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Coaching 2.0

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<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong><br />

Die neue Dimension<br />

des <strong>Coaching</strong>s<br />

BORA<br />

TE XT<br />

BORA TeleCoachNetwork


__________________________________________________<br />

Über das Buch<br />

Die Autorengruppe des BORA TeleCoachNetwork will mit <strong>Coaching</strong><br />

<strong>2.0</strong> – Handbuch Tele<strong>Coaching</strong>. Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s sowohl<br />

Coach-Kollegen als auch Personalprofis aller Unternehmensgrößen<br />

ansprechen und für die Möglichkeiten der <strong>Coaching</strong>-Arbeit am Telefon<br />

begeistern.<br />

Diese erste Monographie zum Thema <strong>Coaching</strong> am Telefon gibt auf<br />

über 300 Seiten Antwort auf folgende Fragen:<br />

WAS ist Tele<strong>Coaching</strong> und wie unterscheidet es sich von der herkömmlichen<br />

Art zu coachen?<br />

WARUM sollten Sie das Tele<strong>Coaching</strong> für sich als Coach erschließen<br />

und welchen Wert hat es als Personalentwicklungsinstrument für Sie<br />

als Auftraggeber?<br />

WIE funktioniert Tele<strong>Coaching</strong> konkret, welche Voraussetzungen<br />

müssen Coach und Klient mitbringen und welche Aspekte gilt es<br />

beim Tele<strong>Coaching</strong> in der Praxis zu beachten?<br />

WELCHE Erfahrungen haben Auftraggeber und Klienten mit<br />

Tele<strong>Coaching</strong> inzwischen gemacht?<br />

2


__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong><br />

Handbuch Tele<strong>Coaching</strong><br />

Die neue Dimension<br />

des <strong>Coaching</strong>s<br />

Ralf Borlinghaus (Hrsg.)<br />

Maren Kaiser<br />

Thomas Göller<br />

Stephan Josef Dick<br />

Dorothee Bornath<br />

Sabine Engelhardt<br />

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__________________________________________________<br />

Das Werk ist zu beziehen bei: www.lulu.com<br />

ISBN 978-1-4457-7130-4<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.<br />

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers<br />

unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />

Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />

in elektronischen Systemen.<br />

Copyright BORA TEXT, Dr. Ralf Borlinghaus, CH-Kreuzlingen,<br />

Besuchen Sie uns im Internet: www.bora-consulting.com<br />

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__________________________________________________<br />

Inhalt<br />

Danksagung............................................................................... 9<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> – Nur wieder ein Modetrend? .............................10<br />

I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)..................................................................13<br />

Die große Sprachverwirrung – Was ist <strong>Coaching</strong>? ...................................13<br />

<strong>Coaching</strong> – Eine Erfolgsstory.......................................................................15<br />

<strong>Coaching</strong> – Zukunftstrends ..........................................................................17<br />

Fallstudie I – Die Grenzen des Präsenz<strong>Coaching</strong>s...................................21<br />

Fallstudie II – Die Möglichkeiten des Tele<strong>Coaching</strong>s..............................25<br />

Der Paradigmenwechsel im <strong>Coaching</strong> ........................................................28<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Künftig eine Selbstverständlichkeit? ..............................32<br />

II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)................................................................. 35<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative ..................................35<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Klienten ...............................................36<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Auftraggeber .......................................39<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Coach ...................................................42<br />

Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s –<br />

Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s...................................44<br />

Die Welt ist Klang – Dem Hören Raum geben ........................................44<br />

Unsichtbarkeit – Den Körper zum Sprechen bringen.............................48<br />

Blind Date – Sich blind verstehen ...............................................................51<br />

Coachen auf Ohrenhöhe – Herrschaftsfreier Dialog am Telefon .........53<br />

Professionell Coachen – Methodenvielfalt am Telefon...........................55<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong> .....57<br />

Geld spielt keine Rolle? – Und ob! ..............................................................57<br />

Wert-Schätzung – Tele<strong>Coaching</strong> ist wertvoll.............................................58<br />

In der Kürze liegt die Würze – In weniger Zeit mehr erreichen............60<br />

Das können Sie sich sparen! – Reisekosten ...............................................61<br />

Nicht zur besten Sendezeit –Opportunitätskosten senken! ....................62<br />

Rechnen Sie mal nach – 40 Prozent Kostenvorteil! .................................63<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s............65<br />

Ohne Anspruch auf Exklusivität – Zielgruppen für Tele<strong>Coaching</strong>.......66<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Ein Mittel für alle Fälle? ...................................................68<br />

Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s – Eine Überraschung!.................................70<br />

5


__________________________________________________<br />

III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis .. 72<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)..........................................................................74<br />

Seit über 130 Jahren telefonieren wir …....................................................74<br />

Die Infrastruktur.............................................................................................76<br />

Wie wichtig ist die beste Qualität?...............................................................77<br />

Die optimale Hardware .................................................................................77<br />

Das optimale Netz..........................................................................................79<br />

Die richtigen Endgeräte ................................................................................79<br />

Das richtige Headset......................................................................................80<br />

Die ideale Umgebung für Coach und Klient.............................................83<br />

Es muss nicht immer im Büro sein.............................................................84<br />

Technische Hilfsmittel...................................................................................85<br />

<strong>Coaching</strong> mit Gruppen..................................................................................86<br />

Alternative Video?..........................................................................................87<br />

Wo führt das noch hin?.................................................................................87<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus).......................................................................89<br />

Die Vorbereitung des Klienten auf Tele<strong>Coaching</strong> ...................................89<br />

Gestaltung des Gesprächsrahmens am Telefon........................................91<br />

Die Gesprächsführung am Telefon.............................................................93<br />

Die Auftragsklärung am Telefon .................................................................95<br />

Der Tele<strong>Coaching</strong>-Vertrag..........................................................................100<br />

Dokumentation des Tele<strong>Coaching</strong>-Prozesses.........................................103<br />

Evaluation des Tele<strong>Coaching</strong>-Prozesses ..................................................104<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick) ................................................................. 108<br />

Frei von Bildern dem Anderen begegnen................................................108<br />

Was ist wesentlich, wenn ein erster Kontakt zustande kommt? ..........111<br />

Vertrauen wachsen lassen und pflegen.....................................................121<br />

Vertrauensfördernde Tipps für <strong>Coaching</strong> am Telefon ..........................126<br />

Blitzlichter aus meinem <strong>Coaching</strong>-Alltag am Telefon ...........................128<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt) .................................................................. 132<br />

Am Telefon kommunizieren – verbal, nonverbal, paraverbal ............132<br />

Jeder hört und spricht anders – Gehörtes sichtbar machen.................139<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)..................................................................... 143<br />

Den Klienten beim Wort nehmen.............................................................143<br />

Umgang mit Schwierigkeiten......................................................................146<br />

Telefon 3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)................................................................... 152<br />

Das Potenzial von Gruppen durch Tele<strong>Coaching</strong> aktivieren...............152<br />

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__________________________________________________<br />

Praktische Hinweise zum Gruppen-Tele<strong>Coaching</strong>................................ 154<br />

Die Doppelrolle Coach und Moderater als Herausforderung ............. 158<br />

Erprobte Tele<strong>Coaching</strong>-Formate für Gruppen...................................... 160<br />

TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)........................................................................... 165<br />

Frauen, Männer & das Telefon – unterschiedliche Welten? ................ 165<br />

Weibliche und männliche Kommunikation ............................................ 167<br />

Klischees weiblicher und männlicher Kommunikation........................ 169<br />

Stimmenvielfalt – Frauen und Männer im Tele<strong>Coaching</strong>..................... 171<br />

Fazit – Trauen Sie Ihren eigenen Ohren ................................................. 175<br />

IV <strong>Coaching</strong> unlimited –<br />

Interventionen und Methoden am Telefon<br />

(Maren Kaiser) .....................................................................179<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen. 184<br />

The Work von Byron Katie ....................................................................... 185<br />

Appreciative Inquiry (Maren Kaiser und Dorothee Bornath)............ 189<br />

NLP – Neurolinguistisches Programmieren........................................... 199<br />

Von der Stimme ins Innen geführt – Trancen am Telefon.................. 204<br />

Rudern in die gleiche Richtung – Arbeit mit dem Inneren Team<br />

(Sabine Engelhardt und Maren Kaiser)................................................ 210<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer ................................ 216<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> – schnell und effektiv............................................ 217<br />

Kinästhetisches NLP am Telefon – leichter als erwartet...................... 227<br />

Aufstellungen – Kreative Lösungen für das Telefon ............................ 236<br />

Die Reise in den eigenen Körper – Körperarbeit am Telefon ............ 243<br />

Focusing – auf die Stimme des Körpers hören<br />

(Iris Dick, Stephan Josef Dick, Maren Kaiser)................................... 245<br />

EDxTM TM – Meridiane als Kompass zur Lösung................................. 249<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht .................253<br />

V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong>..................258<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten.....................................258<br />

Pilotstudie Tele<strong>Coaching</strong> – 18 Probanden geben Feedback<br />

(Ralf Borlinghaus).................................................................................... 258<br />

Unsichtbare Unterstützung bei der Unternehmensentwicklung –<br />

Erfahrungsbericht von Oliver Hauff ................................................... 266<br />

Mein TeleCoach als zuverlässiger Begleiter –<br />

Erfahrungsbericht von Ulrich Haist..................................................... 270<br />

Selbst ist der Mensch –<br />

Erfahrungsbericht von Carsten Spillner .............................................. 273<br />

7


__________________________________________________<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern........................... 276<br />

Alles aus einer Hand – Tele<strong>Coaching</strong> als moderne Service-<br />

Dienstleistung bei der Clariant AG<br />

(Christopher Scheid)................................................................................276<br />

Hybrid-Seminare – Die wirksame Kombination von<br />

Präsenzveranstaltungen und Tele<strong>Coaching</strong> bei der Fraport AG<br />

(Lutz Siebert).............................................................................................282<br />

V Exkurse............................................................................... 288<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische<br />

und anthropologische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

(Thomas Göller)........................................................................ 288<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit –<br />

Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)..................................................................... 298<br />

Das BORA Geschäftsmodell .....................................................................299<br />

BORA Tele<strong>Coaching</strong>-Formate ..................................................................302<br />

Qualitätssicherung........................................................................................303<br />

BORA Academy...........................................................................................304<br />

Mitglied im BORA TeleCoachNetwork werden ....................................304<br />

Anhang ................................................................................... 305<br />

Literatur........................................................................................ 305<br />

Abbildungsverzeichnis ................................................................. 307<br />

Liste der Gastautoren und Interviewpartner ................................ 308<br />

Autorenprofile............................................................................... 309<br />

8


Danksagung<br />

__________________________________________________<br />

Danksagung<br />

Wir haben vielen Menschen zu danken, die zur Entstehung dieses<br />

Buches beigetragen haben.<br />

Wir danken unseren Auftraggebern und Kunden, die uns vertrauen<br />

und bereit sind, sich auf Tele<strong>Coaching</strong> einzulassen. Wir danken<br />

insbesondere denen, die Texte mit ihren Erfahrungen mit <strong>Coaching</strong> am<br />

Telefon für dieses Buch zur Verfügung gestellt haben.<br />

Wir danken unseren Kollegen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung mit<br />

uns geteilt haben.<br />

Wir danken den Teilnehmern der Pilotstudie, deren Ergebnis uns<br />

ermutigt hat, das Tele<strong>Coaching</strong> als eigenes <strong>Coaching</strong>-Format weiterzuentwickeln.<br />

Schließlich danken wir herzlich allen denen, die in Interviews ihr<br />

Wissen mit uns geteilt, durch Feedback, Hinweise und Korrekturlesen<br />

zur Qualität dieses Buches beigetragen sowie uns ihre Zeit, Energie<br />

und Anerkennung geschenkt haben.<br />

Kreuzlingen, Juni 2010<br />

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<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> – Nur wieder ein Modetrend?<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> – Nur wieder ein Modetrend?<br />

Keineswegs. Der Titel ist Programm. Und zwar in mehrfacher Hinsicht:<br />

Mit <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> vertritt die Autorengruppe des BORA TeleCoach-<br />

Network die Auffassung, dass Tele<strong>Coaching</strong> gegenüber dem klassischen<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong> eine bedeutende Weiterentwicklung darstellt.<br />

Nicht die Tatsache, dass ein Coach zum Coachen das Telefon benutzt,<br />

ist hierbei das Besondere, sondern dass beim Tele<strong>Coaching</strong> die persönliche<br />

Begegnung nicht mehr am Anfang eines erfolgreichen <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozesses stehen muss. Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar, der<br />

geeignet ist, unser bisheriges Verständnis von <strong>Coaching</strong> zu bereichern<br />

und ganz neue <strong>Coaching</strong>-Formate hervorzubringen – eben vergleichbar<br />

mit den neuen interaktiven Möglichkeiten des Internets, auf die der<br />

Titel anspielt.<br />

Gleichzeitig stellt sich <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> klar in die Tradition des klassischen<br />

<strong>Coaching</strong>s. Die meisten Autoren arbeiten weiterhin auch als PräsenzCoachs<br />

und wissen die Möglichkeiten der traditionellen Beratung<br />

im persönlichen Gespräch wohl zu schätzen. Darum können sie die<br />

Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Formate auch umso besser<br />

einschätzen und vergleichen.<br />

So wie das Web <strong>2.0</strong> zu einer Demokratisierung des Internets geführt<br />

hat, an dem jedermann aktiv teilhaben kann, glauben wir, dass<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> ebenso das Potenzial hat, <strong>Coaching</strong>-Dienstleistungen die<br />

Exklusivität zu nehmen und breiteren Mitarbeiter- und Bevölkerungsschichten<br />

zugänglich zu machen, ohne dass dies zu Lasten der Qualität<br />

der Beratungsleistungen erfolgt.<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> eröffnet neue Formen der Kooperation und Netzwerkbildung<br />

von Coachs, die es ermöglicht vielfältige <strong>Coaching</strong>-Leis-<br />

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<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> – Nur wieder ein Modetrend?<br />

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tungen jederzeit in vielen Sprachen weltweit anzubieten. Das BORA<br />

TeleCoachNetwork versteht sich hierbei mit seinem Geschäftsmodell<br />

als Vorreiter.<br />

Schließlich ist <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> auch ein Signal der Bescheidenheit.<br />

Denn auf <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> folgt 3.0 und den Autoren ist bewusst, dass<br />

künftige neue Ideen und Ansätze über das hier Gebotene hinausreichen<br />

und veraltet aussehen lassen werden. Wir sind der Auffassung,<br />

dass <strong>Coaching</strong> als Dienstleistung sich die neuen Formen der Kommunikation<br />

und Interaktion aneignen und mit der Zeit gehen muss.<br />

Die Idee zu diesem Buch<br />

ist aus dem gemeinschaftlichen Bestreben der Autoren mit weiteren<br />

BORA Netzwerkmitgliedern entstanden, sich im Umgang mit dem<br />

Telefon als zentrales <strong>Coaching</strong>-Instrument im Rahmen einer Online-<br />

Schulung weiter zu professionalisieren. Im Lauf eines Jahres wurde<br />

eine ganze Reihe von Trainingseinheiten vorbereitet und als Telefonkonferenzen<br />

innerhalb des Netzwerks realisiert. Da war der Gedanke<br />

nahe liegend, die Ergebnisse dieser Konferenzen in Form eines Buchs<br />

so zu sichern, dass alle wesentlichen Aspekte des telefonischen<br />

<strong>Coaching</strong>s von Einzelnen und Kleingruppen in einer sinnvollen Reihenfolge<br />

zur Sprache kommen.<br />

Auch beim Schreiben dieses Buchs sind wir neue Wege gegangen.<br />

Die einzelnen Kapitel waren während der Entstehungsphase jederzeit<br />

für alle Autoren online einsehbar und konnten von allen kommentiert<br />

und ergänzt werden. Auf diese Weise war es möglich, dass Ideen und<br />

Gedanken einzelner Autoren auch in nicht selbst verantworteten Kapiteln<br />

Eingang gefunden haben. Es handelt sich bei diesem Buch daher<br />

nicht um eine klassische Artikelsammlung, sondern um eine echte<br />

Gemeinschaftsproduktion.<br />

Das Anliegen dieses Buches<br />

Tele<strong>Coaching</strong> steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Während<br />

der Gebrauch des Telefons als zentrales <strong>Coaching</strong>-Instrument im<br />

angelsächsischen Sprachraum bereits weit verbreitet ist, macht das<br />

Tele<strong>Coaching</strong> im deutschsprachigen Raum nur erst zaghafte Gehversu-<br />

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<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> – Nur wieder ein Modetrend?<br />

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che. Als BORA TeleCoachNetwork verstehen wir uns hier als Vorreiter<br />

und wollen unser Erfolgswissen teilen und einer interessierten<br />

Öffentlichkeit zugänglich machen. Damit glauben wir einen relevanten<br />

Beitrag zur Etablierung von Tele<strong>Coaching</strong> als innovative und zeitgemäße<br />

Form des <strong>Coaching</strong>s zu leisten.<br />

Wir wollen mit diesem Buch sowohl Coach-Kollegen als auch<br />

Personalprofis aller Unternehmensgrößen ansprechen und Sie für die<br />

Möglichkeiten des Tele<strong>Coaching</strong>s begeistern. Mit diesem Buch erhalten<br />

Sie Antworten auf die Fragen:<br />

WAS ist Tele<strong>Coaching</strong> und wie unterscheidet es sich von der herkömmlichen<br />

Art zu coachen?<br />

WARUM sollten Sie das Tele<strong>Coaching</strong> für sich als Coach erschließen<br />

und welchen Wert hat es als Personalentwicklungsinstrument für Sie als<br />

Auftraggeber?<br />

WIE funktioniert Tele<strong>Coaching</strong> konkret, welche Voraussetzungen<br />

müssen Coach und Klient mitbringen und welche Aspekte gilt es beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> in der Praxis zu beachten?<br />

WELCHE Erfahrungen haben Auftraggeber und Klienten mit Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> inzwischen gemacht?<br />

Zwar bilden die Kapitel in ihrer Abfolge eine logische Struktur, doch<br />

ist jedes Kapitel in sich abgeschlossen und kann daher auch nach Belieben<br />

einzeln gelesen werden. Gerne treten wir in den Gedankenaustausch<br />

mit Ihnen. Teilen Sie uns Ihre Ideen mit. In den Autorenprofilen<br />

am Ende des Buches finden Sie auch die jeweiligen Kontaktdaten<br />

der Autoren.<br />

Stoßen Sie mit uns vor in eine neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s!<br />

Ihre Autoren<br />

Ralf Borlinghaus (Hrsg.), Maren Kaiser, Thomas Göller,<br />

Stephan Josef Dick, Dorothee Bornath, Sabine Engelhardt<br />

12


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? –<br />

Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Inzwischen ist <strong>Coaching</strong> als Instrument der Persönlichkeitsentwicklung<br />

und als eigene Personaldienstleistung weit verbreitet und eingeführt.<br />

Doch ist <strong>Coaching</strong> keine statische Einrichtung sondern unterliegt<br />

seinerseits der ständigen Weiterentwicklung. Herkömmliche <strong>Coaching</strong>-<br />

Formate stoßen in der modernen Arbeitswelt vielfach an Grenzen und<br />

erfordern neue Lösungen. Dort wo das Telefon zum zentralen Arbeitsmittel<br />

des <strong>Coaching</strong>s gemacht wird und die persönliche Begegnung<br />

nicht mehr als notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess gesehen wird, eröffnen sich neue Möglichkeiten.<br />

In diesem Kapitel sind Sie Zeuge eines Paradigmenwechsels in der<br />

Welt des <strong>Coaching</strong>s, der vergleichbar ist mit der Revolution, deren<br />

Zeuge Sie mit Aufkommen von E-Mail und SMS auf dem Feld der<br />

schriftlichen Kommunikation selbst gewesen sind.<br />

Die große Sprachverwirrung – Was ist <strong>Coaching</strong>?<br />

"<strong>Coaching</strong>" ist nach wie vor ein ungeschützter und somit schillernder<br />

Begriff, der dem aufmerksamen Zeitgenossen an allen möglichen<br />

und unmöglichen Stellen im alltäglichen Leben als Bezeichnung für<br />

innovative Dienstleistungen begegnet: So zum Beispiel im Sport als<br />

Fussball-Coach, im Gesundheitswesen als Wellness- oder Fitness-Coach, in<br />

der Finanzbranche als Finanz-Coach, im Bereich zwischenmenschlicher<br />

Beziehungen als Flirt-Coach und nicht zuletzt im Geschäftsleben als<br />

Business-Coach, um nur einen kleinen Ausschnitt der Vielzahl kreativer<br />

Wortschöpfungen zu nennen, in denen der Begriff <strong>Coaching</strong> hinein-<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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verarbeitet ist. Allen diesen Angeboten ist gemein, dass Einzelne oder<br />

Teams durch einen anderen Menschen dabei unterstützt werden,<br />

berufliche oder private Ziele zu erreichen. Und dann fängt die<br />

Begriffsverwirrung an, weil hierbei Unterstützungsleistungen in Form<br />

von Beratung (als Experte anderen mit Rat und Tat zur Seite stehen),<br />

Training (als Experte Fertigkeiten an Schüler durch Übung vermitteln),<br />

Schulung (als Experte Wissen an Schüler durch Unterricht vermitteln)<br />

und eben <strong>Coaching</strong> wild durcheinander gebracht werden – bis dahin,<br />

dass der Finanz-Coach sogar seine eigentliche Absicht, nämlich seinem<br />

Kunden zu guter Letzt etwas verkaufen zu wollen, mit dem Begriff<br />

<strong>Coaching</strong> bewusst kaschiert.<br />

Wir beziehen uns in diesem Buch auf die jedermann zugängliche<br />

Definition von <strong>Coaching</strong> des online-Lexikons Wikipedia:<br />

"<strong>Coaching</strong> ist die lösungs- und zielorientierte Begleitung von Menschen,<br />

vorwiegend im beruflichen Umfeld, zur Förderung der Selbstreflexion<br />

sowie der selbstgesteuerten Verbesserung der Wahrnehmung,<br />

des Erlebens und des Verhaltens. Der Coach begleitet den<br />

Klienten bei der Realisierung eines Anliegens oder der Lösung eines<br />

Problems. Ziel des <strong>Coaching</strong>s im beruflichen Kontext ist vor allem<br />

die Verbesserung der Lern- und Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung<br />

der Ressourcen des Klienten." 1<br />

Der Coach tritt nicht als Experte für das Problem in Erscheinung,<br />

sondern gewissermaßen als Katalysator, durch den der Klient eine für<br />

ihn angemessene Lösung seines Anliegens aus sich heraus entwickeln<br />

kann. Die katalytischen Faktoren sind dabei im Gegensatz zu Beratung,<br />

Training und Schulung das Fragen, Zuhören, Interpretieren der Antworten.<br />

Dabei verwickelt der Coach als Experte für die Schaffung von<br />

Reflexionsräumen den Klienten in ein erhellendes und zielführendes<br />

Gespräch auf Augenhöhe. Während Arzt und Psychologe ihre Patienten<br />

behandeln und therapieren, bietet der Coach dem Klienten einen<br />

Resonanzboden, auf dem er sich mit sich selbst aktiv befassen und<br />

adäquate Lösungen für seine Themen- und Fragestellungen erarbeiten<br />

kann.<br />

1 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Coaching</strong>.<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Demnach ist <strong>Coaching</strong> nicht durch ein bestimmtes Themen- oder<br />

Zielgruppenspektrum definiert, sondern durch die Art und Weise, wie<br />

sich Coach und Klient zueinander verhalten. <strong>Coaching</strong> kann daher<br />

letztlich in allen Arbeits- und Lebensbereichen stattfinden und für die<br />

Zukunft ist zu erwarten, dass sich das Themenspektrum kontinuierlich<br />

erweitern wird. Insgesamt stellt sich <strong>Coaching</strong>, dessen Siegeszug als<br />

moderne Dienstleistung bis in die 60iger Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />

zurückreicht, als Erfolgsgeschichte dar, die noch längst nicht<br />

abgeschlossen ist.<br />

<strong>Coaching</strong> – Eine Erfolgsstory<br />

Frank Bresser hat in seinem Global <strong>Coaching</strong> Survey 2008/09 2<br />

überzeugend den Versuch gewagt, einen Überblick über den Entwicklungsgrad<br />

von <strong>Coaching</strong> als Dienstleistung für alle Weltregionen und<br />

Länder zu geben. Dieser Studie zufolge lassen sich aus globaler Perspektive<br />

sowie für Nordarmerika und Europa folgende Aussagen<br />

treffen:<br />

• Weltweit gibt es derzeit ca. 50.000 Coachs, davon entfällt die<br />

überwiegende Anzahl auf Nordamerika und Europa mit jeweils<br />

ca. 12.300 und 18.000 Coachs.<br />

• Im weltweiten Durchschnitt kommt auf 154.000 Bewohner je ein<br />

Coach. Während die Coach-Dichte in Asien bei ca. 1:900.000<br />

liegt, beträgt sie in den USA und Kanada sowie in den Ländern<br />

der Europäischen Gemeinschaft ca. 1:29.000. Nur in Australien<br />

und Neuseeland in die Dichte mit 1:7.500 noch deutlich höher.<br />

• Mit Blick auf den Produktlebenszyklus von <strong>Coaching</strong> als<br />

Dienstleistung konstatiert die Studie für die USA und Kanada<br />

einen Wachstumsmarkt, wobei für den Zyklus folgende Phasen<br />

unterschieden werden: Die Phase vor Markteinführung, die<br />

Markteinführung, Wachstum, Reifung, Schrumpfung. Die Phase<br />

2 Die Studie ist als kostenfreier Download verfügbar unter http://www.frankbresser-consulting.com/global-coaching-survey.html.<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

des Produktlebenszyklus korrespondiert auch mit dem Grad der<br />

Akzeptanz, den <strong>Coaching</strong> jeweils erfährt.<br />

• Für die Europäische Gemeinschaft und die Beitrittskandidaten<br />

ergibt sich für den Produktlebenszyklus ein deutlich differenziertes<br />

Bild:<br />

• Länder, die sich noch in der Phase vor Markteinführung befinden,<br />

sind Estland, Lettland und Mazedonien. Serbien ist bereits<br />

im Übergang zur Markteinführung.<br />

• In der Markteinführungsphase sind inzwischen Bulgarien,<br />

Zypern, Finnland, Griechenland, Kroatien, Malta, Polen, Rumänien,<br />

Slowenien, Türkei und Ungarn. Auch Russland ist dieser<br />

Phase zuzuordnen. Italien, Litauen und Österreich befinden sich<br />

dagegen im dem Übergang zur Wachstumsphase.<br />

• In der Wachstumsphase befinden sich bereits Belgien,<br />

Tschechische Republik, Dänemark, England, Frankreich,<br />

Deutschland, Irland, Luxemburg, Portugal, Slowakei, Spanien<br />

und Schweden. Auch die Schweiz ist dieser Phase zuzuordnen.<br />

Die Niederlande stehen am Übergang zur Reifephase.<br />

• Einzig in Norwegen ist <strong>Coaching</strong> bereits in die Reifephase übergangen.<br />

• In der Schrumpfungsphase befindet sich in Europa und weltweit<br />

noch kein <strong>Coaching</strong>-Markt.<br />

Der Studie zufolge ist <strong>Coaching</strong> in allen entwickelten westlichen<br />

Industrienationen inzwischen eine etablierte Dienstleistung mit einem<br />

hohen Wachstumspotenzial. Zwar wird in unseren Breiten <strong>Coaching</strong><br />

von Privatleuten eher zurückhaltend in Anspruch genommen und auch<br />

mittelständische Unternehmen tun sich immer noch schwer mit dem<br />

Engagement von Coachs. Jedoch haben viele Großunternehmen in<br />

ihren Personalentwicklungsabteilungen inzwischen Mitarbeiter abgestellt,<br />

die sich um die Auswahl und Vermittlung von externen Coachs<br />

für Ihre Fach- und Führungskräfte kümmern. Auch die Bereitstellung<br />

von firmeninternen Coachs ist keine Seltenheit. Das bislang zu<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

beobachtende wenig ausgeprägte Interesse von Privatleuten an<br />

<strong>Coaching</strong> steht vermutlich im Zusammenhang mit der Tatsache, dass –<br />

anders als im angelsächsischen Kulturkreis – hiesige Arbeitnehmer es<br />

nicht gewohnt sind und bislang wenig Bereitschaft zeigen, als Selbstzahler<br />

in die eigene Aus- und Weiterbildung zu investieren. Die aktuelle<br />

Diskussion um die Einführung bzw. Abschaffung von Studiengebühren<br />

in Deutschland belegt dies eindrücklich. Stattdessen herrscht die<br />

Erwartung vor, dass staatliche Institutionen und Arbeitgeber ihrerseits<br />

das Notwendige tun sollen, um die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der<br />

Arbeitnehmer sicherzustellen. Für die Zukunft ist allerdings hier mit<br />

einem allmählichen Mentalitätswandel zu rechnen, da der Rückbau des<br />

Sozialstaates und der Wettbewerb um attraktive Arbeitsplätze das Verantwortungsbewusstsein<br />

von Arbeitnehmern für die Sicherung der<br />

eigenen so genannten Employability und Attraktivität als Fach- oder<br />

Führungskraft für aktuelle oder künftige Arbeitgeber stärken wird.<br />

<strong>Coaching</strong> – Zukunftstrends<br />

<strong>Coaching</strong> ist ein inzwischen weit verbreitetes Personalentwicklungsinstrument,<br />

das insbesondere Unternehmen die Möglichkeit gibt,<br />

die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und deren Nutzen für den<br />

Auftraggeber zu steigern oder zu regenerieren. <strong>Coaching</strong> als Dienstleistung<br />

wirkt und rechnet sich. Wo also ist das Problem? – <strong>Coaching</strong><br />

ist die Folge einer sich dynamisch entwickelnden und weiter globalisierenden<br />

Arbeitswelt, zu deren Stabilisierung eine solche auf das Individuum<br />

gerichtete Unterstützung beiträgt. In dem Maße, wie sich<br />

unsere Art des Wirtschaftens und Zusammenlebens weiterentwickelt,<br />

steht auch das <strong>Coaching</strong> vor der Herausforderung sich immer wieder<br />

neu zu erfinden und bedeutsam zu machen.<br />

Im Jahr 2007 hat die Boston Consulting Group als eine der führenden<br />

Unternehmensberatungen eine Studie veröffentlicht, in der sie<br />

über ganz Europa insgesamt 1350 Unternehmen nach den ihrer<br />

Meinung nach größten Herausforderungen im Personalmanagement<br />

bis 2015 befragt hat. Dieser Studie zufolge sind dies die Top-Themen:<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• Die Talente und Potenziale der Mitarbeiter aktiv managen.<br />

• Die Leadership-Kompetenzen bei den Führungskräften entwickeln.<br />

• Veränderungsprozesse und kulturellen Wandel im Unternehmen<br />

initiieren und begleiten.<br />

• Das Unternehmen zur lernenden Organisation transformieren.<br />

• Eine nachhaltige Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter durch eine<br />

ausgewogene Work-Life-Balance sicherstellen.<br />

• Dem demographischen Wandel durch geeignete Maßnahmen<br />

entsprechen.<br />

Der Überblick macht deutlich, dass die Herausforderungen der<br />

Personalarbeit in Zukunft weniger in der technischen Seite des Personalgeschäfts<br />

liegen, sondern in der Arbeit am Menschen. Nicht im Prozessmanagement,<br />

Outsourcing oder Vergütungsmanagement werden<br />

die strategischen Erfolgsfelder eines erfolgreichen Personalmanagements<br />

verortet, sondern in der Personalentwicklung. In diesem Kontext<br />

wird <strong>Coaching</strong> als ein direkt auf den Menschen ausgerichtetes<br />

Personalentwicklungsinstrument eine zunehmende Bedeutung erhalten.<br />

Am 13. März 2009 hat die Deutsche Bahn AG zum ersten <strong>Coaching</strong>-<br />

Tag nach Berlin eingeladen, wo sich ca. 30 Personalentwickler und<br />

Coachs zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch getroffen<br />

haben. Ein Schwerpunktthema war die Frage nach möglichen neuen<br />

<strong>Coaching</strong>-Trends. Diese Impulse wurden im weiteren Verlauf von<br />

einer Arbeitsgruppe unter der Überschrift "<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong>" aufgegriffen<br />

und weitergeführt. Hier werden die prognostizierten Trends aufgelistet<br />

und erläutert:<br />

1. <strong>Coaching</strong> entwickelt sich vom Status einer verdeckten Operation<br />

hin zu einer vorzeigbaren Leistung zur Persönlichkeitsentwicklung und<br />

Erfolgssteigerung. In vielen Unternehmen hat <strong>Coaching</strong> noch einen<br />

Status vergleichbar mit dem Nachhilfeunterricht in der Schule, der<br />

denjenigen erteilt wird, die nicht den allgemeinen Leistungsstandards<br />

entsprechen. Künftig wird sich <strong>Coaching</strong> als anerkanntes Instrument<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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zur Leistungssteigerung positionieren, durch das wie im Sport verborgene<br />

Ressourcen und Potenziale bei den Mitarbeitern freigelegt und<br />

erschlossen werden.<br />

2. Die Anforderungen an die Professionalität von Coachs werden<br />

steigen hinsichtlich Ausbildung, Spezialisierung und Erfolgsmessung.<br />

Der <strong>Coaching</strong>-Markt ist unübersichtlich und die Berufsbezeichnung ist<br />

nicht geschützt. Hier wird nicht der Bildung einer neuen Innung oder<br />

Zunft das Wort geredet. Gleichwohl wird der Markt den üblichen<br />

Gesetzen folgen und bei zunehmender Reife auch ein Mehr an Professionalisierung<br />

sowie an branchen- und zielgruppenspezifischer Spezialisierung<br />

fordern. <strong>Coaching</strong> wird sich vermehrt einer konsequenten<br />

Leistungs- und Erfolgsmessung unterziehen müssen.<br />

3. Der unübersehbare <strong>Coaching</strong>-Markt wird sich konsolidieren.<br />

Der Markteintritt für neue Coachs wird schwieriger. Der <strong>Coaching</strong>-<br />

Markt ist heute stark durch Einzelunternehmer geprägt, die sich zu<br />

einem bestimmten Zeitpunkt ihres beruflichen Werdeganges als Coach<br />

selbständig gemacht haben und oft mit einem Mix aus <strong>Coaching</strong>-,<br />

Seminar- und Beratungsangeboten am Markt agieren. Abgesehen von<br />

Ausnahmeerscheinungen werden Anbieter künftig nur dann erfolgreich<br />

sein, wenn sie innerhalb von starken Netzwerken agieren. Der Weg<br />

über ehemalige Arbeitgeber und über persönliche Netzwerke sich einen<br />

Marktzutritt zu verschaffen wird deutlich schwieriger.<br />

4. Seminar- und <strong>Coaching</strong>-Angebote werden zu neuen Formaten<br />

verknüpft. <strong>Coaching</strong> vertieft Seminarinhalte und stellt deren<br />

Nachhaltigkeit sicher. In dem Maße, in dem <strong>Coaching</strong> zum integrativen<br />

Teil eines Personalentwicklungsportfolios avanciert, werden sich Hybridformen<br />

ausbilden, in denen Seminarinhalte und <strong>Coaching</strong> intelligent<br />

verbunden sind, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der verschiedenen<br />

Maßnahmen wechselseitig zu stärken sowie die Effizienz auch<br />

der eingesetzten finanziellen Mittel zu erhöhen.<br />

5. Aufgrund von permanenten innerbetrieblichen Change-Prozessen<br />

wird es einen erhöhten Bedarf an Team-<strong>Coaching</strong>s geben.<br />

Durch den permanenten Change-Prozess, in den die sich rasant entwickelnden<br />

Märkte und Arbeitsbedingungen die Unternehmen hinein-<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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zwingen, wird das Veränderungsmanagement nicht nur für den Einzelnen<br />

zur Herausforderung, sondern für ganze Belegschaften, Teams und<br />

Abteilungen. Führungskräfte sind bei der Durchführung von Team-<br />

<strong>Coaching</strong>s zumeist durch die Anforderungen des operativen Tagesgeschäfts<br />

aber auch durch den latenten Rollenkonflikt häufig überfordert<br />

und auf die Unterstützung von Coachs angewiesen.<br />

6. In einer globalisierten Arbeitswelt werden international operierende<br />

Netzwerke einen klaren Wettbewerbsvorteil haben. Die<br />

Globalisierung wird auch den <strong>Coaching</strong>-Markt nicht verschonen. Die<br />

zentralen Personalentwickler von internationalen Unternehmen werden<br />

die Zusammenarbeit mit Dienstleistern zunehmend schätzen, bei<br />

denen sie auch für entfernte Standorte, in der jeweiligen Landessprache<br />

sowie Zeitzonen übergreifend zuverlässig <strong>Coaching</strong>-Leistungen einkaufen<br />

können. Insbesondere für konzernweite Zielgruppen behalten<br />

zentrale Personalentwickler gerne die Übersicht über die in Anspruch<br />

genommenen Dienstleister und die so erzielten Ergebnisse.<br />

7. Management und Administration von <strong>Coaching</strong>-Dienstleistungen<br />

werden künftig verstärkt an externe, weltweit operierende Dienstleister<br />

übertragen. Die Auslagerung von <strong>Coaching</strong>-Dienstleistungen beinhaltet<br />

die Möglichkeit des Aufbaus und der Betreuung des Coach-Pools, der<br />

Definition von Standard-Prozessen, der Präsentation der Coach-<br />

Auswahl im Intranet, der Steuerung des <strong>Coaching</strong>-Prozesses von der<br />

Auftragsklärung bis hin zu abschließender Evaluation, Qualitätsmanagement<br />

und Administration. Durch ein umfassendes Reporting haben<br />

die Verantwortlichen im Personalmanagement jederzeit die Möglichkeit,<br />

die Einhaltung ihrer Vorgaben zu überprüfen und korrigierend<br />

einzugreifen. Heute sehen viele Personalentwickler in Auswahl und<br />

Vermittlung von Coachs noch ihre Kernkompetenz, die sie nicht aus<br />

der Hand geben wollen. Das wird sich in Zukunft ändern.<br />

8. <strong>Coaching</strong> wird zum Investitionsfeld auch in der Krise, indem<br />

so Führungskräfte zur Krisenbewältigung in besonderer Weise befähigt<br />

werden. Während Training und Schulung in Krisenzeiten leicht dem<br />

Rotstift zum Opfer fallen, wird <strong>Coaching</strong> bei der Bewältigung von<br />

Unternehmenskrisen eine zunehmende Bedeutung erhalten. In dem<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Maße wie es gelingt beim <strong>Coaching</strong> Wirksamkeit und Kosteneffizienz<br />

miteinander zu verbinden, wird <strong>Coaching</strong> auch und gerade in<br />

Krisenzeiten ein gefragtes Personalentwicklungsinstrument sein.<br />

9. Künftig werden mehr Arbeitnehmer bereit sein, <strong>Coaching</strong>-Leistungen<br />

zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit privat einzukaufen. Der<br />

latente Fachkräftemangel schützt die Arbeitnehmer nicht vor der Herausforderung,<br />

sich den steigenden Anforderungen der Unternehmen zu<br />

stellen, denn auch Fach- und Führungskräfte können inzwischen am<br />

globalen Arbeitsmarkt beschafft werden und die Qualität der Arbeitnehmer<br />

aus aufstrebenden Industrienationen wird mehr und mehr zur<br />

ernsthaften Konkurrenz. Damit wird <strong>Coaching</strong> zur lohnenden Investition<br />

in die persönliche so genannte Employabilty.<br />

10. Das Telefon wird in einer flexibilisierten und dezentralisierten<br />

Arbeitswelt zum Hauptarbeitsinstrument im <strong>Coaching</strong>.<br />

Die Entdeckung und Erschließung des Telefons für das <strong>Coaching</strong>, die<br />

mit diesem Buch gefördert werden soll, wird dezentral und international<br />

organisierten Unternehmen eine Vielzahl von praktischen, methodischen<br />

und finanziellen Vorteilen bieten, die allesamt die erfolgreiche<br />

Bewältigung der oben genannten Herausforderungen für das Personalmanagement<br />

unterstützen. Und auch für Privatleute wird <strong>Coaching</strong><br />

damit zur willkommenen und erschwinglichen Dienstleistung.<br />

Die nachstehenden Fallstudien sollen die genannten Trends veranschaulichen.<br />

Dort wird deutlich, wo in der Praxis der Bedarf an einer<br />

Weiterentwicklung der klassischen <strong>Coaching</strong>-Formate entsteht.<br />

Fallstudie I – Die Grenzen des Präsenz<strong>Coaching</strong>s<br />

Was ist klassisches <strong>Coaching</strong>? Mit klassisch bezeichnen wir ein<br />

<strong>Coaching</strong>, wenn die persönliche Begegnung am Beginn einer <strong>Coaching</strong>-<br />

Arbeit steht. In einem persönlichen Erstgespräch haben die Beteiligten<br />

die Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen, zum so genannten<br />

"Chemistry-Check", bei dem sie feststellen, ob sie miteinander arbeiten<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

können. Auch während des eigentlichen <strong>Coaching</strong>-Prozesses sind<br />

persönliche Gespräche vorherrschend.<br />

Folgendes Fallbeispiel aus der <strong>Coaching</strong>-Praxis gibt Ihnen eine Idee,<br />

was uns veranlasst hat, über das klassische Präsenz<strong>Coaching</strong> hinaus<br />

nach neuen zeitgemäßen Formen des <strong>Coaching</strong>s zu suchen.<br />

1. August, 2008. Von Frau S. aus der Führungskräftebetreuung eines<br />

deutschen Automobilherstellers erhalte ich einen Anruf. Man habe<br />

einen Klienten für mich, der seit Anfang Juli von Indien aus in die<br />

deutsche Zentrale entsandt worden ist, um dort unterhalb der<br />

Bereichsleitung eine wichtige Aufgabe im Vertrieb zu übernehmen.<br />

Obwohl Herr D. als Führungskraft schon in verschiedenen Erdteilen<br />

erfolgreich für das Unternehmen gearbeitet habe, stelle die Tätigkeit<br />

in der Zentrale doch eine besondere Herausforderung dar, für die er<br />

eine Unterstützung durch einen Coach erhalten solle. Entsprechend<br />

dem festgelegten internen <strong>Coaching</strong>-Prozess wolle man mich<br />

zunächst mit dem Klienten und dessen Vorgesetzten schnellstmöglich<br />

bekannt machen. Dieses Treffen, an dem auch Frau S. teilnehmen<br />

will, wurde für den 26. August, vereinbart.<br />

21 August, 2008. Mich erreicht folgende E-Mail von Frau S.: "Hallo<br />

Herr B., wir müssen den vereinbarten Termin für das <strong>Coaching</strong>-<br />

Kick-Off Gespräch leider absagen, weil der Chef von Herrn D. überraschend<br />

ins Ausland muss. Wir suchen eine neue Alternative und<br />

melden uns wieder bei Ihnen. Durch die Urlaubssituation wird das in<br />

der Woche vom 25. August sein. Bitte entschuldigen Sie diese Extra-<br />

Schleife."<br />

26. August, 2008. Meine Antwort: "Hallo Frau S, So wie es aussieht,<br />

werde ich keinen alternativen Termin in S. in der nächsten Woche<br />

unterbringen können. Meinerseits sind frühestens der 4. und 5.<br />

September für ein Erstgespräch möglich. Gerne stehe ich zwischenzeitlich<br />

für ein erstes telefonisches Kennenlernen zur Verfügung."<br />

26. August, 2008. Mit der Terminbestätigung für den 4. September<br />

kläre ich noch die Reisekostenfrage: Hallo Frau S., …Da ich für<br />

diesen Termin eigens vom Bodensee anreise, bitte ich um Verständnis,<br />

dass ich Ihnen die Reisekosten mit 0,50 EUR/km in Rechnung<br />

stelle. – Bitte teilen Sie mir noch den genauen Ort sowie Namen und<br />

Funktion der Gesprächspartner mit."<br />

4. September 2008. Für das erste Kennenlernen ist eine Stunde<br />

anberaumt. Nachdem alle mit Kaffee versorgt sind, geht es zunächst<br />

um die Lage im Automobilsektor im Allgemeinen und des Unter-<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

nehmens im Besonderen. Dann beginnen wir mit einer Vorstellungsrunde,<br />

bei der ich mich ausführlicher als die übrigen Anwesenden<br />

vorstelle und mich als Coach präsentiere. Sodann kommen wir zur<br />

Sache. Herr D. werde, obwohl sein Deutsch eigentlich ganz gut ist,<br />

als sehr zurückhaltend, ja geradezu als schüchtern wahrgenommen –<br />

so der Vorgesetzte; da jedoch die Zentrale von Deutschen und deren<br />

Direktheit im Auftritt und in Diskussionen dominiert werde, müsse<br />

es für Herrn D. darum gehen, sich bei Kollegen und Höhergestellten<br />

durchzusetzen und Gehör zu verschaffen. Herr D. nickt zu alledem<br />

und sagt erst einmal nichts. Im Raum ist die Erwartung spürbar, dass<br />

Herr D. durch ein <strong>Coaching</strong> mit völlig neuen Waffen ausgestattet<br />

und in deren Umgang geübt werden soll, um sich in diesem<br />

herausfordernden Umfeld künftig erfolgreich zu schlagen. Ich sehe<br />

Herrn D. an, dass er es nicht erstrebenswert findet, in die Rolle eines<br />

Deutschen zu schlüpfen. Durch eine kleine Intervention kann ich<br />

ihm diese Sorge nehmen: So wie einst die Gladiatoren mit<br />

unterschiedlichen Waffen gegeneinander angetreten und erbittert<br />

gekämpft haben, gehe es auch für Herrn D. darum, sich der eigenen<br />

Waffen bewusst zu werden und diese erfolgreich gegen die<br />

Ausrüstung der Gegner einzusetzen. Die Aussicht, dass man mit<br />

indisch-angelsächsischer Zurückhaltung die deutsche Bärbeißigkeit<br />

erfolgreich parieren könne, machte Herrn D. neugierig. – Im<br />

Nachgang zu dem Gespräch bringe ich das Ergebnis der<br />

Auftragsklärung in die Form eines Angebots sende es einen Tag<br />

später Herrn D. per E-Mail zu.<br />

12. September, 2008. Acht Tage nach erfolgtem Kennenlernen<br />

erhalte ich von Frau S. diese E-Mail: "Hallo Herr B., Herr D. kann<br />

sich ein <strong>Coaching</strong> mit Ihnen vorstellen. Sie könnten also gemeinsam<br />

losstarten, am besten vereinbaren Sie die nächsten Termine mit ihm<br />

bzw. seiner Sekretärin."<br />

Gut zwei Monate nach der ersten Kontaktaufnahme findet am<br />

2. Oktober 2008 ein erstes einstündiges <strong>Coaching</strong>-Gespräch statt -<br />

aufgrund von Terminschwierigkeiten telefonisch, um überhaupt erst<br />

einmal einen Anfang zu machen. Persönlich finden wir dann am<br />

16. Oktober für rund zwei Stunden zueinander. Weitere <strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräche folgen nach mehreren Verschiebungen am 19. Januar<br />

sowie am 30. April 2009. Das Abschlussgespräch findet zehn Monate<br />

nach Aufnahme der neuen Tätigkeit durch Herrn D. am 25. Juni<br />

statt.<br />

Es ist offensichtlich, dass dieser <strong>Coaching</strong>-Prozess seinem Anspruch,<br />

eine wirksame Unterstützung entlang der Einarbeitungsphase<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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zu bieten, nicht gerecht werden konnte. Der Terminplan dieses Mitarbeiters,<br />

der zum oberen Führungskreis des Unternehmens gehört, war<br />

so eng getaktet und mit soviel Reisetätigkeit verbunden, dass mehrstündige<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche dort kaum unterzubringen waren. Hinzu<br />

kam, dass durch überraschende Arbeitsaufträge seitens des Vorstands<br />

bereits vereinbarte Termine kurzfristig abgesagt und neu festgelegt<br />

werden mussten. Zugleich gab es die Anforderung, dass die Reisekosten<br />

für einen Präsenztermin in einem vernünftigen Verhältnis zum<br />

eigentlichen Gesprächshonorar stehen sollten, d. h. keinesfalls höher<br />

ausfallen sollten. Ein Gesprächszeitfenster von nur einer Stunde einzurichten,<br />

war daher ebenfalls nicht opportun.<br />

Das Beispiel zeigt, dass das Präsenz<strong>Coaching</strong> den Anforderungen der<br />

modernen Arbeitswelt schnell nicht mehr vollumfänglich gerecht wird.<br />

Die Schwierigkeiten bei der Terminfindung führen zu Verzögerungen,<br />

die leicht den ganzen <strong>Coaching</strong>-Prozess infrage stellen können.<br />

• Durch die unnötige Verzögerung des <strong>Coaching</strong>-Prozesses kommt<br />

der Klient erst verspätet in den Genuss einer sinnvollen Hilfestellung;<br />

das Unternehmen kann erst zeitverzögert von dem<br />

vollen Leistungsbeitrag des Mitarbeiters profitieren.<br />

• In der Regel finden persönliche <strong>Coaching</strong>-Gespräche zur besten<br />

Tageszeit statt, wodurch der Klient für mehrere Stunden von<br />

seiner eigentlichen produktiven Tätigkeit für das Unternehmen<br />

abgehalten wird. Der so entstehende Produktivitätsausfall ist dem<br />

<strong>Coaching</strong>-Aufwand als Opportunitätskosten hinzuzurechnen.<br />

Hinzu kommt, dass ein Klient im Zweifel immer den Anforderungen<br />

seiner internen und externen Kunden zu entsprechen versucht,<br />

wodurch es leicht zu Terminverschiebungen kommt.<br />

• Dort, wo auf Randzeiten ausgewichen wird, entsteht durch<br />

notwendige Übernachtung und Verpflegung des Coachs zusätzlicher<br />

Reiseaufwand.<br />

• Wenn Unternehmen, um Reisekosten zu sparen, ausschließlich<br />

auf lokale Coachs zurückgreifen, schränken sie sich bei der Wahl<br />

des optimalen Coachs für den Klienten ein. Kompromisse<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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bezüglich der Qualität bei Kompetenz und Eignung würden<br />

Unternehmen bei der Auswahl erfolgskritischer Mitarbeiter oder<br />

Zulieferer sonst an anderer Stelle kaum eingehen.<br />

Ein zweites Fallbeispiel soll demgegenüber die Möglichkeiten von<br />

<strong>Coaching</strong> am Telefon deutlich machen.<br />

Fallstudie II – Die Möglichkeiten des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

Die nachstehende Begebenheit, die sich im Rahmen unserer<br />

Zusammenarbeit mit der Clariant International Ltd., dem weltweit<br />

operierendem Spezialisten für Feinchemikalien, ereignet hat, macht<br />

deutlich, welche Dynamik <strong>Coaching</strong> am Telefon entfalten kann:<br />

17. September 2008, 23:30 Uhr. Während einer spätabendlichen<br />

Bahnfahrt durch den Schwarzwald erhalte ich folgende Nachricht in<br />

englischer Sprache per E-Mail auf mein Mobiltelefon: "Lieber Herr<br />

B., Ich freue mich über die Möglichkeit als "Pionier" an dem Tele-<br />

<strong>Coaching</strong>-Programm der Clariant teilnehmen zu können. Obwohl<br />

dies mein erstes <strong>Coaching</strong> ist, glaube ich, dass es mir hilft mein<br />

Denken und mein Verhalten weiterzuentwickeln. Auch glaube ich,<br />

dass mein Team hier in China und Asien davon profitieren wird. - In<br />

der letzten Woche hatte ich mein Jahresgespräch mit meinem Vorgesetzten,<br />

in dem wir einige Bereiche identifiziert haben, in denen ich<br />

mich verbessern möchte. Nach Durchsicht der verfügbaren<br />

<strong>Coaching</strong>-Profile hat mich Ihr Profil besonders angesprochen. Wenn<br />

Sie einverstanden sind, möchte ich Sie als Coach kennen lernen. – Da<br />

ich bis nächste Woche keine größeren Reisen geplant habe, bin ich<br />

sicher, dass wir zwischen den anstehenden Meetings und Kundenbesuchen<br />

zwischendurch ein Zeitfenster für ein erstes Telefonat<br />

finden werden. Meine Büronummer lautet +86... Mobil erreichen Sie<br />

mich unter +86... Ich freue mich darauf von Ihnen zu hören. Ihr C."<br />

Herr C. ist für mehrere Produktlinien des Unternehmens in Asien<br />

verantwortlich. Er ist Chinese und lebt und arbeitet in Shanghai. Als<br />

dem Kreis der Konzernführungskräfte zugehöriger Mitarbeiter wird<br />

er in seiner beruflichen Entwicklung durch einen Personalentwickler<br />

in der Schweizer Konzernzentrale betreut. Dieser hat ihm nach<br />

seinem Mitarbeitergespräch die Profile von drei Coachs samt Kontaktdaten<br />

geschickt, von denen er sich einen zu kontaktieren ent-<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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schieden hat. In die E-Mail, die Herr C. geschrieben hat, waren sein<br />

Vorgesetzter und der Personalentwickler direkt einkopiert.<br />

17. September 2008, 23:40 Uhr. Unmittelbar nach Erhalt der E-Mail<br />

rufe ich Herrn C. auf seinem Mobiltelefon an, wo ich ihn direkt<br />

erreiche. Wir stellen uns gegenseitig kurz vor und verständigen uns<br />

auf den 19. September um 10:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit als<br />

Termin für das Auftragsklärungsgespräch. Am nächsten Tag bestätige<br />

ich Herrn C. den Termin schriftlich mit Vorgesetztem und<br />

Personalentwickler in Kopie, so dass alle Prozessbeteiligten über den<br />

Stand der Dinge im Bilde sind.<br />

19. September 2008, 10:00 Uhr. Herr C. und ich führen ein erstes<br />

halbstündiges Telefonat auf Englisch über das Internet. Verbindungskosten<br />

sind dabei eine zu vernachlässigende Größe. Nähere<br />

Fragen zu meiner Person hat Herr C. auf Nachfrage nicht. Stattdessen<br />

beginnt er sofort mit der Schilderung seines Anliegens. Es geht<br />

um die Themen Selbstsicherheit, das Beheben von Konflikten auf<br />

Kollegenebene sowie um die Wiedergewinnung einer persönlichen<br />

Work-Life-Balance durch richtiges Priorisieren und Delegieren.<br />

Während des Gesprächs spürt Herr C., dass meine ganze Aufmerksamkeit<br />

auf ihn gerichtet ist; durch gezielte Nachfragen signalisiere<br />

ich, dass ich ihn in seiner Situation verstehe; durch die Formulierung<br />

von <strong>Coaching</strong>-Zielen sowie die Beschreibung eines zielführenden<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesses erscheint die Problemstellung für Herrn C. auf<br />

einmal handlich und lösbar. Indem Herr C. in unserem Gespräch<br />

diese drei Aspekte erlebt, Aufmerksamkeit, Verständnis und Mehrwert,<br />

fasst er Vertrauen zu mir und ist bereit, sich mit mir auf den<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess einzulassen.<br />

19. September 2008, 13:00 Uhr. Nach dem Gespräch formuliere ich<br />

auf Basis der Gesprächsergebnisse ein Angebot, in dem das<br />

<strong>Coaching</strong>-Thema, die Ziele, der Prozess und das benötigte Zeitbudget<br />

festgehalten sind. Dieses geht per E-Mail an Herrn C. mit der<br />

Bitte dessen Inhalt zu prüfen und es bei Zustimmung an seinen Vorgesetzen<br />

zur Genehmigung weiterzuleiten. Bereits am Ende des<br />

Auftragsklärungsgesprächs haben wir vorbehaltlich der Genehmigung<br />

des <strong>Coaching</strong>s einen Termin für ein erstes <strong>Coaching</strong>-Gespräch<br />

für den 6. Oktober verabredet.<br />

22. September 2008. Herr C. sendet mir folgende E-Mail: "Nachstehend<br />

finden Sie die Bestätigung meines Vorgesetzten. Am 6. Oktober<br />

werde ich in Hongkong sein. Ich teile Ihnen rechtzeitig mit, unter<br />

welcher Telefonnummer ich dort erreichbar bin."<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Für die Bearbeitung der genannten Themen steht ein Zeitbudget von<br />

acht Stunden zur Verfügung, das in insgesamt zwölf Telefonaten in<br />

etwas mehr als drei Monaten bis zum 17 Januar 2009 absolviert wird.<br />

Nach dem Abschlussgespräch wird Herr C. mittels elektronischem<br />

Fragebogen um die Evaluation des <strong>Coaching</strong>s gebeten. Das Feedback<br />

wird an Vorgesetzten und den Personalentwickler weitergeleitet.<br />

Für den Juni 2009 wird ein Follow-up-Telefonat vereinbart, um die<br />

Nachhaltigkeit des <strong>Coaching</strong>-Prozesses sicherzustellen.<br />

Die praktischen Vorteile einer Transformation des <strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

auf das Telefon liegen auf der Hand:<br />

• Bereits innerhalb weniger Tage nach der <strong>Coaching</strong>-Anfrage findet<br />

das Auftragsklärungsgespräch statt.<br />

• Auf Basis des zeitnah erstellten Angebots haben alle<br />

Prozessbeteiligten im Rahmen des Genehmigungsprozesses die<br />

Möglichkeit, die dort definierten <strong>Coaching</strong>-Ziele und Prozessschritte<br />

mit dem ursprünglichen intern besprochenen <strong>Coaching</strong>-<br />

Auftrag abzugleichen und ggf. zu intervenieren. Auf diese Weise<br />

wird ein gemeinsames Verständnis des <strong>Coaching</strong>-Auftrages<br />

sichergestellt.<br />

• Das gleichwohl geringere Zeitbudget erlaubt eine höhere<br />

<strong>Coaching</strong>-Frequenz, bei der zwar die einzelnen Gesprächseinheiten<br />

kürzer sind, der Klient jedoch die Chance hat, zwischen<br />

den engeren Zeitabständen die <strong>Coaching</strong>-Themen im Bewusstsein<br />

zu halten und an ihnen zu arbeiten.<br />

• Der Klient macht seine Entwicklungsschritte in einem vergleichsweise<br />

kurzen Zeitraum und das Unternehmen kann von den<br />

Verhaltensänderungen und den damit verbundenen Leistungsverbesserungen<br />

entsprechend früher profitieren.<br />

• Die <strong>Coaching</strong>-Gespräche können auch von unterwegs und auf<br />

Dienstreisen realisiert werden, da die telefonische Erreichbarkeit<br />

nahezu überall sichergestellt ist. Dadurch lassen sich auch kurzfristig<br />

immer wieder Zeitfenster finden. Auch Zeitzonen übergreifend<br />

lassen sich Gespräche ohne größere Probleme organisieren.<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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• Können Telefontermine nicht eingehalten werden, ist eine Verschiebung<br />

leichter möglich als bei längerfristig geplanten<br />

Präsenzterminen.<br />

• Die Telefonate können leicht in Randzeiten am Morgen, Mittag<br />

oder am Abend gelegt werden, so dass andere produktive Tätigkeiten<br />

nicht tangiert und die Opportunitätskosten minimiert<br />

werden. Natürlich fallen bei diesem Vorgehen auch keine Reisekosten<br />

an.<br />

Den interessierten Leser macht dieses Fallbeispiel vielleicht neugierig,<br />

aber überzeugen wird es vermutlich noch nicht. Ganz spontan regt sich<br />

Widerspruch:<br />

• Wieso sollte ein Klient zu einem wildfremden Menschen am<br />

anderen Ende der Telefonleitung irgendwo auf der Welt<br />

Vertrauen fassen und mit ihm persönliche Entwicklungsthemen<br />

besprechen?<br />

• Wie kann ein Coach, ohne dass er den Klienten sieht, erfassen<br />

worum es wirklich geht?<br />

• Und wie kann schließlich ein Coach unter den Einschränkungen<br />

des Telefons Wirkung entfalten und den Klienten beim Erreichen<br />

seiner Entwicklungsziele unterstützen?<br />

Diese und weitere Fragen finden Sie im zweiten Teil des Buchs<br />

untersucht und beantwortet. Für den Augenblick ist es genug, wenn Ihr<br />

Interesse geweckt ist. Im nächsten Schritt finden Sie dargelegt, worin<br />

genau der Paradigmenwechsel besteht, der mit dem Buchtitel<br />

<strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong> angedeutet ist.<br />

Der Paradigmenwechsel im <strong>Coaching</strong><br />

Das klassische Paradigma im <strong>Coaching</strong> ist die Vorstellung, dass es<br />

als Voraussetzung für die Durchführung eines erfolgreichen <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozesses notwendig ist, dass Coach und Klient sich von Angesicht zu<br />

Angesicht kennen. In keinem der gängigen deutschsprachigen<br />

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I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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<strong>Coaching</strong>-Handbücher wird diese Voraussetzung hinterfragt, obwohl<br />

das Medium Telefon bekanntermaßen älter ist als das <strong>Coaching</strong> selbst. 3<br />

Auch sonst sind zu dieser Fragestellung aktuell keine Buch-Veröffentlichungen<br />

zu finden.<br />

Begründungen für das klassische Paradigma könnten wie folgt<br />

lauten:<br />

• <strong>Coaching</strong> beruht auf Vertrauen. Vertrauen erfordert, dass man<br />

sich kennt. Kennenlernen erfordert die physische Begegnung.<br />

Also müssen sich Coach und Klient begegnen.<br />

• <strong>Coaching</strong> ist auf die eine ganzheitliche Unterstützung des Klienten<br />

hin ausgerichtet. Das erfordert, dass der Coach den Klienten<br />

ganzheitlich mit allen Sinnen erfasst. Das erfordert die physische<br />

Anwesenheit von Coach und Klient an einem Ort.<br />

• <strong>Coaching</strong> ist im wesentlichen Kommunikation. Kommunikation<br />

findet wesentlich verbal und nonverbal statt. Der verlustlose<br />

Empfang aller gesendeten Nachrichten und Botschaften erfordert<br />

die physische Präsenz von Coach und Klient.<br />

• Wie der Arzt und der Therapeut behandelt der Coach seinen<br />

Klienten mittels verbaler und nonverbaler Interventionen. Der<br />

Coach kann auf der gesamten Klaviatur möglicher Interventionen<br />

nur dann frei spielen, wenn Coach und Klient sich in einem<br />

Raum befinden.<br />

<strong>Coaching</strong> über das Telefon muss bei dieser Betrachtung als eine<br />

Reduktion und Begrenzung von <strong>Coaching</strong> erscheinen, die in bestimmten<br />

Fällen und Ausnahmesituationen vielleicht in Kauf genommen<br />

werden kann, die jedoch gegenüber dem Präsenz<strong>Coaching</strong> als dem<br />

eigentlichen <strong>Coaching</strong>-Setting immer den Status der Behelfsmäßigkeit<br />

und der Zweitklassigkeit haben muss. Dies erscheint übrigens als so<br />

selbstverständlich, dass man darüber nicht eigens zu Reden braucht.<br />

Das wäre dann auch der Grund dafür, dass man das Telefon als<br />

3 Vgl. z. B. Rauen (2005), Migge (2007) und Kaweh (2008).<br />

29


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong>-Instrument in der Literatur nicht eigentlich thematisiert<br />

findet.<br />

In Abgrenzung zu dem klassischen Paradigma lautet das Paradigma<br />

von <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong>. <strong>Coaching</strong> kann vollumfänglich am Telefon stattfinden. Mit<br />

anderen Worten: Nicht die Tatsache, dass Coach und Klient über Telefon<br />

miteinander kommunizieren, ist das Besondere. Das tut jeder<br />

Coach mehr oder weniger häufig. Der Paradigmenwechsel besteht<br />

darin, dass ein Klient durch <strong>Coaching</strong> seine Entwicklungsziele erreichen<br />

kann, ohne dass er jemals mit seinem Coach physisch zusammentrifft.<br />

Dabei bedeutet "kann" hier nicht, dass ein <strong>Coaching</strong>-Erfolg<br />

sich am Telefon vielleicht und ausnahmsweise auch einmal einstellen<br />

kann, sondern dass dies mit der gleichen Regelmäßigkeit und Wahrscheinlichkeit<br />

der Fall ist, wie im Präsenz<strong>Coaching</strong> auch. – Dies liest<br />

sich zunächst wie eine bloße Behauptung. Das bleibt es in diesem<br />

Kapitel auch, in dem es darum geht, diesen Paradigmenwechsel seinem<br />

Inhalt und seiner Bedeutung nach herauszuarbeiten. Im Kapitel II<br />

erhält der Paradigmenwechsel dann seine eigentliche Begründung.<br />

Wie sehr Paradigmen in unseren Gewohnheiten verankert sind und<br />

wie sehr dasjenige, was wir verteidigen, auf persönlichen Vorlieben<br />

beruht, mag folgendes Beispiel zeigen. Wir alle sind in den letzten 15<br />

Jahren durch Einführung und Etablierung von E-Mail, SMS, Chat,<br />

Twitter Zeugen eines Paradigmenwechsels in der schriftlichen Kommunikation<br />

geworden. Der gute alte Brief wird im geschäftlichen wie<br />

auch im privaten Rahmen mehr und mehr durch elektronische Medien<br />

ersetzt und wird künftig nur noch ein Schattendasein führen, ähnlich<br />

wie dies bereits bei der guten alten Vinylschallplatte gegenüber der<br />

Musik-CD der Fall ist. Wer vor 15 Jahren gefragt wurde, ob er ein<br />

Angebot mittels Postbrief oder als elektronischen Brief durch das<br />

Internet zugestellt haben wolle, hat mit großer Wahrscheinlichkeit für<br />

den klassischen Postweg optiert. Heute möchte man das Angebot<br />

möglichst sofort als PDF-Datei. Dabei akzeptiert man den elektronischen<br />

Weg nicht nur der Geschwindigkeit wegen, sondern aufgrund<br />

einer ganzen Reihe von praktischen Gründen, denen gegenüber das<br />

bloße Papierformat alt aussieht.<br />

30


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Derzeit erfolgt mit der Einführung des eBooks ein weiterer Anschlag<br />

auf unsere Gewohnheiten. Längst haben wir uns daran gewöhnt, aktuelle<br />

Informationen aus dem Internet zu beziehen. Die Zeitungshäuser<br />

sind immer noch händeringend auf der Suche nach alternativen<br />

Geschäftsmodellen, um den permanenten Rückgang der Zeitungsauflagen<br />

zu kompensieren. Für viele ist es aber noch immer unvorstellbar,<br />

dass sie anstelle eines gebundenen Buches ein Lesegerät in der Hand<br />

halten und in einem Text schmökern werden. Aber genau dies wird in<br />

wenigen Jahren der Fall sein. - Die Beispiele machen deutlich, dass,<br />

wenn es um einen Paradigmenwechsel geht, die Diskussionen nicht<br />

immer nur auf der Sachebene geführt werden, sondern hier vielfach<br />

lieb gewonnene Denkgewohnheiten und Praktiken zur Disposition<br />

stehen und verteidigt werden, die sich mit der Zeit ganz von selbst<br />

erledigen.<br />

Dann gilt es noch auf die Traditionalisten einzugehen, die in jedem<br />

Paradigmenwechsel zuallererst den Verlust von bestehenden Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen beklagen und dabei vergessen, dass das, dessen<br />

Verlust sie beklagen, ehedem selbst das Resultat eines Paradigmenwechsels<br />

gewesen ist: Überall dort, wo geschrieben wird, verblasst die<br />

Erinnerung sowie die Fähigkeit und Bereitschaft Wissenswertes auswendig<br />

zu lernen. Mit der Einführung des Buchdrucks wurden die<br />

Inflationierung des Wortes und die Entwertung des Überlieferten<br />

beklagt. Wo am Computer geschrieben wird, geht die Fähigkeit verloren,<br />

Gedanken klar vorzufassen und dann ohne große Korrekturen zu<br />

Papier zu bringen etc. - Ja: Die Einführung neuer Techniken und Verfahren<br />

erfordert neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dies ist auch beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> der Fall. Inwiefern beim <strong>Coaching</strong> über das Telefon sich<br />

die Anforderungen an den Coach, an Methoden und Interventionen<br />

weiterentwickeln, darüber geben Kapitel III und IV dieses Buches<br />

Auskunft.<br />

Wie also die E-Mail den Schriftverkehr revolutioniert hat, so wird<br />

Tele<strong>Coaching</strong> das <strong>Coaching</strong> als moderne Dienstleistung verändern und<br />

weiterentwickeln!<br />

31


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Tele<strong>Coaching</strong> –<br />

Künftig eine Selbstverständlichkeit?<br />

Wie sieht eine Arbeitswelt aus, in der <strong>Coaching</strong> über das Telefon zur<br />

Selbstverständlichkeit geworden ist?<br />

• Wie Spitzensportler haben Führungskräfte und Manager ihren<br />

Coach, mit dem sie regelmäßig in telefonischem Kontakt stehen<br />

– zu jeder Zeit und an jedem Ort. Arbeitgeber erwarten, dass ihre<br />

Leistungsträger ständig an ihrer eigenen Weiterentwicklung<br />

arbeiten. Der Coach ist der ideale Sparringspartner für Führungskräfte<br />

und Manager, um die Leadership-Qualitäten in regelmäßigen<br />

Abständen zu supervisieren und weiterzuentwickeln.<br />

• Mit dem Telefon als zentralem Arbeitsmittel ist <strong>Coaching</strong> nicht<br />

mehr nur eine exklusive Leistung für Führungskräfte. Effiziente<br />

<strong>Coaching</strong>-Produkte und Prozesse führen zu einer Demokratisierung<br />

von <strong>Coaching</strong>-Angeboten und machen diese auch für<br />

andere Mitarbeitergruppen zugänglich.<br />

• Firmen richten für Ihre Mitarbeiter im Intranet <strong>Coaching</strong>-<br />

Plattformen ein, auf denen sie in kritischen Situationen kurzfristig<br />

und unbürokratisch die telefonische Unterstützung eines Coachs<br />

in Anspruch nehmen können.<br />

• Mitarbeiter erhalten wie selbstverständlich bei der Übernahme<br />

von anspruchsvollen neuen Aufgaben und Rollen einen Coach<br />

zur Seite, der ihnen mittels regelmäßiger Telefonate über Hürden<br />

und Klippen während der Einarbeitungszeit hinweghilft.<br />

• <strong>Coaching</strong> wird durch den Einsatz des Telefons zu einem Angebot,<br />

das sich auch Privatkunden verstärkt leisten können. Menschen<br />

lassen sich bei der Entfaltung ihrer Potenziale über das<br />

Telefon langfristig begleiten. Dabei wird nicht nach Stunden oder<br />

Stundenpaketen abgerechnet, sondern in günstigen monatlichen<br />

Pauschalen, durch die alle Telefonkontakte mit dem Coach<br />

innerhalb des definierten Zeitraums abgedeckt sind.<br />

32


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• Freiberufler und Unternehmen lassen sich während der<br />

Geschäftsgründung und bei besonderen Herausforderungen<br />

durch einen Telefon-Coach begleiten. Oft reichen bereits einige<br />

kurze aber regelmäßige <strong>Coaching</strong>-Impulse um das Geschäft neu<br />

zu inspirieren.<br />

• Veränderungswillige lassen sich durch einen Telefon-Coach fit<br />

für den Stellenwechsel machen. Eine Standortbestimmung, die<br />

Definition von Karrierezielen, die entsprechende Positionierung<br />

mittels Bewerbungsunterlagen, die Unterstützung der Nutzung<br />

aktueller Bewerbungswege wie Anzeigen, Jobbörsen, Personalvermittler<br />

und soziale Netzwerke – alles dies wird wirksam und<br />

kosteneffizient über Telefon und Internet unterstützt.<br />

• Lernangebote, an denen Mitarbeiter in Form von Seminaren und<br />

Schulungen persönlich oder online teilnehmen, werden durch ein<br />

integriertes Umsetzungs-<strong>Coaching</strong>, das am Telefon persönlich<br />

oder in Kleingruppen erfolgt, deutlich effizienter und nachhaltiger.<br />

Der Coach sorgt dann dafür, dass innere Blockaden, die bei<br />

der Umsetzung des Erfolgswissens im Weg stehen, beseitigt<br />

werden.<br />

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, sondern gibt lediglich eine<br />

Idee von dem, was in Zukunft möglich sein wird. Wird der<br />

Paradigmenwechsel vollzogen und die Möglichkeit eines erfolgreichen<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesses auch ohne physische Bekanntschaft zwischen<br />

Coach und Klient ernsthaft in Erwägung gezogen, eröffnen sich neue<br />

Anwendungsmöglichkeiten für <strong>Coaching</strong>, die über die bisher üblichen<br />

Formate des Präsenz<strong>Coaching</strong>s weit hinausreichen.<br />

WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Diese Frage ist jetzt beantwortet. Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> bedeutet <strong>Coaching</strong> auf dem Grundsatz, dass <strong>Coaching</strong> vollumfänglich<br />

am Telefon erfolgen kann. Dieser Paradigmenwechsel sieht<br />

sich nicht im Gegensatz zur bisherigen Form des klassischen Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong>s, sondern als dessen konsequente Fortentwicklung, um den<br />

Anforderungen einer globalisierten Arbeitswelt mit modernen<br />

33


I WAS ist Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Paradigmenwechsel<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong>-Dienstleistungen entsprechen zu können. Jetzt gilt es zu<br />

zeigen, dass Tele<strong>Coaching</strong> hinsichtlich seiner Wirksamkeit methodisch<br />

auf Augen- bzw. Ohrenhöhe zum Präsenz<strong>Coaching</strong> agiert.<br />

Coach me<br />

if you<br />

can!<br />

Yes I<br />

can!<br />

34


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? –<br />

Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Viele praktische Vorteile der telefonischen Beratung liegen auf der<br />

Hand. Manche werden Sie überraschen. Die meisten Coachs und Auftraggeber<br />

wären jedoch nicht bereit, praktische Vorteile mit einer<br />

methodischen Zweitklassigkeit zu erkaufen. Daher ist es Ziel dieses<br />

Kapitels zu zeigen, dass Tele<strong>Coaching</strong> gegenüber dem Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> auch methodisch neue Möglichkeiten bietet, bei denen qualitativ<br />

gegenüber den klassischen <strong>Coaching</strong>-Methoden keine Abstriche<br />

gemacht werden müssen. Praktische und methodische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s generieren nachweislich Effizienzgewinne, die Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> auch finanziell für Auftraggeber zu einer interessanten Alternative<br />

werden lassen. Sie werden nachvollziehen, dass alle <strong>Coaching</strong>-<br />

Indikationen auch telefonisch bearbeitet werden können und dass die<br />

Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s eher durch die Person des Coachs als<br />

durch den Klienten oder das Medium Telefon selbst gesetzt sind.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

Im Kapitel I wurde bereits dargestellt, wie sich das Tele<strong>Coaching</strong><br />

gewissermaßen als eine Notwendigkeit aus der Alltagspraxis heraus<br />

entwickelt hat. Die Anforderungen der globalisierten Arbeitswelt an<br />

Verfügbarkeit und Flexibilität von <strong>Coaching</strong> sind dergestalt, dass sich<br />

diese im Rahmen der bisherigen Präsenz<strong>Coaching</strong>-Formate immer<br />

schwerer oder nur unter erheblichem Aufwand für alle Beteiligten realisieren<br />

lassen. Bevor die methodischen Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden, sollen zunächst<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

dessen praktische Implikationen für die handelnden Akteure, d. h. für<br />

den Klienten, den Auftraggeber und nicht zuletzt für den Coach einzeln<br />

ausgelotet werden.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Klienten<br />

Die Lebens- und Arbeitswelt von <strong>Coaching</strong>-Klienten im beruflichen<br />

Kontext ist tendenziell geprägt von Hektik und Kurzatmigkeit. Die<br />

Terminkalender sind in einer Weise durchgetaktet, dass für Privates<br />

kaum Raum bleibt. Der moderne Dualismus von Arbeit und Freizeit<br />

lässt sich bei vielen Führungskräften nicht durchhalten, so dass vielfach<br />

auch Wochenenden und Urlaub als letzte verbliebene Reservate für ein<br />

erfülltes Privatleben bedroht sind. In diese Lebenswelt hinein, in der<br />

der Anspruch auf noch nicht genommenen Urlaub aufgrund von<br />

Arbeitsüberlastung immer wieder zu verfallen droht, in der längst<br />

anstehende Arzt- und Untersuchungstermine immer wieder verschoben<br />

werden, kommt nun die Ermunterung seitens des Arbeitgebers,<br />

sich Zeit zum Schärfen der eigenen Säge zu nehmen und sich einem<br />

<strong>Coaching</strong> zu unterziehen. "Auch das noch!", ist hier der erste natürliche<br />

Reflex des Klienten.<br />

<strong>Coaching</strong> hat seinen Preis – auch für den Klienten, selbst wenn<br />

dieser ihn nicht selbst in barer Münze bezahlen muss. Denn <strong>Coaching</strong><br />

fordert von dem Klienten<br />

• sich aus dem Alltag heraus zu begeben und innezuhalten,<br />

• die Bereitschaft, sich ehrlich mit sich selbst auseinanderzusetzen,<br />

• die eigene Komfortzone zu verlassen und sich zu verändern,<br />

• und sich dafür auch noch eigentlich gar nicht vorhandene Zeit zu<br />

nehmen, was zu zeitlichen Engpässen und Schwierigkeiten an<br />

anderen Stellen im Beruf oder Privatleben führt.<br />

Damit der Klient bereit ist, diesen Preis zu bezahlen, muss der innere<br />

oder äußere Druck für ein <strong>Coaching</strong> oft erst entsprechend hoch sein.<br />

Wiegt die Zeitkomponente schwer, wird sie leicht auch zur willkom-<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

menen Entschuldigung, sich nicht in die vielleicht als unangenehm<br />

vermutete Auseinandersetzung mit sich selbst begeben zu müssen.<br />

Unter diesem Gesichtspunkt senkt Tele<strong>Coaching</strong> für den Klienten die<br />

Einstiegshürde und somit den persönlichen Preis für ein <strong>Coaching</strong>:<br />

• Da ein erstes Telefonat zwischen Coach und Klient viel schneller<br />

zu organisieren ist als ein persönliches Erstgespräch, vergeht<br />

weniger Zeit zwischen der Indikation des <strong>Coaching</strong>s und dem<br />

Beginn des <strong>Coaching</strong>-Prozesses. Auch ist der zeitliche Aufwand,<br />

den der Klient betreiben muss, um aus mehreren möglichen<br />

Coachs den für ihn passenden Coach auszuwählen, geringer,<br />

wenn er dies am Telefon tun kann statt jeden Coach persönlich<br />

zu treffen. 4<br />

• Sofern mit dem <strong>Coaching</strong> eine Anreise entweder des Coachs oder<br />

des Klienten verbunden ist, werden aus Gründen der Effizienz<br />

tendenziell längere <strong>Coaching</strong>-Gespräche eingeplant. <strong>Coaching</strong>-<br />

Telefonate sind demgegenüber kürzer und dauern selten länger<br />

als eine Stunde und lassen sich damit leichter in den Arbeitsalltag<br />

integrieren.<br />

• Da am Telefon <strong>Coaching</strong>-Gespräche beliebig kurz sein können,<br />

können bei gleichem Zeitbudget viel mehr Kontakte erfolgen als<br />

beim Präsenz<strong>Coaching</strong>. Während beim Präsenz<strong>Coaching</strong> Klient<br />

und Coach im Abstand von mehreren Wochen zusammentreffen,<br />

können Coach und Klient häufiger, ja sogar mehrmals wöchentlich<br />

miteinander sprechen. Der Klient taucht auf diese Weise<br />

intensiver in das <strong>Coaching</strong> ein, was für die Erreichung seiner<br />

Entwicklungsziele förderlich ist.<br />

• Tele<strong>Coaching</strong> kann abseits der "Hauptsendezeit" auch zu<br />

Randzeiten – morgens, mittags oder abends – erfolgen. Für den<br />

Klienten besteht keine Notwendigkeit produktive Zeiten für ein<br />

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zunächst unproduktives<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräch zu blockieren.<br />

4 Voraussetzung hierfür ist, dass dies am Telefon genauso gut möglich ist wie im<br />

persönlichen Gespräch. Dies wird in Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s gezeigt<br />

(S. 44 ff).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

• Ein Telefonat kommt dem Bedürfnis einer Führungskraft nach<br />

zeitlicher Flexibilität in besonderer Weise entgegen. Denn häufig<br />

lassen sich Termine langfristig nur schwer planen und <strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräche stehen für den Klienten dann im Vergleich zu<br />

geschäftsrelevanten Terminen eher zur Disposition. Ein Telefonat<br />

lässt sich leichter umdisponieren als ein Präsenz-Termin.<br />

• Am Telefon verdichtet sich der <strong>Coaching</strong>-Prozess so, dass das<br />

<strong>Coaching</strong>-Ziel in der Regel mit weniger zeitlichem Aufwand als<br />

beim Präsenz<strong>Coaching</strong> erreicht wird: Der Gesprächseinstieg<br />

erfolgt schneller. Die Phase des Ankommens ist deutlich verkürzt,<br />

der gemeinsame Kaffee entfällt. Das Gespräch selbst<br />

bekommt eine höhere Dichte und auch der Gesprächsausstieg<br />

erfolgt weniger umständlich. Wir haben die Erfahrung gemacht,<br />

dass wir bei den üblichen <strong>Coaching</strong>-Indikationen in etwa 70 Prozent<br />

der sonst erforderlichen Zeit die vereinbarten <strong>Coaching</strong>-<br />

Ziele erreichen. 5 Für den Klienten bedeutet dies, dass er früher<br />

von dem gewünschten Zielzustand profitieren kann.<br />

• Führungskräfte und Manager sind viel unterwegs. Da die<br />

telefonische Erreichbarkeit heutzutage fast überall auf der Welt<br />

sichergestellt ist, können Reisezeiten und Hotelaufenthalte sehr<br />

gut auch für <strong>Coaching</strong>-Gespräche am Telefon genutzt werden.<br />

Auf diese Weise kann der <strong>Coaching</strong>-Prozess auch bei intensiver<br />

Reisetätigkeit und über große Distanzen aufrechterhalten werden<br />

und der Klient kann kontinuierlich an seinen Entwicklungsthemen<br />

arbeiten.<br />

Viele Coach-Kollegen hegen an dieser Stelle den Verdacht, dass sich<br />

jetzt auch noch das <strong>Coaching</strong> als einer der letzten Rückzugsräume für<br />

ein Gespräch in Ruhe und ohne Hektik dem Diktat des Zeitdrucks<br />

beugen und gewissermaßen als Tele<strong>Coaching</strong> zum seelischen Fast-<br />

Food verkommt. Die tendenziell ungesunde Lebensweise einer<br />

Führungskraft werde mittels Telefon ein weiteres Mal bestätigt statt<br />

geheilt. <strong>Coaching</strong> müsse entschleunigend wirken, eine Insel der Ruhe<br />

und Reflexion in einem Ozean der Betriebsamkeit und Hektik bilden.<br />

5 Die Gründe hierfür werden in Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s erörtert (S. 44 ff).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

Am besten sei es daher, wenn das <strong>Coaching</strong> außerhalb der Büroräume<br />

in einer besonderen Umgebung stattfindet. Für viele Klienten sei es<br />

hilfreich, wenn sie sogar eine gute Strecke Wegs auf sich nehmen<br />

müssen, um an den Ort zu kommen, an dem das <strong>Coaching</strong> stattfindet.<br />

Auf diese Weise gewännen die Klienten erst den notwendigen Abstand,<br />

um das eigene Tun und Lassen grundsätzlich zu überdenken und die<br />

gewünschten Reflexions- und Entwicklungsprozesse auszulösen. Wie<br />

Fast Food – so räumen die Kollegen gerne ein – mag Tele<strong>Coaching</strong> ja<br />

ungemein praktisch sein. Aber wie Fast Food ist für sie <strong>Coaching</strong> am<br />

Telefon nicht gesund, zumindest nicht nahrhaft, d. h. im besten Sinne<br />

wirksam. Dies ist tatsächlich ein wichtiger Einwand, der unter "Methodische<br />

Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s" erörtert wird. Denn ein praktischer<br />

Zugewinn zu Lasten der Qualität der Ergebnisse wäre auch für uns<br />

inakzeptabel.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Auftraggeber<br />

Bei den meisten <strong>Coaching</strong>s sind Klient und Auftraggeber nicht dieselbe<br />

Person. Nach wie vor wird der deutlich überwiegende Teil aller<br />

<strong>Coaching</strong>-Aufträge durch den Arbeitgeber des Klienten erteilt, dem es<br />

immer in irgendeiner Form um entweder die Wiederherstellung, Aufrechterhaltung<br />

oder Steigerung der Leistungsfähigkeit seines Mitarbeiters<br />

geht. Inwiefern kann der Arbeitgeber ein praktisches Interesse an<br />

der Durchführung von <strong>Coaching</strong>-Prozessen am Telefon entwickeln?<br />

• In Sonntagsreden heben Unternehmensführer gerne die Bedeutung<br />

und den Wert der Mitarbeiter als einen der wichtigsten kritischen<br />

Faktoren für den Unternehmenserfolg hervor. In der<br />

Praxis kämpfen Personalentwicklungsabteilungen mit ohnehin<br />

schon knappen Budgets, die in wirtschaftlich schwierigen Situationen<br />

als erstes dem Rotstift zum Opfer fallen. Aufgrund der<br />

finanziellen Vorteile des Tele<strong>Coaching</strong>s, die leicht zu einer<br />

Kostenersparnis von 30 bis 40 Prozent gegenüber dem<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

herkömmlichen Präsenz<strong>Coaching</strong> führen 6 , lässt sich auch mit<br />

weniger Mitteln im <strong>Coaching</strong> viel erreichen.<br />

• Wie die Automobilindustrie hat auch die Personalentwicklung in<br />

Krisenzeiten ein Problem: Wie dort die sprit-fressenden Boliden<br />

sich als unverkäuflich erweisen und auf dem Hof bleiben, werden<br />

aufwändige Seminar- und <strong>Coaching</strong>-Formate durch die<br />

Führungskräfte derzeit nur zögernd angenommen und gebucht.<br />

Die Teilnahme an solchen Personalentwicklungsmaßnahmen<br />

wird, während sonst im Unternehmen überall gespart und sogar<br />

Mitarbeiter entlassen werden, zunehmend als unpassend erlebt.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> und TeleSeminare wirken demgegenüber in der<br />

Personalentwicklung wie alternative Antriebskonzepte, nach<br />

denen die Automobilhersteller händeringend suchen. Dabei<br />

können Tele- und Präsenz-Einheiten nahezu beliebig zu Hybridformen<br />

verbunden werden, die ihre jeweilige Wirkung wechselseitig<br />

stärken. Der Einsatz von Tele<strong>Coaching</strong> in Verbindung mit<br />

klassischen Seminarformaten ist somit geeignet, die Personalfunktion<br />

innerhalb des Unternehmens als innovativ und zeitgemäß<br />

zu positionieren.<br />

• <strong>Coaching</strong> goes green! – Tele<strong>Coaching</strong> bringt Mitarbeiter mit ihrem<br />

Entwicklungsziel auf energieeffiziente Art und Weise intelligent<br />

von A nach B. Eingesparte Reisekosten und somit verminderte<br />

CO 2 Emissionen können gute Argumente sein, mit denen die<br />

Personalentwicklung im Rahmen der environmental awareness und<br />

corporate social responsibility Tele<strong>Coaching</strong> und damit sich selbst als<br />

umweltbewusst innerhalb und außerhalb des Unternehmens<br />

positionieren können.<br />

• Wenn ein Arbeitgeber einen <strong>Coaching</strong>-Prozess veranlasst, gibt es<br />

immer auch ein handfestes wirtschaftliches Unternehmensinteresse.<br />

Entweder gilt es ein ursprüngliches Leistungsniveau wieder<br />

herzustellen, das bisherige Niveau zu halten oder aber zu steigern.<br />

<strong>Coaching</strong> soll mittelbar immer den wirtschaftlichen Erfolg<br />

des Arbeitgebers fördern. Durch den Verdichtungseffekt beim<br />

6 Vgl. Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong> (S. 57 ff).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

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Tele<strong>Coaching</strong> 7 verkürzt sich der <strong>Coaching</strong>-Prozess und das<br />

Unternehmen kommt entsprechend früher in den Genuss der<br />

gewünschten Wirkung. Neben der größeren Wirtschaftlichkeit<br />

auf der Kostenseite entsteht somit für den Arbeitgeber durch<br />

Tele<strong>Coaching</strong> auch ein höherer Nutzen durch eine tendenziell<br />

schnellere Wirksamkeit.<br />

• Tele<strong>Coaching</strong> ist geeignet, <strong>Coaching</strong>-Prozesse auch administrativ<br />

zu verschlanken und somit zu verbilligen. Die Fallstudie II im<br />

Kapitel I gibt davon eine konkrete Vorstellung 8 . Durch eine stärkere<br />

Beteiligung der Klienten schon bei der Installation des<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesses lassen sich unnötige und teure kommunikative<br />

Umwege vermeiden und das <strong>Coaching</strong>-Ziel auf direkterem<br />

Weg erreichen. Wir zeigen, wie eine Personalabteilung <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozesse in der Endausbaustufe quasi automatisieren kann bei<br />

vollem Überblick über Kostenstrukturen und die erzielte Qualität.<br />

In der Folge ergeben sich für die Personalentwicklungsverantwortlichen<br />

zusätzliche zeitliche Freiräume, die entsprechend<br />

anderweitig investiert werden können. 9<br />

• Viele Personalabteilungen haben einen großen Coach-Pool installiert,<br />

d. h. ein eigenes Partnernetzwerk von Coachs, um möglichst<br />

eine standortnahe Versorgung mit Coachs sicherzustellen, damit<br />

der Reiseaufwand so gering wie möglich gehalten wird. Die<br />

Rekrutierung und Betreuung geeigneter Coachs ist aufwändig.<br />

Manche Unternehmen führen <strong>Coaching</strong>-Tage durch, um<br />

Unternehmen und Coachs miteinander bekannt machen. Eine<br />

weitergehende regelmäßige Betreuung der <strong>Coaching</strong>-Lieferanten<br />

ist dann jedoch durch die Personalabteilung nicht mehr zu leisten.<br />

Da man viele Coachs auf Vorrat rekrutiert hat, kommt in der<br />

Regel nur eine Minderheit mit Aufträgen zum Zuge und der Rest<br />

mutiert zu Karteileichen und ist zur Teilnahme an weiteren<br />

<strong>Coaching</strong>-Tagen nur noch schwer zu bewegen. – Was auf natio-<br />

7 Vgl. Nicht billig aber günstig (S. 57 ff).<br />

8 Siehe S. 25.<br />

9 Siehe Alles aus einer Hand – Tele<strong>Coaching</strong> als moderne Service Dienstleistung bei der Clariant<br />

AG(S. 276 ff).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

__________________________________________________<br />

naler Ebene, wenngleich oft nur mit großem Aufwand, noch<br />

funktioniert, geht im internationalen Rahmen häufig nicht mehr.<br />

Da werden dann für die oberen Führungskräfte entweder die<br />

Top-Coachs teuer durch die Welt bewegt oder aber die Organisation<br />

und Durchführung der <strong>Coaching</strong>-Prozesse wird an die<br />

Landes-Personalabteilungen delegiert verbunden mit einem<br />

entsprechenden Kontrollverlust. Beim Aufbau eines TeleCoach-<br />

Pools ist dagegen nur auf die gewünschten Qualifikationen zu<br />

achten. Regionale Kriterien spielen aufgrund der weltweiten<br />

Präsenz eines TeleCoachs dagegen keine Rolle. Daher kann der<br />

TeleCoach-Pool auch kleiner gehalten sein und für das Gesamtunternehmen<br />

zentral aufgebaut, betreut und gesteuert werden.<br />

Sofern methodische Bedenken gegenüber dem Tele<strong>Coaching</strong> später<br />

entkräftet werden können, eröffnen sich unter praktischen Gesichtspunkten<br />

für die Personalentwicklung erhebliche Effizienzpotenziale bei<br />

Planung und Management von <strong>Coaching</strong>-Angeboten innerhalb von<br />

