsstelle <strong>für</strong> Gehörlose und<br />
Hörbehinderte Basel begrüsst <strong>das</strong> neue<br />
Jahr. Am 4. Januar 20<strong>12</strong> treffen sich im<br />
Gehörlosenzentrum an der Oberalpstrasse<br />
117 in Basel zahlreiche interessierte<br />
Personen zum « Open House », um<br />
sich auszutauschen, Neues zu erfahren<br />
und gemeinsam auf <strong>das</strong> Jahr 20<strong>12</strong> anzustossen.<br />
Eric Herbertz, Leiter der Beratungsstelle,<br />
sowie Beate Schröder und Viktor Buser<br />
freuen sich sehr über den riesigen Publikumsaufmarsch.<br />
Sie sind mächtig stolz<br />
auf die zahlreichen Neuerungen und die<br />
baulichen Veränderungen in ihrem Gehörlosenzentrum.<br />
« Interaktive Wandtafel »<br />
Die umfangreichen Umbauarbeiten sind<br />
noch nicht vollständig abgeschlossen,<br />
aber im neugestalteten Schulungs- und<br />
Versammlungszentrum hat <strong>das</strong> moderne<br />
Kommunikations- und Informations-Zeitalter<br />
mit dem Einbau modernster Technik<br />
definitiv Einzug gehalten. Die « Interaktive<br />
Wandtafel » ein sogenanntes « Smart<br />
Board » hängt im Blickfang an der Wand.<br />
Mit dieser Innovation können jetzt Schulungen<br />
und Informationsanlässe aller Art<br />
gehörlosengerecht durchgeführt werden.<br />
In seiner Begrüssung betont Eric Herbertz,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gehörlosenzentrum<br />
nicht nur <strong>für</strong> die Beratungsstelle und<br />
den Trägerverein allein zur Verfügung<br />
stehe. Nein, es sei eine Investition <strong>für</strong><br />
alle. Von dieser Einrichtung sollen die<br />
Gehörlosenvereine, die diversen Selbsthilfegruppen<br />
und weitere Organisationen<br />
im Hörbehindertenwesen profitieren<br />
können. Er sei davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />
sich die gehörlosen und hörbehinderten<br />
Menschen aus der Region Basel über ihren<br />
« Treffpunkt » riesig freuen. « Endlich<br />
gibt es auch in Basel einen Ort, wo man<br />
sich abends oder an Wochenenden treffen<br />
kann. Jetzt gibt es genügend Platz,<br />
und Erwachsenenbildungen, Vorträge<br />
oder Vereinsversammlungen können gehörlosengerecht<br />
abgehalten werden. Ein<br />
jahrzehnteralter Wunsch ist endlich in<br />
Erfüllung gegangen ».<br />
Impressionen vom Neujahrsapéro<br />
Eric Herbertz heisst alle Besucherinnen<br />
und Besucher zum « Open House »<br />
ganz herzlich willkommen und wünscht<br />
ihnen ein gutes und erfolgreiches Jahr<br />
20<strong>12</strong>. Ein neues Jahr voller Zuversicht<br />
und vielen freudigen Gegebenheiten.<br />
Beate Schröder informiert über die<br />
geplanten Aktivitäten im ersten Halbjahr.<br />
Vom Schneewochenende in Filisur,<br />
der Ferienwoche im Tessin oder<br />
den Spielnachmittagen sowie dem<br />
Besuch des einzigen Frosch-Museums<br />
in der Schweiz und vielem mehr.<br />
7
Viktor Buser möchte von den Anwesenden<br />
in Erfahrungen bringen, welches<br />
Farbkonzept <strong>für</strong> <strong>das</strong> neue Mobiliar<br />
zu favorisieren sei.<br />
Mit grossem Interesse lassen sich die<br />
Anwesenden von Viktor Buser über<br />
die anstehenden Umbauarbeiten im<br />
Gehörlosenzentrum informieren.<br />
Angeregt wird über <strong>das</strong> neue Mobiliar<br />
und die zur Auswahl stehenden Farbkombinationen<br />
diskutiert.
Das Gehörlosenzentrum Basel wird<br />
ein Ort <strong>für</strong> eine Kommunikation ohne<br />
Barrieren, weil es gehörlosen- und<br />
hörbehindertengerecht eingerichtet<br />
wird.<br />
Im Mittelpunkt der « Open House »-Veranstaltung<br />
steht aber <strong>das</strong> gemütliche<br />
Zusammensein und <strong>das</strong> gemeinsame<br />
Anstossen auf <strong>das</strong> neue Jahr.<br />
Prosit neues Jahr.<br />
[rr]<br />
9
Meine Geschichte macht mich<br />
einzigartig<br />
Am 5. Dezember 2011 findet im Rahmen der<br />
Veranstaltungsreihe « Wohlbefinden im<br />
Alter » im Volkshaus der Stadt Zürich ein<br />
Vortragsnachmittag statt. Claudia Nielsen,<br />
Zürcher Stadträtin und Vorsteherin des Gesundheitsdepartements,<br />
heisst die wohl<br />
um die 250 Besucher – unter ihnen auch acht<br />
Gehörlose und eine Gebärdensprachdolmetscherin<br />
– herzlich willkommen.<br />
Im ersten Teil berichtet Daniela Kuhn, wie<br />
sie die Idee des Erzählcafés vor sieben<br />
Jahren in Zürich lanciert hat. Bisher hat<br />
sie sieben Erzählcafés im Altersheim Klus<br />
realisiert, die alle von einer Stiftung finanziert<br />
worden sind. Als Schlussfolgerung<br />
aus ihrer Pionierarbeit ist Kuhn überzeugt,<br />
<strong>das</strong>s man nur verstehen kann, was heute<br />
ist, wenn man weiss, was in der Vergangenheit<br />
geschehen ist. Dies gilt <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Geschehen in Weltgeschichte und Politik,<br />
aber auch im Kleinen und Alltäglichen bei<br />
jedem individuellen Menschen. Hedwig<br />
Klug, die als Bewohnerin des Altersheim<br />
Klus an vier Zyklen teilgenommen hat, legt<br />
dar, <strong>das</strong>s man Menschen anders taxiere,<br />
wenn man deren Geschichte kenne. Es entstehe<br />
mehr Empathie <strong>für</strong>einander und man<br />
begegne einander mit mehr Verständnis<br />
und Rücksicht.<br />
Das eigene Leben als einen Werde-Weg zu<br />
betrachten, auf dem man wächst und reift,<br />
ist Sichtweise und Motivation dieser interessanten<br />
Veranstaltung.<br />
Am Podium diskutieren unter der einfühlsamen<br />
Moderation von Kathrin Schneuwly<br />
neben Judith Giovanelli-Blocher, der Bildgestalter<br />
Jens-Peter Rövekamp und der<br />
Journalist Philipp Dreyer. Sie alle haben<br />
sich in ihrem Schaffen fundiert mit alten<br />
Menschen befasst.<br />
Judith Giovanelli-Blocher, Jahrgang 1932,<br />
hat lange Jahre als Fachfrau in der Sozialarbeit<br />
und Organisationsberatung gearbeitet.<br />
Seit sie pensioniert ist, ist sie auch<br />
als Schriftstellerin hervorgetreten. Sie hat<br />
bisher zwei Romane geschrieben – « Das<br />
gefrorene Meer » und « Woran wir wachsen<br />
». Im nächsten Frühjahr soll ihre Autobiografie<br />
erscheinen.<br />
Eigensinnig im besten Sinne, aus eigener<br />
Fantasie schöpfend, in der Begegnung mit<br />
Claudia Nielsen weist in ihrer Begrüssung auf ihre 98-jährige Grosstante hin, mit der sie sich sehr verbunden fühle.<br />
Menschen offen, berührbar und hochgradig<br />
lernbereit (was die « Intelligenz des<br />
Herzens » ausmacht !) – so durchlebt und<br />
durchwirkt Judith Giovanelli-Blocher ihre<br />
« Lebensrollen » als Pfarrerstochter in<br />
einer 11-Kinder-Familie, als ungelehrige<br />
Schülerin, als Sozialarbeiterin, als Dozentin,<br />
als Mitstreiterin in der Frauenbewegung,<br />
als Lebensgefährtin eines Gastarbeiters,<br />
als Schriftstellerin.<br />
Aristoteles (384–322 v.Chr.) prägte da<strong>für</strong><br />
den Begriff « Entelechie », die Eigenschaft<br />
aller Lebewesen, ihr Ziel (telos) in sich<br />
selbst zu haben und ihrer Bestimmung<br />
nachzuleben. Daraus leitet sich, gemäss<br />
Aristoteles, die Energie eines Lebewesens<br />
ab.<br />
Ein paar Zitate aus dem Buch « Woran wir<br />
Wachsen » vermögen die Ideologie, welcher<br />
die Schwester von Christoph Blocher<br />
nachlebt, zu veranschaulichen :<br />
Die erste Leiche meines Lebens war ein<br />
Selbstmörder. Er hatte sich von der Rheinfallbrücke<br />
gestürzt und war unterhalb<br />
unseres Gartens ans Ufer geschwemmt<br />
worden. Darüber war im Pfarrhaus ein reges<br />
Hin und Her entstanden… Mein Vater<br />
stand mit gesenktem Kopf, die Daumen<br />
fingerten an einem Knopf der Strickweste.<br />
Es war eisig kalt und roch nach Seifenlauge.<br />
Ich spürte eine warme Hand an meiner<br />
Schulter und Vaters Stimme sagte : « Er<br />
wollte nicht mehr leben »…<br />
Im Waschhaus eisige Kälte, Reste von Seifenlauge<br />
auf dem Boden, unter dem Tuch<br />
ein Schlusspunkt, bewegungslos. Draussen<br />
Vorfrühling, keimendes Leben, und<br />
auf den Weg gestreut die Worte meines<br />
Vaters – wie ein Aufruf, wie ein Programm<br />
<strong>für</strong> mein eigenes Leben. Aber vielleicht<br />
hat er <strong>das</strong> ja gar nicht gesagt, sondern ich<br />
selbst habe mir mit der Zeit diese Antwort<br />
zurecht gelegt, damit sich an der Stelle eines<br />
Schlusspunktes <strong>für</strong> mich ein Weg ergebe<br />
? Leben ist die ständige Überlistung<br />
der Realität durch <strong>das</strong> eigene Denken, die<br />
eigene Fantasie, den Sinn, den man dieser<br />
Realität abgewinnen will. Daraus, nicht<br />
durch die Fakten, formt sich der persönliche<br />
Kontext des Lebens »…<br />
Das, was wir erblicken und zu erfassen<br />
meinen, ist nicht <strong>das</strong>, wo<strong>für</strong> wir es halten.<br />
Um es zu entschlüsseln, ist eine zusätzliche<br />
Dimension nötig. Dazu gehören<br />
Vorstellungsvermögen, Fantasie, speku-
Podiumsteilnehmer (v.l.n.r.) Judith Giovanelli-Blocher, Kathrin Schneuwly, Jens-Peter Rövekamp, Philipp Dreyer.<br />
latives Denken, sich etwas einfallen lassen,<br />
spielerisch experimentieren, auf die<br />
Intuition achten, nicht nur rational und<br />
verbal, sondern mit Mitteln der Musik,<br />
der Malerei, der Meditation, der Spiritualität<br />
an etwas heran gehen. Dies alles wird<br />
nur wirksam, wenn man bereit ist, sich in<br />
etwas hinein zu versetzen, einen Perspektivenwechsel<br />
vorzunehmen, mit neuen Augen<br />
zu sehen…<br />
Es ist nicht unwesentlich, wohin wir unsere<br />
inneren Augen richten, wenn wir vor<br />
einem Menschen stehen. Und <strong>das</strong>s wir<br />
immer wissen, <strong>das</strong>s wir eines Menschen<br />
niemals habhaft werden können, <strong>das</strong>s er<br />
uns immer fremd bleibt, etwas, <strong>das</strong> wir nur<br />
erhaschen, aber niemals darüber verfügen<br />
können. Mit keiner Theorie, keiner Lehre,<br />
keinem ‹neuen Ansatz›, egal ob systemtheoretisch,<br />
pädagogisch, theologisch<br />
oder esoterisch, können wir dem Menschen<br />
gerecht werden, es bleibt immer ein<br />
Rest von Staunen über seine Einmaligkeit,<br />
Unfassbarkeit und Unantastbarkeit, vor<br />
der wir, von Freude und Ehrfurcht erfüllt,<br />
bescheiden zurück treten…<br />
« Hat sich beim Schreiben dieses Buches<br />
die Frage, woran wir im Leben wachsen,<br />
wenigstens <strong>für</strong> mich geklärt ? Nur zum<br />
Teil. Zum Schluss stelle ich fest, <strong>das</strong>s mein<br />
Fragen zu einem grossen Dank <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
geschenkte Leben geworden ist. Ich habe<br />
bei der Auseinandersetzung mit meinem<br />
Lebensweg Dankbarkeit gewonnen. Dankbarkeit<br />
<strong>für</strong> viele lebensfreundliche Einflüsse,<br />
<strong>für</strong> Menschen, die mir unerschrocken<br />
ihre Meinung gesagt und mich ernst<br />
genommen haben, die mir etwas zutrauten<br />
und mir Vertrauen schenkten, oder die<br />
einfach da waren mit ihrem So-Sein und<br />
<strong>das</strong> Leben gelebt haben.<br />
Das Leben ist vermutlich unaussprechbar<br />
– und so lässt sich auch Lebenserfahrung<br />
nicht rational ausloten.<br />
Spielte es letztlich keine Rolle, wie ich<br />
gelebt habe, da sich durch mich null und<br />
nichts ändert ? Meine Lebens-Erfahrungsforschung<br />
sagt mir, <strong>das</strong>s jedes einzelne<br />
Leben verantwortlich gelebt werden muss,<br />
denn <strong>das</strong> Wohlergehen der Menschen wird<br />
gespeist von der Solidarität und Liebe<br />
zueinander, der Lebenskraft, der Lebensfreude,<br />
die wir einander spenden, sie ist<br />
Grundlage <strong>für</strong> den Bau und den Betrieb<br />
unserer Lebenshäuser auf der Erde mit<br />
den politischen Regeln, Menschen, Tieren,<br />
Pflanzen, dem Wasser und der Luft Sorge<br />
tragen, damit die Sonne uns nicht zum<br />
Feind wird und die Erde uns nicht schliesslich<br />
abwirft…<br />
Jens-Peter Rövekamp hat mit viel Gespür<br />
packende Bilder und spannende Geschichten<br />
über alte Menschen gedreht, die auf<br />
seiner Website www.roevekampfilm.ch<br />
downloadbar sind.<br />
Der 54-jährige Philipp Dreyer ist Journalist.<br />
Er hat <strong>das</strong> Buch geschrieben « Mein<br />
Leben ist mit vielen Geschichten verbunden<br />
». Frauen und Männer aus Altersheimen<br />
der Stadt Zürich berichten in sehr persönlichen<br />
