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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s T.Rex (Vorschau)

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INHALT<br />

Ausgabe 131 · August/September 2014<br />

10 T. <strong>Rex</strong><br />

Glam-Rock, Hype & Monument<br />

14 Yes<br />

Unsterblich<br />

16 Uriah Heep<br />

Hard-Rock-Romantiker<br />

17 Chicago<br />

Rückkehr zum Kreativ-Gebläse<br />

18 Electra<br />

Eintritt in den Dom – und Abschied<br />

20 Byrds<br />

50 Jahre – Teil 3<br />

22 Small Faces<br />

Ian McLagan: Steve war fabelhaft!"<br />

"<br />

24 Spencer Davis<br />

... und rennt und rennt und rennt<br />

25 Dion<br />

Wanderer in der Blues-Welt<br />

26 Dunkles Kapitel<br />

Das trübe Geschäft mit schwarzen Musikern<br />

28 Gregg Allman<br />

Lebendig und bewegend<br />

28 Eric Clap<strong>to</strong>n<br />

16 Songs – ein Denkmal für J.J. Cale<br />

29 Gentle Giant<br />

Progressiv? Schubladendenken!"<br />

"<br />

66 <strong>GoodTimes</strong>-Tipp<br />

Hank Shizzoe<br />

66 Rick Wakeman<br />

Verschmähte Prog-Orgie<br />

68 The UK-Instro-Boom<br />

Rock ohne Worte<br />

72 Rolling S<strong>to</strong>nes<br />

Stunk um Steine – Teil 2<br />

74 The Hoax<br />

Blues-Porträt No. 45<br />

76 Live<br />

Pretty Things – Ramrods – Tangerine Dream<br />

John Fogerty – Robert Plant – Black Sabbath – Rolling S<strong>to</strong>nes<br />

79 <strong>GoodTimes</strong>-Newcomer<br />

Jim Stapley – St. Paul & The Broken Bones<br />

80 Jackson C. Frank<br />

Der Blues trieb sein böses Spiel<br />

80 Epitaph<br />

Schubser von Schenker<br />

81 Steve Harley (& Cockney Rebel)<br />

Arroganter Fatzke?<br />

82 Blues Pills<br />

Dr. Rocks Rezept<br />

83 Midge Ure<br />

Neue Wege & Winterschlaf<br />

84 Stilkunde (Folge 7)<br />

Soul<br />

88 Es war einmal ...<br />

Ein Blick zurück auf Denkwürdiges<br />

94 Walter Trout<br />

Das Wunder von Nebraska<br />

95 Leo Lyons<br />

Kreuzverhör<br />

96 Graham Nash<br />

... weil wir alte Säcke sind!"<br />

"<br />

98 ... zuguterletzt<br />

Saga – Randy Bachman – John Hiatt<br />

T. <strong>Rex</strong>, S. 10 Electra, S. 18<br />

Small Faces, S. 22<br />

Spencer Davis, S. 24<br />

RUBRIKEN<br />

4 Aktuell – Neues aus der Szene<br />

30 CD/Vinyl-Vorstellungen<br />

58 DVD/Blu-ray-Vorstellungen<br />

60 Buch-Vorstellungen<br />

62 <strong>GoodTimes</strong>-Shop<br />

64 Kleinanzeigen<br />

Edi<strong>to</strong>rial<br />

Graham Nash, S. 96<br />

65 Abo-Bestellschein<br />

90 Konzertkalender<br />

97 Leserbriefe<br />

97 Charts<br />

98 Impressum<br />

Fabian Leibfried<br />

-Herausgeber/Chefredakteur-<br />

Musik verbindet. Das beste aktuelle Beispiel dafür sind all<br />

die Open-Air-Festivals, die momentan stattfinden und bis<br />

zu fünfstellige Besucherzahlen verzeichnen. Wobei natürlich<br />

jüngeres Publikum dominiert, dem Regen, Matsch oder Hitze<br />

und knallender Sonnenschein nichts ausmachen. Für etwas<br />

ältere Semester wären ähnliche Veranstaltungen sicher ebenfalls<br />

attraktiv, genügend interessante Bands gewiss auch zu<br />

finden. Aber irgendwann wissen Fans fortgeschrittenen Alters<br />

halt auch bei Konzerten gewisse Annehmlichkeiten zu<br />

schätzen. Vielleicht sollten Veranstalter mal darüber nachdenken, mit solchen Events<br />

verstärkt in Schlösser/Burgen oder Arenen wie die Loreley zu gehen – dort nämlich<br />

können Musikliebhaber sowohl sitzen als auch stehen (und tanzen) ...<br />

Ein anderes Beispiel für die Generationen zusammenführende Bedeutung von Musik<br />

ist der Überlebenskampf von Walter Trout, über den wir in der letzten Ausgabe berichteten.<br />