Unternehmen.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – praktisch für den Coach<br />

Welche praktischen Aspekte hat die Arbeit am Telefon schließlich<br />

für den Coach?<br />

• Dass sich Coach und Klient am gleichen Ort befinden, ist eher<br />

die Ausnahme. Zwar kann die Coach-Auswahl in Ballungsgebieten<br />

auch unter dem Gesichtspunkt räumlicher Nähe erfolgen,<br />

doch ist das entscheidende Kriterium in der Regel die<br />

Passgenauigkeit des Coachs. Im Zweifel nimmt der Auftraggeber<br />

hier auch größere Distanzen in Kauf. Um die<br />

Opportunitätskosten, d. h. den Produktivitätsausfall durch<br />

<strong>Coaching</strong> gering zu halten, erwarten viele Auftraggeber, dass bei<br />

größeren Distanzen der Coach seinen Klienten aufsucht.<br />

Entweder trifft man sich im Unternehmen oder in geeigneten<br />

Lokalitäten in der näheren Umgebung. Zwar werden die<br />

Reisekosten in den meisten Fällen vergütet, der Produktivitäts-<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Eine praktische Alternative<br />

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verlust jedoch nicht. Nur wenige Coachs können für die<br />

Durchführung einer zwei bis dreistündigen <strong>Coaching</strong>-Sitzung<br />

mehr als einen halben Tag abrechnen, obwohl mit An- und<br />

Abreise häufig ein ganzer Tag benötigt wird. Selbstverständlich<br />

versucht der Coach weitere Termine sinnvoll um den<br />

eigentlichen <strong>Coaching</strong>-Termin herumzulegen. Umso ärgerlicher<br />

ist es dann, wenn es zu kurzfristigen Terminverschiebungen<br />

kommt, die die gesamte Reiseplanung durcheinander bringen<br />

können. Beim Tele<strong>Coaching</strong> treten diese Schwierigkeiten nicht<br />

auf. Telefongespräche können nacheinander ohne zeitlichen<br />

Aufwand für An- und Abreise geplant werden. Wird dann ein<br />

Telefonat kurzfristig abgesagt und verschoben, dann kann die<br />

freiwerdende Zeit leicht mit anderer Schreibtischtätigkeit sinnvoll<br />

gefüllt werden. – Kurz: Beim Tele<strong>Coaching</strong> bleibt im wortwörtlichen<br />

Sinn weniger Lebenszeit auf der Strecke.<br />

• Durch Tele<strong>Coaching</strong> lässt sich die Produktivität des Coachs<br />

erhöhen. Die meisten Coachs sind auf verschiedenen Geschäftsfeldern<br />

aktiv. Häufig ergänzen Tätigkeiten als Trainer oder Berater<br />

das Dienstleistungsportfolio eines Coachs. Freiräume, die sich<br />

dadurch ergeben, dass nicht immer volle Tage durch einen Kunden<br />

vor Ort oder durch konzeptionelle Schreibtischarbeit belegt<br />

sind, können für <strong>Coaching</strong>-Telefonate genutzt werden.<br />

• Ein Coach, der Klienten zu sich bestellt, muss repräsentative<br />

Büroräume vorhalten. Dieser Aufwand entfällt natürlich, wenn<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche beim Klienten oder eben am Telefon<br />

geführt werden.<br />

• Demgegenüber sind die Infrastrukturkosten beim Telefon auch<br />

im internationalen Einsatz verschwindend gering. Flatrates und<br />

Internettelefonie ermöglichen es, die Gesprächskosten auf ein<br />

Minimum zu reduzieren.<br />

• In Präsenz-Sitzungen kann sich der Coach in der Regel nur handschriftliche<br />

Notizen machen. Der Einsatz eines Laptops wird in<br />

der Gesprächssituation von dem Klienten als störend erlebt.<br />

Beim Einsatz eines Headsets am Telefon kann der im Umgang<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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mit dem Computer versierte Coach seine Notizen direkt in den<br />

PC eingeben, wodurch die Dokumentation des <strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

effizienter wird. Der Aufwand für die Nachbereitung reduziert<br />

sich deutlich.<br />

Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s –<br />

Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

Die praktischen Vorteile des Tele<strong>Coaching</strong>s sind jetzt deutlich. Wir<br />

haben sie oben aus den unterschiedlichen Perspektiven von Klient,<br />

Auftraggeber und Coach dargestellt. Fragt sich nur, ob „praktisch“<br />

auch „gut“ ist. Keiner der Beteiligten wäre bereit, zugunsten<br />

praktischer Vorteile Abstriche an der Qualität eines <strong>Coaching</strong>s zu<br />

machen. Die Frage ist, ob <strong>Coaching</strong> durch den Einsatz des Telefons als<br />

zentrales Arbeitsmittel an Qualität gewinnt oder verliert. Wir werden<br />

im Weiteren zeigen, dass <strong>Coaching</strong> am Telefon eine eigene Qualität<br />

besitzt, die hinter der des Präsenz<strong>Coaching</strong>s nicht zurückbleibt.<br />

Die Welt ist Klang – Dem Hören Raum geben<br />

Es ist das Verdienst des langjährigen und bekannten Jazz-Redakteurs<br />

beim Südwestfunk Baden-Baden, Joachim Ernst Berendt, die Bedeutung<br />

des Hörens für die menschliche Existenz in seinen wissenschaftlichen,<br />

kulturellen und spirituellen Dimensionen ausgelotet zu haben.<br />

Seine Rechercheergebnisse hat Berendt unter dem Titel, Nada Brahma.<br />

Die Welt ist Klang, 1983 im Insel-Verlag veröffentlicht. In überzeugender<br />

Weise macht Berendt den Primat des Hörens gegenüber dem<br />

Sehen geltend, ohne das Sehen selbst dabei abzuwerten. Wer Berendt<br />

in seiner Argumentation folgt, wird in der Marginalisierung des<br />

Sehsinns beim Tele<strong>Coaching</strong> keinen Verlust sehen, sondern die<br />

Chance, das Potenzial des Hörens voll zur Geltung zu bringen. Wir<br />

wollen daher in diesem Abschnitt die Perspektive nachzeichnen, die<br />

Berendt in Nada Brama in Bezug auf das Hören und Sehen einnimmt.<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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Berendt bezeichnet den Gehörsinn als den "reichsten und differenziertesten<br />

unserer Sinne". Neben dem Verweis auf moderne Experimente,<br />

durch die die größere Sensibilität des Ohres gegenüber dem<br />

Auge nachgewiesen worden sei, zitiert Berendt Georg Leonard, der die<br />

Plausibilität dieser These an einem ganz einfachen Beispiel nachweist:<br />

"Unser Gehörsinn ist in der Tat ein Wunder und übertrifft das Sehvermögen<br />

in vielerlei Hinsicht. Wenn ein Maler beispielsweise drei<br />

Farbtöne miteinander vermischt, kann unser Auge das Resultat nur<br />

als eine einzige neue Farbe wahrnehmen. Wenn Klarinette, Flöte und<br />

Oboe zusammen erklingen, kann unser Ohr die resultierende<br />

Mischung sowohl als neuen Klang wahrnehmen, wie auch die drei<br />

Instrumente, die diesen Klang hervorbringen, voneinander unterscheiden."<br />

10<br />

In Anlehnung an den Musikwissenschaftlicher Hans Kayser<br />

beschreibt Berendt das Phänomen, dass das Ohr hinsichtlich der<br />

Exaktheit des Hörens dem Sehen des Auges deutlich überlegen ist.<br />

Dabei macht er die Fähigkeit des Durchschnittshörers geltend, die<br />

Stimmigkeit bzw. Unstimmigkeit einer Oktave genau feststellen zu<br />

können. Das Ohr ist demnach in der Lage, genaue Zahlenverhältnisse,<br />

die der Harmonielehre zugrunde liegen, zu hören und Abweichungen<br />

davon als Misstöne zu identifizieren. Dagegen kann niemand "sehen,<br />

ob die Schwingungsverhältnisse zweier Farben im Lichtspektrum um<br />

das Doppelte oder um die Hälfte voneinander verschieden sind." Ein<br />

akustischer Ton lässt sich mathematisch exakt definieren und hören: als<br />

C, D, E, F usw. Ein Farbton wird dagegen im Alltagsgebrauch nur<br />

ungefähr und bildhaft beschrieben und gesehen: Preußischblau, Marineblau,<br />

Himmelblau, Veilchenblau etc. 11<br />

Sinneswahrnehmungen sind Empfindungen und Ausdruck seelischer<br />

Aktivität. Nur beim Gehörsinn – so Berendt weiter – sind Denken und<br />

Empfinden auf das engste miteinander verbunden. Nur im Vorgang<br />

des Hörens ist unsere Seele imstande, "die Richtigkeit oder Unrichtigkeit<br />

einer intellektuellen Größe festzustellen. Umgekehrt haben wir<br />

durch das Phänomen der Tonzahl aber auch die Möglichkeit, Proporti-<br />

10 Georg Leonard, Der Rhythmus des Kosmos, Scherz, Bern/ München, zit. n.<br />

Berendt (1983), S. 224.<br />

11 Behrendt (1983), S. 224-225.<br />

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Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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onen und Maßzahlen im seelischen Bereich zu entwickeln." 12<br />

Demgegenüber ist die Wahrnehmung des Auges "vager" und "ungefährer".<br />

Es bleibt mehr an der Oberfläche der Dinge haften. Der bloße<br />

"Augenschein" trügt oft. Wenn man sich nicht von der Oberfläche der<br />

Dinge, ihrer bloßen "Erscheinung", täuschen lassen sondern die Dinge<br />

in der Tiefe und ihrem Wesen nach erkennen will, dann muss man sie<br />

"durchschauen". 13 Berendt zitiert den mit acht Jahren erblindeten<br />

französischen Schriftsteller und Hochschullehrer Jacques Lusseyran:<br />

"Unsere Augen gehen über die Oberfläche der Dinge. Sie bedürfen<br />

nur einiger verstreuter Punkte, und blitzartig füllen sie die Zwischenräume.<br />

Sie erahnen viel mehr, als sie sehen, und niemals, oder fast<br />

niemals, prüfen sie die Dinge. Sie geben sich mit den Erscheinungen<br />

zufrieden, und in diesen gleitet die Welt schimmernd dahin und verbirgt<br />

ihren wesentlichen Inhalt."<br />

Auf einen weiteren Aspekt im Unterschied von Sehen und Hören<br />

macht Berendt aufmerksam: Im Deutschen sind das Auge und das Ohr<br />

beides Begriffe im Neutrum. Im Lateinischen dagegen ist oculus (Auge)<br />

männlich und auris (Ohr) weiblich. Berendt hebt hervor, dass "interessanterweise<br />

auch in der chinesischen Überlieferung das Ohr ein Yin-,<br />

also ein mehr weibliches, das Auge aber ein Yang-, also ein mehr<br />

männliches Organ" ist. 14 Das Aktive und Männliche des Sehens offenbart<br />

sich im Deutschen in folgenden Ausdrücken: Ins Auge fassen, in<br />

Augenschein nehmen, sich umsehen, betrachten, spähen, fokussieren, durchschauen.<br />

Das passiv-weibliche des Hörens wird deutlich an Ausdrücken wie:<br />

zuhören, lauschen, horchen, verstehen. Welche Qualität hat das <strong>Coaching</strong>? Ist<br />

<strong>Coaching</strong> mehr Yin oder Yang? Mehr weiblich oder männlich? Es ist<br />

offensichtlich, dass das Zuhören, das Hinhören auf das Wesentliche,<br />

das reflexive und verstehende Element im <strong>Coaching</strong> grundlegend sind.<br />

Diese Elemente können dem Hören unmittelbar zugeordnet werden.<br />

Es könnte jetzt der Eindruck entstehen, als sollten Auge und Ohr<br />

gegeneinander ausgespielt werden. Dabei geht doch auch die chinesische<br />

Philosophie von der Komplementarität, der Zusammengehörig-<br />

12 Behrendt (1983), S. 225.<br />

13 Behrendt (1983), 226-227.<br />

14 Behrendt (1983), 237.<br />

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Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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keit und Gleichzeitigkeit der Prinzipien Yin und Yang aus. Genau diese<br />

Gleichzeitigkeit, so könnte man jetzt einwenden, ist nur in der persönlichen<br />

Begegnung möglich und das Coachen am Telefon würde stattdessen<br />

nur zu einer künstlichen und sogar kontraproduktiven Einseitigkeit<br />

führen. Der Einwand ist berechtigt, lässt sich aber mit Blick auf<br />

die Tatsache entkräften, dass der heutige Mensch zuallererst ein<br />

Augenmensch ist. In unserer bunten Medienwelt ist das Hören durch<br />

das Sehen überlagert. "Die Ohren werden überhaupt nur noch benutzt,<br />

wenn die Augen nicht ausreichen, sie verkümmern zum Hilfs- und<br />

Ergänzungsorgan. Es ist dann fast ein Reflex: Die Funktionen der<br />

Ohren werden nur noch dann abgerufen, wenn die Informationen<br />

durch die Augen beim besten Willen nicht ausreichen." 15 Immer dort,<br />

wo das Sehen ausgeschaltet wird, erhalten die anderen Sinne die<br />

Chance, ihr volles Potenzial zu entfalten. Jacques Lousseyrant<br />

beschreibt das Erlebnis der Entfaltung seines Tastsinns nach seiner<br />

Erblindung so:<br />

"Als ich noch meine Augen hatte, waren meine Finger steif und am<br />

Ende der Hände halb abgestorben, gerade recht, die Bewegungen des<br />

Greifens auszuführen. [Nach der Erblindung begann ich zu spüren,<br />

dass] die Objekte leben, selbst die Steine. Mehr noch, sie vibrieren,<br />

sie erzittern. Meine Finger fühlten deutlich dieses Pulsieren... Wenn<br />

jeder meiner Finger verschieden stark gegen die Rundungen eines<br />

Apfels drückte, wusste ich bald nicht mehr, ob der Apfel schwer war<br />

oder meine Finger... Ich war ein Teil des Apfels geworden und der<br />

Apfel ein Teil von mir. Das war es, wie die Dinge – für mich – existierten.“<br />

Entsprechend bietet <strong>Coaching</strong> am Telefon die Chance, durch Ausschaltung<br />

des Sehsinns viel genauer hinzuhören und dem Gehörten,<br />

den Unter-, Zwischen- und Obertönen auf den Grund zu gehen. Wer<br />

meint, dass dies in einer Präsenzsituation ebenso möglich sei, mache<br />

sich den Unterschied zwischen einem Konzertbesuch und dem intensiven<br />

Hören des Musikmitschnitts am Kopfhörer (ohne Videobild!)<br />

bewusst: Der Konzertbesuch erfolgt mit allen Sinnen: Die Augen<br />

sehen den Konzertsaal, die Musiker, die Instrumente, die übrigen<br />

Konzertbesucher, die Lichteffekte. Unterschiedliche Gerüche prägen<br />

15 Behrendt (1983), S. 232.<br />

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die Atmosphäre. Man sitzt oder steht auf Tuchfühlung. Der Konzertbesucher<br />

gibt sich mit allen Sinnen diesem Erlebnis hin. Ganz anders<br />

ist die Situation am Kopfhörer. Der Hörer hat es sich vielleicht auf<br />

einem Sofa bequem gemacht und liegt entspannt, der Raum ist abgedunkelt,<br />

die Augen hält er geschlossen und ist ganz auf das Hören<br />

konzentriert. Nichts lenkt ihn ab. In dieser Situation hört er Feinheiten<br />

und Nuancen, die ihm im Konzert entgangen sind, vielleicht hört er<br />

sogar den einen oder anderen Patzer, den er im Konzert überhört hat.<br />

Es handelt sich hier um einen intensiven und konzentrierten Musikgenuss,<br />

der durch keine anderen Sinneseindrücke eingetrübt wird. Immer<br />

dann, wenn es für den Musikkonsumenten darum geht, in Stimmung<br />

und Atmosphäre einer Musikaufführung einzutauchen, dann sollte er<br />

ins Konzerthaus gehen. Dann, wenn er sich intensiv und konzentriert<br />

mit der Musik als solcher auseinandersetzen will, wird der Musikgenuss<br />

am Kopfhörer vermutlich gehaltvoller sein.<br />

Was bedeutet das bezogen auf das Tele<strong>Coaching</strong>? Die Präsenz-Situation<br />

schafft immer einen Rahmen, in dem das Hören abgelenkt ist<br />

durch eine Vielfalt von Sinneseindrücken. Am Telefon besteht die<br />

Chance, dass sich das Verständnis des Gehörten vertieft.<br />

Unsichtbarkeit – Den Körper zum Sprechen bringen<br />

Interaktive Kommunikation findet bekanntlich verbal und nonverbal,<br />

d. h. über das gesprochene Wort und über Körpersprache statt.<br />

<strong>Coaching</strong> ist interaktive Kommunikation. Also kann <strong>Coaching</strong> im vollumfänglichen<br />

Sinne nur in einer Präsenz-Situation stattfinden. So in<br />

etwa lautet in Kurzform die Argumentationskette derjenigen, die sich<br />

das Tele<strong>Coaching</strong> nicht so recht vorstellen können. Was ist dem entgegenzusetzen?<br />

Hört man den Mitschnitt einer Theaterinszenierung als reine Audioversion,<br />

dann vermittelt sich zwar auf diese Weise der gesprochene<br />

Text, das wesentliche des Schauspiels: Bühnenbild sowie Mimik und<br />

Gestik der Schauspieler, in der sich wesentliche Aspekte der Textinterpretation<br />

manifestieren, kommen abhanden. Die Höraufnahme eines<br />

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Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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Schauspiels muss gegenüber der eigentlichen Aufführung immer defizitär<br />

sein. Wie stellt sich demgegenüber eine Gesprächssituation im<br />

Business-Kontext dar? Während im Theater und auf der Bühne<br />

beinahe alles erlaubt ist, unterliegen im Geschäftsleben alle Interaktionen<br />

strikten Normen und Vorgaben. Neben der Sprache ist auch der<br />

Körperausdruck streng reglementiert: man lächelt, auch wenn einem<br />

nicht zum Lächeln zumute ist; man sitzt aufrecht auch wenn man sich<br />

lieber ausstrecken würde; man unterdrückt ein Gähnen eher als dass<br />

man ihm freien Lauf gibt; man hält die Hände still auch wenn man<br />

lieber mit seinem Stift spielen würde; man bleibt sitzen auch wenn man<br />

lieber aufstehen und herumlaufen würde. Pointiert könnte man sagen:<br />

Im Geschäftsleben hält die Körpersprache die zwischenmenschliche<br />

Interaktion im Zaum. Weil man vor Enthusiasmus und Freude nicht<br />

aufspringt, ist auch der verbale Ausdruck der empfundenen Freude ein<br />

limitierter. Das obligate Lächeln im Gesicht verhindert den verbalen<br />

Wutausbruch. Wer Haltung bewahrt, beugt der sprachlichen Erschütterung<br />

vor. Im Geschäftsleben ist demnach der Körper tendenziell<br />

gehindert, vollgültiges sprachliches Ausdrucksinstrument für aktuelle<br />

Stimmungen und Empfindungen zu sein. Mehr noch, der Körper hält<br />

durch Konventionen das Sprechen selbst im Zaum.<br />

Selbstverständlich kann der geübte Interpret auch verhaltenen<br />

körpersprachlichen Ausdrucksformen einen Sinn abgewinnen. Das ist<br />

sogar notwendig, um so das reduzierte Sprechen ein Stück weit zu<br />

kompensieren. Wer in Präsenz-Situationen der Körpersprache nicht<br />

mächtig ist, dem entgehen in der Tat wesentliche Informationen. Wie<br />

stellt sich demgegenüber die Gesprächssituation am Telefon dar? Sie<br />

werden nicht lange in Ihrem Gedächtnis nach Ausschnitten von<br />

Filmen suchen, in denen ein Manager weit zurückgelehnt auf seinem<br />

Bürosessel, die Füße auf dem Tisch, einen Kaffee in der einen und den<br />

Telefonhörer in der anderen Hand mit einem Geschäftspartner telefoniert.<br />

Der Manager meint sich diese legere und entspannte Haltung am<br />

Telefon gönnen zu können, da er weiß, dass ihn sein Gesprächspartner<br />

nicht sieht. In diesem Moment wird der Körper zum authentischen<br />

Ausdrucksinstrument einer gelassenen oder gar ausgelassenen aktuellen<br />

Stimmungslage des Managers und unterstreicht diese noch. Was<br />

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passiert in dieser Situation mit der Stimme und Sprache? Sie ist ebenfalls<br />

entspannt und befreit. Und das allerdings hört der Gesprächspartner<br />

am anderen Ende der Leitung, weil er sich nun ganz auf den<br />

Audiokanal konzentrieren kann. Das ist nun wirklich nichts Neues. In<br />

jedem Buch über Verkaufen am Telefon wird auf diese Tatsache Bezug<br />

genommen. Darin wird der Telefonverkäufer aufgefordert zu lächeln,<br />

um dem Kunden am anderen Ende freundlicher zu erscheinen. Der<br />

Telefonverkäufer soll in der Kleidung telefonieren, in der er den Kunden<br />

auch persönlich aufsuchen würde. Auf diese Weise wird die Seriosität<br />

der Gesprächssituation unterstrichen. Der Telefonverkäufer wird<br />

ermuntert, in schwierigen Gesprächssituationen aufzustehen und im<br />

Stehen zu telefonieren. In dieser Haltung gibt er der Stimme mehr<br />

Volumen und kann mehr Sicherheit und Durchsetzungskraft transportieren.<br />

Ein erfolgreicher Telefonverkäufer, der auf diese Weise bewusst mit<br />

den Mitteln der Körpersprache spielt, wird zum Schauspieler, der<br />

immer das gleiche Stück zur Aufführung bringt, nämlich den Verkauf<br />

von Produkten und Dienstleistungen am Telefon. Seine Überzeugungskraft<br />

ist zum großen Teil darin begründet, dass er der Versuchung<br />

entgeht, sich am Telefon unbeachtet zu fühlen und sich gehen<br />

zu lassen. – Was ist dagegen das Geheimnis von <strong>Coaching</strong> am Telefon?<br />

Die Tatsache, dass der Klient am Telefon unsichtbar ist, hilft ihm, sich<br />

am Telefon von den Business-Konventionen zu befreien und sich<br />

gehen zu lassen. Er ist eingeladen, es sich bequem zu machen; er darf<br />

den Kopf aufstützen, wenn er sich erschöpft fühlt; er kann das<br />

gezwungene Lächeln ablegen und traurig gucken, wenn er sich traurig<br />

fühlt; niemand hindert ihn, während er sich über eine Person beklagt,<br />

ihr einen Vogel zu zeigen. Der Klient kann seinen haptischen Neigungen<br />

am Telefon freien Lauf lassen und mit Stiften und Büroklammern<br />

nach Belieben spielen. Wenn er eine Lösung für eine wichtige Fragestellung<br />

gefunden hat, kann der Klient vor Begeisterung die Arme<br />

hochreißen. Es ist leicht nachvollziehbar, dass diese körpersprachliche<br />

Befreiung aus der Unsichtbarkeit heraus gleichzeitig auch die Befreiung<br />

des Sprechens mit sich bringt. Die Erfahrung zeigt, dass Klienten am<br />

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Telefon viel zugänglicher und sehr viel schneller bereit sind, das, was<br />

sie bewegt, offen anzusprechen.<br />

Blind Date – Sich blind verstehen<br />

Was passiert, wenn sich zwei Menschen zum ersten Mal begegnen?<br />

Sie verschaffen sich einen ersten Eindruck. Den zu hinterlassen gibt es<br />

bekanntlich keine zweite Chance. Dieser verfestigt sich innerhalb der<br />

ersten Minuten einer Begegnung. Unwillkürlich nimmt jeder den anderen<br />

in Augenschein, screent ihn gewissermaßen von oben bis unten, und<br />

ordnet die so gewonnenen Eindrücke in die im Laufe des Lebens eingerichteten<br />

Schubladen ein:<br />

• Dieser gegelte Haarschnitt bei einem Vierzigjährigen – der steckt<br />

wohl in der Midlife-Crises...<br />

• Der Gesichtsausdruck erinnert mich an eine frühere Lehrerin, die<br />

ich nicht ausstehen konnte...<br />

• Männer mit Ohrringen...!<br />

• Der Anzug und Hemd sitzen perfekt – aber die Krawatte muss er<br />

im Dunkeln ausgesucht haben...<br />

• Schon ein bisschen ausgelatscht, die Schuhe, wie...?<br />

• Keine übermäßig sportliche Erscheinung...<br />

• Sehr elegant und weltmännisch...<br />

• Wirkt etwas abgehalftert...<br />

• Sieht wirklich sexy aus...<br />

Das Bild vom anderen, das auf diese Weise in den ersten Minuten<br />

einer Begegnung entsteht, ist gespeist aus der Vergangenheit und früheren<br />

Erfahrungen mit ähnlichen Merkmalen. Es ist das, was man ein<br />

Vorurteil nennt, das es im weiteren Gesprächsverlauf zu bestätigen gilt.<br />

Zumindest sind wir wacher für Wahrnehmungen, die uns in unserer<br />

vorgefassten Meinung bestätigen, als für Widersprüche. Was allgemein<br />

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gilt, gilt auch für die erste Begegnung zwischen Coach und Klient.<br />

Auch ein Coach ist nur ein Mensch und kann sich von diesen Automatismen<br />

nur begrenzt freimachen.<br />

Wie nimmt wohl ein Blinder einen anderen Menschen wahr und<br />

begegnet ihm? Bei meinen Recherchen bin ich auf einen beeindruckenden<br />

Text von Jennifer Sonntag gestoßen, die, selbst erblindet, als<br />

Diplomsozialpädagogin im Berufsförderungswerk für blinde und sehbehinderte<br />

Menschen im Bereich der Rehabilitations- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

tätig ist. Mit ihrer Website, www.blindverstehen.de, will sie<br />

zwischen den Wahrnehmungswelten von Blinden und Sehenden, die<br />

sie beide aus eigener Erfahrung kennt, vermitteln. In Ihrem Text,<br />

"Blind Date oder Blind vor Liebe", stellt sie sich den scheinbar naiven<br />

Fragen der Sehenden rund um das Thema Liebe und Beziehungen:<br />

"[...] wenn sich die Augen verschließen, öffnen sich die Pforten des<br />

Unsichtbaren und wer sie durchschreitet kann atemberaubende Eindrücke<br />

gewinnen. [...] Ich unterhielt mich einmal in einem Lokal eine<br />

gute halbe Stunde lang mit einem sehr imponierenden Mann, dessen<br />

Stimme und Intellekt mir einen Typen suggerierten, den ich mir wie<br />

einen Banker vorstellte. Nach unserem Gespräch erfuhr ich, dass es<br />

ein Transvestit war. Das erklärte auch die Stöckelschuhe, die mich in<br />

seinem Zusammenhang etwas irritiert hatten. Wenn ich jemanden<br />

menschlich interessant finde, ist die Optik zweitrangig. Wer mich mit<br />

seiner Ausstrahlung für mich gewinnt, könnte im Grunde nackt und<br />

mit nichts anderem als einer Pappnase und grünen Schwimmflossen<br />

bekleidet vor mir stehen, ich würde ihn ebenso ernst nehmen, wie im<br />

edelsten Designerzwirn. Andersherum kann mich eine Person mit<br />

einer unattraktiven Aura wenig beeindrucken, auch wenn sie optisch<br />

bewertet der absolute "Hingucker" wäre. [...] Aufgesetzte Autoritäten<br />

z. B. haben nur eine sehr schwache Wirkung auf mich, da ich ihr<br />

Schlips-und-Kragen-Selbstbewusstsein mit Möchtegern-Attitüde<br />

nicht wahrnehme. Ich erkenne nur das, was sie wirklich sind, ohne<br />

ihre optische Verkleidung. Während andere vor Ehrfurcht erstarren,<br />

amüsieren mich oft die hinter der Maske steckenden lispelnden und<br />

stotternden Stimmchen und die nervös am Schlüsselbund nestelnden<br />

Finger. Das wirkt dann alles andere als autoritär und prominent.<br />

[...]" 16<br />

16 Der Text ist in ganzer Länge veröffentlicht unter http://www.blindverstehen.de/<br />

bdobvl.html.<br />

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Was passiert nun bei einer ersten Begegnung zwischen Coach und<br />

Klient am Telefon? Die (Vor-)Urteilsbildungen aufgrund optischer<br />

Wahrnehmungen entfallen (übrigens auch solche Informationen, die<br />

zur Urteilsbildung über Nase (z. B. Parfüm) und Tastsinn (z. B.<br />

Händedruck) sonst zur Verfügung stehen. Letztere sind gegenüber den<br />

optischen Wahrnehmungen in der persönlichen Begegnung gewiss von<br />

eher nachrangiger Bedeutung). Ein erster Eindruck vermittelt sich am<br />

Telefon ausschließlich über die Stimme und die Art und Weise des<br />

Sprechens mit all seinen möglichen Abstufungen: Hell – dunkel, langsam<br />

– schnell, klar – undeutlich, munter – müde, fließend – stockend,<br />

einfach – gewählt, aggressiv – zurückhaltend, regionalsprachig – hochsprachig<br />

usw. Wie beim optischen Eindruck auch geben Stimme und<br />

Sprache Auskunft über die Persönlichkeit des Gesprächspartners sowie<br />

über seine Tagesform. Auch am Telefon entsteht ein Bild von dem<br />

Gesprächspartner im Kopf des jeweils anderen auf dem Hintergrund<br />

von ähnlichen früheren Hörerfahrungen. Während jedoch in der<br />

persönlichen Begegnung z. B. eine seriöse und stattliche Erscheinung<br />

von einer unsicheren Stimme abzulenken vermag, kommt letztere am<br />

Telefon voll zur Geltung. Während das Sehen naturgemäß an der<br />

Oberfläche haften bleibt, horcht das Ohr über die Stimme und Sprache<br />

gewissermaßen in den anderen hinein und dringt in tiefere Schichten<br />

vor. Während sich das Aussehen einer Person leicht durch jedermann<br />

manipulieren lässt, ist die bewusste Stimmbildung eine Mühe, der sich<br />

in der Regel nur Künstler unterziehen.<br />

Coachen auf Ohrenhöhe –<br />

Herrschaftsfreier Dialog am Telefon<br />

Das große Büro mit Glasfront, der große schwere Schreibtisch, die<br />

lederne Sitzecke, die ausgewählten Kunstwerke an der Wand zeugen<br />

von Macht und Status des Besitzers. Der edle Zwirn des Anzugs, die<br />

edlen Schuhe, das ausgesuchte Schreibgerät und die Luxus-Uhr am<br />

Handgelenk signalisieren Wohlstand und Geschmack des Trägers. Das<br />

gut sortierte Bücherregal suggeriert Bildung und Intellekt und die<br />

Fliege anstelle der Krawatte verleiht einen professoralen Habitus. Das<br />

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grau melierte Haar reklamiert Weisheit und Lebenserfahrung... So<br />

kommt es, dass eine Begegnung von Geschäftspartnern immer einhergeht<br />

mit zumeist unbewusstem Imponiergehabe, Revier- und Positionskämpfen.<br />

Es geht dabei um die Anerkennung dessen, was man<br />

darstellen möchte, durch den jeweils anderen. Welche Anzeichen gibt<br />

es, die bestätigen, dass der andere ein ernst zu nehmender Geschäftspartner<br />

ist? Dass dies bis in die Physiognomie hinein bedeutsam ist, ist<br />

längst nachgewiesen: Große, schlanke und dem allgemeinen Schönheitsideal<br />

entsprechende Menschen sind in der Regel erfolgreicher als<br />

deren Gegenteil, die ihre besonderen Qualitäten erst nachweisen<br />

müssen, die man bei den anderen vom bloßen Anblick her bereits vermutet.<br />

– Auch bei der persönlichen Begegnung von Coach und Klient,<br />

die ja auch Geschäftspartner sind, spielen diese Dinge eine Rolle. Der<br />

Coach wird auch durch seinen Habitus den Klienten überzeugen<br />

wollen, während der Klient sichergestellt wissen will, dass er Respekt<br />

und Anerkennung durch den Coach genießt.<br />

Am Telefon betreten Coach und Klient mit nichts weiter als ihrer<br />

Stimme bekleidet den virtuellen Gesprächsraum. Äußerliche Machtinsignien<br />

oder Persönlichkeitsmerkmale haben keinen Einfluss auf die<br />

Gesprächssituation. Es wirkt allein das gesprochene Wort, die Stimme,<br />

das Vermögen, ein Anliegen zum Ausdruck zu bringen, Aufmerksamkeit<br />

zu zeigen, Verständnis zu entwickeln, zu argumentieren und<br />

Mehrwert in das Gespräch einzubringen. Auch am Telefon gilt es zunächst<br />

eine wechselseitige Akzeptanz, um Vertrauen zu erzeugen. Bei<br />

dem Weg aufeinander zu ist der Ring der Äußerlichkeiten durch das<br />

Medium Telefon jedoch von vorne herein durchbrochen und die<br />

Gesprächspartner können direkt abspüren, ob sie als Persönlichkeiten<br />

zueinander passen. Die persönliche Passung lässt sich aus diesem<br />

Grund am Telefon viel schneller prüfen als in der persönlichen Begegnung.<br />

Der Coach steht dabei vor der Herausforderung, dass er sich<br />

ohne äußere Hilfsmittel unmittelbar gegenüber dem Klienten als wertvoller<br />

Gesprächspartner positionieren muss. Diese Unmittelbarkeit<br />

macht den Coach jedoch ohne Umwege in seiner eigentlichen Kompetenz<br />

sichtbar und deswegen ist das telefonische Erstgespräch aus<br />

Sicht des Klienten besonders wertvoll.<br />

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Das Telefon als Medium ist gegenüber der Präsenz-Situation flüchtiger.<br />

Der Coach hat seinen Klienten im Wortsinn nicht "im Griff",<br />

sondern nur am Hörer. Der Klient kann sich seinem Coach leichter<br />

entziehen; notfalls lässt sich ein Gespräch durch das Auflegen des<br />

Hörers abrupt beenden. Die Hemmschwelle, ein persönliches<br />

Gespräch abzubrechen, ist dagegen deutlich höher. Verabredungen am<br />

Telefon lassen sich leichter umgehen als persönlich vereinbarte Termine.<br />

Die persönliche Beziehung ist fester und stabiler, die Beziehung<br />

zwischen Coach und Klient am Telefon dagegen labiler. Der Coach<br />

tritt als Person gar nicht in Erscheinung, sondern transformiert zur<br />

externalisierten inneren Stimme des Klienten. <strong>Coaching</strong> am Telefon<br />

wird so zum geführten Gespräch des Klienten mit sich selbst. Der<br />

Coach tritt als Person dabei maximal in den Hintergrund und wird<br />

bedeutungslos. Damit beherrscht der Coach die Gesprächssituation nicht<br />

mehr, sondern er kann sie allenfalls gestalten. Solange Aufmerksamkeit,<br />

Verständnis und Mehrwert durch Intervention seitens des Coachs<br />

gegeben sind, spinnt sich der Gesprächsfaden aus diesen drei Elementen<br />

weiter, ansonsten reißt er ab. Qualitätsmängel werden so im telefonischen<br />

<strong>Coaching</strong> sofort hörbar. Hier ist der Coach mit seinem ganzen<br />

methodischen Können gefragt. Daneben benötigt der TeleCoach die<br />

Bereitschaft zur absoluten Demut und zur Zurückstellung der eigenen<br />

Person, um die Rolle der externalisierten inneren Stimme des Klienten<br />

zu übernehmen. Auf diese Weise kommt das <strong>Coaching</strong> am Telefon<br />

dem Ideal eines herrschaftsfreien Dialogs ein gutes Stück näher.<br />

Professionell Coachen –<br />

Methodenvielfalt am Telefon<br />

Bis hierher wurde gezeigt, inwiefern es möglich ist, am Telefon eine<br />

fruchtbare <strong>Coaching</strong>-Beziehung herzustellen. Es wurde gezeigt, dass<br />

Hören das Sehen beim Aufbau einer <strong>Coaching</strong>-Beziehung nicht nur<br />

kompensieren kann, sondern der Arbeit mit dem Klienten eine ganz<br />

eigene Qualität verleiht. Jetzt stellt sich die Frage nach der Einsatzmöglichkeit<br />

der im <strong>Coaching</strong> üblichen Methoden und Interventionen.<br />

Dieser Frage ist mit dem Kapitel IV, <strong>Coaching</strong> unlimited – Methoden und<br />

55


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

Interventionen am Telefon, ein eigener Abschnitt gewidmet, in dem an<br />

einzelnen Beispielen deutlich gemacht wird, wie klassische Methoden<br />

für das Telefon adaptiert werden können. An dieser Stelle sei nur auf<br />

einige wesentliche Aspekte hingewiesen.<br />

Die Arbeit am Telefon stellt an den Coach hohe Ansprüche an Präsenz,<br />

Hörvermögen und Auffassungsgabe, Sprachkompetenz gepaart<br />

mit Intensität und Sensibilität der Gesprächsführung, Spontaneität und<br />

Kreativität sowie zeitlicher Flexibilität. Außerdem benötigt der Coach<br />

eine Affinität zu den neuen Medien. Viele Coachs arbeiten mit Visualisierungen,<br />

durch die sie mittels Papier und Stift Sachverhalte, Beziehungen<br />

und Konstellationen sich selbst und dem Klienten verdeutlichen.<br />

Dies ist natürlich auch am Telefon möglich, indem man einfach<br />

eine Webcam auf einen Schreibblock oder FlipChart so ausrichtet, dass<br />

der Klient an seinem Bildschirm die Aufzeichnungen direkt mitverfolgen<br />

kann. Daneben bietet z. B. Google online eine kostenfreie Software-Plattform,<br />

auf der ohne Umstände und kinderleicht von verschiedenen<br />

Rechnern aus in dasselbe Dokument geschrieben und gezeichnet<br />

werden kann. Damit sind alle Methoden und Interventionen, die Papier<br />

und Stift erfordern, wie z. B. Aufstellungsarbeit beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

realisierbar.<br />

Bei unserer Arbeit gehen wir davon aus, dass am Telefon methodisch<br />

alles möglich ist, wobei der Klient nicht berührt werden muss. Und<br />

selbst da – so zeigt Maren Kaiser in Kapitel IV – können Berührungen<br />

häufig durch den Coach mittels anderer Reize substituiert werden oder<br />

dadurch, dass der Klient sich selbst berührt. Weil der Klient sich beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> frei im Raum bewegen, sich hinlegen, Körperhaltungen<br />

ausprobieren, Gegenstände betasten und erfühlen, singen, schreien und<br />

lachen kann, ist Körper- und Atemarbeit am Telefon möglich. Der<br />

Klient ist dabei sogar freier, weil er sich nicht direkt beobachtet weiß.<br />

Auch Trancearbeit kann telefonisch umgesetzt werden ebenso wie ganz<br />

eigene <strong>Coaching</strong>-Systeme wie das neurolinguistische Programmieren<br />

(NLP) oder die bilaterale Hemisphären-Stimulation des wingwave-<br />

<strong>Coaching</strong>.<br />

56


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

Nicht billig aber günstig –<br />

Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

Viele Auftraggeber hegen spontan die Erwartung, dass bei allen<br />

praktischen Vorteilen und methodischen Möglichkeiten Tele<strong>Coaching</strong><br />

preislich einen deutlichen Unterschied machen müsse. – Diese Erwartung<br />

ist berechtigt. In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie sich mittels<br />

Tele<strong>Coaching</strong> Kostenvorteile gegenüber dem Präsenz<strong>Coaching</strong> realisieren<br />

lassen.<br />

Geld spielt keine Rolle? – Und ob!<br />

Vor der Wirtschaftskrise war von Personalentwicklern großer Unternehmen<br />

zu hören, dass der Preis bei der Auswahl eines Coachs für eine<br />

Top-Führungskraft eine deutlich nachgelagerte Rolle spielt. Allein<br />

wichtig war es, dem Klienten den geeigneten Coach zuzuführen. Hierbei<br />

wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Der Versuch eines<br />

Coachs sich über einen preiswerteren Honoraransatz Zugang zum<br />

Kundenunternehmen zu erkaufen, wurde von den zuständigen Personalern<br />

meistens mit dem Hinweis, hier gehe es nicht um Kasse sondern<br />

um Klasse, zurückgewiesen. Ein hochpreisiger Coach ist auch Ausdruck<br />

von Wertschätzung gegenüber der Führungskraft, die als Klient<br />

in den Genuss der <strong>Coaching</strong>-Leistung kommt.<br />

Inzwischen hat die Wirtschaftskrise böse Schneisen in die Personalentwicklungsbudgets<br />

geschlagen und das <strong>Coaching</strong>-Geschäft ist preissensitiver<br />

geworden. In vielen Unternehmen sind <strong>Coaching</strong>-Aktivitäten<br />

auf ein Minimum reduziert. Doch wie es angesichts steigender Energiepreise<br />

nicht darum geht, auf Mobilität zu verzichten, sondern auf<br />

effizientere Verkehrssysteme umzusteigen, kann es auch im Personalmanagement<br />

nicht darum gehen, jedwede Personalentwicklungsmaßnahmen<br />

einzustellen. So, wie sich derzeit die Automobilindustrie die<br />

Frage nach alternativen und effizienteren Antriebskonzepten stellt,<br />

geht es auch im Personalbereich um die Frage, ob es andere Möglichkeiten<br />

gibt, Fach- und Führungskräfte mit ihren Entwicklungsthemen<br />

57


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

auf günstigere Weise als durch Präsenz<strong>Coaching</strong> von A nach B zu<br />

bringen. Mit Tele<strong>Coaching</strong> ist das nachweislich der Fall.<br />

Wert-Schätzung – Tele<strong>Coaching</strong> ist wertvoll<br />

Worin liegt der Hebel für Kostensenkungen beim Tele<strong>Coaching</strong>?<br />

Nicht beim Honorarsansatz, wie man leicht vermuten könnte: Der<br />

Coach muss sich nicht auf den Weg machen und kann bequem von<br />

zuhause bzw. von überall auf der Welt aus telefonieren; auch muss der<br />

Coach kein repräsentatives Büro vorhalten. Dies sind aus Sicht der<br />

Auftraggeber gute geldwerte Gründe, die eine Absenkung des Stundenhonorars<br />

gegenüber dem Präsenz<strong>Coaching</strong> rechtfertigen. Und tatsächlich<br />

stellen die genannten Erleichterungen für viele Coachs einen<br />

besonderen Anreiz, sich auf die Herausforderungen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

einzulassen. Wir sprechen bewusst von Herausforderungen, da die<br />

Anforderungen an den TeleCoach gegenüber dem PräsenzCoach in<br />

wesentlichen Bereichen höher sind. Hinsichtlich der Anforderung an<br />

die Methodenkompetenz machen wir keine Unterschiede; hier müssen<br />

beide auf einem soliden Fundament stehen. Aber in folgenden Bereichen,<br />

die durchaus die individuelle Komfortzone berühren, gibt es<br />

relevante Abweichungen hinsichtlich der Kriterien Konzentration,<br />

Spontaneität & Kreativität, Sprachkompetenz, Flexibilität und Medienaffinität:<br />

• Konzentration: Coachen am Telefon erfordert durch die<br />

Fokussierung auf den Audio-Kanal eine höhere Konzentration<br />

und ist damit anstrengender. Das äußert sich darin, dass<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche am Telefon in der Regel kürzer sind als<br />

Präsenz-Gespräche. Während Präsenz<strong>Coaching</strong> kaum unter 90<br />

Minuten dauert, sich dagegen oft über halbe und ganze Tage<br />

erstreckt, dauert eine Tele<strong>Coaching</strong>-Sitzung selten länger als 60<br />

Minuten.<br />

• Spontaneität & Kreativität: Wir haben gezeigt, dass die<br />

Beziehung zwischen Coach und Klient am Telefon labiler ist als<br />

in der persönlichen Gesprächssituation. Daher sind die<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

Anforderungen an den TeleCoach den aus Aufmerksamkeit,<br />

Verständnis und Mehrwert gesponnenen Gesprächsfaden<br />

fortzuspinnen, höhere. Das Gespräch verträgt keine langen<br />

Pausen, das Prozesstempo steigert sich, der Coach muss sich<br />

schneller für Interventionen entscheiden.<br />

• Sprachkompetenz: Da der Coach am Telefon allein Wirkung<br />

über die Stimme und den sprachlichen Ausdruck erzeugen kann<br />

und Defizite nicht durch Handlungen, Mimik und Gestik kompensiert<br />

werden können, muss der Coach hier seine Fähigkeiten<br />

verfeinern und weiterentwickeln. Die gewünschten Wirkungen<br />

erzielt er durch Nuancen in Wortwahl, Sprechtempo, Klangfarbe,<br />

Bildsprache etc.<br />

• Medienaffinität: Die Arbeit des TeleCoachs erfordert nicht<br />

nur die Vertrautheit im Umgang mit dem Telefon als Medium<br />

(das allein wäre nicht der Erwähnung wert), sondern auch mit<br />

den neuen Medien E-Mail, SMS, Internet, Videotelefonie,<br />

Desktop-Sharing etc. Hier sind nicht nur User-Kompetenzen<br />

gefragt, sondern auch die Fähigkeit, Gesprächspartner in die<br />

Nutzung dieser Instrumente einzuweisen.<br />

• Flexibilität: Als wesentlicher Vorteil des Tele<strong>Coaching</strong>s wurde<br />

die Möglichkeit der Terminierung von <strong>Coaching</strong>-Gesprächen zu<br />

Randzeiten in den Morgen- und Abendstunden sowie am<br />

Wochenende hervorgehoben. Damit werden erhöhte Anforderungen<br />

an die zeitliche Flexibilität und Verfügbarkeit des Coachs<br />

gestellt.<br />

Diese Übersicht zeigt, dass die Erschwernis durch erhöhten Energieaufwand,<br />

die Erweiterung des Kompetenzportfolios sowie das Arbeiten<br />

zu Randzeiten die Erleichterungen durch Wegfall der Reisetätigkeit<br />

und vielleicht eine weniger repräsentative Büroausstattung kompensiert.<br />

Wir gehen daher davon aus, dass sich das Zeithonorar des Tele-<br />

Coachs nicht von dem des Präsenz-Coachs unterscheidet. Wenn also<br />

auf diesem Wege kein Kostenvorteil zu erzielen ist, wie dann?<br />

59


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

In der Kürze liegt die Würze –<br />

In weniger Zeit mehr erreichen<br />

Wir haben den Unterschied zwischen Tele<strong>Coaching</strong> und Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> mit der dem Unterschied zwischen E-Mail und Brief im<br />

Business-Kontext zu verdeutlichen versucht. Der Geschäftsbrief ist<br />

eher formal gehalten und unterteilt in Einleitung, Hauptteil und Schluss<br />

und füllt immer mindestens eine Seite. Er wird am PC geschrieben<br />

(vielleicht sogar noch diktiert), ausgedruckt, in einen Umschlag<br />

gesteckt, frankiert und auf den Weg gebracht, damit er nach ein oder<br />

zwei Tagen den Empfänger erreicht. Die E-Mail kommt dagegen eher<br />

formlos daher, ohne lange Einleitungs- und Schlusssätze mit der<br />

Konsequenz, dass die E-Mail nur wenige Zeilen füllt. Die durch den<br />

Inhalt von E-Mail und Geschäftsbrief ausgelösten Wirkungen auf die<br />

Geschäftsprozesse sind vergleichbar, nur eben im ersten Fall deutlich<br />

effizienter und damit billiger zu haben.<br />

Übertragen auf das Tele<strong>Coaching</strong> bedeutet dies, dass eine<br />

gewünschte Wirkung nachweislich mit rund 30 Prozent weniger Zeitbudget<br />

erzielt werden kann. Dies hat seine Ursache in der Verdichtung<br />

des <strong>Coaching</strong>-Prozesses am Telefon durch deutliche Verkürzung der<br />

Einleitungs- und Schlussphase. Man muss nicht erst "ankommen",<br />

einen Kaffee trinken, sich langsam aufeinander einschwingen. Die<br />

Eröffnungsfrage Wie geht es Ihnen? ist bereits die Einladung in medias res<br />

zu gehen und wird von dem Klienten in Folgesitzungen auch so verstanden.<br />

Am Telefon sind zudem auch ganz kurze Gespräche möglich,<br />

für die ein Präsenz-Coach gar nicht eigens anreisen würde. Ein geringeres<br />

verfügbares Zeitbudget kann damit auf mehrere Telefonkontakte<br />

verteilt werden und somit die Kontaktdichte erhöhen. Auf diese Weise<br />

erlebt der Klient den <strong>Coaching</strong>-Prozess intensiver und ist deutlich<br />

schneller wieder im Gespräch.<br />

2008 haben wir mit der Clariant AG im Rahmen eines Pilotversuchs<br />

in einem Zeitraum von vier Monaten klassische <strong>Coaching</strong>-Indikationen<br />

(Führung, Durchsetzungsstärke, Kommunikation, Selbst-Management<br />

etc.) telefonisch umgesetzt. Neun Klienten, die auf vier Kontinenten<br />

verteilt (Europa, Nord- und Südamerika, Asien) waren, wurden auf drei<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

Sprachen (Deutsch, Englisch und Spanisch) durch drei Coachs am<br />

Telefon bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsziele unterstützt. Im<br />

Schnitt wurde ein Zeitbudget von 8,8 Stunden inklusive<br />

Auftragsklärung und Follow-up <strong>Coaching</strong> benötigt. Andere<br />

vergleichbare <strong>Coaching</strong>-Fälle erforderten bis dato ein Zeitbudget von<br />

12 bis 15 Stunden. Nach Abschluss des <strong>Coaching</strong>-Prozesses waren die<br />

Klienten aufgefordert, die Ergebnisse nach den Kriterien Vertrauen,<br />

Verständnis, Effizienz im Umgang mit der Zeit und Wirksamkeit mit<br />

Schulnoten zu bewerten. Das hier im Durchschnitt erzielte Ergebnis<br />

von 1,3 zeigt, dass die Klienten mit den so erzielten Wirkungen sehr<br />

zufrieden waren. Auch von Seiten des Auftraggebers gab es keine<br />

Beanstandungen. 17<br />

Das können Sie sich sparen! – Reisekosten<br />

Der am wenigsten umstrittene Kostenpunkt dürften die Reisekosten<br />

sein, die man sich durch die <strong>Coaching</strong>-Arbeit am Telefon erspart. In<br />

der Regel erstatten die Auftraggeber die Auslagen für die An- und<br />

Abreise in Form von Flügen (economy), Bahnfahrten (1. Klasse) und<br />

Autofahrten (Kilometergeld). Während Flug- und Bahnreisen zumindest<br />

in bestimmtem Umfang z. B. durch Lektüre oder Arbeit am Laptop<br />

noch produktiv genutzt werden können, sind Fahrten mit dem<br />

Auto, bei denen der Coach oder Klient selbst fährt, weitgehend unproduktive<br />

Zeit, wenn von der Möglichkeit des Telefonierens abgesehen<br />

wird. Deshalb gewähren viele Auftraggeber für Autofahrten über die<br />

reinen Verbrauchs- und Verschleißkosten hinaus ein Aufgeld, das sich<br />

in einer erhöhten Kilometerpauschale niederschlägt.<br />

Lassen sich Präsenz<strong>Coaching</strong>s aufgrund der Terminsituation des<br />

Klienten nur zu Randzeiten durchführen, dann kommen zum Reiseaufwand<br />

noch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung hinzu. Da<br />

mittlerweile bei den Auftraggebern die Erwartung besteht, dass der<br />

Honoraraufwand in einem vernünftigen Verhältnis zu den Reisekosten<br />

17 Vgl. Alles aus einer Hand – Tele<strong>Coaching</strong> als moderne Service-Dienstleistung bei der Clariant<br />

AG(S. 276 ff).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

steht, führt das dazu, dass bei längerer Anreise, auch ausgedehntere<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche geführt werden. 18<br />

Beim Tele<strong>Coaching</strong> reduzieren sich Reisekosten auf ein Minimum.<br />

Es ist ja nicht so, dass beim Tele<strong>Coaching</strong> die persönliche Begegnung<br />

ausgeschlossen ist. Sie wird lediglich nicht als Voraussetzung für einen<br />

erfolgreichen <strong>Coaching</strong>-Prozess betrachtet. Daneben können sich<br />

natürlich – in Abstimmung mit dem Auftraggeber – Coach und Klient,<br />

wenn das für sinnvoll erachtet wird, jederzeit persönlich treffen. Der<br />

hier vorherrschende Grundsatz lautet: So viel Telefon wie möglich, so<br />

viel persönliche Begegnung wie nötig. In unserer Tele<strong>Coaching</strong>-Praxis<br />

sind Face-to-face-Situationen die Ausnahme. Die mögliche Reisekostenersparnis<br />

wird am Rechenbeispiel unten deutlich. 19<br />

Nicht zur besten Sendezeit –<br />

Opportunitätskosten senken!<br />

Ein Kostenfaktor, der meist weniger im Bewusstsein der Auftraggeber<br />

aber in der Regel von größerer Relevanz als die Reisekosten ist,<br />

sind die Opportunitätskosten. Das sind die Kosten im Zusammenhang<br />

des <strong>Coaching</strong>s, die dadurch entstehen, dass der Klient während des<br />

<strong>Coaching</strong>s keiner anderen produktiven Arbeit für seinen Arbeitgeber<br />

nachgehen kann. Diese Kosten sind umso höher, je länger das<br />

<strong>Coaching</strong> dauert. Die Opportunitätskosten, die so durch <strong>Coaching</strong><br />

entstehen, werden auf der Basis der Brutto-Lohnkosten pro Stunde<br />

berechnet, die es zunächst für den Klienten auf der Basis der Jahresbruttogrundvergütung<br />

dividiert durch die Anzahl der Arbeitstage<br />

18 Im Vertrieb ist das beispielsweise anders: Da kann ein als wichtig erachteter kurzer<br />

Präsentationstermin im Akquiseprozess jeden Reiseaufwand rechtfertigen. Für<br />

<strong>Coaching</strong>s im Vorstandsbereich werden in Großunternehmen zwar immer noch<br />

kaum Kosten und Mühen gescheut, aber schon in den Ebenen darunter werden die<br />

verantwortlichen Stellen zunehmend aufmerksam auf die mit dem <strong>Coaching</strong><br />

verbundenen "Nebenkosten". Andererseits nehmen sich Firmen, die nur auf<br />

regional ansässige Coachs zurückgreifen, die Möglichkeit, den jeweils besten Coach<br />

für das Unternehmen zu engagieren.<br />

19 Siehe S. 57.<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

dividiert durch die Arbeitsstunden pro Tag zu ermitteln gilt. Diese<br />

werden dann mit der Anzahl vereinbarter <strong>Coaching</strong>-Stunden<br />

multipliziert. Das Delta zwischen den Kosten von Präsenz- und<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s ist dann der durch das Tele<strong>Coaching</strong> realisierte<br />

Kostenvorteil. Diese Betrachtungsweise mag auf den ersten Blick etwas<br />

befremdlich erscheinen, da die Zielgruppen für <strong>Coaching</strong> ohnehin<br />

deutlich über das reguläre Pensum hinaus arbeiten. In eine<br />

Vollkostenrechnung gehören die Opportunitätskosten gleichwohl mit<br />

hinein.<br />

Bei dieser Berechnung ist nicht berücksichtigt, dass Tele<strong>Coaching</strong><br />

tendenziell in Randzeiten stattfindet, also dann, wenn es keine wichtigen<br />

alternativen Geschäftstätigkeiten gibt. Der PräsenzCoach reist in<br />

der Regel "zur besten Sendezeit" und blockiert damit wertvolle<br />

Arbeitszeit. Eine Berücksichtung dieses Effekts würde noch einmal zu<br />

Ungunsten des Präsenz<strong>Coaching</strong>s zu Buche schlagen.<br />

Rechnen Sie mal nach – 40 Prozent Kostenvorteil!<br />

Auf Basis des Vorherigen können wir jetzt folgende Rechnung<br />

anstellen, die Sie als Auftraggeber von <strong>Coaching</strong> mit den bei Ihnen<br />

üblichen Zahlen nachvollziehen und so Ihren firmenspezifischen Kostenvorteil<br />

durch den Einsatz von Tele<strong>Coaching</strong> ausrechnen können:<br />

Kostenkalkulation Tele<strong>Coaching</strong> versus Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Bei einer Vollkostenrechnung sind folgende Faktoren von Bedeutung:<br />

Zeithonorar: Beim Honoraransatz werden aus den genannten<br />

Gründen keine Unterschiede gemacht. Die vordergründigen<br />

Erleichterungen für den Coach durch wegfallenden Reiseaufwand<br />

bzw. Vorhalten von repräsentativen Büroräumen werden durch<br />

höhere Anforderungen an den Coach ausgeglichen.<br />

Zeitbudget: Aufgrund unserer Erfahrung ist der für Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong>s angesetzte durchschnittliche Zeitbedarf von zwölf Zeitstunden<br />

pro Mandat eher vorsichtig angesetzt. Nach unseren eigenen<br />

Messungen liegt er aktuell bei 14,8 Stunden. Bezogen auf die<br />

Gesamtzahl aller Tele<strong>Coaching</strong>-Mandate, die wir im Netzwerk reali-<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Nicht billig aber günstig – Kostenvorteile beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

__________________________________________________<br />

siert haben, liegen wir bei einem durchschnittlichen Stundenbedarf<br />

von derzeit 7,7 Stunden.<br />

Reisekosten fallen beim Tele<strong>Coaching</strong> in der Regel nicht an. Das<br />

Rechenbeispiel geht für das Präsenz<strong>Coaching</strong> von der Beauftragung<br />

eines Coachs aus dem näheren Einzugsgebiet des Auftraggebers aus.<br />

Opportunitätskosten (<strong>Coaching</strong>-Kosten durch Arbeitsausfall) müssen<br />

bei einer Vollkostenrechnung in Betracht gezogen werden, da<br />

<strong>Coaching</strong> während der Arbeitszeit stattfindet und dem Unternehmen<br />

während des <strong>Coaching</strong>s keine produktiven Leistungen des Arbeitnehmers<br />

zufließen.<br />

Das Rechenbeispiel zeigt, dass durch Tele<strong>Coaching</strong> ein Kostenvorteil<br />

von rund 40 Prozent gegenüber dem Präsenz<strong>Coaching</strong> erzielt werden<br />

kann.<br />

Beispielrechnung Tele<strong>Coaching</strong> vs.<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong><br />

Tele-<br />

<strong>Coaching</strong><br />

Stundenhonorar<br />

250 €<br />

Anzahl der Stunden 12 8<br />

Gesamthonorar 3.000 € <strong>2.0</strong>00 €<br />

Anzahl der Sitzungen 6 10<br />

Entfernungskilomter 70<br />

Kosten pro Kilometer 0,50 €<br />

Reisekosten pro Sitzung 70 €<br />

Reisekosten Total 420 € 0 €<br />

Jahresgehalt Coachee<br />

Anteil Sozialkosten<br />

Jahresgesamtgehalt<br />

Arbeitstage/ Jahr<br />

Arbeitszeit in Stunden/ Tag<br />

Kosten pro Arbeitsstunde des Coachees<br />

120.000 €<br />

30%<br />

156.000 €<br />

253<br />

8<br />

77 €<br />

Kosten <strong>Coaching</strong> durch Arbeitsausfall 925 € 617 €<br />

Gesamtkosten <strong>Coaching</strong> 4.345 € 2.617 €<br />

Kostennachteil bzw. Vorteil in Prozent -40%<br />

Abbildung 1: Beispielrechnung Tele<strong>Coaching</strong> vs. Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

Eierlegende Wollmilchsau? –<br />

Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

Bis hierher könnte der Eindruck entstanden sein, dass es sich beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> um das handelt, was man despektierlich und mit großer<br />

Skepsis eine Eier legende Wollmilchsau nennt: Ist Tele<strong>Coaching</strong> tatsächlich<br />

das allein selig machende Personalentwicklungsinstrument für<br />

jeden Anlass und für jede Zielgruppe?<br />

Bemühen wir noch einmal den Vergleich zwischen Brief und E-Mail:<br />

Es gibt ihn noch, den alten Brief, aber die Post ist froh, dass es neben<br />

der E-Mail auch noch Ebay und Amazon gibt, um den Verlust von<br />

Briefsendungen durch online ersteigerte Waren- bzw. gekaufte<br />

Buchsendungen zu kompensieren. Geburtstagswünsche versendet man<br />

immer noch besser per Post, genauso wie Weihnachtsgrüße oder Beileidsbekundungen.<br />

Auch bei Werbesendungen erhofft man sich immer<br />

noch, dass dem gedruckten Werbebrief mehr Aufmerksamkeit<br />

geschenkt wird als einer Werbe-Mail, die mit einem Mausklick gelöscht<br />

oder sogar automatisiert in den Spam-Ordner befördert werden kann.<br />

Im Vergleich zur früheren Bedeutung führt der Brief mehr und mehr<br />

ein Nischendasein. Das ist ein klassischer Substitutionsprozess, der sich<br />

immer und überall dort abspielt, wo neue Techniken und Verfahren<br />

sich gegenüber herkömmlichen durchsetzen. Jeder von uns kann sich<br />

gut an die Substitution der Langspielplatte durch die CD erinnern,<br />

wobei eine geringe Zahl von Puristen wettert, dass durch die Digitalisierung<br />

die Musik ihre Seele verlöre. Schon ist die Substitution der CD<br />

durch Online-Musikbörsen in vollem Gang. Verliert das gute alte Auto<br />

seine Seele, wenn es demnächst elektrisch betrieben wird? Ist die Pädagogik<br />

von allen guten Geistern verlassen, wenn demnächst der Laptop<br />

Einzug in die Klassenzimmer hält? Die Welt um uns herum verändert<br />

sich und auch wir müssen uns verändern, denn wer nicht mit der Zeit<br />

geht, geht mit der Zeit. Auch <strong>Coaching</strong> als Dienstleistung wird sich<br />

verändern.<br />

Ein Substitutionsprozess ereignet sich üblicherweise so, dass sich<br />

neben einem eingespielten und anerkannten Verfahren plötzlich eine<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

Innovation bemerkbar macht, die eine ähnliche oder verbesserte Wirkung<br />

mit einem deutlich effizienteren Mitteleinsatz erzielt. Zunächst<br />

zeigen sich die so genannten Innovatoren offen für das neue Verfahren,<br />

dann folgen die frühen Abnehmer, sodann die frühe Mehrheit bis mit der<br />

späten Mehrheit sich das Verfahren allgemein durchsetzt, so dass zuletzt<br />

die Nachzügler den Substitutionsprozess abschließen. Vor 15 Jahren war<br />

die E-Mail noch kein allgemein eingeführtes Kommunikationsinstrument<br />

im Geschäftsleben. Heute ist sie daraus nicht mehr wegzudenken.<br />

Heute ist Tele<strong>Coaching</strong> noch eine Ausnahmeerscheinung. In 15 Jahren<br />

wird Tele<strong>Coaching</strong> der Standard und Präsenz<strong>Coaching</strong> die Ausnahme<br />

sein. Auf dem Weg dorthin werden sich Präsenz- und Tele<strong>Coaching</strong>-<br />

Formate parallel weiterentwickeln und das ist gut so. Im weiteren<br />

Verlauf wird es dann zu einer Demokratisierung des <strong>Coaching</strong>s<br />

kommen, da durch das Telefon als zentrales Arbeitsmittel <strong>Coaching</strong> als<br />

effiziente Dienstleistung für neue Mitarbeiter- und Privatkundengruppen<br />

überhaupt erst zugänglich wird – So, wie heute auch solche<br />

Menschen Nachrichten per E-Mail oder SMS versenden, die früher<br />

niemals zu Papier und Bleistift gegriffen haben.<br />

Ohne Anspruch auf Exklusivität –<br />

Zielgruppen für Tele<strong>Coaching</strong><br />

Beim <strong>Coaching</strong> gibt es keine Zwangsbeglückung; es beruht vielmehr<br />

auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Damit bedarf es auf Seiten des<br />

Klienten einer grundsätzlichen Bereitschaft, sein <strong>Coaching</strong>-Thema am<br />

Telefon zu bearbeiten. Wer heute vor die Wahl gestellt wird, sein<br />

Anliegen persönlich oder telefonisch mit einem Coach zu bearbeiten,<br />

wird in der Regel aus Gewohnheit (wichtige Dinge bespricht man am<br />

besten persönlich) zunächst zum Präsenz<strong>Coaching</strong> tendieren. Eine<br />

grundsätzliche Aufgeschlossenheit wird man am ehesten dort feststellen,<br />

wo praktische Gründe wie z. B. Terminschwierigkeiten das Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> zum Mittel der Wahl werden lassen. Ansonsten wird man wie<br />

sonst auch im Konsumentenverhalten die Experimentierfreudigen von<br />

den Traditionalisten unterscheiden können, die Innovatoren von den<br />

Nachzüglern mit den frühen Abnehmern sowie der frühen und späten<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

Mehrheit dazwischen. Abgesehen von diesen typischen Verhaltensmustern<br />

von Konsumenten lässt sich das Tele<strong>Coaching</strong> nicht auf<br />

bestimmte Zielgruppen eingrenzen. Es hängt also zunächst im großen<br />

Maße von den Auftraggebern ab, ob sie angesichts der praktischen,<br />

methodischen und finanziellen Vorteile den Mitarbeitern das<br />

Tele<strong>Coaching</strong> als erste Wahl ans Herz legen.<br />

Vertreter der – übrigens umstrittenen – Lerntypologie Frederic<br />

Vesters könnten einwenden, dass das Telefon nur einseitig den auditiven<br />

Lerntyp, also denjenigen, der das Lernen über das Zuhören, oder<br />

den verbal abstrakten Lerntyp, d. h. den rein über den Intellekt<br />

Lernenden, begünstigt. Diejenigen, die visuell (über das Sehen) oder<br />

haptisch (über das Begreifen) lernen, wären dagegen am Telefon<br />

benachteiligt. 20<br />

Der Coach am Telefon kann bestimmten lerntypischen Präferenzen<br />

des Klienten insofern entsprechen, indem er sprachlich auf diese<br />

eingeht und sie in seinen Formulierungen berücksichtigt. "Schauen wir<br />

uns das einmal näher an...", "Stellen Sie sich vor...", "Wenn wir uns hier<br />

weiter vortasten...", "Lassen Sie uns dem weiter nachspüren...", "Wie<br />

fühlt sich das für Sie an?", "Gehen wir jetzt einen Schritt weiter...", "Ich<br />

denke, dass..." etc. Der Coach kann an den Formulierungen des<br />

Klienten gewisse Lernpräferenzen erkennen und diesen entweder entsprechen<br />

oder bewusst einen Kontrapunkt setzen. Sodann kann der<br />

Klient am Telefon seine Präferenzen am Telefon freier ausleben als in<br />

der Präsenz-Situation. Er kann nach Belieben malen, mit Gegenständen<br />

spielen oder im Raum umhergehen, wenn dies seine Konzentration<br />

erhöht. Der Coach würde allerdings, da der Klient mit ca. 80 bis 90<br />

Prozent den größten Redeanteil hat, sofort merken, wenn der Klient<br />

nicht bei der Sache wäre.<br />

20 Vgl. Vester (1975).<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

Tele<strong>Coaching</strong> – Ein Mittel für alle Fälle?<br />

Eine Vorstellung davon, was am Telefon möglich ist, gibt folgende<br />

Aussage: Alles was Sie am Telefon mit einem guten Freund oder einer<br />

guten Freundin besprechen würden, können Sie auch mit Ihrem Coach<br />

am Telefon bearbeiten. Und das ist grundsätzlich erst einmal alles.<br />

Denn <strong>Coaching</strong> ist in Abgrenzung von Training und Schulung Auseinandersetzung<br />

mit sich selbst im jeweiligen beruflichen oder privaten<br />

Kontext zur Aktivierung von vorhandenen Entwicklungspotenzialen.<br />

Der Klient wird dabei nicht durch den Coach „behandelt“ sondern der<br />

Coach agiert als Resonanzboden für das je Eigene des Klienten und<br />

katalysiert durch seine Interventionen anstehende Veränderungsprozesse.<br />

<strong>Coaching</strong> ist also wesentlich Reflexion und diese vollzieht sich in<br />

der Interaktion zwischen Menschen wesentlich durch Sprache und auf<br />

diese wird am Telefon fokussiert.<br />

Aus diesem Zugang ergeben sich zugleich auch die wesentlichen<br />

Grenzen des Telefons: Tele<strong>Coaching</strong> funktioniert dort nicht, wo auf<br />

Seiten des Klienten Sprachlosigkeit herrscht; wo der Klient nicht in der<br />

Lage ist, seine Gedanken zu verbalisieren. Solche Situationen können<br />

auftreten, wenn der Klient beispielsweise nach einer Kündigung unter<br />

Schock steht und der Coach den Klienten erst einmal in eine „stabile<br />

Seitenlage“ bringen muss, damit er an dem Erlebten nicht erstickt.<br />

Sobald der Klient die Sprache wieder gefunden hat, kann die Arbeit am<br />

Telefon fortgesetzt werden. Sprachlosigkeit kann aber auch dann auftreten,<br />

wenn der Klient es nicht gewohnt ist, über sich selbst nachzudenken<br />

und Gefühle und Gedanken in Worte zu fassen. Doch befinden<br />

wir uns in solchen Situationen gewissermaßen im Vorstadium von<br />

<strong>Coaching</strong>, wo therapeutische Eingriffe die eigentliche Gesprächsarbeit<br />

erst vorbereiten müssen.<br />

Andere Situationen, die sich nur schwer über das Telefon realisieren<br />

lassen, sind z. B. die Vermittlung von Präsentations- und Gesprächstechniken.<br />

Hier kommt es tatsächlich darauf an, den Auftritt des<br />

Klienten, seine Gestik, seine Mimik, seine Augenbewegungen und seine<br />

Gesprächsführung live zu erleben. Doch auch hier bewegen wir uns<br />

aus der eigentlichen Bedeutung von <strong>Coaching</strong> als Reflexionsraum her-<br />

68


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

aus und begeben uns auf das Feld des Trainings, wo es um die Vermittlung<br />

von Fähigkeiten und deren authentische Anwendung geht. In<br />

der Praxis ist jedoch jeder Coach mit solchen Themenstellungen konfrontiert<br />

und lässt diese nicht deshalb unbearbeitet, weil sie nicht im<br />

eigentlichen Sinn <strong>Coaching</strong>-Themen sind. Wie geht also Tele<strong>Coaching</strong><br />

mit Situationen um, in denen die Präsenz des Coachs gefordert ist und<br />

durch das Telefon nicht substituiert werden kann? Da gibt es zwei<br />

Möglichkeiten:<br />

1. Der Coach trifft sich mit seinem Klienten. Denn Tele<strong>Coaching</strong><br />

bedeutet nicht, dass der Coach sich nie und unter keinen Umständen<br />

mit seinem Klienten trifft. Beim Tele<strong>Coaching</strong> wird das Telefon lediglich<br />

zum zentralen Arbeitsmittel im <strong>Coaching</strong>-Prozess. Sollte es im<br />

Prozess erforderlich sein, kommen Coach und Klient physisch zusammen,<br />

um miteinander zu arbeiten. Diese Situationen werden allerdings<br />

auf ein Minimum reduziert, indem vorgelagerte Reflexionen (z. B. Wie<br />

werde ich von anderen wahrgenommen? Möchte ich so wahrgenommen<br />

werden? Wie möchte ich künftig wahrgenommen werden?) am<br />

Telefon realisiert werden und nur die Frage, wie kann ich diese Wahrnehmung<br />

erzeugen? in der Präsenzsituation praktisch geübt wird.<br />

2. Der Coach führt mit dem Klienten die notwendigen Reflexionen<br />

durch und empfiehlt dann geeignete Trainingsmaßnahmen (z. B. Rhetorik,<br />

Kommunikation, Präsentation etc.), die der Klient im Rahmen<br />

von lokalen Seminarangeboten realisiert. Die dort gemachten Lernerfahrungen<br />

werden dann anschließend in den weiteren <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess integriert. Durch eine konsequente Trennung von vergleichsweise<br />

teurer <strong>Coaching</strong>-Zeit und günstiger Seminar- bzw. Trainingszeit<br />

lassen sich einmal mehr die <strong>Coaching</strong>-Kosten optimieren.<br />

Abgesehen von dem Phänomen der Sprachlosigkeit gibt es nach<br />

unserer Erfahrung keine <strong>Coaching</strong>-Indikationen, bei denen das Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> nicht die Basis sein könnte.<br />

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II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

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Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s – Eine Überraschung!<br />

Viel bedeutender als die oben durch Sprachlosigkeit und beim Übergang<br />

zum Training markierten Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong> ist eine<br />

mögliche Limitierung in der Person des Coachs selbst. Das Funktionieren<br />

eines Tele<strong>Coaching</strong>-Prozesses hängt wesentlich von der Fähigkeit<br />

des Coachs ab, sein Portfolio an Interventionen auf das Telefon zu<br />

transferieren. Es hängt von seinem Vermögen ab, am Telefon wirklich<br />

präsent zu sein, den Problemkontext durch reines Hören zu erfassen<br />

und rein sprachlich kraftvoll zu intervenieren. Schnelle Auffassungsgabe,<br />

Spontaneität und Kreativität sowie kurze Reaktionszeiten neben<br />

einer starken Affinität zu neuen Medien sind kritische Erfolgsfaktoren.<br />

Die größte Herausforderung stellt demnach das Tele<strong>Coaching</strong> für<br />

den Coach selbst dar. Während es auf Seiten der Auftraggeber und<br />

Klienten lediglich der Aufgeschlossenheit und Bereitschaft bedarf, den<br />

Paradigmenwechsel im <strong>Coaching</strong> zu vollziehen, muss sich der Coach<br />

von alten Gewohnheiten und Vorlieben verabschieden und sich ein<br />

neues <strong>Coaching</strong>-Feld erschließen. Dabei ist selbstverständlich, dass es<br />

auch unter den Coachs die ganze Bandbreite derer gibt, die als Vorreiter<br />

gerne neues Terrain erkunden bis hin zu denen, die als Nachzügler<br />

dort noch einen Zeltplatz suchen, wo die Claims längst von der breiten<br />

Menge der Zuvorgekommenen abgesteckt sind.<br />

Interessierte Kollegen, die sich dieser Herausforderung stellen wollen,<br />

erhalten im dritten und vierten Teil dieses Buches eine methodische<br />

Einführung in das Tele<strong>Coaching</strong>, auf deren Grundlage erste<br />

eigene Erfahrungen mit dem Telefon als zentrales Arbeitsinstrument<br />

im <strong>Coaching</strong>-Prozess gesammelt werden können.<br />

WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Diese Frage ist jetzt beantwortet. Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> ist praktisch für alle Beteiligten, für Klienten, Auftraggeber<br />

und nicht zuletzt für den Coach selbst. Dabei werden die praktischen<br />

Vorteile nicht durch methodische Nachteile erkauft. Vielmehr wurde<br />

deutlich, dass Tele<strong>Coaching</strong> methodisch durch die Konzentration auf<br />

das Hören eine vollgültige Alternative zum klassischen Präsenz-<br />

70


II WARUM Tele<strong>Coaching</strong>? – Überzeugen Sie sich selbst<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Eierlegende Wollmilchsau? – Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong> darstellt. Durch Verdichtung des <strong>Coaching</strong>-Prozesses im<br />

Tele<strong>Coaching</strong>, so wurde gezeigt, können <strong>Coaching</strong>-Ziele mit weniger<br />

Zeitaufwand erreicht werden, wodurch die <strong>Coaching</strong>-Kosten<br />

signifikant sinken. Bei der Frage nach den Grenzen von Tele<strong>Coaching</strong><br />

stellte sich heraus, dass diese weniger in der Eignung des Klienten oder<br />

in möglichen <strong>Coaching</strong>-Indikationen als vielmehr in der Person des<br />

Coachs selbst liegen. Das „Tele<strong>Coaching</strong> geht nicht“ vieler Coach-<br />

Kollegen fällt am Ende auf sie selbst zurück.<br />

Guter Mann, etwas<br />

Wichtiges am Telefon zu<br />

besprechen kann ich mir<br />

überhaupt nicht vorstellen.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

__________________________________________________<br />

III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? –<br />

Ein Ratgeber für die Praxis<br />

In diesem Kapitel präsentieren wir Ihnen unser praktisches Erfolgswissen,<br />

mit dem wir Tele<strong>Coaching</strong>-Mandate in der Arbeit mit Einzelpersonen<br />

und Gruppen erfolgreich im nationalen, internationalen und<br />

interkulturellen Rahmen ausführen.<br />

• Der gute Draht zum anderen – Die technische<br />

Infrastruktur: Beim telefonischen <strong>Coaching</strong> wird die<br />

technische Infrastruktur zum kritischen Erfolgsfaktor. Hier<br />

erhalten Sie Hinweise zu Auswahl und Einsatz von technischen<br />

Hilfsmitteln.<br />

• Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess: Das telefonische <strong>Coaching</strong> stellt teilweise andere<br />

Anforderungen an die Beteiligten als das persönliche<br />

Beratungsgespräch. Hier machen Sie sich mit den<br />

Übereinstimmungen und Besonderheiten vertraut und lernen den<br />

idealtypischen Ablauf einer Beratung kennen.<br />

• Fern und doch ganz nah – Eine vertrauensvolle<br />

Beziehung zum anderen aufbauen: Ohne gegenseitiges<br />

Vertrauen kommt kein <strong>Coaching</strong> zustande. Hier erfahren Sie,<br />

worauf es bei der Vertrauensbildung am Telefon besonders<br />

ankommt.<br />

• Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens: Beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

konzentrieren Sie sich ausschließlich auf den auditiven Wahrnehmungskanal.<br />

Hier lernen Sie besondere Aspekte der verbalen<br />

und nonverbalen Kommunikation kennen und anzuwenden.<br />

72


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

__________________________________________________<br />

• Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten:<br />

Auch beim Tele<strong>Coaching</strong> geht es um Resultate. Hier geht es um<br />

die Beantwortung der Frage, wie Sie mit dem Klienten am<br />

Telefon engagiert, konzentriert und ergebnisorientiert arbeiten<br />

und mit auftretenden Schwierigkeiten umgehen können.<br />

• Telefon 3 – Gruppen coachen am Telefon: Wie beim<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong> können auch Gruppen am Telefon durch einen<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess geführt werden. Hier machen Sie sich mit den<br />

Möglichkeiten und Verfahrensweisen bei der Arbeit mit Kleingruppen<br />

vertraut.<br />

• TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon: Inwiefern<br />

spielt das Geschlecht der Gesprächsteilnehmer beim Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> eine Rolle? Hier sensibilisieren wir Sie für die Fragestellung<br />

und Sie machen sich selbst ein Bild.<br />

Mit diesem Ratgeber steht Ihnen die breit gefächerte Erfahrung der<br />

Autoren im Umgang mit dem Tele<strong>Coaching</strong> zur Verfügung. Unser Anspruch<br />

ist, Ihnen dieses Erfahrungsspektrum reflektiert so zu<br />

präsentieren, dass Sie den Wert und das Potenzial dieser Form der<br />

Beratung nachvollziehen und die Möglichkeit erhalten, selbst Erfahrungen<br />

auf diesem Feld zu sammeln.<br />

Unsere<br />

nächste<br />

Zuschauerin…<br />

Hallo, ich bin die<br />

Heidi und werde<br />

am Arbeitsplatz<br />

gemobbt…<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Der Gute Draht zum anderen –<br />

Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

Was brauchen wir zum Telefonieren? Ein Telefon? Ein Handy?<br />

Einen Computer mit Skype?<br />

Um sich mit einem Freund zum Kaffee zu verabreden, oder ein<br />

Familienmitglied aus dem Urlaub anzurufen, reicht das sicher aus. Ja,<br />

selbst tausende von geschäftlichen Gesprächen werden Tag für Tag<br />

geführt, ohne dass sich der Anrufer über die „Infrastruktur“ des Telefonierens<br />

Gedanken macht.<br />

Aber <strong>Coaching</strong> (!) über Telefon? – Da lohnt sich ein Blick darauf,<br />

welche Technik und welche Geräte uns besonders unterstützen. Oder<br />

behindern.<br />

In welchen Räumen telefonieren wir, und wie sind die eingerichtet?<br />

Telefonieren wir im Sitzen, im Stehen, im Auto oder im Freien? Und<br />

was gibt es da zu beachten?<br />

Ist Video eine Alternative und welche ergänzenden Techniken können<br />

wir noch nutzen?<br />

Hier bekommen Sie einen Überblick, denn Eines ist sicher: Eine<br />

optimale Infrastruktur ist die Basis für erfolgreiches Tele<strong>Coaching</strong>.<br />

Seit über 130 Jahren telefonieren wir …<br />

Von Victor Hugo stammt der Ausspruch: „Nichts auf der Welt ist so<br />

mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Und auf nichts<br />

scheint diese Weisheit so zuzutreffen, wie auf das Telefon. Allein auf<br />

Wikipedia werden acht (!) verschiedene Erfinder genannt bzw. diskutiert.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Abbildung 2: Telefone von low-tech bis high-tech<br />

Telefonieren ist heute absolut selbstverständlich geworden. Der Vergleich<br />

von günstigen Flatrates zu teuren Reisekosten ist eindeutig.<br />

Europaweit gibt es längst mehr Handys als Einwohner. Wir sind es<br />

gewohnt zu telefonieren. Täglich. Privat und geschäftlich. Zuhause, im<br />

Büro und unterwegs. Gerade daher lohnt sich ein bewusster Blick über<br />

den „Gewohnheits-Tellerrand“, um dieses besondere Kommunikationsmittel<br />

sinnvoll und effektiv zu nutzen.<br />

Gibt es überhaupt so etwas wie „modernes Telefonieren“? Was hat<br />

sich in den letzen 130 Jahren geändert und was hat sich bewährt? Welche<br />

Neue Medien funktionieren und welche behindern eher?<br />

"Das Telefon hat einfach zu viele Mängel,<br />

als dass man es für Zwecke der<br />

Kommunikation einsetzen könnte.<br />

Das Gerät ist wertlos für uns."<br />

(Internes Papier der Western Union, 1876)<br />

Abbildung 3: Das gute alte Telefon<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Die Infrastruktur<br />

Wenn etwas so selbstverständlich ist wie das Telefonieren, müssen<br />

wir uns dann noch mit der Technik und dem Umfeld, also der Infrastruktur<br />

des Telefonierens beschäftigen?<br />

Eindeutig ja, denn beim professionellen Coachen über das Telefon<br />

gibt es einige Dinge zu beachten, die die Qualität enorm steigern und<br />

die für ein optimales Ergebnis wichtig sind. Es geht dabei nicht (nur)<br />

um die akustische Sprachqualität, sondern um die Qualität des gesamten<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesses.<br />

Telefonieren ist heute eine Technik, die weltweit hochverfügbar ist.<br />

Das verführt uns dazu, diese Technik als selbstverständlich anzusehen<br />

und auch immer und überall zu nutzen.<br />

Würden Sie als Coach mit Ihrem Klienten in einer Kneipe eine tiefgründige<br />

Sitzung abhalten? Oder am Arbeitsplatz des Klienten, etwa in<br />

einem Großraumbüro? Ja selbst ein Zweierbüro mit einem (unfreiwilligen)<br />

Zuhörer würden Sie als Profi oder Klient nicht akzeptieren. Sie<br />

achten auf das passende „Setting“, die stimmige Umgebung. Genauso<br />

selbstverständlich wie Sie beim Einrichten Ihrer Praxis, Ihres Büro und<br />

Ihres Besprechungs- und Sitzungsraumes darauf achten, dass sich Ihr<br />

Klient wohl fühlt und dass er Vertrauen in die geschützte „<strong>Coaching</strong>-<br />

Umgebung“ entwickeln kann.<br />

Dieselbe Bedeutung hat die richtige Infrastruktur auch beim Tele-<br />

<strong>Coaching</strong>. Genauso wie Sie natürlich auch mal in einer ungewohnten<br />

oder (vermeintlich) nicht geeigneten Umgebung coachen können,<br />

könnten Sie auch immer und überall telefonieren.<br />

In der Regel werden wir aber ein Setting wählen, das unserem hohen,<br />

professionellen Anspruch gerecht wird. Das ist beim <strong>Coaching</strong> übers<br />

Telefon besonders wichtig. Warum, wird in unserem Buch ausführlich<br />

erläutert.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Wie wichtig ist die beste Qualität?<br />

Um es ganz klar zu sagen: Es gibt immer eine Vielzahl von Faktoren,<br />

die die Qualität eines <strong>Coaching</strong>-Prozesses beeinflussen. An oberster<br />

Stelle stehen eindeutig die Qualität des Coachs mit seiner Erfahrung,<br />

seinem Know-how und seinem Einfühlungsvermögen sowie die Intensität<br />

und die Güte des Vertrauensverhältnisses zwischen Coach und<br />

Klient. Erst danach sind die Fragen nach einer guten Sprachverbindung<br />

relevant.<br />

Auch die beste Sprachqualität nützt nichts, wenn die Basisvoraussetzungen<br />

nicht gegeben sind. Aber darum geht es in diesem Kapitel<br />

nicht. Hier setzen wir voraus, dass der Coach gut ist und ein optimales<br />

Verhältnis zu seinen Klienten aufbauen kann. Erst wenn dies gesichert<br />

ist, kann durch die optimale Sprachqualität das <strong>Coaching</strong> Ergebnis<br />

noch weiter verbessert werden.<br />

Die Notwendigkeit einer guten und zuverlässigen Technik, sowie<br />

eine hervorragende Sprachqualität, sind also nicht die Voraussetzungen<br />

für ein optimales <strong>Coaching</strong>-Ergebnis. Sie verbessern aber das Resultat<br />

deutlich bei ansonsten gleichen Vorbedingungen.<br />

Widmen wir uns also nun der Frage nach der besten Technik.<br />

Die optimale Hardware<br />

Das richtige Netz, also der Übertragungsweg der akustischen Daten<br />

zwischen den Gesprächspartnern, bildet die Grundlage für eine hohe<br />

Gesprächsqualität.<br />

Auch wenn Sie vielleicht noch einen alten analogen Anschluss haben,<br />

spätestens ab der Vermittlungsstelle werden die Sprachdaten heute<br />

digital übertragen. Das bedeutet, der analoge Klang der Stimme wird in<br />

Nullen und Einsen codiert und beim Gesprächspartner wieder decodiert<br />

und umgekehrt. Beim Telefonieren wird die Sprache also erst<br />

digitalisiert, dann digital übertragen und schließlich beim Empfänger<br />

wieder in ein analoges Signal zurückgewandelt. Jeder einzelne Tonwert<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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und jedes Geräusch wird als 8-Bit-Zahl aufgenommen und dann 8000-<br />

mal in der Sekunde übertragen. (8 kHz * 8 Bit = 64 kBit/s bei ISDN<br />

und Bluetooth). Bei schnurlosen DECT-Telefonen sind es immerhin<br />

noch 32 kBit/s. Beim GSM-Standard der Handys sind es in der Regel<br />

nur ca. 9,6 kBit/s. Das hört sich zwar alles immens viel an, reicht aber<br />

maximal nur für eine mittlere Ton-Qualität. Zum Vergleich: Einen<br />

guten HiFi-CD-Klang erreichen wir erst mit einer Abtastrate von<br />

44100 Abtastungen pro Sekunde (also 44,1kHz). Das sind mehr als 5-<br />

mal so viele Daten als beim Telefonieren mit Festnetz und sogar 36-<br />

mal (!) so viele wie beim Telefonieren per Handy!<br />

Aber das ist nicht das Hauptproblem. Um eine möglichst niedrige<br />

Bandbreite zu erreichen, werden die Sprachdaten komprimiert und<br />

Hintergrundgeräusche weggefiltert. Adaptionslogik und Filter sorgen<br />

dafür, dass dem Mischverstärker ein Signal zugeführt wird, das dann<br />

dem Störsignal genau entgegengesetzt wirkt. So wird jede Störung am<br />

Empfänger ausgelöscht.<br />

Das klingt dann aber oft sehr unnatürlich. In den Sprechpausen<br />

haben wir den Eindruck, es bestehe gar keine Verbindung mehr. Wir<br />

vermissen geradezu ein wenig Hintergrundrauschen und fragen: „Sind<br />

Sie noch da?“ Besonders bei Verbindungen, die mit Hilfe von VoIP<br />

geführt werden, tritt dieses Phänomen häufig auf.<br />

VoIP bedeutet „Voice over IP“. Hier werden also die Sprachdaten<br />

über ein Internet-Protokoll (IP) übertragen. Leider ist die Sprachqualität<br />

dabei oft völlig unzureichend – besonders wenn parallel dazu im<br />

Internet gesurft wird, oder ein kostenloser VoIP-Dienst wie Skype<br />

verwendet wird. Je nach Datenaufkommen verschmälert sich dann die<br />

verfügbare Bandbreite.<br />

Und den Unterschied kann man hören. Beim Tele<strong>Coaching</strong> kommt<br />

es aber auf jede kleine Ton-Nuance an. Jeder Unter- und Zwischenton<br />

ist wichtig. Da sollten doch wir auf die beste Verbindung achten, oder?<br />

Im Zeitalter der Flatrates sollten die Telefon-Kosten keine entscheidende<br />

Rolle mehr spielen.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Das optimale Netz<br />

Was bedeutet das nun in der Praxis? Ein klassischer Festnetzanschluss<br />

ist einem VoIP-Anschluss immer vorzuziehen. Bitte achten Sie<br />

darauf, dass Sie auch wirklich über das Festnetz telefonieren. Bei manchen<br />

Angeboten, zum Beispiel beim Telefonieren über Kabel, ist gar<br />

nicht erkennbar, dass es sich in Wirklichkeit um einen VoIP-Anschluss<br />

handelt. Der Kabelanschluss bietet zwar recht hohe Übertragungsraten,<br />

die sterile und hoch komprimierte Sprachqualität bleibt aber.<br />

Das Handy sollte wegen seiner geringeren Sprachqualität und hohen<br />

Störanfälligkeit nur in Ausnahmefällen genutzt werden.<br />

Wie gesagt, für ein normales Telefongespräch reichen VoIP und<br />

Handy sicher aus. Sie werden aber im Verlaufe des Buches lesen, dass<br />

der Text, den wir „zwischen den Zeilen hören“, beim Tele<strong>Coaching</strong> für<br />

eine gute Arbeit elementar ist.<br />

Und zu einem Profi gehört nun mal auch eine professionelle Ausstattung.<br />

Allerdings ist eines klar: Nicht alles, was neu ist, ist auch<br />

besser.<br />

Die richtigen Endgeräte<br />

Endgeräte nennen wir die Hardware, die am Ende der Leitung sind.<br />

Vor unserem Mund und an unserem Ohr. Also das richtige Telefon<br />

oder Headset.<br />

Grundsätzlich erreichen Sie mit einem klassischen, schnurgebundenem<br />

Festnetztelefon sehr gute Ergebnisse. Keine schädliche Strahlung<br />

und sehr gute Klang-Qualität. Allerdings sind Sie natürlich ortsgebunden.<br />

Die Länge des Kabels bestimmt den Grad der Bewegungsfreiheit.<br />

Schnurlose Telefone bietet hier mehr Flexibilität. Sie sollten allerdings<br />

dem neusten DECT-Standard entsprechen. Dieser ist energiesparend<br />

und strahlungsreduziert. Aufgelegt in der Basisstation ist die<br />

Strahlung der Telefone im Gegensatz zu herkömmlichen Modellen<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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ohne Strahlungsreduzierung deutlich gesenkt. Zudem ist die Strahlung<br />

der mobilen Telefone umso niedriger, je näher sie an der Basisstation<br />

sind. Dank der Verwendung moderner Schaltnetzteile und einer optimalen<br />

Abstimmung der elektrischen Komponenten sind die Telefone<br />

zudem besonders energiesparend.<br />

Ob nun kabelgebundenes oder schnurloses Telefon, bei längeren<br />

Gesprächen bekommt man schon mal ein taubes Gefühl im Arm. Und<br />

beim Wechseln von einem Ohr zum anderen (und von einem Arm<br />

zum anderen) muss sich unser Gehirn wieder neu kalibrieren. Das<br />

heißt, für einen Moment ist unsere Aufmerksamkeit eingeschränkt.<br />

Wir entwickeln sogar Vorlieben, auf welcher Seite wir lieber telefonieren.<br />

Das kann dann zu Verspannungen und Kopfschmerzen führen.<br />

Das richtige Headset<br />

Am Besten funktioniert das Tele<strong>Coaching</strong> also mit einem Headset.<br />