Gesprächen, wie sie die Wohnund<br />
Lebensform Altersheim erleben. Ihre<br />
Geschichten aus verflossenen und gegenwärtigen<br />
Zeiten zeigen die grosse Vielfalt<br />
gelebten Lebens und widerlegen nebenbei<br />
auch <strong>das</strong> Klischee, <strong>das</strong>s der Alltag im Heim<br />
gleichbedeutend mit der Preisgabe der<br />
eigenen Wünsche, Bedürfnisse und vor<br />
allem der eigenen Unabhängigkeit sei. Der<br />
weit gereiste Ingenieur und Erfinder; die<br />
vitale Zeugin des Naziregimes; der Flugzeugmechaniker,<br />
der auch heute noch am<br />
liebsten jeden Tag abheben möchte; die<br />
politisch engagierte Frau, die vier Kinder<br />
allein aufzog : Menschen, deren Geschichten<br />
berühren und Mut machen. Menschen<br />
und ihren Lebensgeschichten wird in diesem<br />
Buch ein eindrückliches Gesicht verliehen.<br />
Flugs ist die Zeit vergangen und <strong>das</strong> Fazit<br />
ist klar : Jeder Mensch hat viel zu erzählen,<br />
und erzählen heisst auch, sich einfühlen<br />
können in andere. Tröstlich ist zu erfahren,<br />
<strong>das</strong>s die Teilnehmenden des Erzählcafés<br />
bei Daniela Kuhn viel Zufriedenheit<br />
ausgestrahlt haben. So sei ihr immer und<br />
immer wieder aufgefallen, <strong>das</strong>s sich fast<br />
alle Menschen im Alter mit den Schwierigkeiten<br />
und misslichen Situationen, mit<br />
denen sie sich in ihrem Leben haben konfrontieren<br />
lassen müssen, hätten versöhnen<br />
können.<br />
Auch gehörlose Menschen haben viel zu<br />
erzählen. Vielleicht gibt es ja bald einmal<br />
ein gemeinsames Erzählcafé <strong>für</strong> Gehörlose<br />
und Hörende. Das würde <strong>sonos</strong> freuen.<br />
[lk]<br />
11
Info-Sitzung der SVEHK<br />
Die Schweizerische Vereinigung der Eltern<br />
hörgeschädigter Kinder SVEHK organisiert<br />
am Freitagabend, 20. Januar 20<strong>12</strong>, in Bern<br />
ihre traditionelle Informations-Sitzung.<br />
Tobias Schölly, Präsident der SVEHK, eröffnet<br />
die Veranstaltung und begrüsst die anwesenden<br />
Vorstandsmitglieder der Regionalgruppen<br />
der SVEHK sowie die zahlreich<br />
erschienenen Gäste aus befreundeten Verbänden<br />
und Institutionen ganz herzlich.<br />
Der Anlass wird heuer bereits zum 11. Mal<br />
durchgeführt. Für die Vertreterinnen und<br />
Vertreter der Regional-Gruppen ist es die<br />
Gelegenheit, Informationen auszutauschen<br />
und vor allem sich besser kennen<br />
zu lernen.<br />
Der eigentliche Schwerpunkt der heutigen<br />
Veranstaltung bildet <strong>das</strong> Referat von Claudia<br />
Hucher, Marianne Schläpfer und Pierre<br />
Lutz über die « Ergänzte Laut-Sprache –<br />
EL S ».<br />
Was ist ELS ?<br />
Claudia Hucher ist seit 21 Jahren Mutter einer<br />
gehörlosen Tochter. Sie erwähnt, <strong>das</strong>s<br />
sie selbst sich alle Fragen gestellt habe,<br />
die sich <strong>für</strong> Eltern nach der Diagnose der<br />
Gehörlosigkeit ihres Kindes ergeben. « Das<br />
Kommunikationshindernis scheint enorm,<br />
man projiziert in die nahe und fernere Zukunft<br />
und macht sich auf die Suche. In Lausanne<br />
haben wir uns <strong>für</strong> den Weg mit LPC,<br />
d.h. Langage parlé completé zu Deutsch<br />
ELS, d.h. Ergänzte Lautsprache, entscheiden.<br />
Denn durch LPC wird ein klarer Weg<br />
hin zur Lautsprache sichergestellt, welche<br />
die Kommunikation mit der Welt der Hörenden<br />
und dem Rest der Familie, die ja in<br />
der Regel auch der Lautsprache angehört,<br />
gewährleistet. Ein zweiter ausschlaggebender<br />
Grund <strong>für</strong> unsere Entscheidung war,<br />
<strong>das</strong>s unsere Tochter, dank LPC die gesprochene<br />
Sprache Französisch als Muttersprache<br />
erlernen können wird, und diese direkt<br />
zur Lektüre, nämlich dem Lesen führt. »<br />
Claudia Hucher erklärt weiter, <strong>das</strong>s sie nun<br />
seit <strong>12</strong> Jahren als ELS-Kodier-Dolmetscherin<br />
im Kanton Waadt arbeite. ELS, die begleitende<br />
Hilfe zum Erlernen der Lautsprache,<br />
liege ihr sehr am Herzen.<br />
Tobias Schölly leitet die Jahresversammlung der SVEHK mit grosser Routine.<br />
Claudia Hucher ist überzeugt : « ELS ist der<br />
direkte Weg zur lautsprachlichen Kommunikation<br />
und damit zur Integration in diese,<br />
unsere hörende Welt. Dank ELS erkannte<br />
ich die Chance, <strong>das</strong>s meine Tochter tatsächlich<br />
<strong>das</strong> Lesen erlernen könnte und deshalb<br />
wollte ich, <strong>das</strong>s sich mein Kind die Lautsprache<br />
als Muttersprache aneignet ».<br />
Wie funktioniert ELS ?<br />
Claudia Hucher legt dar, <strong>das</strong>s bei ELS acht<br />
Handformen (sogenannte Codes – Schlüssel)<br />
und fünf Stellen rund um die Mundpartie<br />
am Gesicht verwendet würden. Die<br />
acht Handformen einzeln bilden zusammen<br />
mit den dazugehörenden Lippenbildern die<br />
Konsonanten (Mitlaute). Die exakte Platzierung<br />
der Handformen an den fünf definierten<br />
Stellen am Gesicht geben zusammen<br />
mit den Lippenbildern die Vokale (Selbstlaute)<br />
wieder. Der Redefluss wird dabei synchron,<br />
phonemisch-silbisch, durch « Codes »<br />
mit oder ohne Stimme begleitet.<br />
Hucher orientiert : « ELS wird von Sprechenden<br />
selbst oder von einem entsprechend<br />
ausgebildeten ELS-Kodier-Dolmetscher angewendet.<br />
Dabei zeigt er seine Lippenbilder<br />
und kodiert synchron (zeitgleich).<br />
Während der Sprecher normalerweise<br />
seine Stimme einsetzt, spricht der Kodier-<br />
Dolmetscher – je nach Situation – meist<br />
lautlos. Gehörlose oder Menschen, die mit<br />
einer Hörbehinderung leben, lesen von den<br />
Lippen ab und dekodieren gleichzeitig die<br />
Schlüssel (Cues). Gehörlose brauchen ELS<br />
manchmal auch unter sich ».<br />
Claudia Hucher weist darauf hin, es sei<br />
wichtig zu wissen, <strong>das</strong>s es Schwierigkeiten<br />
beim Lippenlesen gebe. Die deutsche<br />
Sprache sei nur zu 40 bis 50 % von Lippen<br />
ablesbar. In Dialekten sei der Prozentsatz<br />
oftmals noch tiefer. Diese Schwierigkeiten<br />
kämen daher, weil es zahlreiche Laute<br />
gebe, welche <strong>das</strong> gleiche Lippenbild aufwiesen.<br />
Zudem sei Lippenlesen in unzähligen<br />
Situationen wie beispielsweise bei<br />
schlechten Lichtverhältnissen oder zu grossen<br />
Distanzen zu den Sprechenden sowie<br />
bei vielen Gesprächspartnern, sehr schwer<br />
oder unmöglich.<br />
Was bringt ELS ?<br />
Claudia Hucher betont, <strong>das</strong>s durch ELS die<br />
Lautsprache zu einem sicheren Kommunikationsmittel<br />
werde. Alles könne « ge-ELS-t »<br />
werden; schwierige Wörter, abstrakte Gedanken,<br />
Namen, Präpositionen, Endungen<br />
(z.B. bei konjungierten Verben, Tätigkeitswörtern).<br />
ELS sei zudem sehr schnell und<br />
leicht erlernbar und sei problemlos umsetzbar<br />
in Dialekte und Fremdsprachen.<br />
Sie macht geltend : « ELS ermöglicht ein<br />
lautsprachliches Sprachbad – und dies<br />
schon im Säuglings- und Kleinkindalter –<br />
mit der Folge, <strong>das</strong>s die Lautsprache tatsächlich<br />
als Muttersprache erlernt werden<br />
kann. Weiter ermöglicht ELS jedermann,<br />
seine sprachlichen Eigenheiten, speziellen<br />
Ausdrucksweisen, Rhythmen, dem hörgeschädigten<br />
Kind direkt zu vermitteln,
Hinweis <strong>für</strong> Interessierte<br />
Am 5. und 6. Mai 20<strong>12</strong> findet in Villars<br />
VD ein Ausbildungs-Wochenende in<br />
ELS statt.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter :<br />
www.alpc.ch<br />
www.vels.ch<br />
Mit grossem Interesse lassen sich die Vertreterinnen und Vertreter der SVEHK über die in der deutschsprachigen<br />
Schweiz weitgehend unbekannten LPC bzw. ELS informieren.<br />
ohne in eine Übersetzer-, Therapeutenoder<br />
Lehrerrolle zu schlüpfen. Die mit ELS<br />
aufgenommenen Konzepte, Wörter oder<br />
Redewendungen, auch Sprachflüsse und<br />
-melodien, werden beim reinen Lippenlesen<br />
anschliessend besser und schneller<br />
verstanden. ELS unterstützt den Spracherwerb<br />
und hilft dem gehörlosen Kind, Wortsegmente,<br />
sofern es die Phoneme erlernt<br />
hat, nicht zu ‹verschlucken› und dient so<br />
auch der Selbstkorrektur ».<br />
Claudia Hucher streicht hervor, <strong>das</strong>s ELS<br />
von grossem Wert in der Begleitung der<br />
stark lautsprachlich ausgerichteten Schul-,<br />
Berufsschul- und Studienausbildung sei.<br />
Beispiele aus der Berufspraxis<br />
Claudia Hucher arbeitet als ELS-Kodier-<br />
Dolmetscherin in der Westschweiz und<br />
veranschaulicht anhand ihrer grossen und<br />
langjährigen Berufspraxis die Vorteile von<br />
ELS.<br />
• Bei unseren zahlreichen fremdsprachigen<br />
Kindern hilft der Code, die französische<br />
Sprache auch mit ihrer Phonetik<br />
(Verständlichkeit) korrekt zu integrieren<br />
• Den jüngeren Schülern hilft LPC bzw.<br />
ELS beim Lesen und Entschlüsseln neuer<br />
Worte. Sie finden dadurch die phonetische<br />
Form des Wortes, und diese wiederum<br />
führt auf den Weg zu dessen Verständnis<br />
• Oft verfolgt der Schüler den Unterricht<br />
direkt (dank CI, Hörgerät oder genügend<br />
Hörresten). Hier kodieren wir nur, wenn<br />
Fragen da sind oder etwas nicht verstanden<br />
wurde. Dies gibt dem Schüler eine<br />
gewisse Sicherheit und wachsende Autonomie<br />
und Selbstverantwortung<br />
• LPC ist sehr wertvoll im Fremdsprachen-<br />
Unterricht. Im Schuljahr 2011/<strong>12</strong> haben<br />
wir zwei Schülerinnen (8. Klasse und<br />
Gymnasium), die dank ihrer guten Hörreste<br />
ihre Schulzeit bisher ohne Dolmetscher<br />
absolviert haben, nun aber merken,<br />
<strong>das</strong>s sie <strong>das</strong> Niveau der Klasse in den<br />
Fremdsprachen nicht halten können. Sie<br />
haben nun eine « Codeuse » (codeuse-interprète<br />
en LPC, eine ELS-Kodier-Dolmetscherin)<br />
<strong>für</strong> diese Fächer (und zudem eine<br />
Wochenstunde Einführung ins entspechende<br />
LPC (in die ELS [<strong>für</strong>s Deutsche] respektive<br />
ins Cued-Speech <strong>für</strong>s Englische)<br />
eingefordert bzw. von der IV bewilligt bekommen.<br />
Aus den Ausführungen von Claudia Hucher<br />
ergibt sich anschaulich und plausibel, <strong>das</strong>s<br />
sich ELS in seiner 30-jährigen Geschichte<br />
in der Westschweiz als ausgesprochen<br />
nachhaltige und wertvolle Hilfsmassnahme<br />
erfolgreich durchsetzen und etablieren<br />
konnte.<br />
Nochmals – warum ELS !<br />
Pierre Lutz, ELS-Ausbildner und Beauftragter<br />
des VELS (Verein <strong>für</strong> ELS, der ALPC<br />
(Association pour le Langage Parlé Completé),<br />
unterstreicht in seinen ergänzenden<br />
Erklärungen nochmals eindrücklich, <strong>das</strong><br />
positive Potential von ELS.<br />
Pierre Lutz, Marianne Schläpfer und Claudia Hucher kennen aus ihrer langjährigen Erfahrung den grossen Wert von<br />
LPC bzw. ELS.<br />
Pierre Lutz : « In bin seit 30 Jahren Vater einer<br />
gehörlosen Tochter und war immer Teil<br />
von zwei- und mehrsprachigen Familien.<br />
Nach einer Schweizerreise, um die beste<br />
Methode und Hilfe zu finden, sind wir wegen<br />
der damals frühesten Früherziehung<br />
in Gruppen in Genf geblieben und haben<br />
neben der Gebärdensprache vor allem die<br />
französische ELS gebraucht. Als unsere<br />
Tochter « auf den Schienen » war, stellte sich<br />
die Luxusfrage nach der deutschen Lautsprache.<br />
Mit LPC bzw. ELS war dies möglich.<br />
Der Erfinder von ELS – dem amerikanischen<br />
Cued Speech – Dr. Orin Cornett, riet uns<br />
aber, nach der französischen Lautsprache<br />
mit LPC und der französischen Gebärdensprache<br />
LSF, einen sprachlichen Entwicklungsschritt<br />
unserer Tochter abzuwarten. So<br />
13
Eltern, Familie und Fachleute<br />
• ELS ist schnell gelernt. Eine Ferienwoche<br />
oder ein intensives Wochenende<br />
genügen um ELS zu lernen<br />
Liselotte Oesch informiert, <strong>das</strong>s an der Elterntagung in Davos über 80 Kinder und über 170 Erwachsene teilgenommen haben.<br />
starteten wir dann Standard-Deutsch, ohne<br />
ELS, aber mit LPC, als in der Regelschule<br />
Frühdeutsch als erste Fremdsprache gemäss<br />
Lehrplan kam ».<br />
Wieso ist ELS im deutschsprachigen<br />
Raum nicht bekannt ?<br />
Marianne Schläpfer, ELS-Ausbildnerin und<br />