Inzwischen hat der 63-jährige Blues-Rocker eine Spenderleber übertragen<br />

bekommen. Seine Frau Marie berichtete im Gespräch mit <strong>GoodTimes</strong> über eine überwältigende,<br />

nicht enden wollende Anteilnahme – ideell wie finanziell. Über 240.000<br />

Dollar (!) waren bis Redaktionsschluss auf dem Youcaring-Spendenkon<strong>to</strong> zusammengekommen.<br />

Ein erhofftes Gespräch mit Walter Trout klappte leider nicht: Probleme<br />

mit der Galle machten ihm zu schaffen und erforderten weitere operative Eingriffe.<br />

Dennoch ließ Trouts Ehefrau Marie herzliche Dankesgrüße an die <strong>GoodTimes</strong>-Leser<br />

übermitteln. Wir bleiben dran, weitere Infos folgen im nächsten Heft.<br />

Leider gibt es aber auch Beispiele dafür, dass die Liebe zur Musik nicht immer alle<br />

Hürden zu überwinden vermag. So wird aus der angedachten Byrds-Reunion wohl<br />

nichts: Roger McGuinn sei nicht an Bord zu holen, beklagte jüngst David Crosby. So<br />

bleibt es bei deren unverzichtbarer musikalischer Hinterlassenschaft, die unser Mitarbeiter<br />

Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r umfangreich aufgearbeitet hat – was mit Teil III in dieser<br />

Ausgabe seinen Abschluss findet.<br />

Viel Vergnügen mit diesem Heft wünscht Ihnen<br />

SoulS. MUSIK-STILE<br />

S I<br />

84<br />

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<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 3