Aber auch hier gibt es einige Dinge zu beachten. Wie Sie sich nach den<br />

bisherigen Ausführungen sicher schon denken können, erhalten Sie die<br />

qualitativ besten Ergebnisse mit einem kabelgebunden Headset, das Sie<br />

direkt an ein kabelgebundenes Telefon anschließen.<br />

Gute Ergebnisse und viel Bewegungsfreiraum bieten auch Headsets,<br />

die Sie per Kabel an ein kabelloses DECT-Telefon anschließen. Damit<br />

können Sie sich frei im Raum bewegen. Sie haben sogar die Hände frei,<br />

wenn Sie das Telefon in eine Tasche stecken oder an einen Gürtelclip<br />

hängen.<br />

Headsets, die Sie per Bluetooth anschließen, sind zwar einfach und<br />

preiswert, haben aber auch oft Qualitätsprobleme. Die angegebenen<br />

zehn Meter Bewegungsfreiheit sind oft eher Wunschdenken der Hersteller.<br />

Wenn Sie dennoch ein Bluetooth Headset vorziehen, achten Sie<br />

bitte darauf, dass es Bluetooth <strong>2.0</strong> und den A2SP-Standard unterstützt.<br />

DECT-Headsets sind besser, bieten aber, wenn sie an schnurlose<br />

Telefone oder direkt an ISDN-Anlagen angemeldet werden, oft nur<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

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unzureichenden Komfort. Zum Beispiel ist dann bei einigen Modellen<br />

kein Wählen oder Stummschalten mehr möglich. Das bedeutet, man<br />

kann zwar ein Gespräch annehmen, aber nicht selbst wählen und auch<br />

nicht weiter verbinden. Hier kommt es besonders auf die Kompatibilität<br />

der einzelnen Komponenten an. Hier hilft nur eine wirklich kompetente<br />

Beratung.<br />

Achten Sie also auch darauf, dass Ihr Headset über Steuerungsmöglichkeiten<br />

wie z. B. Stummschaltung und Laut-Leise-Regelung verfügt,<br />

oder dass Sie dies über die entsprechende Feststation einstellen<br />

können.<br />

Gute Headsets bieten eine Noise-Cancelling-Funktion, die Hintergrundgeräusche<br />

ausfiltert, an. Auch hier gilt, zu viel des Guten bringt nichts.<br />

Das Gespräch wird steril. Die Zwischen- und Obertöne werden vollständig<br />

ausgefiltert. Achten Sie also darauf, dass Sie die Funktion einund<br />

ausschalten können.<br />

Besser als die beste Filterfunktion ist es ohnehin in einer ruhigen<br />

Umgebung zu telefonieren. Das tut Ihnen als Coach und Ihrem Klienten<br />

gut.<br />

Und noch etwas: Achten Sie auf die richtige Position des Mikrofons.<br />

Die Bügel der Mikrofonhalterung lassen sich in der Regel leicht verstellen.<br />

Das klingt zwar selbstverständlich, wird aber oft nicht beachtet.<br />

Um möglichst wenig Umgebungsgeräusche aufzunehmen, werden in<br />

guten Headsets Richtmikrofone verbaut. Wenn diese aber nicht in<br />

Richtung Mund zeigen, ist die Verständigung schwierig.<br />

Auch der Abstand ist sehr wichtig. Zu nah vorm Mund werden die<br />

Atemgeräusche zu Orkanböen. Wer das mal längere Zeit anhören<br />

musste, weiß wie unangenehm das ist. Auch wenn das Mikrofon an der<br />

(unrasierten) Wange anliegt, gibt es unschöne Störgeräusche, die auch<br />

der beste Filter nicht mehr wegzaubern kann.<br />

Und letztlich achten sie bitte auf einen angenehmen Tragekomfort.<br />

Auch nach Stunden darf das Headset nicht drücken oder unangenehm<br />

werden. Testen Sie Ihr Wunsch-Headset ausführlich auf dem eigenen<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Ohr! Nur so finden Sie heraus, ob Sie das Gerät wirklich mehrere<br />

Stunden tragen können.<br />

Optimal sind so genannte Binaurale Headsets (Duo-Headsets). Diese<br />

arbeiten zwar auch nur in Mono, (die Telefonleitungen übertragen<br />

leider nur das Mono-Signal), aber der Ton wird auf beide Hörmuscheln<br />

übertragen. Das hat sehr viele Vorteile: Hintergrundgeräusche treten in<br />

den Hintergrund 21 . Wir nehmen nur noch unseren Gesprächspartner<br />

wahr und können uns ganz auf ihn einlassen. Wir hören unseren<br />

Gesprächspartner quasi in der „Mitte“ unseres Kopfes. Und besonders<br />

faszinierend: Beide Gehirnhälften werden angesprochen. Somit können<br />

Ratio und Kreativität gleichermaßen in das <strong>Coaching</strong> einfließen.<br />

Abbildung 4: Duo-Headset<br />

Wir haben uns entschieden an dieser Stelle keine konkreten Herstellerempfehlungen<br />

auszusprechen. Dazu ist der Markt einfach zu groß<br />

und zu schnelllebig.<br />

21 Binaurale Headsets sind keine Lärmschutz-Headsets! Die Hintergrundgeräusche<br />

treten nur scheinbar in den Hintergrund, weil für unser Gehirn die<br />

Sprachinformation, die nun von beiden Seiten kommt, als Dominant<br />

wahrgenommen wird.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Lassen Sie sich bitte im einschlägigen Fachhandel beraten. Aber<br />

achten Sie darauf, dass Ihr Berater auch wirklich weiß, wovon er<br />

spricht. Ihre Anforderungen gehen über das normale Telefonieren weit<br />

hinaus. CallCenter-Ausstatter sind in der Regel eine gute Anlaufstelle.<br />

Auch im Internet finden sich gute Shops, auf denen Sie via kostenlose<br />

Hotline kompetent beraten werden. 22<br />

Die ideale Umgebung für Coach und Klient<br />

Als TeleCoach brauchen Sie neben der technischen Ausstattung eine<br />

besonders gute Arbeitsumgebung. Ein großer kahler Raum hallt viel zu<br />

sehr, mal ganz abgesehen von der mangelnden Atmosphäre. Gekachelte<br />

glatte Böden sind akustisch ungeeignet. Ein Teppich kann hier<br />

Wunder wirken. Große Glasflächen sind ebenso tabu oder mit Vorhängen<br />

zu versehen.<br />

Sorgen Sie für ein ruhiges Umfeld und eine geräuscharme<br />

Umgebung. Bei Störgeräuschen von außen schließen Sie die Fenster.<br />

Wenn zu viel Verkehrslärm herrscht, sollten Sie prüfen, ob Ihr Büro<br />

wirklich zum Tele<strong>Coaching</strong> geeignet ist.<br />

Schalten Sie auch Ihre weiteren Telefone aus oder legen Sie die<br />

Gespräche zu Ihrer Sekretärin in einen anderen Raum oder nutzen Sie<br />

einen Telefonservice. Wenn während des <strong>Coaching</strong>s ein Telefon klingelt,<br />

ist das mehr als störend. Ihr Klient sollte immer das Gefühl haben,<br />

dass er für Sie als Coach jetzt im Mittelpunkt steht. Jetzt sind Sie für<br />

ihn da und nicht für andere zu erreichen!<br />

Hintergrundgespräche von anderen Menschen in Ihrem Büro sind<br />

ebenso auszuschließen, wie Geräusche durch Büromaschinen<br />

(Drucker, Faxgeräte), laute Klimaanlagen und usw.<br />

22 Die „Headset Spezialisten“ der HEADSET COMPANY GmbH<br />

(www.comhead.de) oder der Headset Competence Karasu GmbH (www.headsetcompetence.de)<br />

sind solche Beispiele.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Seien Sie kritisch: Auch wenn Sie die Geräusche vielleicht gar nicht<br />

(mehr) wahrnehmen – Ihr Klient nimmt sie ganz sicher wahr. Zumindest<br />

unbewusst.<br />

Auch wenn Sie die Umgebung beim Klienten natürlich nicht direkt<br />

beeinflussen können, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass dort<br />

prinzipiell die gleichen Anforderungen wie für Ihr Büro gelten: Also<br />

eine ruhige und ungestörte Umgebung, sowie eine technisch gute Ausstattung.<br />

Es muss nicht immer im Büro sein<br />

Bisher gingen wir (stillschweigend) davon aus, dass Sie sich beim<br />

Telefonieren in Ihrem Büro bzw. an Ihrem Arbeitsplatz befinden.<br />

Natürlich gibt es darüber hinaus auch andere Orte, an denen ein<br />

<strong>Coaching</strong> Sinn macht. Und zwar für Sie als Coach und für Ihren<br />

Klienten.<br />

Das Telefonieren von Zuhause bietet u. U. einige Vorteile – besonders<br />

für den Klienten. Die Umgebung ist hier geschützt, sicher und<br />

gewohnt. Das ist oft deutlich besser, als wenn der Klient in seinem<br />

Büro oder an seinem Arbeitsplatz ist. Der mentale Schutzpanzer ist<br />

dann nicht so mächtig. So kommen wir beim <strong>Coaching</strong> schneller in die<br />

notwendigen Tiefen. 23<br />

Auch das Auto kann in Ausnahmefällen für ein Tele<strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräch genutzt werden. Allerdings sollte das natürlich die Ausnahme<br />

bleiben. (Zumindest, wenn der Gesprächsführende keinen Chauffeur<br />

hat und selber am Steuer sitzt.) Mal ganz abgesehen von der mangelnden<br />

Sprachqualität der meisten Freisprecheinrichtungen im Auto gibt<br />

es auch große Bedenken was die Sicherheit beim Fahren angeht. Und<br />

dennoch, manchmal ist der tranceähnliche Zustand beim Autofahren<br />

genau das richtige Setting, um eine wichtigen Schritt weiter zu kom-<br />

23 Vgl. Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des Tele-<br />

<strong>Coaching</strong>s (S. 288 ff).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

men. Vertrauen Sie bitte hier auf Ihr Gefühl und denken Sie daran:<br />

Safety First!<br />

Eine andere, sehr spannende Variante ist das „Walk-the-talk“ oder<br />

auch „<strong>Coaching</strong>-in-Motion“, also das Telefonieren beim Laufen in der<br />

Natur. Hier tritt der Effekt auf, dass sich unsere Wahrnehmung ändert,<br />

weil sich unsere Umgebung ständig ändert. Wir verändern unsere<br />

äußere und(!) innere Sichtweise und nehmen neue Perspektiven ein.<br />

Und in festgefahrenen Situationen ist es leichter einen neuen Standpunkt<br />

anzunehmen. Wie schon Goethe sagte: „Müsset im Naturbetrachten<br />

immer eins wie alles achten: Nichts ist drinnen, nichts ist<br />

draußen; denn was innen, das ist außen.“<br />

Technische Hilfsmittel<br />

Beim <strong>Coaching</strong> übers Telefon brauchen wir auf weitere „State-ofthe-art-technology“<br />

nicht zu verzichten. Genau wie wir beim Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> Stift und Schreibblock, Flipchart oder Powerpoint zu Hilfe<br />

nehmen, können wir auch am Telefon weitere Hilfsmittel einsetzten.<br />

Dazu ist es notwendig, dass sowohl der Coach als auch der Klient an<br />

einem PC sitzen.<br />

Dann kann z. B. mit Hilfe des „Desktop-Sharing“ ein beliebiger<br />

Bildschirminhalt am anderen PC dargestellt werden. Charts, Zeichnungen<br />

oder PowerPoint Präsentationen können so gemeinsam betrachtet<br />

werden.<br />

Das Programm Team-Viewer bietet hier gute und sehr kostengünstige<br />

Optionen, die leicht bedienbar sind. 24<br />

Es gibt auch Whiteboard-Programme, die ein virtuelles Flipchart simulieren.<br />

25<br />

24 Vgl. www.teamviewer.com/de.<br />

25 Eine einfache und kostenlose Version können Sie unter www.Goeller-<br />

Mentoring.de/Whiteboard nutzen.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Dateien können Sie z. B. über die so genannten File-Sharing-Optionen<br />

teilen und gemeinsam nutzen. „Google-Documents“ bietet hier<br />

einen kostenlosen Dienst an. 26<br />

<strong>Coaching</strong> mit Gruppen<br />

Auch für das <strong>Coaching</strong> mit Teams und Gruppen gelten im Prinzip<br />

die gleichen Hinweise wie für die Einzelgespräche. Qualität ist immer<br />

das oberste Gebot.<br />

Damit sind kostenlose VoIP-Dienste wie Skype in der Regel leider<br />

aus dem Rennen. Es gibt aber günstige Alternativen, die sehr gute und<br />

durchaus leistungsfähige Konferenzlösungen anbieten. Der Anbieter<br />

Talkyoo (www.talkyoo.net) ist sicher so ein Kandidat.<br />

Wichtig ist, dass der Anbieter über ein „Control-Tool“ verfügt, über<br />

das sich die Teilnehmer gezielt stumm- und wieder freischalten lassen.<br />

Wichtig ist auch, dass sich der stummgeschaltete Teilnehmer per Tastenklick<br />

melden kann, um freigeschaltet zu werden.<br />

Wie bei einer Konferenz hebt der Teilnehmer quasi den Arm, um<br />

sich zu Wort zu melden, und der Gesprächsleiter teilt ihm dann<br />

Gesprächszeit zu.<br />

Hier hält die modere Telefontechnik noch viele weitere verblüffende<br />

Lösungen parat.<br />

Z. B. können ganze <strong>Coaching</strong>-Sitzungen mitgeschnitten werden und<br />

stehen als mp3-Dateien zum späteren Nachhören zur Verfügung.<br />

Das geht natürlich auch bei Einzel<strong>Coaching</strong>s. Ob das allerdings<br />

immer sinnvoll ist und genutzt wird, ist sicher vom Einzelfall abhängig.<br />

Auf jeden Fall darf die Funktion nur genutzt werden, wenn alle (!)<br />

26 Auf www.google.de/intl/ de_de/options/ finden Sie die Funktion unter „Text und<br />

Tabellen“. Hier könnten Sie z. B. auch einen gemeinsamen Terminkalender anlegen,<br />

den Sie nur für Ihren Klienten freigeben können. Öffentliche Termine lassen<br />

sich hingegen für mehr Nutzer freigeben. Diese Funktionen können auch sehr<br />

einfach in Ihre Internetseite integriert werden.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Beteiligten damit einverstanden sind. Hier gelten natürlich die gleichen<br />

Regeln wie im Präsenz<strong>Coaching</strong>. Auch hier kann unter bestimmten<br />

Umständen ein Tonband sinnvoll sein. Aber der Schutz des Klienten<br />

und seine Privatsphäre müssen gewahrt bleiben.<br />

Alternative Video?<br />

Die meisten modernen Kommunikationssysteme bieten natürlich<br />

auch das Videobild als Ergänzung zur akustischen Kommunikation an.<br />

Für das Tele<strong>Coaching</strong> ist das Videobild unseres Gesprächspartners<br />

aber eher kontraproduktiv und sollte daher bewusst nicht genutzt<br />

werden.<br />

Der Vorteil des Tele<strong>Coaching</strong>s ist ja gerade die bewusste Ausschaltung<br />

des Sehsinns und dadurch die Stärkung der anderen Wahrnehmungskanäle.<br />

Video, in welcher Form auch immer, nimmt dem Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> daher einen entscheidenden Vorteil (Gesichtswahrung, körperliche<br />

Anonymität etc.). Im weiteren Verlauf des Buches werden wir<br />

darauf noch genauer eingehen.<br />

Wo führt das noch hin?<br />

Die Kommunikationstechnik steht nach 130 Jahren eigentlich immer<br />

noch am Anfang. Selbst mit der Technik von vor 100 Jahren wäre<br />

Tele<strong>Coaching</strong> durchaus möglich gewesen.<br />

Bisher beschränkten sich die Innovationen beim Telefonieren auf die<br />

Übertragungstechniken und die attraktive Preisgestaltung. Und natürlich<br />

können wir mittlerweile dank Handytechnik immer und (fast)<br />

überall telefonieren. Aber im Prinzip halten wir immer noch einen<br />

Hörer ans Ohr und rufen „Hallo?“<br />

Und doch gibt es sie, die wirklich großen Innovationen. Noch sind<br />

sie eher im Hintergrund. Nur für abgedrehte Spezialisten und Freaks<br />

verfügbar. Aber sie sind schon real.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Der Gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur<br />

(Thomas Göller)<br />

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Ein grandioses Beispiel hierfür ist ganz sicher „Second Life“. Dabei<br />

ist „Second Life“ sehr viel mehr als nur ein 3D-Computerspiel. Die<br />

Nutzungsmöglichkeiten sind unglaublich vielfältig. Es gibt schon ca. 20<br />

Millionen Nutzer weltweit. Viele große Firmen haben den Trend<br />

bereits erkannt und betreiben eine virtuelle Vertretung in der 3D-Welt.<br />

Die Dresdner Gemäldegalerie ist das erste große Museum, das komplett<br />

in "Second Life" nachgebaut wurde.<br />

Wikipedia schreibt dazu: „Second Life fungiert auch als Plattform für<br />

soziale Interaktionen für verschiedenste Communities. Gleichgesinnte<br />

können Gruppen bilden und über den integrierten Instant Messenger<br />

nicht nur mit Einzelpersonen sondern auch mit allen Mitgliedern der<br />

jeweiligen Gruppe kommunizieren. Das Programm wurde bereits für<br />

Schulungen und virtuelle universitäre Vorlesungen genutzt, sogar Live-<br />

Konzerte lassen sich virtuell durchführen.“<br />

Wow! <strong>Coaching</strong> im virtuellen Raum. Mit einem Avatar als<br />

Gesprächspartner. Das wird <strong>Coaching</strong> 3.0 – da wette ich!<br />

Lassen Sie uns an dieser Stelle nicht über den Sinn oder Unsinn von<br />

„Second Life“ diskutieren. Auf jeden Fall zeigt es, wo die Entwicklung<br />

hingehen könnte …<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Coachen auf der Tonspur –<br />

Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Das telefonische <strong>Coaching</strong> stellt andere Anforderungen an die Beteiligten<br />

als das persönliche <strong>Coaching</strong>-Gespräch. Hier machen Sie sich<br />

mit den Besonderheiten entlang des <strong>Coaching</strong>-Prozesses von der<br />

Gesprächsvorbereitung, über Gesprächsführung und Auftragsklärung<br />

bis hin zur Prozess-Dokumentation und abschließenden Evaluation<br />

vertraut.<br />

Die Vorbereitung des Klienten auf Tele<strong>Coaching</strong><br />

Der Klient, so wurde gezeigt 27 , braucht zunächst weiter nichts mitzubringen<br />

als die Bereitschaft, das Telefon als <strong>Coaching</strong>-Instrument auszuprobieren<br />

sowie die Fähigkeit, sich sprachlich auszudrücken. Letzteres<br />

ist im Business-Kontext sicherlich der Regelfall. Dagegen müssen<br />

Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit für das Tele<strong>Coaching</strong> zumeist<br />

erst erzeugt werden. Dies kann durch folgende Maßnahmen seitens des<br />

Auftraggebers im Vorfeld des Erstkontakts wirksam geschehen:<br />

• Dem Klienten sollte durch den Auftraggeber die Möglichkeit des<br />

Tele<strong>Coaching</strong> nahe gelegt werden. Vor die Wahl gestellt wird der<br />

Klient meistens das wählen, was ihm vertraut ist. Berührungsängste<br />

kann der Auftraggeber dem Klienten durch den Hinweis<br />

nehmen, dass er notfalls nach dem telefonischen Erstgespräch<br />

auch auf das bekannte Präsenz<strong>Coaching</strong> als Lösungsweg<br />

zurückgreifen kann.<br />

27 Vgl. Grenzen des Tele<strong>Coaching</strong>s – Eine Überraschung (S. 70 f).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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• Dem Klienten sollten vor dem Erstkontakt grundlegende<br />

Informationen zum Tele<strong>Coaching</strong> zur Verfügung stehen, in<br />

denen die wichtigsten praktischen und methodischen Aspekte<br />

kurz erläutert werden. Dabei sollte auch eine Checkliste zur<br />

Gestaltung des Gesprächsrahmens nicht fehlen (s. u.).<br />

• Anhand eines aussagekräftigen Profils sollte sich der Klient vor<br />

dem Erstgespräch ein Bild über Ausbildung und Werdegang<br />

sowie die Positionierung des Coachs machen können.<br />

• Durch ein abrufbares Kurzvideo, auf dem sich der TeleCoach<br />

präsentiert und das nicht länger als eine Minute zu sein braucht,<br />

kann dem oft vorhandenen Bedürfnis des Klienten entsprochen<br />

werden, sich einen ersten Eindruck von seinem Gesprächspartner<br />

zu machen.<br />

• Der Auftraggeber sollte dem Klienten bei Rückfragen als Ansprechpartner<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Idealerweise sind Informationen zum Tele<strong>Coaching</strong>, Profile und<br />

Videos auf einer internen Website zusammengestellt, auf die der Klient<br />

durch den Auftraggeber Zugriff erhält.<br />

Was kann der TeleCoach seinerseits im Vorfeld tun, um den Klienten<br />

auf den Erstkontakt bzw. das Auftragsklärungsgespräch vorzubereiten?<br />

In der Regel kommt es zu einer ersten Kontaktaufnahme durch<br />

den Klienten per Telefon oder E-Mail, durch die er sein Interesse an<br />

einem Erstgespräch zum Ausdruck bringt und einen gemeinsamen<br />

Termin abstimmen möchte. Diese Kontaktaufnahme kann der Tele-<br />

Coach wie folgt nutzen, um den Klienten die Schwellenangst zu<br />

nehmen:<br />

• Wertschätzende Begrüßung („Schön, dass Sie sich melden und<br />

sich für eine Zusammenarbeit interessieren.“).<br />

• Sinn und Zweck des Erstgesprächs erläutern (offene Fragen zum<br />

Tele<strong>Coaching</strong> und zur Person des Coachs klären, <strong>Coaching</strong>-<br />

Thema, -Ziel und Prozess besprechen).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• Zeitnahe Terminvereinbarung, durch die die Service-Orientierung<br />

zum Ausdruck kommt (die Verbindlichkeit des Termins<br />

kann durch eine Terminbestätigung per E-Mail gesteigert werden,<br />

in die der Auftraggeber mit einkopiert ist; zusätzlich sollte vereinbart<br />

werden, dass der TeleCoach anruft, um Herr des Prozesses<br />

zu bleiben).<br />

• Hinweis an den Klienten, sich für das Erstgespräch einen<br />

geschützten Raum und ein genügend großes Zeitfenster (in der<br />

Regel reichen 45 bis 60 Minuten) zu reservieren, in dem er ungestört<br />

und entspannt telefonieren kann.<br />

• Wertschätzender Gesprächsabschluss („Gibt es noch dringende<br />

Fragen, die wir jetzt klären sollten? – Schön, dann freue ich mich<br />

auf das Gespräch mit Ihnen am…, um…. Das wird sicherlich<br />

eine wertvolle Erfahrung für Sie!“)<br />

Dem Klienten sollten im Vorfeld des Erstgesprächs nur dann vorbereitende<br />

Aufgaben gestellt werden (z. B. sein <strong>Coaching</strong>-Anliegen vorzuformulieren)<br />

wenn er danach fragt. Ansonsten kann bei dem Klienten<br />

leicht der Eindruck entstehen, dass er in Vorleistung treten muss, ohne<br />

den konkreten Nutzen absehen zu können.<br />

Gestaltung des Gesprächsrahmens am Telefon<br />

Nachstehende formale Aspekte sind für das Gelingen von <strong>Coaching</strong>-<br />

Gesprächen am Telefon zu beachten: 28<br />

• Für das Gespräch sollte eine gute Telefonverbindung verfügbar<br />

sein. Bei gutem Empfang kann auch mobil telefoniert werden.<br />

Auch eine Online-Verbindung parallel zum Telefonat hat sich für<br />

einen spontanen Datenaustausch bewährt.<br />

• Für das Telefonat sollte eine Umgebung aufgesucht werden, in<br />

der frei von Ablenkungen und Störungen gesprochen werden<br />

28 Vgl. Der gute Draht zum anderen – Die technische Infrastruktur (S. 74 ff).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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kann. Dies müssen nicht unbedingt geschlossene Räume sein.<br />

Ruhige und inspirierende Plätze gibt es auch draußen im Freien.<br />

• Beim Tele<strong>Coaching</strong> sollten für Notizen und Zeichnungen beide<br />

Hände frei sein und nicht durch das Halten eines Telefons bzw.<br />

Telefonhörers blockiert sein. Coach und Klient sollten sich möglichst<br />

frei im Raum bewegen können und nicht durch zu kurze<br />

Kabel an ihrer Bewegungsfreiheit gehindert sein.<br />

• Wie auch sonst bei physischen Besprechungen üblich sollte beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> für ausreichend Getränke gesorgt sein.<br />

• Bei <strong>Coaching</strong>-Telefonaten sollte der Schreibtisch aufgeräumt und<br />

die Aufmerksamkeit nicht durch andere Vorgänge abgelenkt sein.<br />

Dass während des Gesprächs keine eingehenden E-Mails gelesen<br />

werden, versteht sich von selbst. Die entsprechenden visuellen<br />

oder auditiven Benachrichtigungen des E-Mail-Programms können<br />

ausgeschaltet werden.<br />

• Je nach persönlicher Vorliebe können Notizen während des<br />

Gesprächs handschriftlich oder elektronisch gemacht werden.<br />

• Im Übrigen ist beim Tele<strong>Coaching</strong> alles erlaubt, was den<br />

Gesprächspartnern hilft, sich auf das <strong>Coaching</strong>-Gespräch zu<br />

konzentrieren: Mit Büroklammern spielen, den Kopf aufstützen,<br />

umhergehen, die Beine auf den Tisch legen, auf dem Sofa liegen,<br />

malen etc. Der Gesprächspartner nimmt jedoch jede Ablenkung<br />

sofort wahr.<br />

• Der TeleCoach sollte zwischen zwei Gesprächsterminen genügend<br />

Pausenzeit einplanen. Nach 60 bis 90 Minuten<br />

Gesprächszeit sind 15 Minuten sicherlich das Minimum, um dem<br />

nächsten Gesprächspartner wieder die volle Aufmerksamkeit<br />

schenken zu können.<br />

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Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Die Gesprächsführung am Telefon<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche am Telefon zeigen den auch in der Präsenzsituation<br />

üblichen Spannungsbogen von Kontaktaufbau, über Zielklärung<br />

und Interventionsphase bis hin zu Zielerreichung, Evaluation und<br />

Follow-up. Dieser Bogen erstreckt sich nicht nur über den gesamten<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess, sondern realisiert sich verdichtet in jedem einzelnen<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräch. Telefonische <strong>Coaching</strong>-Gespräche dauern in der<br />

Regel bis zu 60 Minuten und sind damit tendenziell deutlich kürzer als<br />

ein Präsenz<strong>Coaching</strong>. Der TeleCoach muss daher bei der Steuerung des<br />

Spannungsbogens effizienter und feiner vorgehen und teilweise mit<br />

anderen Ritualen arbeiten als den sonst im Präsenz<strong>Coaching</strong> üblichen<br />

Gepflogenheiten. Dabei steht der TeleCoach vor folgenden Herausforderungen:<br />

• „Wie schüttle ich im übertragenen Sinn meinem Klienten am<br />

Telefon die Hand und helfe ihm aus dem Mantel? – Bewährt hat<br />

sich, dass der Coach den Klienten anruft. So kann der Coach<br />

sofort die Gesprächsführung übernehmen. Folgender<br />

Gesprächseinstieg ist möglich: „Hallo Herr Klient, schön Sie zu<br />

hören! – Passt es bei Ihnen jetzt?“ Auf diese Weise wird der<br />

Klient eingeladen den virtuellen Gesprächsraum zu betreten und<br />

den Mantel seiner Alltagsbeschäftigung abzulegen.<br />

• „Wie lasse ich den Klienten ankommen und stimme ihn auf das<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräch am besten ein? – Der Coach weiß nicht, in<br />

welcher Stimmung der Klient zu ihm kommt und wie es ihm<br />

gerade geht. Das jedoch ist wichtig, um ihn richtig abholen zu<br />

können. Hier bieten sich offene Fragen an, auf die der Klient<br />

nach Belieben antworten kann: „Wie geht es Ihnen?“, „Haben Sie<br />

etwas besonderes erlebt?“, „Womit beschäftigen Sie sich gerade?“<br />

Auf diese Weise ergibt sich häufig bereits ein gehaltvoller<br />

Gesprächseinstieg.<br />

• „Wie strukturiere ich den Verlauf des <strong>Coaching</strong>-Gesprächs auf<br />

dem Hintergrund der verfügbaren Zeit?“ Der Coach sollte den<br />

Gesprächsverlauf nicht allein dem Zufall überlassen, sondern das<br />

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Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Gespräch in den Gesamtkontext des <strong>Coaching</strong>-Prozesses verorten.<br />

Gleichwohl soll das <strong>Coaching</strong>-Gespräch für den Klienten<br />

einen konkreten Alltagsnutzen bieten. Daher eignet sich zur Planung<br />

des weiteren Gesprächsverlaufs die Frage an den Klienten:<br />

„Gibt es ein besonderes Thema, das Sie heute besprechen wollen?“<br />

Falls ja, dann sollte der Coach das Thema aufgreifen und in<br />

den Prozesskontext stellen. Falls nein, dann sollte der Coach an<br />

den Verlauf der früheren Gespräche anknüpfen und mit dem<br />

Klienten Thema und Ziel des <strong>Coaching</strong>-Gesprächs vereinbaren.<br />

• „Wie kann ich den Grad der Vorbereitung des Klienten einschätzen,<br />

wenn ich seine Notizen nicht sehen kann?“ – Der Coach<br />

sollte den Klienten direkt nach den Ergebnissen und Erfahrungen<br />

fragen, die er in Auseinandersetzung mit einer eventuellen<br />

Aufgabenstellung aus vorherigen <strong>Coaching</strong>-Gesprächen erzielt<br />

hat: „Welche Erfahrungen haben Sie bei der Umsetzung der<br />

besprochenen Verhaltensänderungen zwischenzeitlich gemacht?“<br />

Schriftliche Arbeitsergebnisse sollte sich der Coach am Besten im<br />

Vorfeld der Sitzung per E-Mail schicken lassen oder spontan<br />

während des Gesprächs.<br />

• „Wie kann ich mit dem Klienten feiern, wenn ein wichtiger<br />

Meilenstein oder ein Ziel erreicht wurde?“ – Feste soll man feiern<br />

wie sie fallen. Es ist wichtig, Erfolge für den Klienten sichtbar<br />

und erlebbar zu machen. Am Telefon sollte der Erfolg zunächst<br />

auf emotionale Weise verbalisiert werden: „Schön, dass Sie für<br />

dieses Problem eine Lösung gefunden haben. Wie geht es Ihnen<br />

damit?“ Der Klient wird aufgefordert, seinerseits das Erfolgerlebnis<br />

in Worte zu fassen und sich seiner positiven Gefühle<br />

bewusst zu werden. „Um das Erreichte gebührend zu feiern,<br />

sollten Sie sich etwas Gutes tun! Womit wollen Sie sich belohnen?<br />

(z. B. mit Partner oder Partnerin Essen gehen, Theateroder<br />

Kinobesuch, Kauf eines Buchs etc.)“ Der Coach sollte den<br />

Klienten unterstützen, sich etwas Schönes vorzunehmen, und<br />

beim nächsten Gespräch entsprechend nachfragen. Der Coach<br />

kann seinerseits eine persönliche E-Mail verfassen mit einem<br />

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Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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besonderen Spruch oder Gedicht, einem Musikstück, Link etc.,<br />

und so die Bedeutung des Gesprächs unterstreichen.<br />

• „Wie sichere ich die Gesprächsergebnisse und wie gebe ich dem<br />

Klienten Arbeits- oder Übungsaufgaben mit auf den Weg?“ –<br />

Um am Telefon Missverständnisse auszuschließen, hat es sich<br />

bewährt, wichtige Gesprächsergebnisse und Vereinbarungen im<br />

Anschluss an das Gespräch kurz schriftlich per E-Mail festzuhalten.<br />

Damit bekommen die Verabredungen eine größere Verbindlichkeit.<br />

Auch sonst kann der Coach zwischenzeitlich Gedanken,<br />

Buchtipps, hilfreiche Links etc. dem Klienten per E-Mail<br />

schicken und so einen Zusatznutzen in den <strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

einsteuern.<br />

• „Wie schließe ich das <strong>Coaching</strong>-Gespräch ab und verabschiede<br />

den Klienten?“ – Am Ende des Gesprächs sollten wie auch sonst<br />

üblich die Gesprächsergebnisse und Vereinbarungen möglichst<br />

durch den Klienten zusammengefasst werden. „Was war Ihnen<br />

heute besonders wichtig, wie geht es Ihnen jetzt?“ Der Coach<br />

ergänzt dann die Äußerungen des Klienten. Als Abschlussfrage<br />

hat sich bewährt: „Gibt es jetzt noch irgendetwas, was wir heute<br />

besprechen sollten?“ Falls, ja, das Thema kurz aufgreifen und ggf.<br />

mit auf die Agenda des nächsten Gesprächs setzen. Falls nein,<br />

dann sollte sogleich der Folgetermin vereinbart werden und der<br />

Klient wertschätzend verabschiedet werden: „Ich freue mich auf<br />

die Fortsetzung unserer Arbeit am… um… Bis dahin wünsche<br />

ich Ihnen eine gute Zeit.“<br />

Weitere Hinweise für die <strong>Coaching</strong>-Arbeit am Telefon sind im<br />

Kapitel, Vom Ton zum Tun – Am Telefon intensiv arbeiten, nachzulesen.<br />

Die Auftragsklärung am Telefon<br />

Die größte Hürde beim Tele<strong>Coaching</strong> stellt das Auftragsklärungsgespräch<br />

dar, da sich hier entscheidet, ob der Klient für das <strong>Coaching</strong> am<br />

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Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Telefon gewonnen werden kann oder nicht. Anders als beim Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> wird das Auftragsklärungsgespräch als Auftakt zum Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> bei Misslingen zumeist nicht einfach mit einem anderen<br />

TeleCoach wiederholt. Da der Klient seine Unzufriedenheit nicht der<br />

fehlenden Passung mit der Individualität des Coachs zuschreibt, sondern<br />

dem Format des Tele<strong>Coaching</strong> an sich, greifen viele in einer<br />

solchen Situation auf das altbekannte Präsenz<strong>Coaching</strong> zurück ohne<br />

dem Tele<strong>Coaching</strong> ein zweite Chance zu geben. Viel hängt an dieser<br />

Stelle auch von den Auftraggebern ab, die jedoch selbst aufgrund der<br />

noch fehlenden Erfahrung unsicher sind. Umso wichtiger ist es, die<br />

Chancen eines telefonischen Auftragsklärungsgesprächs zu nutzen.<br />

Zunächst gilt es zu klären, wer beim Auftragsklärungsgespräch die<br />

Gesprächspartner sind. Es gibt Auftraggeber, die großen Wert darauf<br />

legen, dass auch Vorgesetzte und ein Personalvertreter in das Erstgespräch<br />

mit Klient und Coach eingebunden sind und schon von daher<br />

sich kaum vorstellen können, ein solches Gespräch telefonisch zu führen.<br />

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Gesprächskonstellationen<br />

eher unergiebig sind. In der Regel entsteht eine eher unangenehme<br />

Situation, in der vier Anwesende über eine Person sprechen, die ein<br />

<strong>Coaching</strong> braucht, was dazu führt, dass die wirklich kritischen Themen<br />

gar nicht auf den Tisch kommen.<br />

Als zielführend hat sich erwiesen, wenn der Klient mit einer ersten,<br />

mehr oder weniger differenzierten Indikation („Sie erzeugen als Führungskraft<br />

nicht genügend Durchsetzungskraft – bitte besprechen Sie<br />

dieses Thema mit einem Coach“) in das Erstgespräch mit dem Coach<br />

geschickt wird, um im Auftragsklärungsgespräch die Ausgangslage zu<br />

analysieren, das Thema und Ziel für das <strong>Coaching</strong> zu definieren und<br />

einen Lösungsweg zu skizzieren. Im Anschluss an das Auftragsklärungsgespräch<br />

hält dann der Coach Thema, Ziel und Lösungsweg kurz<br />

schriftlich fest und stellt dieses als Angebot dem Klienten zur Verfügung.<br />

Dieser prüft das Angebot zunächst auf etwaige Missverständnisse<br />

und legt es dann seinem Vorgesetzten und/ oder der Personalabteilung<br />

zur Genehmigung vor. Diese prüfen nun ihrerseits vor der Freigabe, ob<br />

die Indikation, die zum <strong>Coaching</strong> geführt hat, aus ihrer Sicht richtig<br />

erfasst und Erfolg versprechend bearbeitet wird. Im Zweifel gehen<br />

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Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Klient und Coach mit der Auftragsklärung in die zweite Runde und<br />

klären die noch offenen Punkte. Teil der Auftragsklärung kann auch<br />

sein, dass der Coach von dem Vorgesetzten ein Briefing erhält und sich<br />

dessen Sicht der Dinge schildern lässt. Auch solche Gespräche im<br />

Umfeld der Auftragsklärung lassen sich ohne Probleme am Telefon<br />

führen.<br />

Was gilt es bei der Auftragsklärung am Telefon zu beachten?<br />

Auch für das Auftragsklärungsgespräch gilt das oben unter Die Vorbereitung<br />

des Klienten auf das Tele<strong>Coaching</strong>, Gestaltung des Gesprächsrahmens<br />

und Gesprächsführung am Telefon Gesagte. Für die Auftragsklärung sollte<br />

ein Zeitrahmen von 45 bis 60 Minuten eingeplant werden.<br />

Dieses Gespräch sollte nicht gesondert abgerechnet sondern in den<br />

<strong>Coaching</strong>-Plan eingepreist werden. Kommt es nicht zur Beauftragung,<br />

dann ist das Gespräch als Akquisitionsgespräch zu verbuchen.<br />

Entscheidend für die Auftragsklärung am Telefon ist, dass der Coach<br />

das Vertrauen des Klienten gewinnt. Hierbei sind drei Aspekte entscheidend,<br />

jeweils aus der Perspektive des Klienten betrachtet 29 :<br />

• Der Grad der Präsenz des Coachs am Telefon. – Hier geht es um<br />

die Fokussierung des Coachs und aktives Zuhören, wodurch sich<br />

erst der Klient in den Mittelpunkt des Gesprächs gerückt sieht.<br />

Ungeteilte und dabei wertschätzende Aufmerksamkeit wird Menschen<br />

im Geschäftsleben in der Regel nur ausnahmsweise zuteil<br />

und stellt für Klienten bereits einen Wert an sich dar.<br />

• Der Umfang des Verständnisses des Coachs von der<br />

Problemsituation. – Der Klient erwartet, dass der Coach in kurzer<br />

Zeit aufgrund seiner Mitteilungen eine Vorstellung von dem<br />

Problemgefüge gewinnt. Der Klient spürt schnell, ob der Coach<br />

kluge oder dumme Fragen stellt. Kluge Fragen bringen beiden<br />

Gesprächsteilnehmern Erkenntnisse, dumme Fragen nur dem<br />

Coach. Dumme Fragen sind nur in begrenztem Umfang erlaubt<br />

und führen schließlich zu Vertrauensverlust.<br />

29 Zur Vertrauensbildung vgl. Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(S. 108 ff).<br />

97


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• Die Höhe des Nutzens, den der Coach durch seine Fragen und<br />

Interventionen in das Gespräch hinein gibt. - Gerade beim Nutzen<br />

sollte sich der Coach im Erstgespräch nicht zurückhalten.<br />

Der Klient empfindet jede Information, die er in das Gespräch<br />

einspeist, als eine Investition, für die er einen Nutzen in Form<br />

von neuen Einsichten erhalten möchte. Diese sollten schon im<br />

Erstgespräch durch den Coach erzeugt werden. Denn so<br />

bekommt der Klient eine Vorstellung davon, was ihm das<br />

<strong>Coaching</strong> persönlich bringen kann.<br />

Diese drei Aspekte gelten prinzipiell auch für das Präsenz<strong>Coaching</strong>,<br />

deren Nichtbeachtung sich allerdings am Telefon aufgrund der Labilität<br />

der Beziehung drastischer auswirkt. Wie kann der TeleCoach das Auftragsklärungsgespräch<br />

unter Berücksichtigung dieser Aspekte führen?<br />

• Zu Beginn des Gesprächs sollte der Coach dem Klienten die<br />

Möglichkeit geben, Fragen zu seiner Person zu stellen. In der<br />

Regel hat sich der Klient bei der Coachauswahl ein Bild verschafft,<br />

so dass an dieser Stelle nicht viele Fragen kommen. Der<br />

Klient ist jetzt vielmehr daran interessiert, den Coach im direkten<br />

Gespräch zu erleben.<br />

• Sodann sollte der Coach den Klienten nach seinem Anliegen fragen<br />

(„Was kann ich für Sie tun?“, „Was führt Sie zu mir?“). Entweder<br />

stellt der Klient jetzt noch Fragen zum Prozess – diese<br />

sollten dann kurz und prägnant beantwortet werden, um dann die<br />

Aufmerksamkeit auf das Anliegen des Klienten zu richten. Oder<br />

der Klient beginnt direkt sein Gesprächsanliegen darzulegen, was<br />

sehr häufig passiert, da die Halbanonymität am Telefon es vielen<br />

erleichtert, sich zu öffnen. In diesem Fall sollte der Klient alle<br />

Erläuterungen zum Prozess hintanstellen.<br />

• Jetzt kommt es darauf an, dass der Coach, während er sich selbst<br />

durch aktives Zuhören das Thema erschließt, dem Klienten zu<br />

einem vertieften Verständnis seiner Problemlage verhilft. Dazu<br />

gehört, das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten<br />

und den Klienten zu ermuntern, unterschiedliche Standpunkte<br />

einzunehmen. Am Ende dieser Gesprächsphase sollte der Coach<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

das Thema des Klienten in seinen Worten kurz zusammenfassen<br />

und um Bestätigung bitten.<br />

• Im nächsten Schritt gilt es ein <strong>Coaching</strong>-Ziel zu definieren. Hier<br />

helfen Fragen wie: „Wann wäre aus Ihrer Sicht das <strong>Coaching</strong> ein<br />

Erfolg?“ Auch hier ist es Aufgabe des Coachs, Stichworte oder<br />

Satzfragmente des Klienten zu prägnanten Aussagen zusammenzufassen<br />

und sich durch Nachfragen bestätigen zu lassen.<br />

• Der Klient ist nun interessiert zu erkennen, in welchen Schritten<br />

der Zielzustand durch das <strong>Coaching</strong> herbeigeführt werden kann.<br />

Hier ist der Coach gefordert, sinnvolle, für den Klienten nachvollziehbare<br />

Arbeitsschritte zu beschreiben, über die das Ziel<br />

erreicht werden kann. Daneben sollte der Coach dem Klienten in<br />

aller Kürze und in einfachen Worten seine Arbeitsweise<br />

beschreiben und auch die Verantwortung des Klienten für das<br />

Gelingen des <strong>Coaching</strong>-Prozesses verdeutlichen. Auch eine Einschätzung<br />

über Zeitaufwand und Dauer des Prozesses gehören<br />

hierher. Diese Gesprächsphase ist dann gelungen, wenn der<br />

Klient neugierig wird und Zuversicht und Vorfreude auf den<br />

gemeinsamen Prozess entwickelt.<br />

• Wichtig ist, dass der Coach seinen Prozessvorschlag kommentieren<br />

lässt („Meinen Sie, dass wir auf diesem Weg das <strong>Coaching</strong>-<br />

Ziel erreichen können?“). Dies ist die Einladung an den Klienten,<br />

etwaige Verständnisfragen oder auch Zweifel zu äußern, auf die<br />

der Coach dann entsprechend eingehen kann.<br />

• Zum Schluss des Gespräches sollte der Coach unter Berücksichtung<br />

der firmenspezifischen Prozesse das weitere Vorgehen skizzieren:<br />

Abfassung eines Angebots auf dem Hintergrund des<br />

Besprochenen (s. u.). Prüfung des Angebots durch den Klienten<br />

und Berücksichtung etwaiger Änderungswünsche durch den<br />

Coach. Abstimmung des Angebots mit den internen Auftraggebern<br />

und anschließender Beginn der Arbeit. Dabei sollte es zu<br />

konkreten Vereinbarungen kommen: Bis wann erstellt der Coach<br />

das Angebot? Bis wann gibt der Klient Feedback?<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• Wenn möglich sollte der Coach gegen Ende der Auftragsklärung<br />

bereits einen Termin für ein erstes Arbeitsgespräch vereinbaren,<br />

das dann bei Auftragserteilung durch den Klienten bestätigt wird.<br />

Das verringert den Abstimmungsaufwand und gibt dem Auftragsklärungsgespräch<br />

eine größere Verbindlichkeit.<br />

• Wie in der Präsenz-Situation gilt auch beim Tele<strong>Coaching</strong>, dass<br />

nicht jeder Coach zu jedem Klienten passt, dass aber der Coach<br />

durch eine professionelle Anpassungsfähigkeit dem Klienten sehr<br />

weit entgegenkommen kann. Grundsätzlich lässt sich jedoch<br />

sagen, dass, wenn Coach und Klient am Telefon nicht zueinander<br />

finden, dies zumeist auch in der persönlichen Begegnung nicht<br />

gelingt.<br />

Der Tele<strong>Coaching</strong>-Vertrag<br />

Ein schriftlicher <strong>Coaching</strong>-Vertrag stärkt die am Telefon tendenziell<br />

labilere Beziehung zwischen Coach und Klient 30 . Er gibt der Arbeit für<br />

alle Beteiligten, also auch für die eventuellen Auftraggeber, einen Rahmen<br />

und ein klares Ziel. Der Vertrag wirkt Missverständnissen zwischen<br />

Coach und Klient, aber auch in Richtung der Auftraggeber entgegen,<br />

indem er das <strong>Coaching</strong>-Thema, das Ziel und die notwendigen<br />

Prozessschritte klar benennt.<br />

Der mündlichen Kommunikation über das Telefon entspricht die<br />

schriftliche per E-Mail. Der Vertrag kann schlicht per E-Mail<br />

aufgesetzt und mit einer aussagekräftigen Signatur (Absender)<br />

verschickt werden.<br />

Der <strong>Coaching</strong>-Vertrag sollte durch den Coach aufgesetzt werden.<br />

Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Coach das Anliegen des<br />

Klienten im Auftragsklärungsgespräch richtig verstanden hat. Der<br />

Klient ist anschließend aufgefordert, den <strong>Coaching</strong>-Plan gründlich<br />

gegenzulesen und auf Missverständnisse hin zu prüfen, diese gegebe-<br />

30 Vgl. S. 55.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

nenfalls durch den Coach korrigieren zu lassen und dann entsprechend<br />

den internen Prozessen des Auftraggebers genehmigen zu lassen.<br />

Beispiel <strong>Coaching</strong>-Vertrag<br />

Sehr geehrte Frau Müller,<br />

Nach unserem Erstgespräch vom vergangenen Mittwoch bedanke<br />

ich mich zunächst für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Im<br />

Weiteren erhalten Sie auf Basis des Besprochenen meinen Vorgehensvorschlag<br />

für unsere Zusammenarbeit:<br />

Ausgangslage<br />

Besonders dann, wenn die Abteilung zeitlich unter Druck steht (das<br />

ist häufig bei Bilanz-Abschlussarbeiten der Fall) stellen Sie fest, dass<br />

die Kommunikation mit Ihrem Vorgesetzten in einer Weise eingeschränkt<br />

ist, dass Sie sich durch fehlende Abstimmung und Wertschätzung<br />

Ihrer Arbeit in Ihrer Arbeitszufriedenheit beeinträchtigt<br />

fühlen. Das führt wiederum Ihrerseits in solchen Phasen zu einem<br />

Sozialverhalten, das von Ihrem Vorgesetzten als angespannt und<br />

teilweise aggressiv wahrgenommen wird. Aus Sicht Ihres Vorgesetzten<br />

und Ihrer Kollegen geben Sie sich so den Anschein, als wären Sie<br />

dem Stress nicht hinreichend gewachsen. So gab es seitens Ihres<br />

Vorgesetzten den Hinweis, Ihre Stressresistenz aktiv zu verbessern.<br />

Zielsetzung<br />

Durch ein Tele<strong>Coaching</strong> sollen folgende Ziele erreicht werden:<br />

1. Konstruktiver Umgang mit Stresssituationen und Phasen, in denen<br />

der Vorgesetzte nur eingeschränkt als Ansprechpartner zur Verfügung<br />

steht.<br />

2. Bessere Nutzung der vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten<br />

mit dem Vorgesetzten und den Kollegen durch ein verbessertes<br />

Kommunikationsverhalten.<br />

3. Wiederherstellung der Arbeitszufriedenheit.<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

In folgenden Schritten soll die Zielsetzung realisiert werden:<br />

1. Vertieftes Verständnis der Ausgangssituation.<br />

2. Analyse vorhergehender Arbeitsverhältnisse hinsichtlich der Themen<br />

Kommunikationsverhalten und Wertschätzung.<br />

101


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

3. Hinterfragen und weiterentwickeln der persönlichen Auffassung<br />

von Arbeitszufriedenheit.<br />

4. Vertieftes Verständnis der Erwartungen Ihres Vorgesetzten an<br />

eine erfolgreiche Zusammenarbeit.<br />

5. Identifikation von Spielräumen für eine zeitliche und qualitative<br />

Intensivierung Ihrer Kommunikation mit Ihrem Vorgesetzten.<br />

6. Einübung von Techniken, Handlungsspielräume im Arbeitsalltag<br />

zu erkennen und aktiv zu nutzen.<br />

Zeitrahmen & Honorar<br />

Das erforderliche Zeitbudget liegt bei voraussichtlich acht Stunden<br />

(inkl. Auftragsklärung) auf Basis eines Stundenhonorars von<br />

xxx EUR. Die Honorarabrechnung erfolgt nach Auftragserteilung<br />

mit einem Zahlungsziel von xx Tagen.<br />

Das <strong>Coaching</strong> sollte in drei Monaten abgeschlossen sein.<br />

Die <strong>Coaching</strong>-Termine werden zwischen den Teilnehmern frei vereinbart<br />

und können einvernehmlich verschoben werden.<br />

Die <strong>Coaching</strong>-Gespräche finden telefonisch statt. Persönliche Treffen<br />

sind aufgrund der Themenstellung nicht erforderlich.<br />

Für Rückfragen und etwaige Änderungswünsche stehe ich Ihnen<br />

gerne zur Verfügung. Sofern das Angebot Ihren Erwartungen entspricht,<br />

leiten Sie es bitte an Ihren Vorgesetzten mit der Bitte um<br />

Freigabe weiter. Meinerseits können wir unsere Zusammenarbeit<br />

unmittelbar nach Freigabe beginnen.<br />

Freundliche Grüße<br />

Für den Fall, dass ein oder mehrere Treffen erforderlich sind, sollten<br />

Hinweise zur Reisekostenabrechnung mit in den Vertrag aufgenommen<br />

werden (Flug, Bahn, Kilometerpauschalen). Zu bedenken ist auch, dass<br />

insbesondere bei längerer Anreise durch den Coach leicht ein halber bis<br />

ein ganzer Tag durch den Coach budgetiert werden muss und damit<br />

das Stundenkontingent schnell anschwillt. Auf persönliche Treffen<br />

sollte daher nach Möglichkeit verzichtet werden bzw. sollten diese auf<br />

ein Minimum beschränkt werden.<br />

102


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Dokumentation des Tele<strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

Jeder <strong>Coaching</strong>-Prozess sollte durch den Coach lückenlos dokumentiert<br />

werden, nicht nur als Gedächtnisstütze und zur schnellen Orientierung<br />

für den Coach, sondern auch als Nachweis gegenüber dem<br />

Auftraggeber. Die Dokumentation hat folgende Bestandteile:<br />

• Wie oben beschrieben enthält der <strong>Coaching</strong>-Vertrag den<br />

<strong>Coaching</strong>-Anlass, die Zielsetzung, die notwendigen Prozessschritte<br />

sowie den benötigten Zeitrahmen.<br />

• In der <strong>Coaching</strong>-Historie sind alle <strong>Coaching</strong>-Gespräche mit<br />

Datum, Gesprächsbeginn und -ende dokumentiert sowie ggf. der<br />

Gesprächsort. Die <strong>Coaching</strong>-Historie sollte zur Dokumentation<br />

gegenüber dem Auftraggeber separat ausgedruckt werden können.<br />

Alternativ kann dem Klienten als Beleg nach jedem<br />

Gespräch eine E-Mail geschickt werden, bei der in der Betreff-<br />

Zeile Datum und Dauer des Gesprächs notiert wird. Diese<br />

Belege sollten dann in einem separaten E-Mailordner abgelegt<br />

werden.<br />

• Neben dem Gesprächsthema sollte der Coach wichtige Inhalte in<br />

Stichworten sowie Vereinbarungen festhalten, um sich zu Beginn<br />

eines Gesprächs schnell orientieren zu können. Anders als im<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong>, wo der Coach nur handschriftliche Notizen<br />

anfertigen kann, erlaubt die Arbeit am Telefon die Benutzung des<br />

Computers, so dass Gesprächsnotizen z. B. direkt in die elektronische<br />

Kundenkarte eingetragen und weiter verarbeitet werden<br />

können.<br />

• Jeder <strong>Coaching</strong>-Prozess sollte mit einer schriftlichen Bewertung<br />

abgeschlossen werden (s. u.). Manche Unternehmen haben ihrerseits<br />

einen Evaluationsprozess implementiert. Der Coach sollte<br />

davon eine Kopie erhalten. Ansonsten sollte er von sich aus eine<br />

Evaluation initiieren.<br />

• Bestandteil der Dokumentation ist darüber hinaus der gesamte E-<br />

Mailverkehr zwischen Coach, Klient und Auftraggebern.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Die nachstehende Abbildung zeigt das Beispiel einer Kundenkarte.<br />

<strong>Coaching</strong>-<br />

Monitor<br />

Name: Musterfrau<br />

Vorname: Marion<br />

Firma: Muster AG<br />

Job-Titel: Referentin Steuern<br />

Abteilung: Steuern<br />

Vorgesetzter: Dr. Martin Mustermann<br />

Stellenbezeichnung: Leiter Steuern<br />

HR-Kontakt: Petra Musterfrau<br />

<strong>Coaching</strong> Historie<br />

Nr Datum Start Ende Dauer Ort/ Medium Thema Notizen Vereinbarungen<br />

1 15.04.09 13:00 13:45 00:45<br />

2 24.04.09 10:00 11:35 01:35<br />

Telefon Auftragsklärung siehe separate Mitschrift - Klientin zeigt sich Erstellung <strong>Coaching</strong>-Vertrag bis 16.4<br />

skeptisch und neugierig; ist bereit sich auf das Feedback durch Klientin bis 17.4<br />

<strong>Coaching</strong> einzulassen<br />

Telefon Vertieftes Verständnis der Ausgangssituation siehe separate Mitschrift - Klientin sieht zunächst Klientin holt Feedback hinsichtlich<br />

Hauptschuld bei Vorgesetztem; erst nach und Kommunikationsverhalten bei zwei Kollegen ein<br />

nach sieht sie ihren Beitrag zur Situation<br />

3 29.04.09 13:30 14:45 01:15<br />

Telefon<br />

Analyse vorhergender Arbeitsverhältnisse<br />

hinsichtlich der Themen<br />

Kommunikationsverhalten und W ertschätzung<br />

siehe separate Mitschrift - Das Verhältnis zu<br />

Kollegen ist unbelastet; das Problem ist die<br />

scheinbar mangelnde Wahrnehmung und<br />

Wertschätzung durch den Vorgesetzten<br />

Klientin reflektiert ihre persönlichen<br />

Motivationsfaktoren und beruflichen<br />

Zielsetzungen; Reflektion der persönlichen<br />

Stressfaktoren<br />

4 06.05.09 10:00 10:45 00:45<br />

Telefon<br />

Hinterfragung und W eiterentwicklung der<br />

persönlichen Auffassung von<br />

Arbeitszufriedenheit<br />

siehe separate Mitschrift - Klientin hat für den Klientin erstellt "Kundenprofil" von ihrem<br />

Augenblick keine weiteren Karriere-Ambitionen; Vorgesetzten<br />

will sehr gute Performance bei guter Work-Life-<br />

Balance liefern<br />

5 1<strong>2.0</strong>6.09 09:00 09:40 00:40<br />

Telefon<br />

Vertieftes Verständnis der Erwartungen des<br />

Vorgesetzten an eine erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit<br />

siehe separate Mitschrift - Umdeutung Klientin versucht sich im Alltag auf die<br />

Vorgesetzten-Mitarbeiterverhältnis in ein Kunden- Kommunikationsbedürfnisse des Vorgesetzten<br />

Dienstleisterverhältnis löst aha-Erlebnis aus einzustellen und notiert ihre Erfahrungen damit<br />

6 16.06.09 15:00 16:30 01:30<br />

7 13.07.09 15:00 15:45 00:45<br />

Telefon<br />

Telefon<br />

Indentifikation von Spielräumen für eine zeitliche Klientin sieht zusätzliche<br />

Klientin überlegt, wie sie persönliche Interessen<br />

und qualitative Intensivierung der Kommunikation Kommunikationsmöglichkeiten mit dem und Kundeninteressen miteinander verbinden<br />

mit dem Vorges et zt en<br />

Vorgesetzten zu Randzeiten und telefonisch kann<br />

während Autofahrten<br />

Einübung von Techniken, Handlungsspielräume siehe separate Mitschrift - Klientin erhält erstes Klientin plant Gespräch mit dem Vorgesetzten<br />

im Arbeitsalltag zu erkennen und zu nutzen positives Feedback aus ihrem Arbeitsumfeld zur Abstimmung der künftigen Zusammenarbeit<br />

8 29.07.09 14:00 14:45 00:45<br />

Telefon Follow-up siehe separate Mitschrift - Gespräch mit<br />

Vorgesetztem ist erfolgreich verlaufen<br />

Klientin evaluiert <strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

In einem halben Jahr nochmals Kontakt<br />

aufnehmen und Entwicklungsstand abfragen<br />

Total 08:00<br />

Budget 08:00<br />

Abbildung 5: <strong>Coaching</strong>-Monitor<br />

Werden für einen Auftraggeber mehrere <strong>Coaching</strong>-Mandate ausgeführt,<br />

dann kann sich die Installation eines zentralen webbasierten<br />

<strong>Coaching</strong>-Monitors lohnen. Dabei werden alle Mandate zentral in einer<br />

Stammdatendatei erfasst und alle relevanten Dokumente mit dieser<br />

Datei verlinkt. Auf diese Weise können sich alle Beteiligten im Rahmen<br />

ihrer Einsichtsberechtigungen jederzeit einen Überblick über den Status<br />

eines <strong>Coaching</strong>-Mandats verschaffen. Die detaillierte Beschreibung<br />

solcher Tools würde allerdings den Rahmen dieses Buches sprengen.<br />

Evaluation des Tele<strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

Alle Beteiligten sind am Ende eines <strong>Coaching</strong>-Prozesses interessiert<br />

zu erfahren, inwieweit die mit dem Tele<strong>Coaching</strong> verbundenen Zielsetzungen<br />

schließlich erreicht worden sind. Da <strong>Coaching</strong> zumeist im<br />

104


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Business-Kontext stattfindet, sind hierfür sowohl die Einschätzung des<br />

Klienten als auch die des Vorgesetzten maßgeblich, der aufgrund seiner<br />

Nähe zum Mitarbeiter Verhaltensänderungen zeitnah beobachten kann.<br />

Daher sollte sich die Evaluation in folgenden Schritten vollziehen.<br />

1. Coach und Klient sollten – wie auch sonst üblich – im letzten<br />

Gespräch den <strong>Coaching</strong>-Prozess Revue passieren lassen und gemeinsam<br />

wertschätzend auf die ursprünglichen Ziele und das zwischenzeitlich<br />

Erreichte schauen. Noch offene Entwicklungsbereiche sollten<br />

benannt und Verabredungen getroffen werden, wie diese weiter bearbeitet<br />

werden können. Es ist gut, wenn nach offizieller Beendigung des<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesses noch der Raum für ein Follow-up-Gespräch vorhanden<br />

ist, das nach drei bis sechs Monaten geführt wird und so die<br />

Nachhaltigkeit des Erreichten überprüft.<br />

2. Nach dem offiziellen Abschluss des <strong>Coaching</strong>s sollte eine schriftliche<br />

Evaluation des <strong>Coaching</strong>-Prozesses durch den Klienten vorgenommen<br />

werden. Zu diesem Zweck erhält der Klient per E-Mail ein<br />

Formblatt, das die vereinbarten Ziele enthält sowie die Möglichkeit,<br />

jedes der Ziele hinsichtlich des Erreichten sowie der eventuell noch<br />

offenen Punkte anhand von Praxisbeispielen zu kommentieren. Zudem<br />

sollte der Klient aufgefordert werden, die Leistung des Coachs anhand<br />

von Schulnoten zu bewerten und zu kommentieren. Bewährt haben<br />

sich diese vier Fragen:<br />

• Hat der Coach eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen können?<br />

• Haben Sie sich verstanden gefühlt?<br />

• Wurde die verfügbare Zeit effizient genutzt?<br />

• Inwiefern hat Ihnen das <strong>Coaching</strong> geholfen?<br />

Die Versendung des Formulars kann entweder durch die Personalabteilung<br />

oder durch den Coach selbst erfolgen. Alle Prozessbeteiligten<br />

erhalten eine Kopie der Auswertung.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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BORA TeleCoachNetwork<br />

Feedback-Formular Klient<br />

Name of Coachees Marion Musterfrau<br />

Funktion/ Unternehmen Referentin Steuern, Muster AG<br />

Datum der Beurteilung 06. August 2009<br />

Vereinbarte Ziele<br />

1. Konstruktiver Umgang<br />

mit Stresssituationen und<br />

Phasen, in denen der<br />

Vorgesetzte nur<br />

eingeschränkt als<br />

Ansprechpartner zur<br />

Verfügung steht. 2<br />

2. Bessere Nutzung der<br />

vorhandenen<br />

Kommunikationsmöglichkeiten<br />

mit dem<br />

Vorgesetzten und den<br />

Kollegen durch ein<br />

verbessertes<br />

Kommunikationsverhalten.<br />

Wiederherstellung der<br />

Arbeitszufriedenheit<br />

Bitte kommentieren Sie kurz und prägnant:<br />

1. Ihre Entwicklungsfortschritte<br />

2. Bereiche, wo Sie sich weiter verbessern wollen<br />

Ich sehe meinen Vorgesetzten mehr als bisher als Kunden und mich selbst als<br />

Dienstleister. In dieser Rolle bin ich mir der Qualität meiner Leistungen bewusst und<br />

achte insbesondere bei der Weitergabe von fachlichen Informationen und<br />

1<br />

Arbeitsergebnissen auf Wesentlichkeit und Entscheidungsrelevanz, so dass mein<br />

Vorgesetzter bei einem geringen Zeitaufwand einen möglichst hohen Mehrwert aus<br />

meinen Arbeitsergebnissen für sich ziehen kann.<br />

Ich werde meine Professionalität in Hinblick auf Präzision und Präsentation der<br />

vermittelten Arbeitsergebnisse noch optimieren. Ich werde mir in Stresssituationen die<br />

grundsätzliche Wertschätzung meiner Arbeit durch das Unternehmen bewusst machen<br />

und mich auf diese Weise von meinem Wunsch nach unmittelbaren Lob und<br />

Anerkennung emanzipieren.<br />

Da ich ein Team-Player bin, ist mir ein regelmäßiger fachlicher Austausch mit Kollegen<br />

und Vorgesetztem sowie eine inhaltliche Abstimmung bei komplexen Aufgabenstellung<br />

1 grundsätzlich sehr wichtig. Durch eine proaktive Arbeitsweise versuche ich mehr<br />

Effizienz und Strukturierung zu erreichen und dadurch den Erwartungen meines<br />

Vorgesetzten mehr gerecht zu werden.<br />

Ich werde mich bei der Strukturierung sehr komplexer Sachverhalte und im inhaltlichen<br />

Ausdruck bei schriftlichen Stellungnahmen weiter verbessern.<br />

2 Kritik meines Vorgesetzten werde ich anstatt als mangelnde Wertschätzung vielmehr<br />

als Anstoß zur Effizienzsteigerung und Verbesserung der eigenen Professionalität<br />

sehen.<br />

Das <strong>Coaching</strong> hat bei mir insbesondere das Bewusstsein geweckt, dass ich negativem<br />

Stress und einer dadurch verursachten Unzufriedenheit nur durch eine Verbesserung<br />

der eigenen Professionalität entgegenwirken kann. Arbeitszufriedenheit entsteht, wenn<br />

1<br />

ich mit meinen Arbeitsergebnissen zufrieden sein kann. Hierbei erlebe ich mich als<br />

Gestalter der Beziehung zu meinem Vorgesetzten, nicht als deren Opfer. Hierbei sehe<br />

ich erste Erfolge.<br />

Die weitere Professionalisierung wird langfristig die fachliche Zusammenarbeit und die<br />

2 Kommunikation mit meinem Vorgesetzten verbessern und auch zu einer Erhöhung<br />

seiner Wertschätzung meiner Arbeit und des Vertrauens mir gegenüber führen.<br />

Allgemeine Kommentare hinsichtlich der Bedeutung des <strong>Coaching</strong>s für die weitere Entwicklung; Empfehlungen<br />

Das Erreichen der <strong>Coaching</strong>-Ziele hilft mir, mich langfristig als Steuerexperte und gesuchter Ansprechpartner im<br />

Unternehmensumfeld zu positionieren.<br />

Beurteilung des <strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

Hat der Coach eine Atmosphäre des Vertrauens<br />

schaffen können?<br />

Skala<br />

(+) 1-5 (-)<br />

Haben Sie sich verstanden gefühlt? 1 Ja<br />

Wurde die verfügbare Zeit effizient genutzt? 2<br />

Inwiefern hat Ihnen das <strong>Coaching</strong> geholfen? 1<br />

Gesamtbeurteilung 1<br />

1<br />

Ihr Kommentar<br />

Meine anfängliche Skepsis habe ich schnell<br />

abgelegt.<br />

Wir sollten in einem halben Jahr nochmals eine<br />

Gesprächsmöglichkeit haben.<br />

Ich habe meine Arbeitszufriedenheit deutlich<br />

verbessern können.<br />

Abbildung 6: Feedback-Formular<br />

106


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

3. Parallel zum Klienten erhält der Vorgesetzte das Bewertungsformular<br />

per E-Mail zugeschickt. Ergänzend zu dem Klienten-Formular<br />

sollte der Vorgesetzte die Möglichkeit haben, die Erreichung der einzelnen<br />

<strong>Coaching</strong>-Ziele nicht nur zu kommentieren, sondern auch zu<br />

quantifizieren. Dies gibt dem <strong>Coaching</strong>-Prozess von vornherein eine<br />

klare Ergebnisorientierung, fordert allerdings auch, dass die Ziele im<br />

<strong>Coaching</strong>-Vertrag sorgfältig definiert sind. Abweichend von dem<br />

Klienten-Formular entfällt natürlich die Prozess-Bewertung mit den<br />

vier Fragen. Auch die Beurteilung des Vorgesetzten erhalten alle Prozessbeteiligten<br />

in Kopie.<br />

4. Die schriftlichen <strong>Coaching</strong>-Beurteilungen sollten schließlich die<br />

Grundlage für ein Abschlussgespräch zwischen Klient und Vorgesetztem<br />

ggf. unter Hinzuziehung eines Vertreters der Personalabteilung<br />

bilden. In diesem berichtet der Klient von dem Prozess und seinen<br />

Erkenntnissen und der Vorgesetzte gibt seinerseits ein Feedback.<br />

Anschließend werden die Bedeutung des <strong>Coaching</strong>s für die Zukunft<br />

besprochen sowie eventuelle weitere Entwicklungsschritte vereinbart.<br />

Die Verabredung eines weiteren Follow-up-Gesprächs sichert die<br />

Nachhaltigkeit der <strong>Coaching</strong>-Maßnahme.<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Coach an<br />

einer solchen Schlussbesprechung teilnehmen sollte. Bei einem Einzel-<br />

<strong>Coaching</strong> ist das meines Erachtens nicht erforderlich. Das <strong>Coaching</strong> ist<br />

ja abgeschlossen und der Klient sollte in dem Abschlussgespräch jetzt<br />

für sich selbst frei sprechen können. Ist das nicht der Fall, dann ist das<br />

<strong>Coaching</strong> im eigentlichen Sinn noch nicht beendet.<br />

107


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

__________________________________________________<br />

Fern und doch ganz nah –<br />

Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

<strong>Coaching</strong> per Telefon ist geeignet, obwohl oder gerade weil die<br />

Gesprächspartner sich nicht sehen, eine vertrauensvolle und intensive<br />

Arbeitsbeziehung aufzubauen.<br />

In diesem Kapitel wird die These begründet, dass es Vorteile in einer<br />

<strong>Coaching</strong>-Beziehung hat, wenn man sich nicht sieht. Das augenscheinliche<br />

Fehlen von scheinbar wichtigen Informationen hat weniger<br />

Bedeutung als allgemein angenommen. Gerade am Telefon entsteht<br />

eine außergewöhnliche Qualität von partnerschaftlicher, tiefer und<br />

vertrauensvoller Beziehung.<br />

Beim Lesen werden Sie bemerken, dass Sie immer wieder als Coach<br />

angesprochen werden. Dahinter liegt die Vermutung, dass Sie vor allem<br />

als Coach an den folgenden Ausführungen interessiert sind. Sollten Sie<br />

sich nicht zu diesem Personenkreis zählen, lade ich Sie ein, sich trotzdem<br />

als solcher ansprechen zu lassen. Denn eigentlich tragen wir alle<br />

ein „Coach-sein“ in uns und sind tatsächlich immer wieder Coach für<br />

uns selbst und andere.<br />

Frei von Bildern dem Anderen begegnen<br />

Als Coach, der seit Jahren fast ausschließlich am Telefon arbeitet, ist<br />

es für mich normal, Kunden nicht persönlich zu begegnen. Die Frage,<br />

wie vertrauensvolle Beziehungen zu Menschen übers Telefon entstehen,<br />

war deshalb erst einmal nicht leicht zu beantworten. Wie geschieht<br />

dieses für mich Alltägliche? Wodurch entsteht eine besondere Vertrauensbeziehung<br />

gerade dann, wenn Coach und Kunde sich nie gesehen<br />

haben und sich vermutlich auch nicht sehen werden?<br />

108


III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

__________________________________________________<br />

Wenn ich von der Tätigkeit als TeleCoach erzähle, schütteln viele<br />

Menschen den Kopf. Es scheint für die meisten Kollegen oder Personen,<br />

die viel mit <strong>Coaching</strong> zu tun haben, kaum vorstellbar. „Es ist doch<br />

wichtig, sich zumindest ein Mal gesehen zu haben“, so die meist vertretene<br />

Ansicht. Die Erfahrung zeigt: „Nein, ist es nicht; im Gegenteil,<br />

gerade das Nicht-Sehen eröffnet eine besondere Art von <strong>Coaching</strong>-<br />

Partnerschaft!“<br />

Auf die Frage, warum gerade über das Telefon ein besonderes Vertrauen<br />

entstehen kann, bietet sich folgende Assoziation an: Sie lesen ein<br />

Buch, dass Ihnen wirklich gefällt. Anschließend sehen Sie sich den Film<br />

dazu an. In den meisten Fällen sind Sie enttäuscht. Warum? Das Buch<br />

gab Ihnen die Möglichkeit, sich Ihre eigene Rahmengeschichte zu<br />

erfinden. Diese ist sehr besonders, einzigartig, vielfältig, kreativ. Sie<br />

haben Ihre ganz persönliche Beziehung zur Hauptfigur des Buches und<br />

eine besonders tiefe Botschaft für sich selbst. Ändern sich Aspekte und<br />

Botschaften während des Lesens, sind Sie ganz frei, Ihre Kreation zu<br />

verändern und völlig neu zu gestalten. In dem Augenblick, wo wir das<br />

Gehörte mit einem Bild verbinden, wird es „fester“. Haben wir den<br />

Film gesehen, können wir das Buch nicht mehr mit den gleichen<br />

Augen „lesen“ wie vorher.<br />

Diese Aspekte lassen sich auf <strong>Coaching</strong> per Telefon übertragen. Der<br />

Kunde erlebt seinen persönlichen Coach als einzigartig und sehr<br />

besonders. Die Intensität und häufig auch die Intimität, die am Telefon<br />

entsteht, bekommt eine Offenheit und Tiefe, die in einer räumlichen<br />

Begegnung kaum vorstellbar ist. Auch hat die Partnerschaft am Telefon<br />

etwas „leichtes und freies“. Von der Kreation des Super-Coachs bis hin<br />

zum Erleben einer Einfachheit von Beziehung entsteht eine große<br />

Bandbreite von Begegnungs- und Beziehungsmöglichkeiten. Der<br />

gewohnte Kontakt übers Telefon erzeugt eine niedrige Schwelle, in<br />

besonderen Situationen auch kurzfristig und häufig in Kontakt zu sein.<br />

Es ist ein Privileg, so nahe und unterstützend im Leben eines Menschen<br />

sein zu dürfen. Das Sich-Nicht-Sehen erleichtert dies enorm.<br />

Der Kunde hat, wie bei der Identifikation mit der Hauptfigur eines<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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Buches, den Raum sich seinen „Ideal-Coach“ zu kreieren und bringt<br />

dadurch viele positive Impulse in die gemeinsame Arbeit. Natürlich<br />

könnte der Leser anmerken, dass der Kunde seinen Coach in gewisser<br />

Weise idealisiert. Ja natürlich, das passiert jedem Coach immer wieder.<br />

Wir können am Telefon mit einer gewissen Leichtigkeit damit spielen,<br />

es ansprechen, die Energie nutzen. Wir wissen sozusagen, dass wir in<br />

einer Illusion leben. Das schafft eine außergewöhnliche Energie, die<br />

sich positiv auswirkt.<br />

Es macht Freude, dass über das Telefon häufig eine Beziehung entsteht,<br />

in der der Kunde eine besondere Verbindung und Verpflichtung<br />

für die eigenen Belange in einer Qualität erlebt, wie er sie in seinem<br />

Leben sonst noch nicht erlebt hat.<br />

Ein zweiter Aspekt: Der Volksmund sagt „ein Bild sagt mehr als tausend<br />

Worte“. Das hat sicher seine Berechtigung, doch welche Botschaften<br />

übermittelt ein Bild? Sind diese Botschaften für einen<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess wesentlich? Muss der Coach als erfahrener Menschenkenner<br />

so viel über seinen <strong>Coaching</strong>-Kunden wissen? Oder<br />

könnte es auch für den Coach kraftvoller sein, „Nicht zu wissen“,<br />

einen leeren Raum zu betreten, ganz offen und frei, völlig unvorbelastet<br />

mit einer zunächst fremden Person in ein Gespräch zu kommen?<br />

Meine These, die ich aus der jahrelangen Erfahrung vertrete, lautet:<br />

„Das Bild einer Person übermittelt durch die Gesichtszüge und Haltung<br />

des Gegenübers viel über seine Erfahrungen aus der Vergangenheit.<br />

Es entsteht ein „fester“ erster Eindruck, der die gesamte<br />

<strong>Coaching</strong>-Dynamik beeinflusst. Die Stimme signalisiert durch ihre<br />

Intonation die Gegenwart“. Die gesprochenen Worte lassen leicht das<br />

Potenzial erkennen. Dies ermöglicht es, mit großer Authentizität an<br />

seinen Kunden zu glauben. Allein das hat enorme Kraft.<br />

Meine persönliche Erkenntnis: Das Sehen der äußeren Erscheinung<br />

einer Person hindert in einem <strong>Coaching</strong>-Prozess mehr als dass es nutzt.<br />

Ich hatte mehrere Fälle, bei denen ich bei einem Treffen im Lauf der<br />

Zusammenarbeit zunächst erschrocken von der äußeren Erscheinung<br />

meines Gegenübers war und den positiven Verlauf des <strong>Coaching</strong>s<br />

anzweifelte. Doch in allen Fällen stellte sich im Weiteren heraus, dass<br />

unsere gemeinsame Arbeit absolut stimmig gewesen war.<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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Ein dritter Gedanke: Das Bildtelefon wurde vor mehr als 40 Jahren<br />

erfunden. Damals war es wegen des hohen technischen Aufwands nur<br />

für sehr wenige Menschen möglich, diese Form von Unterhaltung zu<br />

nutzen. In der heutigen Zeit wäre es ein Leichtes, Bildtelefonie anzubieten.<br />

Doch scheint es dafür keinen Markt zu geben. Internettechnik<br />

und Bildschirme mit eingebauter Kamera machen es zusätzlich geradezu<br />

einfach, sich auch per Bild zu unterhalten. Trotzdem telefonieren<br />

oder „skypen“ wir in der Regel ohne Bild. Anscheinend lieben wir das<br />

Nicht-Sehen. Warum?<br />

Fazit: Der Mensch ist ein außergewöhnliches Wesen, das Menschsein<br />

ist so vielschichtig und besonders. Wie ist es erklärbar, dass sich Menschen<br />

mit Behinderungen zu Weltmeistern entwickeln. Das gerade da,<br />

wo persönliche Schwächen vorhanden sind, plötzlich Experten entstehen,<br />

weil sich die Betroffenen mit dem Thema schon seit frühster<br />

Kindheit beschäftigen. Gerade in der Arbeit mit Menschen ist es möglich,<br />

dass sich der „Ackergaul zum Rennpferd“ entwickelt.<br />

Meine These: „Sich auf die Größe von Menschen zu beziehen, an<br />

diese zu glauben, unbeeinflusst von äußeren Erscheinungen, hat<br />

Kraft!“ Vor allem dann wenn der Gesprächspartner, wie in einem<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess, etwas vorhat, etwas erreichen möchte.<br />

Im Weiteren schauen wir uns die Frage nach dem Entstehen von<br />

Vertrauen und Beziehung aus folgenden drei Blickwinkeln an: Was gilt<br />

es zu beachten, bevor überhaupt ein Kontakt zustande kommt? Was ist<br />

zum Erstgespräch zu empfehlen und wie kann ich das Vertrauen im<br />

weiteren Verlauf wachsen lassen? Ein paar Tipps und Auszüge aus<br />

Erfahrungen mit Kunden kommen zum Schluss. Viel Spaß beim<br />

Lesen!<br />

Was ist wesentlich, wenn ein erster Kontakt<br />

zustande kommt?<br />

Es sind zwei Dinge, die aus meinem Blickwinkel wesentlich sind, um<br />

als Coach übers Telefon aus potenziellen Kunden tatsächliche Kunden<br />

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(Stephan Josef Dick)<br />

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zu machen. Zum einen ist es die eigene Darstellung im Internet, zum<br />

anderen die eigene Haltung, <strong>Coaching</strong> übers Telefon „zu verschenken“.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass etwa die Hälfte der Interessenten die Möglichkeit<br />

nutzt, sich vorher ausführlich im Internet zu informieren.<br />

Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auf den Lebenslauf und die<br />

Präsentation des Coachs gelegt. Kunden, die sich aktiv informiert<br />

haben, stellen keine Fragen in Bezug auf die Person des Coachs. Es<br />

entsteht sehr schnell eine große Offenheit für das Gespräch.<br />

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Coach sich im Netz ausführlich<br />

zeigt. Seien Sie mutig und repräsentieren Sie sich persönlich.<br />

Ein Coach qualifiziert sich nicht nur durch Ausbildungen, Zertifikate<br />

und berufliche Erfahrung. Vor allem ist der Coach ein interessanter,<br />

gewinnender und vertrauenswürdiger Mensch, der Anderen ein wertvoller<br />

Beitrag ist. Via Internet gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich als<br />

Person zu zeigen. Beispielsweise mit einem Lebenslauf, der sich nicht<br />

auf Daten und Fakten beschränkt, sondern auch besondere Wendepunkte,<br />

Erfahrungen und Vorlieben des Coachs aufzeigt. Kundenreferenzen,<br />

die gerne ebenfalls persönlich gehalten sein können, machen<br />

deutlich, dass der Coach Wertschätzung genießt und in welchen Bereichen<br />

bereits Erfahrung und Kompetenz gesammelt wurden.<br />

Tipp: Falls Sie zukünftig als TeleCoach aktiv sein wollen, geben Sie<br />

ihrer persönlichen Darstellung eine besonders hohe Aufmerksamkeit.<br />

Stellen Sie sich selbst immer wieder die Frage: Was habe ich zu geben?<br />

Was sind meine Kernkompetenzen? Womit bin ich für meine Kunden<br />

interessant? Seien Sie mutig. Trauen Sie sich, Ihre Einzigartigkeit darzustellen.<br />

Ziehen Sie die Menschen an, die zu Ihnen passen. Erzeugen<br />

Sie Empfindungen wie: „Bei dem bin ich richtig.“ In dem Maße, wie<br />

Sie sich zeigen und damit sozusagen in Vorleistung gehen, öffnen Sie<br />

für Ihre Kunden den Raum, deren häufig schwierige Situation offen<br />

auszusprechen.<br />

Es ist nicht die Zahl der Kunden, die Sie erfolgreich macht, sondern<br />

die richtigen Kunden, die Ihren Wert erkennen.<br />

Akquise am Telefon bedeutet, sich in seiner Qualität als Coach<br />

erlebbar zu machen. <strong>Coaching</strong> übers Telefon wird nur dann als wert-<br />

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(Stephan Josef Dick)<br />

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voll erachtet, wenn eine persönliche Erfahrung entsteht, die als<br />

gewinnbringend bezeichnet wird. Wer immer als Coach übers Telefon<br />

arbeiten möchte, wird gut daran tun, mit seiner Qualität freizügig zu<br />

sein, sich in gewisser Weise also „zu verschenken“. Dazu ist eine innere<br />

Ausrichtung nötig, jede Gelegenheit zu nutzen, sich als Coach übers<br />

Telefon erlebbar zu machen. Dies ist von daher wesentlich, weil es<br />

immer wieder passiert, dass solche Erstgespräche unvorbereitet und<br />

spontan geschehen. Es ist von Vorteil, wenn wir die Gunst des richtigen<br />

Augenblicks nutzen können und innere Gedanken wie „Ich wollte<br />

jetzt eigentlich Dies oder Jenes tun“ schnell beiseite schieben können,<br />

um ganz für die Begegnung offen sein zu können.<br />

In diesem Sinne ist folgende Einladung zu verstehen: Seien Sie großzügig,<br />

verschenken Sie sich, verstehen Sie Akquise als gelebtes<br />

<strong>Coaching</strong>. Gönnen Sie Menschen Ihre Unterstützung, auch wenn Sie<br />

nicht sofort daraus einen Auftrag bekommen. Bedanken Sie sich für<br />

jede Gelegenheit, Menschen ein Beitrag sein zu dürfen.<br />

Das Erstgespräch ist entscheidend<br />

Als Erstgespräch bezeichne ich hier eine Terminvereinbarung zwischen<br />

einem möglichen Kunden und dem Coach, <strong>Coaching</strong> erlebbar zu<br />

machen. Ziel dieses Gesprächs ist es, eine Entscheidung zu treffen, ob<br />

<strong>Coaching</strong> eine geeignete Form ist oder auch nicht. Im Folgenden finden<br />

Sie wesentliche Aspekte die im Erstgespräch von Bedeutung sind.<br />

Lampenfieber<br />

„Ein Erstgespräch am Telefon ist für mich immer besonders aufregend.<br />

Manchmal zittere ich richtig. Gerade wenn das so ist, freue ich<br />

mich an meinem „Lampenfieber“. Es ist ernst. Für einen Menschen<br />

bin ich vielleicht Partner für einen wichtigen Lebensabschnitt.<br />

Außergewöhnliche Erlebnisse, Entscheidungen und Perspektivenwechsel<br />

stehen an. Es ist ein Privileg, diese Arbeit tun zu dürfen.“<br />

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(Stephan Josef Dick)<br />

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Stimme gut, alles gut<br />

Untersuchungen haben ergeben, dass ein Produkt nur zu ca. zehn<br />

Prozent durch die gewählten Worte verkauft wird. Der Tonfall und die<br />

Stimme haben mit etwa 40 Prozent bereits mehr Einfluss. Weitere 50<br />

Prozent können durch die Körpersprache beigetragen werden. 31 Damit<br />

soll nicht gesagt werden, dass der Inhalt des Gesagten unwesentlich ist.<br />

Wichtig an dieser Aussage ist, dass bei einer Authentizität zwischen<br />

Gesagtem, Körpersprache und Stimme, ein stimmiges „Bauchgefühl“<br />

entsteht, das zur Kaufentscheidung führt.<br />

Da beim Telefon die Körpersprache wegfällt, kommt der Stimme,<br />

bzw. der damit übermittelten Stimmung eine wesentlich höhere<br />

Bedeutung zu.<br />

Die Stimme übermittelt Informationen, Gedanken und Bedürfnisse<br />

und offenbart zugleich auch Stimmungen und Gefühle. Atmung,<br />

Stimme und Sprechweise sind ein Spiegel der Persönlichkeit. In der<br />

Stimme eines Menschen klingt sein gesamtes Wesen.<br />

Stimme ist ein „kommunikativer Schlüsselreiz“. Sie öffnet oder<br />

schließt das Ohr der Zuhörer in wenigen Sekunden. Ähnlich wie wir<br />

meist ganz unbewusst wahrnehmen, ob wir „jemanden riechen können<br />

oder nicht“, bemerken wir immer ob uns die Stimme eines Anderen<br />

angenehm ist oder nicht. Und wenn der potenzielle Kunde einen<br />

Gegensatz wahrnimmt, zwischen dem was gesagt wird und dem wie es<br />

gesagt wird, entsteht eine Dissonanz.<br />

Machen Sie doch mal einen kleinen Versuch:<br />

Hören Sie auf die Stimmen, die Ihnen zu Ohren kommen, und zwar<br />

auf Stimmen von Personen, die Sie nicht kennen. Nutzen Sie Gelegenheiten,<br />

bei denen Sie die Augen schließen können, z. B. im Bus,<br />

beim Anstehen an der Kasse – wo auch immer. Hören Sie ganz<br />

31 Nach Albrecht Mehrabian, Experimente zur Kommunikation, entfaltet<br />

Kommunikation seine Wirkung nur zu 7 Prozent durch den Inhalt des<br />

Gesprochenen, zu 38 Prozent durch den Tonfall und zu 55 Prozent durch die<br />

Körpersprache. Vgl. Klein/ Kresse (2006), S. 66.<br />

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(Stephan Josef Dick)<br />

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bewusst hin, ob die Stimmen authentisch klingen. Überprüfen Sie,<br />

inwieweit der Klang oder der Inhalt des gesagten ihre Meinung über<br />

den anderen prägt. Bemerken Sie, wie Sie sich unbewusst ein Bild<br />

von Ihrem Gegenüber machen und wie vielfältig dieses Bild ist.<br />

Eventuell staunen Sie, wie schnell Ihnen das gelingt. Und dann<br />

genießen Sie den Vergleich ihrer Fantasie mit der Realität.<br />

Und noch ein kleiner Test:<br />

Nennen Sie mindestens fünf Personen aus den Medien (Schauspieler,<br />

Moderatoren etc.), die Sie nicht persönlich kennen, die Sie aber<br />

besonders schätzen und mögen. Wenn Sie diese das nächste Mal<br />

sprechen hören, hören Sie genau auf deren Stimme. Hat deren<br />

Stimme (oder Synchronstimme) auch Einfluss darauf, dass sie Ihnen<br />

sympathisch wirken?<br />

Wie etwas gesagt wird, ist also lauter als was gesagt wird. In diesem<br />

Sinne empfiehlt es sich, aktuelle Stimmungen, wie beispielsweise Lampenfieber,<br />

direkt anzusprechen. Unser Gesprächspartner hört diese<br />

ohnehin und Authentizität schafft Vertrauen.<br />

Vielleicht haben Sie schon einmal bemerkt, dass Stimmen von entspannten<br />

Menschen fast immer sympathisch klingen. Entsprechend ist<br />

es besonders wichtig entspannt, authentisch freundlich, fröhlich und<br />

lebendig zu sein und eben auch so zu klingen. In diesem Sinne kommt<br />

es für den TeleCoach darauf an, für sich selbst und ein kraftvolles, entspanntes<br />

und lebendiges Leben zu sorgen.<br />

Lächeln erzeugt eine gute Stimmung obwohl es gar nicht zu sehen<br />

ist. Tatsächlich lässt die lächelnde Mundhaltung die Stimme weicher<br />

und angenehmer tönen. Und übrigens hat jeder seine individuelle<br />

optimale Stimmlage. Die können Sie finden, wenn sie sich Ihr Lieblingsgericht<br />

vorstellen und genießerisch „mmmh” machen. Oder wenn<br />

Sie beruhigend zu einem Kind sprechen. In dieser Lage klingt Ihre<br />

Stimme am besten. Probieren Sie es einfach mal aus, wenn Sie das<br />

nächste Mal telefonieren. Entspannen Sie sich, machen Sie es sich<br />

gemütlich. Gönnen Sie sich ein weiches Sofa oder Ihren Sessel bei dem<br />

Sie die Füße hochlegen können. Haben Sie Ihr Lieblingsgetränk parat.<br />

Lächeln Sie und erst dann beginnen Sie mit Ihrem Telefonat.<br />

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(Stephan Josef Dick)<br />

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Gut vorbereitet für das „erste Mal“<br />

Im ersten Gespräch wird die Basis der zukünftigen Zusammenarbeit<br />

gelegt. Also geht es darum, Beziehung und Vertrauen zueinander zu<br />

entwickeln. Zwei Hauptaspekte stehen dabei im Vordergrund: Einerseits<br />

gilt es zu klären, wofür ein Kunde die Unterstützung eines Coachs<br />

haben möchte und ob er sich mit seinem Anliegen bei dem Coach<br />

richtig fühlt. Andererseits ist zu prüfen, ob der Coach das leisten kann<br />

und will. Vertrauen entsteht immer dann, wenn zwei Menschen eine<br />

freie Entscheidung treffen. Wir sprechen diese beidseitige Entscheidungsfreiheit<br />

direkt am Anfang des Gesprächs an. Dadurch wird deutlich,<br />

dass es nicht darum geht, dass der Coach möglichst viele Neukunden<br />

braucht, sondern dass er sich frei fühlt, zum richtigen Kunden ja<br />

zu sagen.<br />

Leitfaden Erstgespräch<br />

1. Begrüßung und Bedanken für die Pünktlichkeit und die<br />

Bereitschaft zu diesem Gespräch.<br />

2. Die Absicht des Gesprächs mitteilen, Überblick geben, darauf<br />

hinweisen, dass am Ende eine Entscheidung von beiden<br />

Seiten ansteht.<br />

3. Die Gesprächsdauer klären (in der Regel eine Stunde)<br />

4. Was möchte der Kunde vom Coach wissen?<br />

5. Was soll der Coach vom Kunden wissen?<br />

6. Anliegen, Hersausforderung und Problem erfragen.<br />

7. Aktiv zuhören, sicherstellen, das Problem erfasst zu haben.<br />

8. Ersten Nutzen stiften, <strong>Coaching</strong>-Kompetenz einbringen.<br />

9. Das Ziel eines möglichen <strong>Coaching</strong>-Prozesses definieren.<br />

10. Die Rahmenbedingungen des <strong>Coaching</strong>s klären (Zeit, Häufigkeit<br />

der Intervalle, Finanzielles).<br />

11. Unterstützung bei der Entscheidung für eine Zusammenarbeit<br />

geben.<br />

12. Weiterführende Vereinbarungen treffen (Termine, Experimentiervorschläge…)<br />

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Ist ein Termin vereinbart, besteht die Möglichkeit schon vor einem<br />

ersten Gespräch vorbereitende Fragen weiter zu geben.<br />

In der Praxis haben sich folgende vier einfache Fragen bewährt, die<br />

eine optimale Mischung für die verschiedensten Menschen zu sein<br />

scheinen:<br />

1. Was soll ich als Coach von Ihnen wissen?<br />

2. Was wollen Sie von mir wissen?<br />

3. Was genau ist Ihr Anliegen, was ist Ihnen wirklich wichtig?<br />

4. Welche Art von Unterstützung wünschen Sie für Ihr Anliegen?<br />

Je nach Bedarf können interessierte Kunden auch gebeten werden,<br />

sich auf das Erstgespräch mit einem ausführlichen Fragenkatalog vorzubereiten<br />

oder auch ganz auf jede Vorbereitung zu verzichten, sich zu<br />

entspannen, aus Erfolgsdruck und Leistung einfach mal auszusteigen.<br />

Aus dieser klärenden Vorarbeit alleine entsteht meist schon Nutzen,<br />

unabhängig davon, ob es dann zu einer längerfristigen Zusammenarbeit<br />

kommt oder nicht.<br />

Es ist alles schon da<br />

Wie bei Allem, gibt es sehr unterschiedliche Menschen mit den verschiedensten<br />