Mutter einer gehörlosen Tochter, erklärt,<br />
<strong>das</strong>s ELS bzw. LPC in der Deutschschweiz<br />
praktisch nicht vertreten sei. Den Grund da<strong>für</strong><br />
sehe sie vor allem darin, <strong>das</strong>s sich die Eltern<br />
<strong>für</strong> ELS nicht interessierten. In der Französischen<br />
Schweiz sei die Situation völlig anders.<br />
Hier praktizieren die Eltern den « Code ».<br />
Dies habe dazu geführt, <strong>das</strong>s viele gehörlose<br />
und hörgeschädigten Jugendliche selbst im<br />
Gymnasium und an den Hochschulen erfolgreich<br />
studieren können.<br />
Piere Lutz doppelt nach : « ELS gibt es in 65<br />
Sprachen und wird unter anderem erfolgreich<br />
in den USA, England, Frankreich, Italien und<br />
vielen weiteren Ländern – aber eben nicht im<br />
deutschsprachigen Raum – angewendet. Für<br />
mich ist dies eigentlich unverständlich, da<br />
die Finanzierung, sofern ELS tatsächlich angewendet<br />
wird, durch die Invalidenversicherung<br />
garantiert ist ».<br />
Claudia Hucher ist überzeugt : « Mit LPC bzw.<br />
ELS wird die Aussprache von gehörlosen<br />
und hörbehinderten Kinder und Jugendliche<br />
einfach viel besser. Durch intensives Training<br />
kann sogar <strong>das</strong> ‹rollende R› spielerisch<br />
erlernt werden. Und nicht zu unterschätzen,<br />
ist die Familiensituation. Weil alle Familienmitglieder<br />
aktiv eingebunden sind, ist <strong>das</strong> familiäre<br />
Umfeld einfach viel besser. Die Motivation<br />
bei den Eltern ist einfach enorm hoch.<br />
Ich bin von ELS überzeugt, denn Gehörlose<br />
können nur über <strong>das</strong> Lesen weiterkommen ».<br />
Rückblick auf verschiedene Aktivitäten<br />
des SVEHK<br />
Die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter<br />
der Regionalgruppen informieren<br />
anschliessend über verschiedene Aktivitäten.<br />
Zentral sind bei allen Gruppen der<br />
gesellschaftliche Zusammenhalt und die<br />
gemeinsamen Aktivitäten wie Ausflüge,<br />
Grilladen oder traditionelle Anlässe wie<br />
die beliebten Samichlausfeiern. Zudem<br />
engagieren sich alle Regionalgruppen<br />
<strong>für</strong> die Gewinnung von Neumitgliedern.<br />
Auch wird intensiv nach Kontakt zu Eltern<br />
von gehörlosen oder hörgeschädigten<br />
Säuglingen und Kleinkindern gesucht.<br />
Höhepunkt im letzten Vereinsjahr war<br />
zweifellos die zweitägige Elterntagung in<br />
Davos. Liselotte Oesch bringt nochmals<br />
mit einer Dia-Show die Höhepunkte daraus<br />
in beste Erinnerung.<br />
Ausblick auf Aktivitäten im Jahr 20<strong>12</strong><br />
Tobias Schölly führt aus, im Jahr 20<strong>12</strong><br />
werde die Entwicklung bei der Hörgeräteversorgung<br />
mit höchster Aufmerksamkeit<br />
weiter verfolgt. Sollte sich zeigen, <strong>das</strong>s<br />
es nach dem Paradigmenwechsel beim<br />
Bundesamt <strong>für</strong> Sozialversicherung BSV im<br />
Zusammenhang mit der Pauschalfinanzierung<br />
zu Unzulänglichkeiten komme, werde<br />
darauf in angemessener Weise reagiert<br />
werden.<br />
Tobias Schölly schliesst die Informationsveranstaltung<br />
mit dem Hinweis auf die voraussichtlich<br />
am 20. und 21. Oktober 20<strong>12</strong><br />
in Leysin stattfindende Elterntagung.<br />
Abschliessend bedankt er sich bei allen Anwesenden<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> gezeigte Interesse und<br />
die Wertschätzung gegenüber der Schweizerischen<br />
Vereinigung hörgeschädigter<br />
Kinder.<br />
[rr]<br />
• Die Eltern, die Familie, <strong>das</strong> heisst<br />
auch die hörenden Schwestern und<br />
Brüdern, haben dank ELS ein einfaches<br />
Kommunikationsmittel in und<br />
mit ihrer eigenen, angestammten<br />
Lautsprache. Dasselbe gilt <strong>für</strong> andere<br />
Familienangehörige, Freunde,<br />
Nachbarn, Kinder im Quartier und<br />
ebenfalls <strong>für</strong> die Schule und Freizeitbeschäftigungen.<br />
• Gewisse Fachleute, Logopäden<br />
und/oder Lehrer brauchen es ebenfalls.<br />
Als dann die ELS-Kodier-Dolmetscher,<br />
wie zum Beispiel Claudia<br />
Hucher, dazukamen, war auch der<br />
Zugang zu sehr lautsprachlichen<br />
Lehrinhalten in der Schule <strong>für</strong><br />
die gehörlosen Kinder viel leichter.<br />
Für alle leichter, da alle, jeder<br />
seine angestammte Rolle einhalten<br />
durfte. Mitschüler und Lehrer<br />
mussten <strong>für</strong> diese gedolmetschte<br />
Zeit fast keine Rücksicht mehr<br />
nehmen, und der gehörlose Schüler<br />
war in der genauen, eindeutig<br />
verständlichen Lautsprache ohne<br />
Lippendoppelgänger, Zweifel und<br />
sogar unabhängig von Hörgeräten.<br />
Agenda 20<strong>12</strong> der SVEHK<br />
• 28.04.20<strong>12</strong><br />
Delegiertenversammlung<br />
in Bellinzona<br />
• 02.+03.06.20<strong>12</strong><br />
Klausurtagung im Jura<br />
• 31.08. bis 02.09.20<strong>12</strong><br />
Generalversammlung und Treffen<br />
mit dem Europäischen <strong>Verband</strong><br />
der Eltern hörgeschädigter Kinder<br />
FEPEDA<br />
• 20.+21.10.20<strong>12</strong><br />
Elterntagung SVEHK in Leysin
Rentenbezügern – also Menschen, die bis-<br />
Soziales Koordinationssitzung Baloise hilft IV-Rentnern<br />
und Sinnesbehinderung Politik bei und Eingliederung Fernsehen<br />
Text : Bruno Schletti im Tages-Anzeiger vom 16.01.20<strong>12</strong> <strong>das</strong>s sie im freien Arbeitsmarkt wieder bestehen<br />
können. Basler-Chef Müller sieht her nicht in der Firma dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf waren.<br />
Rund 17‘000 Rentenbezüger will die Invalidenversicherung<br />
in den nächsten Jahren<br />
in den Arbeitsprozess zurückführen.<br />
Eva Aeschimann traut der Schweizer<br />
Wirtschaft noch nicht über den Weg. « Ich<br />
bin sehr skeptisch », sagt die Sprecherin<br />
von Agile, der Behinderten-Selbsthilfe<br />
Schweiz. Skeptisch, ob die Arbeitgeber<br />
tatsächlich willens sind, die Ziele der Anfang<br />
Jahr in Kraft getretenen Teilrevision<br />
der Invalidenversicherung (IV) umsetzen<br />
zu helfen.<br />
Ein wichtiger Punkit ist, in den kommenden<br />
sechs Jahren gegen 17‘000 IV-Renterinnen<br />
und -Rentner in den Arbeitsprozess<br />
zurückzuführen. Dieses Ziel ist nur zu erreichen,<br />
wenn die Arbeitgeber mitspielen,<br />
also bereit sind, entsprechende Arbeitsplätze<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Möglicherweise ist Aeschimann zu pessimistisch.<br />
Es gibt Unternehmen, die ihren<br />
Teil beitragen wollen, damit heutige Rentenbezüger<br />
den Weg zurück in den Arbeitsprozess<br />
finden. Zu ihnen gehört die Basler<br />
Versicherungsgesellschaft, Schweiz-Tochter<br />
der Baloise. « Als Arbeitgeberin tragen<br />
wir eine gesellschaftliche Verantwortung.<br />
Deshalb unterstützen wir die IV bei der<br />
angestrebten Wiedereingliederung von<br />
IV-Bezügern in die Arbeitswelt », sagt Michael<br />
Müller, Chef der Basler Schweiz.<br />
Im freien Markt bestehen<br />
Die Basler richtet vier sog. Trainingsarbeitsplätze<br />
ein. Diese sind <strong>für</strong> Rentenbezüger<br />
reserviert – <strong>für</strong> maximal zwölf<br />
Monate. In dieser Zeit werden die Stelleninhaber<br />
nicht voll gefordert. Sie werden<br />
betreut und in ihrer Arbeit angeleitet. Die<br />
direkten Lohnkosten übernimmt die IV. Die<br />
Basler bietet den Arbeitsplatz und die Unterstützung.<br />
« Nach sechs bis zwölf Monaten sollten<br />
die so Betreuten fähig sein, den Sprung<br />
in ein ordentliches Arbeitsverhältnis zu<br />
schaffen », sagt Amos Winteler, Sprecher<br />
der Basler Schweiz. Ziel ist es also, die bisherigen<br />
Rentenbezüger dahin zu führen,<br />
in diesen Arbeitsplätzen eine Chance <strong>für</strong><br />
alle : « Die betroffenen Personen gewinnen<br />
an Lebensqualität, erhalten Wertschätzung<br />
und können am Arbeitsplatz wieder<br />
ein soziales Netz aufbauen. Gleichzeitig<br />
leisten sie einen wertschöpfenden Beitrag<br />
durch ihre Arbeit ».<br />
Mit den Trainingsarbeitsplätzen garantiert<br />
die Basler Schweiz aber niemandem<br />
eine Festanstellung. Nur wer sich im Arbeitsprozess<br />
behauptet, kann mit einer ordentlichen<br />
Anstellung rechnen – sei es bei<br />
der Balser oder in einem anderen Unternehmen.<br />
Die Balser habe relativ viel Erfahrung<br />
in der Begleitung von Menschen mit<br />
Problemen am Arbeitsplatz, sagt Winteler.<br />
« Das stimmt uns optimistisch, <strong>das</strong>s auch<br />
die Wiedereingliederung von IV-Rentnern<br />
gelingen wird ».<br />
Da die Trainingsarbeitsplätze jeweils spätestens<br />
nach zwölf Monaten wieder frei<br />
werden, geht die Versicherungsgesellschaft<br />
davon aus, über die nächsten Jahre<br />
rund 30 Personen eine Wiedereinstiegschance<br />
zu geben. Gemessen an den 3000<br />
Arbeitsplätzen der Basler Schweiz mag<br />
<strong>das</strong> nach wenig aussehen. Müller rechnet<br />
aber vor, <strong>das</strong>s man auf diesem Weg <strong>das</strong><br />
Ziel der IV-Revision übertreffen würde,<br />
wenn viele andere Unternehmen dem Beispiel<br />
folgen würden. « Es braucht <strong>das</strong> Engagement<br />
der gesamten Schweizer Wirtschaft.<br />
Dann reicht es », sagt Müller.<br />
Geringe Risiken <strong>für</strong> Arbeitgeber<br />
Bei der SVA Zürich, dem Kompetenzzentrum<br />
<strong>für</strong> Sozialversicherungen, attestiert<br />
man den Arbeitgebern eine grosse Offenheit.<br />
« Die Frage ist aber », sagt Sprecherin<br />
Daniela Aloisi, « ob die Arbeitgeber auch<br />
den nächsten Schritt machen ». Wichtig<br />
sei <strong>für</strong> die Firmen zu wissen, <strong>das</strong>s sie nicht<br />
auf sich allein gestellt seien, sondern auf<br />
Eingliederungsberater der SVA zurückgreifen<br />
könnten. Gemäss Aloisi haben<br />
viele Unternehmen Erfahrung in der Betreuung<br />
von Mitarbeitenden mit Problemen.<br />
Neu sei, <strong>das</strong>s es nicht um die Begleitung<br />
von eigenen Angestellten gehe,<br />
sondern um die Wiedereingliederung von<br />
Thomas Daum, Direktor des Arbeitgeberverbands,<br />
stuft die Erfolgschance<br />
aus zwei Gründen als gut ein. Erstens<br />
bewege sich die Forderung nach 17‘000<br />
Wiedereingliederungen über sechs Jahre<br />
gemessen an der Zahl von gut 4 Millionen<br />
Beschäftigten im Promillebereich. « Das<br />
entdramatisiert die Übung rein statistisch<br />
stark », sagt Daum. Zweitens seien<br />
die Risiken <strong>für</strong> die Arbeitgeber gegenüber<br />
früher erheblich vermindert worden. So<br />
könnten sie auf die fachliche Unterstützung<br />
durch die IV-Stellen zählen. « Angst<br />
beim Auftauchen von Problemen allein<br />
gelassen zu werden, nimmt damit ab ». Zusätzlich<br />
seien mit der Revision die finanziellen<br />
Risiken <strong>für</strong> die Arbeitgeber abgebaut<br />
worden.<br />
Darauf weist auch Eva Aeschimann von<br />
Agile hin : « Man hat der Wirtschaft den<br />
roten Teppich ausgerollt ». Wenn sie den<br />
ausgestreckten Arm nicht packe, müsse<br />
man stärker verpflichtende Massnahmen<br />
ergreifen.<br />
Künftig entscheidet <strong>das</strong> Los<br />
über IV-Gutachter<br />
Text : Andrea Fischer in Tages-Anzeiger vom 9. Januar 20<strong>12</strong><br />
Nach der Rüge durch <strong>das</strong> Bundesgericht<br />
passt die Invalidenversicherung die Praxis<br />
bei der Rentenabklärung an. Von einem<br />
fairen Verfahren könne jedoch noch immer<br />
keine Rede sein, kritisieren die Rechtsvertreter<br />
der Versicherten.<br />
Die Kritik der obersten Richter fiel deutlich<br />
aus : Das Verfahren um die IV-Rentenabklärung<br />
genüge den Anforderungen der<br />
Europäischen Menschenrechtskonvention<br />
(EMRK) nicht, es brauche deshalb rechtliche<br />
Korrekturen. Konkret ging es im Urteil<br />
vom Juni letzten Jahres um die medizinischen<br />
Abklärungsstellen (Me<strong>das</strong>). Diese<br />
führen im Auftrag der IV die polydisziplinären<br />
Untersuchungen bei komplexen Fällen<br />
durch. Von den Gutachten hängt ab, ob<br />
jemand eine IV-Rente erhält oder nicht.<br />
15
Das Bundesgericht stellte fest, <strong>das</strong>s die<br />
meisten Me<strong>das</strong> wirtschaftlich von den IV-<br />
Aufträgen abhängig seien und somit ein<br />
Risiko der Befangenheit bestehe. Ein faires<br />