Bedürfnissen. Mit dem Satz: „Es ist alles schon da“, ist<br />

gemeint, dass die überwiegend häufigste Erfahrung folgende ist: Es<br />

geht nicht darum, mit Professionalität zu beweisen, welch gute Methoden<br />

wir zum Lösen des Problems parat haben. Es geht vielmehr<br />

darum, dem Gegenüber Verständnis und Offenheit für seine Situation<br />

zu vermitteln. Das Gefühl des Verstanden-Werdens scheint ein so<br />

großer Mangel im Leben von Menschen zu sein, dass allein dieses<br />

Erlebnis für den Betroffenen eine außerordentliche Qualität darstellt.<br />

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Bitte höre mir zu<br />

Wenn ich dich bitte, mir zuzuhören, und du fängst an, mir Ratschläge<br />

zu erteilen, dann fühle ich mich unverstanden und in meiner<br />

Art zu empfinden nicht respektiert.<br />

Wenn ich dich bitte mir zuzuhören, und du fängst an, mir zu sagen,<br />

warum ich mich nicht so fühlen sollte, dann trampelst du auf meinen<br />

Gefühlen herum.<br />

Wenn ich dich bitte, mir zuzuhören, und du meinst, du müsstest<br />

etwas tun, um mein Problem zu lösen, dann hast du mir gegenüber<br />

versagt, so seltsam das klingen mag.<br />

Bitte höre mir zu, ich will nichts weiter, als gehört und verstanden zu<br />

werden. Ja es tut gut, wenn du nachfragst. Und es ist wunderbar,<br />

wenn du die Worte für das findest, was ich nicht in Worte fassen<br />

konnte, denn es tut so gut, einfach verstanden zu werden.<br />

Und: Ich kann für mich selbst einstehen. Ich bin nicht hilflos, vielleicht<br />

gerade mutlos und unsicher, aber nicht hilflos.<br />

Ich bitte dich darum, einfach dabei zu sein und mit anzuhören, was<br />

ich fühle, was ich empfinde, auch wenn es dir noch so schwer fällt<br />

meine scheinbare Hilflosigkeit auszuhalten. Wenn ich selbst die Botschaft<br />

verstehe, dann ist dies besser als jeder Ratschlag der mich im<br />

eigentlichen Sinne davon abhält, meine innere Not zu spüren.<br />

Meine Empfindungen, meine inneren Schmerzen haben einen Sinn<br />

und ich vertraue, dass ich sie im Zulassen loslasse, dass diese einfach<br />

da sein dürfen, heilen.<br />

Vielleicht ist das der Grund warum Gebete wirken - denn Gott hört<br />

einfach zu. Das ist heilsam. 32<br />

Dieser Text vom W. Sterling Edwards zeigt, dass es eigentlich mehr<br />

darum geht die vorhandene Offenheit und das vorhandene Vertrauen<br />

nicht zu zerstören als es zu erzeugen.<br />

Dies passiert besonders dadurch, indem wir das Gespräch verlangsamen<br />

und das Gehörte mit eigenen Sätzen zurückgeben. Sich wirklich<br />

verstanden zu fühlen vermittelt das Gefühl von Heimat, angenommen<br />

32 Text W. Sterling Edwards zugeschrieben, bearbeitet von Dorothee Bornath und<br />

Stephan Josef Dick.<br />

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zu sein, einfach sein zu dürfen, einen Freund zu haben. Der Kunde<br />

kann hier all seine Sehnsüchte von gewünschter Partnerschaft und<br />

Freundschaft auf den Coach im positiven Sinne projizieren.<br />

Nutzen stiften<br />

Eine weitere Gruppe von möglichen Kunden möchte in einem Erstgespräch<br />

die Qualität des Coachs erleben, um sich für einen <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess entscheiden zu können. Es gibt kein Patentrezept, in welcher<br />

Form und mit welchen methodischen Mitteln gearbeitet werden soll.<br />

Hier ist ganz einfach Kompetenz gefragt. Hier haben wir „Heimspiel“,<br />

können uns und unsere Fähigkeiten voll einbringen. Sollten Sie als<br />

Leser Fragen haben, wie genau methodische Kompetenz am Telefon<br />

vermittelt werden kann, verweise ich auf das Kapitel IV, <strong>Coaching</strong> unlimited<br />

– Methoden und Interventionen am Telefon, von Maren Kaiser.<br />

Was im Erstgespräch erstaunt, ist die Offenheit, auch dann, wenn bis<br />

dato keinerlei Beziehung vorhanden war. Detailfragen können in allen<br />

Aspekten gestellt werden. Es scheint so, als ob die Verschwiegenheit<br />

stillschweigend vorausgesetzt wird. Während ich zu Beginn meiner<br />

<strong>Coaching</strong>-Tätigkeit immer wieder betont hatte, dass diese Gespräche<br />

natürlich vertraulich sind, tue ich das heute nicht mehr. Die erstaunten<br />

Äußerungen der Gegenüber, dass sie das natürlicherweise voraussetzen,<br />

machten mir deutlich, dass meine Äußerungen unnötig waren und<br />

eher eine Unsicherheit erzeugten.<br />

Fazit: Bitte gehen Sie nicht schon mit einem fertigen Konzept, z. B.<br />

unbedingt etwas Besonderes als Coach leisten zu müssen, in ein Erstgespräch.<br />

Der Kunde bestimmt den Fokus. Das was bei ihm vorgeht,<br />

ist der wesentlichste Brennpunkt. Die Empfehlung lautet: Methodische<br />

Interventionen und Lösungsansätze nicht um jeden Preis anbieten. Es<br />

ist nicht notwendig zu beweisen wie gut Sie als Coach sind. Häufig<br />

stiften Sie mehr Nutzen, wenn das Gespräch an der Stelle beendet<br />

wird, wo der Kunde sich wahrgenommen und vollständig verstanden<br />

fühlt. Der Kunde sagt ja zu einer Vereinbarung, weil er sich gehört<br />

fühlt und damit das Vertrauen entsteht, dass sein Ziel in einem gemeinsamen<br />

Weg erreicht werden kann.<br />

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Eine Entscheidung treffen<br />

In einem Erstgespräch ist diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit<br />

zu geben, wenn der Gesprächspartner keine eindeutige Klarheit<br />

darüber hat, ob er <strong>Coaching</strong> nutzen möchte oder nicht. Es ist unsere<br />

Verantwortung als Coach, ihm dabei zu helfen. Eine Entscheidung zu<br />

treffen gibt Kraft, schafft Selbstbewusstsein und (Selbst-)Vertrauen.<br />

Drängen wir zu einer Entscheidung, stoßen wir auf Widerstand. Lassen<br />

wir den anderen jedoch völlig frei, haben wir die Chance verpasst,<br />

Menschen auf Ihrem Weg einen wertvollen Beitrag zu leisten. Wie also<br />

vorgehen?<br />

Es gilt, dieses Thema gezielt und konkret anzusprechen indem Sie<br />

z. B. sagen:<br />

„Sie können jetzt an drei möglichen Positionen stehen:<br />

• Sie haben ein klares Ja zum <strong>Coaching</strong>.<br />

• Sie sind unsicher.<br />

• Sie haben ein klares Nein.“<br />

Haben Sie als Coach eine deutliche Wahrnehmung dafür, an welchem<br />

Punkt sich Ihr Gegenüber befindet, können Sie das auch direkt<br />

ansprechen.<br />

Über das klare Ja freuen wir uns, das klare Nein akzeptieren wir.<br />

Besonders spannend ist es, wenn Unsicherheit geäußert wird. Jetzt gilt<br />

es nachzufragen, welche Bedenken vorhanden sind. Das ist eine schöne<br />

Gelegenheit, Ihre Fähigkeit als Coach einzubringen. Häufig finden Sie<br />

Parallelen zwischen dem schon genannten Anliegen und der Unsicherheit.<br />

Dies aufzuzeigen erhöht die Bereitschaft, sich auf das <strong>Coaching</strong><br />

einzulassen.<br />

Meine persönliche Erfahrung ist immer wieder, dass es am Schluss<br />

eines solchen gemeinsamen Weges sehr kraftvoll ist, dem Kunden eine<br />

klare Empfehlung zu geben. Kann der Gesprächspartner spüren, dass<br />

Ihre Aussage authentisch ist und nicht darauf abzielt, dass es Ihnen um<br />

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einen neuen Auftrag geht, kommt er Ihrer Empfehlung meist gerne<br />

nach.<br />

Klarheit über das weitere Vorgehen schaffen<br />

Hat der Kunde ein Ja zur gemeinsamen Arbeit gesagt, schaffen klare<br />

Strukturen und Vereinbarungen Sicherheit und Vertrauen. Entsprechend<br />

ist es empfehlenswert Vereinbarungen über das Gespräch hinaus<br />

zu treffen. Geklärt wird, wie in der Zeit zwischen den Gesprächen mit<br />

den bearbeiteten Themen umgegangen wird und in welcher Form<br />

Rückmeldungen gegeben werden. Die niedrigschwellige Arbeit am<br />

Telefon eröffnet hier vielfältige Möglichkeiten. Je nach Typ und Art,<br />

können z. B. tägliche Rückmeldungen über bestimmte Anliegen per E-<br />

Mailaustausch richtig kraftvoll sein. Bleibt die Rückmeldung aus,<br />

erfordert das Ihre Nachfrage. Erforschen Sie gemeinsam mit Ihrem<br />

neuen Kunden, was ihm am besten weiterhilft. Ein selbst geschriebenes<br />

Protokoll und die eigene Verpflichtung zu regelmäßigen Experimenten<br />

vertiefen den Wert des Gesprächs. Achten Sie auf die Stimmigkeit der<br />

Vereinbarung. Ihr ehrliches Interesse und Ihre Anteilname lassen den<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess sehr lebendig werden.<br />

Vertrauen wachsen lassen und pflegen<br />

Am Telefon fehlen Ausdrucksmöglichkeiten wie beispielsweise ein<br />

herzlicher Händedruck, eine freundschaftliche Umarmung oder ein<br />

freudiges Lächeln. Vertraute Erlebnisse, die uns Sympathie oder Antipathie<br />

signalisieren, sind schlichtweg nicht vorhanden. Es braucht<br />

dafür einen adäquaten Ersatz. Die Frage könnte lauten: „Wie machen<br />

wir uns als Coach erlebbar, fühlbar und wahrnehmbar? Wie gleichen<br />

wir vertraute Erlebnisse übers Telefon aus? Folgende Aspekte wollen<br />

wir an dieser Stelle ansprechen:<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

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Verständnis<br />

Einfühlsames Zuhören ist die Basis, die Grundlage aller <strong>Coaching</strong>-<br />

Kompetenz. Das gilt natürlich und insbesondere auch am Telefon. Der<br />

Kunde möchte umfassend in seinem Anliegen wahrgenommen werden.<br />

Da Ihre Körpersprache fehlt, ist es durch das Wiederholen des Gesagten<br />

mit eigenen Worten empfehlenswert, Ihr Verständnis zu kommunizieren.<br />

Eine besondere Herausforderung sind Menschen, die gerne viel<br />

reden. Lange Redeflüsse dürfen unterbrochen werden, z. B.: „Ich spreche<br />

jetzt dazwischen um sicherzustellen, dass ich alles verstehe. Ich<br />

habe herausgehört dass...“<br />

Stellen Sie sicher, dass Ihr Gegenüber sich vollständig verstanden<br />

fühlt. Dabei zeigt sich Ihre Kompetenz als Coach darin, das auszusprechen,<br />

was der andere nicht in Worte fassen konnte. Sie erkennen es an<br />

zustimmenden oder bestätigenden Wörtern wie „genau“ oder<br />

„stimmt“, die er Ihnen zurückgibt. Dabei staunt oder wundert er sich<br />

vielleicht über die Präzision Ihrer Rückmeldung, die seine Situation<br />

vollständiger beschreibt als er selbst es in seinen Worten hätte sagen<br />

können. Es ist für Ihren Kunden ein besonderes Erlebnis, sich von<br />

jemandem in dieser Vollständigkeit verstanden zu erleben, obwohl man<br />

sich nicht sieht.<br />

Verständnis per Telefon bedeutet auch, mal lauter oder leiser zu<br />

atmen, mit der Stimme durch Jas, Hmms, Ahas... anwesend zu sein. Das<br />

gibt ein Gefühl von Präsenz. Auch hilft es, wenn Sie Ihre Gefühle<br />

kommunizieren. Als Coach können wir uns darin üben, unsere Körpersprache<br />

in Worte zu fassen: Zum Beispiel: „Ich sitze hier, freue mich<br />

und lächle“.<br />

Bitte beachten Sie, dass das Wahrnehmen dieser Zwischentöne durch<br />

das Benutzen von Freisprecher oder Software, die mit Echo- oder<br />

Rauschunterdrücker (z. B. Skype) arbeiten, negativ beeinflusst werden<br />

kann. Diese Technik unterdrückt alle Nebengeräusche. Ein gewisses<br />

Grundrauschen ist gut, es vermittelt Anwesenheit. Es ist unangenehm<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

__________________________________________________<br />

in einen geräuschlosen Raum zu sprechen. Ich empfehle von daher das<br />

Benutzen eines Headsets, auch für den Kunden. 33<br />

Zeig dich<br />

Das Stärkste, was in einer <strong>Coaching</strong>-Beziehung zu Vertrauen führt ist<br />

Offenheit und Authentizität. Jeder, der in einer Partnerschaft lebt, weiß<br />

das. Es ist nachvollziehbar, <strong>Coaching</strong> als eine Partnerschaft über eine<br />

definierte Zeit zu betrachten. Die Regeln einer Partnerschaft in der hier<br />

vorgeschlagenen Konsequenz auf das <strong>Coaching</strong>-Verhältnis zu übertragen,<br />

mag jedoch erst einmal ungewöhnlich klingen.<br />

Ein lebendiger <strong>Coaching</strong>-Prozess kann uns an Grenzen bringen, Fragen<br />

aufwerfen, die wir nicht beantworten können. Ja, er kann sogar<br />

Unsicherheit und Risiken erzeugen. Die besondere Herausforderung ist<br />

immer, wie spreche ich über das, was sich gefährlich, sensibel, vielleicht<br />

sogar angstvoll anfühlt? Starkes Vertrauen entsteht, wenn ein Coach<br />

sich nicht nur von seiner kompetenten Seite zeigt, sondern sich als<br />

vollständiger Mensch erlebbar macht. Etwas provokant ausgedrückt:<br />

„Wirkliche Profis stehen zu ihren Schwächen“. Sie zweifeln nicht an<br />

ihrer Kompetenz und haben es deswegen nicht nötig, etwas zu verstecken.<br />

Und gerade das macht sie vertrauenswürdig.<br />

Probieren Sie folgende Empfehlung: Vermeiden Sie besonders am<br />

Telefon eine Selbstdarstellung wie „Ich bin der perfekte Coach, habe<br />

alles in der Hand und bin in allen Aspekten meines Lebens erfolgreich“.<br />

Lassen Sie Ihr Gegenüber erleben, dass <strong>Coaching</strong> eine Gelegenheit<br />

des ständigen Wachsens und Weiterentwickelns ist. Lassen Sie<br />

Ihren Gesprächspartner wissen, dass Sie als Coach genauso <strong>Coaching</strong>-<br />

Bedarf haben. Stellen sie klar, dass <strong>Coaching</strong> ein kraftvolles Mittel für<br />

alle Menschen ist, sich ständig weiter zu entwickeln. Erzählen Sie gegebenenfalls<br />

von Ihren Prozessen mit Ihrem Coach. Sprechen Sie z. B.<br />

Grenzen an, mit denen Sie durch den gemeinsamen <strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

konfrontiert worden sind und lassen Sie Ihren Kunden in der konkre-<br />

33 Vgl. Das richtige Headset (S. 80 f).<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

__________________________________________________<br />

ten Zusammenarbeit erleben, wie Sie Ihre Professionalität auf sich<br />

selbst anwenden.<br />

Bitte verstehen Sie mich richtig: Damit ist nicht gemeint, eigene Prozesse,<br />

die durch ein <strong>Coaching</strong> angestoßen worden sind, in die Auseinandersetzung<br />

mit dem Kunden zu vermischen. <strong>Coaching</strong>-Kompetenz<br />

bedeutet immer, eigene Themen mit dem eigenen Coach zu bearbeiten.<br />

Die Einladung lautet einfach, probieren Sie aus, sich erlebbar zu machen.<br />

Wie ich schon in den ersten zwei Worten zu diesen Ausführungen<br />

geschrieben habe: Zeig dich – es ist das Stärkste.<br />

In Verbindung sein<br />

<strong>Coaching</strong> per Telefon ist eine sehr besondere Partnerschaft. Für den<br />

Kunden ist dieser gemeinsame Weg die vertrauensvolle Begleitung<br />

seines Alltags. Der Wert dieser Arbeit ist vor allem dadurch bestimmt,<br />

dass scheinbar alltägliche Dinge in Frage gestellt, neu betrachtet, und<br />

ausprobiert werden. Da passieren Fehler, es gibt Zusammenbrüche,<br />

aber auch Freude über Erreichtes.<br />

Eine <strong>Coaching</strong>-Partnerschaft über das Telefon eröffnet die Möglichkeit<br />

häufig live dabei zu sein. In Verbindung sein bedeutet den Abstand<br />

zwischen Coach und Kunde aufzugeben. Es ist die Einladung an den<br />

Kunden, dass er mitten in unserem Leben ist und wir einen wesentlichen<br />

Anteil an seinem Leben haben. Dann ist es selbstverständlich,<br />

dass jederzeit angerufen werden kann und wir über SMS, Mails oder<br />

sonstige Mitteilungen in Verbindung stehen. Es entsteht ein natürliches<br />

Bedürfnis nachzufragen, wenn bei wichtigen Ereignissen keine Rückmeldung<br />

kommt.<br />

In bestimmten Situationen sind häufige, ja tägliche Kontakte sinnvoll.<br />

Eine Lebendigkeit und Vielfalt wird möglich, die zu außergewöhnlichen<br />

Ergebnissen führt.<br />

Ist das noch professionell? Bin ich als Coach dann noch mein eigener<br />

Herr? Darf ich kein freies Wochenende oder gar Urlaub haben? So<br />

oder ähnlich könnten Sie jetzt als Leser fragen.<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

__________________________________________________<br />

Die Antwort darauf ist sehr einfach. Sie lautet: Ja, natürlich, Sie dürfen!<br />

In Verbindung zu stehen heißt nicht immer erreichbar zu sein oder<br />

auf freie Wochenenden oder Urlaub verzichten zu müssen. Es bedeutet<br />

nicht mehr und nicht weniger als präsent zu sein, wenn wir da sind,<br />

und uns die Zeiten für uns selbst zu nehmen, die wir benötigen.<br />

Die Angst, dass Kunden diese Offenheit ausnutzen, kann ich nicht<br />

bestätigen. Im Gegenteil, wie in jeder guten Partnerschaft freuen sich<br />

auch meine Kunden, wenn Sie mir etwas Gutes tun können, in dem sie<br />

z. B. meine Zeiten des Rückzugs respektieren.<br />

Sich auf das Potenzial im Anderen beziehen<br />

Den Anderen am Telefon nicht zu sehen beinhaltet die Chance, ihm<br />

vorurteilsfrei zu begegnen. Damit ist der Weg frei, Potenziale zu<br />

ergründen, Stärken zu untersuchen, Möglichkeiten zu entdecken. Wir<br />

verbessern nicht Fehler sondern wir beziehen uns auf Fähigkeiten. Wir<br />

sprechen über Dinge die funktionieren, wir untersuchen Wirkfaktoren,<br />

die zum Erfolg geführt haben, erzeugen eine Energie von (Selbst-)<br />

Vertrauen, Wachstum und Lebendigkeit.<br />

Je mehr wir dieses Potenzial im Anderen sehen oder besser hören,<br />

desto leichter und einfacher können unsere Kunden dieses entfalten.<br />

Vielleicht ist dadurch erklärbar, dass Methoden wie Appreciative<br />

Inquiry 34 so gut zum Telefon passen. Sie verdeutlichen, warum das<br />

Wachstum und die Entwicklung von Menschen schneller, freudiger,<br />

einfacher und kraftvoller erfolgen, wenn wir uns bei unserer <strong>Coaching</strong>-<br />

Arbeit auf die innere Größe unserer Kunden beziehen.<br />

Der eigenen Intuition vertrauen<br />

Intuition ist ein vager Begriff: Von den Einen wird er für wesentlich<br />

gehalten, während andere ihn als Esoterik abtun. Ohne einen Beweis<br />

für das Eine oder Andere führen zu wollen, ist für mich Intuition der<br />

34 Vgl. hierzu Appreciative Inquiry im Kapitel IV (S. 189 ff).<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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unverfänglichste Begriff, wenn es um Phänomene geht, die kaum<br />

erklärbar sind. Um dem Denken ein Modell zur Verfügung zu stellen,<br />

bietet sich der Blickwinkel der Quantenphysik an. Aus dieser Perspektive<br />

gibt es eine Fülle von Informationen, die als kleine Energieteilchen<br />

zwischen Menschen im Austausch sind. Einige Menschen können diese<br />

Energie mit der Antenne Körper wahrnehmen, indem sie z. B. Hitze,<br />

Prickeln, Kribbeln erleben oder konkrete Gefühle, Empfindungen,<br />

Bilder oder Gedanken zu bestimmten Themen entstehen lassen.<br />

Das Telefon bietet eine gute Möglichkeit, sich in Intuition zu üben,<br />

weil wir durch das fehlende bildliche Gegenüber, viel weniger Informationen<br />

verarbeiten müssen, wie wir es normalerweise in einem<br />

Gespräch tun.<br />

Hier ein möglicher Vorschlag, mit Intuition zu arbeiten: Bieten Sie<br />

dem Kunden Ihre intuitive Wahrnehmung als möglichen Blickwinkel<br />

an. Auch wenn Sie Bilder oder Gedanken haben, die im Sinnzusammenhang<br />

vielleicht abwegig erscheinen, nutzen Sie diese. Sagen Sie<br />

ausdrücklich dazu: „Es ist keine Wahrheit sondern eine mögliche<br />

Sichtweise“ und bitten Sie um Überprüfung, ob Ihr Gegenüber sich<br />

von Ihren Worten angesprochen fühlt.<br />

Meine Erfahrung: Häufig führen solche Impulse zu einem tiefen<br />

Austausch.<br />

Vertrauensfördernde Tipps für <strong>Coaching</strong> am<br />

Telefon<br />

Sollten Sie <strong>Coaching</strong> per Telefon ausprobieren wollen, hier einige<br />

Tipps zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung:<br />

• Wenn Sie anrufen, seien Sie pünktlich, auf die Minute.<br />

• Wenn der Kunde Sie anruft und Sie ihn an seiner Rufnummer<br />

erkennen können, begrüßen Sie ihn sofort mit dem Namen<br />

anstatt sich zuerst mit Ihrem zu melden.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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• Sorgen Sie konsequent für Ihre positive Stimmung und Ausgeglichenheit.<br />

• Lächeln Sie.<br />

• Stimmen Sie sich auf ein Gespräch ein, erinnern Sie sich an das<br />

Wesentliche aus vorherigen Gesprächen.<br />

• Melden Sie sich immer zurück, falls Sie zwischen vereinbarten<br />

Gesprächen Anrufe bekommen, damit Sie zu einem vereinbarten<br />

Gesprächstermin auf jeden Fall erreichbar sind.<br />

• Folgen Sie Ihrem Gespür und melden Sie sich auch mal<br />

zwischendurch beim Kunden, auch wenn kein Termin vereinbart<br />

ist.<br />

• Seien Sie ein Beispiel für Zuverlässigkeit und das Einhalten von<br />

Absprachen. Passieren Ihnen dabei Pannen, stehen Sie dazu.<br />

• Sprechen Sie an, wenn Sie nicht „gut drauf“ sind.<br />

• Seien Sie authentisch und ruhig auch mal konfrontierend.<br />

• Vereinbaren Sie Termine für Vorhaben und Ziele.<br />

• Thematisieren Sie jede nicht eingehaltene Vereinbarung, aber vermeiden<br />

Sie Schuldzuweisungen.<br />

• Machen Sie sich bewusst, dass der Kunde keine Fehler macht.<br />

Werten Sie alles, was als Fehler auftaucht, als willkommenes<br />

Wachstumspotenzial.<br />

• Fragen Sie bei jedem Kontakt nach, was gut gelaufen ist, und<br />

untersuchen Sie gemeinsam die Ursachen.<br />

• Überprüfen Sie regelmäßig, wie weit Sie gekommen sind und<br />

würdigen Sie Erfolge.<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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Blitzlichter aus meinem <strong>Coaching</strong>-Alltag am Telefon<br />

In einem Akquisegespräch sagte ein Geschäftsführer: „Sie haben<br />

mich neugierig gemacht, ich möchte Sie näher kennen lernen, können<br />

wir uns in den nächsten Tagen treffen?“ „Nein!“ war meine Antwort<br />

und führte zu Erstaunen. „Aha – ein <strong>Coaching</strong> ohne sich zu sehen?“<br />

„Genau!“ Der Geschäftsführer war von dieser Antwort so angetan,<br />

dass er nach diesem Wortwechsel einer Zusammenarbeit zustimmte.<br />

Kunden haben vielfach zurückgemeldet, dass mein Lachen für Sie<br />

etwas besonders Schönes war. Ich würde durch mein Lachen so viele<br />

Botschaften erzeugen, die mit Worten nicht gesprochen werden<br />

können.<br />

Als wir nach vier Wochen erfolgreicher Zusammenarbeit bei der<br />

Bewältigung einer Krisensituation unsere Arbeitsbeziehung beendeten,<br />

brachte der Kunde Trennungsschmerz und Traurigkeit zum Ausdruck.<br />

Ich war erstaunt und fragte, was denn für mein Gegenüber unsere<br />

Partnerschaft so wertvoll gemacht habe. "Ich konnte Ihnen alles sagen.<br />

Obwohl wir uns nie gesehen haben, gelang es Ihnen so mit mir zu<br />

sprechen, dass für mich klar war, hier kann ich mich von meiner<br />

schwächsten Seite zeigen. Gleich zu Beginn unseres ersten Gesprächs<br />

haben Sie mir sehr persönliche Dinge über sich selbst erzählt. Sie<br />

waren darin so authentisch und mir zugewandt, dass ich sofort wusste,<br />

hier habe ich einen Mensch vor mir, dem ich uneingeschränkt vertrauen<br />

kann."<br />

Eine Kundin erzählte mir, dass sie mit Ihrem Mann nur beim Autofahren<br />

wirklich wichtige Gespräche führen könne, weil dort jeder in<br />

seine Richtung schaut. Häufig führten sie die dort angestoßenen<br />

Gespräche nach Beendigung der Fahrt weiter, jeder in seinem Sitz<br />

bleibend, den Blick nach vorne gerichtet.<br />

*<br />

*<br />

*<br />

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Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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Eine längerfristige <strong>Coaching</strong>-Beziehung mit einem Allgemeinmediziner<br />

scheiterte, weil ständige Hausbesuche und andere unvorhersagbare<br />

Ereignisse die telefonischen Termine zu häufig platzen ließen. Ein Jahr<br />

später kamen wir auf die Idee, die <strong>Coaching</strong>-Zeiten an drei bis fünf<br />

Vormittagen einfach in seine Hausarztpraxis einzuflechten und so<br />

genannte Kurzzeit<strong>Coaching</strong>s von fünf bis zehn Minuten zu führen. Die<br />

darauf folgende Zusammenarbeit gestaltete sich prächtig.<br />

Die Tante eines Kunden, mit der er sich sehr verbunden fühlte, lag<br />

überraschend im Sterben. Mitten in einem wichtigen Projekt war der<br />

IT-Leiter völlig aus der Bahn geworfen. Gerade aus der Intensivstation<br />

kommend rief er mich an. In nur zehn Minuten war das Wesentliche<br />

gefunden, das bisher nicht Gesagte formuliert. Er kehrte um, ging<br />

nochmals zu der Sterbenden. Er fand die richtigen Worte und erlebte<br />

eine tiefe, angemessene Verabschiedung.<br />

Ein Kunde nutzte seine regelmäßigen Zugfahrten für <strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräche. Er hatte die Möglichkeit, im Zug einen Konferenzraum zu<br />

nutzen. Die häufigen Unterbrechungen wegen schlechter Verbindungen<br />

nutzen wir als kreative Gesprächspausen, bei der wir Raum hatten<br />

den Gesprächsinhalt vertieft zu reflektieren. Diese Pausen und die<br />

daraus entstehenden Gedanken brachten häufig entscheidende Einsichten.<br />

Der Termin für das entscheidende Präsentationsgespräch stand fest.<br />

Die Aufregung meines Kunden war vorprogrammiert. Schließlich war<br />

davon die komplette Neuausrichtung des Unternehmens abhängig. Das<br />

<strong>Coaching</strong> von wenigen Minuten kurz vor dem Termin würdigte einfach<br />

das Lampenfieber, wies nochmals darauf hin, aktives Zuhören zu nutzen<br />

und erinnerte an die fachliche Kompetenz, die er zur Verfügung<br />

stellte. Die Rückmeldung zeigte den großen Wert dieses kurzen<br />

Gesprächs.<br />

*<br />

*<br />

*<br />

*<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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*<br />

Fazit<br />

Ich bin leidenschaftlicher Vertreter der Haltung von Open Space, eine<br />

Arbeitsform für große Gruppen. Im Open Space gibt es einige Richtlinien<br />

und ein Gesetz. Alles dient dazu, Menschen zu unterstützen 100<br />

Prozent Verantwortung für sich selbst und die ganze Gruppe zu übernehmen.<br />

Das einzige Gesetz im Open Space ist das „Gesetz der zwei<br />

Füße“. Damit ist gemeint: Folge dir selbst, folge deinen Füßen, lasse<br />

dich nicht von einer Gruppe, von Menschen oder Meinungen zu<br />

irgendetwas bringen, was du nicht willst. Spüre deine Inspiration und<br />

folge ihr.<br />

Am Telefon machen Menschen viel eher das, was sie wirklich wollen.<br />

Ohne sie über die Grundlagen des Open Space aufzuklären folgen sie<br />

diesen Prinzipien. Das Telefon eignet sich nicht für Erziehungsmaßnahmen<br />

oder Manipulation. Es eignet sich auch nicht für groß angelegte<br />

Überzeugungsfeldzüge. Der Hörer ist schnell aufgelegt oder wird<br />

erst gar nicht abgenommen, wenn die Nummer eines Gegenübers im<br />

Display auftaucht, mit dem man nicht (mehr) sprechen möchte. Wird<br />

ein <strong>Coaching</strong>-Prozess zu langweilig oder uninteressant, ist der Kunde<br />

plötzlich nicht mehr zuverlässig, Termine fallen aus, Vereinbarungen<br />

werden nicht erfüllt.<br />

Das Telefon ist also eine Messlatte, an der schnell deutlich wird, ob<br />

wir gute Arbeit machen oder nicht. Es erzieht uns, Menschen nicht<br />

irgendwohin bringen zu wollen, sondern uns auf ihre Geschwindigkeit<br />

einzustellen und sie auf dem gewählten Weg zu begleiten.<br />

Der wesentliche Kernpunkt von Vertrauen entsteht durch die offene,<br />

authentische Begegnung. Begegnen Sie Ihrem Kunden authentisch –<br />

Ihr Kunde wird es Ihnen nachtun. Das Telefon macht es Ihnen und<br />

Ihrem Kunden leicht, weil keine Widerstände durch äußere Reize<br />

erzeugt werden. Zuletzt hängt es von Ihrer Kompetenz und Erfahrung<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon<br />

(Stephan Josef Dick)<br />

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als Mensch und Coach ab, am Telefon die richtige Ansprache zum<br />

richtigen Zeitpunkt zu finden.<br />

Ich sehe Sie<br />

ja nicht – wie<br />

soll ich da<br />

beichten?<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

__________________________________________________<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

Zwar hören Sie auch im Präsenz<strong>Coaching</strong> zu, aber im Tele<strong>Coaching</strong><br />

ist das Zuhören ungleich wichtiger. Denn hier steht dem Coach nur der<br />

Hörsinn als Informationskanal zur Verfügung. Der TeleCoach nutzt<br />

diesen Kanal daher aktiver zur Informationsaufnahme. Der Fokus verlagert<br />

sich von den nonverbalen auf die verbalen und paraverbalen<br />

Aspekte der Kommunikation. Der TeleCoach erreicht dadurch eine<br />

stärkere Wahrnehmung und Präsenz im Zuhören. Die Kunst des Zuhörens<br />

ist die Kernkompetenz im Tele<strong>Coaching</strong>.<br />

Die Kunst des Zuhörens heißt nicht nur, die Bedeutung von Wörtern<br />

zu verstehen. Vielmehr geht es um das ganzheitliche Erfassen von<br />

Satz- und Stimmmelodie, den Ausdruck der Stimme, um<br />

Wortbetonung, Satzpausen und Unterbrechungen sowie um Wortwahl,<br />

Metaphern und Dialekte.<br />

Wie höre ich als Coach am Telefon? Wie bekomme ich am Telefon<br />

einen ganzheitlichen Eindruck von dem Klienten? Was funktioniert<br />

anders am Telefon als im Präsenz<strong>Coaching</strong>? – das erfahren Sie in diesem<br />

Kapitel. Zwar erläutern wir nicht explizit die Techniken des aktiven<br />

Zuhörens, wie im personenzentrierten Ansatz nach Carl Rogers. Jedoch<br />

werden Sie im Praxisbeispiel diese Interventionstechniken wie z. B.<br />

Fragen, Unterbrechung, das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte<br />

wieder finden.<br />

Am Telefon kommunizieren –<br />

verbal, nonverbal, paraverbal<br />

In manchen Fällen können Sie beides nutzen, den visuellen und den<br />

auditiven Sinneskanal, wie bei Herrn Müller, den Sie gleich kennen<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

__________________________________________________<br />

lernen werden. Einigen Klienten werden Sie aber nur telefonisch<br />

begegnen, ohne sie je gesehen zu haben.<br />

Ihr Klient ist Herr Müller, 43 Jahre alt, Führungskraft, Teamleiter<br />

von zehn Mitarbeitern. Sein Anliegen im laufenden <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess: Reflektion und Optimierung des eigenen Kommunikationsstils,<br />

um Mitarbeitergespräche erfolgreicher führen zu können. Herr<br />

Müller ruft Sie an, Sie hören seine Stimme, Hintergrundgeräusche ...<br />

aber Sie sehen ihn nicht. Eine Woche zuvor war er zum <strong>Coaching</strong> bei<br />

Ihnen im Büro. Er sah müde aus, trug einen Anzug, war unpünktlich<br />

und seine Hände zitterten nervös.<br />

Was ist nun anders am Telefon? Sie sehen Ihren Klienten zwar nicht,<br />

aber Sie hören ihn. Visuelle Eindrücke stehen Ihnen heute nicht zur<br />

Verfügung. Ihnen bleibt nur der auditive Kanal. Um diesen optimal<br />

nutzen zu können, ist es wichtig, die Rahmenbedingungen des Settings<br />

bei Ihrem Klienten aufmerksam wahrzunehmen und ggf. zu<br />

thematisieren.<br />

Tipp: Besprechen Sie mit Ihrem Klienten am Anfang des Prozesses<br />

optimale Rahmenbedingungen hinsichtlich Raum und Ruhe für das<br />

<strong>Coaching</strong>. Nutzen Sie veränderte Rahmenbedingungen einer Sitzung,<br />

um zusätzliche Informationen über Ihren Klienten zu gewinnen. Herr<br />

Müller ist z. B. in der nächsten <strong>Coaching</strong>-Sitzung nicht, wie gewohnt in<br />

seinem Büro, sondern draußen. Warum wählt Herr Müller heute eine<br />

neutrale Umgebung?<br />

Beabsichtigte und unbeabsichtigte Botschaften werden übermittelt,<br />

auch ohne zu sprechen. Der Kommunikationswissenschaftler, Paul<br />

Watzlawick, beschreibt eine solchermaßen para- und nonverbale Kommunikation<br />

so: „Es muss ferner daran erinnert werden, dass das „Material“<br />

jeglicher Kommunikation keineswegs nur Worte sind, sondern auch<br />

alle paralinguistischen Phänomene (wie z. B. Tonfall, Schnelligkeit …<br />

Lachen und Seufzen), Körperhaltung usw. innerhalb eines bestimmten<br />

Kontextes umfasst – kurz, Verhalten jeder Art.“ 35<br />

Die verbale Kommunikation umfasst das gesprochene Wort, den Inhalt,<br />

die Sprache. Bei der nonverbalen Kommunikation handelt es sich um den<br />

35 Vgl. Watzlawick (1969).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

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nichtsprachlichen Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation.<br />

Sie umfasst also Haltung, Gestik, Mimik, Abstand und Augenkontakt,<br />

Arm- und Beinhaltung, Bewegungsabläufe, Kleidung, vegetative<br />

Symptome wie z. B. Erröten und Schwitzen. Mit der Körpersprache<br />

gibt der Sender dem Empfänger zu verstehen, wie er zu ihm steht und<br />

wie er seine Botschaft verstanden wissen will. Den größten Teil der<br />

nonverbalen Signale senden wir unbewusst.<br />

Im Präsenz<strong>Coaching</strong> haben Sie einen unmittelbaren visuellen Eindruck<br />

von den nonverbalen Signalen. Am Telefon entfallen visuelle<br />

Eindrücke und Informationsträger. Dadurch gewinnt die paraverbale<br />

Kommunikation eine wesentlich größere Bedeutung. Bei den paraverbalen<br />

Merkmalen geht es um die Art und Weise des Sprechens (Stimmeigenschaften<br />

und Sprechverhalten). Wahrgenommen werden v. a.<br />

Stimmlage, Tonfall, Resonanzraum und das Sprechverhalten wie Artikulation,<br />

Lautstärke, Sprechtempo und Sprachmelodie einschließlich<br />

Sprechpausen und Schweigen. Auch hier werden die nichtsprachlichen<br />

Elemente meist unbewusst vermittelt. Die Erfahrung zeigt, dass nicht<br />

die expliziten Botschaften die eigentlichen Hauptinformationen senden,<br />

sondern die implizit gesendeten. 36<br />

„Sitzen Sie bequem und haben Sie dafür gesorgt, dass Sie nicht<br />

gestört werden?“ Herr Müller schweigt. Eine besondere Herausforderung<br />

liegt darin, das Schweigen am Telefon auszuhalten. Sie erleben<br />

intensiv, was gerade passiert: Herr Müller reagiert auf Ihre Frage<br />

nicht, oder er reagiert mit Schweigen? Schweigt er, weil Sie bei ihm<br />

etwas angestoßen haben oder ist er einfach nur abgelenkt? Diese<br />

Situation kann Sie verunsichern, weil Sie nicht wissen, was er aktuell<br />

tut und Sie seine Reaktion zunächst nicht deuten können. Sie fragen<br />

nach: „Herr Müller, Sie schweigen, was beschäftigt Sie derzeit? Was<br />

lässt Sie schweigen?“ Herr Müller spricht langsam, findet kaum<br />

Worte, um sein Anliegen für die Sitzung zu formulieren. Und<br />

manchmal stürzen die Worte geradezu aus ihm heraus, dann wieder<br />

schweigt er und seufzt. Nicht das, was der Klient sagt, macht hier<br />

den Unterschied, sondern wie er es sagt.<br />

36 Vgl. Schulz von Thun (1999).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

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Tipp: Wie nehmen Sie das Schweigen wahr? Spüren Sie in die Situation<br />

hinein und entscheiden Sie dann, wie Sie intervenieren wollen: Sie<br />

können z. B. das Schweigen aushalten, benennen oder hinterfragen.<br />

Herr Müller antwortet: „Ich habe gerade ein anstrengendes Mitarbeitergespräch<br />

geführt, das mich noch sehr beschäftigt.“ Er seufzt<br />

laut und seine Stimme klingt beklemmt. Vor seinem nächsten Satz<br />

holt er tief Luft und seine Stimme ist wieder klarer verständlich. Sie<br />

hören sein lautes Atmen am Telefon – manchmal langsam und<br />

manchmal schnell. Er trinkt ein Glas Wasser und Sie hören, dass er<br />

in seinem Büro auf und ab geht. Seine Sekretärin klopft an und er<br />

wimmelt sie ab. Sie hören andere Geräusche und fragen Herrn Müller,<br />

was er gerade macht. Er trinkt wieder, weil er einen trockenen<br />

Mund hat.<br />

Tipp: Die Art, wie der Klient spricht, lässt Rückschlüsse auf die<br />

Körperhaltung und somit auch den Zustand des Klienten zu. Eine<br />

Möglichkeit wäre hier, aktiv die Körperhaltung des Klienten zu thematisieren<br />

und zu verändern, z. B. durch eine gerade und entspannte Sitzhaltung<br />

und eine bewusste Atmung. So steigern Sie die Präsenz und die<br />

Eigenwahrnehmung des Klienten insbesondere seiner aktuellen<br />

Gefühle.<br />

Eine weitere Interventionsmöglichkeit ist die Arbeit mit einem analogen<br />

Bild: Durch Nachfragen können Sie Eindrücke sammeln, die<br />

Ihnen die Möglichkeit geben, die Situation von Herrn Müller zu visualisieren,<br />

ohne ihn zu sehen. So ist es möglich, den aktuellen Zustand von<br />

Herrn Müller noch vollständiger zu erfassen. Die Eindrücke vor Ihrem<br />

inneren Auge können Sie dem Klienten zur Verfügung stellen, wie es<br />

auch im Präsenz<strong>Coaching</strong> üblich ist. Durch die konzentrierte Wahrnehmung<br />

am Telefon entsteht vor Ihrem inneren Auge noch ein<br />

stärkeres Bild.<br />

„Herr Müller, ich habe das Gefühl, dass Sie unter der Last des<br />

Gesprächs leiden, als hätten Sie einen Sack voller Steine zu<br />

schleppen.“<br />

Die Metapher dient dazu, das aktuelle Anliegen zu konkretisieren<br />

und den <strong>Coaching</strong>-Prozess fortzuführen. Egal ob der Klient Ihren<br />

Eindruck bestätigt oder verneint, in beiden Fällen sind Sie wieder einen<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

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(Sabine Engelhardt)<br />

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Schritt weiter. Die Verneinung gibt Ihnen die Möglichkeit im Dialog<br />

mit dem Klienten das so entstandene Bild zu korrigieren.<br />

Dem Telefon-Coach stehen weitere paraverbale Informationsquellen zur<br />

Verfügung:<br />

Die paraverbale Kommunikation umfasst das ganze Spektrum der<br />

Stimme, mit der wir eine Botschaft aussprechen. Die beinhaltet: Die<br />

Stimmlage (hoch/ tief, tragend/ zitternd), die Lautstärke (angenehm/<br />

unangenehm, laut/ leise), die Betonung einzelner Wörter und<br />

Satzteile, das Sprechtempo (schnell/ langsam), die Sprachmelodie<br />

(eintönig/ moduliert/ singend). Die Stimme ist somit ein wichtiger<br />

Informationsträger. Weit über ein Drittel der empfangenen Botschaft<br />

erfolgt über die paraverbale Kommunikation. Zusammen mit der nonverbalen<br />

Kommunikation macht dies über 90 Prozent aus.<br />

Im Tele<strong>Coaching</strong> habe ich es bisher nicht erlebt, dass jemand seine<br />

Stimme bewusst verstellt. Aufgrund der vertrauensvollen Beziehung<br />

zum Klienten und der Sensibilität ist schnell zu merken, wenn etwas<br />

nicht stimmt. Wie schon Friedrich Nietzsche sagte: „Wir lügen mit<br />

dem Mund, aber sagen mit dem Maul, das wir dabei machen, doch die<br />

Wahrheit“. Es geht nicht nur darum, die Worte richtig zu verstehen,<br />

sondern auch alle anderen komplexen Signale richtig zu deuten.<br />

Kerstin Kuschik, Stimmtrainerin<br />

„Die Stimmgebung basiert auf der Ausatmung. Der Atem ist an das<br />

vegetative Nervensystem gekoppelt und wird nahezu reflexartig von<br />

ihm gesteuert. Das vegetative Nervensystem beeinflusst Zustände<br />

wie Stress, Angst, Wut, Ruhe oder Gelassenheit. Diese erfordern<br />

Fluchtreaktionen, erhöhte Atmung/ Blutdruck usw. Neben den<br />

Atemmuskeln werden Herztätigkeit und Kreislauf vom vegetativen<br />

Nervensystem gesteuert. Deshalb werden Emotionen über den Atem<br />

an der Stimme „hörbar“. Um Stimme hervorzubringen, koordinieren<br />

wir die Atemmuskeln in Kehle und Kehlkopf. Weitere Muskeln im<br />

Mundraum (Zunge, Lippen...) dienen der Sprachbildung, der Stimmstrom<br />

aus der Kehle wird „artikuliert“. Das Wahrnehmungsorgan für<br />

alles Klingende ist das Ohr, unser differenziertester Sinn. Wir<br />

„hören“ simultan Aussprachegewohnheiten, Sprechtempomuster,<br />

Sprechmelodie-Eigenheiten, Schwankungen des Atemstromes. Eine<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

__________________________________________________<br />

müde Stimme hat kaum hohe Frequenzen. Wir nehmen sie als<br />

„matt“ wahr. Gleichzeitig spricht der Gesprächspartner langsamer als<br />

gewöhnlich, hat eine veränderte Sprachmelodie, benutzt weniger<br />

Töne und geht zum Satzende mit der Melodie früher herunter. Dabei<br />

ist es uns gar nicht bewusst, dass wir solche Auswertungen treffen.<br />

Wir können die Stimme nur wahrnehmen und interpretieren, und<br />

leider auch falsch interpretieren.“ 37<br />

Nun wechseln wir die Perspektive von der Stimme des Klienten auf<br />

den bewussten Einsatz der eigenen Stimme des Coachs.<br />

Beziehungsaufbau: Sowohl in der Kontaktphase als auch während<br />

des laufenden Prozesses können Sie dieses Wissen um Stimme und<br />

Atmung aktiv nutzen, um eine empathische und vertrauensvolle Beziehung<br />

aufzubauen. Sie bringen als Coach Ihre innere Haltung über die<br />

Stimme zum Ausdruck. Somit geben Sie Ihrem Klienten direkt am<br />

Anfang des <strong>Coaching</strong>s das Gefühl, richtig und angenommen zu sein.<br />

Vor einem Tele<strong>Coaching</strong> nehme ich mir ausreichend Zeit, um mich<br />

zu sammeln und auf das <strong>Coaching</strong> einzustimmen und vorzubereiten.<br />

„Guten Tag, Herr Müller, ich freue mich, dass Sie mich (so pünktlich)<br />

anrufen!“<br />

Tipp: Üben Sie diesen Satz mit unterschiedlicher Körperhaltung,<br />

Mimik etc. und reflektieren Sie die Unterschiede. Was nehmen Sie<br />

wahr? Merken Sie den Unterschied?<br />

Sie hören, dass Herr Müller geräuschvoll in seinem Büro auf und ab<br />

geht. „Herr Müller, fühlen Sie sich gestresst? Sie laufen in Ihrem<br />

Büro auf und ab.“<br />

Tipp: Vielleicht gehen Sie in Ihrem Beratungsraum ebenfalls auf und<br />

ab, spüren und empfinden Sie seine Nervosität und seinen Stress. Sie<br />

hören seine Stimme und nehmen seinen Zustand sowie Stimmung<br />

wahr. Vielleicht haben Sie die Augen geschlossen und sind somit ganz<br />

auf Ihren Klienten konzentriert.<br />

Im Rapport ist die Wahrnehmungsfähigkeit nochmals gesteigert.<br />

37 Vgl. http://www.stimmbildung-kuschik.de.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

__________________________________________________<br />

Sie fragen Herrn Müller: „Wie ist Ihr Mitarbeitergespräch gelaufen?<br />

In unserer letzten Sitzung war das Anliegen: Wie kann ich erfolgreich<br />

ein Mitarbeitergespräch führen?“ Er sagt: “Es ist sehr gut gelaufen“.<br />

Seine Stimme klingt dabei jedoch zittrig und schwach. Botschaft und<br />

Ausdruck stimmen nicht überein. Ich gebe ihm meine Wahrnehmung<br />

des Widerspruchs in seiner Aussage wider und hake nach und steige<br />

dadurch tiefer in das Thema ein. Vielen Menschen ist diese Inkongruenz<br />

oftmals nicht bewusst.<br />

Tipp: Überprüfen Sie die Stimmigkeit zwischen Aussage und Ausdruck<br />

des Klienten. Spiegeln Sie dem Klienten Inkongruenzen wider,<br />

um seine Wirkung zu verdeutlichen und seine Botschaft zu verstehen –<br />

siehe auch im nächsten Abschnitt Jeder hört und spricht anders.<br />

Vielleicht erfahren Sie sogar eine körperliche Resonanz. Sie können<br />

nicht nur mit Ihren Ohren zuhören, sondern hören mit dem ganzen<br />

Körper. Sie erfahren eine unbewusste körperliche Reaktion auf den<br />

Klienten. Das können z. B. Nackenverspannungen, körperliche und/<br />

oder geistige Schwere sein. Auch dies können Sie Herrn Müller zurückgeben<br />

und fragen, ob er sich auch gerade so fühlt.<br />

Tipp: Reflektieren Sie Ihre körperliche Wahrnehmung: Die eigene<br />

Resonanz im Körper spiegelt Ihre Reaktionen wider. Benennen Sie<br />

gegebenenfalls Gestik, Handlung und körperliche Reaktionen, die Sie<br />

gerade ausüben und wahrnehmen, z. B.<br />

„Herr Müller, ich merke, wenn Sie mir das so sagen, dass mein Kopf<br />

schwer wird.“<br />

Tipp: Lassen Sie sich Ihre Wahrnehmung bestätigen oder verneinen.<br />

Schreiben Sie Ihre Eindrücke im Tele<strong>Coaching</strong> auf. Das hilft Ihnen<br />

Kontakt zu Ihrem Klienten zu halten und steigert Ihre Konzentration<br />

beim Zuhören.<br />

Wortwahl und Metaphern: Wortwahl und Metaphern sind vielschichtig.<br />

Sie erzählen etwas über die Kultur und das Milieu, woher der<br />

Klient stammt und wie er lebt. Sie geben Einblick in den seelischen<br />

Zustand des Klienten.<br />

Herr Müller sagt: „Ich habe die Nase voll, auf die Forderungen der<br />

Mitarbeiterin einzugehen und das ohne Gegenleistung – am besten<br />

sollte sie direkt kündigen!“<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

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Herr Müller erzählt so eine ganze Menge über seinen Zustand und<br />

seine Stimmung.<br />

Tipp: Wie im Präsenz<strong>Coaching</strong> können Sie diesen wichtigen Hinweis<br />

aufnehmen und dem Klienten die Wirkung seiner Aussage verdeutlichen.<br />

„Herr Müller, das Gespräch geht Ihnen richtig nah, Sie sind ziemlich<br />

resigniert und wütend?“ – „Stimmt. Ich bin selber überrascht, wie<br />

emotional ich auf das geführte Gespräch reagiere. Es war mir so gar<br />

nicht bewusst, wie viel Energie mir die derzeitige Situation mit meiner<br />

Mitarbeiterin raubt. Wie komme ich jetzt aus diesem Zustand<br />

heraus?“ – "Herr Müller: Was soll in unserem Gespräch geschehen,<br />

damit es sich für Sie gelohnt hat?" Herr Müller schweigt. Nach einer<br />

Pause sagt er: "Ich würde eine emotionale Entlastung spüren und<br />

handlungsfähig sein – derzeit weiß ich nicht, was ich machen soll."<br />

Jeder hört und spricht anders – Gehörtes sichtbar<br />

machen<br />

Ein äußerst hilfreiches Modell im Tele<strong>Coaching</strong> ist das Kommunikationsquadrat<br />

von Friedemann Schulz von Thun. 38 Das Modell unterstützt<br />

Sie, Ihre eigenen Gesprächs- und Hörgewohnheiten sowie die<br />

Ihres Klienten zu analysieren und zu spiegeln.<br />

Nach Schulz von Thun ist es offensichtlich „dass ein und dieselbe<br />

Nachricht stets viele Botschaften gleichzeitig enthält. Dies ist eine<br />

Grundtatsache des Lebens, um die wir als Sender und Empfänger nicht<br />

herumkommen. Dass jede Nachricht ein ganzes Paket mit vielen Botschaften<br />

ist, macht den Vorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation<br />

so kompliziert und störanfällig, aber auch so aufregend und<br />

spannend“. 39<br />

Was sagt das Modell? Eine verbale Äußerung enthält vier Arten von<br />

Botschaften gleichzeitig: die Sach-Botschaft (den rein sachlichen Inhalt<br />

der Äußerung), die Appell-Botschaft (eine Aufforderung auf die Äuße-<br />

38 Vgl. Schulz von Thun (1999) und (2007).<br />

39 Schulz von Thun (1999).<br />

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Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

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rung zu reagieren), die Beziehungsbotschaft (eine Auskunft über das<br />

Verhältnis der Kommunikationspartner zueinander und darüber, was<br />

der Sprechende vom Gesprächspartner hält) und die Selbstkundgabe-<br />

Botschaft (eine Auskunft darüber, wie es dem Sprechenden gerade<br />

geht).<br />

Gehörtes deutlich machen für den Coach: Entwickeln Sie für die<br />

Arbeit am Telefon Ihre „vier Ohren“, um zu hören, was Ihnen Ihr<br />

Klient auf allen Ebenen der Kommunikation mitteilt. So kann es gelingen,<br />

angemessen und tiefgehend auf den Klienten einzugehen und ihm<br />

zu ermöglichen, seine Selbstkundgabe weiter zu fördern.<br />

Mit welchem Ohr können Sie am Telefon hören? Folgendes Beispiel<br />

kann zu unterschiedlichen inneren oder äußeren Reaktionen führen.<br />

Herr Müller sagt Ihnen: „Ich habe das Gefühl, dass wir im <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess nicht weiterkommen“.<br />

Welche möglichen Botschaften sind in dieser Aussage enthalten?<br />

Sachohr: „Der Prozess geht nicht weiter.“<br />

Selbstkundgabe-Ohr: „Ich stehe unter Druck“ und/ oder „ich habe<br />

hohe Erwartungen an mein Umfeld“, „Ich habe Angst, Stress“, „Ich<br />

bin hilflos, pessimistisch“.<br />

Beziehungs-Ohr: „Sie sind ein schlechter Coach“ oder/und „ich bin<br />

Ihr Auftraggeber und Sie sind Dienstleister“, „Ich kann Ihnen etwas<br />

sagen, ich vertraue Ihnen“.<br />

Appell-Ohr: „Machen Sie etwas“ oder/und „Denken Sie sich etwas<br />

aus“, „Helfen Sie mir, dass ich etwas machen kann“.<br />

Nutzen Sie das 4-Ohren-Modell um besser zu hören. Durch nachstehende<br />

Fragen können Sie Ihre vier Ohren einzeln auf Empfang<br />

stellen und werden empfänglich für die Botschaften Ihres Klienten:<br />

Sachohr: Welche Informationen höre ich aus dem Gesagten des<br />

Klienten heraus?<br />

Selbstkundgabe-Ohr: Welche Mitteilungen erhalte ich über die persönlichen<br />

Eigenarten des Klienten und über seine aktuelle Stimmung<br />

und Gefühle – was bewegt ihn?<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

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Beziehungs-Ohr: Was hält der Klient wohl von mir als Coach? Wie<br />

sieht die Beziehung aus, fühlt er sich wohl in seiner Rolle oder vertraut<br />

er mir? Oder was will er mitteilen, z. B. dass ich nicht weggehen soll<br />

und er Hilfe benötigt. Doch Vorsicht: Problematisch könnte es für den<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess sein, wenn Sie als Coach das Beziehungs-Ohr zu<br />

sehr auf die Coach-Klientenbeziehung konzentrieren.<br />

Appell-Ohr: Was will der Klient als Führungskraft von seinem Mitarbeiter<br />

oder von mir als seinem Coach?<br />

Tipp: Zeichnen Sie sich am Anfang der Sitzung das Kommunikationsquadrat<br />

auf und analysieren Sie das Anliegen mit den vier Seiten.<br />

Dies ermöglicht Ihnen die unterschiedlichen Botschaften schneller und<br />

einfacher zu hören. Und spiegeln Sie verbal die vier Aspekte, um<br />

herauszubekommen, was der Klient wirklich ausdrücken will.<br />

Die Botschaften, die Sie aus dem Anliegen des Klienten heraushören<br />

können, sind vielseitig. Inkongruenzen können genauso wie versteckte<br />

Botschaften aufgedeckt werden. Die „Hör-Arbeit“ ermöglicht ein vollständiges<br />

Erfassen der Botschaft des Klienten. Die Qualität der Botschaft<br />

ist damit auch abhängig von dem Grad der Empfindlichkeit und<br />

Unempfindlichkeit der aktuellen Stimmung des Empfängers. Sie als<br />

Empfänger haben die freie Auswahl, was Sie hören möchten. Je nach<br />

persönlicher Vorliebe können Sie darauf reagieren. Um sicherzugehen,<br />

dass Sie die Botschaft nicht missverstehen, sollten Sie prüfen, ob das,<br />

was Sie gehört haben, auch das ist, was der Gesprächspartner gemeint<br />

hat. Oft ist sich der Sender selbst nicht klar, was er auf allen vier Ebenen<br />

des Gesprächs wirklich meint.<br />

Fazit<br />

Viele Coachs scheuen sich, Tele<strong>Coaching</strong> anzubieten, da ihnen die<br />

visuelle Wahrnehmung fehlt. Doch mit etwas Übung können Sie als<br />

Coach den vermeintlichen Wahrnehmungsverlust im Tele<strong>Coaching</strong><br />

mehr als ersetzten: Über die verschiedenen Facetten der verbalen und<br />

paraverbalen Kommunikation gelangen Sie mindestens genauso gut wie<br />

im Präsenz<strong>Coaching</strong> zu einem ganzheitlichen Bild Ihres Klienten.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens<br />

(Sabine Engelhardt)<br />

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Ich erlebe es persönlich als sehr unterstützend, auf den Hörsinn als<br />

Wahrnehmungskanal konzentriert zu sein. Mein Zuhören hat sich<br />

durch die Fokussierung sogar verstärkt und verfeinert. Dadurch nehme<br />

ich deutlicher und intensiver wahr.<br />

Beherrschen Sie die Kunst des Zuhörens, verschaffen Sie sich ein<br />

akustisches Bild, welches das visuelle Bild ersetzt. Klischeehafte<br />

Interpretationen, die wir in der täglichen visuellen Begegnung mit Menschen<br />

erleben, werden erheblich reduziert. Sie können sich voll und<br />

ganz auf das Zuhören konzentrieren.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> fördert eine wertneutrale Coach-Klienten-Beziehung,<br />

insbesondere fällt es dem Klienten leichter sich emotional und verbal<br />

zu öffnen.<br />

Ja, ich kann<br />

ungestört<br />

sprechen!<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Vom Ton zum Tun –<br />

Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Auch beim Tele<strong>Coaching</strong> geht es um Resultate. In diesem Abschnitt<br />

geht es um die Beantwortung der Frage, wie Sie mit dem Klienten am<br />

Telefon engagiert, konzentriert und ergebnisorientiert arbeiten können.<br />

Der erfahrene PräsenzCoach wird bemerken, dass die meisten der<br />

genannten Aspekte nicht exklusiv für das Tele<strong>Coaching</strong> gelten, sondern<br />

beim Präsenz<strong>Coaching</strong> genau so relevant sind. Gleichwohl ergeben<br />

sich stellenweise abweichende Möglichkeiten für den TeleCoach, mit<br />

diesen Herausforderungen am Telefon konstruktiv umzugehen. Ansonsten<br />

ist die hohe Schnittmenge an Herausforderungen und möglichen<br />

Problemsituationen sowie die der jeweiligen Handlungsempfehlungen<br />

im Präsenz- und Tele<strong>Coaching</strong> ein Hinweis darauf, dass die<br />

Unterschiede zwischen beiden Formaten im praktischen Alltag zumeist<br />

weniger groß sind als zunächst vermutet.<br />

Den Klienten beim Wort nehmen<br />

Die Konzentration auf das Hören wurde eingangs als der große<br />

methodische Vorzug des Tele<strong>Coaching</strong>s gegenüber dem Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> dargestellt. 40 Erst durch den Ausschluss des Gesichtssinns<br />

kann sich demnach das ganze Potenzial des Hörens im Gespräch entfalten.<br />

Doch nicht nur das Sehen, auch Arme und Hände, die Werkzeuge<br />

des Willens und der Tat, sind am Telefon dem direkten Einfluss<br />

durch den jeweils anderen Gesprächspartner entzogen. Wie kann beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> sichergestellt werden, dass es nicht nur beim intensiven<br />

und erhellenden Gespräch bleibt, sondern das Besprochene sich in den<br />

40 Vgl. Die neue Dimension des <strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s (S. 44 ff).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Alltag des Klienten hinein auswirkt und die gewünschte Veränderung<br />

erzeugt?<br />

Die Gefahr ist hier in der Tat größer als beim Präsenz<strong>Coaching</strong>, da<br />

der tiefe und verpflichtende Blick in die Augen des Klienten am Telefon<br />

nicht möglich ist. Stattdessen muss der Klient beim Wort genommen<br />

werden – aber wie?<br />

Von einer starken Vertrauensbasis als notwendige Voraussetzung für<br />

einen erfolgreichen <strong>Coaching</strong>-Prozess wurde bereits an anderer Stelle<br />

gesprochen. 41 Auch die Bedeutung eines <strong>Coaching</strong>-Vertrags mit klaren<br />

Zielen und Arbeitsschritten als verbindlicher Arbeitsrahmen wurde<br />

bereits betont. 42 Demnach stellt nicht zuletzt die Aussicht auf eine<br />

qualitative und quantitative Bewertung der <strong>Coaching</strong>-Arbeit durch den<br />

Vorgesetzten einen erheblichen, wenngleich extrinsischen Motivationsfaktor<br />

dar. Doch über diese Rahmenbedingungen hinaus braucht es<br />

über den gesamten <strong>Coaching</strong>-Prozess hinweg am Telefon besonderer<br />

Anstrengungen, um vom Ton zum Tun zu gelangen:<br />

• Die <strong>Coaching</strong>-Ziele sollten dem Klienten immer wieder ins<br />

Bewusstsein gerufen werden. Je klarer dem Klienten der angestrebte<br />

Zielzustand vor dem inneren Auge steht, umso größer ist<br />

seine Bereitschaft, sich persönlich für dessen Erreichung einzusetzen.<br />

Da ein <strong>Coaching</strong>-Prozess thematisch nie in ganz engen<br />

Bahnen verläuft und auch nicht verlaufen muss, sollte nach<br />

jedem Gespräch geprüft werden, wo man sich im gesamten<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess auf dem Hintergrund des <strong>Coaching</strong>-Vertrags<br />

gerade befindet und welche Schritte als nächstes anstehen.<br />

• Damit das <strong>Coaching</strong> an den Bedürfnissen des Klienten ausgerichtet<br />

ist, sollte der Klient durch den Coach zu Beginn eines jeden<br />

<strong>Coaching</strong>-Gesprächs abgeholt werden. Was sind Themen und<br />

Erlebnisse, die den Klienten derzeit besonders absorbieren? Das<br />

<strong>Coaching</strong> sollte sich mit seinen Inhalten ganz dicht an den konkreten<br />

Bedürfnissen und der Lebenswirklichkeit des Klienten<br />

41 Vgl. Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung am Telefon (S. 108 ff).<br />

42 Vgl. Der <strong>Coaching</strong>-Vertrag (S. 100 ff).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

bewegen. Aktuelle Themenstellungen und Probleme sollten<br />

daher jederzeit in das <strong>Coaching</strong> integriert werden. Zumeist lässt<br />

sich dabei eine Brücke zu den eigentlichen <strong>Coaching</strong>-Themen<br />

schlagen, da dieses in der Lebenswirklichkeit des Klienten an<br />

vielen Stellen Wellen schlägt. Überhaupt sollte sich der Coach am<br />

Ende eines jeden <strong>Coaching</strong>-Gesprächs vergewissern, inwiefern<br />

das <strong>Coaching</strong> den tatsächlichen Bedürfnissen des Klienten entsprochen<br />

hat.<br />

• Damit verbunden ist das Angebot an Klienten, jederzeit Themen<br />

und Fragestellungen in den <strong>Coaching</strong>-Prozess einbringen zu<br />

können, die nicht im <strong>Coaching</strong>-Vertrag fixiert sind. Der Coach<br />

greift diese Themen auf und integriert sie nach Möglichkeit in<br />

den weiteren Prozess oder er verabredet mit dem Klienten, wie er<br />

mit der Fragestellung weiter umgehen kann (z. B. Buchempfehlung,<br />

Ansprechpartner benennen etc.). In diesem Fall erkundigt<br />

sich der Coach im nächsten Gespräch nach der weiteren Entwicklung<br />

des Themas.<br />

• Da der Redeanteil des Klienten gegenüber dem Coach gewöhnlich<br />

sehr hoch ist (80:20), finden Klienten nicht ohne weiteres<br />

Zeit und Aufmerksamkeit, wichtige Gedanken schriftlich festzuhalten.<br />

Da der Coach das Schreibverhalten des Klienten am Telefon<br />

nicht beobachten kann, sollte er in Abständen innehalten und<br />

den Klienten ermuntern, bestimmte Gedanken und Stichworte<br />

zu notieren. Hierzu sollte er dem Klienten hinreichend Zeit<br />

lassen.<br />

• Der Coach sollte den Klienten ermuntern ein <strong>Coaching</strong>-Tagebuch<br />

oder Logbuch anzulegen. Auf diese Weise wird die Bedeutung<br />

des <strong>Coaching</strong>s unterstrichen. In das Logbuch gehören Notizen,<br />

die während eines <strong>Coaching</strong>-Gesprächs angefertigt werden,<br />

sowie die Vorbereitungen und Nachbereitungen der Sitzungen<br />

und zwischenzeitliche Gedanken und Erfahrungen. Im<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräch sollte der Coach aktiv nach neuen Logbuch-<br />

Einträgen fragen.<br />

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Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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• Praktische Aufgabenstellungen zwischen zwei <strong>Coaching</strong>-Gesprächen<br />

stellen sicher, dass sich der Klient auch zwischenzeitlich mit<br />

den <strong>Coaching</strong>-Inhalten beschäftigt und die Gesprächsergebnisse<br />

in die Praxis umsetzt. Wichtig dabei ist, den Klienten hierbei<br />

weder zu über- noch zu unterfordern. Der Coach kann den<br />

Klienten bitten, selbst Aufgabenstellungen aus den Gesprächsinhalten<br />

abzuleiten, die im Sinne der Selbstverpflichtung für den<br />

Klienten eine größere Verbindlichkeit haben.<br />

• Der Einsatz von Begleitliteratur ist eine weitere Möglichkeit,<br />

durch die der Klient veranlasst werden kann, sich auch zwischen<br />

zwei Gesprächen mit den <strong>Coaching</strong>-Themen zu beschäftigen.<br />

Auf diese Weise muss die wertvolle <strong>Coaching</strong>-Zeit nicht zur<br />

Vermittlung von Basiswissen (z. B. zum Thema Führung) verwendet<br />

werden, sondern kann auf die individuelle Komponente<br />

konzentriert werden.<br />

• Weiß der Klient von Erfolgen zu berichten, dann sollten diese<br />

gebührend gefeiert werden. Dabei gilt es den Klienten zu veranlassen,<br />

die Erfolgsumstände ausführlich zu erzählen, um so das<br />

Handlungsmuster möglichst tief bei dem Klienten zu verankern.<br />

Der Coach kann durch interessiertes Nachfragen die Bedeutung<br />

der Erfahrung unterstreichen und weitere Aspekte herausarbeiten.<br />

Die auf diese Weise gezeigte Wertschätzung motiviert den<br />

Klienten auf diesem Weg weiterzugehen.<br />

Umgang mit Schwierigkeiten<br />

Die bisherigen Hinweise und Empfehlungen an den Coach zielten<br />

darauf, den <strong>Coaching</strong>-Prozess am Telefon durch richtige Vorbereitung<br />

und Steuerung möglichst reibungslos zu gestalten. Doch auch beim<br />

Tele<strong>Coaching</strong> läuft nicht immer alles glatt und für solche Fälle ist es<br />

gut, als Coach ein paar Ideen für den Umgang mit auftretenden Problemen<br />

zu haben:<br />

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(Ralf Borlinghaus)<br />

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Nach erfolgtem Auftragsgespräch kommt es nicht zur Mandatierung.<br />

Das ist häufig der Fall, wenn der Klient zwischen einem Präsenz-<br />

und einem Tele<strong>Coaching</strong> frei wählen kann. Das Telefon erscheint<br />

vielen noch als ungewohnt, so dass die Präsenzsituation vorgezogen<br />

wird. Gleichwohl hängt hier viel auch von der Persönlichkeit des<br />

Coachs ab und von seiner Fähigkeit, im Rahmen des Auftragsklärungsgesprächs<br />

Verbindlichkeit herzustellen. Der Klient muss von Anfang<br />

Vertrauen, Verständnis und Kompetenz erleben 43 . Zugleich muss er<br />

die mit dem Tele<strong>Coaching</strong> verbundenen praktischen und methodischen<br />

und als Selbstzahler auch die finanziellen Vorteile verstehen. Am Ende<br />

des Auftragsklärungsgesprächs trägt zur Verbindlichkeit bei, wenn der<br />

Coach fragt: Welche grundsätzlichen Fragen sind denn jetzt noch<br />

offen, damit Sie sich für ein Tele<strong>Coaching</strong> mit mir entscheiden können?<br />

Gibt es tatsächlich noch Fragen, dann sollten diese jetzt noch<br />

abgearbeitet werden. Ansonsten hilft es dem Klienten, wenn bereits<br />

vorbehaltlich der Genehmigung des Tele<strong>Coaching</strong>s durch die Auftraggeber<br />

ein erster <strong>Coaching</strong>-Termin verabredet wird, der dann einfach<br />

nur noch zu bestätigen ist.<br />

Die Terminfindung gestaltet sich schwierig. Insbesondere wenn<br />

Telefonate von unterwegs geführt werden oder Sekretariate mit im<br />

Spiel sind, ist die Vereinbarung von Folgeterminen am Ende des<br />

<strong>Coaching</strong>-Gesprächs mit dem Klienten oft schwierig. Entweder sollte<br />

sich der Coach dann direkt mit dem Sekretariat des Klienten in Verbindung<br />

setzen oder dem Klienten per E-Mail Terminangebote für<br />

zuvor erfragte günstige Zeitfenster schicken. Insbesondere Randzeiten<br />

erhöhen die Chancen auf einen Termin. Ein enervierendes Hin und<br />

Her, das die Motivation des Klienten beeinträchtigt, sollte nach Möglichkeit<br />

vermieden werden.<br />

Vereinbarte Termine werden häufig verschoben. Dieses Phänomen<br />

kann verschiedene Ursachen haben. 1. Mangelndes Selbst-Management<br />

seitens des Klienten, der seine Terminkoordination nicht im<br />

Griff hat. In diesem Fall sollte der Coach mehr Zeit mit dem Klienten<br />

auf die Suche nach einem sicheren Terminfenster verwenden. Zudem<br />

43 Vgl. S. 97.<br />

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(Ralf Borlinghaus)<br />

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sollte auf sicherere Randzeiten ausgewichen werden. 2. Das <strong>Coaching</strong><br />

hat bei dem Klienten keine hohe Priorität und wird blindlings allen<br />

alternativen Terminereignissen geopfert. In diesem Fall muss an der<br />

Motivation des Klienten gearbeitet werden (s. u.). Hier kann es als<br />

Ultima Ratio durchaus Sinn machen, dem Klienten gegenüber den<br />

Abbruch des <strong>Coaching</strong>s mit entsprechender Information an die Auftraggeber<br />

anzubieten. 3. Der Klient unterliegt Sachzwängen, die ihm<br />

die Wahrnehmung von <strong>Coaching</strong>-Terminen objektiv nicht erlauben.<br />

Auch hier kann ein Ausweichen auf Randzeiten oder Wochenenden die<br />

Lösung sein. Zudem können diese Sachzwänge dann ihrerseits zu<br />

einem <strong>Coaching</strong>-Thema gemacht werden. Oder aber die Verschiebung<br />

des <strong>Coaching</strong>s in weniger dichte Arbeitsperioden ist hier die Lösung.<br />

Der Klient ist zum verabredeten Zeitpunkt häufig nicht verfügbar.<br />

Dies ist eine Frage des Selbst-Managements. Der Coach sollte<br />

frühzeitig seine Unzufriedenheit mit diesem Zustand zum Ausdruck<br />

bringen und den Klienten bei der Vereinbarung von Folgeterminen<br />

fragen, ob er den pünktlichen Beginn des avisierten Termins auch<br />

sicherstellen kann oder ob man sich besser gleich für später verabreden<br />

sollte. Dem Klienten sollte deutlich gemacht werden, dass Wartezeiten<br />

als <strong>Coaching</strong>-Zeiten gelten. In diesem Zusammenhang versteht sich<br />

von selbst, dass der TeleCoach pünktlich ist, also selbst hinreichend<br />

Puffer für eventuelle Unwägbarkeiten einplant.<br />

Der Klient hat für das Gespräch nicht die notwendige Ruhe.<br />

Dies ist häufig der Fall, wenn das <strong>Coaching</strong> in den normalen Tagesablauf<br />

eingebunden ist und wichtige Termine vorangehen oder sich direkt<br />

anschließen. Auch hier bietet es sich an, <strong>Coaching</strong>-Termine verstärkt in<br />

Randzeiten zu verlegen. Bei privaten Verpflichtungen ist häufig auch<br />

der Abend nicht einfach zu realisieren, so dass sich die Zeit morgens<br />

vor den ersten Terminen am ehesten anbietet. Der Klient sollte<br />

ermuntert werden, das Gespräch von zuhause aus zu führen und später<br />

ins Büro gehen. Neben der Terminfindung kann der Coach dem<br />

Klienten z. B. mit einer kurzen Trance helfen, die Unruhe abzulegen<br />

und im <strong>Coaching</strong> anzukommen. Wenn der Klient diese Ruhe tatsächlich<br />

erlebt, wird er sich auf die Wiederholung dieses Zustandes bei<br />

künftigen <strong>Coaching</strong>-Gesprächen freuen.<br />

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Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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Der Klient ist nicht vorbereitet. Auch hier sind mehrere Gründe<br />

denkbar: 1. Der Klient fühlt sich durch das <strong>Coaching</strong> nicht hinreichend<br />

tief angesprochen und spürt den Mehrwert der Aufgabenstellung nicht.<br />

In diesem Fall ist es Sache des Coachs, Gesprächsinhalte und Aufgabenstellung<br />

besser miteinander zu verbinden. Das Gespräch muss für<br />

den Klienten zum Erlebnis werden, an das sich die Aufgabenstellung<br />

unmittelbar anschließt. Der Klient muss spüren, dass das <strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräch erst im Verbund mit der Aufgabenstellung seine volle Wirkung<br />

entfaltet. Ein wesentlicher Faktor ist auch, inwiefern der Coach<br />

die Arbeitsergebnisse des Klienten mit in die <strong>Coaching</strong>-Gespräche<br />

integriert und die gemachten Erfolge feiert. 2. Der Klient hatte für die<br />

Vorbereitung keine Zeit. Der Coach sollte die Aufgaben so stellen, dass<br />

sich deren Erledigung einfach in den normalen Tagesablauf integrieren<br />

lassen: So kann z. B. ein Feedback bei einem gemeinsamen Mittagessen<br />

eingeholt werden, Momente der Selbstbeobachtung kann es in normalen<br />

Alltagssituationen geben. Für Denkaufgaben können Reisezeiten<br />

genutzt werden etc. Der Coach sollte mit dem Klienten die Möglichkeiten<br />

der Realisierbarkeit einer Aufgabe im Arbeitsalltag im Moment<br />

der Vereinbarung besprechen und dabei echte zeitliche Zusatzbelastungen<br />

eher vermeiden. Daneben bietet das Telefon die Möglichkeit,<br />

die Kontaktrate zu erhöhen, um den Klienten im Alltag bei der Umsetzung<br />

von Lösungsansätzen noch besser zu begleiten. Diese Kontakte<br />

müssen oft nicht länger als zehn Minuten dauern.<br />

Der Klient macht scheinbar keine Fortschritte. Hier ist zunächst<br />

zu unterscheiden, ob dies nur aus Sicht des Coachs der Fall ist oder ob<br />

das auch der Klient so empfindet. Im ersten Fall sollte der Coach zunächst<br />

prüfen, ob er den Klienten mit seinen Erwartungen nicht überfordert<br />

und die kleinen Erfolge des <strong>Coaching</strong>s dabei übersieht. Es kann<br />

sein, dass der Klient die <strong>Coaching</strong>-Gespräche trotzdem als wertvoll<br />

und hilfreich erlebt. Möglicherweise sind die <strong>Coaching</strong>-Ziele zu hoch<br />

gesteckt und sollten überprüft werden. Es kann aber auch sein, dass der<br />

Klient nur ungeduldig ist und seinerseits die bereits erzielten Erfolge<br />

unterbewertet. Hier bedarf es des Zuspruchs durch den Coach.<br />

Schließlich kann es sein, dass der <strong>Coaching</strong>-Prozess tatsächlich ins<br />

Stocken geraten ist und keine wirklichen Erfolge mehr erzielt werden,<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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ohne dass die <strong>Coaching</strong>-Ziele bereits erreicht worden wären. Dies kann<br />

seine Ursache darin haben, dass der Coach (noch) nicht den richtigen<br />

Zugang zum Klienten gefunden hat und noch nicht zum eigentlichen<br />

Problem vorgedrungen ist. Möglicherweise greifen die Interventionen<br />

des Coachs noch zu kurz. Hier ist die ganze Handwerkskunst des<br />

Coachs gefragt. Das Telefon als Arbeitsmittel ist durch eine solche<br />

Situation nicht grundsätzlich infrage gestellt.<br />

Drohender Abbruch des <strong>Coaching</strong>s. Ein <strong>Coaching</strong> kann an den<br />

Punkt kommen, dass eine Fortsetzung keinen Sinn mehr macht und<br />

der Prozess abgebrochen werden muss. Hier sollte nach Möglichkeit<br />

die Initiative von dem Coach ausgehen. Er sollte sich von dem Überdruss<br />

des Klienten nicht überraschen lassen, sondern seinerseits frühzeitig<br />

ein Gespür von dem Prozessstatus entwickeln und die Fortsetzung<br />

des <strong>Coaching</strong>s infrage stellen. Dabei sollte es beiden Beteiligten<br />

um einen sauberen Ausstieg ohne Schuldzuweisungen gehen, da der<br />

Erfolg des <strong>Coaching</strong>s nicht nur von der Professionalität des Coachs<br />

sondern auch von Art und Umfang der Mitarbeit des Klienten wesentlich<br />

mitbestimmt wird. Einen etwaigen Abbruch müssen Coach und<br />

Klient gleichermaßen gegenüber Auftraggebern konstatieren und<br />

begründen. Es ist Aufgabe des Coachs die Krise zu moderieren: „Wir<br />

haben bisher dieses und jenes erreicht und jetzt beide das Gefühl, dass<br />

wir in eine Sackgasse geraten sind. Was müsste gegeben sein, dass Sie<br />

das <strong>Coaching</strong> wieder als anregend und wertvoll empfinden können?“<br />

Jetzt ist der Klient aufgefordert, sein Unbehagen konstruktiv zum Ausdruck<br />

zu bringen. Der Coach sollte durch aktives Zuhören sicherstellen,<br />

dass alle wesentlichen Aspekte zur Sprache kommen. Jetzt sollte<br />

der Coach nicht in eine Verteidigungshaltung verfallen, sondern nach<br />

Möglichkeit dem Coach kreative Angebote machen, die eine Fortsetzung<br />

des <strong>Coaching</strong>s ermöglichen: „Wenn wir in Zukunft dieses so und<br />

jenes anders machen würden, macht dann eine Fortsetzung unserer<br />

Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht Sinn?“ Jetzt besteht die Möglichkeit,<br />

mit dem Klienten zu einer neuen Vereinbarung zu kommen. Geht der<br />

Klient auf die Angebote nicht ein, dann kann der Coach in etwa so<br />

sprechen: „Dann lassen Sie uns unsere gemeinsame Arbeit an dieser<br />

Stelle beenden, jedoch nicht ohne uns das bisher Erreichte bewusst zu<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Vom Ton zum Tun – Am Telefon erfolgreich arbeiten<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

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machen.“ Jetzt ist es Sache des Coachs den Prozess nochmals Revue<br />

passieren zu lassen und die Ergebnisse zu sichern. Anschließend sollte<br />

der Coach seine Rückmeldung an den Auftraggeber mit dem Klienten<br />

abstimmen mit dem Ziel, eine gemeinsame Begründung zu formulieren,<br />

die ohne Schuldzuweisung auskommt. Ideal wäre eine<br />

abgestimmte E-Mail von dem Coach an die Auftraggeber, in die der<br />

Klient einkopiert ist. Zuletzt sollte der Coach den Klienten<br />

wertschätzend verabschieden.<br />

Ebenso wie Verkäufer schwierige Kundengespräche oft lieber persönlich<br />

führen, fühlt sich mancher Coach zunächst mit der Konfliktsituation<br />

am Telefon überfordert. Wir hatten die reine Beziehung über<br />

das Telefon als labiler charakterisiert und es wirken hier gewissermaßen<br />

höhere Zentrifugalkräfte, die den Gesprächsfaden leichter reißen lassen.<br />

Gleichwohl lassen sich die gegebenen Empfehlungen zur Krisenintervention<br />

– das zeigen eine Vielzahl von persönlichen Erfahrungen<br />

– am Telefon erfolgreich umsetzen.<br />

Zuletzt sei bemerkt, dass viele der behandelten Schwierigkeiten vorrangig<br />

bei solchen Zielgruppen akut werden, bei denen Klient und<br />

Auftraggeber unterschiedliche Personen sind. Selbständige, Freiberufler<br />

und Privatleute, die das <strong>Coaching</strong> aus eigenen Mitteln finanzieren, zeigen<br />

tendenziell mehr Ausdauer und eine höhere Kooperationsbereitschaft<br />

als dies bei Angestellten der Fall ist. Gleichwohl gilt festzuhalten,<br />

dass die geschilderten Probleme die Ausnahme sind und nicht die<br />

Regel. Doch wird der Grad der Professionalität eines Coachs von<br />

Klienten und Auftraggebern immer auch an der Qualität des Umgangs<br />

mit Krisensituationen gemessen.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Telefon 3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

Wenn wir Sie mittlerweile davon überzeugen konnten, dass <strong>Coaching</strong><br />

am Telefon funktioniert und gute Resultate liefert, gehen wir hier nun<br />

einen Schritt weiter. Unserer Erfahrung nach können <strong>Coaching</strong>-Prozesse<br />

auch mit Gruppen am Telefon erfolgreich geführt werden. Wie<br />

das geht und was dabei zu beachten ist wollen wir Ihnen in diesem<br />

Kapitel aufzeigen. Wir lassen Sie an unseren Erfahrungen mit Gruppen<strong>Coaching</strong><br />

zwischen drei und fünfzehn Personen teilhaben.<br />

Das Potenzial von Gruppen durch Tele<strong>Coaching</strong><br />

aktivieren<br />

Beim Gruppen<strong>Coaching</strong> verbinden wir die Vorteile des Einzel-<br />

<strong>Coaching</strong>s mit dem Lernen in einer Gruppe In einer Gruppe von z. B.<br />

sieben Teilnehmern mit dem Durchschnittsalter von 45 Jahren kommen<br />

über 300 Jahre Lebenserfahrung zusammen! Gruppen<strong>Coaching</strong><br />

bietet die Möglichkeit, vom Wissen aller Beteiligten zu profitieren und<br />

ungeahntes Potenzial zu aktivieren.<br />

Die Gruppenmitglieder nehmen Anteil, lernen durch Zuhören,<br />

geben Feedback und können zu Vertrauten werden. Die Erfahrung,<br />

gemeinsam kreativ an Lösungen zu arbeiten, ein Vertrauensverhältnis<br />

miteinander aufzubauen und zu pflegen sowie ein Netzwerk der gegenseitigen<br />

Unterstützung zu haben, ist ein großer Gewinn für alle Beteiligten.<br />

Es entwickelt sich ein Vertrauens- und Kompetenzraum, in dem<br />

kollegiales <strong>Coaching</strong> zwischen allen Beteiligten stattfindet. In einem<br />

gewachsenen Netzwerk gegenseitiger Unterstützung wird bestenfalls<br />

auch der Coach irgendwann überflüssig.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Bewegt und bearbeitet werden können gemeinsame Themen und<br />

Herausforderungen wie beispielsweise Selbstmanagement, Zeitmanagement,<br />

Projekterfüllung, Wertschätzung, Kommunikation, Effektivität,<br />

Service, Verkauf, Führung oder Probleme die durch bestehende<br />

Organisationsstrukturen oder Changeprozesse in Organisationen<br />

bedingt sind. Auch die Vorbereitung auf neue Aufgaben und Situationen,<br />

die Förderung von Teamarbeit, das Auflösen unangemessener<br />

Verhaltens-, Wahrnehmungs- und Beurteilungstendenzen, können<br />

Gegenstand eines Gruppen<strong>Coaching</strong>s am Telefon sein.<br />

Die Teilnehmenden finden für konkrete Anliegen, Probleme und<br />

Themen in einer geschützten Atmosphäre zielorientiert praktikable<br />

Lösungen.<br />

Die Gruppenzusammensetzung kann dabei heterogen sein, also aus<br />

Angehörigen unterschiedlichster Berufe und verschiedenster hierarchischer<br />

Positionen bestehen, die sich zu einem vorher bestimmten<br />

Thema treffen.<br />

Gruppen<strong>Coaching</strong>s können auch mit geschlossenen firmeninternen<br />

Gruppen und Teams durchgeführt. Diese können aus Mitarbeitern<br />

einer Hierarchieebene zusammengesetzt sein, z. B alle Abteilungsleiter<br />

eines Unternehmens, alle Projektverantwortlichen eines Unternehmensbereichs<br />

oder alle Verkäufer. Möglich sind auch Gruppen, in<br />

denen Führungskräfte und die ihnen zugeordneten Mitarbeiter oder<br />

Bereichsvorstände mit ihren Abteilungsdirektoren oder Verkaufsleiter<br />

mit ihren Außendienstverkäufern zusammen arbeiten.<br />

Effektiv sind unterschiedlichste Formate. Erprobt sind einmalige<br />

Zusammenkünfte offener oder geschlossener Gruppen, genau so wie<br />

kontinuierliche Treffen. Wir haben bisher Erfahrungen gesammelt mit<br />

Gruppen, die sich einmalig zusammen finden, und Gruppen, die sich<br />

über mehrere Monate immer wieder treffen sowie mit Treffen von 1,5<br />

Stunden bis 4,5 Stunden Dauer.<br />

Die jeweilige Gruppe trifft sich in einem Telefonkonferenzraum zu<br />

einem vorher bestimmten Thema. In einem moderierten Prozess sind<br />

alle Anwesenden wertschätzend und lebendig miteinander im<br />

Gespräch.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Bei Gruppen, die über einen längeren Zeitraum zusammen arbeiten,<br />

findet durch das regelmäßige Anwenden von <strong>Coaching</strong>-Methoden eine<br />

Kompetenzerweiterung der eigenen kommunikativen Fähigkeiten und<br />

Problemlösetechniken statt. Die persönliche Entwicklung der Einzelnen<br />

wird durch den Gruppenprozess weiter getragen.<br />

Praktische Hinweise zum Gruppen-Tele<strong>Coaching</strong><br />

Hier nun bekommen Sie ein Bild eines möglichen Ablaufs von<br />

Gruppen<strong>Coaching</strong> übers Telefon mit dem speziellen Fokus darauf, wie<br />

Sie alle Beteiligten einbeziehen und aktiv im Prozess halten.<br />

Typische Bestandteile eines Gruppen<strong>Coaching</strong>s am Telefon sind<br />

• Ankommensphase: Wer ist da? Vorstellungsrunde<br />

• Arbeit an ausgewählten Themen mit unterschiedlichen Methoden:<br />

Selbstreflexion, Fragenkataloge, Imaginationsreisen, Diagramme,<br />

Schreibübungen, Fallbeispiele<br />

• Einzelmitteilungen und Einzel<strong>Coaching</strong> vor den Ohren aller<br />

• Fragen und Antworten<br />

• Vereinbarungen zur Weiterarbeit<br />

• Mitteilungsrunden und Austausch<br />

Vorab erhalten die Beteiligten Zugangsdaten und Teilnehmerunterlagen<br />

per E-Mail. Zu der vereinbarten Zeit wählen sich die Teilnehmenden<br />

in eine Telefonkonferenz ein und sind mit dem Coach und allen<br />

anderen verbunden.<br />

Ankommensphase<br />

In der Ankommensphase wird der Coach als Gastgeber und Moderator<br />

alle Teilnehmenden begrüßen und willkommen heißen. Da die<br />

Teilnehmenden sich nicht sehen können, ist es für deren Orientierung<br />

und Wohlbefinden wichtig immer wieder zu informieren, wer alles im<br />

Raum ist.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

__________________________________________________<br />

Eine Herausforderung besteht darin einen Vertrauensraum zu erzeugen<br />

bzw. entstehen zu lassen, in dem sich alle möglichst sicher fühlen.<br />

Nach einem herzlichen Willkommen und einer kurzen Vorstellung<br />

des Coachs werden wesentliche und klare Hinweise zum förderlichen<br />

Verhalten in Telefonkonferenzen gegeben. Hier empfiehlt es sich die<br />

Teilnehmenden auch um Achtsamkeit und Mitverantwortung für den<br />

Prozess zu bitten. Anschließend wird der geplante Ablauf des Treffens<br />

dargestellt. Beides kann auch vorab schon per E-Mail zugesandt<br />

werden. Aber auch dann empfiehlt es sich, kurz darauf Bezug zu<br />

nehmen.<br />

Vorstellungsrunde<br />

Treffen sich die Teilnehmenden zum ersten Mal in dieser Gruppe,<br />

gibt es eine Vorstellungsrunde. Ziel ist, dass alle Beteiligten sich einmal<br />

hören und alle einmal zu Wort kommen. Hier hat es sich bewährt, auch<br />

Raum für persönliche Mitteilungen zu geben. Dieser ist wichtig, weil<br />

das visuelle Erleben der Teilnehmer fehlt und es wesentlich ist eine<br />

besondere Qualität der gegenseitigen Wahrnehmung durch Worte<br />

aufzubauen. Mit persönlich ist nicht gemeint, dass hier besonders intime<br />

Informationen gegeben werden. Je nach Thema des Treffens können<br />

es allgemeinere Auskünfte über Alter, Beruf, Wohnort, Familienstand<br />

usw. sein ergänzt durch einen Satz „mitten aus dem Leben“ oder zur<br />

Themenstellung: „Was an dem aktuellen Inhalt ist mir gerade wichtig,<br />

wo gibt es Berührungspunkte im Alltag.“<br />

Tipp: Mit seiner persönlichen Mitteilung eröffnet der Coach den<br />

Raum für die Teilnehmenden. Gerade wenn Menschen ungeübt sind<br />

sich vor einer Gruppe zu zeigen, setzt der Coach hier entsprechend<br />

dem Vorhaben und der Thematik Maßstäbe und bereitet damit den<br />

Boden für alles Weitere.<br />

Wenn eine Gruppe längerfristig miteinander arbeitet, wird eher mit<br />

einer Ankommensrunde begonnen, bei der die Anwesenden wieder<br />

zusammen finden und sich austauschen über das, was zwischenzeitlich<br />

geschehen ist. Auch hier öffnet der Coach mit seiner Mitteilung den<br />

Raum für die anderen Teilnehmer.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Bei offenen Gruppen, besonders wenn sie sich erstmals zusammenfinden,<br />

bitten wir die Teilnehmenden an dieser Stelle auf ein leeres<br />

Blatt Papier einen großen Kreis zu malen und entsprechend der<br />

Teilnehmerzahl Markierungen einzufügen. Hier können sie sich<br />

während der Vorstellungsrunde und im Laufe des Gruppen-<strong>Coaching</strong>s<br />

Notizen zu den Anwesenden machen.<br />

Damit werden die Teilnehmenden direkt aktiv und die visuelle Ebene<br />

wird mit einbezogen. Obwohl sich die Anwesenden nicht sehen, fühlen<br />

sie sich doch wie an einem rundenTisch.<br />

Die Arbeit am Thema ist wie bei persönlichen Treffen auf vielfältige<br />

Art möglich.<br />

Nachdem das aktuelle Thema noch einmal genannt und die Agenda<br />

mit der Gruppe abgestimmt ist, wird es meist eine Arbeitsanleitung<br />

geben. Diese unterstützt die Teilnehmenden ihren eigenen Zugang zur<br />

Bearbeitung des Themas zu finden oder zu vertiefen. Hier können<br />

Fragen vorgegeben werden, zu denen sich alle Stichpunkte machen<br />

oder es können kreative Schreibübungen angeleitet werden. Es kann<br />

sinnvoll sein, die Teilnehmer in Gruppen aufzuteilen um bestimmte<br />

Fragestellungen zu vertiefen. Das geht einfach, indem die Teilnehmer<br />

sich in Zweiergesprächen gegenseitig anrufen oder in mehreren Gruppen<br />

in parallelen Konferenzen gearbeitet wird. 44<br />

Bestimmte Aufgaben oder Arbeitsanleitungen können den Teilnehmenden<br />

vor der Konferenz zur Verfügung gestellt werden. Dann wird<br />

an der entsprechenden Stelle Bezug darauf genommen und die Anwesenden<br />

bekommen Zeit sich an ihre Ergebnisse und Erkenntnisse zu<br />

erinnern.<br />

Wenn es Aufgaben aus vorhergehenden Treffen gibt, ist es wesentlich<br />

den Bezug herzustellen und die Ergebnisse mit einzubeziehen.<br />

44 Neuste Entwicklungen bei den Konferenzanbietern im amerikanischen Markt<br />

machen es möglich, über Websteuerung gezielt Gruppen zu erzeugen. Vgl.<br />

http://maestroconference.com/QuickTour (Stand Jan 2010).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Zentral ist an der Stelle, dass möglichst alle Teilnehmenden hier mit<br />

sich selbst in Kontakt kommen, mit ihrer Befindlichkeit, ihren Erfahrungen<br />

und Erkenntnissen.<br />

Eine gut vorbereitete Übung ist der Kern eines Gruppen<strong>Coaching</strong>s.<br />

Hier ein paar Grundmuster, die sich bewährt haben:<br />

• Fragen stellen, die sofort in Eigenarbeit in jeweils ca. zwei Minuten<br />

beantwortet werden.<br />

• Einen Teilnehmer zu einem Einzel<strong>Coaching</strong> zu einem bestimmten<br />

Thema einladen und die anderen einfach zuhören lassen. Im<br />

Vordergrund steht hier eine persönliche Herausforderung, die<br />

bestenfalls ein Problem aller Beteiligten ist.<br />

• Den Teilnehmern eine Aufgabe geben, die sie z. B. in fünf Minuten<br />

Eigenarbeit lösen.<br />

• Kleingruppen bilden und diese mit klarer Aufgabenstellung selbständig<br />

arbeiten lassen.<br />

Manchmal entwickeln sich aus der Vorstellungsrunde und den<br />

Themen der Teilnehmer so inspirierende und kraftvolle Gespräche,<br />

dass der Coach hier „nur“ zusätzliche Impulse setzt und eine feinfühlige<br />

Begleitung übernimmt. Die Gruppe lernt selbständig zu arbeiten<br />

und erweitert ihre kommunikativen Fähigkeiten und ihre Kompetenz.<br />

Mitteilungsrunde<br />

Anschließend findet eine Mitteilungsrunde statt, in der alle über ihre<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse berichten. Es gehört Fingerspitzengefühl<br />

dazu, einen Raum für tiefe und persönliche Mitteilungen zu<br />

öffnen und gleichzeitig die Runde so lebendig zu gestalten, dass die<br />

Aufmerksamkeit aller erhalten bleibt.<br />

Der weitere Prozess entwickelt sich aus dieser Runde. Eventuell gibt<br />

es Rückfragen oder Feedback. An dieser Stelle kann es sinnvoll sein,<br />

mit einem der Teilnehmenden eine Einzelarbeit vor den Ohren aller<br />

anzuschließen.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Für eine Einzelarbeit - natürlich auf der Basis von Freiwilligkeit -<br />

empfiehlt es sich die Gruppe in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen<br />

und Themen auszuwählen, die für alle Beteiligten wertvoll<br />

sind. Hierbei werden die Zuhörenden eingeladen, die Einzelarbeit in<br />

Hinblick ihre eigenen Anliegen mitzuverfolgen. Unserer Erfahrung<br />

nach ist an dieser Stelle eine Gruppe fast immer sicher und<br />

vertrauensvoll genug, dass jemand bereit und willens ist, ein <strong>Coaching</strong>-<br />

Gespräch vor Zuhörern zu führen.<br />

Abschluss<br />

Vereinbarungen zur weiteren Beschäftigung mit den Erkenntnissen<br />

und Ergebnissen des Gruppen<strong>Coaching</strong>s werden gemeinsam entwickelt<br />

oder vorgeschlagen. Wir empfehlen, die Vereinbarungen<br />

anschließend noch einmal in einer E-Mail zusammenzustellen und an<br />

die Beteiligten zu senden.<br />

Zum Schluss kommen alle Beteiligten noch einmal in einer Runde zu<br />

Wort. Hier ist Raum für Dank, Feedback und Mitteilungen über<br />

Erkenntnisse oder Vorhaben.<br />

Die Doppelrolle Coach und Moderator als<br />

Herausforderung<br />

Um das Potenzial aller Beteiligten zu nutzen und die Vorteile der<br />

Einzelarbeit mit dem Lernen in einer Gruppe zu verbinden, braucht es<br />

einerseits einen klaren, gut strukturierten Ablauf und gleichzeitig Raum<br />

und Offenheit für die Prozesse der Einzelnen und der Gruppe.<br />

Alle Beteiligten sollten ihren Prozess machen, sich klären, durch Zuhören<br />

lernen und inspiriert werden. Durch Übungen und Fragen wird<br />

allen immer wieder Gelegenheit gegeben aktiv zu werden, zu sprechen<br />

und beizutragen.<br />

Die spezielle Herausforderung für den Coach liegt hier in der Kombination<br />

von <strong>Coaching</strong> und Moderation von Gruppen im virtuellen<br />

Raum. Der Coach muss hier gleichzeitig auch feinfühliger und klarer<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Moderator sein. Wir empfehlen, zumindest am Anfang zu zweit zu<br />

arbeiten. Das Wichtigste hierbei ist eine gute Vorbereitung und ein<br />

klares Konzept. Eine durchdachte Struktur und ein klares Konzept<br />

helfen, die Doppelrolle als Moderator und Coach zu meistern.<br />

Tipps zu einem klaren Konzept:<br />

• Legen Sie Ihrer Gruppenarbeit ein Konzept zugrunde, in dem Sie<br />

die Absicht des Gruppen<strong>Coaching</strong>s ausformulieren.<br />

• Unterscheiden Sie drei Bereiche: 1. Einführung: Mitteilungen zur<br />

Konferenztechnik, Mitteilung der Absicht, Mitteilung zum<br />

Ablauf und zur Vorstellungsrunde. 2. Arbeitsteil Gruppen-<br />

<strong>Coaching</strong>, Einführung in methodische Details, Übungen, gemeinsame<br />

Auswertung. 3. Zusammenfassen der wichtigen Ergebnisse,<br />

weiterführende Aufgaben, wertschätzende Abschlussrunde.<br />

• Setzen Sie für jedes geplante Ereignis einen zeitlichen Rahmen.<br />

Wie in jedem Gruppenprozess kann es geschehen, dass sich Teilnehmer<br />

mit weniger Einfühlungsvermögen in den Vordergrund stellen.<br />

Die Kompetenz des Leiters besteht darin, diese Menschen so einzubinden,<br />

dass sowohl der Einzelne wie auch die Gruppe davon profitieren.<br />

Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Situationen selten vorkommen<br />

und der Coach auf den Prozess und die Eigenverantwortung<br />

aller Teilnehmer vertrauen kann. Um solche Situationen zu vermeiden,<br />

sollte zu Beginn eines Gruppen<strong>Coaching</strong>s die Mitverantwortlichkeit<br />

aller Teilnehmer betont werden.<br />

Was kann man als Moderator tun, wenn alle schweigen und keiner<br />

etwas sagt? Immer wieder gibt es Momente, in denen niemand spricht.<br />

Stille am Telefon wird von Menschen vor allem in Telefonkonferenzen<br />

recht schnell als unangenehm empfunden. Rückfragen wie „Sind Sie<br />

noch da?“ spiegeln dies wieder. Allerdings können Zeiten, in denen<br />

nicht gesprochen wird, äußerst wertvoll sein. Es kann nachgespürt und<br />

reflektiert werden. Um diesen Nutzen herzustellen, ist es sinnvoll, Pausen<br />

als wertvollen Raum anzumoderieren: „Sprechen Sie dann, wenn<br />

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Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

(Dorothee Bornath)<br />

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Sie den inneren Impuls spüren. Nutzen Sie Zeiten der Stille zum<br />

Durchatmen und zur Reflektion“.<br />

Es ist eine erlernbare Kunst, der Stille Raum zu geben. Die Stille gilt<br />

es also in diesem Sinne nicht nur auszuhalten, sondern zu schätzen.<br />

Erprobte Tele<strong>Coaching</strong>-Formate für Gruppen<br />

Um Ihnen eine Vorstellung zu geben wie vielfältig die Möglichkeiten<br />

von Gruppen<strong>Coaching</strong> per Telefon sind, stellen wir Ihnen nun einige<br />

erprobte Formate vor.<br />

Offene themenbezogene Telefonseminare<br />

Für maximal zwei Stunden finden sich immer wieder wechselnde,<br />

offene Gruppen zu ausgewählten Themen zusammen. Hier kreieren<br />

zwei erfahrene Telefoncoachs einen inspirierenden Raum. Diese offenen<br />

Telefonseminare sind ein wirksames Marketinginstrument für die<br />

Coachs und bieten Interessierten Gelegenheit, die Coachs und die<br />

Arbeitsweise am Telefon kennen zu lernen.<br />

Beliebte Themen sind besondere Aspekte von z. B. Selbstmarketing,<br />

Kommunikation, Konfliktlösung, Teamentwicklung oder Selbstorganisation.<br />

Aus jahrelanger Erfahrung mit offenen Gruppen, die sich zu Beginn<br />

nicht kennen, können wir sagen, dass sehr schnell intensive Räume<br />

entstehen, in denen Menschen offen und vertrauensvoll miteinander<br />

sprechen. Bei persönlichen Treffen ist solch eine Intensität in einem so<br />

kurzen Zeitraum kaum möglich. Gerade der sichere Raum des Telefons<br />

führt zu großer Effektivität.<br />

Transfer<strong>Coaching</strong> über drei Monate<br />

Mitarbeiter eines Unternehmens kommen aus dem ganzen Land oder<br />

international zu einer Fortbildungsmaßnahme zusammen, durch die sie<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

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zum Beispiel auf ihre neue Rolle als Führungskraft vorbereitet werden<br />

sollen. Während der Veranstaltung werden sie mit dem Führungskräfteleitbild<br />

und dem notwendigen Führungswissen vertraut gemacht.<br />

Anschließend soll das Gelernte im Arbeitsalltag umgesetzt werden.<br />

Damit die guten Vorsätze den Anforderungen des operativen Tagesgeschäfts<br />

nicht zum Opfer fallen, werden noch während der Veranstaltung<br />

Kleingruppen gebildet, in denen die Teilnehmer über den eigentlichen<br />

Veranstaltungsrahmen hinaus an ihren Entwicklungsthemen<br />

gemeinsam arbeiten sollen. Hierzu treffen sich die Kleingruppen mehrere<br />

Male in Telefonkonferenzen, die von einem von außen neu hinzukommenden<br />

Coach moderiert und durch <strong>Coaching</strong>-Impulse bereichert<br />

werden. Auf diese Weise kann durch kollegiale Beratung mit geringem<br />

Aufwand die Nachhaltigkeit von Seminarveranstaltungen deutlich verbessert<br />

werden.<br />

Peer<strong>Coaching</strong><br />

Peer<strong>Coaching</strong> steht für ein Gruppen<strong>Coaching</strong> von Gleichgestellten.<br />

Über einen definierten Zeitraum trifft sich die Gruppe in regelmäßigen<br />

Abständen. Peer<strong>Coaching</strong> über Telefon ist zu vielfältigen Themen und<br />

Anlässen denkbar. Gibt es ein gemeinsames Anliegen, kann ein Peer-<br />

<strong>Coaching</strong> von einer Gruppe jederzeit initiiert werden. Beim Peer-<br />

<strong>Coaching</strong> ist nicht zwingend ein professioneller Coach erforderlich.<br />

Durch Peer<strong>Coaching</strong> entsteht am Telefon ein geschützter und<br />

hierarchiefreier Gesprächsraum, in dem durch ein gegenseitiges<br />

<strong>Coaching</strong> der Teilnehmenden Ideen und Impulse hervorgebracht werden,<br />

die jeden Einzelnen in seiner Situation entscheidend voranbringen.<br />

Wenn das Peer<strong>Coaching</strong> durch professionelle Begleitung eines<br />

Coachs durchgeführt wird, besteht die Möglichkeit durch ergänzendes<br />

Einzel<strong>Coaching</strong> dem Peer<strong>Coaching</strong> eine besondere Qualität zu verleihen.<br />

Bewährt hat sich die Bereitstellung eines bestimmten Zeitkontingents<br />

für Einzel<strong>Coaching</strong> pro Teilnehmer, das von den Teilnehmern<br />

flexibel abgerufen werden kann, wenn ein auftauchendes Thema im<br />

Gruppenkontext nicht ausreichend bearbeitet werden kann.<br />

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Beispiel<br />

Unternehmern und Führungskräften, die an der Spitze einer Organisation<br />

stehen, haben häufig wenige Möglichkeiten, sich über das, was<br />

sie bewegt, offen auszutauschen. In dieser Situation bietet Peer-<br />

<strong>Coaching</strong> am Telefon eine hervorragende Gesprächs-Plattform, auf<br />

der sich Angehörige einer Zielgruppe, z. B. Geschäftsführer einer<br />

Branche, ggf. auch anonym, treffen und austauschen können.<br />

Die Gruppe trifft sich in drei Monaten sechs mal 90 Minuten zum<br />

kollegialen, moderierten <strong>Coaching</strong>. Alle Teilnehmer werden auch<br />

durch weiterführendes Einzel<strong>Coaching</strong> in zwei Gesprächen unterstützt.<br />

Anonymität ist, wenn gewünscht, gewährleistet. Der Teilnehmer entscheidet<br />

selbst, ob er seinen Namen und sein Unternehmen preisgibt.<br />

Es besteht die Möglichkeit, dass die Gruppe sich über die vereinbarte<br />

Zeit verselbstständigt und z. B. den Coach beauftragt, sich einmal im<br />

Monat oder Quartal zuzuschalten<br />

Sales<strong>Coaching</strong><br />

Vertriebsmitarbeiter stehen unter hohem Druck. Sie müssen<br />

anspruchsvolle Zielvorgaben in einem häufig schwierigen Marktumfeld<br />

erreichen. An hierfür notwendigen Produkt- und Verkaufsschulungen<br />

fehlt es zumeist nicht. Etwas anderes ist es, das Gelernte in die Praxis<br />

umzusetzen. Hier ist man nur allzu oft Einzelkämpfer, der gegenüber<br />

dem Vorgesetzten seinen Mann stehen und sich als erfolgreich präsentieren<br />

muss. Vielen fällt es schwer, sich täglich immer wieder neu zu<br />

motivieren und mit Misserfolgen konstruktiv umzugehen. <strong>Coaching</strong><br />

durch die Führungskraft ist aufgrund des hierbei entstehenden<br />

Rollenkonflikts oft nur begrenzt möglich. In dieser Situation hat der<br />

Vertriebsleiter entschieden, jeweils sieben Vertriebsmitarbeiter zu einer<br />

Gruppe zusammenzufassen, die sich über drei Monate einmal<br />

wöchentlich morgens um acht Uhr zu einer Telefonkonferenz zusammenschalten.<br />

90 Minuten lang besprechen die Teilnehmer unter Moderation<br />

eines SalesCoachs Herausforderungen ihrer Vertriebstätigkeit<br />

und unterstützen sich bei deren Bewältigung durch die Besprechung<br />

und Lösung von Fallbeispielen gegenseitig. Die kollegiale Beratung<br />

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Telefon3 – Gruppen coachen am Telefon<br />

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bewirkt den wechselseitigen Austausch von Erfolgswissen und die<br />

gegenseitige Motivation der Teilnehmer.<br />

Dreimonatiges Telefonseminar mit <strong>Coaching</strong>-Elementen<br />

Hier setzt sich eine feste Gruppe intensiv mit einem Thema, z. B.<br />

Wertschätzung, auseinander.<br />

Innerhalb der drei Monate finden vier Seminareinheiten à drei Stunden<br />

statt. Etwa zwei Wochen nach jedem Seminarblock treffen sich die<br />

Beteiligten zum Austausch in einer Konferenz à 1,5 Stunden. Das<br />

begleitende Einzel<strong>Coaching</strong> vertieft die Inhalte und geht auf individuelle<br />

Bedürfnisse ein.<br />

Dieses TeleCoching-Format entfaltet seine Wirkung durch die Kombination<br />

von Seminarinhalten, Merkmalen eines Gruppen<strong>Coaching</strong>s<br />

und Einzel<strong>Coaching</strong>s. Dabei kann auf die individuelle Situation der<br />

Teilnehmer in besonderer Weise eingegangen werden.<br />

Per Telefon sind die Teilnehmenden schnell und effektiv verbunden.<br />

Seminarinhalte können leicht gemeinsam nachgearbeitet werden. Alle<br />

Teilnehmenden können Ihr Übungspensum und damit die Intensität<br />

ihres Trainings selbst bestimmen. Dies geschieht durch anmoderierte<br />

Freiheit in Bezug auf Übungsvorschläge und die Vielfalt an<br />

Kontaktmöglichkeiten zu anderen Teilnehmern.<br />

Besonders wirksam bei diesem Format ist, dass sich die Teilnehmer<br />

über einen längeren Zeitraum mit einem Thema (in diesem Falle Wertschätzung)<br />

beschäftigen und die Erfahrungen, die sie in ihrem alltäglichen<br />

Lebens- und Arbeitsumfeld machen, immer direkt in TeleSeminar<br />

und Tele<strong>Coaching</strong> mit einbezogen werden.<br />

Ausblick<br />

Wir gehen davon aus, dass auch hierzulande Tele<strong>Coaching</strong> für<br />

Gruppen selbstverständlich und zu einem allgemein anerkannten und<br />

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(Dorothee Bornath)<br />

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genutzten Medium wird. 45 . Live-Trainingsanbieter werden selbstverständlich<br />

mit weiterführenden Telefonkonferenzen arbeiten und die<br />

Kombination von Gruppen- und Einzel<strong>Coaching</strong>s mehr und mehr<br />

nutzen. Menschen werden so zu jeder Zeit in ihrem Bedürfnis nach<br />

Wachstum und Entwicklung unterstützt werden.<br />

Ende der<br />

Komfortzone<br />

nach 300<br />

Metern<br />

45 In den USA ist Training und <strong>Coaching</strong> übers Telefon schon sehr viel etablierter als<br />

in Deutschland und Europa. Verschiedene Konferenzanbieter haben sich dort auf<br />

diese Zielgruppe spezialisiert: www.maestroconference.com. Coachs und Trainer<br />

werben in kostenlosen Konferenzen mit namhaften Buchautoren<br />

(www.nvctraining.com). Trainingskonferenzen mit 100 und mehr Teilnehmern sind<br />

dort keine Seltenheit.<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

__________________________________________________<br />

TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

TelefonSEX - Nein, nicht das, was Sie denken! Hier geht es um<br />

eventuell vorhandene Unterschiede von Frauen und Männern in Bezug<br />

auf Kommunikation via Telefon; um ihre vielleicht unterschiedliche<br />

Beziehung zum technischen Medium; um ihre vielleicht andere Art des<br />

Umgangs mit der Tatsache, dass sie ihren Coach nicht sehen; um ihre<br />

eventuell andere Weise, sich mit ihrer Emotionalität zwischen vier<br />

Ohren statt unter vier Augen anzuvertrauen. Dieses Kapitel wird dabei<br />

mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben. Es wird Ihre Beobachtungs-<br />

und Wahrnehmungsfilter sensibilisieren und Sie einladen selbst<br />

an diesem Thema zu forschen. In diesem Sinne: viel Spaß mit<br />

TelefonSEX!<br />

Frauen, Männer & das Telefon – unterschiedliche<br />

Welten?<br />

Es ist eine Binsenweisheit, dass Frauen und Männer unterschiedlich<br />

kommunizieren, und jeder kennt die Ausnahmen von der Regel:<br />

Frauen mit „männlichem“ Kommunikationsstil und Männer mit<br />

„weiblichem“ Kommunikationsstil. Viel wurde dazu bereits geschrieben.<br />

Die vielleicht populärsten Bücher sind Warum Männer nicht zuhören<br />

und Frauen schlecht einparken 46 und Männer sind vom Mars, Frauen von der<br />

Venus. 47<br />

Wie ist das nun am Telefon? Gibt es dort die gleichen geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede in der Kommunikation wie sie auch sonst zu<br />

46 Pease/ Pease (2007).<br />

47 Gray (2002).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

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beobachten sind? Werden sie noch verstärkt oder minimieren sie sich?<br />

Oder ist alles noch ganz anders?<br />

Liebe Leserin, lieber Leser, bevor Sie weiter lesen, möchten wir Sie<br />

einladen, über Ihre Erfahrungen am Telefon nachzudenken, egal, ob<br />

Sie als Coach arbeiten oder das Telefon in Ihrer ganz alltäglichen<br />

Kommunikation im Berufs- und im Privatleben nutzen.<br />

Notieren Sie bitte auf den nachfolgenden Zeilen, welche Erfahrungen<br />

Sie im telefonischen Umgang mit Ihrem eigenen und dem anderen<br />

Geschlecht gemacht haben. Können Sie Unterschiede zur Kommunikation<br />

von Angesicht zu Angesicht feststellen? Wenn, ja – welche, und<br />

worauf führen Sie sie zurück?<br />

_____________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

Und wenn Sie Lust haben, Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen,<br />

freuen wir uns auf eine E-Mail von Ihnen. 48<br />

Bei der Beantwortung der Frage, ob die geschlechtsspezifische<br />

Kommunikation am Telefon eine andere ist als in der persönlichen<br />

Begegnung beim Präsenz<strong>Coaching</strong>, stellen wir einige – zum Teil etwas<br />

provokante – Behauptungen zur Diskussion:<br />

• Tele<strong>Coaching</strong> geht nur mit und unter Frauen, denn Männer nutzen<br />

das Telefon ausschließlich zur Informationsübermittlung,<br />

Frauen dagegen zur Beziehungspflege. 49<br />

• Am Telefon steht der Mensch im Vordergrund, nicht das<br />

Geschlecht. Da Klient und Coach sich nicht sehen, können sie<br />

auch nicht durch eine besonders attraktive äußere Erscheinung,<br />

48 Info@coaching-kaiser.de.<br />

49 Pease/ Pease (2007).<br />

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III WIE geht Tele<strong>Coaching</strong>? – Ein Ratgeber für die Praxis<br />

TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

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vielleicht sogar erotische oder auch besonders unangenehme<br />

Ausstrahlung des jeweils anderen Geschlechts, abgelenkt werden.<br />

• Wenn ich glaube, dass es einen geschlechtsspezifischen Unterschied<br />

in der Kommunikation am Telefon gibt, werde ich auch<br />

genau diesen finden. Bin ich vom Gegenteil überzeugt, finde ich<br />

auch das Gegenteil.<br />

Haben Sie eigene Hypothesen zu dem Thema und vielleicht auch<br />

eigene Erfahrungen, die diese untermauern? Halten Sie diese hier<br />

schriftlich fest und lassen Sie uns gern per Mail daran teilhaben.<br />

_____________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

_______________________________________________________<br />

Weibliche und männliche Kommunikation<br />

Ein sehr bekanntes Kommunikationsmodell sind die „Vier Seiten<br />

einer Nachricht“. Friedemann Schulz von Thun (2006) geht in seinem<br />

Modell davon aus, dass jede Kommunikation vier Aspekte enthält:<br />

• Die Sachebene oder Sachaussage – das, was tatsächlich ist.<br />

• Die Appellebene – der Sprecher will den Angesprochenen bewegen,<br />

etwas zu tun.<br />

• Die Beziehungsebene – der Sprecher drückt direkt oder indirekt<br />

aus, wie er zu dem anderen steht, was er über ihn denkt.<br />

• Die Selbstoffenbarung – der Sprecher äußert sich zu seiner eigenen<br />

Befindlichkeit und seinen eigenen Wünschen, wiederum<br />

direkt oder auch indirekt.<br />

Frauen haben in der Regel ihre Stärke (ihr „Heimspiel“) auf der<br />

Selbstoffenbarungs- und Beziehungsseite, Männer eher auf der Sachund<br />

Appellseite. Und – wie Schulz von Thun in seinem Vorwort zu Sie<br />

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TelefonSEX – Frauen, Männer & das Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

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sagt, er sagt 50 schreibt – es hat sich viel getan! „Männer äußern sich<br />

spontan, sprechen über ihre Gefühle, Frauen haben sich im Berufsleben<br />

die bedachtsame Sprache der nüchternen Sachlichkeit angeeignet“.<br />

Und egal, welche Ursachen die Unterschiede in der Kommunikation<br />

haben, beide Geschlechter sind lernfähig und in der Lage, ihre Kommunikationsmuster<br />

zu verändern.<br />

Die Ursachen für eine „weibliche“ und eine „männliche“ Art der<br />

Kommunikation sind auf verschiedenen Ebenen zu finden. Eine unterschiedliche<br />

Gen-Ausstattung entstand in einem Zeitraum von ca. 2,4<br />

Millionen Jahren menschlicher Entwicklung mit ausgeprägter Arbeitsteilung.<br />

Die Frau als „Hüterin des Nestes“, wie es Allan und Barbara<br />

Pease 51 nennen. Der Mann als Jäger, der auszieht, um das Überleben<br />

seiner Familie zu sichern. Beide Rollen mit ganz unterschiedlichen<br />

Anforderungen an die Fähigkeiten von Mann und Frau. Das hat über<br />

die lange Zeit zu genetisch verschiedenen Ausstattungen der beiden<br />

Geschlechter geführt und nachhaltig die Arbeitsweise und z. T. auch<br />

die Struktur des Gehirns männlich bzw. weiblich geprägt. Markus<br />

Hausmann und Ulrike Bayer 52 fanden heraus, dass Männer sprachliche<br />

Aufgaben stärker mit der darauf spezialisierten linken Hirnhälfte<br />

bewältigen, Frauen scheinen dagegen beide Hemisphären etwa zu<br />

gleichen Teilen einzusetzen. Das weibliche Gehirn ist also funktionell<br />

symmetrischer organisiert als das männliche. Dies zeigen den Autoren<br />

zufolge auch moderne bildgebende Verfahren der Gehirnforschung.<br />

Zurückgeführt wird diese funktionale Symmetrie auf die weiblichen<br />

Geschlechtshormone. Es konnte demnach gezeigt werden, dass bei<br />

Frauen während der Menstruation, wenn der Hormonspiegel am niedrigsten<br />

ist, eine typisch männliche Hirnasymmetrie beim Lösen sprachlicher<br />

und räumlicher Aufgaben auftritt. Bei hohem Hormonspiegel ist<br />

dagegen die funktionale Symmetrie zu beobachten.<br />

Aber auch die Sozialisation der Kinder - Schulz von Thun nennt es<br />

die Leitbilder vom „richtigen“ Mädchen und vom „richtigen“ Jungen,<br />

mit denen wir „genetisch flexibel und plastisch“ zu Frauen und Män-<br />

50 Krummbier (2006).<br />

51 Pease/ Pease (2007).<br />

52 Hausmann/ Bayer (2009).<br />

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(Maren Kaiser)<br />

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nern „gemacht“ werden - beeinflussen den Kommunikationsstil. 53 Ob<br />

einer der beiden Faktoren überwiegt und ggf. welcher – der genetische<br />

oder die Sozialisation – ist letztlich unwichtig für unsere weiteren<br />

Betrachtungen.<br />

Klischees weiblicher und männlicher<br />

Kommunikation<br />

Im Durchschnitt reden Frauen viel mehr als Männer. Laut Allan und<br />

Barbara Pease 54 geben Frauen täglich mühelos zwischen 6.000 und<br />

8.000 Wörter, <strong>2.0</strong>00 bis 3.000 Tongeräusche und 8.000 bis 10.000 Körpersignale<br />

(Mimik, Gestik, Kopfbewegungen etc.), also insgesamt ca.<br />

20.000 Kommunikationseinheiten von sich. Bei einem Mann sind es<br />

dagegen nur <strong>2.0</strong>00 bis 4.000 Wörter, 1.000 bis <strong>2.0</strong>00 Tonsignale und<br />

<strong>2.0</strong>00 bis 3.000 Körpersignale. Also im Schnitt ca. 7.000 Kommunikationsträger.<br />

Dieser Unterschied wird besonders am Ende eines Tages<br />

offensichtlich: Der Mann hat seine Wörter bereits aufgebraucht. Er hat<br />

kein Bedürfnis mehr zu reden und würde sich gerne wie seine Vorfahren<br />

einfach ans Lagerfeuer setzen und schweigend in die Flammen<br />

starren. Die Frau hat dagegen vielleicht das Bedürfnis noch 3.000 oder<br />

4.000 Wörter „an den Mann zu bringen“. Sie können sich sicherlich<br />

alle lebhaft das entstehende Gespräch vorstellen. Ausführliche, mit<br />

Informationen gespickte Fragen der Frau und äußerst karge, meistens<br />

nur aus einem Wort bestehende Antworten des Mannes – „ja“, „nein“,<br />

„weiß nicht“ etc. Der schönste Beziehungsknatsch ist vorprogrammiert…<br />

Frauen reden viel über ihre Gefühle und reden „um des Redens willen“.<br />

Damit ist gemeint, dass sie sich besser fühlen, wenn sie über das,<br />

was sie erlebt haben oder über ihre Probleme reden. Das Ziel ist dabei<br />

selten sofort eine Lösung zu finden, sondern das Reden dient der emotionalen<br />

Verarbeitung. Und wehe dem Mann, der in dieser Situation<br />

53 Krummbier (2006).<br />

54 Pease/ Pease (2007).<br />

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eine Lösung anbietet. Die Frau hat dann das Gefühl, dass er nicht zuhören<br />

kann oder will, kein Interesse an ihr hat. 55<br />

Männer legen großen Wert darauf, autonom zu sein, etwas zu<br />

erschaffen und vor allem ihre Probleme allein zu lösen. Das bedeutet,<br />

dass sie nicht oder nur in den seltensten Fällen laut über die Dinge, die<br />

sie gerade beschäftigen, oder über ihre Probleme reden. Und erst recht<br />

nicht über ihre Gefühle, die genauso intensiv sind wie die der Frauen.<br />

Das Reden der Männer erfolgt nur in ihrem Kopf. Und am allerwenigsten<br />

wollen sie Ratschläge oder Lösungsvorschläge von anderen, es<br />

sei denn, sie haben explizit darum gebeten. Vor allem wollen sie keine<br />

ungebetenen Ratschläge von Frauen. Denn dann glauben sie, dass diese<br />

sie für einen Versager halten. 56<br />

Angenommen, diese Klischees würden absolut gelten, stellt sich<br />

natürlich die Frage: Bezahlen Frauen einen Coach nur, damit ihnen<br />

jemand zuhört? Und gehen Männer nur ins <strong>Coaching</strong>, weil sie in ihrem<br />

Umfeld nicht als Versager gelten wollen, sich dort also keinen Rat<br />

holen können? Sicherlich nicht! Beiden Geschlechtern geht es, wenn<br />

sie einen Coach aufsuchen, um Reflexion, persönliche Entwicklung,<br />

Unterstützung bei Herausforderungen, Problemlösungen, Konfliktbewältigung<br />

etc.<br />

Aufgrund der beschriebenen Klischees und der eingangs erwähnten<br />

Tatsache, dass Frauen das Telefon zur Beziehungspflege nutzen, Männer<br />

vorrangig zur Informationsübermittlung, wäre zu erwarten, dass<br />

geschlechtsspezifische Unterschiede beim Tele<strong>Coaching</strong> zu verzeichnen<br />

sind. Zum Beispiel dergestalt, dass Frauen sich schnell am Telefon<br />

öffnen und Männer sich nicht wirklich „in die Karten gucken lassen“.<br />

Doch lesen Sie im nachfolgenden Kapitel selbst, wie vielfältig hierzu<br />

unsere Erfahrungen sind.<br />

55 Gray (2002).<br />

56 Pease/ Pease (2007).<br />

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Stimmenvielfalt –<br />

Frauen und Männer im Tele<strong>Coaching</strong><br />

Die in diesem Kapitel folgenden Erfahrungen zu geschlechtsspezifischen<br />

Unterschieden beim <strong>Coaching</strong> am Telefon stammen sowohl von<br />

Mitgliedern des BORA TeleCoachNetwork als auch von Coachs<br />

außerhalb, die viel am Telefon arbeiten. In den Interviews waren die<br />

allgemeinen Erfahrungen der Coachs zu diesem Thema nicht leicht<br />

von ihren professionellen Beobachtungen am Telefon zu trennen. Dies<br />

spiegelt sich zum Teil in den wiedergegebenen Zitaten.<br />

Beginnen wir die Schilderung der Interviewergebnisse mit den Aussagen<br />

weiblicher Coachs. Sie erwarten vielleicht, dass es zumindest<br />

innerhalb der Gruppe der weiblichen und männlichen Coachs jeweils<br />

ähnliche Sichtweisen auf das Thema gibt. – Bei den Frauen unter den<br />

Coachs ist das jedoch nicht der Fall:<br />

Meine Erfahrung ist, dass Frauen beim <strong>Coaching</strong> am Telefon eher<br />

gebremst werden müssen, ich also häufiger unterbrechen, auf den<br />

Punkt bringen, und strenger auf die Zeit achten muss als bei Männern.<br />

Männer brauchen im Unterschied dazu häufiger Ermunterung<br />

quantitativ mehr zu reden. Und natürlich gibt es Ausnahmen, also<br />

auch Männer, die am Telefon viel reden. Sodann öffnen sich Männer<br />

am Telefon qualitativ tiefer und schneller als im Präsenz<strong>Coaching</strong>,<br />

denn dank des Telefons können sie im wahrsten Sinne des Wortes<br />

„das Gesicht nicht verlieren“. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass<br />

Männer am Telefon ein kritisches Feedback leichter annehmen als im<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong>.<br />

Diese Aussage bestätigt eines der oben beschriebenen Klischees zur<br />

geschlechtsspezifischen Kommunikation: Frauen reden mehr als Männer.<br />

Und die Beobachtung, dass Männer am Telefon offener sind für<br />

kritische Rückmeldungen, bestätigt auch die zweite befragte Kollegin:<br />

Meine Erfahrung ist, dass ich als Frau Männern besonders gut am<br />

Telefon Feedback geben kann, weil sexuelle Ablenkung/Attraktion<br />

wegfällt. Männer sind von mir als Frau nicht abgelenkt. Mir scheint,<br />

Männer sind dann leichter emotional berührbar. Es können Bilder<br />

und Phantasien entstehen. Auch heikle Themen finden leichter<br />

Raum, weil man nicht gesehen wird.<br />

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Die dritte Kollegin beschreibt allerdings genau die entgegengesetzte<br />

Erfahrung:<br />

Ich erlebe am Telefon kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.<br />

Bei Frauen ist anfänglich eine eher vorsichtige Haltung spürbar,<br />

während Männer in der Regel durchaus zielgerichtet und fest wirken.<br />

Das ändert sich im Laufe des <strong>Coaching</strong>s dahingehend, dass Frauen<br />

sich in psychologischen Sphären wohler fühlen und sicherer werden<br />

und Männer zunächst ihre "rationale Bastion" zu verlieren glauben<br />

und sich dann eher vorantasten. Im weiteren Verlauf gleicht sich das<br />

aber aus und durch die entstehende Vertrautheit entwickelt sich bei<br />

beiden Geschlechtern eine gute Bereitschaft zur Veränderung.<br />

Unterschiede erlebe ich in den Themenbereichen. Frauen sind sehr<br />

viel offener und bereiter, über partnerschaftliche Themen zu reflektieren.<br />

Hier ist bei Männern anfänglich die Zurückhaltung sehr deutlich.<br />

In beruflichen Themen erlebe ich bei Männern relativ großen<br />

Widerstand, Unzulänglichkeiten in der Führungsqualität anzusprechen<br />

und zuzugeben. Frauen sind bei diesem Thema sehr viel<br />

offener.<br />

Eine ähnliche Erfahrung wie in dem letzten Zitat, dass der Einstieg<br />

in den <strong>Coaching</strong>-Prozess mit Männern und Frauen am Telefon unterschiedlich<br />

ist, findet sich auch bei der vierten Kollegin:<br />

Männer sind sehr zielorientiert und kommen am Telefon sofort auf<br />

den Punkt. Frauen brauchen eine emotionale Abholung und der<br />

Kontaktaufbau benötigt mehr Zeit. Diesen Unterschied erlebe ich im<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong> sogar noch ausgeprägter. Nach dem Kontaktaufbau<br />

lassen sich Frauen allerdings schneller und tiefer als Männer auf<br />

ihre Themen ein. Frauen sind in Bezug auf einen Methodenwechsel<br />

flexibler als Männer. Da sie die größere Phantasie haben, fällt es<br />

ihnen leichter, mit abstrakten Methoden, wie z. B. dem Inneren<br />

Team 57 , zu arbeiten. Männer benötigen möglichst konkrete Methoden.<br />

Sie haben auch die größere Skepsis, ob etwas „funktioniert“.<br />

Frauen sind eher bereit etwas Neues auszuprobieren. Trotz dieser<br />

Unterschiede arbeite ich mit den gleichen Methoden bei Frauen und<br />

Männern. Ein weiterer Vorteil des Telefons ist das Wegfallen der<br />

gegenseitigen Geschlechteranziehung und der dadurch vielleicht entstehenden<br />

Verwirrung.<br />

57 Vgl. Rudern in die gleiche Richtung – Arbeit mit dem Inneren Team, S. 210 ff.<br />

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Bei der letzten befragten Kollegin taucht erneut der Aspekt auf, dass<br />

es Männern am Telefon leichter fallen kann, sich zu ihren Gefühlen zu<br />

bekennen:<br />

Es ist kein wesentlicher Unterschied, ob ich einen Mann oder eine<br />

Frau am Telefon coache. Ich arbeite als „Intuition“, nicht als Frau.<br />

Es scheint allerdings, dass es Männern am Telefon, wenn ihnen keiner<br />

ins Gesicht schaut, leichter fällt über Gefühle zu sprechen. Andererseits<br />

wird der Wunsch nach Präsenz- statt Tele<strong>Coaching</strong> häufiger<br />

von Männern als von Frauen an mich herangetragen.<br />

Die Palette der Erfahrungen der weiblichen Coachs reicht also von<br />

„kaum ein Unterschied zwischen Männern und Frauen“, was sich mit<br />

meiner persönlichen Erfahrung deckt, über „die gleichen Unterschiede<br />

wie auch sonst“ bis hin zu „bestimmte Themen sind für Männer am<br />

Telefon leichter anzusprechen als im Präsenz<strong>Coaching</strong>“. Die letzte<br />

Aussage weist nicht nur auf einen Geschlechterunterschied hin, sondern<br />

auch auf einen generellen Vorteil des Tele<strong>Coaching</strong>s gegenüber<br />

dem Präsenz<strong>Coaching</strong>, nämlich der Möglichkeit, „das Gesicht zu wahren“,<br />

was möglicherweise für Männer eine größere Bedeutung hat als<br />

für Frauen.<br />

Lassen Sie sich nun überraschen, was männliche Coachs zu diesem<br />

Thema sagen!<br />

Die meisten Antworten sind deutlich kürzer ausgefallen, als die der<br />

Frauen. Vielleicht eine Bestätigung des Klischees, dass Frauen mehr<br />

reden als Männer? Oder hatten die Männer bereits ihre 4.000 Worte an<br />

diesem Tag aufgebraucht? Nein, es hängt mit den Beobachtungen der<br />

Kollegen zusammen:<br />

Am Telefon treten die gleichen Unterschiede zwischen Frauen und<br />

Männern auf wie im Präsenz<strong>Coaching</strong>. Im Bereich des Business-<br />

<strong>Coaching</strong>s habe ich mehr Männer im Tele<strong>Coaching</strong>. Geht es um<br />

Beziehungsthemen, sind es mehr Frauen. Im Business<strong>Coaching</strong> gibt<br />

es Unterschiede bei den Themen, die angesprochen werden. Die<br />

Themen der Frauen sind vor allem Abgrenzung, Selbstbewusstsein,<br />

zwischenmenschliche Konflikte. Die Themen der Männer sind eher<br />

operativ: wie gewinne ich mehr Kunden, wie verdiene ich mehr Geld,<br />

wie setze ich mich durch?<br />

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Ein weiterer Kollege nimmt keine geschlechtsspezifischen Unterschiede<br />

wahr:<br />

Ich habe eine Vielzahl von Gesprächen mit beiderlei Geschlecht am<br />

Telefon geführt und kann rückblickend keine grundsätzlichen<br />

geschlechtsspezifischen Unterschiede feststellen.<br />

Ein anderer nur die, die er auch im Präsenz<strong>Coaching</strong> erlebt:<br />

Bei meinen Klienten sind Frauen und Männer gleich häufig im Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> vertreten. Ich kann keine anderen geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede feststellen als die, die ich auch im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

erlebe.<br />

Eine sehr differenzierte Wahrnehmung zu Geschlechtsunterschieden<br />

am Telefon hat der nachfolgende Kollege:<br />

Frauen sind feinfühliger dafür, wer sie wirklich sind. Das macht die<br />

Arbeit mit ihnen am Telefon leichter als mit Männern. Ausnahmen<br />

dazu erlebe ich bei Unternehmerinnen. In der Regel reicht im Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> mit Frauen ein erster Impuls für Veränderung, dann kommen<br />

sie in ihre Kraft. Sie merken, dass sie alles, was sie brauchen, in<br />

sich tragen, und laufen los. Hier hat das Telefon den großen Vorteil,<br />

dass ich als Coach mit meiner Persönlichkeit nicht im Weg stehe. Es<br />

ist gut bei Frauen als Coach unsichtbar zu sein.<br />

Männer wollen dagegen möglichst konkrete und handfeste Dinge, die<br />

weit über einen ersten Impuls für Veränderung hinausgehen:<br />

Ratschläge, Tipps, Struktur, sofortige Ergebnisse, Kontrolle. So verabrede<br />

ich mit Männern z. B. tägliche Rückmeldungen von ihnen.<br />

Bleiben die aus, fasse ich nach. Für diesen engen zeitlichen Kontakt,<br />

den Männer oft wollen, ist das Tele<strong>Coaching</strong> ideal. Dann beobachte<br />

ich, dass Männer im Schutzraum des Telefons und von Mann zu<br />

Mann sehr offen mit Themen wie Ehekrise, Sex etc. umgehen. Was<br />

nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie auch über ihre damit verbundenen<br />

Gefühle sprechen. Das fällt Männern generell schwerer als<br />

Frauen, ist für sie am Telefon jedoch einfacher als im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong>.<br />

Der Einstieg in Körperarbeit fällt am Telefon generell beiden<br />

Geschlechtern leichter als im Präsenz<strong>Coaching</strong>, weil der Klient sich<br />

unbeobachtet weiß. Besonders profitieren hiervon jedoch Männer, da<br />

sie in der Regel sehr viel ungeübter sind in sich hineinzuspüren, ihre<br />

Wahrnehmungen zu beschreiben und eine größere Hemmschwelle<br />

haben, sich auf diese Art der Arbeit einzulassen.<br />

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Ein Kollege berichtet aus einem Gruppen<strong>Coaching</strong> im Business-<br />

Kontext am Telefon:<br />

In einer Gruppe von elf Männern und einer Frau hat die Frau ihre<br />

Grund-Emotion Einsamkeit auch sehr deutlich im Tele<strong>Coaching</strong><br />

erlebt. Vergleichbare Emotionen waren bei den Männern sehr viel<br />

weniger ausgeprägt, bzw. gar nicht zu bemerken. Im Übrigen haben<br />

beide Geschlechter sehr frei über ihre Erfahrungen gesprochen.<br />

Bei den befragten Kollegen fallen die Antworten also deutlich ähnlicher<br />

aus als bei den Kolleginnen. Sie haben überwiegend keine<br />

geschlechtsspezifischen Unterschiede im Tele<strong>Coaching</strong> festgestellt oder<br />

keine anderen als im Präsenz<strong>Coaching</strong>. Was könnte das bedeuten? Sind<br />

Frauen in der Regel sensibler dafür solche kommunikativen Unterschiede<br />

zwischen den Geschlechtern wahrzunehmen? Coachen Männer<br />

anders als Frauen, so dass geschlechtsspezifische Unterschiede nicht<br />

zum Tragen kommen? Ich hatte Ihnen ja angekündigt - wir werfen<br />

mehr Fragen auf, als wir beantworten.<br />

Fazit – Trauen Sie Ihren eigenen Ohren<br />

Lassen Sie uns zum Abschluss dieses Kapitels schauen, ob sich im<br />

entstandenen Mosaik, dem noch viele Steinchen fehlen, erste Strukturen<br />

abzeichnen.<br />

Gleichen wir zunächst unsere Behauptungen vom Anfang mit den<br />

geschilderten Erfahrungen der Kollegen ab. Dem Leser mit wissenschaftlichem<br />

Anspruch mag dies wie „Kaffeesatz lesen“ vorkommen –<br />

zu Recht! Wir nehmen uns die Freiheit, es dennoch zu tun.<br />

1. These<br />

Tele<strong>Coaching</strong> geht nur mit und unter Frauen, denn Männer nutzen<br />

das Telefon ausschließlich zur Informationsübermittlung, Frauen<br />

dagegen zur Beziehungspflege.<br />

Diese Behauptung ist offensichtlich falsch. Schon deswegen, weil es<br />

viele männliche Klienten und TeleCoachs gibt. Und gerade männliche<br />

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Klienten scheinen von der Möglichkeit, am Telefon das Gesicht wahren<br />

zu können, zu profitieren, indem sie sich leichter auf emotionale<br />

Aspekte oder Körperarbeit einlassen können. Eine Beobachtung, die<br />

von den weiblichen Coachs und einem männlichen Coach gleichermaßen<br />

gemacht wurde. Ist das nur ein Effekt des Telefons? Möglicherweise<br />

liegt die Ursache zusätzlich auch darin, dass Männer leichter mit<br />

einem weiblichen Coach über ihre Gefühle sprechen. Oder weibliche<br />

Coachs lenken die Aufmerksamkeit ihrer Klienten häufiger auf<br />

Gefühle, da sie im Beziehungsbereich und damit auch bei den Emotionen<br />

kommunikativ ihr Heimspiel haben (Schulz von Thun in Krummbier<br />

2006).<br />

2. These<br />

Am Telefon steht der Mensch im Vordergrund, nicht das<br />

Geschlecht. Da Klient und Coach sich nicht sehen, können sie auch<br />

nicht durch eine besonders attraktive äußere Erscheinung, vielleicht<br />

sogar erotische oder aber auch besonders unangenehme Ausstrahlung<br />

des jeweils anderen Geschlechts abgelenkt werden.<br />

Ein äußerlich sehr attraktives, genauso wie ein extrem unattraktives<br />

Gegenüber stellt, anders als im Präsenz<strong>Coaching</strong>, beim Tele<strong>Coaching</strong><br />

weniger Ablenkung dar. Denn es fehlt ja schließlich der visuelle Eindruck.<br />

Diesen Vorteil haben zwei der befragten Kolleginnen auch<br />

benannt. Anderseits wird Attraktion und sexuelle Anziehung natürlich<br />

auch über die Stimme transportiert, kann also auch am Telefon wirken.<br />

Wir gehen jedoch davon aus, dass dieser Effekt deutlich geringer ist, da<br />

wir „Augentiere“ sind und sehr stark auf visuelle Reize reagieren. Fakt<br />

ist, dass über die Stimme am Telefon häufig ein anderer Eindruck vermittelt<br />

wird bzw. der Mensch am anderen Ende der Leitung sich ein<br />

anderes Bild macht als bei einer persönlichen Begegnung. Jeder von<br />

uns kennt den manchmal auftretenden Überraschungseffekt bei einer<br />

persönlichen Begegnung mit Menschen, die wir vorher nur vom Telefon<br />

kannten. Unbewusst haben wir uns ein inneres Bild vom anderen<br />

gemacht. Wenn wir die Person dann sehen, sind wir überrascht, obwohl<br />

wir dieses innere Bild gar nicht klar hätten beschreiben können.<br />

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Persönlich mache ich häufiger die Erfahrung, dass mich Menschen am<br />

Telefon aufgrund meiner Stimme für deutlich jünger halten als ich<br />

tatsächlich bin. Welches erste Bild "richtiger" ist, jenes durch die<br />

Stimme am Telefon oder jenes durch eine persönlichen Begegnung<br />

vermittelte, sei dahingestellt. In der Regel ist es so, dass sich dieser erste<br />

Eindruck im Zuge des <strong>Coaching</strong>-Prozesses, genau wie bei jeder<br />

anderen persönlichen Begegnung zwischen zwei Menschen, verändert.<br />

3. These<br />

Wenn ich glaube, dass es einen geschlechtsspezifischen Unterschied<br />

in der Kommunikation am Telefon gibt, werde ich auch genau diesen<br />

finden. Bin ich vom Gegenteil überzeugt, finde ich auch das Gegenteil.<br />

Ob diese Aussage wirklich so zutrifft, lässt sich aufgrund obiger<br />

Erfahrungssammlung nicht beurteilen. Sicher ist aber, dass am Telefon,<br />

wie auch in einer persönlichen Begegnung, unsere Wahrnehmungsfilter<br />

wirksam sind. Wir registrieren also bevorzugt die Dinge, die mit unseren<br />

Annahmen konform gehen und überhören zunächst das, was nicht<br />

in unser Bild passt. Und natürlich sollte ein Coach – egal, ob am Telefon<br />

oder im Präsenz<strong>Coaching</strong> – sehr geübt darin sein, seine persönlichen<br />

Wahrnehmungsfilter auszuschalten und offen für alles zu sein,<br />

was sein Klient an Botschaften sendet.<br />

Welche weiteren Hinweise glauben wir in unserem Mosaik zu erkennen?<br />

Vielleicht den, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der<br />

Kommunikation am Telefon von weiblichen Coachs eher wahrgenommen<br />

werden als von männlichen. Aber gibt es sie wirklich oder<br />

sind sie das Produkt der eigenen Vorannahme? Sie sehen, das Mosaik<br />

bedarf der Ergänzung, ist noch sehr lückenhaft und bietet nicht viel<br />

mehr als Interpretationsmöglichkeiten. Es gibt mehr Ausnahmen als<br />

Regeln und es kann jedes Mal ganz anders sein.<br />

Entscheidend ist unserer Meinung nach, dass Coach und Klient<br />

davon überzeugt sind, dass Tele<strong>Coaching</strong> einen genau so großen Nutzen<br />

bringt wie Präsenz<strong>Coaching</strong>. Geschlechtsspezifische Kommunikationsunterschiede<br />

spielen dann eine genau so kleine oder große Rolle<br />

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wie im Präsenz<strong>Coaching</strong>. Mit Sicherheit bietet das Telefon aufgrund<br />

des Nicht-Sehens einen zusätzlichen Schutzraum, der bei bestimmten<br />

Themen mehr Tiefe ermöglichen kann.<br />

Sollten wir Sie mit unseren Überlegungen zum Widerspruch gereizt<br />

haben, freuen wir uns. Ist es uns doch damit gelungen, das Thema in<br />

Ihr Bewusstsein zu rücken. Und sollten Sie Coach sein – trauen Sie<br />

Ihren eigenen Ohren!<br />

Tele<strong>Coaching</strong> ?! – Das<br />

klingt interessant.<br />

Treffen wir uns, um<br />

das näher zu<br />

besprechen!<br />

Gerne, aber<br />

am Telefon!<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

__________________________________________________<br />

IV <strong>Coaching</strong> unlimited –<br />

Interventionen und Methoden am Telefon<br />

(Maren Kaiser)<br />

Kürzlich habe ich zu einem eigenen Problem bei einem befreundeten<br />

Coach-Kollegen Hilfe gesucht. Da wir beide zeitlich sehr eingebunden<br />

sind und uns eine dreiviertel Stunde Fahrtzeit voneinander trennt, habe<br />

ich ihm angedeutet, dass er auch gerne mit mir über das Telefon arbeiten<br />

könne. Wie aus der Pistole geschossen kam der Einwand, dass er<br />

meine Körpersprache sehen müsse. So ist es im Moment noch oft!<br />

Wenn wir <strong>Coaching</strong> am Telefon vorschlagen, ist die erste Reaktion<br />

häufig Skepsis oder "Geht das denn überhaupt?" oder sogar klare<br />

Ablehnung. Diese Reaktion erleben wir bei potenziellen Klienten und<br />

Personalentwicklern. Wie das obige Beispiel zeigt, glauben aber auch<br />

(noch) viele Coachs, dass sie am Telefon einen großen Teil Ihres<br />

Handwerkszeugs nicht einsetzen können.<br />

Die praktischen Vorteile des Tele<strong>Coaching</strong>s liegen auf der Hand,<br />

wurden sie doch, ebenso wie die Grenzen, ausführlich in Kapitel II<br />

beschrieben. Jetzt treten wir an, Ihnen an ausgewählten Beispielen zu<br />

zeigen, dass sich sehr viele Methoden des klassischen Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong>s auf das Tele<strong>Coaching</strong> übertragen lassen. In den meisten<br />

Fällen müssen sie nur geringfügig adaptiert werden. Coachs möchten<br />

wir ermuntern, sich vom Nicht-Sehen zu kreativen Erneuerungen Ihrer<br />

Methoden inspirieren zu lassen. Personalentwickler und <strong>Coaching</strong>-<br />

Klienten wollen wir einladen, die Möglichkeiten des Tele<strong>Coaching</strong>s zu<br />

erproben.<br />

Wir gehen bei unserer Arbeit als TeleCoachs - gestützt auf langjährige<br />

Erfahrung - davon aus, dass alles geht, bei dem der Coach den Klienten<br />

nicht berühren muss, und selbst in solchen Fällen lässt sich häufig die<br />

179


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

__________________________________________________<br />

Berührung durch den Coach durch andere Reize oder dadurch, dass<br />

sich der Klient selbst berührt, substituieren.<br />

Wir stellen die Hypothese auf: „Die einzige Grenze des Tele-<br />

<strong>Coaching</strong>s ist die Beschränkung des Coachs, der seine Methoden nicht<br />

transferieren und an die besonderen Gegebenheiten des Telefons<br />

anpassen kann.“ Mit kreativen Ideen und Übung wird es möglich, dem<br />

Klienten am Telefon ganz neue Erfahrungsräume zu eröffnen – eben<br />

(Tele-) „<strong>Coaching</strong> unlimited“.<br />

Zeigen wollen wir Ihnen dies zunächst anhand sprachlicher Interventionen.<br />

Dies können sich die meisten Coachs noch vorstellen –<br />

allerdings in der Regel mit der Einschränkung, dass sie den Klienten<br />

schon aus dem Präsenz<strong>Coaching</strong> kennen müssen. In einem zweiten<br />

Kapitel, Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer, gehen wir einige Stufen<br />

höher auf der Erfolgsleiter des Tele<strong>Coaching</strong>s und wenden uns der<br />

Herausforderung zu, Methoden, die den Körper aktiv einbeziehen, auf<br />

das Telefon zu übertragen.<br />

Wir beginnen die Betrachtung sprachlicher Interventionen am Telefon<br />

mit The Work von Byron Katie, einem System von Fragen, um<br />

Stress verursachende Gedankenmuster zu erschüttern und zu verändern.<br />

Neben der kurzfristigen Relativierung von Stress auslösenden<br />

Situationen zielt diese Methode auf eine langfristige Veränderung von<br />

Denkstrukturen, Glaubenssätzen und mentalen Konzepten ab. Dies<br />

erfordert eine kontinuierliche, wiederkehrende Auseinandersetzung mit<br />

diesen Denkmustern – nicht umsonst heißt die Methode „The Work“<br />

– die Arbeit. Gerade bei solchen kontinuierlichen Prozessen kommen<br />

die praktischen Vorteile des Telefons zum Tragen. Der Klient kann,<br />

unterstützt von seinem Coach, fortlaufend am Ball bleiben, ohne zusätzlichen<br />

Aufwand durch Reisezeiten etc. zu haben.<br />

Appreciative Inquiry ist ursprünglich eine Methode, um<br />

Gruppen in Veränderungsprozessen zu begleiten, und wurde<br />

mittlerweile auch für das Einzel<strong>Coaching</strong> angepasst. Mit Appreciative<br />

Inquiry wird die Aufmerksamkeit vollständig auf positive Erlebnisse<br />

und Erfahrungen gerichtet. Potenziale und Stärken von Menschen und<br />

Organisationen werden beleuchtet. Die Aufmerksamkeit wird darauf<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

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gelenkt, was bereits funktioniert. Analysiert werden Erfolgsfaktoren<br />

anstelle von Problemen. Anhand dieses Ansatzes zeigen wir, wie<br />

Prozesse mit Gruppen am Telefon gestaltet werden können. Hier wird<br />

deutlich, worauf es bei der Arbeit mit AI in Gruppen am Telefon<br />

ankommt.<br />

Das Neurolinguistische Programmieren (NLP) ist eine Sammlung<br />

sehr effektiver Methoden, die auf ein optimales Selbstmanagement,<br />

konstruktive Kommunikation, Ressourcenaktivierung und Zielerreichung<br />

ausgerichtet sind. NLP hat breiten Eingang in das <strong>Coaching</strong> und<br />

auch in die Ausbildung von Führungskräften gefunden. Wir stellen<br />

Ihnen vor, wie sowohl rein sprachliche als auch den Körper einbeziehende<br />

Interventionen auf das Telefon transferiert werden können.<br />

Trancen können in jedem <strong>Coaching</strong>-Prozess, also auch am Telefon,<br />

beabsichtigt oder unbeabsichtigt eine Rolle spielen. Denn Menschen<br />

gehen spontan in Trance – ein alltägliches Phänomen. Wir wollen darlegen,<br />

wie Trancen beim Tele<strong>Coaching</strong> einbezogen werden können und<br />

auch klar die Grenzen benennen.<br />

Die Arbeit mit dem Inneren Team, einem Modell unserer inneren<br />

Stimmen bzw. Persönlichkeitsanteile, die wir alle haben, eignet sich<br />

aufgrund der Parallelität zwischen den Dynamiken in realen Arbeitsteams<br />

und im Inneren Team hervorragend für das Business<strong>Coaching</strong>.<br />

An diesem Beispiel wird deutlich, dass auch eine Methode, die sehr<br />

ausgeprägt mit visuellen Elementen arbeitet – die Mitglieder des Inneren<br />

Teams werden aufgezeichnet – mit geringem Aufwand auf das<br />

Telefon transferiert werden kann.<br />

Mit all diesen Beispielen wollen wir Sie inspirieren und ermutigen, die<br />

verschiedensten sprachlichen Methoden und Interventionen selbst auf<br />

das Telefon zu übertragen und eigene Erfahrungen zu sammeln.<br />

Dann setzen wir unsere Darstellung des Methodentransfers mit solchen<br />

Methoden fort, die den Körper aktiv einbeziehen. Warum<br />

beschränken wir uns nicht einfach auf rein sprachliche Interventionen?<br />

Die Antwort lautet Methodenvielfalt und „Lieblingsmethoden“ des<br />

Coachs. Warum uns beides wichtig ist, erfahren Sie am Anfang des<br />

Kapitels Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer. Darin setzen wir uns<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

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exemplarisch mit folgenden Methoden, die aus dem Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

bekannt sind, auseinander:<br />

wingwave-<strong>Coaching</strong> ist eine sehr wirkungsvolle Kurzzeit-Intervention.<br />

Aufgrund ihrer großen Wirksamkeit ist es äußert attraktiv, sie<br />

auch am Telefon einzusetzen. Wir werden zeigen, wie dies gehen kann,<br />

obwohl die Methode u. a. auf visuellen und kinästhetischen Reizen<br />

beruht – nämlich durch Winken herbeigeführte Augenbewegungen.<br />

Zusätzlich kommt ein kinesiologischer Muskeltest zum Einsatz. wingwave-<strong>Coaching</strong><br />

am Telefon ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie wir<br />

mit Kreativität und kleinen Kniffen Methoden auf das Telefon übertragen<br />

können.<br />

Mit dem kinästhetischen NLP gehen wir den nächsten Schritt zur<br />

Erweiterung der Methodenvielfalt am Telefon. Anhand der Walt-<br />

Disney-Strategie erleben Sie, wie eine weitere Variante der Arbeit mit<br />

Persönlichkeitsanteilen – die erste ist das Innere Team – am Telefon<br />

realisiert werden kann. Gleichzeitig ist diese Arbeit auch schon eine<br />

Form der Aufstellung am Telefon. Aufstellungen dienen dazu,<br />

Beziehungen in Systemen sichtbar zu machen. In der systemischen<br />

Strukturaufstellung werden nicht nur Personen, sondern z. B. auch<br />

Persönlichkeitsanteile, Organisationen, Teams, Ziele, Ideen, Hindernisse,<br />

Produkte, Aufgaben etc., eigentlich alles, was im Kontext der<br />

Fragestellung des Klienten bedeutungsvoll erscheint, aufgestellt. Verblüffend<br />

ist bereits, was im Präsenz<strong>Coaching</strong> mit Aufstellungen möglich<br />

wird. Wir zeigen Ihnen, dass diese Methode, unter anderem softwareunterstützt,<br />

auch am Telefon hervorragend funktioniert.<br />

Mit Focusing und EDxTM TM betrachten wir zwei weitere körperorientierte<br />

Methoden. Beide Methoden haben neben dem körperlichen<br />

auch einen energetischen Aspekt. Focusing nutzt die innere Stimme,<br />

die sich in Körpergefühlen und Empfindungen ausdrückt. Das damit<br />

verbundene energetische Entwicklungspotenzial, das in einem Thema<br />

steckt, wird aktiviert. EDxTM TM wirkt über das Klopfen von Meridianpunkten<br />

auf Energiezustände ein, die durch Probleme in Disharmonie<br />

geraten sind. Überraschend ist, dass es beim Focusing am Telefon<br />

überhaupt keine Einschränkungen gibt. Beim EDxTM TM wachsen die<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

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Anforderungen an den Coach am Telefon, da er sich statt auf kinesiologische<br />

Muskeltests verstärkt auf seine Intuition verlassen muss.<br />

Die Beispiele für den Transfer von Methoden aus dem Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> auf das Tele<strong>Coaching</strong> beginnen jeweils mit einem Brückenschlag<br />

zum Tele<strong>Coaching</strong>, gefolgt von einer auf das Wesentliche<br />

beschränkten kurzen Methodeneinführung. So ist sichergestellt, dass<br />

alle Leser ein gleiches Grundverständnis von der Methode haben.<br />

Daran schließt sich ein Abschnitt an, in dem auf die Besonderheiten im<br />

Tele<strong>Coaching</strong> eingegangen wird. Ergänzend gibt es einzelne Erfahrungsberichte,<br />

um zu zeigen wie die Arbeit am Telefon ganz konkret<br />

erfolgen kann.<br />

In beide Kapitel fließen Erfahrungen von Kollegen, die eigenen<br />

Erfahrungen der Autorin sowie theoretische Überlegungen ein. Dieser<br />

Basis und der persönlichen Vorliebe der Autorin für bestimmte<br />

Methoden ist geschuldet, dass die einzelnen Methoden unterschiedlich<br />

lang und detailliert beschrieben werden.<br />

Den Kolleginnen und Kollegen, die mir ihr Wissen zur Verfügung<br />

gestellt und teilweise sogar eigene Textpassagen beigesteuert haben,<br />

danke ich ganz herzlich.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Wirksamkeit am Telefon entfalten –<br />

Sprachliche Interventionen<br />

Auf dem Feld der persönlichen Entwicklung gibt es eine große Vielfalt<br />

an <strong>Coaching</strong>-Methoden, die rein sprachlicher Natur sind. Nachfolgend<br />

werden einige dieser Methoden exemplarisch aufgegriffen, um zu<br />

zeigen, wie sich diese am Telefon einsetzen lassen und worauf es dabei<br />

ankommt.<br />

Die meisten dieser Methoden sind in zahlreichen Büchern zum<br />

Thema <strong>Coaching</strong> beschrieben worden. Es ist per se klar, dass die gängigen<br />

sprachlichen Muster und Interventionen wie z. B. Paraphrasieren,<br />

Zusammenfassen, Unterbrechen, unterschiedlichste Fragearten, Feedback,<br />

Perspektivenwechsel, Reframing 58 etc. auch am Telefon genutzt<br />

werden können. Sie werden im Folgenden daher nicht besprochen.<br />

Manche dieser Interventionen können jedoch zusätzlich durch körperliche<br />

Aktivitäten unterstützt werden. Dies kann z. B. beim Perspektivenwechsel<br />

oder bei einer Entscheidungsfindung durch das Verwenden<br />

von zwei Stühlen oder Bodenankern erfolgen. Doch dazu später mehr<br />

im Kapitel Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer.<br />

Worauf es grundsätzlich beim <strong>Coaching</strong> am Telefon und bei den rein<br />

sprachlichen Interventionen seitens des Coachs ankommt, wurde<br />

bereits in den Kapiteln Coachen auf der Tonspur – Der Tele<strong>Coaching</strong>-Prozess<br />

und Ganz Ohr – Die Kunst des Zuhörens ausführlich dargestellt. Es soll<br />

hier daher nicht weiter Thema sein.<br />

58 Positive Umdeutung einer Situation, Absicht, Handlung, eines Gefühls, eines<br />

Gedankens etc.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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The Work von Byron Katie<br />

The Work ist ein System von Fragen, das dazu dient Stress auslösende<br />

mentale Konzepte außer Kraft zu setzen. Die Grundidee der Methode<br />

geht davon aus, dass unsere Überzeugungen oft im Widerspruch zur<br />

Realität stehen bzw. wir uns wünschen, die Realität sei anders als sie ist.<br />

Wir klammern uns an Gedanken bzw. Gedankenfolgen, erzeugen<br />

Geschichten über unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und<br />

reden uns ein, dass diese wahr sind. Indem die Gedankenfolgen, die<br />

uns Leid verursachen, mit der Methode hinterfragt werden, lösen sie<br />

sich auf und gleichzeitig auch die damit verbundenen negativen Emotionen.<br />

Denn wir begreifen, dass es keine absolute Wahrheit gibt und<br />

auch andere Perspektiven und Sichtweisen möglich sind. So gewinnen<br />

wir die Flexibilität und Freiheit, die Dinge zu akzeptieren wie sie sind<br />

und adäquat damit umzugehen (IFAPP 2008).<br />

Diese Methode ist zum Selbst<strong>Coaching</strong> geeignet, entfaltet aber sehr<br />

viel mehr Kraft und Wirksamkeit, wenn ein Coach den Klienten<br />

begleitet, wie ich aus eigener Erfahrung mit der Methode sowohl als<br />

Klientin als auch als Coach berichten kann. Die in Stress auslösenden<br />

Momenten wirksam werdenden mentalen Konzepte und Gedankenfolgen<br />

haben häufig ein sehr großes Beharrungsvermögen – wir fallen<br />

immer wieder darauf herein. Dem liegt eine wunderbar etablierte neuronale<br />

„Datenautobahn“ zugrunde. Daher benötigen wir für das Verlernen<br />

und Neulernen solcher Gedankenfolgen relativ viel Zeit – mindestens<br />

drei Wochen, regelmäßiges Üben im Dreitageabstand vorausgesetzt.<br />

Erst dann ist eine neue gut befahrbare Datenstraße im Gehirn<br />

durch Auflösen der alten und Wachsen neuer Verknüpfungen zwischen<br />

den Gehirnzellen entstanden. Dieser kontinuierliche Umlernprozess<br />

lässt sich hervorragend durch Tele<strong>Coaching</strong> unterstützen.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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The Work im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Zunächst werden die eigenen belastenden und Stress auslösenden<br />

Gedanken auf einem speziellen Arbeitsblatt 59 aufgeschrieben. Es können<br />

Gedanken über den Klienten selbst sein, aber auch Gedanken, die<br />

sich auf Situationen mit anderen Menschen beziehen. Anschließend<br />

werden diese Gedanken mit vier Fragen auf ihren Wahrheitsgehalt und<br />

ihre Wirkung untersucht:<br />

• Ist das wahr?<br />

• Können Sie mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?<br />

• Wie reagieren Sie? Was passiert, wenn Sie diesen Gedanken glauben?<br />

• Wer wären Sie ohne diesen Gedanken?<br />

Anschließend werden diese Gedanken umgekehrt, jeweils mindestens<br />

drei Beispiele für die Umkehrung gesucht und hinterfragt, ob diese<br />

genau so wahr oder sogar wahrer sind als die Ausgangsgedanken.<br />

Der Stress verursachende Gedanke wird folgendermaßen umgekehrt:<br />

1. bezogen auf sich selbst,<br />

2. bezogen auf den anderen,<br />

3. in sein Gegenteil.<br />

Dies lässt sich am besten anhand eines Beispiels verstehen 60 :<br />

„Er sollte mir besser zuhören“ wird beispielsweise zu:<br />

1. „Ich sollte mir selbst besser zuhören.“<br />

2. „Ich sollte ihm besser zuhören.“<br />

3. „Er sollte mir nicht besser zuhören.“<br />

59 Zu finden unter http://www.thework.com/deutsch/thework.asp#1.<br />

60 In Anlehnung an Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/The_Work_of_Byron_<br />

Katie.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Für die erste Umkehrung „Ich sollte mir selbst besser zuhören“ zeigen<br />

folgende Beispiele, dass dieser neue Gedanke genauso wahr oder<br />

wahrer ist als der ursprüngliche Gedanke:<br />

„Ich habe meine Wünsche nicht klar ausgedrückt, habe also mir<br />

selbst nicht so zugehört, dass ich es gut weitergeben konnte.“<br />

„Ich habe schon lange gedacht, dass ich mehr Sport machen will,<br />

habe dies aber nicht umgesetzt, also mir und meinen Bedürfnissen<br />

nicht zugehört.“<br />

„Wenn ich auf meine innere Stimme gehört und vertraut hätte, wäre<br />

mir diese Fehlentscheidung nicht passiert.“<br />

Entsprechend werden weitere Beispiele für die anderen Umkehrungen<br />

gefunden. Als Ergebnis relativieren sich durch dieses Vorgehen die<br />

Ursprungsgedanken. Die damit verbundenen Emotionen wie Wut,<br />

Verletztheit, Traurigkeit etc. lösen sich auf und der Klient entwickelt<br />

neue Handlungsmöglichkeiten für diese Art von Situationen.<br />

In der Regel wird The Work vorbereitet, indem der Klient vorher den<br />

Arbeitsbogen ausfüllt, also schon die Situation analysiert und reflektiert.<br />

Der Coach lässt sich dann den Arbeitsbogen vorlesen. In dieser<br />

Phase kann der Coach durch Nachfragen mehr Tiefe in den Überlegungen<br />

des Klienten erzeugen und die Aufmerksamkeit dahin lenken,<br />

wo der Klient sich nicht mit einer unangenehmen Wahrheit konfrontieren<br />

will oder wo er seinen blinden Fleck hat. Dann werden die Gedanken<br />

und Aussagen, die die stärkste Wirkung haben oder die stärksten<br />

oder unangenehmsten Emotionen beim Klienten auslösen, in der oben<br />

beschriebenen Weise hinterfragt. Manchmal reicht es aus The Work nur<br />

mit diesem einen Gedanken durchzuführen. Manchmal kann es auch<br />

erforderlich sein, weitere Gedanken, die der Klient auf dem Arbeitsblatt<br />

festgehalten hat oder die ggf. im Laufe des Prozesses neu dazu<br />

gekommen sind, ebenfalls noch zu bearbeiten.<br />

Die Methode lässt sich aber auch spontan ohne schriftliche Vorbereitung<br />

des Klienten anwenden, z. B. um einen Glaubenssatz, der den<br />

Klienten behindert, zu erschüttern und zu verändern.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Was gilt es bei The Work am Telefon zu beachten?<br />

In der Regel wird der Klient befragt, welche Stress auslösenden<br />

Gedanken die größte Wirkung haben. Bei vielen davon ist es für den<br />

Klienten hilfreich, die Wahrnehmung des Coachs zusätzlich gespiegelt<br />

zu bekommen. Wichtig ist also, dass der Coach sich darauf konzentriert,<br />

aus der Stimme des Klienten heraus zu hören, wo sich die stärksten<br />

Emotionen zeigen. Hier ist hilfreich, wenn der Coach eine Kopie<br />

des durch den Klienten ausgefüllten Arbeitsblattes vorliegen hat (einscannen<br />

und per E-Mail übersenden), so wird der Coach nicht durch<br />

eigene Notizen vom Zuhören abgelenkt.<br />

Bei der spontanen Arbeit mit The Work am Telefon kann der Coach<br />

seinen Klienten darin unterstützen, indem er die Kerngedanken des<br />

Klienten mitschreibt. So kann sich der Klient innerlich ganz auf seinen<br />

Prozess konzentrieren. Anschließend liest der Coach dem Klienten die<br />

Gedanken noch einmal vor und der Klient spürt nach, welcher die<br />

stärkste Wirkung in ihm entfaltet. Wenn er die Sätze selbst laut wiederholt,<br />

wird er selbst leichter herausfinden, welche Gedanken den größten<br />

Einfluss auf seine Emotionen haben. Sollten Coach und Klient<br />

einen Rechner zur Verfügung haben, kann der Coach seine Notizen<br />

dem Klienten in Echtzeit per Mail zur Verfügung stellen. Mitschriften<br />

auf dem Computer sind allerdings nur zu empfehlen, wenn der Coach<br />

sehr gut und schnell schreibt, so dass er mit seiner Aufmerksamkeit<br />

ganz beim Klienten bleiben kann.<br />

Fazit<br />

Abschließend lässt sich sagen, dass sich The Work auch am Telefon<br />

sehr gut durchführen lässt. Die Unterschiede zwischen The Work im<br />

Tele<strong>Coaching</strong> und im Präsenz<strong>Coaching</strong> sind nur gering, sofern der<br />

Coach die Kunst des Zuhörens beherrscht.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Appreciative Inquiry<br />

(Maren Kaiser und Dorothee Bornath)<br />

Appreciative Inquiry (AI), zu Deutsch „wertschätzende Erkundung“, ist<br />

eine Methode aus der Unternehmensberatung zur Begleitung von Veränderungsprozessen<br />

in Unternehmen.<br />

Berater und Coachs, die sie kennen und nutzen, können sich vielleicht<br />

nur schwer vorstellen, dass dieser Prozess auch am Telefon oder<br />

überwiegend am Telefon gestaltet werden kann. Wir treten hier an, zu<br />

zeigen, wie dies möglich ist.<br />

Appreciative Inquiry – das Grundprinzip<br />

Konzipiert war der AI-Ansatz ursprünglich für kleine Gruppen und<br />

Organisationen. Auch für die Einzelarbeit ist er hervorragend geeignet.<br />

In den letzten Jahren wird AI mehr und mehr auch in<br />

Veränderungsprozessen mit großen und sehr großen Gruppen in und<br />

außerhalb von Unternehmen und Organisationen genutzt.<br />

Die Grundidee liegt darin Erfolgsfaktoren zu analysieren, um sie für<br />

Wachstum und Entwicklung zu nutzen. Dieses Vorgehen ist sehr viel<br />

wirksamer und effektiver, als sich auf das Verbessern von Fehlern oder<br />

Lösen von Problemen zu konzentrieren. Dabei wird von folgenden<br />

Annahmen ausgegangen:<br />

• Jeder Mensch, jede Beziehung, jedes System hat ein ungeahnt<br />

großes Potenzial, das in der Gegenwart nur zum Teil gelebt wird.<br />

• Menschen und Beziehungen entwickeln sich immer in die<br />

Richtung ihrer Aufmerksamkeit.<br />

• Menschen gehen mit mehr Vertrauen und Wohlbehagen in die<br />

Zukunft (das Unbekannte), wenn sie Vergangenes (Bekanntes)<br />

fortsetzen.<br />

Mit Appreciative Inquiry wird die Aufmerksamkeit vollständig auf<br />

positive Erlebnisse und Erfahrungen gerichtet. Potenziale und Stärken<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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von Menschen und Organisationen werden beleuchtet. Die<br />

Aufmerksamkeit wird darauf gelenkt, was bereits funktioniert.<br />

Analysiert werden Erfolgsfaktoren, nicht Probleme.<br />

Appreciative Inquiry mit ganzen Systemen zielt darauf ab, die Kultur<br />

einer Gruppe oder eines Unternehmens in die Richtung eines wertschätzenden<br />

Umgangs auf allen Ebenen zu entwickeln. Der Einsatz ist<br />

dort angemessen, wo Fähigkeiten, Verhaltensweisen oder Leistungen<br />

von Einzelnen oder Gruppen weiterentwickelt werden sollen oder wo<br />

es darum geht, Zukunft zu entwerfen und neu zu gestalten. Appreciative<br />

Inquiry lässt sich beispielsweise anwenden, um<br />

• die Wettbewerbsposition zu verbessern,<br />

• den Kundenservice zu optimieren,<br />

• die Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen zu steigern,<br />

• Projektmanagement einzuführen bzw. zu begleiten,<br />

• die Zusammenarbeit von Teams zu verbessern.<br />

Nachfolgendes Beispiel verdeutlicht, welche Ergebnisse ein Appreciative<br />

Inquiry-Prozess erzielen kann: Die Hunter Douglas Window<br />

Fashions Niederlassung in Broomfield in den USA startete einen<br />

Appreciative Inquiry-Prozess mit 100 Mitarbeitern, an dem sich schließlich<br />

über einen Zeitraum von zwei Jahren alle 1.000 Mitarbeiter beteiligten.<br />

Bereits nach einem Jahr konnte Hunter Douglas eine Erhöhung<br />

der Produktivität, des Umsatzes und des Mitarbeiterengagements<br />

nachweisen. Zurückgeführt werden konnte dieses Ergebnis u. a. darauf,<br />

dass die Mitarbeiter unternehmerische Ziele verstanden, sich mit ihnen<br />

identifizierten und ihre eigenen Leistungen mit diesen Zielen in Verbindung<br />

bringen konnten. Sie fühlten sich für ihre Arbeit verantwortlich,<br />

waren motivierter und kreativer.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Der Appreciative Inquiry-Prozess<br />

Ein wertschätzender Erkundungsprozess durchläuft klassischerweise<br />

vier Phasen. In allen Phasen können verschiedene, auch kreative<br />

Methoden genutzt werden.<br />

1. Erkunden und Verstehen<br />

Herzstück und Basis des Prozesses sind gegenseitige Interviews der<br />

Beteiligten. Damit werden Augenblicke, Ereignisse oder Geschichten<br />

aufgedeckt, die mit den besten Gefühlen und Erinnerungen verbunden<br />

sind. Die Fragen regen an, Wünsche, Ziele und Träume zu äußern und<br />

ein positives Bild für die Zukunft entstehen zu lassen.<br />

Zwei Personen interviewen sich anhand eines vorbereiteten<br />

Leitfadens. Wenn sich beide Partner befragen, dauert dies bis zu zwei<br />

Stunden. Die Interviews sind in der Regel für beide ein inspirierendes<br />

Erlebnis. Die beteiligten Menschen kommen einander nicht nur näher,<br />

sie berühren sich zuweilen gegenseitig sehr tief.<br />

In dieser Phase wird freigelegt, was bereits da ist. Die im Interview<br />

entdeckten Juwelen und Schätze werden anschließend aufmerksam<br />

untersucht, gewürdigt und verstanden. Die Rahmenbedingungen, die<br />

sie ermöglichten, werden herausgefiltert und deren Zusammenhänge<br />

verstehbar gemacht. Vitalität und Kraft hervorbringende Faktoren und<br />

die dahinterliegenden Werte werden identifiziert. Die Vergangenheit<br />

wird zu einer Quelle, aus der positive Möglichkeiten für die Zukunft<br />

geschöpft werden können. Diese positive Atmosphäre bildet das<br />

Fundament für alles Weitere.<br />

2. Visionieren<br />

In der zweiten Phase werden Wünsche vertieft, Bilder und Visionen<br />

werden von dem entworfen, was sein könnte. Die entdeckten Juwelen<br />

sind sozusagen die Farben, mit denen die Bilder der Zukunft entwickelt<br />

werden. Welche Schätze sollen in die Zukunft getragen werden?<br />

Wovon wollen wir mehr? Die Zukunft, die hier entworfen wird, ist<br />

sowohl bodennah als auch visionär. Sie gründet einerseits auf<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Beispielen aus der Vergangenheit und weist andererseits neue Wege.<br />

Motivation, Inspiration und Lust auf die Zukunft entstehen.<br />

Durch den Einsatz kreativer Methoden (Bilder, Collagen, Traumreisen,<br />

...) wird die Zukunft greifbar und lebendig.<br />

3. Gestalten<br />

Die kreativen Visionen werden in der dritten Phase in klare Aussagen<br />

gefasst. Es werden so genannte „Zukunftsaussagen“ formuliert, die<br />

präzise beschreiben, was entstehen soll. Zukunftsaussagen sind<br />

ausdrucksstark und bejahend formuliert. Sie sind provokantherausfordernd<br />

und gehen über das bereits Erreichte hinaus. Sie sind<br />

konkret- motivierend und in der Gegenwartsform geschrieben. Die<br />

Zukunftsaussagen sind wie eine Brücke zwischen dem Status quo und<br />

dem, was sein soll. Sie beschreiben Idealvorstellungen, regen die<br />

Kreativität an und stellen bisherige Muster und Annahmen in Frage.<br />

4. Umsetzen<br />

In der vierten Phase wird geplant, wie die entwickelten Ziele realisiert<br />

werden und was sie konkret bedeuten. Wo genau lässt sich etwas<br />

bewegen und mit welchen Maßnahmen? Wer engagiert sich wofür?<br />

Was bedeutet das bisher Entwickelte für mein Verhalten? Wie geht das<br />

Ganze im Alltag weiter? Wie werden künftige Erfolge gewürdigt und<br />

gestärkt? Hier wird geplant, was zukünftig sein wird.<br />

Appreciative Inquiry im Tele<strong>Coaching</strong><br />

Die Kraft von Appreciative Inquiry entfaltet sich in Gesprächen und ist<br />

somit gut für die Arbeit am Telefon geeignet. Im Einzel<strong>Coaching</strong> sind<br />

alle vier Phasen sehr gut am Telefon durchzuführen. Das Interview<br />

wird auf die Themen und Anliegen des Klienten ausgerichtet. Dafür<br />

bereitet der Coach einen entsprechenden Leitfaden vor. Beim Interviewgespräch<br />

macht er sich genaue Notizen und sammelt besonders<br />

inspirierende Geschichten und bildhafte Zitate! Gemeinsam werten<br />

Coach und Klient das geführte Interview aus. Der Coach spiegelt, was<br />

besonders kraftvoll, inspirierend und berührend war. Und es werden<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Schlüsselfaktoren für Erfolg und die dahinter liegenden Werte untersucht.<br />

In der Phase des Visionierens sind die wesentlichen Fragen: Welche<br />

Schätze sollen in die Zukunft getragen werden? Wovon wollen Sie<br />

mehr? Hier empfiehlt sich der Einsatz kreativer Methoden, um die<br />

Zukunft greifbar und lebendig werden zu lassen. Denkbar sind hier<br />

direkt im Telefongespräch zum Beispiel Traumreisen, Wortspiele oder<br />

Zukunftsgeschichten. Klienten können auch eingeladen werden<br />

zwischen zwei Tele<strong>Coaching</strong>-Einheiten Bilder oder Collagen zu<br />

entwickeln. Die Klienten können ihre Kreationen entweder im<br />

nächsten Gespräch beschreiben oder technische Möglichkeiten nutzen,<br />

um dem Coach die Bilder zukommen zu lassen. Wesentlich ist an<br />

dieser Stelle die Inspiration des Klienten. Der Coachs verstärkt diese<br />

bestmöglich.<br />

Die beiden letzten Phasen, Zukunftsaussage entwickeln und Umsetzung<br />

sicherstellen, bedürfen in der Einzelbegleitung am Telefon lediglich der<br />

normalen Kompetenzen eines Coachs am Telefon.<br />

Appreciative Inquiry lässt sich also in der Einzelarbeit am Telefon sehr<br />

gut einsetzen. Entscheidend sind die Qualifikation des Coachs und<br />

seine Fähigkeit Wertschätzung zu verkörpern.<br />

Appreciative Inquiry mit Gruppen am Telefon<br />

Das Telefon eröffnet viele neue Möglichkeiten in Bezug auf Appreciative<br />

Inquiry mit Gruppen. Im Folgenden beschreiben wir nun den AI-<br />

Prozess am Telefon, um deutlich zu machen, was möglich ist und wo<br />

auch Grenzen sind. Die Nutzung des Telefons vereinfacht die Einbeziehung<br />

vieler Mitarbeiter sowie verschiedenster Ebenen und Bereiche<br />

von Unternehmen. Für die Prozessschritte sollten die Telefonkonferenzen<br />

in der Regel eine Anzahl von sechs bis zehn Teilnehmern<br />

haben. Wenn andere Gruppengrößen vorteilhaft sind, wird dies im<br />

Text erwähnt. Bei allen schriftlich festgehaltenen (Zwischen-) Ergebnissen<br />

können diese im Intranet oder Internet allen Beteiligten zur<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