Rentenverfahren sei damit nicht gewährleistet.<br />
Die IV müsse innert angemessener<br />
Frist die Rechte der Versicherten stärken<br />
und die Praxis bei der Gutachtenvergabe<br />
modifizieren.<br />
Mehr Mitsprache<br />
Was hat sich seit dem Verdikt getan ? Was<br />
können Versicherte erwarten, wenn sie einen<br />
Antrag auf eine IV-Rente stellen ? Die<br />
Anfrage bei der IV Zürich, der grössten<br />
aller IV-Stellen, ergab, <strong>das</strong>s einige Änderungen<br />
im IV-Verfahren bereits umgesetzt<br />
sind, andere stehen kurz davor. Konkret<br />
sieht es folgendermassen aus :<br />
Ist-Zustand :<br />
• Kommt die IV-Stelle aufgrund des Rentenantrags<br />
zum Schluss, es sei ein polydisziplinäres<br />
Gutachten nötig, so informiert sie<br />
die versicherte Person. Ist diese nicht einverstanden,<br />
kann sie eine gerichtlich anfechtbare<br />
Zwischenverfügung verlangen.<br />
• Ist der Verssicherte hingegen mit der Begutachtung<br />
einverstanden, dann teilt ihm<br />
die IV mit, wo die Abklärung stattfinden<br />
soll. Gleichzeitig legt sie den Fragenkatalog<br />
zur Begutachtung vor. Der Versicherte<br />
hat die Möglichkeit, ergänzende Fragen<br />
einzubringen oder sich gegen den Entscheid<br />
der IV zu wehren. Das heisst aber<br />
nicht, <strong>das</strong>s er die ausgewählte Me<strong>das</strong><br />
einfach ablehnen darf, vielmehr muss er<br />
begründete Einwände gegen die Person<br />
des Gutachters – etwa Befangenheit – vorbringen<br />
können.<br />
Zustand ab März 20<strong>12</strong> :<br />
Vom 1. März an ändert auch die Praxis der<br />
Gutachterzuweisung, denn auf diesen Zeitpunkt<br />
hin nimmt eine elektronische Vergabeplattform<br />
ihren Betrieb auf. Die IV erteilt<br />
dann die Aufträge an die Me<strong>das</strong> nicht mehr<br />
selber, sondern diese werden nach dem Zufallsprinzip<br />
über die Plattform vergeben.<br />
Mit dem Zufallsgenerator sei die Unabhängigkeit<br />
bei der Vergabe der Gutachteraufträge<br />
gewährleistet, teilt die IV mit.<br />
Kein echter Zufall<br />
Anders sehen <strong>das</strong> die Rechtsvertreter<br />
der Versicherten. An einer Fachtagung in<br />
Zürich übten sie scharfe Kritik am geplanten<br />
Zufallsgenerator. « Das hört sich gut<br />
an, bringt aber keinen Fortschritt », sagt<br />
Kaspar Gehring, Fachanwalt <strong>für</strong> Versicherungsrecht.<br />
Die Me<strong>das</strong> seien dieselben wie<br />
bisher. Auch sei es den Versicherten nicht<br />
möglich mitzubestimmen, welche Me<strong>das</strong><br />
auf der Vergabeplattform vertreten sein<br />
sollen. Ein faires Verfahren sei deshalb<br />
auch mit dem Zufallsgenerator nicht gegeben.<br />
Noch deutlicher äussert sich Philip<br />
Stolkin, Rechtsanwalt der Beratungsstelle<br />
<strong>für</strong> Unfallopfer und Patienten. « Wer sich<br />
zwischen dem bisherigen und dem künftigen<br />
System entscheiden muss, der hat<br />
die Wahl zwischen Pest und Cholera. » Ein<br />
echtes Zufallsprinzip setze die Unabhängigkeit<br />
der Me<strong>das</strong> voraus. Dies sei aber<br />
nicht der Fall, solange die Me<strong>das</strong> von der IV<br />
– beziehungsweise vom vorgesetzten Bundesamt<br />
<strong>für</strong> Sozialversicherungen (BSV) –<br />
eingesetzt und kontrolliert würden.<br />
Die Versichertenanwälte räumen indes<br />
ein, <strong>das</strong>s es unter den bestehenden Me<strong>das</strong><br />
einzelne gebe, die auch aus ihrer Sicht objektiv<br />
seien. Deshalb verlangen sie, <strong>das</strong>s<br />
sich die IV mit den Versicherten über die<br />
Gutachterstelle einigen müsse, so wie es<br />
<strong>das</strong> Bundesgericht vorgeschlagen hat.<br />
Eine Einigung zwischen den Parteien hätte<br />
gemäss Stolkin zudem den Vorteil, <strong>das</strong>s<br />
sich <strong>das</strong> Verfahren verkürze; langwierige<br />
Prozesse gegen die IV-Entscheide würden<br />
unnötig.<br />
IV lehnt Einigung ab<br />
Doch die IV will nichts von einer solchen<br />
Einigung wissen. Sie stellt sich auf den<br />
Standpunkt, mit dem geplanten Zufallsgenerator<br />
seien die Forderungen des Bundesgerichts<br />
nach einer unabhängigen Gutachterzuweisung<br />
erfüllt.<br />
Das zeigt : Trotz mehr Mitwirkungsrechten<br />
<strong>für</strong> die Versicherten reichen die geplanten<br />
Neuerungen nicht aus, um den Konflikt um<br />
die IV-Verfahren zu entschärfen. Nicht zuletzt<br />
auch, weil sich auf Seiten der Me<strong>das</strong><br />
nicht so schnell etwas ändert. Allein um<br />
die wirtschaftliche Abhängigkeit einzelner<br />
Me<strong>das</strong> von den IV-Aufträgen zu verringern,<br />
bräuchte es mehr solcher Abklärungsstellen.<br />
Man sei auf der Suche nach zusätzlichen<br />
Gutachtern, doch sei der Markt beschränkt,<br />
sagt Ralf Kocher, Leiter des<br />
IV-Rechtsdienste im BSV. Als Folge des<br />
Bundesgerichtsurteils gelobt man im Bundesamt<br />
auch, die Kontrollfunktion künftig<br />
stärker wahrzunehmen. Unter anderem<br />
will man die Zulassungsbedingungen wie<br />
auch die Transparenzvorschriften <strong>für</strong> die<br />
Me<strong>das</strong> verschärfen (vgl. Bundesgerichtsurteil<br />
9C_243/2010).<br />
Ich war in mir gefangen<br />
Interview : Denise Jeitziner vom <strong>12</strong>. Januar 20<strong>12</strong><br />
in Tagesanzeiger.ch/Newsnet<br />
Ist <strong>das</strong> Leben von Taubblinden lebenswert<br />
? Rolf Lyssy, Regisseur von «Die<br />
Schweizermacher», findet die Frage fatal.<br />
Im Interview spricht er über seinen neuen<br />
Film, Ironie und die Gründe seiner Depression.<br />
Die Protagonistin Ihres neuen Dokufilms<br />
ist taubblind. Wie konnten Sie sich mit ihr<br />
verständigen ?<br />
Das war nicht möglich. Ursula äussert sich<br />
auf eine Art, die wir als Aussenstehende<br />
nicht deuten können. Deshalb lief die<br />
gesamte Kommunikation über ihre Pflegemutter<br />
Anita Utzinger oder über ihre<br />
Betreuer in der Tanne, dem Heim <strong>für</strong> taubblinde<br />
Menschen. Was in ihr vorgeht, kann<br />
niemand wirklich beantworten.<br />
Konnten Sie Ursula vermitteln, <strong>das</strong>s sie<br />
Teil eines Kinofilms ist ?<br />
Nein, <strong>das</strong> hätte ihr Begreifen bei weitem<br />
überschritten, da sie zusätzlich eine geistige<br />
Behinderung hat. Sie kann bloss elementare<br />
Dinge wie Schuhe anziehen oder<br />
Jacke ausziehen.<br />
Besteht da nicht die Gefahr, <strong>das</strong>s Grenzen<br />
überschritten werden ?<br />
Sicher muss man sich diese Fragen stellen<br />
und sich fragen, wie man mit dem Persönlichkeitsschutz<br />
umgeht. Wir haben Ursula<br />
nie in Situationen gezeigt, die ihre Intimsphäre<br />
verletzt hätten. Es ist aber so, <strong>das</strong>s<br />
Ursula eine so starke Behinderung hat,<br />
<strong>das</strong>s sie ausschliesslich auf Hilfe von aussen<br />
angewiesen ist. So haben wir uns an<br />
den Menschen orientiert, die Ursula betreuen.
Koordinationssitzung<br />
Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />
dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />
Einblick in eine unbekannte Welt : Rolf Lyssys Film über die taubblinde Ursula.<br />
Sie haben bereits 1965 an einem Film über<br />
die damals 14-jährige Ursula mitgewirkt.<br />
Was fasziniert Sie an der Geschichte ?<br />
Wie sich ein Mensch, der zwei der elementarsten<br />
Sinne nicht gebrauchen kann, in<br />
der Welt zurechtfinden kann oder eben<br />
nicht. Im Grunde handelt der Film von einer<br />
aussergewöhnlichen, nicht alltäglichen<br />
Geschichte über eine Beziehung zwischen<br />
Ursula und ihrer Pflegemutter, die<br />
ihr Leben ganz nach ihr ausgerichtet hat.<br />
Im weitesten Sinne ist es ein Liebesfilm.<br />
Haben Sie sich die Frage gestellt, ob so ein<br />
Leben lebenswert ist ?<br />
Das sind fatale Gedanken. Der erste Film<br />
über Ursula hatte den provozierenden<br />
Titel «Ursula – Oder Das unwerte Leben».<br />
Es ist noch nicht lange her, <strong>das</strong>s man behinderte<br />
Menschen umgebracht hat. Für<br />
mich hat jeder Mensch, der als Mensch bezeichnet<br />
werden kann, ein Recht zu leben.<br />
Filme über Menschen mit einer Behinderung<br />
scheinen im Trend zu sein. Zurzeit<br />
läuft mit «Eine ruhige Jacke» ein Film über<br />
einen Autisten in den Deutschschweizer<br />
Kinos. «Unter Wasser atmen» über den<br />
blinden und gelähmten Professor Nils Jent<br />
hat den Publikumspreis am Zurich Film<br />
Festival (ZFF) gewonnen. Weshalb ?<br />
Das ist Zufall. Wir haben unsere Filme<br />
nicht abgesprochen. Die Filme ergänzen<br />
sich aber auf eine sehr schöne Art und<br />
haben viele Gemeinsamkeiten. Das Faszinierende<br />
an Menschen mit einer Behinderung<br />
ist, <strong>das</strong>s sie einen mit den eigenen<br />
Behinderungen konfrontieren. Indem sie<br />
uns zeigen, wie sie mit ihrer Behinderung<br />
umgehen, müssen wir beschämt feststellen,<br />
wie aufgeschmissen wir sind, wenn<br />
wir uns bloss einen Finger brechen oder<br />
den Knöchel verstauchen. Der Begriff der<br />
Normalität wird dadurch stark relativiert.<br />
Sie waren vor ein paar Jahren von einer<br />
Depression betroffen.<br />
Ja. In meiner Depression vor 14 Jahren war<br />
ich in höchstem Masse behindert, einfach<br />
auf eine andere, <strong>für</strong> mich erschreckende<br />
Art. Wenn man zwar sein Bewusstsein,<br />
aber gleichzeitig seine Gedanken nicht<br />
mehr unter Kontrolle hat und jede Hoffnung<br />
an <strong>das</strong> Leben verloren hat, ist man in<br />
sich gefangen. Vielleicht habe ich mir da<br />
ein Sensorium angeeignet <strong>für</strong> Fragen, was<br />
gesund ist und was normal.<br />
Beim Namen Rolf Lyssy denkt man sofort<br />
an «Die Schweizermacher», den bis heute<br />
erfolgreichsten Schweizer Film, der voller<br />
Ironie und Satire ist. Ein Widerspruch ?<br />
In einer guten Filmkomödie berühren sich<br />
Tragik und Komik. Eine qualitativ gute Komik<br />
hat ein tragisches Element in sich. Ein<br />
herzhaftes Lachen kann nahe beim herzhaften<br />
Weinen sein. Das erklärt, weshalb<br />
auch Menschen mit Sinn <strong>für</strong> Humor und<br />
Freude am Leben einen schweren Tiefpunkt<br />
erleben können.<br />
Rolf Lyssy ( 75 ) ist Regisseur und lebt in Zürich. Sein bekanntester<br />
Film ist «Die Schweizermacher», der bis heute<br />
als erfolgreichster Schweizer Film gilt. Am <strong>12</strong>. Januar<br />
20<strong>12</strong> startete sein neuster Dokufilm «Ursula – Leben im<br />
Anderswo» in den Deutschschweizer Kinos.<br />
War der Erfolgsdruck nach «Die Schweizermacher»<br />
ein Auslöser <strong>für</strong> Ihre Depression<br />
?<br />
Es sind immer mehrere Gründe, die zu einer<br />
Krise führen. Ich bin durch <strong>das</strong> Nichtzustandekommen<br />
eines Spielfilms in die<br />
Depression geraten. Statt des Films ist<br />
ein Buch entstanden, «Swiss Paradise».<br />
Darin gehe ich der Frage nach, wie es so<br />
weit kommen konnte. Seither habe ich nur<br />
noch Dokumentarfilme gemacht und mich<br />
anderen Themen zugewandt.<br />
Drehen Sie keine Spielfilme mehr ?<br />
Doch, ich arbeite momentan mit meinem<br />
Drehbuchautor an einem Spielfilmprojekt,<br />
<strong>das</strong> wir diesen Herbst zu realisieren<br />
versuchen. Er hat mich zum Spielfilm zurückgebracht.<br />
Wie bei jedem Film ist es<br />
auch hier ein Kampf um <strong>das</strong> Geld. Das war<br />
mitunter ein Element meiner Depression.<br />
Diese Zermürbung, immer wieder diese<br />
Auseinandersetzungen, Kränkungen, Ablehnungen,<br />
30 Jahre lang. Teilweise habe<br />
ich abgelehnte Filme dennoch realisiert<br />
und nachträglich Bestätigung da<strong>für</strong> erhalten.<br />
Beim nächsten Film ging jedoch alles<br />
wieder von vorne los.<br />
17
Woher nehmen Sie die Motivation, Projekte<br />
wie <strong>das</strong>jenige über Ursula anzupacken,<br />
die nicht nach einem Kassenschlager<br />
aussehen ?<br />
Kinobrille blendet<br />
Untertitel ein<br />
Warten wir ab, vielleicht werden wir ja<br />
noch überrascht. Damals bei «Ursula –<br />
Oder <strong>das</strong> unwerte Leben» hat kein Verleih<br />
den Film gewollt. Daraufhin bin ich durch<br />
die gesamte Schweiz gereist und habe den<br />
Film an Kinos vermietet. Dann passierte<br />
<strong>das</strong> Unglaubliche, und es schauten sich<br />