193


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

Ein wertschätzender Erkundungs-Prozess konzentriert sich auf ein<br />

bis maximal fünf „Kernthemen“. Jede Richtung, in die ein System sich<br />

entwickeln, lernen oder wachsen will, kann als Kernthema gewählt<br />

werden, z. B. glaubwürdige Kommunikation, begeisternde Führung,<br />

inspirierende Zusammenarbeit, Erhöhung der Produktivität, ...<br />

Idealerweise werden die Kernthemen im Vorfeld vom Berater<br />

gemeinsam mit einer Planungsgruppe identifiziert. Die Planungsgruppe<br />

besteht aus einem Querschnitt der Beteiligten. Sie ist auch bei der Entwicklung<br />

des Interviewleitfadens beteiligt und ihre Mitglieder sind<br />

Multiplikatoren für den Prozess. Alternativ können Kernthemen auch<br />

durch das Management eines Unternehmens vorgegeben werden.<br />

1. Erkunden und Verstehen<br />

Gestartet wird der Prozess mit Partnerinterviews am Telefon. Die<br />

Auswertung der Interviews erfolgt in Telefonkonferenzen. Dies bietet<br />

schon in dieser Anfangsphase die Chance, jeweils Interviewpartner<br />

verschiedener Standorte miteinander ins Gespräch zu bringen. Bei der<br />

Auswertung der Interviews in der Gruppe erzählen die Interviewer die<br />

besten Geschichten, Zitate und was sie am meisten berührt hat. Bei<br />

größeren Systemen geschieht diese Auswertung in Untergruppen.<br />

Vertreter dieser Untergruppen bringen dann wiederum ihre jeweils<br />

stärksten Geschichten in einer zweiten Auswertungsrunde zusammen.<br />

Die besten Geschichten und Zitate aus jeder Gruppe werden<br />

zusammengefasst, schriftlich festgehalten und an alle Beteiligten<br />

weitergegeben. Dabei werden die Erfolgsfaktoren und die<br />

dahinterliegenden Werte identifiziert. Auch dieser Schritt kann in<br />

Telefonkonferenzen mit sechs bis zehn Personen erfolgen.<br />

Diese Gruppen brauchen im Vorfeld entweder sehr klare<br />

(schriftliche) Arbeitsanweisungen oder werden vom Begleiter des AI-<br />

Prozesses moderiert.<br />

Für ein Unternehmen mit verteilten Standorten können in dieser<br />

Phase aber auch moderierte Telefonkonferenzen mit sehr viel größeren<br />

Teilnehmerzahlen sinnvoll sein, um ein standortübergreifendes<br />

Miteinander zu ermöglichen.<br />

194


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

2. Visionieren<br />

Anschließend werden von einzelnen und Gruppen Visionen<br />

entworfen, die wiederum an alle verbreitet und gemeinsam weiter<br />

entwickelt werden. In moderierten Telefonkonferenzen schöpfen alle<br />

Beteiligten aus der Inspiration der Interviews. Initiiert durch die Frage<br />

„Wovon wollen wir mehr?“ entstehen aus den Ergebnissen der<br />

Interviews visionäre Zukunftsbilder. Sollen in der Phase des<br />

Visionierens kreative Methoden eingesetzt werden (z. B. Malen,<br />

Kollagen etc.) dann funktioniert dies am besten im Rahmen von<br />

Präsenzworkshops.<br />

3. Gestalten<br />

Die Entwicklung von Zukunftsaussagen kann in einem moderierten<br />

Prozess durchaus in einer großen Gruppe computerunterstützt am<br />

Telefon durchgeführt werden. Aus den Visionen werden zu einzelnen<br />

Kernthemen von Freiwilligen entsprechende Zukunftsaussagen in<br />

separaten Telekonferenzen entwickelt. Auch hier bekommen alle<br />

Beteiligten die Ergebnisse anschließend schriftlich.<br />

4. Umsetzen<br />

Das Umsetzen findet ebenfalls in moderierten Telefonkonferenzen<br />

mit handhabbaren Gruppengrößen von sechs bis zehn Personen statt.<br />

Auch hier werden die entwickelten Vorhaben und Vereinbarungen<br />

beispielsweise im Intranet veröffentlicht, so dass sich die verschiedenen<br />

Gruppen und Arbeitsbereiche gegenseitig inspirieren und unterstützen<br />

können. In dieser Phase können mit Menschen, die am gleichen<br />

Standort von der Umsetzung betroffen sind, alternativ leicht<br />

Präsenzworkshops durchgeführt werden. Telefonkonferenzen werden<br />

dann nur für die standortübergreifende Umsetzungsthemen durchgeführt.<br />

195


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

Praxisbeispiel –<br />

Appreciative Inquiry im BORA TeleCoachNetwork<br />

Um unser Netzwerk weiterzuentwickeln, hat das BORA TeleCoach-<br />

Network einen eigenen Appreciative Inquiry-Prozess gestaltet, um sich<br />

der Stärken und Qualitäten im Netzwerk bewusst zu werden und diese<br />

noch mehr für alle Mitglieder nutzbar zu machen. Die Phasen<br />

Interview und Visionieren wurden am Telefon durchgeführt, das<br />

Gestalten und Umsetzen in einem Präsenztreffen.<br />

Im Juli 2009 wurde in einer der regelmäßig stattfindenen Netzwerk-<br />

TeleKonferenzen von den Mitgliedern beschlossen, gemeinsam einen<br />

AI-Prozess zu durchlaufen. Im Anschluss wurde zur Gründung einer<br />

Planungsgruppe eingeladen. Mit dem Initiator bestand die Gruppe aus<br />

sechs Mitgliedern. Um die Kernthemen für den AI-Prozess zu<br />

identifizieren, führten diese Personen jeweils zu zweit wechselseitig ein<br />

so genanntes Basisinterview am Telefon durch. In diesem Interview<br />

wurden Fragen zum eigenen Start im Netzwerk gestellt, zu den bis<br />

dahin gemachten positiven Erfahrungen sowie zu dem, was die<br />

Mitglieder an sich selbst, der Arbeit im Netzwerk, schätzen. Es wurden<br />

die Schlüsselfaktoren für die Vitalität, Lebendigkeit und Stärke des<br />

Netzwerkes erkundet sowie das künftige Entwicklungspotenzial.<br />

Ende August 2009 wurden dann in einer TeleKonferenz aus diesen<br />

Basisinterviews die wesentlichen Gedanken und Entwicklungbereiche<br />

herausgearbeitet:<br />

• Die Weiterentwicklung des BORA TeleCoachNetwork als<br />

lebendiges Nutzen stiftendes Netzwerk.<br />

• Die Aktivierung unserer Potenziale, um neue Auftraggeber von<br />

unserer Arbeit zu begeistern.<br />

• Die Entwicklung von BORA als Marke, die allseits bekannt ist<br />

und für Tele<strong>Coaching</strong> steht.<br />

• Die Pflege der außergewöhnlichen Qualität unserer Zusammenarbeit.<br />

196


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

Zu diesen Entwicklungsbereichen wurde ein zweiter Interviewleitfaden<br />

entwickelt, mit dem dann alle Netzwerkmitglieder Zweier-<br />

Interviews geführt haben. In diesem Interview wurde der Fokus auf die<br />

Besonderheiten des Netzwerks gerichtet, die Rolle der Einzelnen im<br />

Netzwerk, ihre herausragenden positiven Erfahrungen in ihrer Arbeit,<br />

eigene Beiträge für das Netzwerke, Erlebnisse aus der Kundengewinnung,<br />

eigene Beiträge zum Thema „Außergewöhnlichkeit erzeugen“,<br />

eigene Erlebnisse zur besonderen Qualität des Netzwerkes sowie<br />

Zukunftsvisionen für das Netzwerk. Bei letztem Aspekt wurde in die<br />

Zukunft geschaut: An welchen BORA-Projekten würde das Mitglied<br />

beteiligt sein? Wie hat sich das BORA-Netzwerk entwickelt? Wodurch<br />

wurde das möglich? Was hat die Person dazu beigetragen? Und<br />

schließlich wurde noch gefragt: Was sind die ganz konkreten nächsten<br />

Schritte dieser Person, um die Vision wirklich werden zu lassen?<br />

Die Ergebnisse dieser Interviews wurden Ende September 2009 in<br />

einer weiteren Telekonferenz aller Netz-Mitglieder zusammengeführt.<br />

Zunächst wurde in zwei Gruppen in zwei separaten Telekonferenzen<br />

gearbeit. Vorgestellt wurden die Interviewpartner und das Konzentrat<br />

der Interviews in Form von inspirierenden Geschichten, Zitaten und<br />

belebender Fakten. Die Ergebnisse aus diesen beiden Untergruppen<br />

wurden dann verdichtet nochmals allen Mitgliedern in der<br />

TeleKonferenz vorgestellt und diskutiert. Es entstand eine erste Vision:<br />

BORA goes global. Zur Umsetzung dieser Vision sollte die hohe interne<br />

Netzwerkenergie, die sich bis dahin z. B. in der gemeinsamen<br />

Entwicklung eines Ausbildungscurriculums niedergeschlagen hatte, nun<br />

nach außen gerichtet werden, also in das zahlenmäßige Wachstum<br />

durch Gewinnung von neuen Kunden und Coachs.<br />

Als weitere Prozessschritt wurden dann die vier Kernthemen per E-<br />

Mail verteilt, um sie weiter zu diskutieren. Die beiden Untergruppen<br />

hatten den Auftrag, die Ergebnisse zu sichten und in einer selbst<br />

organisierten Telefonkonferenz Visions-Statements daraus zu<br />

entwickeln. An dieser Stelle kam der Prozess dann zunächst zu einem<br />

Stillstand. Es beteiligten sich nur sehr wenige Mitglieder an diesem E-<br />

Mailaustausch.<br />

197


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

Ende November 2009 wurde der Prozess in einem Präsenz-<br />

Netzwerktreffen wieder aufgenommen. Es traf sich ein kleines Team<br />

von fünf Mitgliedern, die gewillt waren, sich auch aktiv in die<br />

Umsetzungsphase einzubringen. Zunächst wurden in einem<br />

Brainstorming unsere Ideen und Vorstellungen zu den Kernthemen<br />

gesammelt und dann nochmals Visionen entwickelt. Daraus entstand<br />

ein Slogan, der den Weg von BORA vorzeichnet: BORA TCN - The<br />

Global <strong>Coaching</strong> Company. In diesem Präsenztreffen war trotz der kleinen<br />

Teilnehmerzahl wieder der Spirit des BORA-Netzwerkes präsent.<br />

Die Phase der Umsetzung wurde in der Form eines Open Space<br />

gestaltet. Überraschenderweise ließ sich in dieser für Großgruppen<br />

entwickelten Form auch in einer kleinen Gruppe sehr gut arbeiten. Aus<br />

diesem Treffen ging eine Gruppe von vier Key Account Managern<br />

hervor, die sich regelmässig trifft, über die Strategie des BORA-<br />

TeleCoach-Netzwerkes entscheidet und sich in der Kundenakquise<br />

engagiert.<br />

Erfahrungen aus dem Prozess<br />

Die Partnerintervies wurden von allen Beteiligten als sehr intensiv<br />

erlebt, ebenso die Telefonkonferenzen der Planungsgruppe und des<br />

gesamten Netzwerkes. In den Telekonferenzen der Untergruppen<br />

wurde deutlich, dass vorab ein gutes Briefing durch den jeweiligen<br />

Moderator nötig ist, um den Prozess gut zu steuern und den Schwung<br />

aus den Partnerinterviews in die Gruppe hineinzubringen und<br />

fortzusetzen. Sodann ist es wichtig beim Gründen von Untergruppen,<br />

die eigenständig arbeiten sollen, jeweils Verantwortliche zu finden, die<br />

die Gruppenaktivitäten vorbereiten und steuern.<br />

Der Austauschprozess über die Kernthemen per E-Mail war deutlich<br />

weniger lebendig und dynamisch als die persönliche Begegnung in den<br />

Telefon-Interviews und den Telefonkonferenzen. Die Fortsetzung<br />

eines inhaltlichen Austauschs sollte daher ebenfalls in Kleingruppen<br />

über Telefonkonferenzen oder in Präsenztreffen organisiert werden.<br />

Für den Abschluss des AI-Prozesses war in unserem Fall das<br />

Präsenztreffen ein notwendiger Schritt, da der Prozess ins Stocken<br />

geraten war. Wir sind jedoch überzeugt, dass bei einem durchgängig<br />

198


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

gut begleiteten und geführten Prozess alle Schritte am Telefon möglich<br />

sind.<br />

Fazit<br />

Die Arbeit mit Gruppen verschiedenster Größe am Telefon birgt<br />

enormes Kreativitätspotenzial in der Prozessgestaltung. Das Telefon<br />

bindet Menschen verschiedener Standorte gleichberechtigt in den Prozess<br />

ein. Vor allem die Partnerinterviews sind am Telefon leicht durchführbar,<br />

so dass sich auch Mitarbeiter verschiedener Standorte von<br />

Unternehmen oder Organisationen gut begegnen können. Die Auswertung<br />

der Interviews in moderierten Telefonkonferenzen ermöglicht<br />

ein standortübergreifendes Zusammenwachsen. Sinnvoll kann dann –<br />

je nach eingesetzten Kreativitätsmethoden – eine Kombination von<br />

Interviews am Telefon, Präsenz-Workshops, kleinen und großen Telefonkonferenzen,<br />

Videokonferenzen und moderierten Telefonkonferenzen<br />

mit paralleler Kommunikation via Internet sein. Es ist jedoch<br />

auch möglich, den gesamten Prozess am Telefon zu gestalten.<br />

Einen Appreciative Inquiry-Prozess in einer Gruppe am Telefon zu<br />

begleiten erfordert neben ausreichender Methodenkompetenz und der<br />

Fähigkeit, Wertschätzung zu verkörpern, unbedingt auch entsprechende<br />

Erfahrung in der Moderation von Gruppen in virtuellen Räumen<br />

und im Gruppen<strong>Coaching</strong>. Auf jeden Fall sollte zu zweit<br />

gearbeitet werden, um sowohl inhaltlichen als auch organisatorischen<br />

und technischen Notwendigkeiten gerecht zu werden.<br />

NLP – Neurolinguistisches Programmieren<br />

Das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) ist ein bedeutsames<br />

Konzept für effektive Kommunikation, Analyse von Wahrnehmung<br />

und Verhaltensänderung. Es wird ganz besonders von Menschen<br />

genutzt, die beruflich mit Kommunikation zu tun haben. Dies sind<br />

Coachs, Berater und Trainer, aber auch Personalentwickler und<br />

zunehmend Führungskräfte, denen an einer konstruktiven und effekti-<br />

199


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

ven Kommunikation gelegen ist. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist das<br />

Selbst- und Zustandsmanagement. NLP hat einen sehr ausgeprägten<br />

Fokus auf Ziele, Lösungen und Ressourcen. Es bietet ein umfangreiches<br />

Spektrum effektiver, sehr schnell zu Ergebnissen führenden Interventionen<br />

und hat daher breiten Eingang in das Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

gefunden. So ist es nur logisch, es auch im Tele<strong>Coaching</strong> einzusetzen.<br />

Manche dieser Interventionen sind rein sprachlicher Natur. Viele<br />

beziehen aber auch den Körper, Bewegungen im Raum und leichte<br />

Trancen mit ein. Bereits bei den rein sprachlichen Interventionen<br />

haben Augenzugangshinweise, Körperausdruck und Körpersprache<br />

(Haltung, Mimik, Gestik) sowie idiomotorische Körperbewegungen<br />

eine große Bedeutung 61 . Sie unterstützen den Coach darin, anhand von<br />

Inkongruenzen unbewusste oder unausgesprochene Einwände des<br />

Klienten zu erkennen, sowie generell die emotionalen Zustände und<br />

Prozesse des Klienten zu erkennen und zu verstehen. Die in der Einführung<br />

zu Kapitel IV beschriebene Reaktion auf den Vorschlag, am<br />

Telefon zu coachen, stammt von einem NLP-Experten. Im Weiteren<br />

geht es um die Frage, wie am Telefon NLP erfolgreich eingesetzt werden<br />

kann, wenn alle die genannten Hinweise fehlen.<br />

Augenzugangshinweise<br />

Beim Verschlüsseln und Abspeichern von Informationen in unserem<br />

Gehirn spielen einer oder mehrere unserer fünf Sinneskanäle –<br />

visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch – eine<br />

Rolle. Rufen wir Informationen ab oder konstruieren wir<br />

Informationen, indem wir uns z. B. einen Gegenstand vorstellen oder<br />

uns die Zukunft ausmalen, aktivieren wir die Repräsentationssysteme<br />

in unserem Gehirn, die diesen Sinneskanälen entsprechen. Dies wird<br />

begleitet von jeweils charakteristischen Bewegungen unserer Augen.<br />

Als Beobachter können wir anhand dieser Augenbewegungen, den so<br />

genannten Augenzugangshinweisen, erkennen, welchen Sinneskanal<br />

die betreffende Person gerade aktiviert.<br />

61 Im NLP werden diese Beobachtungen unter dem Begriff „Physiologie“<br />

zusammengefasst.<br />

200


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

V k<br />

Visuell konstruiert<br />

V e<br />

Visuell erinnert<br />

A k<br />

Auditiv konstruiert<br />

A e<br />

Auditiv erinnert<br />

K<br />

Kinästhetisch<br />

A id<br />

Innerer Dialog<br />

Abbildung 7: Augenzugangshinweise<br />

Aktiviert eine Person den visuellen Kanal, blickt sie nach oben. Nutzt<br />

sie den auditiven Kanal, sind die Augen in der Mitte, etwa auf<br />

Ohrenhöhe. Hierbei ist es bei den meisten Personen so, dass der<br />

Blick nach links (links aus der Beobachterperspektive gesehen)<br />

zusätzlich bedeutet, dass Bilder bzw. auditive Eindrücke konstruiert,<br />

also sich vorgestellt werden. D. h. die Person ist mit der Zukunft<br />

beschäftigt und kreativ. Blickt die Person vom Beobachter aus gesehen<br />

nach rechts, so erinnert sie Bilder bzw. Gehörtes. Der Blick nach<br />

rechts unten zeigt, das die Person in einem inneren Dialog ist, der<br />

Blick nach links unten, dass sie den kinästhetischen Kanal benutzt<br />

bzw. etwas bewertet (Wie schmeckt Seifenwasser?). Diese Augenzugangshinweise<br />

sind bei ca. 80 Prozent der Rechtshänder identisch.<br />

Bei Linkshändern ist in der Regel die Bedeutung der Bewegungen<br />

nach rechts und links genau gegengleich zu den Rechtshändern. 62<br />

Wie funktioniert NLP?<br />

Die Interventionen und Techniken des NLP entstanden in den<br />

70iger Jahren durch Beobachtung, Beschreibung und Modellierung 63<br />

62 Quelle: http://www.nlp.at/lexikon_neu/index.htm.<br />

63 Beim Modellieren im NLP werden besondere Fähigkeiten oder Eigenschaften<br />

anderer Personen so genau analysiert und beschrieben, dass daraus eine Anleitung<br />

oder ein Format entsteht, das es anderen Menschen ermöglicht, sich diese Fähigkeit<br />

oder Eigenschaft anzueignen.<br />

201


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

erfolgreicher Berater und Therapeuten. Seitdem wird das NLP kontinuierlich<br />

von seinen Anwendern weiterentwickelt.<br />

Zusätzlich fließen Erkenntnissen der modernen Systemtheorie, Linguistik,<br />

Neurophysiologie, Gehirnforschung und Psychologie in die<br />

Entwicklung des NLP ein. Es beschreibt die wesentlichen Prozesse,<br />

wie Menschen sich selbst und ihre Umwelt wahrnehmen, diese Informationen<br />

auf ihre eigene Weise verarbeiten, auf dieser Grundlage handeln,<br />

entsprechend miteinander kommunizieren, lernen und sich und<br />

ihr Verhalten verändern 64 . Geändert wird das eigene Verhalten durch<br />

Analyse des bisherigen Verhaltens und Entwicklung von neuen Reaktionen,<br />

unter anderem indem die eigenen Reiz-Reaktions-Ketten neu<br />

gestaltet werden. Zentrale Elemente sind sprachliche Muster, Perspektivenwechsel,<br />

Wechsel der zeitlichen Ebenen, Ressourcenaktivierung,<br />

Zustandsmanagement, Arbeit mit Glaubenssätzen, inneren Bildern<br />

sowie Persönlichkeitsanteilen.<br />

NLP besteht aus einer ständig wachsenden Sammlung so genannter<br />

Formate. Das sind Anleitungen für Interventionen, die z. T. im<br />

Selbst<strong>Coaching</strong> durchgeführt werden können. In der Mehrzahl wird für<br />

ihr Durchführen jedoch die Anleitung durch den Coach benötigt, um<br />

ausreichende Wirkung zu erzeugen. Logischerweise ist dabei die Sprache<br />

das wichtigste Kommunikationsmittel kombiniert mit den oben<br />

beschriebenen Beobachtungen des Körperausdrucks des Klienten. Und<br />

wie in jedem <strong>Coaching</strong>-Prozess ist natürlich guter Rapport, der sich<br />

körperlich, stimmlich und gefühlsmäßig ausdrücken kann, auch hier<br />

eine Grundvoraussetzung. Körperbewegungen und Bewegungen im<br />

Raum sind Bestandteile vieler NLP-Formate. Sie erleichtern dem<br />

Klienten einen Perspektivenwechsel, also z .B. ein Problem aus der<br />

Sicht des Konfliktpartners oder auch aus der Sicht eines unbeteiligten<br />

Dritten wahrzunehmen. Ebenso unterstützen sie den Klienten darin,<br />

Veränderungen herbeizuführen und erwünschte Zielzustände durch so<br />

genanntes Ankern (siehe unten) wieder abrufbar abzuspeichern. Viele<br />

NLP-Formate sind also keineswegs nur rein sprachlicher Natur. Wie<br />

64 Vgl. http://www.livia-berlin.de/cms/alexandra-kuehr/45-alexandra-kuehr.html.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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mit diesen „kinästhetischen“ Formaten am Telefon gearbeitet werden<br />

kann, wird anhand der „Walt-Disney-Strategie“ 65 weiter unten<br />

beschrieben.<br />

Neurolinguistisches Programmieren am Telefon<br />

Zur Verdeutlichung, wie am Telefon mit sprachlichen NLP-Interventionen<br />

gearbeitet werden kann, wird nachfolgend eine Ressourcenaktivierung<br />

als Praxisbeispiel der Autorin beschrieben:<br />

Es handelt sich um einen Klienten, den ich beim Schreiben eines<br />

wissenschaftlichen Buches begleitet habe. Nachdem er die Rückmeldung<br />

bekommen hatte, er schreibe zu kompliziert und zu ausführlich,<br />

stand die Frage im Raum, wie er das ändern könne. Durch<br />

Nachfragen ergab sich, dass der Klient in der Vergangenheit durchaus<br />

in der Lage war, kurz, klar und flüssig zu schreiben. Er bezeichnete<br />

dies als Lexikonstil, da er sich an eine Situation erinnerte, wo er<br />

einen Beitrag für ein Lexikon geschrieben hatte. Ich habe den Klienten<br />

unterstützt, diesen Zustand erneut zu erleben, indem er sich so<br />

genau wie möglich an die konkrete Situation erinnerte. Dazu habe ich<br />

mir genau die Situation beschreiben lassen: Wo war er? Was war um<br />

ihn herum? Was war zu sehen, zu hören, zu fühlen? Welche Jahreszeit?<br />

War ihm warm oder kalt? Gab es Geräusche, Musik, Körperwahrnehmungen?<br />

Die Fragen zielen darauf ab, alle Sinneskanäle<br />

zu aktivieren, um eine Assoziation mit der damaligen Situation zu<br />

erzeugen. Schließlich sagte der Klient, er könne genau die Energie<br />

wieder fühlen, die ihm diesen Schreibstil ermöglicht habe. Anschließend<br />

habe ich ihn eingeladen eine Bewegung, ein Bild, eine Farbe,<br />

ein Wort, einen Ton, eine Melodie oder einen Gegenstand zu finden,<br />

d. h. etwas, das genau jetzt diese Energie symbolisieren könne. Der<br />

Klient nannte die Farbe Blau, ein sehr leuchtendes intensives Blau.<br />

Nachdem er die Farbe innerlich mit diesem Gefühl verbunden hatte,<br />

haben wir mehrfach geübt, sich aus dieser Situation und diesem<br />

Zustand zu lösen und ihn wieder herzustellen. Dazu wird der Klient<br />

mit einer Frage zu einem anderen Thema abgelenkt – ein so<br />

genannter Separator gesetzt – und anschließend wieder aufgefordert,<br />

sich mit Hilfe der Farbvorstellung in den Zustand des Schreibens im<br />

Lexikonstil mit der entsprechenden Energie hineinzuversetzen. Die<br />

Erinnerung an die Farbe dient als Anker, um den gewünschten<br />

65 Siehe Kapitel „Kinästhetisches NLP“ am Telefon – leichter als erwartet, S. 227 ff.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Zustand jederzeit abrufen zu können. Der Klient hatte selbst die Idee<br />

für seinen Schreibtisch zusätzlich einen Gegenstand in dem entsprechenden<br />

Blau als zusätzlichen Anker zu besorgen. Er hat dies<br />

auch getan und mit Leichtigkeit und im gewünschten Stil an seinem<br />

Buch schreiben können.<br />

Fazit<br />

Bei dieser telefonischen Intervention war entscheidend, sich genau<br />

beschreiben zu lassen und vermehrt nachzufragen, was der Klient in<br />

der Ressourcensituation wahrgenommen hat. So wurde sichergestellt,<br />

dass er assoziiert ist und das dazugehörige Gefühl, also die wahrgenommene<br />

Energie, stark aufgebaut war. Gleichzeitig ist eine gute Intuition<br />

notwendig, um als Coach dem Klienten Zeit zuzugestehen, wenn<br />

der Klient mitten in einem Prozessschritt ist und es noch in ihm arbeitet.<br />

Ebenso gibt ein veränderter Klang der Stimme einen Hinweis darauf,<br />

dass ein bestimmter Zustand erreicht ist. Auf diese Weise lässt sich<br />

kompensieren, dass die Physiologie des Klienten nicht direkt beobachtet<br />

werden kann.<br />

Für den Einsatz aller rein sprachlichen NLP-Interventionen am Telefon<br />

gelten alle generellen Anforderungen an einen TeleCoach sowie die<br />

in den Kapiteln zum Zuhören und zum Beziehungsaufbau beschrieben<br />

Fähigkeiten 66 .<br />

Von der Stimme ins Innen geführt –<br />

Trancen am Telefon<br />

Warum überhaupt das Thema Trance und Hypnose in einem Buch<br />

über Tele<strong>Coaching</strong>? Ganz einfach, das Phänomen Trance spielt in<br />

jedem <strong>Coaching</strong>-Prozess eine Rolle, also auch beim Tele<strong>Coaching</strong>.<br />

Schon mit der Aufforderung an den Klienten sich an eine bestimmte<br />

Situation zurückzuerinnern oder sich eine Situation in der Zukunft<br />

66 Ganz Ohr - Die Kunst des Zuhörens, S. 132 ff; Fern und doch ganz nah – Beziehungsgestaltung<br />

am Telefon, S. 108 ff.<br />

204


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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auszumalen, lädt der Coach den Klienten ein, in eine leichte Trance zu<br />

gehen. Für den TeleCoach stellt sich jedoch die Frage, ob er darüber<br />

hinaus unter Verwendung von gezielten Trance-Induktionen und hypnotischen<br />

Techniken seine Klienten auch am Telefon in tiefe Trancen<br />

führen sollte.<br />

Bevor wir diese Frage beantworten, laden wir den Leser zu einem<br />

Exkurs zu den Themen Trance und Hypnose ein.<br />

Was ist eine Trance?<br />

Trance ist ein nach innen gerichteter Bewusstseinszustand, in dem<br />

man so intensiv mit seinen inneren Bildern, Denkprozessen und<br />

Gefühlen beschäftigt ist, dass man die Außenwelt nur noch reduziert<br />

oder gar nicht mehr wahrnimmt. Wir wechseln in unserem Alltag<br />

ständig zwischen einem nach außen gerichteten Wachzustand und<br />

einem nach innen gerichteten Trancezustand. Der Übergang ist fließend<br />

und die Trance kann von einer leichten „Alltagstrance“ bis hin<br />

zu tiefer Trance gehen. Trancen werden – je nach Tiefe – begleitet<br />

von physiologischen Reaktionen, wie sinkendem Muskeltonus,<br />

verlangsamter Atmung, verlangsamtem Puls, leichte Amnesien etc.<br />

(Moll 2006). Diese Phänomene können auch schon bei<br />

Alltagstrancen auftreten: Wir fahren mit dem Auto eine vertraute<br />

Strecke, z. B. von der Arbeit nach Hause und hängen dabei unseren<br />

Gedanken nach. Plötzlich sind wir vor der eigenen Haustür angekommen<br />

und fragen uns, wie wir dort hingekommen sind (Amnesie).<br />

Die Trance war jedoch nur so tief, dass wir noch in der Lage waren,<br />

Auto zu fahren, vor roten Ampeln zu halten und dem Verkehrsgeschehen<br />

zu folgen. Manchmal fragen wir uns sogar, ob die gerade<br />

eben passierte Ampel rot oder grün war. Sie war natürlich grün –<br />

unser Unbewusstes schützt uns davor, eine rote Ampel zu überfahren.<br />

Andere Beispiele für Alltagstrancen sind das völlige Abtauchen<br />

in ein spannendes Buch oder einen spannenden Film. Auch jede intensive<br />

Beschäftigung mit einer Aufgabe erzeugt eine leichte Trance.<br />

So erfolgt das konzentrierte Lesen dieses Textes ebenfalls in einer<br />

leichten Trance.<br />

Im NLP, aber sonst im <strong>Coaching</strong> werden sehr häufig diese leichten,<br />

durch einfache Fragen herbeizuführenden Trancen für die Arbeit mit<br />

dem Klienten genutzt. Hierbei handelt es sich meistens um so<br />

genannte fraktionierte Trancen: Der Klient geht entsprechend der<br />

Instruktion des Coachs kurz in Trance, z. B. „Spüren Sie nach, wie<br />

205


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

sie sich in der Situation gefühlt haben“, kommt heraus, schildert dem<br />

Coach seine Erfahrung und geht mit einer neuen Instruktion wieder<br />

in Trance (Moll 2006).<br />

Was ist Hypnose?<br />

Die Begriffe Trance und Hypnose stehen in engem Zusammenhang<br />

und werden selten genau unterschieden. Der Begriff Hypnose weckt<br />

in manch einem von uns Skepsis und Vorsicht, kommen uns doch<br />

vielleicht Szenen aus Filmen in den Sinn, wo jemand unter Hypnose<br />

ein Verbrechen begeht. Oder wir kennen die Show-Hypnosen aus<br />

dem Fernsehen, wo jemand in eine Zitrone beißt, keine Miene verzieht<br />

und schwärmt wie süß und lecker die Frucht schmeckt. Oder<br />

wir haben das Bild von einem sich bewegenden Pendel vor dem<br />

Gesicht des Klienten vor Augen. All dies sind Klischees, die wenig<br />

mit der seriösen Nutzung von Hypnose zu tun haben.<br />

Am einfachsten lässt sich Hypnose beschreiben als eine von einer<br />

anderen Person induzierte und geführte Trance. Hypnose ist also das<br />

Verfahren, mit dem eine Trance eingeleitet wird. Dies geschieht in<br />

der Regel über verbale Anweisungen für den Klienten. Nur wer<br />

innerlich bereit ist, sich in eine Trance führen zu lassen, kann hypnotisiert<br />

werden. Es ist nicht möglich, mit Hypnose eine andere Person<br />

unter die eigene Kontrolle zu bringen und sie zu Handlungen zu veranlassen,<br />

die sie nicht will und die ihren Werten widersprechen. In<br />

dem Moment, wo der Hypnotiseur dies versucht, taucht der Klient in<br />

der Regel aus der Trance auf. Er erlebt solch einen Versuch als Rapportbruch<br />

und groben Vertrauensmissbrauch. 67<br />

Trance im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Im Präsenz<strong>Coaching</strong> ergeben sich leichte Trancen ganz automatisch<br />

durch die Art des Arbeitens, indem sich der Klient intensiv mit Situationen<br />

in der Vergangenheit und in der Zukunft beschäftigt. Doch wann<br />

wird zusätzlich mit explizit induzierten Trancen, also mit Hypnose,<br />

gearbeitet? Bandler und Grinder, die Entwickler des NLP, setzen das<br />

Arbeiten in Trance dann ein, „wenn ihnen danach ist“ bzw. wenn sie<br />

Lust auf „phantasievolleres“ Arbeiten haben. 68 Alexandra Moll empfiehlt<br />

Hypnose bzw. das Arbeiten in Trance bei Menschen, „….die sehr<br />

67 Moll (2006).<br />

68 Grinder/ Bandler (1984).<br />

206


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

kontrolliert sind, bei denen das Bewusstsein oder auch ein unbewusster<br />

Teil…“ sehr misstrauisch gegenüber jeder Art von Veränderung ist.<br />

Die Veränderungsarbeit kann dann z. B. durch ein NLP-Format erfolgen,<br />

das komplett in Trance oder in fraktionierten Trancen durchgeführt<br />

wird. Oder es wird mit reinen Prozessinstruktionen für das<br />

Unbewusste gearbeitet wie z. B. „…Aufforderungen etwas zu lernen,<br />

ein neues Verständnis zu entwickeln, sich zu verändern etc.“. 69 Und<br />

natürlich bieten sich Trancen immer dann an, wenn ein Klient sehr<br />

angespannt und im Stress ist. Über eine geführte Entspannung, z. B.<br />

eine Reise an einen Ort der Ruhe oder Kraft, kann der Coach dem<br />

Klienten zum Innehalten, Luftholen und Kraftschöpfen verhelfen.<br />

Manchmal ist dies der erste notwendige Schritt, damit der Klient aus<br />

der Alltagshektik zu sich findet und damit überhaupt in die Lage<br />

gelangt sich auf den <strong>Coaching</strong>-Prozess einzulassen. Letztlich ist es der<br />

Intuition und der Vorliebe des Coachs für bestimmte Methoden und<br />

seinem Können überlassen, ob er verstärkt mit Trancen arbeitet. Und<br />

natürlich ist vor allem wichtig, auf welche Methoden der Klient positiv<br />

reagiert und mit welchen Methoden er am leichtesten die angestrebten<br />

Ziele erreicht.<br />

Trance im Tele<strong>Coaching</strong><br />

Welche Themen eignen sich nun für das gezielte Bearbeiten in<br />

Trance am Telefon? Dies sind alle Themen, in denen es um ein positives<br />

Erleben geht. Das kann z. B. eine reine Tiefenentspannung oder<br />

eine Phantasiereise für einen gestressten Klienten sein. Oder das Entwickeln<br />

von Zielbildern, die Aktivierung von Ressourcen für einen<br />

Vortrag, eine Prüfung oder einen Wettkampf, die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit<br />

oder der Kreativität. Die Arbeit mit der Walt-<br />

Disney-Strategie 70 ist ein Beispiel, wie zum Formulieren und Erreichen<br />

von Zielen Trancen genutzt werden können.<br />

Warum die Beschränkung auf Themen mit einem positiven Erleben?<br />

Wenn wir einen Klienten unterstützen in eine tiefe Trance zu gehen,<br />

69 Moll (2006).<br />

70 Siehe Kapitel „Kinästhetisches NLP“ am Telefon – leichter als erwartet, S. 227 ff.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

können wir nicht vorhersehen, ob er vielleicht mit unangenehmen<br />

Erinnerungen oder sogar traumatischen Erlebnissen in Berührung<br />

kommt. Daher lautet unsere Empfehlung sich am Telefon auf Trancen<br />

mit positivem Erleben zu beschränken. Vermute ich als Coach hinter<br />

einem Thema ein größeres Problem, vielleicht sogar mit traumatischen<br />

Aspekten, sollte ich von einer Arbeit in Trance am Telefon Abstand<br />

nehmen. Hier ist unbedingt eine Präsenz-Sitzung angezeigt bzw. die<br />

Frage zu stellen, ob das Thema besser in die Hände eines Psychotherapeuten<br />

gehört.<br />

Was ist nun bei der Arbeit in Trance am Telefon zu beachten? Als<br />

allerwichtigste Vorraussetzung brauchen wir die Bereitschaft des<br />

Klienten in Trance zu gehen bzw. sich hineinführen zu lassen. Sodann<br />

erleichtert es dem Klienten in Trance zu gehen, wenn der Coach parallel<br />

selbst in eine leichte Trance geht. Dies ist in der Regel automatisch<br />

der Fall. Denn ein guter Coach ist bereits dann in einer typischen Alltagstrance,<br />

wenn er mit seiner ganzen Aufmerksamkeit beim Klienten<br />

und dessen Prozess ist und seine eigenen Belange komplett zurückstellt.<br />

Der TeleCoach sollte ausschließlich mit fraktionierten Trancen<br />

arbeiten. Er bleibt also im ständigen sprachlichen Kontakt mit dem<br />

Klienten und hat so die Möglichkeit, dessen Befinden immer wieder zu<br />

erfragen. Es kann zusätzlich ein akustisches Feedbacksystem vereinbart<br />

werden, z. B. die typischen Zuhörgeräusche wie „mh“, „ja“, „nein“, so<br />

dass der Klient dem Coach z. B. bei Tiefenentspannung und Phantasiereisen<br />

signalisieren kann, dass er den Anweisungen folgt und für den<br />

nächsten Schritt bereit ist. Zusätzlich wird der Klient aufgefordert, alles<br />

zu benennen, was ihn und seine Konzentration stört. Außerdem gibt<br />

der Hörsinn dem Coach weitere Hinweise auf die Trancetiefe des<br />

Klienten: Ist der Atem des Klienten langsamer und tiefer geworden?<br />

Hat sich seine Stimme verändert? Antwortet er mit Zeitverzögerung?<br />

Wenn der Coach am Telefon zu lange nichts vom Klienten hört, stellt<br />

er Fragen, um sicherzustellen, dass der Klient wach bleibt. Dies gilt<br />

insbesondere bei einer Tiefenentspannung oder Phantasiereise. Dem<br />

Einschlafen kann auch dadurch vorgebeugt werden, dass der Klient auf<br />

208


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

einem Stuhl sitzt, anstatt sich hinzulegen, was bei einer Tiefenentspannung<br />

oder Phantasiereise ja durchaus nahe liegt.<br />

„... Millionen von Jahren hat der Mensch nur mit dem gesprochen,<br />

was er sehen konnte. Plötzlich innerhalb eines einzigen Jahrhunderts<br />

wurden „sehen“ und „sprechen“ voneinander getrennt. Wir glauben,<br />

dass wir daran gewöhnt sind und bemerken die ungeheuren Auswirkungen<br />

nicht, die diese Trennung auf unsere Reflexe hat. Unser<br />

Körper ist einfach noch nicht daran gewöhnt. Diese Trennung<br />

bewirkt, dass wir beim Telefonieren in eine Art Trancezustand geraten.<br />

Unser Geist arbeitet auf einer anderen Wellenlänge, bleibt aber<br />

für die sichtbare Welt empfänglich, ...“. 71<br />

Fazit<br />

Auch beim Tele<strong>Coaching</strong> können Trancen bewusst induziert und als<br />

Intervention erfolgreich eingesetzt werden. Daneben ergeben sich auch<br />

am Telefon, wie auch sonst im Alltag, Trancen einfach so. Sicherlich<br />

sollte ein Coach, der gerade erst gelernt hat seine Klienten bewusst in<br />

eine Trance zu leiten, zunächst damit Erfahrungen im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> sammeln. Bevor der Coach einen Klienten bewusst am Telefon<br />

in eine Trance führt, sollte er schon einige Tele<strong>Coaching</strong>-Sitzungen<br />

mit diesem Klienten durchgeführt haben. So kann er dessen normale<br />

Reaktionen im nach außen gerichteten Wachzustand und seine Reaktionen<br />

in spontan entstehenden leichten Trancezuständen beim Arbeiten<br />

über das Telefon gut unterscheiden. Dies wird dem Coach einen guten<br />

Rapport bei einer bewusst eingeleiteten Trance erleichtern. Des Weiteren<br />

gilt: Solange sich der Coach mit dem, was er macht, sicher und<br />

wohl fühlt und davon überzeugt ist, wird ihm der Klient folgen und<br />

eine positive Erfahrung machen.<br />

Quellen: persönliche Mitteilungen von Robert Geier und Thomas<br />

Göller<br />

71 Aus „Brida“ von Paulo Coelho (2009).<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Rudern in die gleiche Richtung –<br />

Arbeit mit dem Inneren Team<br />

(Sabine Engelhardt und Maren Kaiser)<br />

Die Arbeit mit dem Inneren Team ist eine Methode, die sich hervorragend<br />

für das Business<strong>Coaching</strong> eignet, da es viele Parallelen zwischen<br />

der Gruppendynamik in Arbeitsteams und im Inneren Team gibt. Sie<br />

ist sehr vielseitig einsetzbar, z. B. für den Umgang mit inneren Konflikten,<br />

zur Entwicklung der Persönlichkeit, zur Zielerreichung, Konfliktbewältigung,<br />

Entscheidungsfindung etc. Daher lag es sehr nahe,<br />

diese Methode auf das Tele<strong>Coaching</strong> zu übertragen. Dies hat Mitautorin<br />

und BORA Netzwerkkollegin Sabine Engelhardt erfolgreich getan<br />

und im nachfolgenden Text ihre Erfahrungen zur Verfügung gestellt.<br />

Was ist das Innere Team?<br />

Die Methode des Inneren Teams ist eine gruppendynamische<br />

Modellvorstellung von der inneren Pluralität des Menschen, die sich in<br />

Form innerer Stimmen ausdrückt. 72 Sie sind ein Synonym für die<br />

Persönlichkeitsanteile des Menschen. Die Methode dient der Selbstklärung<br />

in Problemsituationen sowie der Entwicklung von verschütteten<br />

bzw. abgespalteten Persönlichkeitsanteilen. Das Miteinander, Gegeneinander<br />

und Nebeneinander der Mitglieder des Inneren Teams wird<br />

hier betrachtet und analysiert. Welche Botschaften stecken in den Mitspielern?<br />

Welches Anliegen verfolgen sie? Und wie gehen sie miteinander<br />

um? In der Regel melden sich zu einem Thema nicht nur ein<br />

Teammitglied (eine innere Stimme) zu Wort, sondern mehrere – oft<br />

durcheinander, häufig gegeneinander. Teammitglieder können gewollt<br />

oder ungewollt gering ausgeprägt sein. Sie sind in jedem Fall unkündbar.<br />

Gemeint ist damit, dass unsere inneren Anteile in unserem Denken<br />

und Handeln wirksam werden, egal ob wir sie lieben, unangenehm<br />

finden, vielleicht sogar hassen, verleugnen oder gar nicht bewusst<br />

wahrnehmen. Das Team kann auch durch neue Teammitglieder erwei-<br />

72 Schulz von Thun (2006).<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

tert werden, um etwa einen bisher nicht vorhandenen Persönlichkeitsaspekt<br />

zu entwickeln, wie z. B. die Fähigkeit sich abzugrenzen.<br />

Der Klient lernt durch die Arbeit seine verschiedenen Mitspieler und<br />

deren Ungleichgewichte kennen sowie sein Inneres Team gezielt einzusetzen.<br />

Er übernimmt eine bewusste Einsatzplanung für verschiedenste<br />

Situationen und Probleme. Zudem findet eine persönliche Entwicklung<br />

durch Anschauen, sich Auseinandersetzen und Integrieren statt. Dies<br />

ist die Innere Teamentwicklung.<br />

Vorgehensweise im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Als erstes wird das Anliegen des Klienten als positive Frage formuliert<br />

und schriftlich festgehalten, z. B. “Was brauche ich, um meine<br />

Faulheit zu überwinden, um mir endlich die Zeit zu nehmen, mir einen<br />

neuen Arbeitgeber zu suchen?”, „Was kann ich tun, um meine Ziele<br />

erfolgreich umzusetzen“? Der Coach lädt den Klienten ein, eine<br />

Bestandsaufnahme seiner Inneren Teammitglieder zu machen, die für<br />

sein Anliegen relevant sind, und sie kennen zu lernen. Dazu sollte ausreichend<br />

Zeit (in der Regel 60-90 Minuten) vorhanden sein.<br />

Der Coach fragt zunächst nach dem äußeren Kontext zur Situationserkundung:<br />

In welchem äußeren Rahmen liegt das Anliegen des<br />

Klienten? Welche Personen sind vom Anliegen des Klienten betroffen?<br />

Der Klient beschreibt das System, in dem er sich befindet. Parallel dazu<br />

zeichnet und schreibt der Coach (Flipchart oder Papier) mit. Erfasst<br />

werden Organisationsstruktur, Arbeitszusammenhänge und Personen.<br />

Welche Rahmenbedingungen sind fest, welche sind variabel, wer ist<br />

nötig?<br />

Im zweiten Schritt geht es um den inneren Kontext, d. h. die inneren<br />

Stimmen werden exploriert und betrachtet. Der Coach zeichnet das<br />

Innere Team nach den Vorgaben des Klienten auf einem Flipchart oder<br />

einem Blatt Papier auf. Dazu wird ein Kopf mit Hals für den Teamchef,<br />

der über den Streitpartnern steht, und direkt darunter ein großer Körper<br />

ohne Extremitäten über den Rest des Blattes gezeichnet. Der Körper<br />

kann mit einem Spielfeld verglichen werden, das für etwa sechs bis<br />

211


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

__________________________________________________<br />

sieben Teammitglieder Raum haben muss. Dabei können die Teammitglieder<br />

verschiedene Größen und Positionen haben. Der Klient<br />

entscheidet, wie groß und klein die einzelnen Teamspieler sind. Die<br />

Stimmen der Teammitglieder, die in den Körper gezeichnet werden,<br />

bekommen Gesichter mit Sprechblasen und einem sprechenden<br />

Namen. Der Name des Mitglieds muss zum Wesen des Teammitglieds<br />

passen. Teilweise sind die Namen der Mitglieder vorläufig, da ihre<br />

Wesen und Anliegen noch nicht klar sind, z. B. bei einem inneren Schweinehund.<br />

In die Sprechblase wird die Kernaussage des Teammitglieds zur<br />

bearbeiteten Situation geschrieben. Zudem kann ein Symbol die Kernaussage<br />

unterstützen, z. B. beim Inneren Antreiber eine Peitsche.<br />

Die verschiedenen Teammitglieder können sowohl negative als auch<br />

positive Stimmen haben. Eine typische Anfangsfrage lautet: Welche<br />

Teammitglieder melden sich zu Ihrem Anliegen? Dann erfolgt ein<br />

Abgleich – passen der äußere und innere Kontext zusammen? Wie<br />

wirkt das Bild des Inneren Teams auf den Klienten? Gibt es besonders<br />

wichtige oder dominante Spieler? Was fällt dem Klienten auf? Gibt es<br />

Ungleichgewichte? Wer ist im Hintergrund? Fehlt noch jemand?<br />

Eine vertiefende Erhebung erfolgt in der „Inneren Ratsversammlung“.<br />

Es werden die wichtigsten Mitglieder befragt. Dies kann unter<br />

anderem in Form einer Stuhlarbeit geschehen. Dazu werden für den<br />

Teamchef, also den Klienten, und ein oder mehrere Teammitglieder<br />

Stühle aufgestellt. Der Klient nimmt dann den jeweiligen Platz ein,<br />

fühlt sich in dieses Teammitglied ein und verleiht ihm eine Stimme.<br />

Jedes Teammitglied und auch der Teamchef äußern sich zum eingangs<br />

formulierten Anliegen. Typische Fragen, um die Anliegen der einzelnen<br />

Mitglieder zu verstehen, sind: Wie lange gibt es dieses Teammitglied?<br />

Wer steht im Wege? Welche Funktion und Nutzen hat das Mitglied im<br />

Team? Wovor schützt das Mitglied den Teamchef? Wie sieht es aus?<br />

Was brauchen die einzelnen Teamspieler? Es geht darum, sich einzufühlen<br />

und nachzuvollziehen, was jedes Teammitglied auf dem Herzen<br />

hat. Abschließend verhandelt der Teamchef mit den Mitgliedern und<br />

ordnet die Aufstellung des Teams so, dass ein optimales Zusammenspiel<br />

der Teammitglieder entsteht. Die einzelnen Mitglieder sollen zu<br />

einem handlungsfähigen Team integriert werden.<br />

212


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Vorgehensweise im Tele<strong>Coaching</strong><br />

Bei der Arbeit am Telefon besteht die Herausforderung darin, dass<br />

der Klient das Bild vom Inneren Team unter Anleitung des Coachs<br />

selbst zeichnet und der Coach sich parallel eine Vorstellung von dem<br />

entstehenden Bild machen muss. Es empfiehlt sich, dass der Coach<br />

parallel eine Skizze macht, allerdings ohne den Klienten durch Nachfragen<br />

zur Zeichnung zu verwirren und in seinem Prozess zu stören.<br />

Klient und Coach sollten mit Stiften und Papier (Empfehlung: DIN<br />

A4) ausgestattet sein. Der Coach beschreibt möglichst plakativ die<br />

Vorgehensweise. Er fordert den Klienten auf, sein Blatt quer zu legen<br />

und die Skizze mit einem Kopf mit Hals (Teamchef) im oberen Bereich<br />

des Blattes zu beginnen. Anschließend wird er Körper möglichst groß<br />

über den Rest des gesamten Blattes gezeichnet. Alternativ könnte der<br />

Coach den Kopf, Hals und Körper vorher skizzieren, einscannen und<br />

dem Klienten vorab per E-Mail zusenden. Für die Arbeit am Telefon<br />

sollte der Coach die drei Größen „klein“, „mittel“ und „groß“ vorgeben.<br />

Das erleichtert ihm, nachzuvollziehen, was der Klient aufmalt.<br />

Genau wie im Präsenz<strong>Coaching</strong> erhalten die Teammitglieder, die in den<br />

Körper gezeichnet werden, Gesichter mit Sprechblasen und Namen.<br />

Der Klient erklärt, was er visualisiert hat. Im weiteren Prozess werden<br />

die gleichen Fragen zum Erkunden der Teammitglieder gestellt wie im<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong>. Zusätzlich kann der Coach eigene Wahrnehmungen<br />

und Interpretationen als Hilfestellung anbieten.<br />

Um die Teammitglieder weiter zu erforschen, kann auch am Telefon<br />

die innere Ratsversammlung als Stuhlarbeit durchgeführt werden. Oft<br />

reicht es aber auch, den Klienten zu bitten sich in dieses Mitglied einzufühlen.<br />

Alternativ kann mit Bodenankern, die die Teammitglieder<br />

symbolisieren, oder – wie im Kapitel Aufstellungen 73 beschrieben – mit<br />

einer Skizzierung auf Papier gearbeitet werden.<br />

73 Vgl. Aufstellung am Telefon, S. 238.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Fazit<br />

Die Arbeit mit dem Inneren Team lässt sich gut auf das Telefon<br />

transferieren. Wichtig ist hierbei eine gute anschauliche Anleitung des<br />

Klienten zum Aufzeichnen des Inneren Teams. Der Coach ist herausgefordert<br />

sehr genau zuzuhören, um sich ein Bild vom aufgemalten<br />

Team des Klienten zu machen. Es können gleich gute Ergebnisse<br />

erzielt werden wie im Präsenz<strong>Coaching</strong>. Da es bei der Arbeit mit dem<br />

Inneren Team viele Parallelen zum Führen von Teams im Berufsalltag<br />

gibt, ist diese Methode hervorragend für das <strong>Coaching</strong> von Führungskräften<br />

geeignet. Also genau für den Kontext, in dem Tele<strong>Coaching</strong><br />

zurzeit am häufigsten genutzt wird.<br />

Sprachliche Interventionen – Zusammenfassung<br />

Sie haben nun einen bunten Strauß von Möglichkeiten kennen<br />

gelernt, wie sprachliche Interventionen aus dem Präsenz<strong>Coaching</strong> auf<br />

das Telefon transferiert werden können. Bei allen vorgestellten Methoden<br />

ist am Telefon das besonders aufmerksame Zuhören erfolgskritisch.<br />

Zudem ist es nötig vermehrt Fragen zu stellen, aber auch Pausen<br />

auszuhalten und z. B. bei der Arbeit mit Trancen ein akustisches Feedbacksystem<br />

zu vereinbaren. Dies ist generell beim Tele<strong>Coaching</strong> hilfreich,<br />

insbesondere wenn Coach und Klient am Anfang der gemeinsamen<br />

Arbeit stehen.<br />

Für Methoden wie The Work, Appreciative Inquiry und das Innere<br />

Team ist es hilfreich vorab schriftliche Unterlagen zwischen Coach und<br />

Klient auszutauschen – im Zeitalter der elektronischen Kommunikation<br />

eine leichte Übung. Es besteht sogar die Möglichkeit gemeinsam<br />

ein elektronisches Dokument zu bearbeiten.<br />

Das Innere Team ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie eine<br />

Methode mit einer starken visuellen Komponente am Telefon eingesetzt<br />

werden kann. Entscheidend ist hier, dass der Coach dem Klienten<br />

vorab einen Überblick gibt, worauf es bei der anzufertigenden Zeichnung<br />

hinaus laufen soll und ihm präzise Instruktionen gibt.<br />

214


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

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Mit einem Appreciative Inquiry Prozess am Telefon öffnen sich für<br />

Unternehmen mit dezentralen Standorten und virtuellen Teams ganz<br />

neue Dimensionen. Es können viele oder ggf. sogar alle Mitarbeiter an<br />

einer gemeinsamen Zukunftsgestaltung beteiligt werden, was sich normalerweise<br />

durch Reisekosten- und Reisezeiten verbieten würde. Hier<br />

sind zusätzlich zu den „normalen“ Fähigkeiten eines TeleCoachs<br />

Erfahrungen in der Moderation von Gruppenprozessen und Telekonferenzen<br />

gefragt.<br />

Bei allen Methoden ist es sinnvoll, dass der TeleCoach zunächst im<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong> Methodensicherheit gewinnt und zumindest bei der<br />

Arbeit mit Trancen sollte er seinen Klienten schon aus einigen Tele-<br />

<strong>Coaching</strong>-Sitzungen kennen.<br />

Geht es darum, einen längerfristigen Umlernprozess zu begleiten, ist<br />

das Telefon unschlagbar – wir haben dies am Beispiel von The Work<br />

gezeigt.<br />

Die erste Stufe auf der Erfolgsleiter des Tele<strong>Coaching</strong>s ist erklommen.<br />

Nun kommt der nächste große Schritt: Methoden, die zusätzlich<br />

den Körper involvieren, auf das Telefon zu transferieren. Lassen Sie<br />

sich überraschen, was alles möglich ist!<br />

Liebling, wir müssen jetzt<br />

Schluss machen… bitte noch<br />

nicht… dann leg du auf…<br />

ichkannnicht…nein du…<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

Der Leser mag sich fragen, warum nicht die Beschränkung auf rein<br />

sprachliche Interventionen? Da liegt die Übertragbarkeit auf das Telefon<br />

doch sehr viel eher auf der Hand als bei Methoden, die den Körper<br />

einbeziehen.<br />

Eine Antwort heißt Methodenvielfalt. Zum einen haben die Klienten<br />

unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich unserer drei wichtigsten Sinneskanäle:<br />

visuell, auditiv, kinästhetisch, also sehen, hören, fühlen. Den<br />

einen Klienten erreiche ich hervorragend auf der rein sprachlichen<br />

Ebene. Ein visueller Typ kann vielleicht besonders gut mit dem Inneren<br />

Team arbeiten, da ein Bild des Teams gezeichnet wird. Ein anderer<br />

Klient profitiert besonders von der Arbeit mit Bodenankern oder<br />

Stühlen – denn der kinästhetische Kanal wird angesprochen. Und eine<br />

andere Person bekommt über das Hineinspüren in den eigenen<br />

Körper, wie z. B. beim Focusing, einen ganz anderen oder überhaupt<br />

den ersten Zugang zu einem Problem. Trotzdem können Klienten in<br />

ihrem Klärungsprozess feststecken. Hier erhöht ein Methodenwechsel,<br />

der auch einen Wechsel des primär angesprochenen Sinneskanals<br />

beinhaltet oder einen weiteren einbezieht, die Chance dem Klienten<br />

über die nächste Hürde zu helfen.<br />

Die zweite Antwort lautet: Der Coach hat methodische Vorlieben.<br />

Auch wir Coachs präferieren bestimmte Sinneskanäle und haben einen<br />

unterschiedlichen Zugang zu den verschiedenen Methoden. Deswegen<br />

sind wir mit ihnen auch unterschiedlich erfolgreich. Ich bin als Coach<br />

somit gut beraten meine Lieblingsmethoden, mit denen ich meine<br />

Klienten optimal unterstützen kann, auch im Tele<strong>Coaching</strong> zu nutzen.<br />

Und natürlich ist es gut möglich, dass wir am Telefon andere Methoden<br />

vorziehen als im Präsenz<strong>Coaching</strong>, eben weil das Telefon viele<br />

216


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Vorteile bietet 74 . Es gibt also gute Gründe auch die Methoden, die wir<br />

uns vielleicht auf den ersten Blick nicht am Telefon vorstellen können,<br />

zu transferieren und kreativ anzupassen. Schauen wir uns gemeinsam<br />

an, welche Möglichkeiten sich bieten.<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> – schnell und effektiv<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> ist eine sehr effektive und wirkungsvolle Kurzzeit-Intervention,<br />

die im Rahmen verschiedenster <strong>Coaching</strong>-Prozesse<br />

zum Einsatz kommen kann.<br />

Die große Wirksamkeit macht das wingwave-<strong>Coaching</strong> besonders<br />

attraktiv für das Telefon. Visuelle Reize und ein kinesiologischer Muskeltest<br />

sind im wingwave-<strong>Coaching</strong> entscheidende Elemente. Wir werden<br />

zeigen, dass es sich trotzdem hervorragend für das Tele<strong>Coaching</strong><br />

adaptieren lässt.<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> wird genutzt zur Steigerung der individuellen<br />

Leistung und Kreativität, zur nachhaltigen Umsetzung individueller<br />

Ziele im Sport, in der Zahnarztpraxis zum Abbauen von Angst, in der<br />

Lernpädagogik etc. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind die Reduktion<br />

von emotionalem und körperlichem Stress (z. B. Schlafmangel,<br />

Erschöpfung) sowie das Auflösen von "Post-Achievement-Stress"<br />

(Leistungsstress). Hier ist jede Art von Stress gemeint, die in<br />

anspruchsvollen und arbeitsintensiven Berufen auftreten kann und sich<br />

nicht mehr von allein abbaut. Des weiteren ist wingwave-<strong>Coaching</strong><br />

geeignet für das Auflösen einschränkender persönlicher Glaubenssätze,<br />

das Auflösen negativer bzw. behindernder Emotionen in Verbindung<br />

mit Kränkungen, Enttäuschungen, Trennung und Verlust sowie zum<br />

Regulieren eines Zuviel an Genuss, seien es z. B. Kekse, Gummibärchen<br />

oder Nikotin. 75<br />

74 Vgl. Tele<strong>Coaching</strong> - Eine praktische Alternative (S. 35 ff) und Die neue Dimension des<br />

<strong>Coaching</strong>s – Methodische Aspekte des Tele<strong>Coaching</strong>s (S. 44 ff).<br />

75 Besser-Siegmund/ Siegmund (2003), Blume-Matzke (2009).<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Zunächst wird ein Überblick über die drei Grundelemente des<br />

wingwave-<strong>Coaching</strong>s gegeben. Da die Methode auf den ersten Blick<br />

recht ungewöhnlich wirkt, – Probleme werden „weg gewinkt“– wird<br />

sodann die Wirkungsweise des wingwave-<strong>Coaching</strong>s erläutert. Es folgt<br />

die Beschreibung des Vorgehens im Präsenz<strong>Coaching</strong>, um<br />

anschließend die Brücke zum Telefon zu schlagen.<br />

Im wingwave-<strong>Coaching</strong> werden die Grundprinzipien des EMDR<br />

(Eye Movement Desensitization and Reprocessing) mit einem kinesiologischen<br />

Muskeltest und Elementen des NLP kombiniert.<br />

EMDR wurde von Francine Shapiro in den USA Ende der achtziger<br />

Jahre zur Behandlung von Vietnam-Veteranen mit posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen entwickelt. Es hat sich als äußerst effektiv und<br />

schnell wirkend bei der Behandlung von traumatischen Stressreaktionen<br />

erwiesen. Oft kann schon mit einer Sitzung eine große Veränderung<br />

beim Klienten erzielt werden. Sowohl bei EMDR als auch bei<br />

wingwave-Interventionen winkt der Coach mit seiner Hand vor dem<br />

Gesichtsfeld des Klienten im Sekundentakt hin und her. Der Klient<br />

folgt mit seinen Augen den Fingern des Coachs. Auf diese Weise<br />

werden so genannte wache REM-Phasen (REM = Rapid Eye<br />

Movement - schnelle Augenbewegungen in bestimmten Schlafphasen)<br />

erzeugt, die der Emotionsverarbeitung dienen.<br />

Abbildung 8: wingwave-<strong>Coaching</strong><br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Bereits Francine Shapiro fand heraus, dass neben dem Winken<br />

genauso wirkungsvoll eine auditive oder taktile Rechts-links-Stimulierung<br />

eingesetzt werden kann. Dies erfolgt durch abwechselndes Fingerschnipsen<br />

neben den Ohren des Klienten oder mit speziell komponierter<br />

Musik, die mit einem entsprechenden wechselseitigen Tonsignal<br />

unterlegt ist und über Kopfhörer gehört wird. Durch wechselseitiges<br />

leichtes Klopfen der Schultern, Hände oder Knie des Klienten kann<br />

taktil stimuliert werden. 76 Da diese Methoden der Stimulation genauso<br />

wirkungsvoll sind wie das Winken, wird davon ausgegangen, dass der<br />

eigentliche Wirkmechanismus eine bilaterale Hemisphärenstimulation<br />

des Gehirnes ist. Dadurch wird die Zusammenarbeit der linken und<br />

rechten Gehirnhälfte optimiert und so neuronale Netze aktiviert, die<br />

einen "...intensiven mentalen Lösungs- und Heilungsprozess auf der<br />

Basis bereits vorhandener Ressourcen.... " ermöglichen. 77<br />

Der kinesiologische Muskeltest (O-Ringtest) dient der gezielten<br />

Themenfindung für die Intervention und auch zur Erfolgskontrolle.<br />

Hierbei hält der Klient Daumen und Zeigefinger kräftig zu einem<br />

Ring geformt zusammen, während der Coach versucht diesen Ring<br />

durch kräftiges Ziehen mit beiden Händen zu öffnen. Ist eine<br />

Situation, ein Gedanke oder ein Gefühl relevant für ein Problem, so<br />

testet der Muskel schwach, der Ring lässt sich leicht öffnen. Stehen<br />

sie nicht in einem bedeutsamen Zusammenhang mit dem fraglichen<br />

Problem, testet der Muskel stark und der Ring lässt sich nicht öffnen.<br />

Ein Beispiel soll es verdeutlichen: Bei Prüfungsangst kann mit dem<br />

Test ermittelt werden, was genau der Auslöser für ein Blackout in<br />

einer Prüfung ist - das Setting, der Raum, bestimmte Worte des<br />

Prüfers, sein Aussehen, seine Stimme? So kann anschließend<br />

punktgenau der Auslöser mit der wingwave-Intervention bearbeitet<br />

und „deaktiviert“ werden.<br />

Abbildung 9: Kinesiologischer Muskeltest<br />

76 Lipke (2001), Besser-Siegmund/ Siegmund (2001).<br />

77 Besser-Siegmund/ Siegmund (2001).<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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In der generellen Vorgehensweise bei einer wingwave-Intervention<br />

kommen Grundtechniken des NLPs zum Tragen, wie z. B. die Auswahl<br />

eines sicheren Ortes (siehe unten), das Setzen eines entsprechenden<br />

Ankers sowie der Ausblick auf zukünftige vergleichbare Situationen<br />

(Future Pace), um zu testen, ob das Problem gelöst ist. Des Weiteren<br />

liegen der Arbeit Grundannahmen des NLPs zugrunde, wie z. B.<br />

„Jeder Mensch trägt alle benötigten Ressourcen in sich“ und „Jedes<br />

Problem trägt die Lösung schon in sich“ sowie die generelle systemische,<br />

lösungs-, ziel- und ressourcenorientierte Vorgehensweise im<br />

NLP. Darüber hinaus lassen sich viele NLP-Interventionen sehr gut<br />

mit wingwave-Interventionen kombinieren.<br />

Wirkungsweise des wingwave-<strong>Coaching</strong>s<br />

Ein wesentlicher Teil der Emotionsverarbeitung erfolgt nachts in<br />

unseren Träumen während der Schlafphasen mit den schnellen Augenbewegungen<br />

(REM-Phasen). Cora Besser-Siegmund und Harry Siegmund<br />

78 haben dafür eine anschauliche Metapher gefunden: Nach<br />

einem Großeinkauf werden zunächst nur die Einkaufstüten im Flur<br />

abgestellt. Nachts in den (REM-Phasen) werden sie dann ausgepackt<br />

und die Inhalte in die verschiedenen Schränke sortiert. Entsprechend<br />

werden nachts in den REM-Phasen Erlebnisse und Emotionen im<br />

limbischen System verarbeitet und im Kortex des Großhirns als Informationen<br />

abgespeichert. Manchmal können diese „Erlebnis-Brocken“<br />

aufgrund der damit verbundenen unangenehmen Emotionen so sperrig<br />

sein, dass das Gehirn Probleme mit dem Einordnen bekommt – sie<br />

passen nirgendwo hin. Die Verarbeitung stockt. Ein Problem oder ein<br />

angstbesetztes Erlebnis hinterlassen nachhaltige Spuren, die uns in<br />

unserem Handlungsspielraum und damit auch in unserer individuellen<br />

Leistungsfähigkeit und unserem Wohlgefühl stark einschränken. Tritt<br />

die Schlüsselsituation oder der Schlüsselreiz wieder auf, läuft immer das<br />

gleiche unerwünschte Reaktionsmuster ab.<br />

78 Besser-Siegmund/Siegmund (2003).<br />

220


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Dies erklärt sich laut Besser-Siegmund und Siegmund folgendermaßen:<br />

79 Alle unsere Sinneswahrnehmungen werden vom limbischen<br />

System bewertet und ggf. emotional positiv oder negativ eingefärbt,<br />

bevor sie eine halbe Sekunde später im Kortex – dem denkenden Teil<br />

unseres Gehirns – ankommen. Die neuronale Verbindung vom limbischen<br />

System in den Kortex gleicht einer breiten „Datenautobahn“.<br />

Für unsere „Notfallreaktionen“ Flucht, Angriff oder Totstellen war<br />

dies in der Steinzeit überlebenswichtig. Das limbische System konnte<br />

sofort die rettende Reaktion einleiten und tut dies auch heute noch,<br />

obwohl es selten um Leben oder Tod geht. Wenn wir einem unverarbeiteten<br />

Erlebnis in Form einer Schlüsselsituation oder eines Schlüsselreizes<br />

begegnen, erfolgt in der Regel – ohne dass wir den Auslöser<br />

bewusst wahrnehmen - durch das limbische System die negative emotionale<br />

Bewertung und es startet eine entsprechende Notfallreaktion.<br />

Das Beispiel extremer Prüfungsangst kann dies verdeutlichen:<br />

Durch einen Schlüsselreiz ausgelöst überflutet das limbische System<br />

das Großhirn über die neuronale Datenautobahn, z. B. mit Angst.<br />

Der Prüfling „erstarrt“ und hat ein Black-out. Obwohl er gerade<br />

eben noch den gesamten Prüfungsstoff parat hatte, versagt das<br />

Großhirn den Dienst. Das gelernte Wissen ist nicht mehr abrufbar.<br />

Nach der Prüfungssituation, wenn die Emotionen abgeklungen sind,<br />

ist auch das Wissen wieder verfügbar. Da es vom Großhirn in das<br />

limbische System hinein keine „Datenautobahn“, sondern nur einige<br />

wenige Nervenbahnen gibt, ist es uns in diesen Momenten praktisch<br />

unmöglich, durch Denken Einfluss auf unseren aktuellen Zustand zu<br />

nehmen. Darüber hinaus zeigen EEG-Aufnahmen, dass in so<br />

genannten Flash-Back-Momenten, wenn die Betroffenen ein altes<br />

Trauma emotional erneut wie real erleben, das Sprachzentrum in der<br />

linken Gehirnhälfte ausgeschaltet ist. Das bedeutet, dass uns die<br />

Sprache, die wesentlich für unser Selbstmanagement in Form unbewusster<br />

innersprachlicher Abläufe ist, in diesen Momenten nicht zur<br />

Verfügung steht. 80 Auch diese Beobachtungen erklären, warum es<br />

kaum möglich ist das uns emotional überflutende limbische System<br />

allein mit unserem Verstand zu beruhigen.<br />

Wie können wir hier nun mit wingwave-<strong>Coaching</strong> ansetzen? Mit<br />

Hilfe des oben beschriebenen kinesiologischen Muskeltestes lässt sich<br />

79 Besser-Siegmund/ Besser (2003).<br />

80 Besser-Siegmund & Besser (2001).<br />

221


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

der Auslöser des Black-outs genau herausfinden und welches frühere<br />

Erlebnis ggf. nicht vollständig verarbeitet wurde. Über die bilaterale<br />

Hemisphärenstimulation wird die Verarbeitung der mit dem früheren<br />

Erlebnis verbundenen negativen Emotion, also z. B. der Angst, angestoßen.<br />

Dies führt dazu, dass die betreffende Person in zukünftigen<br />

Prüfungssituationen gelassen bleibt und ihr Wissen wiedergeben kann.<br />

Die große Effizienz des wingwave-<strong>Coaching</strong>s wird darauf zurückgeführt,<br />

dass über die bilaterale Hemisphärenstimulation ein natürlicher<br />

Verarbeitungsprozess, den das Gehirn seit Urzeiten beherrscht, wieder<br />

angestoßen wird.<br />

Wingwave im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Nun wird der Ablauf einer wingwave-Intervention beim Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> skizziert, um anschließend die abweichende Vorgehensweise<br />

am Telefon darzustellen:<br />

1. In der inhaltlichen Vorbereitung benennt der Klient sein Problem,<br />

ihm wird die Methode erklärt und die bilaterale Hemisphärenstimulation<br />

durch das Winken vor dem Gesichtsfeld eingeführt.<br />

Beim Präsenz<strong>Coaching</strong> nutzt man in der Regel mit dem<br />

Winken den visuellen Sinneskanal, da dies bei den meisten<br />

Klienten sehr gut funktioniert. Auf auditive oder taktile Reize<br />

wird ausgewichen, wenn dem Klienten z. B. das schnelle Augenbewegen<br />

schwer fällt, unangenehm ist oder er sonstige Augenprobleme<br />

hat.<br />

2. Es werden ein „sicherer Ort“ definiert und Signale vereinbart,<br />

mit denen der Klient das Winken unterbrechen oder den Coach<br />

zum Weitermachen auffordern kann.<br />

3. Mit dem O-Ringtest wird festgestellt, welches innere Bild oder<br />

welcher innere Satz in der Problemsituation die größte behindernde<br />

Wirkung auf den Klienten hat, um punktgenau intervenieren<br />

zu können.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

4. Im nächsten Schritt wird die blockierende negative Ich-Aussage<br />

ermittelt.<br />

5. Nun wird eine positive Ich-Aussage formuliert, die der Klient der<br />

Situation angemessen und unterstützend erlebt. Die momentane<br />

Glaubwürdigkeit der positiven Ich-Aussage wird auf einer Skala<br />

von eins (gar nicht glaubwürdig) bis sieben (sehr glaubwürdig)<br />

skaliert, um den Fortschritt im Prozess erfahrbar machen zu<br />

können.<br />

6. Anschließend wird die mit dem Bild oder dem Satz verbundene<br />

Emotion benannt. Benennt der Klient mehrere Emotionen, kann<br />

über den O-Ringtest ermittelt werden, welche die größte Wirkung<br />

entfaltet. Mit ihr beginnt die Arbeit.<br />

7. Der Klient benennt das Ausmaß der aktuell auftretenden<br />

subjektiven Berührtheit auf einer Skala von -10 (stärkstes Unbehagen)<br />

bis +10 (stärkstes Ressourcenerleben), wenn er jetzt an<br />

die Ausgangssituation denkt. Auch diese Skalierung dient der<br />

Erfolgskontrolle.<br />

8. Sodann sucht der Klient nach einem Körperecho der betreffenden<br />

Emotion, indem er in seinen Körper hineinhorcht. Damit<br />

wird festgestellt, wo sich diese Emotion in einer Körperreaktion<br />

bemerkbar macht.<br />

9. Während der jetzt durch das Winken erfolgenden bilateralen<br />

Hemisphärenstimulation fokussiert der Klient auf das betreffende<br />

Ereignis und diese Körperwahrnehmung. Das Winken<br />

erfolgt in Sets von ca. 20 Hin- und Herbewegungen. Zeigt der<br />

Klient schon während eines Sets eine physiologische Reaktion,<br />

z. B. durch Schlucken oder tiefes Atmen, wird das Winken unterbrochen<br />

und der Coach erfragt kurz, was sich verändert hat.<br />

Dann wird das Winken mit weiteren Sets fortgesetzt, bis der<br />

Klient einen positiven Zustand erreicht hat. Im Prozess wird ein<br />

möglichst schnelles Tempo vorgegeben. Ist ein ressourcenvoller<br />

Zustand erreicht, wird dieser über langsame Augenbewegungen<br />

verstärkt und stabilisiert (eingewoben). Ggf. kann es erforderlich<br />

sein, weitere mit der Situation in Verbindung stehende Emotio-<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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nen zu bewinken. Oft haben diese sich aber schon gemeinsam<br />

mit der stärksten Emotion aufgelöst.<br />

10. Zur Erfolgskontrolle wird erneut skaliert, wie glaubwürdig jetzt<br />

die positive Selbstaussage ist und wie die subjektive Berührtheit<br />

erlebt wird. Ebenso kann kinesiologisch getestet werden, ob noch<br />

andere behindernde Emotionen vorhanden sind. Diese werden<br />

ggf. in gleicher Weise bearbeitet.<br />

11. Im abschließenden Bodyscan werden kleine Restempfindungen<br />

gesucht und ggf. wird erneut, wie unter 9. und 10. beschrieben,<br />

verfahren.<br />

12. Schließlich wird mit dem so genannten Future Pace aus dem NLP<br />

überprüft, ob der Klient jetzt eine positive und stabile Überzeugung<br />

hat, sich in der ursprünglich problematischen Situation auf<br />

die gewünschte Weise verhalten zu können.<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> am Telefon – wie geht das?<br />

Aufgrund der bilateralen Hemisphärenstimulation und des kinesiologischen<br />

Muskeltests erscheint es auf den ersten Blick unerlässlich, dass<br />

sich Coach und Klient persönlich treffen, da Sehen und Berühren<br />

Kernelemente der Methode sind. Doch es geht auch am Telefon!<br />

Zur Vorbereitung eines wingwave-<strong>Coaching</strong>s am Telefon werden<br />

dem Klienten vorab per Mail die Skalen für die Glaubwürdigkeit der<br />

positiven Ich-Aussage und der subjektiven Berührtheit zugesandt. Da<br />

am Telefon der kinesiologische Muskeltest komplett entfallen muss,<br />

gewinnen diese Skalen zur Verfolgung der eintretenden Veränderungen<br />

eine zusätzliche Bedeutung.<br />

Der Einstieg in die Intervention mit Aufklärung über die Methode<br />

etc. erfolgt wie oben bereits beschrieben. Da der Coach den Klienten<br />

und seine Physiologie nicht sieht, ist es – wie immer beim Arbeiten am<br />

Telefon – besonders wichtig, genau zuzuhören und auf Stimmklang,<br />

Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit, Atem etc. zu achten.<br />

224


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Der Einbau von Sicherheiten erfolgt am Telefon genau so wie beim<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong>. Ich lasse mir vom Klienten einen Ort beschreiben,<br />

an dem er sich absolut sicher und geborgen fühlt und lasse ihn dafür<br />

einen Begriff finden, der diese Erinnerung sofort in ihm wach ruft.<br />

Indem der Klient diesen Begriff mehrfach ausspricht, während er in<br />

seiner Vorstellung an seinem sicheren Ort ist und auch der Coach ihn<br />

wiederholt, wird ein auditiver Anker gesetzt, der es ermöglicht, den<br />

Klienten ggf. aus einem schlechten Zustand herauszuholen. Alternativ<br />

kann ein kinästhetischer Anker gesetzt werden, indem sich der Klient<br />

selbst berührt oder einen Gegenstand in die Hand nimmt. Des Weiteren<br />

werden ein Stopp- und ein Go-Signal vereinbart, falls der Klient<br />

wünscht, dass die bilaterale Hemisphärenstimulation unterbrochen<br />

bzw. nicht unterbrochen wird. Beim Präsenz<strong>Coaching</strong> nimmt man in<br />

der Regel eine Handbewegung, am Telefon entsprechende Wörter, wie<br />

z. B. "stopp" und "weiter", die der Klient auswählt.<br />

Für die schnellen Augenbewegungen weist der Coach den Klienten<br />

an, zwei Punkte rechts und links vor sich in Augenhöhe zu suchen.<br />

Wichtig ist dabei, dass er den Kopf nicht dreht und die Punkte am<br />

linken und rechten Rand seines Blickfeldes liegen. Der Coach gibt das<br />

Tempo der Augenbewegungen vor, indem er über das Telefon die<br />

Anweisungen rechts - links - rechts - links etc. gibt. Der Coach kann,<br />

um den richtigen Rhythmus zu treffen, selbst winken als wäre der<br />

Klient anwesend. Über Anweisungen wie "höher" und "tiefer", kann<br />

der Coach steuern, dass der Klient die Augen nicht nur im auditiven<br />

Bereich (Augenhöhe), sondern auch im visuellen (oben) und kinästhetischen<br />

(unten) Bereich der Augenbewegungsmuster bewegt. 81<br />

Anstelle der Stimulation über die Augenbewegungen kann der Klient<br />

beim Tele<strong>Coaching</strong> leise die bereits erwähnte wingwave-Musik hören,<br />

entweder über zwei entsprechend links und rechts aufgestellte Musikboxen<br />

oder besser noch mit zwei Knöpfen im Ohr, die unter dem<br />

Telefon-Headset getragen werden. Eine dritte Möglichkeit am Telefon<br />

besteht darin, dass der Klient die Arme kreuzt und sich selbst abwech-<br />

81 Vgl. die Textbox Augenzugangshinweise Kapitel NLP – Neurolinguistisches Programmieren<br />

(S. 200).<br />

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Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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selnd auf die Oberarme oder die Oberschenkel klopft. Auch hier gibt<br />

der Coach das Tempo vor.<br />

Beim Benennen des Themas und Herausarbeiten des Fokus für die<br />

wingwave-Intervention entfällt am Telefon der O-Ring-Test. Hier ist<br />

der TeleCoach genau so wie jeder andere Coach, der seine Arbeit ohne<br />

kinesiologische Muskeltests macht, auf seine Intuition, Nachfragen und<br />

auf sehr genaues Hinhören angewiesen. Zusätzlich kann er, um den<br />

fehlenden Blick auf die Physiologie des Klienten zu kompensieren, die<br />

beiden eingeführten Skalen zur Befindlichkeit des Klienten häufiger<br />

abfragen, als er dies im Präsenz<strong>Coaching</strong> tun würde. Ebenso kann er<br />

sich vermehrt die Veränderung der Körperwahrnehmung und der<br />

Gefühle des Klienten beschreiben lassen.<br />

Um einen guten Kontakt über das Telefon zum Klienten aufzubauen,<br />

kann sich der Coach kurz beschreiben lassen, in welchem Raum<br />

sich der Klient befindet und ob er steht, sitzt oder liegt. Dies erleichtert<br />

dem Coach sich in die Situation des Klienten einzufühlen und guten<br />

Rapport herzustellen.<br />

Fazit<br />

Wingwave-<strong>Coaching</strong> lässt sich erfolgreich am Telefon durchführen.<br />

Es gibt zwar zwei Einschränkungen: Der Coach kann vor dem Klienten<br />

nicht direkt winken und der kinesiologische Ringtest entfällt. Beide<br />

Einschränkungen lassen sich aber kompensieren: Zur bilateralen Hemisphärenstimulation<br />

bewegt der Klient die Augen gemäß den akustischen<br />

Anweisungen des Coachs. Oder sie erfolgt über Musik oder auf<br />

kinestätischem Wege durch den Klienten selbst. Der Coach erfragt<br />

verstärkt den Zustand des Klienten und setzt die beiden Befindlichkeitsskalen<br />

häufiger ein. Idealerweise wird das wingwave-<strong>Coaching</strong> am<br />

Telefon durch eine E-Mail mit den benötigten Unterlagen vorbereitet.<br />

Entscheidet sich der Coach spontan für eine wingwave-Intervention<br />

am Telefon, kann er improvisieren, indem er die Skalen nur abfragt<br />

oder der Klient sie sich aufzeichnet. Möglicherweise dauert der Prozess<br />

am Telefon etwas länger, da nicht ganz so punktgenau wie mit dem<br />

kinesiologischen Muskeltest gearbeitet werden kann. Trotzdem bleibt<br />

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Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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die Methode sehr effektiv und schnell und ist daher auch für den Einsatz<br />

am Telefon gut geeignet!<br />

Wie schon beim Arbeiten mit Trancen und dem Inneren Team empfehlen<br />

wir auch hier, dass der Coach zunächst Erfahrungen im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

sammelt und dann die Methode ins Tele<strong>Coaching</strong> übernimmt.<br />

Weitere Quellen: Persönliche Mitteilungen von Claudia Simmerl<br />

und Harry Siegmund sowie Simmerl (2009).<br />

Kinästhetisches NLP am Telefon –<br />

leichter als erwartet<br />

Im Kapitel Wirksamkeit am Telefon entfalten – Sprachliche Interventionen<br />

wurde bereits der Einsatz rein sprachlicher NLP-Interventionen am<br />

Telefon beschrieben. Hier geht es darum, auch die kinästhetischen<br />

Dimensionen des NLPs nutzbar zu machen, um das volle methodische<br />

Spektrum auch am Telefon nutzen zu können. Mit dem Begriff<br />

kinästhetisches NLP sind all die Formate gemeint, die Körperbewegungen<br />

und Bewegungen im Raum, wie die Arbeit mit Bodenankern<br />

oder Stühlen, beinhalten. Zunächst wird die Funktion von Bodenankern<br />

erläutert. Dann wird am Beispiel der Logischen Ebenen dargestellt,<br />

welche Möglichkeiten es grundsätzlich gibt, mit diesen<br />

„kinästhetischen Formaten“ am Telefon zu arbeiten. Daran schließt<br />

sich ein Erfahrungsbericht zur Walt-Disney-Strategie unter Verwendung<br />

von Bodenankern am Telefon an. Die Erfahrungen werden<br />

sowohl aus der Sicht des Klienten als auch des Coachs beschrieben.<br />

Aus diesen Erfahrungsberichten werden abschließend allgemeine Hinweise<br />

für die Arbeit mit „kinästhetischem NLP“ abgeleitet.<br />

227


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Bodenanker<br />

Die Arbeit mit Bodenankern ist ein typisches Element zahlreicher<br />

Interventionen des NLPs 82 . Ein Bodenanker ist ein kinästhetischer<br />

Anker: Indem der Klient einem bestimmten Platz im Raum eine<br />

besondere Bedeutung zuweist, wird dieser Platz zur örtlichen Repräsentation<br />

dieser Bedeutung. Hierbei kann es sich z. B. um ein Ereignis<br />

in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft handeln. Oder der<br />

Bodenanker repräsentiert einen bestimmten gefühlsmäßigen Zustand,<br />

einen inneren Persönlichkeitsanteil, einen bestimmten Gedanken, ein<br />

Ziel oder auch eine andere Person. Die Zuweisung kann rein gedanklich<br />

erfolgen oder sie wird mit einem Blatt Papier mit einem sprechenden<br />

Namen darauf markiert. Sich auf oder neben den Bodenanker zu<br />

stellen unterstützt den Klienten, sich in die gewünschte Situation, den<br />

gewünschten Zustand, den Persönlichkeitsanteil etc. einzufühlen. Es<br />

erleichtert ihm die Assoziation mit der Bedeutung des Bodenankers.<br />

Gleichzeitig hilft der Bodenanker dem Klienten, diese Bedeutung von<br />

anderen Situationen oder Zuständen zu unterscheiden. Durch das<br />

räumliche Verlassen des Bodenankers kann er sich wesentlich leichter<br />

wieder von der Bedeutung dissoziieren, als wenn der ganze Prozess<br />

rein gedanklich ablaufen würde. Zusätzlich helfen die Bodenanker dem<br />

Klienten dabei einen Perspektivenwechsel durchzuführen, eine<br />

bestimmt Situation aus der Beobachterperspektive zu betrachten und<br />

sie erleichtern die Arbeit mit den eigenen inneren Persönlichkeitsanteilen.<br />

Der Coach kann anhand der sich verändernden Physiologie des<br />

Klienten auf den verschieden Positionen erkennen, ob der Klient dissoziiert<br />

oder assoziiert ist, und den Verlauf des Prozesses ablesen. Über<br />

das Umpositionieren der Bodenanker im Laufe des <strong>Coaching</strong>-Prozesses<br />

werden zusätzlich die eintretenden Veränderungen visualisiert.<br />

82 Circle of Excellence, New Behaviour Generator, Timeline, Walt-Disney-Strategie,<br />

Walking Belief Change etc.<br />

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Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Logische Ebenen<br />

Ein Beispiel für ein Format, das die Bewegung im Raum nutzt, sind<br />

die Logischen Ebenen. Das Format zielt darauf ab, eine neue Sicht auf<br />

eine Problemsituation zu erlangen, um so neue Handlungsmöglichkeiten<br />

zu finden oder Ressourcen für eine Situation zu erschließen und zu<br />

stärken. Zu der entsprechenden Situation führt der Coach den Klienten<br />

durch die Ebenen Kontext, Umgebung, Handlung, Fähigkeiten, Glaubenssätze,<br />

Werte, Identität, Zugehörigkeit und Vision. Der Coach lässt<br />

sich auf jeder Ebene die inneren Bilder, Gefühle und Gedanken des<br />

Klienten schildern. Dadurch wird die Ausgangslage bewusst. Auf der<br />

obersten Ebene versorgt sich der Klient, unterstützt vom Coach, mit<br />

Ressourcen. Anschließend geht er die Ebenen wieder zurück und<br />

nimmt wahr, was sich verändert hat. In der Regel erscheinen die inneren<br />

Bilder lebendiger, die Gefühle positiver, die Fähigkeiten reichhaltiger<br />

und der Klient erkennt neue Handlungsoptionen. Im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> bewegt sich der Klient begleitet vom Coach von Ebene zu<br />

Ebene durch den Raum. Die Ebenen können ggf. durch Bodenanker in<br />

Form eines Blattes Papier, auf dem die jeweilige Ebene steht, symbolisiert<br />

werden.<br />

Im Tele<strong>Coaching</strong> gibt es mehrere Möglichkeiten:<br />

• Der Coach lässt den Klienten je ein Blatt Papier für die Ebenen<br />

schreiben, als Bodenanker auslegen und führt ihn dann am Telefon<br />

durch das Format.<br />

• Der Coach lässt den Klienten diese Schritte durch die Logischen<br />

Ebenen in seiner Gedankenvorstellung machen.<br />

• Der Coach stellt nur die entsprechenden Fragen zu jeder Ebene<br />

und verzichtet auf reale oder imaginative Bewegungen von Ebene<br />

zu Ebene.<br />

Die letzte dieser Varianten habe ich sowohl in der Rolle des Coachs<br />

als auch des Klienten bereits mehrfach als völlig ausreichend erlebt.<br />

Bei der Entscheidung, wie der Coach vorgeht, kommt es letztlich auf<br />

seine Erfahrungen mit dem jeweiligen Klienten an. Bei Menschen, die<br />

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sehr kognitiv sind, reicht es u. U. aus, nur die Fragen zu den jeweiligen<br />

Ebenen zu stellen. Andrerseits ermöglicht vielleicht gerade diesen Personen<br />

das Einbeziehen des kinästhetischen Sinneskanals durch die<br />

Bewegung im Raum eine vertiefte Erfahrung. Hier möchten wir die<br />

Coachs unter den Lesern ermuntern mit den verschiedenen Möglichkeiten<br />

zu experimentieren und eigene Erfahrungen zu sammeln.<br />

Andere kinästhetische NLP-Formate, wie z. B. „1. 2. 3. Position“,<br />

nutzen den Wechsel zwischen zwei Stühlen und einer dritten Meta-<br />

Position, um Assoziation, Dissoziation und den Blickwinkel von außen<br />

zu unterstützen bzw. zu ermöglichen. Mit diesem Format können Ressourcen<br />

verstärkt, Kommunikationsprobleme mit anderen Personen<br />

und auch körperliche Symptome bearbeitet werden. Genau wie bei den<br />

Logischen Ebenen hat der Coach bei der Arbeit am Telefon die drei<br />

schon beschrieben Vorgehensweisen, um das Nicht-Sehen zu<br />

kompensieren.<br />

Walt-Disney-Strategie – Stell-dich-ein am Telefon<br />

Die Walt-Disney-Strategie ist eine Kreativitätstechnik aus dem NLP.<br />

Sie unterstützt den Klienten darin, Visionen, Ziele und Projekte sowie<br />

Strategien zur Umsetzung zu entwickeln. Es wird mit inneren Anteilen,<br />

unterstützt durch Bodenanker, ähnlich wie in einer Aufstellung gearbeitet.<br />

Das Prinzip der Walt-Disney-Strategie<br />

Im Prozess der Walt-Disney-Strategie werden die drei inneren Persönlichkeitsanteile<br />

Träumer, Realist und Kritiker miteinander in Kontakt<br />

gebracht. Beginnend mit dem Träumer entwickeln sie gemeinsam<br />

eine Vision oder ein Projekt. Mit Hilfe der Erinnerung an frühere entsprechende<br />

Zustände wird der Klient vom Coach nacheinander in die<br />

drei Anteile geführt und legt jeweils einen Bodenanker für den Anteil<br />

aus. Von der Meta-Position aus überprüft der Klient die Positionen der<br />

drei Anteile zueinander und verändert sie gegebenenfalls noch einmal.<br />

Anschließend begibt sich der Klient auf die Bodenanker in der Reihenfolge<br />

Träumer, Realist und Kritiker, assoziiert sich mit diesen Rollen<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

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und entwickelt das Projekt. Unter Umständen ist in der Startphase<br />

noch eine Rollenklärung und gegenseitige Würdigung dieser Anteile<br />

untereinander notwendig, um eine gute Zusammenarbeit zu ermöglichen.<br />

Die Positionen der drei Anteile werden vom Klienten mehrmals<br />

durchlaufen, bis ein zufrieden stellendes Ergebnis erreicht ist. Gegebenenfalls<br />

moderiert der Coach die Diskussion der Anteile untereinander<br />

und lässt den Klienten zwischendurch auf der Metaposition die Perspektive<br />

eines unbeteiligten Dritten einnehmen.<br />

Walt-Disney-Strategie am Telefon – ein Erfahrungsbericht<br />

Mit folgender Vision, die der Klient mir vorab per Mail übersandt<br />

hatte, ist er in die Arbeit gestartet: “Mein Unternehmen wird zu einem<br />

weltweiten Keyplayer auf dem Gebiet der persönlichen Transformation,<br />

der Transformation von Organisationen sowie der Transformationen<br />

von menschlichen Systemen generell.“ Folgende Ziele zur Realisierung<br />

innerhalb von zwei Jahren hatte der Klient bereits formuliert:<br />

• Veröffentlichung eines Buches.<br />

• Testen und Dokumentieren der Methode sowie ihre Einordnung<br />

in ein System.<br />

• Schaffung eines weltweiten Netzwerks von mindestens 200<br />

ausgebildeten und zertifizierten Beratern, das weiter wächst.<br />

Erfahrungsbericht des Klienten<br />

In der ersten Phase habe ich den Träumer im Wohnzimmer, den<br />

Kritiker im Esszimmer und den Realisten im Raum, der diese beiden<br />

Zimmer verbindet, positioniert. Die Metaposition habe ich in der Nähe<br />

der Tür gewählt, die ins Verbindungszimmer und das Esszimmer führt,<br />

so dass der Blick auf die drei anderen Positionen möglich war. Nach<br />

zwei Durchläufen durch alle Positionen hatte der Träumer seinen Platz<br />

im Esszimmer dicht bei der in den Garten führenden Terrassentür, so<br />

dass er nach draußen sehen konnte. Der Realist und der Kritiker standen<br />

Seite an Seite ebenfalls im Esszimmer. Die Meta-Position befand<br />

sich dicht dahinter. Von der Metaposition habe ich die endgültige<br />

Anordnung der drei Anteile als sehr kraftvoll wahrgenommen und<br />

fühlte einen starken Energiestrom, der vom Kritiker und Realisten zum<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

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Träumer führte. Diesen Energiestrom konnte ich ebenfalls in der Rolle<br />

des Kritikers fühlen.<br />

Meine wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Prozess sind:<br />

• Das schon bestehende Basis-Konzept ist ausgereift ist und muss<br />

nicht weiter verändert werden.<br />

• Die Form, in der es umgesetzt werden kann, kann in viele<br />

Richtungen gehen.<br />

• Daher ist es an der Zeit, das Basis-Konzept an einer Testgruppe<br />

auszuprobieren, um es durch Feedback erfolgreich zu machen.<br />

Aus der Arbeit haben sich für mich fünf konkrete nächste Schritte<br />

zur Realisierung meiner Vision ergeben.<br />

Bewertung des Prozesses durch den Klienten<br />

Es war für mich einfach, dem Prozess zu folgen und mich durchführen<br />

zu lassen. Zum Teil fand ich den Aufbau der drei Positionen etwas<br />

langsam, andererseits war ich überrascht, wie schnell die Zeit vergangen<br />

ist. Ich habe über dieses Projekt seit mehr als einem Jahr nachgedacht,<br />

so dass ich schon häufig in diesen drei Rollen war und schnell<br />

zwischen ihnen wechseln konnte. Wäre das Projekt noch ganz neu<br />

gewesen, hätte ich sicherlich mehr Zeit gebraucht, die einzelnen Rollen<br />

einzunehmen. Es ist ein guter Weg, um Klarheit in ein solches Projekt<br />

zu bringen, vielleicht aber auch etwas zeitaufwändig für eine Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> Session. (Anmerkung der Autorin: Der gesamte Prozess hat<br />