unzählige Menschen den Film an, die noch<br />
nie zuvor einen Fuss in einen Kinosaal gesetzt<br />
hatten.<br />
Hoffen Sie auf einen Erfolg wie in «Die<br />
Schweizermacher» ?<br />
Nein, der ist einfach eingetreten. Es ist<br />
grossartig, <strong>das</strong>s mir <strong>das</strong> passiert ist. Klar,<br />
wünsche ich mir viele Zuschauer, aber <strong>das</strong><br />
kann ich nicht steuern. Mein Motiv ist,<br />
<strong>das</strong>s die Leute nicht <strong>das</strong> Gefühl haben, sie<br />
hätten bei meinen Filmen Zeit vertrödelt,<br />
sondern <strong>das</strong>s sie noch lange über den Film<br />
nachdenken. Das gibt mir eine grosse Befriedigung.<br />
Hat denn die Ironie, die Sie auszeichnet,<br />
heute auch noch Platz in Ihren Filmen ?<br />
Ja sicher. An den bisherigen Vorführungen<br />
von «Ursula – Leben im Anderswo» wurde<br />
viel gelacht. Das hat vor allem mit der<br />
Selbstironie und dem trockenen Humor<br />
von Ursulas Pflegemutter zu tun. Es befreit,<br />
wenn man in einem Film wie diesem<br />
lachen kann.<br />
Ursula – Leben im Anderswo<br />
Die 60-jährige Ursula Bodmer hört<br />
nichts und sieht nichts. Als kleines<br />
Mädchen wurde sie in ein Heim abgeschoben<br />
– bis die Zürcher Heilpädagogin<br />
Anita Utzinger (80) sich<br />
ihrer annahm. Rolf Lyssy hat die<br />
beiden bereits Mitte der Sechzigerjahre<br />
kennen gelernt. In seinem Film<br />
begleitet er die beiden im Alltag und<br />
sucht nach Antworten aus dem Anderswo.<br />
Ein Film, in dem es auch viel<br />
zu lachen gibt.<br />
Kinobrille : Untertitel nur mit Spezialbrille sichtbar.<br />
Text : Pressetext vom 29.8.2011<br />
Text per Funk bringt Gehörlosen<br />
besseres Filmerlebnis<br />
Spezialbrillen machen künftig <strong>das</strong> Kino <strong>für</strong><br />
Gehörlose und Hörgeschädigte weitaus attraktiver.<br />
Ein Konzept, bei dem Untertitel<br />
per Funk an Brillen gesendet werden, will<br />
Sony ab 20<strong>12</strong> in englischen Kinos einführen.<br />
Die Tiefe der Brillen-Untertitel lässt sich so<br />
einstellen, <strong>das</strong>s diese <strong>für</strong> den Betrachter<br />
mit der Ebene der Leinwand übereinstimmen,<br />
wodurch der Übergang beinahe nahtlos<br />
ist. Der Entwicklung wird von seinen<br />
Entwicklern hohes Potenzial beigemessen<br />
– hat doch jeder sechste Mensch Probleme<br />
mit dem Gehör.<br />
Verdeckte Untertitel<br />
«In den USA wurde die Brille in Testphasen<br />
bereits überaus positiv aufgenommen»,<br />
berichtet Christian Vogler, Experte <strong>für</strong> Gehörlosentechnik<br />
an der Washingtoner Gallaudet<br />
University www.gallaudet.edu, im<br />
pressetext-Interview. Auch ein flächendeckender<br />
Einsatz stehe bevor, seit sich die<br />
Kinokette Regal www.regmovies.com im<br />
Rahmen einer aussergerichtlichen Einigung<br />
nach einer Klage dazu verpflichtet hat. «Die<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> die Brille – digitale<br />
Projektion und Untertitel-Ausstattung der<br />
Filme durch den Verleiher – sind im US-Kino<br />
ohnehin Standard».<br />
Als entscheidenden Vorteil der Brille sieht<br />
Vogler, <strong>das</strong>s sie verdeckte Untertitel erlaubt.<br />
«Diese sind bequem zu lesen, ohne<br />
<strong>das</strong>s dabei andere Zuseher, die keine Untertitel<br />
sehen möchten, gestört werden»,<br />
so der Experte. Die neue Brille dürfte bessere<br />
Chancen haben als ihr Vorgänger «Rearview<br />
Captioning», der sich aufgrund von<br />
Blickwinkel-Problemen nicht durchsetzte.<br />
Offene Filmuntertitel als weitere Variante<br />
sind bei Gehörlosen zwar beliebt, nicht jedoch<br />
bei den Kinoketten, die da<strong>für</strong> eigene<br />
Säle und eigene Vorführzeiten bereitstellen<br />
müssen.<br />
Fremdwort Barrierefreiheit<br />
Foto : BBC<br />
Die Kinos in der Schweiz und auch in<br />
Deutschland sind in Sachen Barrierefreiheit<br />
im Rückstand. Engagement zeigte hier<br />
in vergangenen Jahren die Initiative «deinkino»<br />
http ://deinkino.de. «Blinden wurde<br />
eine Audio-Deskription per Kopfhörer übertragen<br />
und <strong>für</strong> Gehörlose bei bestimmten<br />
Vorführungen Untertitel mittels Beamer<br />
in den laufenden Film eingeblendet», berichtet<br />
Bernd Schneider vom Portal «Taubenschlag»<br />
http ://www.taubenschlag.de<br />
gegenüber pressetext. Das Vorhaben scheiterte,<br />
da die Filmgesellschaften aus Angst<br />
vor Raubkopien die Filme nicht vorab <strong>für</strong> die<br />
Untertitelung herausgeben wollten.<br />
Weiterhin unterstützt die Filmförderungsanstalt<br />
(FFA) www.ffa.de zwar Untertitelkosten,<br />
doch wird dies von Filmproduzenten<br />
kaum in Anspruch genommen. «Man<br />
versucht nun, die Filmförderung an die Bedingung<br />
der Untertitelung zu knüpfen, wie<br />
dies bereits der Massnahmenkatalog der<br />
UN-Konvention fordert. Bis zur Umsetzung<br />
wird jedoch noch einige Zeit vergehen», so<br />
Schneider.<br />
18
Nachteilsausgleich –<br />
Ein Blick in die Rechtsgeschichte<br />
Text : Dr. iur. Stefan Erni<br />
Mit der Einführung von Nachteilsausgleichsregelungen<br />
bei Prüfungen und im<br />
Qualifikationsverfahren möchte man faire<br />
Bedingungen schaffen <strong>für</strong> behinderte Lernende.<br />
Was man als praktische Umsetzung<br />
der Forderung nach Gleichstellung<br />
betrachten kann, hat in der Rechtsgeschichte<br />
eine lange Tradition. Geht man<br />
im modernen Rechtssystem davon aus,<br />
Behinderungen in den verschiedensten<br />
Formen ernst zu nehmen und differenziert<br />
zu beurteilen, gibt es seit Jahrhunderten<br />
Rechtsgrundsätze, die aus einem Gerechtigkeitsgedanken<br />
zu einem entsprechenden<br />
Resultat führen können.<br />
« Ultra posse nemo obligatur » : Niemand<br />
kann zu etwas verpflichtet werden, <strong>das</strong> über<br />
seine Möglichkeiten hinausgeht. Dieser<br />
Grundsatz wurde vom römischen Rechtsgelehrten<br />
Celsus im zweiten vorchristlichen<br />
Jahrhundert im corpus iuris civilis, der<br />
römischen Gesetzessammlung, aufgestellt.<br />
In anderen Formulierungen heisst es « ultra<br />
vires » : Was über die eigenen Kräfte hinausgeht,<br />
kann niemandem zugemutet werden.<br />
Noch weiter zurück in der Geschichte hat<br />
der griechische Geschichtsschreiber Herodot<br />
(490 bis 420 v. Chr.) den Satz form<br />
u l i e r t :<br />
« Niemand kann zu etwas gezwungen werden,<br />
<strong>das</strong>s er nicht erfüllen kann ».<br />
Papst Bonifatius VIII. (<strong>12</strong>94 bis 1303) hat<br />
den Rechtssatz aufgestellt :<br />
« Nemo potest ad impossibile obligari », was<br />
sinngemäss der Formulierung von Celsus<br />
entspricht.<br />
Damit erweist es sich, <strong>das</strong>s in der abendländischen<br />
Rechtsgeschichte, vom antiken<br />
Griechenland über <strong>das</strong> römische Recht bis<br />
zum kanonischen Recht, d.h. dem Kirchenrecht,<br />
aufgrund eines gemeinsamen Verständnisses<br />
von Gerechtigkeit der Gedanke<br />
eines Nachteilsausgleiches verankert ist.<br />
Auf der Basis solcher Rechtsgrundsätze<br />
wurden im römischen Recht und im kanonischen<br />
Recht Fallsammlungen zur richtigen<br />
Auslegung der Rechtssätze angelegt, die<br />
sog. Kasuistik. So könnte man bei Fragen<br />
der Behinderung aus heutiger Sicht beispielsweise<br />
von folgenden Fällen ausgehen :<br />
• Die Schule veranstaltet am Sporttag einen<br />
Wettkampf im Schnelllauf. Unter den<br />
Schülerinnen und Schülern hat es Personen,<br />
die zur Fortbewegung auf einen<br />
Rollstuhl angewiesen sind. Soll man sie<br />
vom Rennen dispensieren ? Sollen sie mit<br />
adäquaten Hilfsmitteln (Rollstuhl) am<br />
Rennen teilnehmen ? Soll man ihnen einen<br />
Zeitvorsprung gewähren ?<br />
Sollen die Rollstuhlfahrer/innen unter einander<br />
einen eigenen Wettkampf austragen ?<br />
Solche Fragen lassen sich diskutieren. Einzig<br />
klar ist dabei, es ist unsinnig, ohne weitere<br />
Massnahmen ein Rennen zwischen körperlich<br />
unversehrten Athleten und solchen<br />
mit lahmen Gliedern durchzuführen.<br />
Anders sieht es im folgenden Fall aus :<br />
Ein gehörloser Lernender erklärt vor Abschluss<br />
seiner Lehre :<br />
Die Prüfung in Physik sei ihm nicht zuzumuten.<br />
Sein Lehrer sei nachweislich nicht qualifiziert<br />
<strong>für</strong> den Unterricht mit Gehörlosen. Er<br />
habe so keine Chance, die Prüfung in Physik<br />
zu bestehen. Man solle ihn von der Prüfung<br />
befreien.<br />
Hier ist zu berücksichtigen, <strong>das</strong>s mit geeigneten<br />
Förder- und Kommunikationsmitteln<br />
(Stützunterricht, Gebärdensprachdolmetscher,<br />
Unterrichtsassistenz) durchaus eine<br />
adäquate Vorbereitung auf die Prüfung<br />
möglich ist. Der Lernende kann seinen Anteil<br />
an der Verantwortung <strong>für</strong> die Prüfungsvorbereitung<br />
nicht von sich schieben. Es<br />
besteht kein objektiver Grund (« Unmöglichkeit<br />
»), die Prüfung nicht zu bestehen.<br />
In der heutigen Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung<br />
haben formal-juristische<br />
Argumente einen Vorrang vor rechtsgeschichtlichen<br />
und rechtsphilosophischen<br />
Grundsätzen. Trotzdem können solche Überlegungen<br />
zu einem vertieften Verständnis<br />
im Bereich einer längst fälligen Umsetzung<br />
des Gleichstellungsgrundsatzes führen.<br />
Der römische Kaiser Claudius (41 bis 54 n. Chr.) litt seit<br />
seiner Geburt an spastischen Lähmungen und Epilepsie.<br />
Ungeachtet seiner Behinderung, die ihm zunächst<br />
eine politische Laufbahn unmöglich machte und sich<br />
– besonders unter Aufregung – in Stottern und unkontrolliertem<br />
Speichelfluss äusserte, genoss Claudius eine<br />
fundierte Ausbildung in den Geisteswissenschaften,<br />
Griechisch, Rhetorik und als Schüler des Historikers<br />
Titus Livius auch als Geschichtsschreiber.<br />
Anmerkung<br />
Im klassischen Studium der Rechte<br />
hat man einerseits <strong>das</strong> römische und<br />
kanonische Recht studiert, anderseits<br />
die germanischen Rechtstraditionen.<br />
Im modernen Recht sind<br />
nur noch wenige Spuren des altgermanischen<br />
Rechts sichtbar (z.B. Gesamteigentum,<br />
genossenschaftliche<br />
Allmend- und Alpbewirtschaftung).<br />
Viele Rechtsinstrumente wurden aus<br />
dem römischen Recht übernommen<br />
und angepasst (z.B. Sachenrecht, Obligationenrecht).<br />
Von einem heutigen<br />
Ius-Studenten werden keine Kenntnisse<br />
des Lateins mehr verlangt. Der<br />
Autor, Stefan Erni, hat sein Studium<br />
mit dem Titel Doctor iuris utriusque<br />
abgeschlossen, d.h. beider Rechte<br />
eben des weltlichen und kirchlichen.<br />
Q uellen :<br />
• Klaus Bartels, veni vidi vici, geflügelte Worte<br />
aus dem Griechischen und Lateinischen, dtv<br />
München, 2010.<br />
• Wikipedia<br />
19
Wer war der gehörlose Maler<br />
Richard Liebermann ?<br />
Vor wenigen Jahren kannte ihn kaum jemand,<br />
der im Jahre 1900 Jahren in Neu-Ulm<br />
als Sohn eines jüdischen Hopfenhändlers<br />
geborenen Maler Richard Liebermann.<br />
Sein Leben ist bestimmt von zwei Faktoren<br />
: er ist Jude und er ist gehörlos.<br />
Die Familie war nicht vermögend, da die<br />
Mutter oft krank war und die Behandlung<br />
viel Geld kostete. Richard Liebermann<br />
hatte noch drei Geschwister. Die jüngste<br />
Schwester Gertrud hat ihn sein Leben<br />
lang begleitet.<br />
Vom Schicksal hart angefasst wurde der<br />
gehörlose Künstler verfemt, verfolgt eingekerkert<br />
und... vergessen. Eine Handvoll<br />
Menschen war es, die sich daran machte,<br />
den Lebensweg des Malers mit dem berühmten<br />
Namen aufzuspüren, der mit dem<br />
prominenten Namensvetter Max Liebermann<br />
nicht verwandt war.<br />
35 Jahre nach seinem Tod im französischen<br />
Exil wurden im Edwin Scharff Museum in<br />
Neu-Ulm erstmals in der Bundesrepublik<br />
Deutschland Bilder des gehörlosen jüdischen<br />
Malers Richard Liebermann ausgestellt.<br />
Die Ausstellung lief vom 9. November<br />
2001 bis zum 17. <strong>Februar</strong> 2002.<br />
Die letzte Richard Liebermann nahegestanden<br />
Person, seine Schwester Gertrud,<br />
war 1995 gestorben. Um die Ausstellung<br />
realisieren zu können, musste viel « Wühlarbeit<br />
» in den Archiven Augsburg, Freiburg,<br />