50 Minuten gedauert.)<br />

Erfahrungsbericht des Coachs<br />

Durch das Tele<strong>Coaching</strong> sollte die berufliche Vision meines Klienten<br />

weiter konkretisiert und mit noch mehr Leben gefüllt werden. Er<br />

beschäftigte sich schon ein gutes Jahr damit. Per E-Mail hatte er mir<br />

seine Vision und seine Ziele vorab zugeschickt. Bei dem Klienten handelt<br />

es sich um einen Coach-Kollegen, den ich nur aus Telefonkonferenzen<br />

kenne und bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal gecoacht<br />

habe.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Ablauf des Tele<strong>Coaching</strong>s: Im Prinzip bin ich wie im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong>, also wie oben beschrieben, vorgegangen. Beim Etablieren<br />

der drei Persönlichkeitsanteile habe ich mir beschreiben lassen, was der<br />

Klient gerade sieht und hört, sowie nachgefragt, ob er sich gut in die<br />

jeweilige Situation einfühlen konnte, in der er schon einmal die Qualitäten<br />

eines Träumers, Realisten bzw. Kritikers hatte. An der Beschreibung<br />

der jeweiligen Situation konnte ich erkennen, ob der Klient mit<br />

der Rolle assoziiert oder von ihr dissoziiert war, und konnte ggf. eingreifen,<br />

um die Assoziation zu verstärken. Ich habe mir die Anordnung<br />

der drei Räume, in denen der Klient gearbeitet hat, kurz beschreiben<br />

lassen und mir eine grobe Skizze dazu angefertigt. Dort habe ich mir<br />

eingetragen, wo der Klient die Bodenanker im Raum ausgelegt hat,<br />

ohne genau zu wissen, ob dies exakt mit der Anordnung der Anteile im<br />

Raum, wie sie der Klient vorgenommen hat, übereinstimmte. Zusätzlich<br />

habe ich erfragt, in welche Richtung der Anteil blickt und ob er die<br />

anderen Anteile sehen kann. Beim Durchlauf durch die Positionen<br />

habe ich mir dann jeweils vermerkt, wenn der Klient die Anteile nochmals<br />

verrückt hat. Dabei habe ich vor allem auf Schlüsselhinweise<br />

geachtet, wie z. B. „steht mitten auf dem Teppich“, „blickt in den Garten“,<br />

muss weg vom Schrank und mehr ins Licht“ etc.<br />

Ergebnis und Bewertung des Prozesses durch den Coach<br />

Neben den konkreten fünf Schritten, die mein Klient als Ergebnis<br />

des Prozesses festgelegt hat, konnte ich Folgendes beobachten: Der<br />

Träumer hat den Traum weiter entwickelt, indem er neue Aspekte und<br />

Ideen hinzugefügt hat. Dem Klienten ist bewusst geworden, dass er<br />

dem Träumer einen guten zentralen Platz geben will und es eine<br />

energetische Verbindung zwischen den drei Teilen gibt. Der Realist<br />

und der Kritiker haben weitere Teilschritte definiert und die Idee geboren,<br />

die Methode in Elemente zu strukturieren, die auch einzeln für<br />

sich angewendet werden können. Insgesamt hat das Projekt des Klienten<br />

an Energie gewonnen, wurde konkretisiert und der Klient hat weitere<br />

Handlungsschritte festgelegt. Der Klient hat es als sehr angenehm<br />

empfunden, dass er sich bei der Arbeit im Raum bewegen konnte und<br />

nicht nur auf seinem Stuhl saß.<br />

233


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Arbeitet man im Präsenz<strong>Coaching</strong> mit der Walt-Disney-Strategie,<br />

erkennt man meistens bereits an der Körpersprache, ob der Klient mit<br />

dem jeweiligen Persönlichkeitsanteil assoziiert ist. Mimik und Gestik<br />

der drei Anteile sind oft sehr unterschiedlich. Am Telefon entfallen<br />

diese Beobachtungen. In der Regel ändern sich je nach Assoziation mit<br />

einzelnen Anteilen allerdings Wortwahl, Tonfall, Lautstärke und Modulation<br />

der Stimme. Tatsächlich konnte ich in diesem Beispiel sowohl<br />

im Tonfall als auch in der Sprechgeschwindigkeit einen Unterschied<br />

zwischen den drei Anteilen feststellen. Außerdem konnte ich aus den<br />

Äußerungen des Klienten heraushören, wie gut er assoziiert war. Zum<br />

Teil sprach er in der Ich-Form als Träumer, also gut assoziiert, zum<br />

Teil sprach er über den Träumer „Der Träumer meint, dass….“, war<br />

also von der Rolle dissoziiert. Indem ich den Klienten in diesem Fall an<br />

die Ausgangssituation beim Etablieren der Rolle erinnerte und direkt<br />

als Träumer angesprochen habe, konnte ich ihm die erneute Assoziation<br />

mit der Rolle erleichtern.<br />

Hinweise für die Arbeit am Telefon<br />

Der Erfahrungsbericht zeigt, dass eine Arbeit mit Bodenankern, Persönlichkeitsanteilen<br />

und Aufstellungselementen auch am Telefon möglich<br />

ist. Folgende Hinweise lassen sich für diese Art von Interventionen<br />

am Telefon ableiten: Grundvoraussetzung ist, dass der Klient ein<br />

mobiles Telefon, möglichst mit Headset und am Gürtel hängend trägt,<br />

so dass er sich frei im Raum bewegen kann. Wichtig bei der Arbeit mit<br />

Bodenankern und Aufstellungselementen ist, dass der Coach – wie<br />

immer beim Tele<strong>Coaching</strong> – besonders aufmerksam ist für sprachliche<br />

Schlüsselhinweise sowie Stimmlage, Tonfall etc., um festzustellen, ob<br />

der Klient mit der Position, der Rolle, dem Thema assoziiert oder dissoziiert<br />

ist. Diese Hinweise ermöglichen ihm zu erkennen, wie sich der<br />

Prozess entwickelt. So kann er das Nicht-Sehen kompensieren. Falls<br />

dies aus den Äußerungen des Klienten dem Coach nicht deutlich wird,<br />

der Coach daher Gefahr läuft den Anschluss zu verlieren, muss er<br />

gezielt nachfragen. Der Klient sollte seine Wahrnehmungen genau<br />

beschreiben und aus welcher Perspektive er auf die Bodenanker bzw.<br />

die Persönlichkeitsanteile schaut. Dieses gezielte Nachfragen kennt<br />

jeder Coach aus dem Präsenz<strong>Coaching</strong>. Auch dort muss ich nachfra-<br />

234


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

gen, wenn ich mit einem Klienten arbeite, der eine verhaltene Körpersprache<br />

hat oder seine Emotionen kaum über die Stimme ausdrückt.<br />

Eine grobe Skizze der Lage der Bodenanker zueinander und der Veränderungen<br />

der Positionen sollte dem Coach ausreichen. Fragt er<br />

zuviel nach und verliert er sich an dieser Stelle in Details, besteht die<br />

Gefahr, dass er den Klienten aus seinem inneren Prozess immer wieder<br />

herausreißt.<br />

Aus obigem Erfahrungsbericht lässt sich des Weiteren ableiten, dass<br />

solche komplexen Interventionen dem Klienten und dem Coach am<br />

Telefon leichter fallen, wenn es schon eine gewisse gemeinsame Erfahrung<br />

mit dem Tele<strong>Coaching</strong> gibt. Sie sollten also nicht in der ersten<br />

Sitzung erfolgen.<br />

Als eine Vorübung für eine solche Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen<br />

und Bodenankern am Telefon bietet sich nachfolgende Vorgehensweise<br />

an. Der Coach lässt den Klienten Kerngedanken eines komplexen<br />

zu klärenden Themas auf einzelne Blätter schreiben. Diese<br />

Kerngedanken sowie ein Blatt als Bodenanker für den Klienten selbst<br />

legt dieser dann im Raum aus. Der Coach lässt sich die Positionen<br />

beschreiben und macht sich eine grobe Skizze, in die er ebenfalls sich<br />

ergebende Veränderungen einträgt. Damit werden die Gedanken in<br />

eine sichtbare Beziehung zueinander gebracht. Indem der Klient nacheinander<br />

seine eigene Position und die einzelner Gedanken einnimmt,<br />

kann er erleben, was es in ihm bewirkt genau diese Gedanken zu dem<br />

Thema zu haben, und er kann evtl. eine Priorität für deren Bearbeitung<br />

aufstellen. Dieses Vorgehen ist hervorragend geeignet, als Situationsanalyse<br />

Licht in ein konfuses Gedankendickicht zum Beispiel zu<br />

Beginn eines <strong>Coaching</strong>-Prozesses zu bringen. Das Vorgehen hat also<br />

für sich eine Existenzberechtigung und ist weit mehr als eine Vorübung.<br />

Gleichzeitig ist es für den Coach eine gute Möglichkeit, sich auf<br />

die sprachliche Ausdrucksweise des Klienten bei der Arbeit mit Bodenankern<br />

zu kalibrieren. Der Klient erlebt die Wirksamkeit der Arbeit mit<br />

Bodenankern. Dies wird ihm erleichtern, in einer nächsten Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> Session z. B. mit Persönlichkeitsanteilen zu arbeiten oder<br />

eine Aufstellung am Telefon mit Hilfe von Bodenankern durchzuführen.<br />

235


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Fazit<br />

Die Arbeit mit Bodenankern, Aufstellungselementen und Persönlichkeitsanteilen<br />

ist also auch am Telefon sehr gut und effektiv durchführbar.<br />

Coach und Klient sollten sich schon aus einigen gemeinsamen<br />

Tele<strong>Coaching</strong> Sessions kennen, so dass der Coach Gelegenheit hatte,<br />

sich auf den Klienten zu „kalibirieren“. Die oben beschriebene Situationsanalyse<br />

kann hierzu gezielt als „Vorübung“ eingesetzt werden.<br />

Aufstellungen – Kreative Lösungen für das Telefon<br />

Aufstellungen dienen dazu, Beziehungen in Systemen sichtbar zu<br />

machen. Sie wurden ursprünglich nur in Gruppen mit so genannten<br />

Stellvertretern bzw. Repräsentanten zu familiären Themen und Problemen<br />

durchgeführt. Heute werden in der systemischen Strukturaufstellung<br />

alle nur denkbaren Systeme aufgestellt. Die Elemente können<br />

nicht nur lebende und verstorbene Personen sein, sondern auch Persönlichkeitsanteile,<br />

Organisationen, Teams, Strukturen, Aufgaben,<br />

Produkte, Ziele, Hindernisse, Entscheidungen, Gedanken, Ideen,<br />

Krankheiten, Eigenschaften, Fähigkeiten, Qualitäten, Gefühle - eigentlich<br />

alles, was im Kontext des Klienten bedeutungsvoll erscheint.<br />

Im Business<strong>Coaching</strong> und damit auch im Tele<strong>Coaching</strong> stammen die<br />

Themen des Klienten in erster Linie aus dem beruflichen System. Es<br />

gibt zahlreiche Wechselwirkungen zwischen dem Individuum und dem<br />

System. Organisationsaufstellungen sind hier das Mittel der Wahl, Verflechtungen<br />

zu entwirren und Licht ins Dunkel zu bringen. Wie kann<br />

das gehen, wenn Coach und Klient nur über das Telefon in Verbindung<br />

stehen und weitere Repräsentanten fehlen? Sehen Sie selbst, wie<br />

viele kreative Varianten es gerade bei dieser Methode für das Telefon<br />

gibt.<br />

Wir erklären einleitend das Grundprinzip von Aufstellungen. Es folgt<br />

ein Überblick, welche Varianten und verschiedenen Aufstellungsmethoden<br />

es für das Telefon gibt. Abschließend fassen wir die Besonderheiten<br />

bei Aufstellungen am Telefon zusammen.<br />

236


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Das Prinzip von Aufstellungen<br />

Bei einer klassischen Aufstellung in einer Gruppe formuliert der<br />

Klient zunächst sein Anliegen. Dann wählt er Personen aus der<br />

Gruppe als Repräsentanten für die Personen bzw. Aspekte, die im<br />

betrachteten System relevant sind. Außerdem wählt er einen Stellvertreter<br />

für sich selbst, auch Fokus genannt, bleibt also als Beobachter<br />

zunächst außerhalb des Systems. Der Klient stellt diese Repräsentanten<br />

intuitiv in einer räumlichen Anordnung zueinander auf.<br />

Aufstellungen basieren auf der Voraussetzung, dass wir in Kräfte,<br />

Felder und Energien eingebunden sind, die weit über unsere Person<br />

hinausgehen. Die Repräsentanten nehmen wahr, wie sich die Personen<br />

fühlen, die sie repräsentieren. Teilweise spüren sie sogar deren körperliche<br />

Symptome. Bei einer systemisch-konstruktivistischen Aufstellung<br />

werden die Repräsentanten zu ihren Wahrnehmungen innerhalb des<br />

Systems befragt und der Aufsteller (= die Person, die die Aufstellung<br />

leitet) nimmt so lange Veränderungen der Positionen vor, bis sich eine<br />

befriedigende Lösungskonstellation ergibt. Dagegen erfolgt eine systemisch-phänomenologische<br />

Aufstellung überwiegend schweigend, die<br />

Repräsentanten geben ihren Bewegungsimpulsen nach und bewegen<br />

sich entsprechend im Raum bis zu einer zufrieden stellenden Lösungsanordnung.<br />

Der Aufsteller greift bei dieser Vorgehensweise deutlich<br />

seltener ein, indem er Repräsentanten befragt und Bewegungen oder<br />

Sätze vorschlägt. 83 In beiden Varianten nimmt der Klient im Verlauf<br />

spätestens am Ende die Position seines Repräsentanten ein. Dort kann<br />

er die Lösungskonstellation ganz intensiv und gefühlsmäßig im<br />

assoziierten Zustand erleben. Dabei entsteht nochmals eine deutlich<br />

größere Wirkung für den Klienten, als wenn er nur als Außenstehender<br />

das Ergebnis rein kognitiv aufnimmt. Die Lösungskonstellation erzeugt<br />

nicht nur im Klienten eine Veränderung, sondern wirkt auf scheinbar<br />

magische Weise auch in das aufgestellte System zurück. Dies erfolgt<br />

letztlich dadurch, dass der Klient selbst aufgrund des in der Aufstellung<br />

Erlebten anders innerhalb des Systems agiert.<br />

83 Vgl. Baur (2009).<br />

237


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Aufstellungen im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

Im Präsenz<strong>Coaching</strong> steht nur der Coach selbst als Repräsentant zur<br />

Verfügung, um Beziehungen des Klienten zu einzelnen Menschen zu<br />

klären. Er kann aber auch die oben genannten verschiedenen Aspekte<br />

der Fragestellung des Klienten, also z. B. ein Ziel oder ein Hindernis,<br />

repräsentieren. Weitere Möglichkeiten im Einzel<strong>Coaching</strong> sind<br />

Aufstellungen mit Figuren oder Gegenständen sowie mit Hilfe von<br />

Bodenankern. Bei der Aufstellung eines Systems mit Figuren können<br />

der Klient und auch der Coach sich in die einzelnen Positionen<br />

hineinspüren und wahrnehmen, was ist, indem sie die Figuren<br />

berühren. Bei der Arbeit mit Bodenankern können sich der Klient und<br />

ggf. auch der Coach nacheinander in die einzelnen Positionen<br />

einfühlen, indem sie sich auf die entsprechenden Bodenanker stellen,<br />

wie dies schon im vorhergehenden Abschnitt zur Walt-Disney-Strategie<br />

am Telefon beschrieben wurde. Bei diesen Vorgehensweisen im Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

handelt es sich keineswegs nur um Ersatz-Aufstellungen,<br />

die mit methodischen Nachteilen behaftet sind, sondern um eigenständige<br />

Methoden für die Arbeit zu zweit. Sie machen sich genau wie die<br />

Aufstellungen in der Gruppe das Phänomen zunutze, dass wir in der<br />

Lage sind, Kräfte und Felder in Systemen wahrzunehmen, die über das<br />

hinausgehen, was wir mit Verstand und Logik erfassen und erklären<br />

können.<br />

Aufstellung am Telefon<br />

Bei Aufstellungen in der Gruppe oder mit den beschriebenen Möglichkeiten<br />

im Präsenz<strong>Coaching</strong> befinden sich Klient und Repräsentanten<br />

bzw. Klient und Coach im gleichen Raum. Es liegt der Gedanke<br />

nahe, dass dies eine Voraussetzung ist, um gemeinsam ein System aufzustellen.<br />

Weit gefehlt! Die in der Aufstellungsarbeit wirkenden Prinzipien<br />

funktionieren auch, wenn Klient und Coach sich an verschiedenen<br />

Orten befinden und über das Medium Telefon in Verbindung stehen.<br />

Es ist eine essentielle Voraussetzung, dass der Coach – genau wie beim<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong> – mit seiner ganzen Aufmerksamkeit beim Klienten<br />

ist, sich und seine Persönlichkeit in den Hintergrund stellt, sich in die<br />

238


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

innere Haltung begibt, dem Klienten dienen zu wollen, sich frei und<br />

offen macht für das, was sich zeigt, und seiner Intuition vertraut.<br />

Wie funktioniert eine Aufstellung am Telefon?<br />

Aufstellung mit Bodenankern<br />

Die Arbeit mit Bodenankern, bei der der Klient sich nacheinander<br />

mit den verschiedenen durch die Bodenanker symbolisierten Rollen<br />

oder Aspekte innerlich verbindet und so das System wahrnimmt,<br />

wurde bereits im vorangehenden Kapitel zur Walt-Disney-Strategie<br />

beschrieben. Ergänzend zu den Impulsen des Klienten schlägt der<br />

Coach vor, neue Anordnungen auszuprobieren, und regt zum Dialog<br />

der Anteile untereinander an.<br />

Aufstellung mit Figuren und Gegenständen<br />

Am Telefon ist ebenfalls eine Aufstellung mit Figuren oder<br />

Gegenständen möglich. Am einfachsten ist es, Alltagsgegenstände, die<br />

sich auf jedem Schreibtisch finden, zu benutzen. Dann können Klient<br />

und Coach die gleichen Gegenstände als Stellvertreter benutzen. Bei<br />

der Verwendung von Figuren wäre es günstig, wenn Klient und Coach<br />

ein identisches Figurenset nutzten - am ehesten findet sich hierfür<br />

vermutlich ein Schachspiel oder andere bunte Spielsteine. Sind die<br />

Figuren oder Gegenstände bei Klient und Coach unterschiedlich, ist es<br />

wichtig, dass sich der Coach genau merkt, was jeder Gegenstand für<br />

den Klienten repräsentiert. Tut er das nicht und muss er nachfragen,<br />

wird der Klient in seinem Prozess gestört. Er gewinnt den Eindruck,<br />

dass der Coach nicht wirklich bei der Sache ist. Hier leisten kleine Klebezettel<br />

mit der jeweiligen Bezeichnung, wofür ein Gegenstand steht,<br />

gute Dienste. Der Coach baut die Figuren oder Gegenstände – ich<br />

nenne sie nachfolgend der Einfachheit halber auch Repräsentanten –<br />

parallel zum Klienten auf, so dass beide gemeinsam auf das gleiche<br />

System schauen. Auch hier ist es wieder – wie bei der Arbeit mit<br />

Bodenankern – die Aufgabe des Coachs, das Wesentliche herauszuhören.<br />

Er sollte sich nicht an zu exakten Details, wie die Repräsentanten<br />

ganz genau zueinander stehen, aufhalten. Entscheidend sind die Beziehungs-<br />

und Systemqualitäten, Gefühle und Empfindungen, die in den<br />

Anordnungen der Repräsentanten zueinander zum Ausdruck kommen.<br />

239


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Der Coach kann sich wie der Klient durch Berühren der Repräsentanten<br />

intensiver in die dargestellte Situation hineinspüren. Indem er<br />

zusätzlich seine eigenen Wahrnehmungen des Systems dem Klienten<br />

anbietet, kann er ihn unterstützen, neue Sichtweisen und Ideen für<br />

Veränderungen im System zu entwickeln. Zusätzlich kann der Coach<br />

dem Klienten vorschlagen, bestimmte Positionsveränderungen der<br />

Figuren auszuprobieren oder die Figuren bestimmte Sätze sprechen zu<br />

lassen.<br />

Aufstellung mit Zu-Papier-Bringen<br />

Eine weitere im Tele<strong>Coaching</strong> nutzbare Variante ist das Zu-Papier-<br />

Bringen: Klient und Coach einigen sich auf Quer- oder Hochformat<br />

eines Stapels von DinA4-Blättern, die jeder vor sich liegen hat. Das<br />

Blatt entspricht dem Spielfeld, der vorhandenen Bühne. Die Positionsbeschreibungen<br />

des Klienten werden auf dem Papier skizziert. Jede der<br />

aufgestellten Personen oder Aspekte wird als Kreis mit Namenskürzel,<br />

und die Blickrichtung durch einen Pfeil dargestellt. Natürlich kann man<br />

auch etwas anschaulicher, aber komplizierter, mit verschiedenen<br />

Farben oder Formen arbeiten. Wenn sich die Repräsentanten bewegen,<br />

nimmt man ein neues Blatt Papier, um dies zu dokumentieren. Beide<br />

können dann mit ihrem Stift oder dem Finger den entsprechenden<br />

Kreis antippen, um mit der dort zentrierten Energie in Berührung zu<br />

kommen. Diese Methode hat neben der Einfachheit noch den Vorteil,<br />

dass der Coach sich direkt neben die Kreise auf dem Papier Notizen zu<br />

den Qualitäten machen kann. Am Ende sind so verschiedene Stadien<br />

des Aufstellungsprozesses auf getrennten Seiten kurz dokumentiert.<br />

Aufstellung mit Softwareunterstützung<br />

Eine sehr moderne Form der Aufstellung ist die mit Softwareunterstützung.<br />

Hier arbeiten Klient und Coach über das Internet mit einer<br />

Software, die das Aufstellen von abstrakten Figuren auf einem Tisch<br />

mit wenigen einfachen Mausklicks simuliert. Der Betrachter kann aus<br />

verschiedenen Perspektiven und Entfernungen die Aufstellungen<br />

betrachten, als ob er um den Tisch herum ginge. Zusätzlich kann er in<br />

die Blickperspektive jeder Figur wechseln und mit wenigen Tastenklicks<br />

aus dieser Perspektive die anderen Figuren im System wahrneh-<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

men und die Konstellationen so auf sich wirken lassen (siehe<br />

Abbildungen).<br />

Nicht nur der Klient, auch der Coach kann Figuren verrücken und in<br />

deren Blickperspektive wechseln. Das Figurenrücken sollte er jedoch<br />

nur mit größter Zurückhaltung und gebührendem Respekt<br />

durchführen. Dabei greift er nur mit Zustimmung des Klienten ein.<br />

Anders als beim Aufstellen von Figuren sind zwar nicht die direkte<br />

Kontaktaufnahme und das Einfühlen durch Berühren der Figuren<br />

möglich. Durch das Einnehmen der jeweiligen Blickperspektive der<br />

Figuren wird jedoch über den visuellen Eindruck und die dadurch im<br />

Klienten entstehenden Gefühle, Assoziationen und Ideen ebenso eine<br />

Wahrnehmung des Systems und der im System wirkenden Beziehungen<br />

und Kräfte möglich. Der Klient hat die gleichen Erkenntnisse wie in<br />

anderen Aufstellungsformen. Und auch hier ist der Coach gefordert, in<br />

einen Zustand erhöhter Wahrnehmungsfähigkeit zu gehen und seiner<br />

Intuition zu vertrauen, wenn es darum geht, den Klienten in seinem<br />

Klärungsprozess zu begleiten. Zusätzlich bietet die Software die<br />

Möglichkeit, einzelne Anordnungen abzuspeichern: So kann der<br />

Prozess dokumentiert werden. Außerdem bietet dies die Möglichkeit,<br />

eine Sitzung zu unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt<br />

fortzusetzen.<br />

Sicht von außen auf das System:<br />

Abbildung 10: Beispiel (1) Aufstellungsarbeit mit<br />

Softwareunterstützung<br />

241


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Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Aus dem Blickwinkel einer Figur:<br />

Abbildung 11: Beispiel (2) Aufstellungsarbeit mit<br />

Softwareunterstützung 84<br />

Die Klientenversion ist kostenfrei, für die Zusammenarbeit über das<br />

Internet braucht der Coach eine Lizenz bzw. Nutzungsberechtigung.<br />

Aufstellung mit inneren Bildern<br />

Die imaginative Aufstellung mit inneren Bildern sei der Vollständigkeit<br />

halber auch erwähnt. Dies ist eine Form der Aufstellung,<br />

die ganz ohne Hilfsmittel auskommt. Coach und Klient gehen am Telefon<br />

gemeinsam in einen Zustand erhöhter Aufmerksamkeit und<br />

Wahrnehmungsfähigkeit. Nach der Klärung des Anliegens geleitet der<br />

Coach den Klienten, ggf. mit konkreten Anweisungen, durch die<br />

Aufstellung oder lässt ihn seine eigenen inneren Bilder und Prozesse<br />

finden. Anschließend wird das Erleben des Klienten gemeinsam<br />

ausgewertet.<br />

Fazit<br />

Auch Aufstellungen sind am Telefon sehr wohl möglich. Wie immer<br />

bei der Arbeit am Telefon ist der Coach gefordert, besonders<br />

konzentriert und genau zuzuhören und ggf. auch mehr nachzufragen,<br />

als er es vielleicht im Präsenz<strong>Coaching</strong> täte. Welche der beschriebenen<br />

Formen Coach und Klient auswählen, ob Bodenanker, Figuren, Zu-<br />

84 Die Bilder wurden mit Hilfe der Klientenversion der Software LPScocoon der<br />

Firma CSG Medien, Oberhausen, erzeugt: http://www.lpscocoon.de.<br />

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IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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Papier-Bringen, Softwareunterstützung, imaginativ, ist letztlich eine<br />

Frage der persönlichen Präferenzen des Klienten und des Coachs. Sehr<br />

visuell ausgerichtete und technikaffine Menschen arbeiten gerne mit<br />

der Software. Manch einem mag es dagegen gar nicht liegen, sich bei<br />

der Auseinandersetzung mit sich selbst auch noch mit einem Computer<br />

zu beschäftigen, der viel Aufmerksamkeit abseits des eigentlichen<br />

Anliegens bindet. Ein sehr kinästhetisch veranlagter Klient wird es<br />

vorziehen, mit Bodenankern oder Figuren zu arbeiten. Eine Person, die<br />

einerseits eine starke Präferenz für den auditiven Kanal hat und gleichzeitig<br />

gut mit inneren Bildern (also visuell) arbeiten kann, wird hervorragend<br />

mit einer imaginativen Aufstellung in der eigenen Gedankenwelt<br />

oder dem Zu-Papier-Bringen zurechtkommen. Hier möchten wir<br />

angehende und auch erfahrene TeleCoachs einladen kreativ zu experimentieren.<br />

Bei all diesen „Experimenten“ ist es entscheidend, dass der<br />

Coach für den guten Draht zum Klienten sorgt. Natürlich empfehlen<br />

wir auch hier wieder, zunächst Methodenkompetenz im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> zu erwerben und den Klienten in einigen Tele<strong>Coaching</strong><br />

Sessions kennen zu lernen.<br />

Quellen: Aufstellungen am Telefon allgemein: persönliche Mitteilung<br />

Iris Dick. Aufstellungen am Telefon mit Software: persönliche<br />

Mitteilung Thomas Göller .<br />

Die Reise in den eigenen Körper –<br />

Körperarbeit am Telefon<br />

In allen körperorientierten Verfahren wird die enge Wechselbeziehung<br />

zwischen Körper, Geist und Seele angesprochen. Stress, belastende<br />

Situationen, Erlebnisse und Gefühle, die nicht verarbeitet und<br />

aufgelöst werden, manifestieren sich auf unterschiedlichste Weise in<br />

unserem Körper. Der Volksmund kennt dafür viele Redewendungen:<br />

„Das liegt mir im Magen, das sitzt mir im Nacken, da kaue ich noch<br />

dran“. Dahinter stehen verspannte und schmerzende Muskeln,<br />

Haltungsschäden und belastete Organe. Oft liegen Wirkung und Ursache<br />

zeitlich weit auseinander. Da die körperliche Manifestation ein<br />

243


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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schleichender Prozess ist, bleiben uns die Zusammenhänge zu unserem<br />

Erleben oft verborgen oder wir verdrängen sie.<br />

Erstens neigen beruflich sehr stark eingespannte, erfolgsorientierte<br />

oder unter Erfolgsdruck stehende Menschen dazu, Signale und Warnsignale<br />

des Körpers zu ignorieren; manchmal sind sie nicht mehr in der<br />

Lage diese wahrzunehmen. Manche Klienten sehen sich wiederum<br />

nicht imstande, gesundheitsfördernde Verbesserungen zeitlich im Alltagsablauf<br />

unterzubringen, ohne ihren sozialen Status gefährdet zu<br />

sehen.<br />

Zweitens haben Klienten, beispielsweise in Umbruchsituationen oder<br />

beruflichen Konflikten, meist bereits selbst über längere Zeit alles Vernünftige,<br />

strategisch Sinnvolle und ihnen Menschenmögliche getan, um<br />

eine Klärung oder Lösung der Situation herbeizuführen. Der Coach,<br />

der von außen etwas beitragen möchte, erzielt häufig mit der Fortsetzung<br />

derselben Bewältigungsmethoden keine wirklich neuen Ergebnisse.<br />

In diesen beiden Fällen können körperorientierte Verfahren dem<br />

Klienten zeitsparend ganz neue und bisher unentdeckte Zugänge,<br />

Lösungsansätze und Einsichten zu seinen Themen und Problemen<br />

eröffnen und damit häufig die psychischen Ursachen für eine Erkrankung<br />

lösen oder positiv verändern. So ist es nur konsequent, diese<br />

Verfahren auch im Tele<strong>Coaching</strong> einzusetzen.<br />

Mit zwei sehr unterschiedlichen Methoden, Focusing und EDxTM TM ,<br />

wollen wir Sie ermutigen, weitere körperorientierte Verfahren auf das<br />

Telefon zu übertragen. Denn wir sind überzeugt, dass alle Methoden,<br />

bei denen der Coach seinen Klienten nicht berühren muss bzw. dieser<br />

Berührungsreiz anderweitig ersetzt werden kann, für die Arbeit am<br />

Telefon geeignet sind.<br />

Focusing und EDxTM TM (Energy Diagnostic Treatment Method) wurden<br />

ursprünglich als Therapieformen entwickelt und werden inzwischen<br />

auch in <strong>Coaching</strong> und Supervision erfolgreich eingesetzt. Das<br />

Besondere beider Methoden ist, dass sie neben dem körperlichen auch<br />

einen energetischen Aspekt haben. Die beiden Methoden werden<br />

244


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

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jeweils grundsätzlich beschrieben, um dann auf die Besonderheiten am<br />

Telefon einzugehen.<br />

Focusing – auf die Stimme des Körpers hören<br />

(Iris Dick, Stephan Josef Dick, Maren Kaiser)<br />

Eugene T. Gendlin, geboren 1938, entwickelte auf Carl Rogers Klientenzentrierter<br />

Psychotherapie aufbauend das körperzentrierte Focusing. 1978<br />

veröffentlichte er ein Grundlagenbuch zum Focusing, das 1981 in zehn<br />

Sprachen herausgegeben wurde und auch in Nicht-Fachkreisen großen<br />

Zuspruch fand.<br />

Er hatte ein positives Potenzial im Menschen entdeckt, welches sich<br />

durch ein Fokussieren, d. h. durch die umfassende ungeteilte<br />

Aufmerksamkeit auf einen im Jetzt auch körperlich wahrnehmbaren<br />

Zustand, den so genannten Felt Sense, eröffnet. Dieses Potenzial wollte<br />

er durch seine Veröffentlichungen und Ausbildungen sowohl Therapeuten<br />

als auch Laien zur Verfügung stellen, da er darin einen Methoden<br />

übergreifenden Nutzen sah.<br />

Das erlebensbezogene Focusing ist eine grundlegende Methode der<br />

Körper- und Bewussteinsarbeit, die Menschen hilft:<br />

• mit sich selbst in Beziehung zu treten;<br />

• auf sich selbst zu hören;<br />

• den Kontakt zwischen Denken und Fühlen herzustellen;<br />

• sich auf die unbewusste/vorbewusste Seite des Erlebens als eine<br />

körperlich gefühlte Qualität („gefühlte Bedeutung“) direkt zu<br />

beziehen;<br />

• das Gefühl für „richtig/falsch für mich“ zu entwickeln und ernst<br />

zu nehmen;<br />

• als Begleitmethode andere Menschen in ihrem Prozess der<br />

Selbstauseinandersetzung konstruktiv zu begleiten;<br />

245


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

• beim Umgang mit belastenden Alltagssituationen. 85<br />

Gendlin beobachtete, „dass Menschen, die besonders gut mit Konflikten<br />

umgehen können, offenbar über eine andere Art der Selbstwahrnehmung<br />

verfügen. Anstatt nur theoretisch und abstrakt über<br />

Probleme zu sprechen, beziehen sie körperliche Empfindungen mit<br />

ein.“ 86<br />

Heute wird Focusing auch im <strong>Coaching</strong> und als Methode des<br />

Selbstmanagements angewendet. Es können damit Hemmungen überwunden<br />

sowie destruktive Selbstkritik und innere Konflikte aufgelöst<br />

werden. Ein weiterer nicht zu unterschätzender positiver Effekt ist die<br />

damit unmittelbar verbundene körperliche Erleichterung, die bei einem<br />

gelungenen Focusing-Prozess auftritt.<br />

Unter den körperzentrierten <strong>Coaching</strong>-Ansätzen ist Focusing erfahrungsgemäß<br />

eine für den Klienten leicht annehmbare Methode, da sie<br />

weder ein körperliches noch ein gefühlsmäßiges Ausagieren der Problemstellung<br />

erfordert. Sie benötigt lediglich eine sachliche, beobachtende<br />

und wertschätzende Einstellung des Klienten, die er durch seinen<br />

eigenen Aufmerksamkeits-Focus steuern kann. Dadurch erfährt sich<br />

der Anwender als selbstbestimmt handelnd und kompetent in seinen<br />

eigenen Angelegenheiten. Gendlin legt Wert darauf, dass Focusing nicht<br />

exklusiv eine therapeutische Interventionsmethode ist, sondern auch<br />

als ein einfach handhabbares Werkzeug für die Selbstanwendung zur<br />

Verfügung steht.<br />

Focusing am Telefon<br />

Ist nun eine solche körperzentrierte Methode im <strong>Coaching</strong> ohne<br />

visuelle Wahrnehmung des Körpers des Klienten überhaupt umfassend<br />

durchführbar?<br />

Wir antworten eindeutig aus vielfacher eigener <strong>Coaching</strong>-Erfahrung<br />

am Telefon mit „Ja!“. Der nachfolgende Erfahrungsbericht der BORA<br />

85 Vgl. http://www.focusing.de/files/focusing_2010_basistraining_1.pdf.<br />

86 Schröder (2006).<br />

246


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Netzwerkkollegin Iris Dick gibt einen Eindruck über Focusing am<br />

Telefon:<br />

„Eine Klientin, Lehrerin, hat seit der Geburt ihres vierten Kindes ihr<br />

normalerweise fröhliches Lebensgefühl verloren. Sie fühlt sich<br />

unglücklich, eingeengt und sozial vom Erwachsenenleben und vom<br />

Beruf abgeschnitten. Nebenbei erwähnt sie, dass sie dieses Mal nach<br />

der Geburt ihr um zehn Kilogramm zu hohes Gewicht nicht reduziert<br />

bekommt, worüber sie sehr unglücklich ist.<br />

Im Focusing werden die Hintergründe klar: Bei der sachlichen<br />

Beschreibung ihrer dazugehörigen Körperempfindungen nennt sie<br />

ein „schweres, pelziges Gefühl von ca. drei Zentimetern Dicke und<br />

einen Druck auf den gesamten Bauchraum, als wenn ein hartes Material<br />

eng darüber gezogen wäre. Bei näherem Hineinspüren zeigt sich<br />

dieser pelzige Druckbereich wie eine Art Panzer, der gleichzeitig einengt<br />

und schützt. Ein für das Focusing typischer Kunstgriff, ein so<br />

genannter Perspektivenwechsel, ermöglicht es der Klientin aus der<br />

Sicht dieses Panzers zu sprechen: Er erklärt, dass er dazu da sei,<br />

etwas Wichtiges hinter sich zu beschützen. An dieser Stelle atmet die<br />

Klientin erleichtert auf, weil sie ihr ungemütliches, ja teilweise<br />

bedrohlich enges Lebensgefühl plötzlich nicht mehr als feindlich,<br />

sondern als motiviert und sinnvoll erlebt. Auf die Frage, was der<br />

harte Panzer denn beschütze, entdeckt und erlebt sie entzückt ein<br />

sprudelig lebendiges, buntes und kraftvolles Lebensgefühl unter dem<br />

Panzer innen in ihrem gesamten Bauchbereich. Dies ist ein von<br />

Gendlin so genannter felt shift, eine energetische Wende im Geschehen.<br />

Ermutigt, dort hineinzuspüren, wird sie ganz fröhlich und fühlt sich<br />

so leicht und beschwingt, dass sie zu lachen beginnt. Wohin diese<br />

Energie denn fließen wolle, wird sie gefragt. „Überall hin, und zuerst<br />

in den Schutzpanzer“, antwortet sie und lässt den Worten auf Aufforderung<br />

gleich die Tat folgen. Nach dieser freundlichen Ausweitung<br />

positiver Energie fühlt sich ihr Bauch für die Klientin ganz verändert<br />

an, wie ein leichtes, wärmendes Kleid nämlich, das sowohl<br />

durch Elastizität Schutz bietet, als auch die fröhliche spritzige Energie<br />

der Persönlichkeit der Klientin unbehindert nach außen fließen<br />

lässt.<br />

In Folge des Telefon-Focusings fühlt sich die Klientin leicht, mit ihrer<br />

Umwelt verbunden und „bunt und kraftvoll“. Sie ist plötzlich voller<br />

Mut und Tatendrang für ihre Familie und ihre sozialen Kontakte da.<br />

Damit lässt es der Coach bewenden und verzichtet auf eine<br />

zusätzliche intellektuelle Auswertung, wohl wissend, dass das<br />

247


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Wesentliche, was die Situation zum Guten gewendet hat, energetisch<br />

bereits nachhaltig im Körper- und Lebensgefühl wahrnehmbar ist.<br />

Nach drei Monaten ruft die Klientin wieder an und bestätigt das<br />

Andauern ihres leichten und beschwingten Lebensgefühls. Sie<br />

möchte noch einen unerwarteten Nebeneffekt des Focusings mit<br />

ihrem Coach teilen, über den sie selbst staunt: Sie hat inzwischen<br />

sieben Kilogramm abgenommen, ohne zusätzliche Diät, Training<br />

oder Ähnlichem. Ursache hierfür war die die seelisch gefühlte Leichtigkeit,<br />

die sich als Leichtigkeit auch im Körper manifestiert hat - als<br />

Gewichtsverlust.“<br />

Focusing lässt sich in ähnlicher Weise auf alle beruflichen Themen<br />

anwenden, in denen ein tiefer gehendes Forschen als das augenscheinlich<br />

Naheliegende gewünscht ist, oder wo ein körperlich spürbares oder<br />

in seinem Ausmaß unbekanntes gefühlsmäßiges Geschehen vorliegt,<br />

dessen Potenzial nutzbar gemacht werden soll.<br />

Focusing am Telefon ist also möglich. Auch Gendlin, der Begründer<br />

der Methode, arbeitet mit Focusing am Telefon – was viele, die sich in<br />

Focusing auszubilden beginnen, zunächst erstaunt. Bei näherer<br />

Betrachtung des Focusing-Ansatzes wird jedoch deutlich, dass keine<br />

Körperübungen oder -bewegungen durchgeführt und beobachtet werden<br />

müssen. Der Coach braucht den Klienten auch nicht zu berühren,<br />

um die Dynamik und die Selbstorganisationskräfte im Körper des<br />

Klienten nutzbar zu machen.<br />

Das Fehlen des visuellen Eindrucks beim <strong>Coaching</strong> am Telefon stellt<br />

demnach keine Einschränkung dar, weil Focusing auf die sachliche<br />

Formulierung der für den Coach sowieso visuell unsichtbaren Körperempfindungen,<br />

Gefühle und inneren Bilder des Klienten aufbaut, die<br />

sprachlich übermittelt werden.<br />

Für den erfahrenen Focusing-Anwender ist der telefonische Kontakt<br />

sogar von Vorteil, weil nichts Äußeres ablenkt und er direkt in die Welt<br />

des Kunden eintauchen kann. Im Focusing ist es wie in einem Tanz. Wir<br />

wissen nicht, was der nächste Schritt ist, zu dem uns der Klient führt.<br />

Doch sein Körper ist hier ein sehr klarer Spiegel. Er zeigt sehr deutlich,<br />

ob dieser Schritt zur Lösung (Entspannung) beiträgt oder ob das<br />

Gespräch in die falsche Richtung geht (Verspannung).<br />

248


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Auch Hinweise, die der Klient durch sein Atmen gibt, zum z. B. ein<br />

Aufatmen als Zeichen der Lösung einer körperlich-psychischen Blockade,<br />

können am Telefon gut gehört werden; ebenso auch eine Änderung<br />

des Tonfalls oder der Satzmodulation, die auf eine innere Bewegung,<br />

den felt shift, hinweisen, auf die der Coach beim Focusing besonders<br />

aufmerksam achtet.<br />

Das Telefon kann sogar den Einstieg in eine den meisten Menschen<br />

zunächst unbekannte Körperarbeit wie das Focusing erleichtern. Für<br />

Klienten, die im differenzierten Empfinden des eigenen Körpers und<br />

im Beschreiben ihrer Wahrnehmungen und Gefühle ungeübt sind,<br />

erleichtert es die visuelle Anonymität, sich auf diese neuen Erfahrungen<br />

einzulassen und unbeobachtet bei sich zu bleiben.<br />

Beim Focusing am Telefon kommt es hauptsächlich auf dieselben,<br />

vom Visuellen unabhängigen Fähigkeiten und Qualitäten des Coachs<br />

an wie im Präsenz<strong>Coaching</strong>: seine Fähigkeit zur Empathie, seine<br />

Bereitschaft, sich dem Klienten aktiv zur Seite zu stellen und dabei die<br />

Übersicht über den Prozess zu wahren. Nicht zuletzt ist seine Angstfreiheit<br />

vor jedem möglicherweise aufkommenden Thema wesentliche<br />

Voraussetzungen für eine konstruktive Zusammenarbeit.<br />

EDxTM TM – Meridiane als Kompass zur Lösung<br />

Diese von Fred Gallo entwickelte Methode wird im Deutschen auch<br />

als energetische Psychologie oder Klopfakupressur bei emotionalem Stress<br />

bezeichnet. Die Methode ist eine Kombination aus Elementen der<br />

Kinesiologie (Muskeltests), des NLP, der Hypnotherapie, der Akupressur,<br />

der Meridiantherapie (TFT TM ) nach Roger J. Callahan und der<br />

Emotional Freedom Techniques (EFT TM ) nach Gary Craig. Die Methode,<br />

ursprünglich als Psychotherapie entwickelt, wird in Beratung, Pädagogik,<br />

Karriereberatung, <strong>Coaching</strong>, physischer Gesundheit, Schmerzbehandlung,<br />

Sport, Höchstleistung und Selbstmanagement eingesetzt. 87<br />

87 Gallo/ Vicenzin (2007), www.energypsych.com.<br />

249


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

EDxTM TM beruht auf dem Zusammenspiel des menschlichen Energiesystems<br />

mit bewussten und unbewussten kognitiven Prozessen,<br />

Verhalten und Gesundheit. Diese Systeme beinhalten die elektrischen<br />

Aktivitäten des Nervensystems, des Herzens, der Meridiane, von Biophotonen<br />

88 und biologischen Feldern 89 . Zum Einsatz kommen neben<br />

klassischen Elementen wie Zuhören, Rapport, Gespräch, weitere<br />

Elemente, die die energetischen Aspekte eines Problems adressieren.<br />

Dies sind z. B. die emotionale Einstimmung auf das Problem,<br />

Visualisierung, Affirmationen, das Ausdrücken von Absichten und<br />

unbegründeten Behauptungen, kinesiologisches Muskeltesten 90 , das<br />

Stimulieren von Meridianpunkten durch Klopfen, Massieren oder<br />

Halten 91 .<br />

Eine EDxTM TM -Intervention läuft im Prinzip so ab: Dem Klienten<br />

werden die Methode und das kinesiologische Muskeltesten erklärt.<br />

Über den Muskeltest wird ermittelt, ob es generelle Störungen im<br />

energetischen System des Klienten gibt (eine so genannte<br />

neurologische Desorganisation und / oder psychologische Umkehrung).<br />

Diese werden – so vorhanden – durch bestimmte Körperübungen<br />

und Klopfen bestimmter Meridanpunkte behoben. Der<br />

Klient stimmt sich auf das Problem ein und gibt seinen subjektiven<br />

Stresslevel auf einer Skala von 1 bis 10 an. Über weitere Muskeltests<br />

und Tests der Alarmpunkte der Meridiane wird ermittelt, in welchen<br />

88 Biophotonen ist ein in der Biophysik und Alternativmedizin genutzter Begriff für<br />

diejenigen Lichtquanten, die ein Teil der ultraschwachen Photonenemission<br />

biologischer Herkunft sind. Die hier gemeinte Strahlung unterscheidet sich von der<br />

Biolumineszenz durch ihre um mehrere Größenordnungen geringere Intensität und<br />

durch ihre sehr geringe Quantenausbeute (http://de.wikipedia.org/wiki/-<br />

Biophotonen).<br />

89 Biologische Felder wird hier synonym zum Begriff morphische Felder genutzt. Der<br />

britische Biologe Rupert Sheldrake postuliert ein hypothetisches Feld, das als<br />

formbildende Verursachung für die Entwicklung von Strukturen sowohl in der<br />

Biologie, Physik, Chemie, als auch in der Gesellschaft verantwortlich sein soll. Von<br />

der großen Mehrheit der Naturwissenschaftler wird die Hypothese als<br />

pseudowissenschaftlich abgelehnt, eine Minderheit fordert die wissenschaftliche<br />

Überprüfung der Hypothese. Auch einige Vertreter der Sozialwissenschaften und<br />

der Gestalttherapie haben die Hypothese ernsthaft diskutiert<br />

(http://de.wikipedia.org/wiki/Morphisches_Feld).<br />

90 Siehe Erläuterung zum kinesiologischen Muskeltest S. 219.<br />

91 http://www.energypsych.com<br />

250


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

Meridianen in Zusammenhang mit dem adressierten Problem eine<br />

energetische Störung vorliegt. Der Klient stimuliert durch Klopfen,<br />

Massieren oder Halten den oder die Behandlungspunkte der beteiligten<br />

Meridiane. Das subjektive Stresslevel wird nochmals getestet. In der<br />

Regel sinkt es rasch durch die Intervention. Passiert dies nicht, wird das<br />

Klopfen abgewechselt mit Übungen zum Stimulieren und<br />

Synchronisieren beider Gehirnhälften und dem Verwenden positiver,<br />

auf das Problem bezogener Affirmationen. Hat der subjektive<br />

Stresslevel den Wert 0 erreicht, lässt man den Klienten das Ergebnis in<br />

die Zukunft projizieren. Er visualisiert ein anderes Verhalten für die<br />

Problemsituation in der Zukunft und skaliert, wie sicher er ist dieses<br />

Verhalten tatsächlich zu zeigen. Ist er noch nicht ausreichend sicher,<br />

wird die Intervention fortgesetzt, z. B. mit der Suche nach weiteren<br />

beteiligten Meridianen oder auch neu aufgetauchten, mit dem Problem<br />

in Zusammenhang stehenden Aspekten. 92<br />

Es ist ein großer Vorteil dieser Methode, dass sie leicht zu erlernen<br />

ist. Die Klienten können sie selbständig zwischen zwei <strong>Coaching</strong>-Sessions<br />

anwenden, sollte ein Problem doch noch einmal aufflackern, was<br />

jedoch selten eintritt. Ein allgemeines, leicht zu erlernendes Klopfprotokoll<br />

93 gegen Stress kann der Klient jederzeit selbst einsetzen.<br />

Wie wird bei EDxTM TM am Telefon vorgegangen? 94<br />

Am Telefon entfällt der manuelle Muskeltest, mit dem zu Beginn der<br />

Intervention generelle energetische Störungen und die beteiligten<br />

Meridiane ermittelt werden. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten dieses<br />

zu kompensieren. Am Telefon empfiehlt es sich, mit einem allgemeinen<br />

Protokoll, das auf die Stressreduktion abzielt und für sehr viele<br />

Arten von Problemen geeignet ist, zu beginnen. Sodann gibt es<br />

spezifische Protokolle, die dem Beseitigen bestimmter Emotionen, wie<br />

z. B. Ärger, Frustration, Angst etc. und körperlicher Symptome, wie<br />

92 Gallo (2006).<br />

93 Protokoll bedeutet in diesem Kontext eine bestimmte Abfolge von zu klopfenden<br />

Meridianpunkten.<br />

94 Die nachfolgende Beschreibung beruht auf Gallo (2006).<br />

251


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Vom Sehen zum Hören – Methodentransfer<br />

__________________________________________________<br />

z. B. Schmerzen, Erschöpfung, Jetlag etc. dienen. 95 Anhand der<br />

Problemschilderung entscheidet der Coach, mit welchem Protokoll<br />

begonnen wird und benutzt bei ausbleibender Wirkung eine andere<br />

Punkteserie. Des Weiteren sind den Meridianen bestimmte positive<br />

und negative Emotionen zugeordnet, z. B. dem Magenmeridian u. a.<br />

Angst und Enttäuschung sowie Zufriedenheit und Ruhe. Aus der<br />

Problemschilderung des Klienten und den darin auftauchenden<br />

Emotionen schlussfolgert der Coach, welche Meridiane beteiligt sein<br />

könnten. Die entsprechenden Behandlungspunkte werden vom<br />

Klienten geklopft. Wichtig ist, dass sich der Coach bei seiner<br />

Entscheidung, wie er vorgeht, nicht nur von seinem Wissen über die<br />

Meridiane, sondern auch von seiner Intuition leiten lässt. Laut Gallo<br />

kann es dazu hilfreich sein, sich den Klienten als inneres Bild mit allen<br />

Alarmpunkten vorzustellen. Mit wachsender Erfahrung mit der<br />

Methode wächst auch das intuitive Gespür für die relevanten<br />

Behandlungspunkte. Bleibt der Prozess stecken (erkennbar daran, dass<br />

das Stresslevel des Klienten nicht komplett zu reduzieren ist), werden<br />

Sequenzen zum Beseitigen genereller energetischer Störungen<br />

angewendet.<br />

Meine eigenen Erfahrungen mit der Methode zeigen, dass bereits mit<br />

dem allgemeinen Protokoll gegen Stress am Telefon gute Erfolge<br />

erzielt werden können.<br />

Fazit<br />

Am Telefon muss der Coach dem Klienten die Lage der zu<br />

klopfenden Punkte anschaulich beschreiben, damit er sie lokalisieren<br />

kann. Zur Unterstützung erhält der Klient vorab per E-Mail ein Bild<br />

oder eine graphische Darstellung zur Lage der Meridianpunkte. Der<br />

TeleCoach klopft parallel zum Klienten – genau wie im Präsenz-<br />

<strong>Coaching</strong> – selbst die entsprechenden Punkte. So stellt er guten<br />

Rapport her und gibt die Geschwindigkeit für den Wechsel der Punkte<br />

vor. Ggf. dauert die gesamte Prozedur etwas länger als im<br />

95 Gallo (2008).<br />

252


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht<br />

__________________________________________________<br />

Präsenz<strong>Coaching</strong>, da das genaue Austesten der Meridianpunkte nicht<br />

möglich ist. Im Vergleich zu den beim Präsenz<strong>Coaching</strong> anfallenden<br />

Reisezeiten ist dies ein geringer in Kauf zu nehmender Nachteil.<br />

Zudem bekommt der Klient eine Methode an die Hand, mit der er sich<br />

selbst helfen kann.<br />

Tipps und Tricks –<br />

Methodentransfer leicht gemacht<br />

In den vorangegangenen Kapiteln haben wir – was den Methodentransfer<br />

auf das Telefon angeht – gemeinsam steigende Schwierigkeitsstufen<br />

genommen. Der Transfer von sprachlichen Interventionen ist<br />

dabei mit Sicherheit der leichteste Schritt, fordert allerdings vom Coach<br />

in besonderer Weise einfühlendes Zuhören und eine bildhafte, klare<br />

Sprache. Bereits auf dieser Stufe der sprachlichen Interventionen<br />

eröffnet das Telefon ganz neue Erfahrungsräume, wie z. B. einen<br />

Appreciative Inquiry-Prozess am Telefon zu gestalten. Oder mit The Work<br />

täglich daran zu arbeiten, eingefahrene hinderliche Denkstrukturen zu<br />

verändern.<br />

Der große Schritt ins Neuland ergibt sich für die meisten Coachs und<br />

Klienten, wenn wir die im weitesten Sinne körperorientierten Methoden<br />

auf das Telefon übertragen. Am Beispiel der Aufstellungen wird<br />

deutlich, wie mit Kreativität und Einfallsreichtum vielfältige Arbeitsweisen<br />

für das Telefon kreiert werden können. Sie reichen von rein<br />

imaginativer Arbeit, über Unterstützung durch Stift und Papier, dem<br />

Nutzen von Bodenankern oder Figuren bis hin zur Softwareunterstützung.<br />

Focusing ist ein Beispiel dafür, dass weniger manchmal mehr sein<br />

kann. Manchem Klienten gelingt es am Telefon leichter, sich auf seinen<br />

Körper und dessen Signale einzulassen, gerade weil ihm keiner<br />

zuschaut. Besonders für Männer tun sich hier neue Erfahrungsräume<br />

auf, die im Präsenz<strong>Coaching</strong> für sie sehr viel schwerer zu erschließen<br />

sind.<br />

253


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht<br />

__________________________________________________<br />

Zu jeder der vorgestellten Methoden wurde bereits im vorangehenden<br />

Kapitel herausgearbeitet, worauf es ankommt, was zu beachten ist<br />

und wo vielleicht auch Grenzen sind. Nachfolgend tragen wir zusammen,<br />

was wir aus diesen Erkenntnissen an allgemeinen Schlussfolgerungen<br />

für einen Methodentransfer auf das Telefon ziehen können.<br />

Bei der Übertragung von Methoden auf das Telefon gibt es zwei<br />

Gruppen von Aspekten: Die eine bezieht sich auf den Coach selbst, bei<br />

der zweiten handelt es sich um praktische Tipps.<br />

Bezogen auf den Coach sind die nachfolgenden Hinweise für einen<br />

Methodentransfer aufgrund unserer Erfahrungen wichtig. Uns ist dabei<br />

bewusst, dass manches davon auch für das Präsenz<strong>Coaching</strong> gilt.<br />

• Lernen Sie Ihren Klienten zunächst in einigen Tele<strong>Coaching</strong>-Sitzungen<br />

kennen, bevor Sie mit komplexeren Methoden arbeiten.<br />

• Tasten Sie sich schrittweise an das Tele<strong>Coaching</strong> heran. Beginnen<br />

Sie mit sprachlichen Interventionen, mit denen sie sich wohl und<br />

sicher fühlen.<br />

• Verwenden Sie komplexe Methoden erst dann, wenn Sie deren<br />

Ablauf sicher beherrschen.<br />

• Nehmen Sie zunächst solche Methoden zum Transferieren, mit<br />

denen Sie am liebsten arbeiten.<br />

• Vertrauen Sie sich selbst als Coach! Wenn Sie selbst überzeugt<br />

sind von dem, wozu Sie Ihren Klienten am Telefon einladen,<br />

wird es auch Wirkung entfalten. Ggf. können Sie beim Einsetzen<br />

neuer Methoden explizit die Zustimmung Ihres Klienten einholen,<br />

ihn bewusst zu einer neuen Erfahrung oder einem Experiment<br />

einladen. Damit befreien Sie sich vom Erfolgsdruck.<br />

• Wenn Sie eine Methode auf das Telefon übertragen, gibt es häufig<br />

verschiedene Möglichkeiten, wie Sie am Telefon arbeiten<br />

können. Das Beispiel der Aufstellungen im vorherigen Kapitel<br />

zeigt Ihnen, wie Sie variantenreich vorgehen können. Wählen Sie<br />

die Variante, die den bevorzugten Sinneskanälen Ihres Klienten<br />

entspricht (visuell, auditiv, kinästhetisch). Seien Sie dabei flexibel.<br />

254


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht<br />

__________________________________________________<br />

Wenn der Klient zu einer Variante keinen Zugang findet, versuchen<br />

Sie etwas Anderes. Allerdings ist wichtig, dem Klienten ausreichend<br />

Zeit zu geben, sich hineinzufinden in das, was Sie ihm<br />

vorschlagen. Bedenken Sie, auch er bewegt sich vermutlich im<br />

Neuland.<br />

• Vermuten Sie bei einem bestimmten Thema eines Klienten ein<br />

Trauma, prüfen Sie die Frage, ob das Thema in die Hände eines<br />

Therapeuten gehört. In jedem Fall sollten Sie Ihren Klienten darauf<br />

hinweisen, dass für sein Problem ggf. eine Psychotherapie<br />

und nicht ein <strong>Coaching</strong> angemessen ist.<br />

Praktische Tipps für das Tele<strong>Coaching</strong><br />

• Vereinbaren Sie mit Ihrem Klienten einen akustischen Feedback-<br />

Prozess insbesondere dann, wenn Sie ihn in eine Tiefenentspannung<br />

oder Phantasiereise begleiten.<br />

• Bei Methoden wie dem Inneren Team, The Work, EDxTM TM etc. ist<br />

es hilfreich, dem Klienten vorab eine Instruktion, das Arbeitsblatt<br />

oder eine Abbildung der Behandlungspunkte zu schicken.<br />

• Wollen Sie mit Ihrem Klienten gemeinsam ein Dokument über<br />

das Internet bearbeiten, bereiten Sie dies vor und machen Sie sich<br />

mit der Programm-Software vorher vertraut.<br />

• Falls Sie am Telefon parallel Notizen am Computer machen, sollten<br />

Sie dies nur tun, wenn es nicht zu viel Ihrer Aufmerksamkeit<br />

bindet. Persönlich lasse ich selbst im Präsenz<strong>Coaching</strong> den Stift<br />

ruhen, wenn es gilt, den Klienten durch einen intensiven Prozess<br />

zu begleiten. Nur so bin ich mit meiner ganzen Wahrnehmung<br />

bei ihm.<br />

• Für alle Methoden, bei denen sich der Klient im Raum bewegt,<br />

benötigt er ein mobiles Telefon, möglichst mit Headset und am<br />

Gürtel hängend.<br />

• Wenn Sie Ihren Klienten, z. B. beim Arbeiten mit dem Körper,<br />

gezielt Körperteile berühren lassen, tun Sie dies parallel selbst<br />

255


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht<br />

__________________________________________________<br />

auch, um sich gut einfühlen zu können in das, was der Klient<br />

Ihnen schildert.<br />

• Fragen Sie Ihren Klienten konkret nach einem sicheren Ort, an<br />

dem er sich geborgen, wohl und sicher fühlt. Finden Sie heraus,<br />

wie der Klient sich gut und schnell innerlich an diesen Ort begeben<br />

kann und Sie ihn unterstützen können, in den entsprechenden<br />

ressourcevollen Zustand zu gehen.<br />

• Gerät der Klient in einen schlechten Zustand und Sie haben den<br />

Eindruck, es wäre gut die Intervention zu beenden, so können<br />

Sie den Klienten an seinen sicheren Ort begleiten, so dass er<br />

wieder in einen guten Zustand findet. Sollte das nicht reichen,<br />

lassen Sie ihn aufstehen, den Platz wechseln, sich ausschütteln,<br />

sich mit den Händen abklopfen oder fragen Sie ihn nach etwas<br />

ganz Anderem.<br />

Abschließender Blick auf die Anfangshypothese<br />

„Die einzige Grenze des Tele<strong>Coaching</strong>s ist die Beschränkung des<br />

Coachs, der seine Methoden nicht transferieren und an die besonderen<br />

Gegebenheiten des Telefons anpassen kann.“<br />

Mit den vielfältigen Beispielen des Methodentransfers haben wir zeigen<br />

können, dass unsere Hypothese in der Praxis des Tele<strong>Coaching</strong>s<br />

ihre Bestätigung findet, dass das Nicht-Sehen zu kreativen Weiterentwicklungen<br />

bewährter Methoden einlädt und sogar ganz neue Möglichkeiten<br />

eröffnet, die Vorteile gegenüber dem Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

haben. Verdeutlicht haben wir dies am Beispiel eines Appreciative Inquiry<br />

Gruppenprozesses und des Focusings.<br />

Wir hoffen, dass Sie, lieber Leser, sich jetzt ermuntert fühlen –ob Sie<br />

nun Personalentwickler, Coach oder Klient sind – die methodischen<br />

Möglichkeiten des Tele<strong>Coaching</strong>s auszuprobieren. Bitte bedenken Sie<br />

dabei: Wie auch im Präsenz<strong>Coaching</strong> kommt es am Telefon nicht darauf<br />

an, bestimmte Anleitungen für Interventionen präzise wie eine<br />

chemische Syntheseanleitung durchzuführen. Betrachten Sie es wie ein<br />

Kochrezept – variieren Sie die Zutaten gemäß Ihrer Intuition und dem<br />

256


IV <strong>Coaching</strong> unlimited –Interventionen und Methoden am Telefon (Maren Kaiser)<br />

Tipps und Tricks – Methodentransfer leicht gemacht<br />

__________________________________________________<br />

vermuteten oder bekannten Geschmack Ihres Klienten. Solange Sie<br />

gewisse Grundregeln beachten, wie z. B. die Pfanne nicht überhitzen<br />

oder Salz und scharfe Gewürze mit Fingerspitzengefühl verwenden,<br />

wird Ihr Gericht gelingen, sprich: Es gibt eine Entwicklung und ein<br />

Ergebnis für Ihren Klienten.<br />

Houston,<br />

wir haben<br />

ein Problem!<br />

Jungs, kommt<br />

einfach vorbei,<br />

dann können wir<br />

alles persönlich<br />

besprechen.<br />

257


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

V Best practice –<br />

Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Wie beim Präsenz<strong>Coaching</strong> entscheiden Auftraggeber und Klienten<br />

über den Erfolg eines Tele<strong>Coaching</strong>s. Hier lesen Sie über Erfahrungen,<br />

die Klienten, Auftraggeber und Coachs mit Tele<strong>Coaching</strong> in Einzelund<br />

Gruppen-Formaten gemacht haben.<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

Pilotstudie Tele<strong>Coaching</strong> –<br />

18 Probanden geben Feedback<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Der systematische Einsatz des Telefons als <strong>Coaching</strong>-Instrument<br />

erfolgte bei BORA International seit 2007 zunächst als Begleitung von<br />

Seminarformaten. Die Begegnung des Seminarteilnehmers mit seinem<br />

künftigen Telefon-Coach, der zugleich auch Seminarleiter war, stand<br />

am Anfang. Im Sinne des in diesem Buch vertretenen Paradigmenwechsels<br />

fehlte bis dahin der Nachweis, dass eine erfolgreiche<br />

<strong>Coaching</strong>-Arbeit auch ohne ein vorheriges persönliches Zusammentreffen<br />

zwischen Coach und Klient möglich ist. In diesem Zusammenhang<br />

entstand der Gedanke, diesen Nachweis im Rahmen einer Pilotstudie<br />

zu erbringen. Design und Ergebnis der im Mai 2007 durchgeführten<br />

Pilotstudie werden in diesem Abschnitt vorgestellt.<br />

258


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Fragestellung<br />

Die Studie sollte Antworten auf folgende Fragen liefern: Inwieweit<br />

kann über das Telefon<br />

• …eine belastbare Vertrauensbasis zwischen Coach und Klient<br />

entstehen?<br />

• …ein adäquates Verständnis von der Problemsituation des Klienten<br />

gewonnen werden?<br />

• …ein positives und konstruktives Gesprächsklima erzeugt werden?<br />

• …dem Klienten durch den Coach effizient eine relevante Hilfestellung<br />

zuteil werden?<br />

Dieser Nachweis sollte im Rahmen der Pilotstudie auf Basis eines<br />

einstündigen einmaligen <strong>Coaching</strong>-Gesprächs erbracht werden. Dabei<br />

sollten Coach und Klient erstmalig am Telefon zusammenkommen,<br />

um eine Vertrauensbasis herzustellen, die Problemstellung zu<br />

erarbeiten und durch erste Interventionen seitens des Coachs einen<br />

relevanten Nutzen für den Klienten zu stiften.<br />

Methode und Vorgehen<br />

Die Teilnehmer an der Pilotstudie wurden durch Direktansprache<br />

von Mitgliedern der Netzwerkplattform Xing 96 gewonnen. Mitglieder,<br />

die dort in ihrem Profil unter „Ich suche“ eine „neue Herausforderung“<br />

angegeben hatten, wurden gezielt per E-Mail angesprochen.<br />

Diesen Mitgliedern wurde angeboten, eine Stunde Tele<strong>Coaching</strong> gegen<br />

eine anschließende Evaluierung kostenfrei zu erhalten. Alle weiteren<br />

Kontakte zu den Teilnehmern im Vorfeld des <strong>Coaching</strong>s (z. B. zur<br />

Terminvereinbarung) erfolgten per E-Mail. Die Teilnehmer hatten die<br />

Möglichkeit, sich im Vorfeld anhand der BORA Website über Dienstleistungen,<br />

Gesprächspartner und Referenzen eingehend zu informieren.<br />

96 www.xing.com.<br />

259


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Zu Beginn des Gesprächs wurde dem Teilnehmer Gelegenheit gegeben,<br />

Fragen zu Person und Vorgehen zu stellen. Der Teilnehmer<br />

wurde ermuntert, sein Gesprächsanliegen vorzutragen. Durch Mitteilung<br />

des Teilnehmers sowie gezielte Fragen seitens des Coachs ging es<br />

darum, ein gemeinsames Verständnis der Problemlage zu gewinnen. In<br />

der zweiten Hälfte des Gesprächs ging es um die Erarbeitung von<br />

Möglichkeiten für einen konstruktiven Umgang mit der Herausforderung.<br />

Die Ergebnisse wurden zusammengefasst und das weitere Vorgehen<br />

in Bezug auf die Evaluation besprochen. Nach dem Gespräch<br />

erhielt der Teilnehmer den Evaluierungsbogen per E-Mail zugeschickt<br />

mit der Bitte um zeitnahe Rücksendung.<br />

Die Evaluierungs-Fragen<br />

Dem <strong>Coaching</strong>-Teilnehmer wurden folgende Fragen zur Bewertung<br />

anhand von Schulnoten (1 sehr gut bis 5 mangelhaft) vorgelegt:<br />

• Haben Sie Vertrauen zu dem Berater fassen können?<br />

• Haben Sie sich verstanden gefühlt?<br />

• Wie beurteilen Sie das Gesprächsklima?<br />

• Wurde die verfügbare Zeit effizient genutzt?<br />

• Hat Ihnen das Gespräch weitergeholfen?<br />

Jede Bewertung konnte sowohl einzeln als auch in einer Gesamtbewertung<br />

zusammengefasst und kommentiert werden. Am Ende des<br />

Fragebogens war Raum für Verbesserungsvorschläge und für die Formulierung<br />

einer persönlichen Referenz.<br />

Ergebnisse<br />

Der Auswertung liegen die schriftlichen Beurteilungen von insgesamt<br />

18 Teilnehmern zugrunde.<br />

260


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Übersicht Teilnehmerbewertungen nach Kategorien<br />

Vertrauen Verstehen Atmosphäre Effizienz Nutzen Gesamt<br />

27% 28%<br />

22%<br />

30%<br />

17%<br />

11%<br />

Sehr gut<br />

gut<br />

befriedigend<br />

ausreichend<br />

40%<br />

55%<br />

72%<br />

50% 61%<br />

53%<br />

33%<br />

22%<br />

22%<br />

17% 17%<br />

17%<br />

6%<br />

Abbildung 12: Ergebnisse Pilotstudie Tele<strong>Coaching</strong><br />

• 67 Prozent der Teilnehmer haben gut (40%) bis sehr gut (27%)<br />

Vertrauen zum Berater fassen können. 33 Prozent bewerten<br />

dieses Kriterium mit befriedigend.<br />

• 78 Prozent der Teilnehmer haben sich gut (50%) bis sehr gut<br />

(28%) verstanden gefühlt. 22 Prozent bewerten dieses Kriterium<br />

mit befriedigend.<br />

• 83 Prozent der Teilnehmer bewerten die Gesprächsatmosphäre<br />

als gut (61%) bis sehr gut (22%). 17 Prozent bewerten dieses<br />

Kriterium mit befriedigend.<br />

• 83 Prozent der Teilnehmer bewerten die Zeit-Effizienz als gut<br />

(53%) bis sehr gut (30%). 17 Prozent bewerten dieses Kriterium<br />

mit befriedigend.<br />

• 72 Prozent der Teilnehmer bewerten den Nutzen des Gesprächs<br />

als gut (55%) bis sehr gut (17%). Ein Teilnehmer (6%) bewertet<br />

den Nutzen nur als ausreichend, alle übrigen (22%).<br />

261


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

• 83 Prozent der Teilnehmer bewerten das Tele<strong>Coaching</strong> insgesamt<br />

als gut (72%) bis sehr gut (11%). Zwei Teilnehmer (11%) bewerten<br />

mit gut-befriedigend und nur einer (6%) mit befriedigend.<br />

Aussagen zur Frage: Haben Sie Vertrauen zu dem Berater<br />

fassen können?<br />

„Überraschend schnell.“ (Rainer K.)<br />

„Ja, zu keiner Zeit Vorbehalte gehabt.“ (Frederik H.)<br />

„Holte mich sehr gut ab.“ (Ferdinand F.)<br />

„Ich hatte keine Schwierigkeiten mich zu öffnen.” (Dieter B.)<br />

“Im Laufe des Gespräches konnte zunehmendes Vertrauen aufgebaut<br />

werden.” (Jürgen T.)<br />

“Sehr offen und direkt.” (Mick H.)<br />

Aussagen zur Frage: Haben Sie sich verstanden gefühlt?<br />

„In Anbetracht der relativ kurzen Zeit ist das nur eingeschränkt<br />

möglich.” (Rainer K.)<br />

“Ja, aber ein persönliches Gespräch hat mehr Aussagekraft.“<br />

(Frederik H.)<br />

“Ja, Sie haben meine Gedanken aufgegriffen und weiterentwickelt,<br />

um Lösungsansätze anbieten zu können.” (Dieter B.)<br />

“Meine Hinweise wurden aufgenommen und gut in die weitere<br />

Gesprächsführung eingebunden.“ (Jürgen T.)<br />

„Sehr gute Intuition und viel Erfahrung beim Berater.” (Mick H.)<br />

Aussagen zur Frage: Wie beurteilen Sie das Gesprächsklima?<br />

„Sehr angenehm, allerdings ist die „Qualität“ der Verbindung durch<br />

Skype eingeschränkt.“ (Rainer K.)<br />

„Ruhig, sachlich, zielgerichtet.“ (Frederik H.)<br />

„Sachlich, konstruktiv.” (Karsten S.)<br />

“Die Atmosphäre war offen und verständnisvoll.” (Dieter B.)<br />

“Ein persönlicher Erstkontakt würde sich auf die späteren Telefontermine<br />

sicher positiv bzgl. Vertrauen und Gesprächsklima<br />

auswirken.“ (Martin G.)<br />

262


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

„Angenehmes, ruhiges und zielorientiertes Gesprächsklima.” (Jürgen<br />

T.)<br />

“Guter und aktiver Zuhörer.” (Mick H.)<br />

“Die Tonqualität war zwischendurch nicht so gut. Wahrscheinlich<br />

wegen VOIP (Internet-Telefonie)“ (René F.)<br />

„Telefon ist distanziert.” (Thomas B.)<br />

Aussagen zur Frage: Wurde die verfügbare Zeit effizient<br />

genutzt?<br />

„Ja, leider kurze Unterbrechungen durch mich verursacht.”<br />

(Frederik H.)<br />

“Mehr war wohl nicht machbar.” (Dieter B.)<br />

“In Anbetracht des Zeitraumes von ca. 1h konnten m. E gute<br />

Ergebnisse erzielt werden.” (Jürgen T.)<br />

“Zu keinem Zeitpunkt in dem Gespräch hatte ich einen gehetzten<br />

Eindruck. Die Nutzung der Zeit war optimal.” (Mick H.)<br />

Aussagen zur Frage: Hat Ihnen das Gespräch weitergeholfen?<br />

„Jein: Richtungshilfe wurde gegeben, den Weg zum Ziel muss aber<br />

jeder selber finden und gehen.“ (Frederik H.)<br />

„Ansatzweise schon.” (Dieter B.)<br />

“Sehr.” (René F.)<br />

“Ich gewann in Teilen neue Perspektiven, die ich in meine weiteren<br />

Überlegungen einbeziehen kann.” (Jürgen T.)<br />

“Ja, ich bin mir jetzt sicher, das ich ein persönliches <strong>Coaching</strong><br />

benötige.“ (Mick H.)<br />

„Ich hätte mir in dem Gespräch gewünscht, dass wir mehr auf<br />

meinen Lebenslauf eingegangen wären.” (Stefan G.)<br />

“Ja. Auf jeden Fall hat es mir zwei Dinge klar gemacht: Meine<br />

Wettbewerbssituation und die Begrenzungen, die mir mein Ausbildungshintergrund<br />

auferlegt. Vielen Dank dafür schon einmal!”<br />

(Karsten S.)<br />

Aussagen Gesamtbewertung<br />

„Ich fand es schon bemerkenswert, wie schnell Sie sich in meine<br />

Situation ‚hineingefühlt’ und die Kernregion meiner Angelegenheit<br />

263


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

berührt haben. In der Kürze der Zeit war meiner Ansicht nach nicht<br />

mehr realisierbar.” (Dieter B.)<br />

“Es ist sehr interessant und anregend für mich gewesen. Habe viele<br />

neue Denkanreize erfahren, die mir persönlich gar nicht bewusst<br />

waren.” (René F.)<br />

“Positiv aufgefallen ist das schnelle Hineindenken des Beraters in<br />

meine berufliche Situation, die angewandte Mischung aus Methodik<br />

und Fachkompetenz.“ (Martin G.)<br />

„Innerhalb von 60 Minuten am Telefon eine produktive, effektive<br />

und Ergebnisse liefernde Beratung durchzuführen ist sehr schwierig.<br />

Der Berater schafft diesen Klimmzug spielend. Die<br />

Gesprächsführung erfolgte zielgerichtet ohne dass dabei ein<br />

gehetzter Eindruck entstanden wäre. Ich war über die Ergebnisse des<br />

Gespräches positiv sehr überrascht – damit hatte ich nicht<br />

gerechnet.“ (Mick H.)<br />

„Ich habe versucht sehr knapp zu beschreiben wie meine ersten<br />

<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen waren: Verstanden wissen und fühlen.<br />

Gemeinsam Ziele aufstellen und selbst erreichen.“ (Wolfgang S.)<br />

„Insgesamt finde ich den Ansatz sehr interessant. Meiner Meinung<br />

nach sollten sich Arbeitnehmer viel intensiver mit der Thematik<br />

auseinandersetzen und die Zeit als Investition in ihren beruflichen<br />

Werdegang sehen. Allein schon Gedanken, die durch ein Gespräch<br />

angestoßen werden, können dazu beitragen, in der Zukunft<br />

erfolgreicher zu sein. Man wird befruchtet durch Sichtweisen/<br />

Meinungen anderer und stellt vielleicht Dinge, die bisher immer<br />

selbstverständlich waren, in Frage.“ (Claudio P.)<br />

„Der Coach schöpft aus viel praktischer Erfahrung und einem<br />

fundierten theoretischen Background. Dadurch ist seine Hilfe sehr<br />

pragmatisch, verständlich und auch umsetzbar. Vielen Dank.“<br />

(Thomas B.)<br />

Zusammenfassung<br />

Sofern der Beratungsrahmen (Beraterprofil, Thema und Konditionen)<br />

geklärt ist, wirkt das Telefon nicht als Bremse, sondern als<br />

Katalysator mit Blick auf die Öffnung des Teilnehmers. Teilweise<br />

wurden im Vorfeld sogar Lebensläufe von den Teilnehmern zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

264


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Fehlender Blickkontakt ist kein Hinderungsgrund für das Führen von<br />

konzentrierten <strong>Coaching</strong>-Gesprächen. Im Gegenteil: aller bloßen<br />

Inszenierung ist die Bühne entzogen.<br />

Innerhalb einer Stunde lässt sich die Problemlage herausarbeiten und<br />

ein erster Nutzen aus Sicht der Klienten erzielen. Durch ein erweitertes<br />

Zeitbudget könnte dieser Nutzen selbstverständlich noch erhöht<br />

werden: Zwei Teilnehmer haben sich entschlossen, den <strong>Coaching</strong>-<br />

Prozess fortzusetzen.<br />

Ein persönliches Kennenlernen im Vorfeld erleichtert dem Klienten<br />

den Gesprächseinstieg, ist jedoch keine Voraussetzung für ein<br />

erfolgreiches Tele<strong>Coaching</strong>.<br />

Sie klingen aber<br />

heute frisch<br />

frisiert, Frau<br />

TeleMayer<br />

265


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Unsichtbare Unterstützung bei der<br />

Unternehmensentwicklung –<br />

Erfahrungsbericht von Oliver Hauff<br />

Als Geschäftsführer der Hauff DruckArt GmbH habe ich 2008 über<br />

insgesamt sechs Monate hinweg (zweimal 3-Monats-Zyklen) Tele-<br />

<strong>Coaching</strong> in Anspruch genommen. Im Folgenden möchte ich einen<br />

Überblick über den Ablauf, die Problemstellung und die Ergebnisse<br />

geben.<br />

Ablauf<br />

Für die Teilnahme am Tele<strong>Coaching</strong> wurde ich mehr oder weniger<br />

zufällig akquiriert. Im Rahmen seiner eigenen Akquisebemühungen<br />

hatte mein Coach, der in unserer Branche bereits Trainings durchgeführt<br />

hatte, mich angerufen und nach meinem Interesse an einer solchen<br />

Möglichkeit gefragt. Nach Zusendung einiger Referenzunterlagen,<br />

in denen unter anderem Kollegen aus Unternehmen derselben Branche<br />

zitiert wurden, erkundigte ich mich dort nach den Erfahrungen mit<br />

dieser Form des Trainings im Allgemeinen und dem Mentor im<br />

Speziellen. Das positive Feedback und auch die grundsätzliche inhaltliche<br />

Sympathie der ersten beiden Telefonate mit dem Coach sowie die<br />

in unserem Haus vorhandenen Fragestellungen (siehe Problemstellung)<br />

veranlassten mich, den ersten begleitenden <strong>Coaching</strong>-Zyklus zu<br />

buchen.<br />

Mein Training erfolgte im 1:1-Gespräch über das Telefon zu vorher<br />

vereinbarten Zeiten. Im Regelfall wurde ich zu diesem Zeitpunkt von<br />

meinem Gesprächspartner angerufen. Darüber hinaus gab es auch<br />

Feedback per E-Mail durch meinen Coach oder ich konnte ihn per E-<br />

Mail kontaktieren. Ebenso gab es die Möglichkeit, bei kurzfristig<br />

auftauchenden Fragestellungen individuelle Telefonate zeitnah zu vereinbaren.<br />

Aber die Hauptarbeit wurde in den wöchentlich fix vereinbarten<br />

Telefonzeiten geleistet.<br />

266


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Der wöchentliche Rhythmus ist meines Erachtens eine gute Basis, da<br />

die Zeitabstände eine Reflektion des <strong>Coaching</strong>s ermöglichen, genug<br />

Zeit für die Umsetzungen und das Einholen von Feedback bis zum<br />

nächsten Telefontermin lassen. In meinem Fall, als Nachfolger in<br />

einem Familienunternehmen, konnte ich dadurch auch weitere Gespräche<br />

über das im <strong>Coaching</strong> besprochene mit den entsprechenden Familienmitgliedern<br />

im Unternehmen führen und so einen viele Aspekte<br />

beinhaltenden Meinungsbildungsprozess anstoßen.<br />

Die Telefonate waren auf die Dauer von einer Stunde angesetzt,<br />

dauerten aber häufig etwas länger. Dies stellte natürlich dann ein<br />

Problem dar, wenn der Coach einen Anschlusstermin hatte und eventuell<br />

dadurch der Gedankengang unterbrochen werden musste, um ihn<br />

dann kurzfristig etwas später wieder weiter zu führen. Andererseits ist<br />

die Begrenzung hilfreich, da sonst die Gefahr bestehen könnte, sich in<br />

einem Gedankengang zu sehr zu verstricken oder im Kreis zu drehen.<br />

Es war auch wichtig, sich nach einer Stunde auf die lessons learned bzw.<br />

die angestrebte Vorgehensweise bis zum nächsten Gespräch zu konzentrieren.<br />

Für mich war zudem wichtig, dass der vereinbarte Termin zu einem<br />

Tageszeitpunkt stattfand, an dem ich ungestört sein konnte (in meinem<br />

Fall früh morgens) und mich wirklich auf das <strong>Coaching</strong>-Gespräch konzentrieren<br />

konnte. Im Endeffekt wurde das auch von meinem Berater<br />

zu Recht verlangt.<br />

Zu Beginn der Zusammenarbeit wurden gemeinsam generelle<br />

Themengebiete abgesteckt, die der Mentor und ich über die Dauer<br />

dann abarbeiteten. Selbstverständlich ergaben sich aus der Situation<br />

heraus immer wieder individuelle Themengebiete, auf die dann ebenfalls<br />

eingegangen wurde.<br />

In den ersten zwei, drei Gesprächen musste man sich vielleicht auch<br />

noch ein wenig aneinander gewöhnen und die Regeln abstecken. Dann<br />

war die Gesprächsatmosphäre im Umgang locker, sachlich jedoch fordernd<br />

und hochinteressant.<br />

Im Regelfall erläuterte ich in einem Telefonat zunächst die Problemstellung<br />

aus meiner Sicht – häufig auch mit meinen Lösungsgedanken –<br />

267


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

und der Coach fragte zu seinem Verständnis an zentralen Punkten<br />

nach. Dabei offerierte bereits das Nachfragen Einblick in mögliche<br />

Ursachen der Problematik und neue Lösungsansätze. Im weiteren<br />

Verlauf bot der Mentor seine Sichtweise und seine Gedanken als Alternative<br />

oder Ergänzung an. Gegen Ende des Gesprächs wurden mögliche<br />

Vorgehensweisen und Aufgaben bis zum nächsten Termin diskutiert<br />

und festgelegt. In der jeweils nächsten Sitzung wurden diese Umsetzungen<br />

vom Coach nachgefasst und eventuelle Erkenntnisse flossen<br />

in die weiteren Gespräche ein.<br />

Am Ende des Gesprächszyklus wurden die Themengebiete rekapituliert<br />

und die Ergebnisse festgehalten. Darauf aufbauend erfolgte dann<br />

in meinem Fall ein weiterer Zyklus an dessen Ende die erfolgreiche<br />

Umsetzung der Themen stand.<br />

Problemstellung<br />

Die Druckbranche, in der sich unser Haus bewegt, wird von gewaltigen<br />

technischen Umbrüchen und einem durch ca. 30 Prozent Überkapazität<br />

am Markt verstärkten Wettbewerbsdruck gebeutelt. Um die<br />

eigenständige Überlebensfähigkeit unseres familiengeführten, mittelständischen<br />

Unternehmens in diesem Markt zu gewährleisten, hat die<br />

Geschäftsleitung eine Strategie, die auf einen starken Umbruch in der<br />

Kundenstruktur und damit in den Produkten sowie in den technischen<br />

Gegebenheiten im Haus setzt. Diese Strategie wurde gemeinsam mit<br />

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erarbeitet und ist in ihrer Gänze<br />

allen Beteiligten klar kommuniziert worden. Jedoch fühlten sich die<br />

Angestellten von den Ansprüchen teilweise überfordert und wussten<br />

nicht, so wurde von mir vermutet, wie dies umzusetzen wäre, obwohl<br />

vielfältige Schulungsmaßnahmen stattgefunden hatten.<br />

Daraufhin hatte die Unternehmensleitung selbst die Grundlagen für<br />

diesen Umbruch geschaffen. Die Umsetzung lastete auch in den<br />

Details stark auf mir persönlich. Ich war überzeugt, wenn ich es vorlebe,<br />

folgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach. Dem war nicht<br />

so. Die Widerstände wurden mit dem Erfolg der Strategie größer und<br />

ich ratloser. Wir hatten alle Instrumente der Führungskunst im Haus<br />

268


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

etabliert und dennoch hatte ich das Gefühl, bzgl. der Weiterentwicklung<br />

der Kolleginnen und Kollegen auf der Stelle zu treten.<br />

Im Endeffekt ging das <strong>Coaching</strong> darum, wie ich die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter dazu bewegen konnte, die erfolgreiche Strategie sich zu<br />

Eigen zu machen und engagiert weiterzuentwickeln.<br />

Ergebnisse<br />

Das <strong>Coaching</strong> erwies sich in vielerlei Hinsicht als erfolgreich. In der<br />

Tat führte mein eigenes Training bei mir zu dem Gedankengang, einigen<br />

meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenfalls für einen<br />

begrenzten Zeitraum einen externen Mentor zur Seite zu stellen. Insgesamt<br />

wurden bisher drei weitere Führungskräfte erfolgreich auf diese<br />

Weise geschult und persönlich wie beruflich positiv weiterentwickelt.<br />

In vielerlei Hinsicht ergaben sich wertvolle Ansatzpunkte durch die<br />

regelmäßigen Feedback-Gespräche mit meinem Gesprächspartner.<br />

Für mich war es enorm wichtig, den kritischen Blick auf mich selbst<br />

zu richten. Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird im Regelfall<br />

dem Chef nicht wirklich gesagt, was sie an seiner Kommunikationsweise<br />

oder Führungsweise stört. Mein Coach hatte da kein Problem<br />

damit.<br />

Während ich in der Vergangenheit häufig nach den Fehlern der<br />

Angestellten suchte und versuchte, mit diesen daran zu arbeiten, lernte<br />

ich nun, meine eigenen Fehler im Verhalten zu suchen, die zu entsprechenden<br />

Reaktionen bei den Angestellten führten. So konnte ich durch<br />

meine eigene Verhaltensänderung eine andere Reaktion bei den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern hervorrufen.<br />

Zusammen mit den bereits vorhandenen umfangreichen Führungsinstrumenten<br />

ergab sich innerhalb eines halben Jahres eine sehr dynamische<br />

Entwicklung, insbesondere auch dadurch, dass später die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, die selbst in den Genuss eines <strong>Coaching</strong>s<br />

kamen, ihrerseits einen gewissen Einstellungswandel vollzogen.<br />

269


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Das Ergebnis ist ein sehr motiviertes, selbständiges Team, dass<br />

bezüglich der Umsetzung unserer anspruchsvollen Strategie voll hinter<br />

dem Unternehmer steht und dies auch durch Taten beweist.<br />

Als Fazit lässt sich festhalten, dass sowohl mir persönlich, als auch<br />

dem Unternehmen mit seinem Personal das <strong>Coaching</strong> sehr gut getan<br />

hat. Bemerkenswert ist für mich dabei, dass dies übers Telefon auf eine<br />

Art und Weise möglich ist, die mich oder meine Mitarbeiter in keiner<br />

Weise in ihren täglichen Aufgaben unterbricht. Auch hat für die Vorbereitung<br />

einer Zusammenarbeit mit weiteren Personen im Unternehmen<br />

allein ein Gespräch zwischen mir und den Betroffenen genügt.<br />

Weder ich noch einer meiner Mitarbeiter haben den Coach je persönlich,<br />

also von Angesicht zu Angesicht kennen gelernt. Wir werden in<br />

der Zukunft sicherlich mit einer Mischung aus internem und externem<br />

<strong>Coaching</strong> an der Weiterentwicklung des Hauses arbeiten. Als besonders<br />

effektiv hat sich dabei das 1:1-Training per Telefon erwiesen. Die Tiefe<br />

und Individualität der Analyse der Fragestellungen ist hier besonders<br />

zielführend.<br />

Mein TeleCoach als zuverlässiger Begleiter –<br />

Erfahrungsbericht von Ulrich Haist<br />

Mein Name ist Ulrich Haist, ich bin 38 Jahre alt, verheiratet und habe<br />

zwei Kinder im Alter von ein und vier Jahren. Ich lebe zurzeit in der<br />

Nähe von Genf in der Westschweiz, und arbeite bei Cadbury Europe<br />

im Innovationsteam für Kaugummi und erfinde sozusagen neue Kaugummis.<br />

Es gab so manche Entwicklung während der letzten zwei Jahre, bei<br />

der mich das <strong>Coaching</strong> nicht nur unterstützt, sondern mir geholfen hat,<br />

meinen Weg zu finden, die für mich beste Wahl zu treffen und Schritte<br />

zu gehen, die mir ohne diese Arbeit wohl verwehrt geblieben wären.<br />

Hier ein kurzer Überblick:<br />

Meine ersten Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong> habe ich während eines<br />

dreimonatigen Seminars im Herbst 2007 gemacht. In dieser Zeit war<br />

270


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

wöchentlich eine Stunde telefonisches <strong>Coaching</strong> vorgesehen. Da diese<br />

Übung fester Baustein des Seminars war, habe ich wenig darüber nachgedacht,<br />

sondern habe mich einfach auf diese neue Erfahrung eingelassen.<br />

Da ich für das Seminar einmal die Woche von München nach<br />

Frankfurt musste - meine Frau war gerade in einer sensiblen Phase<br />

ihrer Schwangerschaft - und ich mich beruflich total eingespannt<br />

fühlte, war ich entschlossen, das Seminar kurz nach Beginn abzubrechen.<br />

Da erfuhr ich plötzlich durch das <strong>Coaching</strong> am Telefon eine so<br />

wertvolle Unterstützung und Verpflichtung für mich und meine Anliegen,<br />

was mir vorher völlig unbekannt war. Ich war nicht einfach nur<br />

ein Seminarteilnehmer (meine Gebühr hatte ich ja schon bezahlt), ich<br />

war Menschen so wichtig, dass diese alles in deren Möglichkeit stehendes<br />

taten, mich zu unterstützen. Das Seminar erwies sich für mich als<br />

voller Erfolg.<br />

Zeitgleich bahnte sich 2007 eine größere Veränderung in meinem<br />

Leben an. In dieser Zeit war ich Marketingmanager bei Wrigley.<br />

Allerdings hatte ich mich um einen Job in Lausanne in der Schweiz<br />

beworben, für den ich nach mehreren Interviewrunden auch den<br />

Zuschlag erhielt. Sollte ich diese Chance wahrnehmen, wohl wissend,<br />

dass damit viele Umwälzungen im privaten und beruflichen Bereich<br />

verbunden waren und dass die Firma, die mich einstellen wollte mit<br />

Gerüchten einer feindlichen Übernahme umrankt war? Sollte ich ein<br />

solches Risiko eingehen, obwohl meine Frau gerade zum zweiten Mal<br />

schwanger war? Was, wenn etwas schief gehen sollte? Die intensiven<br />

<strong>Coaching</strong>-Gespräche aus dieser Zeit haben mir geholfen den für mich<br />

besten Weg zu identifizieren, wie wir es damals ausgedrückt haben – im<br />

Nebel der Ungewissheit eine Wahl zu treffen, zu der ich stehe und der<br />

ich entschlossen folge. Also bin ich gesprungen und habe in der<br />

Schweiz unterschrieben mit dem Ziel, dort eine neue Existenz für<br />

unsere Familie aufzubauen, in einer Gegend, die wir lieben (meine Frau<br />

ist Französin) und in der wir unser Leben genießen wollen.<br />

Im folgenden Schritt musste ich mich dann erst einmal in einem ganz<br />

neuen Umfeld zurechtfinden. Andere Sprache, andere Firmenstruktur,<br />

andere Branche usw. Und, wie vermutet wurde die Firma tatsächlich<br />

nur zwei Monate nach meinem ersten Arbeitstag von einem größeren<br />

271


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Konkurrenten aufgekauft – genau an dem Tag als mein Möbelwagen<br />

aus München in der Schweiz ankam. Was war zu tun, wie konnte ich<br />

am Besten mit dieser für mich neuen Situation umgehen, wie das<br />

Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Unsicherheit und fortgeschrittener<br />

Schwangerschaft mit anstehender Geburt managen, dabei<br />

positiv und vorwärts denkend bleiben? Für mich war der Weg schnell<br />

klar und ich habe wieder einen dreimonatigen <strong>Coaching</strong>-Block bei<br />

meinem Coach gebucht. Wir haben zu dieser Zeit das 100 Prozent-<br />

Spiel zum Einsatz gebracht – jeden Tag 100 Prozent geben, privat und<br />

im Job, egal wie die Umstände sind. Wir haben dadurch nicht nur die<br />

berufliche Seite abgedeckt, sondern auch ganz wichtige Themen aus<br />

meinem Privatleben. Zum Beispiel haben wir es auch geschafft meine<br />

Angst vor der Geburt zu überwinden, so dass ich meiner Frau hilfreich<br />

zur Seite stehen konnte als unser Sohn Rafael zur Welt kam. Und<br />

schlussendlich konnte ich mir durch das <strong>Coaching</strong> einen Mindset<br />

kreieren der es mir ermöglicht hat, im Juli 2008 einen neuen Job im<br />

Innovationsteam bei Cadbury, einem multinationalen Konzerns zu<br />

ergattern und somit der Firmenschließung nach der Übernahme zu<br />

entgehen.<br />

Dann habe ich erst mal eine <strong>Coaching</strong>-Pause eingelegt, habe aber in<br />

dieser Zeit versucht, die Lehren aus den <strong>Coaching</strong>-Gesprächen für<br />

mich präsent zu halten. Kurz nach dem Einstieg in die neue Firma<br />

habe ich mich dann aber entschlossen, in einen neuen <strong>Coaching</strong>-Block<br />

zu investieren. Ich benutze ganz bewusst das Wort ‚Investition’ da ich<br />

es wirklich als solche sah. Mein Ziel war, einen perfekten Start im<br />

neuen Umfeld hinzulegen, da der neue Job eine große Chance, gleichzeitig<br />

aber auch eine gewaltige Herausforderung darstellte, noch verstärkt<br />

durch die Tatsache, dass mein Jüngster zu der Zeit den Tag-<br />

Nacht-Rhythmus noch nicht wirklich verstanden hatte.<br />

In dieser Phase habe ich die bisher wichtigsten Methoden aus dem<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess mitgenommen. Ich habe meine Organisation von<br />

einer simplen ToDo Liste auf Wochenpläne mit tagesgenauem Plan<br />

umgestellt. Ich habe mir einen Jahres- und einen Fünfjahresplan erarbeitet<br />

wie ich mein Leben gestalten will, und ich habe mich in Methoden<br />

wie Wertschätzung, Verstehen kommunizieren, ins Risiko gehen<br />

272


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

und Gefahr laufen auch einmal anzuecken (wir nannten es pragmatisch<br />

‚schlecht dastehen’) trainiert; immer das Ziel vor Augen zu einem<br />

unentbehrlichen Mitglied des Innovationsteams zu werden. Auf diese<br />

Weise konnte ich nicht nur zwei krisenbedingte Umstrukturierungen<br />

überstehen, sondern bin zwischenzeitlich auch als High-Potential bei<br />

Cadbury identifiziert und diskutiere mit meinen Vorgesetzten die<br />

nächsten anstehenden Karriereschritte.<br />

Nach einer längeren Sommerpause ohne <strong>Coaching</strong>, steige ich gerade<br />

wieder in ein dreimonatiges <strong>Coaching</strong>-Programm mit dem Ziel ein,<br />

weiter an Effizienz zu gewinnen, um neue Herausforderungen anzugehen<br />

(globale Innovations- und Strategieprojekte) und sie erfolgreich mit<br />

dem Team umzusetzen. Ich freue mich jetzt schon auf einen intensiven<br />

Prozess mit viel Lernpotenzial und auf die intensive Arbeit mit meinem<br />

Coach. Es bewegt sich etwas in mir und ich spüre schon jetzt wie neue<br />

Energie in mir aufsteigt. Vielleicht würde ich den Weg auch alleine<br />

gehen können, aber er macht mehr Spaß mit der Unterstützung durch<br />

den Coach.<br />

Fazit: Ich habe mir vor 2007 nie die Frage gestellt ob ich wohl einen<br />

Coach brauchen würde. Aus heutiger Sicht bedaure ich das, weil mir<br />

diese Arbeit in den letzten zwei Jahren ganz neue Horizonte geöffnet<br />

hat und mich als Mensch, Vater, Ehemann und Manager ganz erheblich<br />

weitergebracht hat.<br />

Selbst ist der Mensch –<br />

Erfahrungsbericht von Carsten Spillner<br />

Mein Name ist Carsten Spillner, ich bin verheiratet und habe zwei<br />

Kinder. Ich kenne meinen Coach schon seit mehreren Jahren und wir<br />

haben ein sehr intensives, spannendes und für mich neue Horizonte<br />

eröffnendes Jahr von <strong>Coaching</strong> am Telefon hinter uns. Ich kann vorweg<br />

sagen, dass dieses Jahr in meinem Leben sehr vieles in eine Richtung<br />

gelenkt hat, die ich mir vorher gar nicht vorstellen konnte. Diese<br />

Punkte werde ich im Folgenden näher erläutern.<br />

273


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

Ich hatte meinen Coach auf einem Seminar kennen gelernt, auf dem<br />

wir beide als Teilnehmer waren. Hier haben wir in diversen Partnerübungen<br />

zusammen gearbeitet und ich habe ihn sofort für seine Intuition,<br />

sein Einfühlungsvermögen und seine Fähigkeit, Dinge auf den<br />

Punkt zu bringen, schätzen gelernt.<br />

Nach dem Seminar kamen wir ins Gespräch, in dem er mir seine<br />

berufliche Tätigkeit als TeleCoach vorgestellt hat. Ich fand das interessant,<br />

auch wenn ich zu dem Zeitpunkt weder offen für ein <strong>Coaching</strong><br />

war noch das Bedürfnis nach einem langfristigen <strong>Coaching</strong>-Projekt<br />

hatte.<br />

Ungefähr zwei Jahre später war ich an einem Punkt, bei dem ich mit<br />

praktisch allen meinen Lebensbereichen unzufrieden war. Ich war<br />

regelmäßig krank in Form von mehr oder weniger starken Grippeanfällen<br />

und mein Arzt konnte kein weiteres Mittel finden als mir Antibiotika<br />

zu geben. In meiner Arbeit war ich unzufrieden und hatte wenig<br />

Kraft. Ich fühlte mich ausgelaugt und benutzt. Meine Ehe war zu dem<br />

Zeitpunkt am Boden; ich hatte mich gerade von meiner Frau getrennt<br />

und meine eigene Wohnung bezogen. Mir war klar, dass ich kein<br />

Problem hatte, dass über einen Psychologen oder Psychiater angegangen<br />

werden musste. Ich wusste, dass ich nur einen kleinen Stoss in die<br />

richtige Richtung brauchte. Da kam mir die Idee, doch einmal jene<br />

Seminarbekanntschaft anzurufen, um einen <strong>Coaching</strong>-Termin auszumachen.<br />

Dies war dann der Anfang für unsere intensive <strong>Coaching</strong>-<br />

Beziehung über das folgende Jahr.<br />

Der Ablauf des <strong>Coaching</strong>s übers Telefon ist relativ simpel: Es wird<br />

ein Termin für ein Gespräch vereinbart, ich habe mir den Raum<br />

geschaffen an diesem Zeitpunkt körperlich und geistig voll verfügbar<br />

zu sein, um den vollen Nutzen zu haben. Ich kann sagen, dass der<br />

telefonische Rahmen für mich praktisch die einzige Möglichkeit ist,<br />

regelmäßiges <strong>Coaching</strong> zu machen.<br />

• Ich führe ein Leben – privat und beruflich – dass mich regelmäßig<br />

auf Reisen sein lässt; ich bin geschäftlich in ganz Europa<br />

unterwegs und bin privat viel in Spanien und in Hamburg. Das<br />

274


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Klienten<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Coaching</strong> übers Telefon kann ich unabhängig vom meinem Aufenthaltsort<br />

durchführen.<br />

• Es war für mich ein großer Vorteil das <strong>Coaching</strong> in kleinen Einheiten<br />

durchzuführen. Ich fand es praktisch 3x die Woche für<br />

eine Viertelstunde zu telefonieren. Die Effektivität des <strong>Coaching</strong>s<br />

war durch diese kurzen Abstände enorm.<br />

• Immer meine Sichtweise durchsetzen wollen und andere in ihren<br />

Fähigkeiten anstatt Fehlern zu betrachten, war meine Herausforderung.<br />

Da ich beruflich in der Kommunikationsbranche tätig<br />

bin, habe ich ständig mit vielen Menschen zu tun, die ich für<br />

mich und meine Anliegen gewinnen musste. Durch das regelmäßige<br />

kurze <strong>Coaching</strong> lernte ich sozusagen learning by doing, wie ich<br />

das umsetzen kann. Rückfälle passieren mir nur noch selten.<br />

Die Ergebnisse, die ich aus der Zusammenarbeit erreicht habe, sind<br />

sehr konkret und greifbar:<br />

• Ich bin wieder in meine Frau verliebt wie zu Beginn; wir wohnen<br />

wieder zusammen und wünschen uns ein weiteres Kind.<br />

• Ich bin während des <strong>Coaching</strong>s meinen zweiten Marathon gelaufen,<br />

und habe so dafür gesorgt, dass mein körperliches Wohlsein<br />

wieder stimmt.<br />

• Ich habe im Laufe des <strong>Coaching</strong>s die Firma gewechselt und habe<br />

jetzt ein Umfeld, das meine Fähigkeiten schätzt und in dem ich<br />

mich erheblich besser einbringen und verwirklichen kann.<br />

Das Entscheidende, was ich im <strong>Coaching</strong> gelernt und auch wirklich<br />

verinnerlicht habe ist, dass ich alleine es in der Hand habe, mir mein<br />

Umfeld so zu gestalten, wie ich es möchte. Es liegt allein an mir wie<br />

meine Chefs auf mich reagieren, und ich kann beeinflussen wie sie mir<br />

zuhören. Ich alleine kann bewirken, die Frau geheiratet zu haben, die<br />

ich wirklich möchte. Es ist ganz allein an mir dieses alles zu kreieren.<br />

275


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-<br />

Erfahrungen von Auftraggebern<br />

Alles aus einer Hand – Tele<strong>Coaching</strong> als moderne<br />

Service-Dienstleistung bei der Clariant AG<br />

(Christopher Scheid)<br />

Die Clariant AGmit Sitz in Muttenz bei Basel in der Schweiz<br />

befindet sich als Global Player der Feinchemikalienbranche seit einigen<br />

Jahren in einem umfassenden Restrukturierungsprozess. Der<br />

Veränderungsdruck kommt aus der Branche selbst, von neuen<br />

Märkten, durch erodierende Margen, aufgrund von steigenden Rohstoff-<br />

und Energiekosten sowie durch steigende Kundenanforderungen.<br />

Dabei wurde die Organisation gehörig durchgeschüttelt und viele<br />

Führungskräfte und Mitarbeiter fanden sich in neuen Positionen wieder.<br />

Wo sonst die Personalarbeit ein leichtes Opfer des allgegenwärtigen<br />

Sparwillens ist, hatten bei der Clariant die Verantwortlichen weiterhin<br />

ein besonderes Auge auf die Führungskräfteentwicklung, in<br />

deren Rahmen auch <strong>Coaching</strong> eine wichtige Rolle spielen sollte. Nicht<br />

zuletzt aus pragmatischen und finanziellen Gründen war Clariant bereit<br />

dem methodischen Potenzial des Tele<strong>Coaching</strong>s eine Chance zu geben.<br />

Aus einer Reihe von erfolgreichen Pilot-Tele<strong>Coaching</strong>s in Zusammenarbeit<br />

mit der BORA International GmbH resultierte der Wunsch<br />

Tele<strong>Coaching</strong> als festen Bestandteil des Personalentwicklungsportfolios<br />

zu installieren. Dieses konzernweite <strong>Coaching</strong>-Angebot wird in diesem<br />

Abschnitt vorgestellt.<br />

Ausgangslage<br />

Clariants Engagement in der Personalentwicklung teilt sich seit 2002<br />

in zwei weitestgehend unabhängige Teile: zum einen in „Management<br />

Development“ für die ca. 500 oberen und mittleren Führungskräfte im<br />

276


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

Konzern, und zum anderen in landesbasierte Personalentwicklung für<br />

die Breite der Mitarbeiter.<br />

Management Development konzentrierte sich auf größere Programme,<br />

welche gemeinsam mit Business Schools firmenspezifisch<br />

ausgearbeitet waren. Schwerpunkt war die Fundierung von Business<br />

Skills sowie die Vernetzung der Führungskräfte untereinander. Interpersonal<br />

and Personal Skills wurden zwar auch trainiert, standen aber<br />

eher am Rande. In der landesbasierten Personalentwicklung wurden<br />

jene zwar in Programmen adressiert, jedoch ausschließlich als Gruppenmaßnahmen.<br />

Als begleitende Maßnahme im Rahmen einer größeren Restrukturierung<br />

führte Clariant 2006 zusätzlich einen Assessment basierten<br />

Talent-Management-Prozess ein, welcher bei dreihundert Führungskräften<br />

Stärken und Entwicklungsbereiche diagnostizieren half. Schon<br />

die Ergebnisse aus den ersten einhundert Assessments zeigten deutlich,<br />

dass neben Strategie und Finanzen auch Führung ein wichtiger Bereich<br />

war, in dem Kompetenzen zu verbessern waren.<br />

Traditionelle gruppenbasierte Business School Programme konnten<br />

dies nicht leisten; <strong>Coaching</strong> bot sich als viel versprechende individualisierte<br />

Methode auf der Ebene der oberen Führungskräfte an. Allerdings<br />

war <strong>Coaching</strong> bis 2007 lediglich unkoordiniert genutzt worden,<br />

um bei oberen Führungskräften konkrete Defizite im Verhaltensbereich<br />

zu adressieren. Auswahl der Coachs, der <strong>Coaching</strong>-Prozess selbst<br />

sowie die Ergebnissicherung waren bis dato erratisch, auf Einzelfälle<br />

bezogen und intransparent. Eine fehlende Positionierung von<br />

<strong>Coaching</strong> im Gesamtangebot von Management Development bewirkte<br />

zudem einen zweifelhaften Ruf der Maßnahme.<br />

<strong>Coaching</strong> sollte zum zentralen Instrument der Führungskräfteentwicklung<br />

werden. Hierzu war es notwendig von einer Fall-zu-Fall-<br />

Betrachtung abzusehen und zu einer Systematisierung und Einbindung<br />

in den Talent-Management-Prozess zu gelangen.<br />

In kurzer Zeit wurde eine <strong>Coaching</strong>-Strategie für obere Führungskräfte<br />

entwickelt und ein kleinerer, aber internationaler Pool an Coachs<br />

aufgebaut, welcher sich an einen von Clariant definierten Prozess<br />

277


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

gebunden fühlte; für eine kleine Zielgruppe machbar und effektiv.<br />

Clariant positionierte <strong>Coaching</strong> nicht mehr nur als kurzfristige Maßnahme<br />

zur problemfokussierenden Verhaltensänderung (Performance<br />

<strong>Coaching</strong>), sondern auch im Rahmen von Veränderungsprozessen<br />

sowie zur Vorbereitung auf eine neue Aufgabe als so genanntes „Firsthundred-day-<strong>Coaching</strong>“.<br />

Anforderungen<br />

Der nächste Integrationsschritt war nur über eine kritische Masse zu<br />

erreichen, welche mit dem Instrument <strong>Coaching</strong> in Kontakt kommen<br />

würde. Das klassische Executive <strong>Coaching</strong> erfordert häufige persönliche<br />

Kontakte zwischen Coach und Klient. Die Mobilität einer international<br />

ausgerichteten Klientel sowie erheblicher Reise- und damit<br />

Administrations- und Kostenaufwand für Coach und Klient, um sich<br />

zu treffen, wirkten behindernd.<br />

Tele<strong>Coaching</strong> schien diese Nachteile nicht zu haben. Zeitliche Flexibilität,<br />

Schnelligkeit einen <strong>Coaching</strong>-Kontakt zu realisieren und ein<br />

zentraler standardisierbarer Prozess von der Auftragsklärung bis hin<br />

zur Evaluation waren die Argumente sich mit dem Produkt zu<br />

beschäftigen. Dagegen standen Vorurteile, inwieweit ein Vertrauensverhältnis<br />

in einem <strong>Coaching</strong> aufgebaut werden könne, ohne sich persönlich<br />

kennen zu lernen.<br />

Clariant startete in Zusammenarbeit mit BORA International einen<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Piloten mit zehn Mitarbeitern, welche alle ein Assessment<br />

Center absolviert hatten und daraus resultierend Entwicklungsempfehlungen<br />

zu Verhaltensthemen erhalten hatten. Die Mitarbeiter<br />

stammten aus drei Kontinenten und waren alle in der Lage, einem<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozess in Englisch zu folgen.<br />

Während der Prozess für den Klienten und den Vorgesetzten so einfach<br />

wie möglich sein sollte, musste auch für Management Development<br />

eine Möglichkeit geschaffen werden sich jederzeit über den Stand<br />

der Dinge einen Überblick verschaffen zu können: Stand der einzelnen<br />

<strong>Coaching</strong>-Prozesse; verbrauchtes bzw. übriges Budget; nächste erfor-<br />

278


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

derliche Aktivitäten seitens Management Development. Mit Hilfe eines<br />

in der zweiten Hälfte des Piloten entwickelten Software-Tools<br />

„<strong>Coaching</strong>-Monitor“ wurde dies erreicht.<br />

Beschreibung des <strong>Coaching</strong> Prozesses<br />

Vorbereitend wurde eine interaktive Internet-Seite erstellt, auf der<br />

Clariant die Positionierung von <strong>Coaching</strong> darstellen konnte sowie den<br />

damit verbundenen Prozess. Für den Piloten wurden drei Coachs aus<br />

dem BORA TeleCoachNetwork ausgewählt, die sich ebenfalls auf der<br />

Internet-Seite je mit einem Profil und einer Video-Botschaft präsentieren<br />

konnten.<br />

Der idealtypische Prozess war:<br />

1. Zieldefinition und Auswahl des Coachs<br />

• Grobdefinition des Ziels: Klient und Manager einigen sich über<br />

ein <strong>Coaching</strong>-Ziel – in der Regel aus den Rückmeldegesprächen<br />

zu den Assessment Centern entstanden.<br />

• Vorauswahl des Coachs: Der Klient entscheidet sich anhand der<br />

Information auf der Internetseite für einen der drei Coachs, mit<br />

dem er Kontakt aufnehmen möchte.<br />

• Chemistry Meeting: Der Klient verabredet sich telefonisch mit<br />

dem ausgewählten Coach, schildert ihm sein Anliegen und entscheidet<br />

sich danach, ob er mit diesem Coach weiter zusammenarbeiten<br />

möchte oder einen anderen kennen lernen möchte.<br />

• Auftragsklärung: Idealerweise Dreier-Gespräch Klient-Vorgesetzter-Coach.<br />

In diesem Gespräch wird konsensuell ein realisierbares<br />

Ziel festgelegt samt Kriterien, anhand derer später der Erfolg<br />

der Maßnahme beurteilt werden kann. Das gemeinsam erarbeitete<br />

Mandat wird schriftlich fixiert und Management Development<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

279


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

2. Persönliches <strong>Coaching</strong><br />

• Tele<strong>Coaching</strong>: Dieser Teil findet ausschließlich am Telefon im<br />

vertraulichen Rahmen statt.<br />

• Persönliches Treffen: In einzelnen Fällen können Coach und<br />

Klient im Verlauf des <strong>Coaching</strong>-Prozesses ein Treffen ohne viel<br />

Aufwand realisieren.<br />

3. Evaluation<br />

• Fragebogen: Vorgesetzter und Coachee erhalten je einen offenen<br />

Fragebogen. Dieser enthält das originale Mandat und fragt detailliert<br />

nach Zielerreichungsgrad sowie nach offenen Punkten, welche<br />

weitere Entwicklung erfordern. Der Klient wird zudem nach<br />

seiner Prozesszufriedenheit befragt.<br />

• Three-Way-Talk: Die Fragebogenergebnisse dienen als Grundlage<br />

für ein Gespräch zwischen Klient, Vorgesetztem, und Management<br />

Development. Dort wird sich über erreichtes und offenes<br />

unterhalten sowie der subjektiv empfundene Erfolg der Maßnahme<br />

ermittelt. Ergebnis dieses Gesprächs ist ein weiterführender<br />

Aktionsplan.<br />

• Gesamtbewertung: Nach Abschluss mehrerer <strong>Coaching</strong>s erfolgt<br />

regelmäßig ein Qualitätstreffen, um die Zusammenarbeit mit der<br />

BORA International GmbH als externen Dienstleister sowie das<br />

Produkt weiterzuentwickeln.<br />

Erste Erfahrungen<br />

In der Zusammenschau aller Pilot-Fälle stellten sich interessante<br />

Rückmeldungen ein. Neben den Fragebogenrückläufen wurde auch ein<br />

persönliches Gespräch mit jedem Teilnehmer geführt.<br />

Die Hypothese, ein <strong>Coaching</strong> kann nur im direkten physischen<br />

Kontakt stattfinden, wurde widerlegt. Die Rückmeldungen aus den<br />

Fragebögen zu „Atmosphere of Trust“ sowie zu „Feel understood“<br />

waren erstaunlich hoch. Allerdings waren die Bewertungen der Teil-<br />

280


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

nehmer, welche im Laufe ihres <strong>Coaching</strong>s ihren Coach einmal persönlich<br />

kennen gelernt hatten tendenziell positiver. Dabei spielte es keine<br />

Rolle zu welchem Zeitpunkt im <strong>Coaching</strong>-Prozess der persönliche<br />

Kontakt stattgefunden hatte; sogar wenn er im letzten Gespräch erst<br />

stattgefunden hatte, hatte dies einen positiven Einfluss auf die Rückmeldung<br />

der Teilnehmer. Zum Teil hatten die Teilnehmer den Coach<br />

auch nach seinem Standort und der Möglichkeit ihn zu treffen ausgewählt.<br />

Interessanterweise gab es auch gegenläufige Tendenzen, wo sich<br />

Teilnehmer Coachs ausgewählt hatten, welche offensichtlich subjektiv<br />

besser zu ihnen gepasst hatten; selbst wenn diese Coachs bis zu acht<br />

Zeitzonen entfernt operierten, waren sie bereit, die zeitlichen Unannehmlichkeiten<br />

auf sich zu nehmen.<br />

Offensichtlich gibt es einen Vorteil im direkten Kontakt. Dieser ist<br />

jedoch nicht so groß, dass er Tele<strong>Coaching</strong> oder eine Mischform ausschließt.<br />

Letzteres vereint die psychologischen Vorteile des klassischen<br />

<strong>Coaching</strong>s mit den ökonomischen des Tele-Ansatzes.<br />

…Ach weißt du, ich bin<br />

richtig froh, dass mich<br />

mein TeleCoach auf der<br />

Strasse nicht erkennt. Der<br />

weiß mehr über mich als<br />

mein Mann…<br />

281


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

Hybrid-Seminare – Die wirksame Kombination von<br />

Präsenzveranstaltungen und Tele<strong>Coaching</strong> bei der<br />

Fraport AG (Lutz Siebert)<br />

Seit 2008 bietet die Fraport AG ihren Führungskräften unter der<br />

Überschrift Strategisches SelbstManagement in Zusammenarbeit mit<br />

der BORA International GmbH die Gelegenheit zur persönlichen<br />

Standortbestimmung an. Hierbei werden in wirksamer Weise kollektive<br />

Präsenzveranstaltungen mit individuellem <strong>Coaching</strong> am Telefon kombiniert.<br />

Dieser Abschnitt beschreibt exemplarisch die Vorgehensweise<br />

bei diesem Hybrid-Format.<br />

Ausgangslage<br />

Die Fraport AG gehört zu den international führenden Flughafen-<br />

Betreibern und betreibt mit dem Flughafen Frankfurt eines der bedeutendsten<br />

Luftverkehrsdrehkreuze der Welt. Fraport entwickelt den<br />

Flughafen Frankfurt gemeinsam mit Partnern zur „Frankfurt Airport<br />

City“ – einem Mobilitäts-, Erlebnis- und Immobilienstandort. Zum<br />

Dienstleistungsspektrum der Fraport AG gehören nicht nur sämtliche<br />

Dienstleistungen rund um den Flugbetrieb, Fraport ist auch kompetenter<br />

Partner für das Retailing-Geschäft und die Immobilienentwicklung.<br />

Mit dem Börsengang 2001 haben ein steigender Wettbewerbs- und<br />

Veränderungsdruck zu einer umfassenden Neuausrichtung des Unternehmens<br />

nach den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Kundennähe<br />

geführt. Managementleistung wird nach außen transparent und ist für<br />

den Geschäftserfolg entscheidend. Vor diesem Hintergrund kommt der<br />

Führungskräfteentwicklung eine zentrale Bedeutung bei der Entwicklung<br />

von geeigneten Managementpotenzialen zu.<br />

Aus einer Vielzahl von Entwicklungsgesprächen mit Potenzialkandidaten<br />

nach dem Durchlaufen von Assessment Centern wird deutlich,<br />

282


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

dass bei vielen eine klare Orientierung im Hinblick auf die eigenen<br />

Vorstellungen über die weitere berufliche Entwicklung fehlt. Auch sehr<br />

gut ausgebildete Kandidaten möchten zwar herausforderndere Aufgaben<br />

auf einer höheren Führungsebene wahrnehmen, sind sich aber<br />

unsicher, ob sie den Mut haben und wie sie nach einer Klärung zielorientiert<br />

vorgehen können. Dabei geht es nach vorliegenden<br />

Erfahrungen immer wieder zentral um Fragen der Selbstklärung:<br />

• Was sind meine beruflichen Ziele, mittel- und langfristig?<br />

• Kann ich diese Ziele mit meinen persönlichen Rahmenbedingungen,<br />

Familie, Wohnort in Einklang bringen?<br />

• Bin ich bereit, zusätzliche Belastungen in Kauf zu nehmen?<br />

• Welche Faktoren schränken mich ein, die auch in der Außenwahrnehmung<br />

limitierend sind?<br />

• Wie kann ich mich selbst im Hinblick auf diese Punkte klären?<br />

• Wie kann ich erfolgreich an der Gestaltung meiner Zukunft<br />

arbeiten?<br />

Innerlich ungeklärte Kandidaten sind für das Unternehmen schwer<br />

berechenbar. Ganz besonders deutlich wird dies bei vorliegenden<br />

Vakanzen und Besetzungsentscheidungen, vor allem, wenn es um die<br />

Übernahme von Aufgaben im Ausland geht. In internen Bewerbungsgesprächen<br />

ist diese Unsicherheit und Unentschlossenheit immer wieder<br />

spürbar und die Frage ob die Kandidaten, trotz guter AC-Ergebnisse,<br />

eine „neue Flughöhe“ schaffen können, ist für die Besetzungsentscheider<br />

oft nicht eindeutig beantwortbar.<br />

Das Konzept Strategisches SelbstManagement®<br />

Bei der Suche nach einem geeigneten Instrument um die „schlafenden<br />

PS auf die Piste zu bringen“, hat sich Fraport für den Ansatz Strategisches<br />

SelbstManagement® entschieden. Fraport hat bewusst ein<br />

Instrument gewählt, dass neben dem Einzel<strong>Coaching</strong> auch für Grup-<br />

283


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

pen eingesetzt werden kann, weil gerade der Aspekt der Selbstpositionierung<br />

handlungsorientiert entwickelt werden soll.<br />

Unterstützung von Führungskräften bei der Selbstpositionierung<br />

durch Strategisches SelbstManagement bedeutet zunächst, alle herkömmlichen<br />

Stützen abzubauen und diese radikal auf eigene Füße zu<br />

stellen. Das geschieht durch eine Beförderung, durch die der Manager<br />

zum Unternehmer in eigener Sache wird. In der Rolle des Unternehmers<br />

erlebt er sich als Dienstleister in einer strategisches Kundenbeziehung<br />

zu seinem Arbeitgeber, in der er vor der Herausforderung steht,<br />

diesen als seinen Kunden erfolgreich zu machen. Als Unternehmer in<br />

eigener Sache reicht es nicht mehr nur exzellente Leistungen zu erzielen,<br />

sondern auch mit diesen im Unternehmenskontext positiv wahrgenommen<br />

zu werden und Vorgesetzte, interne und externe Kunden zu<br />

finden, die ihn mit seinen Leistungen kaufen und gerne mit ihm<br />

zusammenarbeiten. Nicht zuletzt muss es ihm darum gehen, durch<br />

Zusatzangebote und Zusatznutzen die bis dato erfolgreiche Kundenbeziehung<br />

zu seinem Arbeitgeber in die Zukunft hinein abzusichern<br />

und sich im Stand des Preferred Suppliers zu halten.<br />

Im Rahmen von Strategisches SelbstManagement wird der Teilnehmer<br />

daher ermuntert und angeleitet, auf dem Hintergrund des im<br />

Assessment Center erhaltenen Feedbacks das anschließende Entwicklungsgespräch<br />

mit seinem Vorgesetzten und seinem Personalbetreuer<br />

so vorzubereiten, wie ein Unternehmer einen Besuch bei seinem wichtigsten<br />

Großkunden plant.<br />

Strategisches SelbstManagement bei der Fraport AG<br />

Die Fraport AG hat sich bei der Realisierung des Personalentwicklungskonzepts<br />

Strategisches SelbstManagement für ein Format entschieden,<br />

das aus zwei Präsenzworkshops im Abstand von vier<br />

Wochen mit bis zu 15 Teilnehmern besteht. Die Wirksamkeit der<br />

Präsenzmodule wird zwischenzeitlich durch geeignete Hausaufgaben<br />

sowie zwei Stunden Tele<strong>Coaching</strong> unterstützt. Abgerundet wird das<br />

Seminar durch Entwicklungsgespräche der Teilnehmer mit ihrem<br />

jeweiligen Vorgesetzten und ggf. einem HR-Vertreter.<br />

284


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

Strategisches SelbstManagement®<br />

1. 1. Präsenzworkshop<br />

Präsenzworkshop<br />

(1<br />

(1<br />

Tag<br />

Tag<br />

–<br />

–<br />

15<br />

15<br />

TN)<br />

TN)<br />

Interaktive Präsentation<br />

Einführung ins Strategische<br />

SelbstManagement (Methode,<br />

Werkzeuge, Prozesse)<br />

Normatives SelbstMgmt.<br />

- Talkshops: Erfolg, Freiheit, Angst,<br />

Individualität<br />

- Arbeit an Vision, Mission,<br />

Biographisches Layout, Zielfindung<br />

Strategische Analyse<br />

Persönliche Performance, Image<br />

Position, Marketing Position,<br />

Benchmarking, Networking,<br />

Kundenbedürfnisse<br />

4 Wochen Wochen<br />

Hausaufgabe<br />

(basierend auf SSM Handbuch)<br />

- Vision/ Mission<br />

- Strategische Analyse<br />

- Persönlicher Business Plan<br />

Indiv. Tele<strong>Coaching</strong><br />

(2h x 15 TN)<br />

2 Stunden max. persönliches<br />

<strong>Coaching</strong> zur Unterstützung des<br />

SSM-Prozesses<br />

2. 2. Präsenzworkshop<br />

Präsenzworkshop<br />

(1<br />

(1<br />

Tag<br />

Tag<br />

–<br />

–<br />

15<br />

15<br />

TN)<br />

TN)<br />

Business Strategie<br />

Finalisierung der persönlichen<br />

Business Strategien<br />

Self-Branding<br />

Talkshop: Wie man ein<br />

persönliches Brand kreiert<br />

Sales & Marketing<br />

Talkshop: Sich selbst verkaufen<br />

Smart Networking<br />

Talkshop: Wie man belastbare<br />

Netzwerke knüpft und pflegt<br />

Outlook<br />

Smart Career Management<br />

Entwicklungsgespräch<br />

mit<br />

mit<br />

Chef/<br />

Chef/<br />

HR<br />

HR<br />

Abbildung 13: Seminarformat Strategisches SelbstManagement<br />

Nominiert werden Führungskräfte der dritten und vierten Ebene<br />

unterhalb des Vorstands, die das Potenzial-Auswahlverfahren der<br />

Fraport AG absolviert haben. Ziel des Workshops ist die Entwicklung<br />

einer persönlichen Business Strategie durch jeden Teilnehmer im Sinne<br />

eines Angebots an die Fraport AG. Handlungsleitend ist dabei die<br />

Frage: Was kann die Fraport AG künftig von Ihnen als Führungskraft<br />

erwarten? Das Entwicklungsgespräch mit Vorgesetztem und HR wird<br />

dabei umgedeutet als Kundengespräch, auf das sich der „Verkäufer“<br />

durch die Erstellung eines entsprechenden Angebots unter Berücksichtigung<br />

der vermuteten Kundenbedürfnisse vorbereitet.<br />

Der erste Workshoptag dient der Entwicklung des Managers zum<br />

Unternehmer in eigener Sache und zur Einführung in das Strategische<br />

SelbstManagement samt Tools und Methoden. Dies erfolgt mittels<br />

interaktiver Vorträge, so genannter Talk-Shops (offene Gespräche),<br />

Übungsaufgaben und Kurzpräsentationen.<br />

285


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

Die Hausaufgabe dient der Vorbereitung von Vision, Mission und<br />

Business Strategie auf Grundlage des elektronischen Handbuchs Strategisches<br />

SelbstManagement. Als sehr wirkungsvolle Unterstützung hat<br />

sich hierbei das Tele<strong>Coaching</strong> erwiesen. In zwei etwa einstündigen<br />

Telefonaten können die Teilnehmer ihre berufliche Situation reflektieren<br />

und mögliche Entwicklungsoptionen mit dem Seminarleiter, der<br />

zugleich auch ausgebildeter Business Coach ist, ausloten.<br />

Am zweiten Workshoptag haben die Teilnehmer Gelegenheit, sich<br />

gegenseitig ihre Mission Statements und Entwicklungsstrategien zu<br />

präsentieren. Die Teilnehmer machen von dieser Möglichkeit in der<br />

Regel gerne Gebrauch, da sie dabei Formen ausprobieren können, ihre<br />

beruflichen Ambitionen sichtbar zu machen. Haben sich die Teilnehmer<br />

bis dahin auf dem Handlungsfeld der Innovation bewegt, wenden<br />

sie sich im weiteren Programm zur Strategieimplementierung den Feldern<br />

Marketing und Vertrieb zu. Die Teilnehmer werden mit Verfahren<br />

zum erfolgreichen Selbst-Marketing und Networking vertraut<br />

gemacht.<br />

Resultate<br />

Insbesondere die folgenden Erfahrungen haben die Fraport<br />

Academy veranlasst, Strategisches SelbstManagement über die Pilotphase<br />

hinaus zum festen Bestandteil des Angebotsportfolios für die<br />

Führungskräfteentwicklung zu machen:<br />

• Die tendenzielle Erwartungshaltung bei vielen Führungskräften<br />

hinsichtlich einer automatischen Beförderung nach der<br />

erfolgreichen Absolvierung des Potenzial-Auswahlverfahrens<br />

konnte bei den Seminarteilnehmern vielfach in Bereitschaft zur<br />

aktiven Gestaltung der persönlichen Entwicklungsperspektiven<br />

transformiert werden.<br />

• Die klare Ergebnisorientierung des Seminarkonzepts führt die<br />

Teilnehmer über mehrere Stufen zur Entwicklung einer persönlichen<br />

Business-Strategie, mit der sie sich ihrer Ambitionen und<br />

286


V Best practice – Erfahrungen mit Tele<strong>Coaching</strong><br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Erfahrungen von Auftraggebern<br />

__________________________________________________<br />

ihres Potenzials bewusst und in die Lage versetzt werden, ihre<br />

Entwicklungsziele klar zu kommunizieren.<br />

• Könnte dieses Ziel einer umfassenden Standortbestimmung auch<br />

durch ein rein persönliches <strong>Coaching</strong> erreicht werden, so liegt der<br />

Wert des Seminar-Formats darin, dass sich die Teilnehmer in der<br />

Bemühung um Konkretisierung gegenseitig wahrnehmen und<br />

geeignete Formen ausprobieren, ihre sonst eher verborgen<br />

gehaltenen Entwicklungsziele sichtbar zu machen.<br />

• Durch die Konzeption von Strategisches SelbstManagement als<br />

Anleitung zum Selbst<strong>Coaching</strong> ist die Nachhaltigkeit des Seminaransatzes<br />

sichergestellt. Durch das Begleitbuch 97 werden die<br />

Teilnehmer in die Lage versetzt jederzeit den Prozess der<br />

Standortbestimmung bis hin zur Entwicklung ihrer Business-<br />

Strategie erneut zu vollziehen.<br />

Die Tatsache, dass Strategisches SelbstManagement nicht an<br />

bestimmte Formate gebunden ist, eröffnet auch für andere Unternehmen<br />

eine Vielzahl von Durchführungsmöglichkeiten mittels Einzelarbeit<br />

(Präsenz- und Tele<strong>Coaching</strong>) oder Präsenz- und Teleseminar sowie<br />

möglichen Kombinationen aus allen Elementen.<br />

97 Borlinghaus (2008).<br />

287


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische<br />

und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat einmal<br />

gesagt: „Wir können nicht nicht kommunizieren.“ Und Menschen<br />

kommunizieren. Das macht uns Menschen aus. Und wir Menschen<br />

kommunizieren ganzheitlich. Mit allem, was wir haben. Mit allen Sinnen,<br />

verbal, nonverbal, bewusst und unbewusst.<br />

Aber was ist dann telefonieren? Kommunizieren für Arme, oder was?<br />

Wieso kann unser Gehirn das? Telefonieren. Nur über die Stimme und<br />

das Gehör. Ganz und gar nicht ganzheitlich. Oder doch?<br />

Sind wir überhaupt imstande, unser Gegenüber rein über den Hörsinn<br />

ganzheitlich zu erfassen? Hier geht es um die biologischen und<br />

anthropologischen Grundbedingungen für das Tele<strong>Coaching</strong>.<br />

Tauchen Sie ein in die „Schaltzentrale Gehirn“ und entdecken Sie,<br />

wie uns die Evolution auf die Erfindung des Telefons vorbereitet hat.<br />

Schaltzentrale Gehirn<br />

Unsere Sinnesorgane nehmen die physikalischen Reize unserer Umgebung<br />

wahr. In unserem Gehirn werden diese Reize dann bewertet,<br />

sortiert und abgespeichert. Wie genau das passiert, ist für die Wissenschaft<br />

immer noch nicht hundertprozentig klar. Aber so langsam erlangen<br />

wir durch neueste bildgebende Techniken einen Einblick in die<br />

Schaltzentrale „Gehirn“.<br />

288


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Um zu verstehen, was Kommunikation wirklich ist, müssen verschiedene<br />

wissenschaftliche Disziplinen zusammenarbeiten. Biologie,<br />

Physik, Psychologie und Anthropologie sind nur einige dieser Bereiche.<br />

Immer wieder entsteht der Eindruck, dass wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

eher durch empirische Verfahren, das heißt durch Beobachtung,<br />

anstatt durch exakte Wissenschaft gefunden werden.<br />

Das scheint so zu sein, wie in dem Witz über die Physikprüfung im<br />

ersten Semester, bei der der Professor fragt, was denn wohl schneller<br />

sei: das Licht oder der Schall? Der erste Student antwortet wie aus der<br />

Pistole geschossen, dass natürlich der Schall schneller sei als das Licht.<br />

Unser Professor ist wegen der spontanen, allerdings falschen Antwort<br />

irritiert und fragt den Studenten, wie er denn auf diese Antwort<br />

gekommen sei. „Na, ja“, meint dieser „wenn ich zuhause unseren Fernseher<br />

einschalte, dann kommt zuerst der Ton und dann erst das Bild!“<br />

Entsetzt entschließt sich der Professor die Frage etwas zu vereinfachen<br />

und fragt den Studenten: „Wenn ich jetzt in die Hände klatsche - sehen<br />

Sie dann zuerst das Zusammenschlagen der Hände, oder hören Sie<br />

zuerst den Klatsch-Ton?“ Der Prüfling antwortet: „Ah, das ist leicht -<br />

ich sehe zuerst das Zusammenschlagen der Hände. Daher ist wohl<br />

doch das Licht schneller als der Schall.“ Erfreut fragt der Professor den<br />

Studenten, wie er denn nun auf diese richtige Antwort gekommen sei.<br />

Da antwortet dieser: „Ist doch ganz klar, die Augen sind doch viel<br />

weiter vorne am Kopf, als die Ohren …“<br />

Wir verhungern nicht in einem fremden Land<br />

Aber mal im Ernst - visuelle Reize scheinen doch für unsere Kommunikation<br />

von enormer Bedeutung zu sein. Wir können sogar ausschließlich<br />

über den visuellen Kanal miteinander kommunizieren. Stellen<br />

Sie sich einmal vor, Sie werden in einem Land ausgesetzt und haben<br />

keine Ahnung von der Sprache, die dort gesprochen wird. Und auch<br />

wenn keiner ein Wort versteht, von dem was Sie sagen, können Sie sich<br />

über Mimik und vor allem Gestik eindeutig verständlich machen und<br />

zeigen, ob Sie Hunger oder Durst haben.<br />

289


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Wenn wir in der evolutionären Entwicklungsgeschichte zurückschauen,<br />

stellen wir fest, dass die Kommunikation bei den meisten<br />

Arten visuell orientiert ist. Wölfe fletschen die Zähne, Hunde wedeln<br />

mit dem Schwanz und Pfauen schlagen ihr Rad, um dem „Gesprächspartner“<br />

zu zeigen, was gerade Sache ist.<br />

Und auch für Steinzeitmenschen hatte die Kommunikation über<br />

Sichtzeichen große Vorteile. Sich bei der Jagd auf Mammuts auf Rufe<br />

und Grunztöne zu verlassen, war sicher keine gute Idee. Aber sich auf<br />

eine größere Entfernung über eindeutige Gesten zu verständigen, das<br />

klappt, wenn man sich von hinten anschleicht, ganz gut.<br />

Beim Militär wird diese Praxis heute noch erfolgreich angewendet.<br />

Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass die Zeit für Militärstrategen<br />

in der Steinzeit stehen geblieben ist. Aber das ist ein anderes<br />

Thema.<br />

Der Kommunikationsmodus<br />

Auf jeden Fall war die Zeichensprache in unserer Evolution zuerst<br />

da. Die Wort-Sprache kam erst viel später. Unser Gehirn schaltet also<br />

in einen Kommunikations-Modus, wenn wir unseren Gesprächspartner<br />

sehen. (Erst dann!)<br />

Was aber passiert, wenn uns jemand aus dem Nachbarzimmer etwas<br />

zuruft? Schalten wir dann nicht auch in den Kommunikations-Modus?<br />

Ich würde das eher als eine Art Antwort-Modus einsortieren. Stellen<br />

Sie sich die Situation bitte einmal vor: Im Büro ruft Ihr Kollege aus<br />

dem Nachbarbüro „Gehst Du mit in die Mittagspause?“ Darauf geben<br />

wir dann Antwort. Meistens jedenfalls. Aber ist das schon eine Kommunikation?<br />

Ja sicher, im Sinne Watzlawicks ganz bestimmt. Im Sinne<br />

einer offenen, ganzheitlichen Unterhaltung, die mit allen Sinnen<br />

geführt wird, eher nicht. Wenn sich aus dieser kurzen Frage doch ein<br />

Gespräch entwickelt, haben wir in der Regel das drängende Gefühl<br />

aufzustehen, ins Nachbarbüro zu gehen und das Gespräch dann dort<br />

(mit Blickkontakt) fortzusetzen. Daher spreche ich auch hier von verschiedenen<br />

Modi bzw. Intensitäten der Kommunikation.<br />

290


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Zum "Einschalten" des Kommunikationsmodus genügt oft ein aufforderndes<br />

Zunicken oder ein in die Augen schauen. Wichtig dabei ist,<br />

dass wir die Mimik und die Bewegung des Mundes wahrnehmen.<br />

Daran erkennen wir, der Andere will reden. Ein tiefer Blick in die<br />

Augen - ohne zu reden - hat eine andere Bedeutung. Jeder der schon<br />

mal geflirtet hat, weiß das.<br />

Wenn Sie einmal erleben wollen, wie man den Kommunikationsmodus<br />

ganz schnell und einfach einschalten kann, probieren Sie doch<br />

einmal Folgendes aus: Stellen Sie bei der nächsten Konferenz, der<br />

nächsten Besprechung oder dem nächsten Seminar eine einfache Frage<br />

in den Raum und schauen Sie daraufhin einen der Teilnehmer sehr<br />

intensiv an. Dieser wird sich daraufhin ganz sicher aufgefordert fühlen,<br />

Ihnen zu antworten.<br />

Und alle anderen wissen, dass Sie die Antwort genau von diesem<br />

Teilnehmer erwartet haben.<br />

Das Ganze können sie noch steigern: Sprechen Sie den Menschen,<br />

dem Sie intensiv in die Augen schauen, doch mal mit dem Namen<br />

eines Teilnehmers an, der fünf Plätze weiter hinten sitzt. Was glauben<br />

Sie, wer wird antworten?<br />

Die optische Aufforderung in den Kommunikationsmodus zu wechseln<br />

ist also viel stärker ausgeprägt, als die akustische Aufforderung.<br />

Selbstgespräche mit Anderen<br />

Wenn also unser visuelles Wahrnehmen den Kommunikationsmodus<br />

erst einschaltet, was passiert dann, wenn wir telefonieren? Ist Telefonieren<br />

etwa gar kein richtiges Kommunizieren?<br />

Da unser Gehirn beim Telefonieren keine Reize vom Kommunikations-Partner<br />

über den visuellen Kanal bekommt, bleibt es quasi in einer<br />

Art Selbstgesprächsmodus.<br />

Mit faszinierenden Folgen: Telefonieren ist pures Kommunizieren<br />

(nur) über Sprache und Stimme - und ohne (!) das horden- und stammestypische<br />

Gehabe, mit dem wir sonst unsere Stellung in der Sippe<br />

291


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

(Gesellschaft) behaupten. Wir müssen uns in diesem Modus nicht verstellen<br />

und so tun als ob.<br />

Die Mauern des Seins<br />

Heißt das nun, dass Kommunizieren übers Telefon rein sachlich und<br />

emotionslos stattfindet? Ganz bestimmt nicht. Und dennoch wirken<br />

hier andere Gesetze, als wenn wir unseren Gesprächspartner auch<br />

sehen und ihm gegenüberstehen (oder sitzen).<br />

Dazu muss ich etwas ausholen: Unser Selbst („Ich bin.“) ist für andere<br />

in der Regel erst einmal verborgen. In unserer Erziehung haben wir<br />

gelernt, was beziehungsweise wer wir angeblich sind. Unsere Eltern<br />

(und andere an unserer Entwicklung beteiligte Personen) haben es uns<br />

immer wieder gesagt: „Du bist ...!“<br />

Es war und ist dieser eine Satz, den wir immer und immer wieder<br />

hören: „Du bist ein liebes Kind.“ – „Du bist ein böses Kind.“. „Du<br />

bist ein ungezogenes Mädchen“ – „Du bist ein fauler Junge.“. „Du bist<br />

frech/verlogen/vorlaut/unpünktlich/unmöglich …!“<br />

Ihnen fallen sicher noch viele weitere Variationen von „Du bist …–<br />

Aussagen“ ein.<br />

Dabei sind wir gar nicht so: Was hier nämlich gemeint ist, ist nur<br />

unser Verhalten! Nicht aber unser Sein!<br />

Es müsste also heißen, „Du bist ein liebenswerter Mensch, und Dein<br />

Verhalten (!) ist jetzt gerade so oder so und damit nicht in Ordnung.“<br />

Leider wird dieses „Du bist …“ in unserem Sprachgebrauch sehr<br />

häufig falsch benutzt. Mit fatalen Folgen.<br />

Verhalten und Sein sind nicht das Gleiche!<br />

Instinktiv wissen wir das. Aber so ist das mit den Glaubenssätzen in<br />

unserem Leben. Wenn wir etwas nur früh genug und oft genug gesagt<br />

bekommen, dann nehmen wir einfach an, dass es so ist.<br />

292


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

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Und weil wir so nicht sein wollen, bauen wir in unserem Leben<br />

Mauern um unseren wahren Kern herum. Im tiefsten Innern schlummert<br />

dann unser wahres „Ich bin …“.<br />

Um diesen inneren Kern haben wir die Mauer „Ich befürchte, dass<br />

ich wirklich so bin.“ – „Ich will aber kein böses Kind sein.“ aufgebaut.<br />

Und damit davon auch wirklich niemand etwas mitbekommt, bauen<br />

wir die nächste Mauer (noch höher) um uns herum, die da heißt: „Um<br />

gut zu wirken, tue ich so, als ob ich so bin...“ Und so laufen wir dann durchs<br />

Leben.<br />

Abbildung 14: Die Mauern der Persönlichkeit<br />

Damit glauben wir uns gut gerüstet für das, was wir als horden- und<br />

stammestypisches Gehabe oder moderne Sozial-Rang-Spiele kennen.<br />

Nach dem Motto mein Haus, mein Boot, mein Auto, mein sozialer<br />

Status, mein Erfolg.<br />

Beispiel gefällig? „Ich bin ein großartiger, einfühlsamer und emotionaler<br />

Mensch. Aber ich fürchte, dadurch bin ich sehr verletzlich. Daher<br />

tue ich mal lieber so, als ob ich besonders cool und tough bin.“<br />

Und dieser „Ich tue so …-Modus“ wird immer genau dann eingeschaltet,<br />

wenn wir unseren „Gesprächspartner“ sehen (!). Erst der visuelle<br />

Kontakt ist der Auslöser für den „Ich-schlag-Rad“- oder „Ich-zeige-die-<br />

293


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Zähne“-Modus. Wenn kein Weibchen oder kein Feind zusieht, wäre das<br />

ja auch sonst reine Energieverschwendung.<br />

Ja, sogar im Tierreich werden eifrig „Ich-tue-so-als-ob-Mauern“ gebaut:<br />

Wenn zum Beispiel in einem Wolfsrudel ein Tier verletzt ist, wird es so<br />

lange wie möglich so tun, als ob nichts geschehen wäre. Schwäche<br />

zeigen, bedeutet gnadenloser Abstieg in der Rangordnung und kann<br />

sogar den Tod bedeuten.<br />

Wen wundert es da, dass auch wir Menschen dieses Spiel perfekt<br />

beherrschen.<br />

Und was hat das alles mit dem <strong>Coaching</strong> übers Telefon zu tun?<br />

Es ist eindeutig klar, dass erst der visuelle, optische Kontakt mit<br />

anderen Menschen der Auslöser für dieses Sozialgehabe ist. Jeder<br />

Coach oder Therapeut kennt das. Aber auch jeder Lebenspartner, jeder<br />

Vorgesetzte oder jeder Verkäufer. Erst nach einer Phase der Vertrauensbildung<br />

und des gegenseitigen Abklopfens, werden die Mauern die<br />

wir um uns herum aufgebaut haben so nach und nach kleiner. Jede<br />

erfolgreiche Persönlichkeitsarbeit kann erst dann beginnen, wenn wir<br />

mit dem wahren Kern, dem echten „Ich bin …“ kommunizieren.<br />

Wer (bzw. wann) sind wir wirklich?<br />

Mal Hand aufs Herz, lieber Leser: Schlagen Sie auch manchmal Rad<br />

oder zeigen Ihre Zähne, obwohl Sie in Wirklichkeit ganz anders sind?<br />

Bestimmt. Ich tu's auch.<br />

Jetzt, genau in diesem Augenblick, in dem Sie diese Zeilen hier lesen,<br />

sind Sie da alleine und ungestört? Und wenn ja, wie ist Ihr Verhalten?<br />

Ziehen Sie den Bauch ein und tun so, als ob Sie besonders schlank und<br />

attraktiv sind? Sitzen Sie sehr gerade, obwohl ihnen gar keiner dabei<br />

zusieht und daraus schließt, was für ein aufrechter Mensch Sie sind?<br />

Und richten Sie, jetzt, wo ich Sie persönlich anspreche, Ihre Krawatte<br />

gerade, weil Sie so ordentlicher und zuverlässiger wirken?<br />

Ich spekuliere mal: Da Sie gerade alleine und ungestört sind, ist es<br />

Ihnen völlig egal, wie Sie wirken. Es sieht (!) Sie ja keiner. Vielleicht<br />

294


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

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sitzen Sie sogar auf dem Klo und lesen unser Buch. Entspannen Sie<br />

sich. Es ist mir egal. Ich sehe (!) es ja nicht.<br />

Genau das ist es! Ohne den visuellen Kanal können wir viel eher so<br />

sein, wie wir wirklich sind. Und da beim Telefonieren der visuelle<br />

Kanal ausgeschaltet bleibt, sagt uns unser Unterbewusstsein: „Entspann<br />

Dich, Du kannst so sein, wie Du wirklich bist.“<br />

Am Telefon sind also unsere Persönlichkeits-Mauern viel niedriger,<br />

als bei jedem Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Oft sind diese<br />

Mauern gar nicht mehr erkennbar und wir kommen als Coach über das<br />

Telefon sehr viel schneller zum Kern des Menschen.<br />

Zum wahren Sein und zum „Ich bin wirklich ...“.<br />

Aber fehlt da nicht was?<br />

Angeblich findet unsere Kommunikation zu ca. 90 Prozent nonverbal<br />

statt. Manche Quellen gehen sogar von einer noch viel höheren<br />

Quote aus! Das bedeutet also, dass nur höchstens zehn Prozent der<br />

Kommunikation über den Audio-Kanal, das Hören, stattfinden. Heißt<br />

das nun etwa, dass mindestens 90 Prozent der Information verloren<br />

gehen? Dass die Qualität des Gespräches über das Telefon schlechter<br />

ist, als wenn wir uns dabei in die Augen sehen?<br />

Ganz sicher nicht. Unser Gehirn ist überaus effizient und effektiv!<br />

Es findet immer ein Ausgleich statt. Die freien Kapazitäten, die durch<br />

das Fehlen von nonverbalen Kanälen entstehen, liegen nicht etwa<br />

brach, sondern werden umgehend dem Audio-Kanal zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Das heißt, wir sind ohne den visuellen Kanal auf unserem auditiven<br />

Kanal viel sensitiver. Wir hören Dinge, die wir sonst nicht hören, bzw.<br />

wahrnehmen.<br />

Der Filter in unserem Ohr wird durchlässiger. Wir nehmen plötzlich<br />

die kleinste Pause, das kleinste Zögern wahr. Jedes "Hmhm" und jedes<br />

Räuspern gewinnt an Bedeutung. Unsere ganze Aufmerksamkeit richtet<br />

295


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

sich nun auf das Hören. Das alles geschieht vollkommen automatisch,<br />

wenn wir telefonieren.<br />

Was ist ihre Lieblingsmusik? Wenn Sie Ihre Kopfhörer aufsetzen,<br />

wollen sie den Klang noch intensiver hören. Und manchmal, bei den<br />

besonders leisen Stellen, schließen Sie schon mal die Augen, um die<br />

Musik intensiver zu genießen.<br />

Erforschen sie selbst: Bitte hören Sie mal Musik mit offenen Augen.<br />

Wie intensiv hören Sie die Musik? Wie intensiv sind andere Sinne oder<br />

Ihr Körper beteiligt? Wie gefällt Ihnen dies Erlebnis? Nun schließen<br />

Sie bitte die Augen. Was verändert sich? Wie hören Sie jetzt? Was entdecken<br />

Sie?<br />

Wenn sie einmal besonders eindrucksvoll erleben wollen, was passiert,<br />

wenn unser Sehsinn Pause hat, dann besuchen Sie einmal die<br />

„unsicht-Bar ® “ in Berlin, das größte Dunkelrestaurant weltweit. Beeindruckend.<br />

Wie viele Sinne hat der Mensch?<br />

Haben wir fünf Sinne? Und was ist mit dem viel zitierten sechsten<br />

oder gar siebten Sinn? Oder haben wir sogar zwölf Sinne wie es der<br />

Anthroposoph Rudolf Steiner einst postulierte? 98<br />

Wie dem auch sei, wenn Menschen einen Sinneskanal verlieren, oder<br />

wenn ein Sinn von Geburt an fehlt, dann entwickelt sich häufig ein<br />

anderer Kanal sehr viel stärker und wird den Mangel mehr als ausgleichen.<br />

98 Die zwölf Sinne nach Rudolf Steiner sind: 1. Ich-Sinn (Individualität: wichtig für<br />

Beziehung.), 2. Gedanken-Sinn (Intuition - erfasst z. B. Zusammenhang zwischen<br />

Ursache und Wirkung), 3. Worte- oder Sprach-Sinn (der Sinn für die Sprache an<br />

sich) – Diese ersten drei Sinne haben nur höhere Lebewesen wie z. B. der Mensch,<br />

4. Hör-Sinn, 5. Seh-Sinn, 6. Geschmacks-Sinn, 7. Geruchs-Sinn, 8. Tast-Sinn-Sinn –<br />

4. bis 8. sind die klassischen fünf Sinne, 9. Wärme-Sinn (Bewusstsein für warm und<br />

kalt, 10. Gleichgewichts-Sinn (Gefühl für rechts & links, oben & unten, vorne &<br />

hinten), 11. Bewegungs-Sinn (Bedürfnis nach Bewegung), 12. Lebens-Sinn (sich<br />

wohl- oder unwohl fühlen, müde o. ausgeruht, gesund o. krank, hungrig o. satt),<br />

vgl. Steiner (1963).<br />

296


V Exkurse<br />

Was war zuerst: Bild oder Ton? – Biologische und anthropologische Aspekte des<br />

Tele<strong>Coaching</strong>s (Thomas Göller)<br />

__________________________________________________<br />

Genau das geschieht auch kurzfristig, wenn wir telefonieren und<br />

dabei auf die optischen Eindrücke von unserem Gesprächspartner<br />

verzichten (müssen).<br />

Was war denn nun zuerst: Bild oder Ton?<br />

Kommen wir zurück zu der Frage, mit der wir begonnen haben:<br />

Das Bild war also eindeutig zuerst da. Erst im Laufe der Zeit kam der<br />

Ton dazu. Unser Gehirn hat also in Jahrmillionen gelernt, die Bilder<br />

von Menschen zu interpretieren. Ihre Mimik, ihre Gestik und ihre<br />

Körperhaltung.<br />

Doch mit der Erfindung des Telefons hat sich unser Gehirn auf eine<br />

neue Art der Kommunikation eingestellt, die nur über Sprache und<br />

Geräusche übertragen wird. Und wie wir gesehen haben, ergeben sich<br />

daraus (mindestens) zwei entscheidende Vorteile: Die Kommunikation<br />

ist einerseits intensiver und andererseits vorurteilsloser und direkter.<br />

Wann greifen Sie zum Telefon und erleben <strong>Coaching</strong> <strong>2.0</strong>?<br />

297


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit –<br />

Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

Im Abschnitt I wurden aktuelle <strong>Coaching</strong>-Trends vorgestellt, von<br />

denen diese drei zu Beginn dieses Kapitels in Erinnerung gerufen werden<br />

sollen: 99<br />

„In einer globalisierten Arbeitswelt werden international operierende<br />

Netzwerke einen klaren Wettbewerbsvorteil haben.“<br />

„Management und Administration von <strong>Coaching</strong>-Dienstleistungen<br />

werden künftig verstärkt an externe, international operierende<br />

Dienstleister übertragen.“<br />

„Das Telefon wird in einer flexibilisierten und dezentralisierten<br />

Arbeitswelt zum Hauptarbeitsinstrument im <strong>Coaching</strong>.“<br />

Im Weiteren wird mit dem BORA TeleCoachNetwork ein<br />

Geschäftsmodell vorgestellt, das diesen Anforderungen in besonderer<br />

Weise gerecht wird. Dabei ist nicht die Netzwerkbildung an sich innovativ,<br />

sondern der Art und Weise des Zusammenwirkens von starken<br />

Individualitäten innerhalb einer intelligenten Netzwerkstruktur. Die so<br />

entstehende Identität in der Vielfalt ermöglicht einen kraftvollen<br />

Marktauftritt sowie die professionelle Umsetzung von verschiedensten<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Formaten für unterschiedliche Zielgruppen im nationalen<br />

und internationalen Kontext. Das BORA TeleCoachNetwork kann<br />

derzeit <strong>Coaching</strong>-Mandate in den Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch,<br />

Italienisch, Spanisch, Niederländisch und Polnisch übernehmen.<br />

Die BORA TeleCoachs sind aktuell in der Schweiz, in Deutschland,<br />

Frankreich, Niederlande, USA und Südafrika ansässig. Kundenaufträge,<br />

die über die derzeitigen Netzwerkkompetenzen hinausgehen, sind<br />

immer wieder Anlass, entsprechende Kandidaten zur Mitarbeit im<br />

BORA TeleCoachNetwork einzuladen.<br />

99 Vgl. <strong>Coaching</strong> – Zukunftstrends, S. 17 ff.<br />

298


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

Das BORA Geschäftsmodell<br />

Das BORA TeleCoachNetwork ist als ein Geschäftsbereich der<br />

BORA International GmbH ein internationaler Zusammenschluss von<br />

Coachs unter der Dachmarke BORA verbunden durch ihre Bereitschaft<br />

und Fähigkeit, innerhalb des Netzwerks hauptsächlich am Telefon<br />

zu arbeiten. Das BORA TeleCoachNetwork stellt eine Aktionsplattform<br />

dar, auf der die selbständigen Netzwerkmitglieder die Art<br />

und den Grad ihres Engagements selbst frei bestimmen. Die Mitglieder<br />

können sich gleichzeitig in drei Aktionsbereichen engagieren, nämlich<br />

in der Auftragsabwicklung als TeleCoachs, in der der Kundengewinnung<br />

und –Betreuung als Account-Manager sowie bei der Geschäftsentwicklung<br />

als Produktmanager. Die Koordination dieser Aktionsbereiche<br />

erfolgt durch das Netzwerkmanagement. Jede der genannten<br />

Rollen partizipiert nach Maßgabe ihres Beitrags an den realisierten<br />

Geschäftsumsätzen.<br />

Diese Form der Kooperation erlaubt es jedem Mitglied, seine besonderen<br />

Fähigkeiten so in das Netzwerk einzubringen, dass sie dort eine<br />

größere ökonomische Wirksamkeit entfalten als bei einer rein auf sich<br />

allein gestellten Tätigkeit. Weil dabei die Selbständigkeit vollumfänglich<br />

erhalten bleibt, wird diese Form der Kooperation als synergetisches Unternehmertum<br />

bezeichnet.<br />

Die Mitgliedschaft im BORA TeleCoachNetwork ist kostenfrei,<br />

Aufnahmegebühren oder laufende Mitgliedsbeiträge werden nicht<br />

erhoben. Die Finanzierung des Netzwerkmanagements erfolgt über die<br />

laufenden Geschäftsumsätze.<br />

Die Rolle des TeleCoachs<br />

Als TeleCoach übernimmt das Netzwerkmitglied einzelne <strong>Coaching</strong>-<br />

Mandate. Er wird aufgrund seiner besonderen Qualifikationen und<br />

Arbeitsschwerpunkte durch den Account-Manager eingeladen in Kundenprojekten<br />

mitzuwirken. Der TeleCoach ist frei, diese Einladung<br />

anzunehmen oder abzulehnen. Trotz standardisierter <strong>Coaching</strong>-For-<br />

299


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

mate und –Produkte gibt es keinen einheitlichen BORA <strong>Coaching</strong>-<br />

Ansatz. Der TeleCoach tritt als Individualität auf, die mit ihren persönlichen<br />

Mitteln und Möglichkeiten <strong>Coaching</strong>-Aufträge bearbeitet. Die<br />

methodische Vielfalt ist ausdrücklich gewollt. Was allein zählt, ist das<br />

Ergebnis, das nach dem Abschluss eines Mandates nach einheitlichen<br />

Kriterien evaluiert wird.<br />

Das Netzwerk-Management stellt sicher, dass für die akquirierten<br />

Kundenprojekte eine hinreichende Anzahl von TeleCoachs mit den<br />

erforderlichen Qualifikationen bereitsteht. Die Rekrutierung von Tele-<br />

Coachs erfolgt unter nachstehenden Gesichtspunkten:<br />

• Eine in Hinblick auf die <strong>Coaching</strong>-Schwerpunkte und Zielgruppen<br />

adäquate Berufserfahrung als Linienverantwortlicher und<br />

Coach nachgewiesen durch entsprechende Referenzen.<br />

• Eine adäquate Aus- und Weiterbildung sowie entsprechende<br />

Qualifikationen und methodisches Wissen nachgewiesen durch<br />

entsprechende Zertifikate.<br />

• Eine klare Profilierung als Coach, die standardisiert mittels<br />

Bewerbungsformular abgefragt wird und sowohl die Philosophie<br />

als auch die konkrete Herangehensweise erläutert.<br />

Der TeleCoach ist verpflichtet an den vierteljährlichen telefonischen<br />

Netzwerkkonferenzen sowie an den intern angebotenen Fortbildungsmaßnahmen<br />

teilzunehmen.<br />

Die Rolle des Account Managers<br />

In der Rolle des Account Managers begeistert das Netzwerkmitglied<br />

potenzielle Kundenunternehmen von der Zusammenarbeit mit dem<br />

BORA TeleCoachNetwork. Hierbei bringt es entweder bestehende<br />

Kundenbeziehungen in das Netzwerk ein oder es akquiriert unter der<br />

Dachmarke BORA neue Kunden am Markt. Auf dem Hintergrund des<br />

gesamten Netzwerkpotenzials kann das Netzwerkmitglied, das bei<br />

eigenen Kunden bisher nur Aufträge im Rahmen des persönlichen<br />

Fähigkeitspotenzials akquirieren konnte, seiner persönlichen Akquisiti-<br />

300


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

onstätigkeit eine starke zusätzliche Hebelwirkung verschaffen. In der<br />

Rolle des Account Managers kann das Netzwerkmitglied jetzt glaubwürdig<br />

im großen Stil Aufträge einwerben, die bisher außerhalb seiner<br />

persönlichen Reichweite lagen. An diesen Aufträgen partizipiert das<br />

Netzwerkmitglied auch dann mit einem bestimmten Umsatzanteil,<br />

selbst wenn es an der Auftragsabwicklung als TeleCoach nicht unmittelbar<br />

beteiligt sein sollte.<br />

Über die Akquisition hinaus ist der Account Manager auch für die<br />

Kundenbetreuung zuständig. Er steht in direktem Kontakt mit dem<br />

Kunden und wickelt – in Abstimmung mit dem Netzwerkmanagement<br />

– die Kundenprojekte ab. Der Account Manager ist somit, modern<br />

gesprochen, das One-face-to-the-customer und bleibt damit Herr und<br />

Gestalter dieser Kundenbeziehung.<br />

In der Rolle des Account Managers trägt das Netzwerkmitglied<br />

wesentlich zur Geschäftsentwicklung des BORA TeleCoachNetwork<br />

bei, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Denn je nach seinen<br />

persönlichen Präferenzen und seinem individuellen Marktzugang wird<br />

das Netzwerkmitglied diese oder jene Kunden auf zunächst solche<br />

Produkte ansprechen, bei denen es sich selbst unmittelbar in die<br />

Umsetzung als TeleCoach einbringen kann. Dann hat es als Verkäufer<br />

nicht nur die höchste Glaubwürdigkeit, sondern als Account Manager<br />

und TeleCoach auch einen größeren Umsatzanteil an den realisierten<br />

Projekten.<br />

Die Rolle des Produkt Managers<br />

Jedes Netzwerkmitglied ist eingeladen, seine Kompetenzen nicht nur<br />

als TeleCoach in konkrete Kundenprojekte einzubringen, sondern aus<br />

seinem Kompetenzportfolio neue Netzwerk-Produkte zu kreieren, die<br />

den Kunden des BORA TeleCoachNetwork angeboten werden können.<br />

Zu der Aufgabe des Produktmanagers gehören sowohl die<br />

Erstellung von entsprechenden Verkaufsunterlagen, mittels derer<br />

Kunden von der Anwendung des neuen Produkts überzeugt werden<br />

können, als auch die Produktdokumentation, mittels derer die Netzwerk-Coachs<br />

zur Lieferung des Tele<strong>Coaching</strong>-Produkts befähigt wer-<br />

301


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

den. Gegebenenfalls führt der Produktmanager auch selbst entsprechende<br />

Trainings durch. Je nach Komplexität des Produkts partizipiert<br />

der Produktmanager ebenfalls mit einem bestimmten Anteil an den mit<br />

seinem Produkt erzielten Umsätzen.<br />

Das Netzwerkmanagement<br />

Das Netzwerkmanagement schließlich bietet den Rahmen, innerhalb<br />

derer die beschriebenen Netzwerkfunktionen synergetisch agieren<br />

können. Damit sind insbesondere folgende Aufgaben verbunden:<br />

• Pflege und Entwicklung des Markenauftritts.<br />

• Definition und Umsetzung der Netzwerkstrategie unter<br />

Einbeziehung der Account Manager.<br />

• Rekrutierung von neuen Netzwerkmitgliedern.<br />

• Bereitstellung der IT-Infrastruktur.<br />

• Steuerung und Administration aller Geschäftsprozesse.<br />

• Definition und Sicherstellung der Einhaltung aller Qualitätsstandards.<br />

Nicht zuletzt wird durch das Netzwerkmanagement die Zusammenarbeit<br />

aller Netzwerkfunktionen koordiniert. Hierzu gehören die<br />

Durchführung von regelmäßigen Telefonkonferenzen zum Informationsaustausch<br />

zwischen den Mitgliedern sowie die Koordination von<br />

sonstigen Netzwerkaktivitäten wie interne Supervisionen, Trainings,<br />

Messeauftritte oder auch die Projekte wie die gemeinschaftliche Produktion<br />

des vorliegenden Buchs.<br />

BORA Tele<strong>Coaching</strong>-Formate<br />

Die folgende Übersicht gibt einen Eindruck von den aktuellen<br />

<strong>Coaching</strong>-Formaten, die derzeit durch das BORA TeleCoachNetwork<br />

realisiert werden:<br />

302


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

• BORA Tele<strong>Coaching</strong>: Telefonisches <strong>Coaching</strong> für alle gängigen<br />

Indikationen für Fach- und Führungskräfte.<br />

• BORA START Programm: Telefonisches Einarbeitungsprogramm<br />

für Fach- und Führungskräfte in neuen Funktionen.<br />

• BORA Expat<strong>Coaching</strong>: Telefonische Begleitung von Fach- und<br />

Führungskräften bei Auslandsentsendungen.<br />

• BORA Strategie<strong>Coaching</strong>: Telefonisches Business<strong>Coaching</strong> für<br />

Führungskräfte auf Basis Strategisches SelbstManagement®.<br />

• BORA Transfer<strong>Coaching</strong>: Telefonische Unterstützung von<br />

Kleingruppen beim Praxistransfer von Erfolgswissen in den<br />

Arbeitsalltag.<br />

• BORA Sales<strong>Coaching</strong>: Telefonische Vertriebsunterstützung für<br />

Vertriebsmitarbeiter in Kleingruppen.<br />

• BORA HR Fach<strong>Coaching</strong>: Telefonisches Praxisforum für HR<br />

Fach- und Führungskräfte in Kleingruppen.<br />

• BORA Team<strong>Coaching</strong>: <strong>Coaching</strong> von Organisationen und<br />

Teams auf Basis von Appreciative Inquiry (wertschätzende Erkundung).<br />

Qualitätssicherung<br />

Der Erfolg des BORA TeleCoachNetwork als reines People Business<br />

steht und fällt mit der Qualifikation der Mitwirkenden und der in der<br />

Tele<strong>Coaching</strong>-Praxis erzielten Qualität.<br />

Daher wird bereits beim Rekrutierungsprozess auf eine entsprechende<br />

Passung der Kandidaten geachtet. Neben aussagekräftigen<br />

Bewerbungsunterlagen und ausführlichen Interviews werden Referenzen<br />

von Klienten und Auftraggebern gründlich geprüft.<br />

Darüber hinaus wird mittels eines standardisierten Reportings durch<br />

Klient und Coach während und am Ende eines jeden <strong>Coaching</strong>-Man-<br />

303


V Exkurse<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit – Das BORA TeleCoachNetwork<br />

(Ralf Borlinghaus)<br />

__________________________________________________<br />

dats an das Netzwerkmanagment und den Auftraggeber sichergestellt,<br />

dass bei etwaigen Problemen sofort und wirksam interveniert werden<br />

kann.<br />

Durch regelmäßige Telefonkonferenzen und jährliche Netzwerktreffen<br />

werden ein intensiver Erfahrungsaustausch und eine wechselseitige<br />

Supervision der TeleCoachs sichergestellt. Nicht zuletzt ist die vorliegende<br />

Publikation, die sich aus den praktischen Erfahrungen der<br />

Netzwerkarbeit speist, Ausdruck einer qualitätsorientierten Haltung, in<br />

der das eigene Tun ständig begründet, hinterfragt und weiterentwickelt<br />

wird.<br />

BORA Academy<br />

Wem es wie uns ein Anliegen ist, dem Telefon als zentralem<br />

<strong>Coaching</strong>-Instrument für Einzelne und Gruppen zum Durchbruch zu<br />

verhelfen, der ist aufgefordert, das eigene Wissen und die gesammelte<br />

Erfahrung einer interessierten Öffentlichkeit verfügbar zu machen.<br />

Dies ist in einem ersten Schritt mit dieser Buchveröffentlichung<br />

geschehen. Dabei bleibt es nicht. Mit einem differenzierten Online-<br />

Schulungsangebot rund um das Thema Tele<strong>Coaching</strong> geben wir<br />

Coach-Kollegen und Unternehmen die Chance, von unserem Knowhow<br />

rund um das Thema Tele<strong>Coaching</strong> zu profitieren und sich die<br />

Welt des Telefons als <strong>Coaching</strong>-Instrument zu erschließen.<br />

Informieren Sie sich über aktuelle Schulungen und Veranstaltungen<br />

unter www.bora-consulting.com.<br />

Mitglied im BORA TeleCoachNetwork werden<br />

Wenn Sie als Coach an einer Mitarbeit im BORA TeleCoachNetwork<br />

interessiert sind, sprechen Sie uns an. Die Ansprechpartner finden Sie<br />

im Autorenverzeichnis.<br />

304


Anhang<br />

Literatur<br />

__________________________________________________<br />

Anhang<br />

Literatur<br />

Borlinghaus, Ralf: Strategisches SelbstManagement. Berufliche Herausforderungen erfolgreich<br />

meistern. Eine Anleitung zum Selbst-<strong>Coaching</strong>, BORA TEXT (www.daserfolgsbuch.com),<br />

Kreuzlingen (Schweiz), 2008.<br />

Berendt, Joachim Ernst: Nada Brahma. Die Welt ist Klang, Insel, Frankfurt a.M., 1983.<br />

Grinder, John/ Bandler, Richard: Therapy in Trance, Stuttgart 1984, zitiert nach Moll<br />

(2006).<br />

Baur, Angelika: Weiterbildung Organisationsaufstellung, Teilnehmerunterlagen,<br />

unveröffentlicht, 2009.<br />

Besser-Siegmund, Cora/ Siegmund, Harry: Erfolge bewegen. Coach limbic, Junfermann,<br />

Paderborn, 2003.<br />

Besser-Siegmund, Cora/ Siegmund, Harry: EMDR im <strong>Coaching</strong> – wie der Flügelschlag eines<br />

Schmetterlings, Junfermann, Paderborn, 2001.<br />

Blume-Matzke, Helga: Was passiert beim wingwave-<strong>Coaching</strong>? Ein neues und verblüffend<br />

effizientes Verfahren zum Stressabbau und zur Stabilisierung der Persönlichkeit,<br />

www.wingwave.com, 2009.<br />

Coelho, Paul: Brida, Haper, London, 2009.<br />

Gallo, Fred P.: Energy Psycholgy – Energetische Psychotherapie. Ein Einführungsworkshop mit<br />

Fred Gallo, DVNLP, Future Tools III, Joachimsthal, 2006.<br />

Gallo, Fred, P.: EDxTM TM Trainingsmanual Levels I – IV, inklusive ausgewählter Protokolle,<br />

deutsche Ausgabe: IAK Institut für Angewandte Kinesiologie GmbH, 2.<br />

erweiterte Auflage, Kirchzarten, 2006.<br />

Gallo, Fred, P./ Vicenzi, Harry: Gelöst – entlastet – befreit. Klopfakupressur bei emotionalem<br />

Stress, 5. Auflage, VAK Verlags GmbH, Kirchzarten, 2007.<br />

Gray, John: Männer sind anders. Frauen auch, Sonderausgabe 2002, 1. Auflage, Goldmann,<br />

München, 2002.<br />

Hausmann, Markus/ Bayer, Ulrike: Hormonelle Harmonie, in: Gehirn und Geist, Heft Nr.<br />

9, p. 60 – 65, 2009.<br />

IFAPP (Institut für angewandte positive Pychologie), Teilnehmerunterlagen zum NLP<br />

Master Kurs 08M10, unveröffentlicht, 2008.<br />

Kaweh, Babak: Das <strong>Coaching</strong>-Handbuch für Ausbildung und Praxis, 2. unveränderte<br />

Auflage, VAK Verlags GmbH, Kirchzarten, 2008.<br />

305


Anhang<br />

Literatur<br />

__________________________________________________<br />

Klein, Hans-Michael/ Kresse, Albrecht: Psychologie – Vorsprung im Job. Die Gesetzte der<br />

Psychologie verstehen und anwenden. Menschen psychologisch beeinflussen. Sich vor<br />

Manipulationstechniken schützen, Cornelsen, Berlin, 2006.<br />

Krämer, Gesa/ Quappe, Stephanie: Interkulturelle Kommunikation mit NLP, uni-edition,<br />

Berlin, 2006.<br />

Krummbier, Dagmar: Sie sagt, er sagt, Kommunikationspsychologie für Partnerschaft, Familie<br />

und Beruf, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2006.<br />

Lipke, Howard: EMDT & andere Ansätze der Psychotherapie – ein integratives Modell,<br />

Junfermann, Paderborn, 2001.<br />

Migge, Björn: Handbuch <strong>Coaching</strong> und Beratung. Wirkungsvolle Modelle, kommentierte<br />

Falldarstellungen, zahlreiche Übungen, 2. überarbeitete Auflage, Beltz, Weinheim, 2007.<br />

Moll, Alexandra: Der große Zauberlehrling, Teil 2, Junfermann, Paderborn, 2006.<br />

O' Connor, Joseph/ Seymour, John: Neurolinguistisches Programmieren: Gelungene<br />

Kommunikation und persönliche Entfaltung, 18. Auflage, VAK Verlag für angewandte<br />

Kinesiologie, Kirchzarten, 2009.<br />

Pease, Allan/ Pease Barbara: Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken,<br />

1. ungekürzte Sonderauflage (englische Originalausgabe 1998), Ullstein, Berlin,<br />

2007.<br />

Rauen, Christopher (Hrsg.): Handbuch <strong>Coaching</strong>, 3. überarb. und erw. Aufl., Hogrefe,<br />

Göttingen-Bern-Wien [u.a.], 2005.<br />

Schröder, Jörg Peter: Der Omega-Faulpelz, Die Weniger-ist-mehr-Erfolgststrategie, GABAL<br />

Verlag GmbH, Offenbach, 2006<br />

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden 1, Störungen und Erklärungen,<br />

Allgemeine Psychologie der Kommunikation, Reinbek bei Hamburg, 1981,<br />

Sonderausgabe 2006.<br />

Schulz von Thun, Friedmann: Miteinander Reden 3, Das „Innere Team“ und situationsgerechte<br />

Kommunikation. Kommunikation, Person, Situation, Reinbek bei Hamburg, 1981,<br />

Sonderausgabe Nov. 2006.<br />

Steiner, Rudolf: Die zwölf Sinne des Menschen, Vortrag vom 20. Juni 1916, in:<br />

Weltwesenheit und Ichheit, Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Band 169, Rudolf<br />

Steiner Verlag, Dornach, 1963.<br />

Simmerl, Claudia: Wingwave-<strong>Coaching</strong> gegen Trennungsschmerz am Telefon, in: Besser-<br />

Siegmund, Cora/ Siegmund, Harry (Hrsg.): Erfolge zum Wundern. wingwave in<br />

Aktion. Fünfzig und eine <strong>Coaching</strong>geschichte, Junfermann, Paderborn, 2009.<br />

Vester, Frederic: Denken, Lernen, Vergessen, dtv Sachbuch, Neuauflage 1998, München,<br />

1975.<br />

Watzlawik, Paul/ Beavin, Janet H./ Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation -<br />

Formen, Störungen, Paradoxien, Huber, Bern, 1969.<br />

306


Anhang<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

__________________________________________________<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Beispielrechnung Tele<strong>Coaching</strong> vs. Präsenz<strong>Coaching</strong><br />

(Quelle: Ralf Borlinghaus) ................................................................................................ 64<br />

Abbildung 2: Telefone von low-tech bis high-tech<br />

(Quelle: Thomas Göller/ Fotolia.de) ............................................................................. 75<br />

Abbildung 3: Das gute alte Telefon<br />

(Quelle: Thomas Göller/ Fotolia.de) ............................................................................. 75<br />

Abbildung 4: Duo-Headset<br />

(Quelle: (Thomas Göller/ Fotolia.de)............................................................................ 82<br />

Abbildung 5: <strong>Coaching</strong>-Monitor<br />

(Quelle: Ralf Borlinghaus) .............................................................................................. 104<br />

Abbildung 6: Feedback-Formular<br />

(Quelle: Ralf Borlinghaus) .............................................................................................. 106<br />

Abbildung 7: Augenzugangshinweise<br />

(Quelle: Maren Kaiser) .................................................................................................... 201<br />

Abbildung 8: wingwave-<strong>Coaching</strong><br />

(Quelle: www.wingwave.com)........................................................................................ 218<br />

Abbildung 9: Kinesiologischer Muskeltest<br />

(Quelle: Maren Kaiser) .................................................................................................... 219<br />

Abbildung 10: Beispiel (1) Aufstellungsarbeit mit Softwareunterstützung<br />

(Quelle: Maren Kaiser/ www.lpscocoon.de) .............................................................. 241<br />

Abbildung 11: Beispiel (2) Aufstellungsarbeit mit Softwareunterstützung<br />

(Quelle: Maren Kaiser/ www.lpscocoon.de) .............................................................. 242<br />

Abbildung 12: Ergebnisse Pilotstudie Tele<strong>Coaching</strong><br />

(Quelle: Ralf Borlinghaus) .............................................................................................. 261<br />

Abbildung 13: Seminarformat Strategisches SelbstManagement<br />

Quelle: BORA International .......................................................................................... 285<br />

Abbildung 14: Die Mauern der Persönlichkeit<br />

(Quelle: Thomas Göller:)................................................................................................ 293<br />

Umschlaggestaltung und Karikaturen: Ralf Borlinghaus<br />

307


Anhang<br />

Liste der Gastautoren und Interviewpartner<br />

__________________________________________________<br />

Liste der Gastautoren und Interviewpartner<br />

Iris Amrita Dick – Interview zu Aufstellungen am Telefon,<br />

Hainstraße 5, 95336 Mainleus – Veitlahm, Tel.: +49-9229 974 369,<br />

info@iris-dick-coach.de, www.iris-dick-coach.de.<br />

Ulrich Haist – Textbeitrag: Mein TeleCoach als zuverlässiger Begleiter – Erfahrungsbericht,<br />

Innovation Platform Leader, Cadbury Europe, 3. Av des Uttins, CH-1180 Rolle,<br />

Schweiz, +41-79 788 8468, ulrich.haist@cadbury.com.<br />

Oliver Hauff – Textbeitrag: Unsichtbare Unterstützung bei der Unternehmensentwicklung –<br />

Erfahrungsbericht, Geschäftsführer, Hauff DruckArt GmbH, Viktor-Frankl-Straße 5,<br />

D-86916 Kaufering, +49-8191 9473 100, info@hauff-medien.de,<br />

www.hauff-medien.de.<br />

Robert Geier – Interview zu Hypnose und Trance am Telefon,<br />

Postfach 1353, D-65782 Hattersheim, Tel.: +49 -6190-888 335,<br />

office@seminare-coaching-hypnose.de, www.seminare-coaching-hypnose.de.<br />

Christopher Scheid – Textbeitrag: Alles aus einer Hand – Tele<strong>Coaching</strong> als moderne Service-<br />

Dienstleistung bei der Clariant International Ltd, Leiter Führungskräfteentwicklung,<br />

Clariant, International Ltd, Rothausstraße 41, CH-4132 Muttenz,<br />

Tel.:+41-61-469 7583, christopher.scheid@clariant.com, www.clariant.com.<br />

Lutz Siebert – Textbeitrag: Hybrid-Seminare – Die wirksame Kombination von<br />

Präsenzveranstaltungen und Tele<strong>Coaching</strong> bei der Fraport AG,<br />

Leiter Führungskräfte- und Organisationsentwicklung, Fraport AG,<br />

PSL-PF, D-60547 Frankfurt am Main, Tel: +49-69-690 66415, l.siebert@fraport.de,<br />

www.fraport.de.<br />

Harry Siegmund – Interview zu wingwave-<strong>Coaching</strong> am Telefon, Besser-Siegmund-<br />

Institut für praxisbezogene psychologische Programme GmbH, Mönckebergstr. 11,<br />

D-20095 Hamburg, Tel.: +49-40-3200 4936, info@besser-siegmund.de,<br />

www.besser-siegmund.de.<br />

Claudia Simmerl –Interview zu wingwave-<strong>Coaching</strong> am Telefon<br />

Kommunikationstraining Simmerl GbR, Vandaliastraße 7, 96215 Lichtenfels,<br />

Tel.: +49-9571-4333, claudia@simmerl.de, www.simmerl.de.<br />

Carsten Spillner – Erfahrungsbericht: Selbst ist der Mensch,<br />

Vice President Business Development and Sales, Simfonics Iberia, Avenida de la<br />

Vega 1, 28108 Alcobendas, Spanien, +34 6444 26 760, carsten.spillner@gmail.com.<br />

308


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Autorenprofile<br />

Dr. Ralf Borlinghaus<br />

Dr. Ralf Borlinghaus, Jahrgang 1965, ist Geschäftsführer der<br />

schweizerischen BORA International GmbH und Gründer des BORA<br />

TeleCoachNetwork. Er ist als Management-Coach und -Berater sowie<br />

als Autor aktiv. Dabei greift Ralf Borlinghaus auf langjährige Erfahrung<br />

im Personalgeschäft als Spezialist und Generalist im internationalen<br />

Umfeld zurück mit Stationen u. a. in Frankfurt, Brüssel und Zürich.<br />

Die globalisierte Arbeitswelt hat er als Berater und Manager auf<br />

betrieblicher, regionaler und globaler Konzernebene kennen gelernt<br />

und mitgestaltet. Nach seiner Promotion in Philosophie an der<br />

Universität Heidelberg setzte er sich mit den Spielregeln des<br />

Wirtschaftslebens während seiner betriebswirtschaftlichen Studien in<br />

St. Gallen auseinander.<br />

Kontaktdaten<br />

BORA International GmbH<br />

Besmerweg 14<br />

CH-8280 Kreuzlingen<br />

Tel.-CH: +41 44 586 6157<br />

Tel.-D: +49 7531 209 384<br />

ralf.borlinghaus@bora-consulting.com<br />

www.bora-consulting.com<br />

309


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Dorothee Bornath<br />

Dorothee Bornath, Jahrgang 1966 arbeitet seit zwölf Jahren<br />

erfolgreich als Coach und Trainerin am Telefon. Daneben ist Sie als<br />

Moderatorin von Veränderungsprozessen in der Stadt- und<br />

Regionalentwicklung aktiv. Als Diplom-Ingenieurin für Umweltschutz<br />

war Sie fünf Jahre Geschäftsführerin eines Ingenieurbüros. Ihre Liebe<br />

zu der Entwicklung und das Wachstum von Menschen statt der<br />

Bearbeitung technischer Verfahren führte sie in die<br />

Erwachsenenbildung und Beratung. Als Coach und Moderatorin von<br />

Veränderungsprozessen arbeitet sie gerne mit Ansätzen wie<br />

beispielsweise Open Space und Appreciative Inquiry.<br />

Kontaktdaten<br />

Schmerwitz 12c<br />

D-14827 Wiesenburg<br />

Tel.: +49 33849 905 23<br />

mail@bornath.de<br />

www.bornath.de<br />

310


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Stephan Josef Dick<br />

Stephan Josef Dick, Jahrgang 1964, ist Diplom-Sozialpädagoge. Er<br />

unterstützt Unternehmer, Führungskräfte und Vertriebler, besonders<br />

im Bereich Mitarbeiterführung und Kundenmanagement, ihr Potenzial<br />

zu entfalten. Seinen Schwerpunkt legt er auf die Analyse von<br />

Erfolgsfaktoren, um diese für Wachstum und Entwicklung zu nutzen.<br />

Dadurch wird eine Lebenshaltung von Wertschätzung erzeugt, die<br />

weniger auf die eigene Anstrengung baut, sondern auf das optimale<br />

Zusammenspiel aller verfügbaren Fähigkeiten. Es entsteht ein Sog für<br />

Vitalität, Inspiration und Produktivität. Und Vorsicht: Wertschätzung<br />

als Lebenshaltung wirkt ansteckend! Sein Slogan: "Wir selbst sind<br />

unsere größten Kritiker, wechseln Sie die Seite, werden Sie Ihr größter<br />

Fan!<br />

Kontaktdaten<br />

Hainstrasse 5<br />

D-95336 Mainleus<br />

Tel: +49 9229 9569<br />

dick@das-trainingsjahr.de<br />

www.das-trainingsjahr.de<br />

311


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Sabine Engelhardt<br />

Sabine Engelhardt, Diplom-Betriebswirtin und Coach (FH), geboren<br />

1969, ist Inhaberin von Sabine Engelhardt coacht. in Frankfurt am Main.<br />

Sie arbeitet als Business-Coach und Beraterin mit den Schwerpunkten<br />

Kommunikation, Führungskompetenz und Karriereentwicklung.<br />

Sabine Engelhardt verfügt über 15 Jahre einschlägige Berufserfahrung.<br />

Sie kennt die Herausforderungen und Besonderheiten im<br />

Wirtschaftsleben insbesondere bei Finanzdienstleistern und<br />

Werbeagenturen. Ihr betriebswirtschaftliches und psychologisches<br />

Know-how stellt Sie bei ihren <strong>Coaching</strong>s und Beratungen erfolgreich<br />

unter Beweis.<br />

Kontaktdaten<br />

Günthersburgallee 32<br />

D-60316 Frankfurt am Main<br />

Tel.: +49 69 410 786 27<br />

mail@sabine-engelhardt-coacht.de<br />

www.sabine-engelhardt-coacht.de<br />

312


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Thomas Göller<br />

Thomas Göller, Diplom-Ingenieur (FH), Jahrgang 1958, ist DER<br />

Mentor unter den Coachs und Experte für Strategie & Management. Er<br />

selbst ist seit über 20 Jahren Entrepreneur und begleitet schon seit<br />

1996 als Mentor für Unternehmer viele Unternehmensleiter,<br />

Führungskräfte und Teams bei allen Aufgaben auf dem Weg zu mehr<br />

Wachstum, Entfaltung und Erfolg. Sein Wissen beruht dabei auf<br />

langjährigen, intensiven Ausbildungen und Studien, sowie auf seiner<br />

umfangreichen Erfahrung als Unternehmer. Die <strong>Coaching</strong>- und<br />

Mentoring-Programme von Thomas Göller sind Tuning für Ihr<br />

Business und die Strategie für Ihren unternehmerischen Erfolg.<br />

Kontaktdaten<br />

Göller Mentoring GmbH<br />

Im Herzenacker 12A<br />

D-55435 Gau-Algesheim<br />

Tel.: +49 6725 308 228<br />

Fax: +49 6725 307 702<br />

Mobil: +49 171 324 7758<br />

Achtsamkeit@Goeller-Mentoring.de<br />

www.Goeller-Mentoring.de<br />

313


Anhang<br />

Autorenprofile<br />

__________________________________________________<br />

Dr. Maren Kaiser<br />

Dr. Maren Kaiser, Meeresbiologin, Jahrgang 1959, ist seit 2005 als<br />

Coach und Beraterin tätig. Sie ist Expertin für professionelle<br />

Kommunikation und Rhetorik, Konfliktmanagement, Vertrieb und<br />

Kommunikation am Telefon. Als Coach und TeleCoach arbeitet sie mit<br />

Führungskräften, Teams und Einzelpersonen. Eine wichtige Grundlage<br />

ihrer Arbeit sind 20 Jahre vielfältige Berufserfahrung in der IT-<br />

Branche, in der öffentlichen Verwaltung und an der Universität. In<br />

ihrem früheren beruflichen Leben ist ihr deutlich geworden, wie<br />

wichtig klare Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Zielorientierung,<br />

Führungskompetenz, Selbstreflexion, Authentizität und Mut in<br />

alltäglichen und schwierigen Situationen sind. Heute unterstützt sie<br />

Menschen darin, diese Fähigkeiten in sich zu entdecken und sie zu<br />

leben.<br />

Kontaktdaten<br />

Illigstraße 6A<br />

D-12307 Berlin<br />

Tel.: +49 30 746 832 00<br />

info@coaching-kaiser.de<br />

www. coaching-kaiser.com<br />

314


__________________________________________________<br />

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