Konstanz und München geleistet<br />
werden. Immerhin wurde so « eine erhebliche<br />
Zahl von bisher unbekannten Akten zu<br />
Tage gefördert », wie im Katalog nachzulesen<br />
ist. Dieses zeitaufwändige Recherchieren<br />
wurde zudem ergänzt durch ein<br />
Interview mit der jüdischen Musikerin Esther<br />
Bejarano, die dem Mädchenorchester<br />
von Auschwitz angehört hatte.<br />
Schaffen und Werk<br />
Liebermanns gesamtes Werk, bestehend<br />
aus 300 Ölbildern, 180 Aquarellen und<br />
530 Zeichnungen, meist Porträt- und Landschaftsbilder,<br />
wurde von den Nationalsozialisten<br />
beschlagnahmt und versteigert.<br />
Dass man heute einen Überblick über <strong>das</strong><br />
Gesamtwerk Liebermanns hat, ist darauf<br />
zurückzuführen, <strong>das</strong>s der Maler seit seiner<br />
Selbstportrait Richard Liebermann. Aus dem Katalog zur<br />
Ausstellung im Edwin Scharff, Museum (5)<br />
Deportation stets eine Mappe mit Fotografien<br />
seiner Bilder mit sich trug. Aus diesem<br />
Grund stand die Liebermann-Ausstellung<br />
in Neu-Ulm vor zehn Jahren unter dem<br />
Motto « Spurensuche » : Bilder und Zeitzeugen<br />
aus Frankreich, Israel und den USA<br />
mussten zunächst aufgespürt werden, um<br />
Werk und Leben des gehörlosen jüdischen<br />
Künstlers rekonstruieren zu können.<br />
Richard Liebermann konvertierte 1923 in<br />
München zum katholischen Glauben. Ob<br />
Liebermann diesen Schritt nicht nur aus<br />
religiöser Überzeugung vollzog, sondern<br />
auch, um gesellschaftlicher Benachteiligung<br />
zu entkommen, konnte bisher nicht<br />
zweifelsfrei geklärt werden. Da sich Liebermann<br />
aber später in der katholischen<br />
Kirche engagierte, liegt die Vermutung<br />
nahe, <strong>das</strong>s er aus Überzeugung zum Christentum<br />
übertrat. Liebermann besuchte die<br />
« Königliche Taubstummenanstalt » und<br />
studierte von 1921 bis 1930 an der Akademie<br />
<strong>für</strong> Bildende Künste in München.<br />
1933 erhielt der Maler Ausstellungs- und<br />
Arbeitsverbot.<br />
1936 verschaffte Hugo Rosenthal, zum<br />
damaligen Zeitpunkt Leiter des jüdischen<br />
Landschulheims Herrlingen, ihm dort<br />
eine Stelle als Zeichenlehrer; Liebermann<br />
Richard Liebermann; Porträt Albert Einstein, 1930.<br />
Bleistift. Edwin-Scharff-Museum, Neu-Ulm.<br />
bezog ein Zimmer im dortigen Martin-<br />
Buber-Haus. Das jüdische Landschulheim<br />
beherbergte damals Juden, die ihre Auswanderung<br />
nach Palästina vorbereiteten.<br />
Im Zuge der « Reichskristallnacht » wurde<br />
Richard Liebermann in <strong>das</strong> KZ Dachau<br />
verschleppt. 1940 kam er in Frankreich<br />
zusammen mit französischen Juden in <strong>das</strong><br />
Internierungslager Gurs, 1941 wurde er in<br />
<strong>das</strong> Spitallager Noé verlegt. 1941 verlor<br />
Liebermann den Grossteil seiner Familie :<br />
Sein Vater verstarb im Lager Noé, seine<br />
Mutter und sein Bruder Hans wurden im<br />
Zuge des « Euthanasie-Programms » ermordet.<br />
Bislang unbekannte Umstände<br />
führten 1943 zur Entlassung Liebermanns,<br />
seines Bruders Paul und seiner Schwester<br />
Gertrude (diese hat sich 1943 ebenfalls<br />
taufen lassen). Die drei Geschwister<br />
tauchten in einem Hospiz in St. Rambert<br />
sur Loire unter. Hier verbrachte Liebermann<br />
die letzten Kriegsjahre und lebte von<br />
gelegentlichen Aufträgen und einer kleinen<br />
Wiedergutmachungsrente in Höhe von<br />
<strong>12</strong>5 DM. Ob er weitere Einkünfte hatte, ist<br />
nicht bekannt. 1966 verstarb der Künstler<br />
in St. Rambert sur Loire.<br />
Liebermann war von Geburt an gehörlos.<br />
Sein Leben ist bezeichnend <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Schicksal jüdischer gehörloser Künstler
während der Nazizeit – ähnlich erging es<br />
Rudolf Franz Hartogh, David Bloch und<br />
Hans Bloch : alle drei gehörten in doppelter<br />
Hinsicht einer kulturellen Minderheit<br />
an, zu der bis heute kaum Forschungsarbeiten<br />
vorliegen : Hartogh war Christ, aber<br />
jüdischer Herkunft; David Bloch war Jude,<br />
Hans Bloch war jüdischer Herkunft – und<br />
alle drei waren gehörlos.<br />
Anders als Max Liebermann, der von sich<br />
sagte, <strong>das</strong>s er als Jude geboren sei und<br />
als Jude sterben werde, war Richard Liebermann<br />
überzeugter Katholik. Nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg versah er <strong>das</strong> Amt eines<br />
Kirchendieners. In diesen Jahren gestaltete<br />
er zunehmend christliche Motive in seinen<br />
Bildern. So malte er z.B., in möglicher Anspielung<br />
auf seinen Lageraufenthalt, eine<br />
Christusfigur, die über dem Lager Noé<br />
schwebt. Traurige Bilanz <strong>für</strong> Richard Liebermann<br />
war, <strong>das</strong>s ihn der Übertritt zum christlichen<br />
Glauben nicht vor der Verfolgung bewahrte<br />
: Für die Nationalsozialisten blieb er<br />
ein Jude. Weshalb er 1923 zum katholischen<br />
Glaube wechselte, ist noch nicht bekannt.<br />
Pater Edelbert Kurz, der Seelsorger an dem<br />
Königlichen Zentral-Taubstummen-Institut<br />
in München war, taufte Richard in der St.<br />
Anna-Kirche in München auf den katholischen<br />
Glauben. Sein Schulfreund Rudolf<br />
Kreuzer half ihm, den Attacken der Nazis zu<br />
entkommen.<br />
Das Wohlwert-Warenhaus in Ulm im April 1933. Aus dem Katalog zur Ausstellung.<br />
Die Ausstellung 2001/2007, bei der auch<br />
Korrespondenzen des Malers vorgestellt<br />
wurden, zeigte Liebermanns künstlerisches<br />
Schaffen vor dem Hintergrund der damaligen<br />
politischen Entwicklung in Deutschland.<br />
Das Werk Liebermanns – so wird deutlich<br />
– ist untrennbar mit den politischen<br />
Ereignissen seiner Zeit verbunden. Der Lernphase,<br />
die durch den akademischen Einfluss<br />
geprägt ist, folgt eine Phase, in der seine<br />
Bilder in zunehmend hellen Farben gehalten<br />
sind. Mit der Machtübernahme durch die<br />
Nationalsozialisten werden die Bilder dunkler.<br />
Und erst nach Kriegsende findet Liebermann<br />
wieder zu helleren Farben zurück, wodurch<br />
die Bilder optimistischer wirken. Die<br />
letzte Schaffensphase zeichnet sich durch<br />
experimentierfreudige Collagen aus.<br />
Der Maler Richard Liebermann wurde als<br />
Gehörloser und als Jude von der Gesellschaft<br />
wahrgenommen. Er hatte Kontakte<br />
zu Albert Einstein und Max Liebermann<br />
und somit Zugang zur Welt der Etablierten<br />
und Hörenden, was <strong>für</strong> einen Gehörlosen<br />
nicht selbstverständlich ist. Andererseits<br />
Richard Liebermann; Der Zeitungsleser. 1933.<br />
Aus dem Katalog zur Ausstellung.<br />
war Liebermann nicht in Gehörlosenvereinen<br />
tätig und trat auch nicht <strong>für</strong> deren politische<br />
Belange ein. Als gehörloser Maler<br />
konnte sich Liebermann, ähnlich wie andere<br />
gehörlose jüdische Maler, durch seine<br />
Bilder entfalten, ohne auf die «hörende<br />
Welt» angewiesen zu sein. Aus den Lebensgeschichten<br />
von Richard Liebermann<br />
und Rudolf Franz Hartogh kann man sehen,<br />
<strong>das</strong>s Gehörlose damals als Maler eine akademische<br />
Ausbildung erlangen konnten.<br />
Gehörlose konnten sich über die visuelle<br />
Ebene als Maler im Wettbewerb mit Hörenden,<br />
in einer Welt der Hörenden, etablieren<br />
und Karriere machen.<br />
Prägende Lebensstationen<br />
Richard Liebermann erlernte Kunst bei<br />
Professor und Kunstmaler Walter Thor in<br />
München. 1921 ging er an die Akademie<br />
der Bildenden Künste in München. Hier<br />
studierte er bis 1930 <strong>das</strong> Kunstfach «Malerei».<br />
Unter anderem studierte er bei dem<br />
bekannten Professor Franz von Stuck.<br />
1925 beauftragte Dr. Friedrich Wanner, der<br />
damals als HNO-Arzt im Königlichen Zentral-Taubstummen-Institut<br />
München tätig<br />
war, Richard Liebermann, ein Gemälde<br />
von ihm anzufertigen. Dem Doktor war <strong>das</strong><br />
Maltalent Liebermanns bereits bekannt.<br />
1923 fertigte er ein Gemälde <strong>für</strong> Anton Hofbauer,<br />
den Direktor des Königlichen Zentral-Taubstummen-Institut<br />
München.<br />
Die Familie Anguli erhält <strong>das</strong> bekannte Gemälde<br />
«Die Messe auf dem Münsterplatz<br />
(Ulm)» von Richard Liebermann. Sie ver-<br />
21
liess wegen der Verfolgung durch die Nazis<br />
Deutschland und wanderte nach Amerika<br />
aus und nahm <strong>das</strong> Bild mit. Heute ist<br />
es im Edwin-Scharff-Museum zu sehen.<br />
Der Ulmer Zeitungsverleger Eberhard Ebner<br />
kaufte <strong>das</strong> Bild «Der Zeitungsleser»<br />
bei Richard Liebermann. Auf dem Bild<br />
«Der nationale Aufbruch», welches im<br />
«Ulmer Tagesblatt» erschien, sind – kaum<br />
lesbar – die Worte «Heil Deutschland» zu<br />
sehen. Das dürfte als Kritik des Künstlers<br />
an der drohenden bzw. von anderen herbeigewünschten<br />
Veränderung der Welt<br />
verstanden werden. Das Bild entstand im<br />
Jahr 1933.<br />
Richard Liebermann fertigte Gemälde<br />
von den berühmten Leuten : z. B. Albert<br />
Einstein oder auch Max Liebermann, der –<br />
wie erwähnt – nicht mit ihm verwandt ist.<br />
Inzwischen porträtierte er Menschen im<br />
ganzen Land und zeichnete Landschaftsgemälde.<br />
Durch die zunehmende Auftragslage<br />
wurde ihm bewusst, <strong>das</strong>s er eine<br />
künstlerische Zukunftsperspektive hat.<br />
Zwei Tage nach der Reichskristallnacht<br />
1938, also blitzschnell, wurden Richard<br />
Liebermann und sein Bruder Hans von der<br />
Gestapo verhaftet und als «Schutzhaftjuden»<br />
ins KZ Dachau gebracht. Ungefähr<br />
nach einem Monat wurde sie jedoch entlassen.<br />
Ihr Ausweis wurde erstmals mit<br />
dem Buchstaben «J» ausgestellt.<br />
Aufgrund des zunehmenden Judenhasses<br />
in Deutschland beantragte Familie<br />
Liebermann die Auswanderung über Holland<br />
und England nach Amerika. Diese<br />
Reise misslang jedoch. Inzwischen waren<br />
viele Gemälde Richards in Rotterdam/<br />
Holland gelagert, wurden von den Nazis<br />
beschlagnahmt und ohne Entschädigung<br />
restlos verkauft.<br />
Nach wiederholter Verhaftung durch die<br />
Gestapo wurde Richard Liebermann 1940<br />
mit seinem Vater, seinem Bruder Paul und<br />
seiner Schwester Gertrud in <strong>das</strong> französische<br />
Lager Gurs am Fusse der Pyrenäen<br />
gebracht. Seine Mutter und sein Bruder<br />
Hans wurden nicht dorthin deportiert,<br />
weil sie krank waren und zwei Jahre später<br />
in einem Krankenhaus durch die Giftspritze<br />
(sog. «Euthanasie-Programm»)<br />
umgebracht wurden.<br />
6500 der Juden, die nach Gurs gekommen<br />
waren, konnten fliehen und auswandern.<br />
Aber der Grossteil der Inhaftierten überlebte<br />
diese Katastrophen nicht. Schweizer<br />
Verwandte (mütterlicherseits) halfen<br />
Richard Liebermann mit Geld, damit die<br />
Familie in <strong>das</strong> französisches Spitallager<br />
Noé gebracht werden konnten. Der Vater<br />
von Richard Liebermann verstarb im<br />
Lager Noé. Die Zeichnungen und Malereien<br />
von dort zeigten die vielen Leiden des<br />
Lageralltages wie Hungersnöte, eiskalte<br />
Winter ohne Ofen in Baracken.<br />
Während Richard Liebermann am Bodenseeufer<br />
zeichnete, lernte er den Direktor<br />
Hugo Rosenthal vom jüdischen Landschulheims<br />
Herrlingen kennen. Der Direk tor<br />
war fasziniert von ihm und stellte ihn als<br />
Kunsterzieher ein und war dort während<br />
des Dritten Reiches tätig. Er unterrichtete<br />
hörende Schülerinnen in der Schule. Die<br />
Schülerinnen mochten ihn persönlich<br />
sehr, den Zeichenunterricht von anderen<br />
Lehrern dagegen nicht.<br />
Richard Liebermann las von den Lippen<br />
der Schülerinnen sehr gut ab. Wenn es in<br />
Ausnahmen grosse Kommunikationsprobleme<br />
gab, wurde schriftlich erklärt oder<br />
gefragt.<br />
Bis zum Jahr 1933 durfte er viele seiner<br />
Bilder in öffentlichen Ausstellungen zeigen.<br />
Dann wurde ihm <strong>das</strong> durch die Nazis<br />
verboten. Damit war seine Künstlerkarriere<br />
beendet. Heimlich zeichnete er jedoch<br />
<strong>für</strong> verschiedene Privatleute noch<br />
Portraits und Gemälde.<br />
Richard Liebermann als junger Student…<br />
« Messe auf dem Münsterplatz in Ulm».<br />
… und nach der Entlassung aus dem KZ Dachau.
Trotz Materialmangels malte er viele Portraits<br />
von Häftlingen in Gurs und Noé. Unter<br />
einem Decknamen schickten ihm Verwandte<br />
oft Pakete mit Malutensilien. Der Hunger<br />
und <strong>das</strong> tägliche Elend konnten ihn keine<br />
fröhlichen, schönen und lebendigen Bilder<br />
malen lassen. Seine seelische Verfassung<br />
verschlechterte sich.<br />
Angeblich kauften Schweizer Verwandte<br />
Richard, Paul und Gertrud Liebermann<br />
vom Lager Noé 1943 frei. Als Unterstützung<br />
bekamen die drei Geschwister bis<br />
1946 von ihnen Pakete und Geld über eine<br />
Deckadresse an Richard Liebermann.<br />
Richard, Gertrud und Paul Liebermann<br />
zogen anfangs unerkannt nach St. Just-<br />
St. Rambert um. Für die drei waren St. Just<br />
und St. Rambert nach dem Kriegsende<br />
eine neue Heimat. Dieser Ort liegt 50 km<br />
von Lyon entfernt. Sie lebten in einem von<br />
Nonnen geführten Heim. Aufgrund des<br />
schlimmen Lageraufenthaltes war Paul<br />
Liebermann an den Rollstuhl gefesselt.<br />
Paul Liebermann starb im Jahre 1958 an<br />
diesen Spätfolgen. Richard zeichnete jedoch<br />
nicht mehr in Grau- und Brauntönen,<br />
sondern es entstanden farbintensive Gemälde,<br />
die vor Fröhlichkeit leuchteten. Er<br />
verwandte trotz seiner späteren Parkinsonschen<br />
Krankheit auch neue Techniken<br />
: Collagen, die er aus Schokoladenund<br />
Silberpapier erstellte, welches ihm<br />
der befreundete Zuckerbäcker schenkte.<br />
Er hatte während seines 23-jährigen Aufenthalts<br />
keine öffentliche Ausstellung in<br />
Frankreich.<br />
Zwischen Richard Liebermann und den<br />
französischen Bewohnern traten Kommunikationsprobleme<br />
auf, weil er gehörlos<br />
war und die französische Sprache nicht<br />
beherrschte. Er verwendete jedoch eine<br />
andere Kommunikationsform : er schrieb<br />
auf Briefpapier, wenn er etwas mitteilen<br />
wollte, und seine Schwester übersetzte<br />
<strong>das</strong> Geschriebene dann ins Französische.<br />
Es gab oft «Briefwechsel» zwischen<br />
Richard und anderen (per Schwester).<br />
Am 10. Dezember 1966 starb Richard<br />
Liebermann in St. Just-St. Rambert und<br />
wurde dort begraben.<br />
Seine Schwester Gertrud kehrte 1979<br />
nach Deutschland zurück und lebte im Alten-<br />
und Pflegeheim in Konstanz, wo sie<br />
im Jahr 1995 verstarb.<br />
Neues Buch über Richard<br />
Liebermann<br />
Raffael Wieler-Bloch hat als Angehöriger<br />
der Grossfamilie Wieler gewissermassen<br />
von innen Leben und Lebensleistung<br />
von Richard Liebermann in einer besonders<br />
einfühlsamen und liebevollen<br />
Weise nachgezeichnet wie in einer Art<br />
Fachwerkbau : Zwischen dem hand- und<br />
standfesten Balkengerüst der objektiven<br />
Daten und Fakten hat er feinfühlig, geistreich,<br />
lustig, spannend, subtil, traurig,<br />
witzig verdichtete Zeilenwerke eingefügt,<br />
welche die damalige Wirklichkeit des Familienlebens<br />
der Liebermanns so realistisch<br />
beschreiben, wie es hätte gewesen<br />
sein können.<br />
Zwar war Richard Liebermann auch<br />
schon vor dem vorliegenden Buch vor<br />
dem Schicksal bewahrt geblieben, ein<br />
völlig vergessener Künstler zu werden.<br />
Gernot Römer hat ihn bereits 1995 erwähnt,<br />
in : « Ein fast normales Leben, Erinnerungen<br />
an die jüdischen Gemeinden<br />
Schwabens, Ausstellung in Augsburg,<br />
Lebensgeschichte und Bilder zu Richard<br />
Liebermann». Zu erinnern ist auch an die<br />
wohl erste grosse, 35 Jahre nach seinem<br />
Tod aber keinesfalls verfrühte Ausstellung<br />
« Spurensuche : Richard Liebermann<br />
1900–1966. Lebenslinien eines gehörlosen<br />
jüdischen Künstlers» im Edmund<br />
Scharff Museum.<br />
Das Buch von Wieler-Bloch besticht mit<br />
starker Erzähl- und Darstellungskraft,<br />
und mit der berührenden, beglückenden,<br />
tragischen, traurigen, unheimlich<br />
verdichteten Familiensaga « Richard Liebermann<br />
– Der gehörlose Porträt- und<br />
Landschaftsmaler 1900 – 1966». Dem Autor<br />
ist mit diesem Werk zweifellos ein exzellenter<br />
Wurf gelungen – und nicht zuletzt<br />
eine liebevolle, opulente, substanzielle<br />
Hommage an einen unvergessenen und<br />
unvergesslichen Künstler.<br />
In diesem Buch leistet Raffael Wieler-<br />
Bloch einen sehr persönlichen Beitrag<br />
zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhundert.<br />
Er zeigt, zu welchem Grauen<br />
blinder Gehorsam führt, aber auch, was<br />
überlebt : Menschenhilfe, Mut, Geschwisterliebe<br />
und Erinnerungen, die es aufzuzeichnen<br />
gilt, damit sie lebendig bleiben.<br />
Raffael Wiler-Bloch : « Richard Liebermann.<br />
Der gehörlose Porträt- und Landschaftsmaler<br />
1900 – 1966 ». Hartung-Gorre<br />
Verlag Konstanz, ca. Fr. 34.–.<br />
[lk]<br />
Quellenangaben :<br />
• http ://www.taubenschlag.de/SSH/1068.htm<br />
• Sendung des Bayerischen Rundfunks (9.<br />
Dezember 2001 SEHEN STATT HÖREN, Deutsche<br />
Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen<br />
und Schwerhörigen e. V.) über Richard<br />
Liebermann.<br />
• Spurensuche : Richard Liebermann. 1900<br />
bis 1966. Lebenslinien eines gehörlosen,<br />
jüdischen Künstlers. Edwin Scharff Museum<br />
Neu-Ulm. 9.Nov. 2001 bis 3. Febr. 2002.<br />
Katalog. Hrg. Helga Gutbrod, Städtische<br />
Sammlungen Neu-Ulm.<br />
• Monacensia Gebärdende Historie : Franziska<br />
(Gitta) Fehringer und Markus Beetz<br />
23
Nils Jent verpasst um Haaresbreite<br />
die Auszeichnung «Schweizer<br />
des Jahres»<br />
Dr. Nils Jent hat Grossartiges erreicht.<br />
Foto : Marcel Studer<br />
Das Schweizer Radio und Fernsehen hat<br />
Dr. Nils Jent vom Center for Disability and<br />
Integration (CDI-HSG) am 11. Januar 20<strong>12</strong><br />
<strong>für</strong> einen Swiss Award nominiert. Die Swiss<br />
Awards <strong>für</strong>s Jahr 2011 wurden am 14. Januar<br />
20<strong>12</strong> vergeben.<br />
Dr. Nils Jent hatte dank der Nominierung<br />
die Chance, «Schweizer des Jahres» 2011 in<br />
der Kategorie Gesellschaft zu werden. Am<br />
Televoting vom 14. Januar 20<strong>12</strong> erzielte er<br />
den grossartigen zweiten Rang – nur ganz<br />
knapp hinter dem Skirennfahrer Didier<br />
Cuche, der an diesem Abend zum Schweizer<br />
des Jahres gekürt wurde. Damit hat Nils Jent<br />
als erster Mensch mit einer Behinderung<br />
es leider ganz knapp verpasst, einen Swiss<br />
Award zu erhalten.<br />
Willenskraft und Vorbildfunktion<br />
Der 1962 geborene Nils Jent überlebte mit<br />
achtzehn Jahren einen Motorradunfall.<br />
Als er aus dem Koma erwachte, konnte er<br />
sich nicht bewegen, war blind geworden<br />
und hatte seine Sprechfähigkeit verloren.<br />
Schritt <strong>für</strong> Schritt kämpfte er sich ins Leben<br />
zurück. Trotz seiner Behinderung lernte er<br />
nicht nur weitgehend selbständig zu leben,<br />
sondern studierte an der Hochschule<br />
St. Gallen Betriebswirtschaft. In seiner<br />
Doktorarbeit zeigte er erstmals auf, wie<br />
sich durch die Zusammenarbeit von Behinderten<br />
und Nichtbehinderten nicht nur soziale,<br />
sondern auch wirtschaftliche Vorteile<br />
ergeben. Heute gehört er dem Team des<br />
Center for Disability and Integration (CDI)<br />
der Universität St. Gallen an. Seinen grössten<br />
Erfolg sieht er darin, <strong>das</strong>s er nie aufgegeben<br />
hat. Eine Erfolgsgeschichte, die<br />
ihresgleichen sucht.<br />
Nils Jent wurde am 11. Januar 20<strong>12</strong> vom<br />
Schweizer Radio und Fernsehen <strong>für</strong> einen<br />
Swiss Award nominiert <strong>für</strong> «seine Willenskraft<br />
und <strong>für</strong> seine Rolle als Vorbild <strong>für</strong> andere,<br />
die ein ähnliches Schicksal teilen.<br />
Film und Buch veröffentlicht<br />
Heute forscht Jent an Möglichkeiten <strong>für</strong><br />
Unternehmen, Stellen <strong>für</strong> Behinderte zu<br />
schaffen. Nils Jent verfügt über eine unglaubliche<br />
Willensleistung, die berührt und<br />
zeigt, <strong>das</strong>s der Wille <strong>das</strong> unmöglich Scheinende<br />
zu erreichen stärker ist als jede Behinderung.<br />
Am Zurich Film Festival 2011 wurde der<br />
Film «Unter Wasser atmen» über Nils Jent<br />
mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.<br />
2011 erschien auch <strong>das</strong> Buch des bekannten<br />
Fernsehmoderators Röbi Koller «Dr.<br />
Nils Jent : Ein Leben am Limit».<br />
Neue Horizonte der Leistungsfähigkeit<br />
in der Arbeitswelt<br />
Es gibt mittlerweile viele Menschen, die<br />
kapitulieren und scheitern. Nils Jent gehört<br />
nicht zu ihnen, auch wenn er mehr als die<br />
Röbi Koller und Dr. Nils Jent.<br />
meisten anderen ausreichend<br />
Gründe dazu hätte.<br />
Nils Jent ist ein vorbildliches Beispiel da<strong>für</strong>,<br />
was ein Mensch mit der Konzentration auf<br />
seine Fähigkeiten und Stärken alles erreichen<br />
kann. Trotz oder gerade wegen seines<br />
Schicksalsschlages hat er sich dem Motto<br />
verschrieben : « Tue was Du kannst, mit dem<br />
was Du hast, da wo Du bist. » Er zeigt damit<br />
eindrücklich, was mit Ability-Management<br />
in der Arbeitswelt alles möglich wäre. Demgegenüber<br />
befassen sich Führungskräfte –<br />
hierzulande und auch weltweit – legitimiert<br />
durch MbO-Programme (Management by<br />
objectives, d.h. Führen durch Zielvorgaben),<br />
schwergewichtig mit dem Sanktionieren von<br />
Unfähigkeiten und unerfüllten Zielsetzungen.<br />
Die daraus resultierenden Konsequenzen<br />
sind einschneidend. Dies veranschaulichen<br />
beispielsweise die vielen von Burnout<br />
betroffenen Menschen sowie die gravierende<br />
Zunahme psychischer Erkrankungen.<br />
Nils Jent weiss wie kein anderer, Schwächen<br />
und Behinderungen muss man kennen, aber<br />
nicht um sie zu beseitigen, sondern um<br />
sie zu kompensieren. Er ist ein Meister der<br />
Selbstmotivation, vergegenwärtigt sich immer<br />
wieder seine Fähigkeiten und <strong>das</strong> Gute<br />
im Schlechten. Nils Jent zeigt dem Management<br />
in der Wirtschaft auf einmalige Art und<br />
Weise neue Horizonte der Leistungsfähigkeit<br />
eines Menschen auf und führt ihm damit<br />
auch die drastischen Folgen von Fehlverhalten<br />
vor Augen.<br />
Nils Jent, eine Person mit einer Behinderung,<br />
die viel Hoffnung und Mut macht.<br />
Foto : Marcel Studer
In Kürze<br />
Interessante Website –<br />
www.workandcare.ch<br />
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in<br />
aller Munde. Gemeint sind üblicherweise Erwerbstätige<br />
mit kleinen gesunden Kindern.<br />
Wenig bekannt ist, wie Erwerbstätigkeit und<br />
Pflege von kranken oder behinderten Angehörigen<br />
zu vereinbaren sind. Wie viele Erwerbstätige<br />
sind in der Schweiz davon betroffen ?<br />
Welche Herausforderungen stellen sich den<br />
Berufstätigen, Arbeitgebern und dem Gesundheitswesen<br />
? Welche Lösungsansätze<br />
<strong>für</strong> Arbeitnehmende und Arbeitgebende sind<br />
denkbar ?<br />
Hier knüpfen die Projekte « work & care » an<br />
und setzen damit einen <strong>für</strong> die Schweiz neuen<br />
Fokus : Die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit<br />
und Angehörigenpflege.<br />
Stephen Hawking feiert 70. Geburtstag<br />
Er ist der berühmteste Physiker seit Albert Einstein<br />
: Stephen Hawking, durch eine unheilbare<br />
degenerative Nervenerkrankung (ALS) schon<br />
lange an den Rollstuhl gefesselt. Er gilt vielen<br />
als <strong>das</strong> grösste Genie unserer Tage. Sein<br />
Sachbuch «Eine kurze Geschichte der Zeit»<br />
ist <strong>das</strong> erfolgreichste populärwissenschaftliche<br />
Werk überhaupt. Durch einen Luftröhrenschnitt<br />
verlor er seine Stimme. Er spricht über<br />
einen Computer, den er mittlerweile nur noch<br />
mit den Augen steuern kann. Diese körperliche<br />
Einschränkung macht den Physiker zum fast<br />
schon klischeehaften Beispiel da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s der<br />
Geist auch in einem verfallenden Körper quicklebendig<br />
bleiben kann. Nach der Diagnose<br />
seiner Krankheit im Jahr 1963 gaben die Ärzte<br />
Hawking nur noch wenige Jahre zu leben. Nun<br />
feierte der Professor aus Cambridge am 8. Januar<br />
20<strong>12</strong> seinen 70. Geburtstag - und hat damit<br />
die Prognosen seiner Ärzte um Jahrzehnte<br />
überlebt.<br />
Easyjet verurteilt wegen<br />
Diskriminierung von Behinderten<br />
Die Schweizerische Depeschenagentur teilt<br />
am 14. Januar 20<strong>12</strong> mit, <strong>das</strong>s die Billigfluggesellschaft<br />
Easyjet wegen ihres Umgangs mit<br />
behinderten Reisenden zu einer Geldstrafe<br />
von 70‘000 Euro verurteilt worden ist. Es sei<br />
diskriminierend, <strong>das</strong>s die Airline einige behinderte<br />
Kunden ohne Begleitperson nicht ins<br />
Flugzeug gelassen hatte. Drei Betroffenen, die<br />
als Nebenkläger aufgetreten waren, sprach ein<br />
Gericht bei Paris am 13. Januar 20<strong>12</strong> je 2000<br />
Euro Schadenersatz zu. Easyjet hatte sich im<br />
Prozess auf europäische Sicherheitsvorschriften<br />
berufen. Sie erlauben in Ausnahmefällen,<br />
die Beförderung von Passagieren abzulehnen.<br />
This-Priis-Vergabe 20<strong>12</strong><br />
Die Firma Kägi geht mit gutem Beispiel voran<br />
und beschäftigt drei Menschen mit geistiger<br />
oder zerebraler Behinderung. Da<strong>für</strong> wurde<br />
<strong>das</strong> Unternehmen am 24. Januar 20<strong>12</strong> in Zürich<br />
mit dem This-Priis ausgezeichnet. Dieser<br />
mit 25‘000 Franken dotierte Preis wird jedes<br />
Jahr an Firmen verliehen, die in vorbildlicher<br />
Weise Menschen mit Handicap in den Arbeitsprozess<br />
integrieren. Dazu gehört auch die<br />
Zürcher Grosshandelsfirma Elektro-Material<br />
AG. Auch sie wurde am 24. Januar 20<strong>12</strong> ausgezeichnet,<br />
weil sie vier behinderte Mitarbeiter<br />
beschäftigt. Darunter einen ehemaligen Spitzensportler,<br />
der von einem Auto angefahren<br />
wurde und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma<br />
erlitt. Er absolviert bei Elektro-Material eine<br />
Logistiker-Lehre. Raimund Staubli, der Leiter<br />
des Winterthurer Stahlrohrspezialisten Kägi,<br />
ist überzeugt, <strong>das</strong>s es in jedem Betrieb Arbeit<br />
<strong>für</strong> Menschen mit Behinderung gibt – und zwar<br />
mit wirtschaftlichem Nutzen <strong>für</strong> <strong>das</strong> Unternehmen<br />
(vgl. www.this-priis.ch).<br />
Leben und<br />
Glauben<br />
Beten – Privatsache ?<br />
Humorvoll ernsthaft im Fastnachtsmonat<br />
<strong>Februar</strong><br />
Mensch : Vater Unser im Himmel.<br />
Gott : Ja.<br />
Unterbrich mich nicht. Ich bete.<br />
Aber du hast mich angesprochen.<br />
Ich, dich angesprochen ? Äh..., nein, eigentlich<br />
nicht. Das beten wir eben so : Vater Unser im<br />
Himmel.<br />
Da ! Schon wieder ! Du willst ein Gespräch beginnen.<br />
Worum geht es ?<br />
Geheiligt werde Dein Name...<br />
Meinst du <strong>das</strong> ernst<br />
Was soll ich denn ernst nehmen ?<br />
Ja, was bedeutet <strong>das</strong> denn, meinen Namen<br />
heiligen ?<br />
Es bedeutet..., es bedeutet..., meine Güte woher<br />
soll ich <strong>das</strong> denn wissen ?<br />
Es bedeutet, du willst mich ehren, ich bin dir<br />
einzigartig, mein Name ist wertvoll <strong>für</strong> dich.<br />
Aha. Hm... Ja <strong>das</strong> verstehe ich... Dein Reich<br />
komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel,<br />
so auf Erden...<br />
Tust du etwas da<strong>für</strong> ?<br />
Natürlich ! Ich gehe regelmässig zum Gottesdienst,<br />
ich spende Geld...<br />
Ich will mehr. Dein Leben soll in Ordnung kommen.<br />
Ich will, <strong>das</strong>s allen Menschen geholfen<br />
wird. Ich will, <strong>das</strong>s Kranke geheilt, Hungernde<br />
gespeist, Trauernde getröstet und Gefangene<br />
befreit werden. Alles was du diesen Menschen<br />
tust, tust du <strong>für</strong> mich.<br />
Warum hältst du <strong>das</strong> ausgerechnet mir vor ?<br />
Entschuldige. Ich dachte du betest wirklich <strong>für</strong><br />
meinen Willen und mein Reich. Das geht nur<br />
persönlich.<br />
Unser tägliches Brot gib uns heute...<br />
Oh, wie ich sehe bist du schon ziemlich rund.<br />
Deine Bitte schliesst nicht nur die äussere Ernährung<br />
sondern die Innere ein, da<strong>für</strong> musst<br />
du etwas tun.<br />
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir<br />
vergeben unseren Schuldigern...<br />
Und Ur s ?<br />
Von dem habe ich genug, wenn ich den schon<br />
sehe... !<br />
Und dein Gebet ?<br />
Ich weiss nicht, ob ich mich überwinden kann ?<br />
Ich helfe dir dabei.<br />
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern<br />
erlöse uns von dem Bösen...<br />
Nichts lieber als <strong>das</strong>. Du kennst doch deine<br />
schwachen Punkte.<br />
Uff ! Schwieriges Vater Unser, aber lebendig.<br />
Gott : Schön wir kommen vorwärts. Bete ruhig<br />
zu Ende.<br />
Denn Dein ist die Kraft und die Herrlichkeit in<br />
Ewigkeit. Amen.<br />
Weisst du, was ich herrlich finde ? Wenn die<br />
Menschen anfangen mich ernst zu nehmen<br />
und aufrichtig beten, mir nachfolgen und meinen<br />
Willen tun, wenn sie spüren, <strong>das</strong>s sie <strong>das</strong><br />
glücklich macht.<br />
Nach : « Unterbrich mich nicht Herr, ich bete »<br />
Bearbeitet von Britta Berti- Maisch<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge Zürich<br />
25
Koordinationssitzung<br />
Kirchliche Veranstaltungen<br />
katholische<br />
Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />
Gehörlosengemeinden<br />
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REGION AARGAU<br />
Kath. Gehörlosenseelsorge im Kt. Aargau<br />
Theaterplatz 1, 5400 Baden<br />
Peter Schmitz-Hübsch<br />
Gehörlosenseelsorger<br />
Tel. 056 222 13 37, Fax 056 222 30 57<br />
E-Mail : peter.schmitzhuebsch@gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 10.00 Uhr<br />
Kath. Gottesdienst mit der hörenden<br />
Gemeinde St. Peter und Paul, Aarau,<br />
mit Gebärdensprachdolmetscher/in<br />
Ausschreibung : 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Sonntag, 26. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Kath. Gottesdienst mit Spendung des<br />
Aschekreuzes. Herz-Jesu Kirche in Lenzburg,<br />
anschliessend Kirchenkaffee<br />
Ausschreibung : 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
REGION BASEL<br />
Katholische Hörbehindertenseelsorge KHS<br />
Basel, Häslirain 31, 4147 Aesch BL<br />
Tel. 061 751 35 00, Fax 061 751 35 02<br />
E-Mail : khs.rk@bluewin.ch<br />
Samstag, 25. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Gehörlosengottesdienst zur Fastenzeit<br />
mit Felix Weder, Gehörlosenseelsorger,<br />
Gebärdendolmetscher und<br />
Projektion mit dem Beamer<br />
anschliessend Fastensuppe<br />
und Austausch<br />
Samstag, 10. März 20<strong>12</strong><br />
Gehörlosengottesdienst in Bern<br />
Gottesdienst <strong>für</strong> Gehörlose und<br />
Hörbehinderte,<br />
offen <strong>für</strong> alle Interessierte<br />
deutsch gesprochen<br />
Projektion der Texte mit dem Beamer<br />
anschliessend Austausch bei Kaffee<br />
und Kuchen<br />
REGION ST. GALLEN<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge<br />
des Bistums St.Gallen<br />
Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />
Dorothee Buschor Brunner<br />
Gehörlosenseelsorgerin<br />
Tel. 071 227 34 61, Fax 071 227 33 41<br />
E-Mail :<br />
gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch<br />
REGION ZÜRICH<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge<br />
Kt. Zürich<br />
Beckenhofstrasse 16, 8006 Zürich<br />
Telescrit 044 360 51 51<br />
Tel. 044 360 51 51, Fax 044 360 51 52<br />
E-Mail : info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />
Ökumenischer Gottesdienst in<br />
der Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
mit anschliessendem Kirchenkaffee<br />
Ausschreibung : 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Mittwoch, 22. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 19.00 Uhr<br />
Aschermittwoch. Andacht mit hörender<br />
Gemeinde St. Marien, Oberwinterthur,<br />
mit Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />
Ausschreibung : 15. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Sonntag, 26. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 11.00 Uhr<br />
1. Fastensonntag. Mit hörender Gemeinde<br />
St. Peter und Paul, Zürich,<br />
mit Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />
Ausschreibung : 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
REGION BERN<br />
Kath. Gehörlosenseelsorge SO + BE<br />
Felix Weder-Stöckli<br />
Lindehus, Oberdorfstrasse 23, Postfach<br />
3053 Münchenbuchsee<br />
Tel. : 031 869 57 32, Fax : 031 869 57 05<br />
Natel : 078 833 51 01<br />
E-Mail : felix.weder@kathbern.ch<br />
www.kathbern.ch/gehoerlose.ch<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
Gehörlosengottesdienst in Grenchen<br />
Kommunionfeier mit Felix Weder<br />
Projektion mit Beamer und<br />
Gebärdensprache<br />
Anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Sonntag, 5. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 9.30 Uhr<br />
Gottesdienst in der Schutzengelkapelle,<br />
mit Dorothee Buschor Brunner und Pfarrer<br />
Titus Lenherr<br />
Sonntag, 4. März 20<strong>12</strong>, 9.30 Uhr<br />
Gottesdienst in der Fastenzeit, in der<br />
Schutzengelkapelle<br />
mit Dorothee Buschor Brunner und<br />
Pfarrer Alfons Sonderegger
<strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong><br />
evangelische<br />
Gehörlosen gemeinden<br />
REGION ZÜRICH<br />
Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />
Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />
Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />
E-Mail : gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />
Fax 044 311 90 89<br />
Pfr. Matthias Müller Kuhn<br />
Tel. : 043 810 82 75<br />
E-Mail : matthias.mueller.zh@ref.ch<br />
Freitag, 3. <strong>Februar</strong>, 19.30 Uhr<br />
Ökum. Gehörlosentreffpunkt<br />
<strong>für</strong> Jugendliche und junggebliebene<br />
Erwachsene<br />
Gehörlosenpfarramt Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong>, 14.30 Uhr<br />
Ökum. Gottesdienst<br />
Gehörlosenkirche Oerlikon<br />
Sonntag, 26. <strong>Februar</strong>, 10.00 Uhr<br />
Ref. Gottesdienst mit Abendmahl<br />
Hirzelheim Regensberg<br />
Mittwoch, 29. <strong>Februar</strong>, <strong>12</strong>.00 Uhr<br />
Mittagstisch, Ref. Gehörlosenpfarramt<br />
Zürich-Oerlikon<br />
Samstag, 3. März, <strong>12</strong>.00 Uhr<br />
Ökum. Feier zum Weltgebetstag der Frauen<br />
« Malaysia », mit hörender Ref. Gemeinde<br />
Baden, Ref. Kirche Baden<br />
Sonntag, 04. März, 14.00 Uhr<br />
Kulturkino, ökum. Gehörlosentreffpunkt,<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
Freitag, 09. März, 19.30 Uhr<br />
Ökum. Gehörlosentreffpunkt <strong>für</strong> Jugendliche<br />
und junggebliebene Erwachsene<br />
Ref. Gehörlosenpfarramt Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, 11. März, 14.30 Uhr<br />
Ref. Gottesdienst, in der Ref. Stadtkirche<br />
Winterthur<br />
GEHÖERLOSENGEMEINDE<br />
ST.GALLEN • APPENZELL • GLARUS •<br />
THURGAU • GRAUBÜNDEN • SCHAFFHAUSEN<br />
Pfarrer Achim Menges,<br />
oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />
Tel. 071 227 05 70<br />
Fax 071 227 05 79<br />
SMS/Mobile 079 235 36 48<br />
E-Mail : gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />
Sonntag, 5.02.20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst der Gehörlosengemeinde<br />
in Wattwil<br />
mit anschliessendem Zvieri<br />
Wattwil, Büelstr. 10<br />
Altersheim Risi<br />
Sonntag, 19.02.20<strong>12</strong>, 14.15 Uhr<br />
Gottesdienst der Gehörlosengemeinde<br />
in Chur<br />
anschliessend Zvieri im Hotel Stern<br />
Regulakirche, Chur<br />
REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />
DER NORDWESTSCHWEIZ<br />
Pfr. Anita Kohler<br />
Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />
Tel./Fax 061 701 22 45<br />
Natel : 079 763 43 29<br />
E-Mail : anita.kohler@ref-aargau.ch<br />
anita.kohler@gmx.ch<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 10.00 Uhr<br />
Gottesdienst mit Kommunionfeier<br />
in Grenchen, Zwinglikirche,<br />
Berchtold Haller-Stube,<br />
mit Seelsorger Felix Weder<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Sonntag, <strong>12</strong>. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst in Aarau, Bullingerhaus,<br />
Jurastrasse 13<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Samstag, 3. März 20<strong>12</strong>, <strong>12</strong>.00 Uhr<br />
Ökumenischer Weltgebetstag der Frauen,<br />
in der reformierten Kirche Baden<br />
Oelrainstrasse 21,<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Mittagessen<br />
vorbereitet durch Seelsorger Peter Schmitz-<br />
Hübsch und Pfarrer Matthias Kuhn<br />
gemäss separater Einladung<br />
mit Anmeldung<br />
Sonntag, 4. März 20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst im Gemeindezentrum Breite,<br />
Farnsburgerstrasse 58, Basel<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
Anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
REGION BERN, JURA, SOLOTHURN<br />
Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />
Bereich Sozial-Diakonie<br />
Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />
3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />
E-Mail : isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />
Sonntag, 5. <strong>Februar</strong> 20<strong>12</strong>, 14.00 Uhr<br />
Kirchensonntag<br />
Bern, Markuskirche, Tellstrasse 35<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
und Vorbereitungsteam<br />
27
Kalender <strong>für</strong> die<br />
Gehörlosenhilfe 20<strong>12</strong><br />
Visual Festival 4 – Das Festival<br />
der Gebärdensprache am 1. Juni 2013<br />
Nach den erfolgreichen Festivals 1999 in der Kaserne,<br />
2001 im Sudhaus und 2003 im Volkshaus wird die<br />
Gebärdensprachkultur wieder zelebriert. Diesmal<br />
fi ndet <strong>das</strong> Visual Festival 4 am Samstag, 1. Juni 2013<br />
in der offenen Elisabethenkirche Basel statt.<br />
Sinngemäss zur offenen Kirche wird <strong>das</strong> Tagesprogramm<br />
an die Öffentlichkeit gerichtet sein. Die<br />
attraktiven Anlässen umfassen unter anderem die<br />
Qualifi kation des Performance-Wettbewerbs, Vortrags-Veranstaltung<br />
mit Diskussionsforum zu aktuellen<br />
Thema wie Bildung, Kultur und Politik und<br />
nicht zuletzt der beliebte Kinder-Performance-Wettbewerb.<br />
Das Ganze wird umrahmt von diversen<br />
Informations- und Verkaufsständen um die Kirche,<br />
mit dem Ziel die Gebärdensprache an die breite<br />
Öffent lichkeit zu bringen.<br />
Die Abendveranstaltung gilt als kultureller Höhepunkt<br />
mit einem kunterbunten Programm-Feuerwerk<br />
wie Final-Wettbewerbsauftritte, Shows und<br />
visuell-musikalische Darbietungen.<br />
Für den visuellen Auftritt des Festivals werden<br />
zwei talentierte gehörlose GestalterInnen Lua Leirner<br />
und Pirmin Vogel, die beide an der Schule <strong>für</strong><br />
Gestal tung Basel studiert haben, federführend sein.<br />
Unsere Webseite ist bereits online. Dort kann<br />
man sich <strong>für</strong> die Newsletters eintragen :<br />
www.visual-festival.ch<br />
Der Verein Visuelle Kultur als Organisator des Festivals<br />
freut sich, Sie bald im nächsten Jahr in Basel<br />
begrüssen zu dürfen. Reservieren Sie sich den<br />
Samstag, 1. Juni 2013 und informieren Sie sich per<br />
Newsletter !<br />
Thomas Zimmermann<br />
Kontakt-Adressen :<br />
Visual Festival 4<br />
Visuelle Kultur<br />
Thomas Zimmermann Baselmattweg 174<br />
Brüglingerstrasse 24 4<strong>12</strong>3 Allschwil<br />
4053 Basel info@visuelle-kultur.ch<br />
kontakt@visual-festival.ch<br />
Der Kalender enthält ein ausführliches Kalendarium mit<br />
Marktkalender, weiter erfahren Sie Nützliches und Interessantes<br />
aus aller Welt :<br />
Kommen Sie mit auf eine Reise mit dem «Traumschiff»,<br />
wandern Sie mit uns über den Glaspass, lassen Sie sich<br />
ins Reich der Marionetten entführen, lesen Sie, wie der<br />
Spatz die Welt eroberte, vom Silvesterchlausen im Appenzellerland,<br />
und wie <strong>das</strong> seniorweb.ch ältere Menschen<br />
an der modernen Welt teilhaben lässt.<br />
Der Hund ist unser treuster Begleiter, zudem dient er<br />
als Katastrophen- und Polizeihund, als Jagd-, Hirtenund<br />
Schlittenhund, als Therapie- oder Signalhund. Die<br />
Anschaffung eines Hundes will gut überlegt sein, viele<br />
Tipps dazu finden Sie im Dossier.<br />
Gehörlose transformieren visuelle Signale in sprachliche<br />
Symbole – in die Gebärdensprache. Über die Entstehung<br />
der Gebärdensprache und ihre aktuelle Bedeutung<br />
<strong>für</strong> Gehörlose lesen Sie in diesem Kalender.<br />
<strong>sonos</strong>, der Schweizerische <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen, und der Schweizerische<br />
Gehörlosenbund SGB-FSS helfen Gehörlosen<br />
und Schwerhörigen, sich im Beruf und Alltag zu integrieren.<br />
Mit der Bestellung eines Kalenders zu Fr. 19.50 helfen<br />
auch Sie !<br />
Herzlichen Dank !<br />
Bestelladresse :<br />
Hallwag Kümmerly+Frey AG<br />
Kalendervertrieb<br />
Grubenstrasse 109<br />
3322 Schönbühl<br />
oder rufen Sie an 0848 808 404 (Lokaltarif)<br />
gehoerlosenhilfe@hallwag.ch