News<br />

Aktuell News Aktuell<br />

Aus „gesundheitlichen Gründen" hat Gitarrenvirtuose<br />

Jeff Beck den zweiten<br />

Teil seiner Europa-Tournee wenige Tage<br />

vor deren Start abgesagt. Kurz vor seinem<br />

70. Geburtstag musste Beck für kurze Zeit<br />

ins Krankenhaus, wo ihm die Ärzte nach<br />

monatelangem Touren eine sechswöchige<br />

Pause verschrieben. Beck werde ab 8. August<br />

in den USA wieder on <strong>the</strong> road gehen,<br />

hieß es hierzu auf seiner Website. Hinter<br />

den Kulissen war auch bereits von Deutschland-Gigs<br />

im Herbst zu hören+++<br />

Den ganzen August hindurch wird der britische<br />

Blues-Rocker Danny Bryant mit der<br />

Band seines Men<strong>to</strong>rs Walter Trout unter<br />

dem Mot<strong>to</strong> „A Tribute To Walter" durch<br />

die USA <strong>to</strong>uren, während sich Trout von<br />

seiner Lebertransplantation erholt. Mit einem<br />

Fanbrief hatte sich der damals 15-jährige<br />

Bryant vor über 20 Jahren an Trout<br />

gewandt, der ihn tatsächlich kontaktierte<br />

und Gitarrenunterricht gab, wenn er im<br />

UK unterwegs war. Sei<strong>the</strong>r standen beide<br />

häufig gemeinsam im Studio wie auch auf<br />

internationalen Bühnen. Als Special Guest<br />

wird Jon Trout, Walters ältester Sohn, mit<br />

von der Partie sein+++<br />

Einjähriges Bestehen hat das Rock- und<br />

Pop-Museum Niederbüren in der Schweiz<br />

gefeiert, das 80 Jahre Musikgeschichte<br />

dokumentiert. Leiter/Präsident Roland<br />

„Tschiibii" Grossenbacher zog eine positive<br />

Bilanz: „Unser Museum hat sich in<br />

dieser kurzen Zeit, weit über unsere Landesgrenzen<br />

hinaus, einen hervorragenden<br />

Ruf erworben und sorgt immer wieder für<br />

positive Schlagzeilen", sagte er <strong>GoodTimes</strong>.<br />

Seit September 2013 seien 171 Besuchergruppen<br />

gekommen, davon 110 allein seit<br />

Januar, insgesamt verzeichne man über<br />

Unsere Gewinner aus Heft 2/2014<br />

5x Blu-ray Happy Metal:<br />

– Bodo und Ines Wüstenhagen,<br />

Jardelund<br />

– Yannick Hoffmann,<br />

Bettange (Luxemburg)<br />

– Claudius Jehle, Deggenhausertal<br />

– Bruno Rieb, Münzenberg<br />

– Lasse Kops, Kiel<br />

5x CD-Box Little Feat:<br />

– Achim Aschinger, Amberg<br />

– Ralf Chittka, Bad Kreuznach<br />

– Rena<strong>to</strong> Dillena, Ersingen (Schweiz)<br />

– Marvin Schaaf, Hungen<br />

– Udo Stegemann, Hamburg<br />

2000 Besucher. Infos sind unter www.rockpopmuseum.ch<br />

zu finden+++<br />

Just am Tag der Veröffentlichung seiner<br />

neuen Single "The Chamber" hat<br />

Lenny Kravitz Ende Juni die ersten<br />

Etappe seiner anstehenden Welt<strong>to</strong>urnee<br />

bekannt gegeben, die am 22. Ok<strong>to</strong>ber in<br />

Europa startet und im November auch zu<br />

fünf Shows nach Deutschland führt. Die<br />

Single soll schon mal neugierig machen<br />

auf Kravitz' zehntes Studio-Album, das<br />

am 19. September erscheinen, den Titel<br />

STRUT tragen und von seinem Label als<br />

„wahres Rock’n’Roll-Album" angekündigt<br />

wird. Kravitz produzierte und spielte<br />

alle Instrumente selbst, das Abmischen<br />

überließ er allerdings Bob Clearmountain,<br />

der diesen Job auch schon für David Bowie,<br />

die Rolling S<strong>to</strong>nes, Springsteen und<br />

Bon Jovi erledigte+++<br />

Binnen einer halben Stunde waren die<br />

50.000 Tickets für das erste ELO-Konzert<br />

in Europa seit 1986 ausverkauft! Am 14.<br />

September werden Jeff Lynne & Co. im<br />

Londoner Hyde Park auf die Bühne gehen<br />

und dabei vom BBC Concert Orchestra<br />

begleitet werden. „Ich habe seit geraumer<br />

Zeit nicht mehr live performt und weiß,<br />

dass unsere Fans seit Jahren oft darum<br />

gebeten haben – es wird eine aufregende<br />

Show werden", sagte Lynne, der Boss des<br />

Electric Light Orchestra, im Vorfeld des<br />

Konzerts+++<br />

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© Pressefo<strong>to</strong><br />

Zum ersten Mal in der deutschen Rockgeschichte<br />

haben es Led Zeppelin gleichzeitig<br />

mit drei Alben in die Top 20 geschafft!<br />

35 Jahre nach dem offiziellen Ende der<br />

Band gelang dies Ende Mai im Zuge der<br />

spektakulären Wiederveröffentlichung aller<br />

Led-Zeppelin-Alben LED ZEPPELIN (#11),<br />

II (#16) und III (#18). Alle Werke enthalten<br />

bisher unveröffentlichtes Audiomaterial<br />

(Livemitschnitt, Studio-Outtakes und Demo-Aufnahmen<br />

) und waren von Gitarrist,<br />

Gründungsmitglied und Produzent Jimmy<br />

Page persönlich remixt und einer eingehenden,<br />

sensiblen Erneuerung auf Basis<br />

der alten Originalbänder unterzogen worden.<br />

Im Laufe der nächsten Monate werden<br />

sämtliche weiteren Led-Zeppelin-Alben in<br />

perfektem Sound und mit jeder Menge unbekanntem<br />

Material folgen, sowohl in einer<br />

Deluxe-Ausgabe wie auch in mehreren<br />

CD- und Vinylformaten und als Download<br />

wiederveröffentlicht+++<br />

Seit dem 1. Juli laufen die Online-<br />

Abstimmungen für die „German Blues<br />

Challenge" und „German Blues Awards<br />

2014", die als Bestandteil der „BluesBaltica"<br />

firmieren. Bis zum 31. Juli können<br />

Bluesfans wählen, wer einen der begehrten<br />

Awards bekommt, und welche fünf<br />

Bands an der „Blues Challenge" in Eutin<br />

teilnehmen sollen und sich mit einem<br />

30-minütigen Auftritt einer internationalen<br />

Jury stellen können. Der Sieger wird<br />

Deutschland bei der Europäischen Blues<br />

Challenge im März 2015 in Brüssel und<br />

der International Blues Challenge 2015<br />

in Memphis vertreten. Im Rahmen der<br />

Veranstaltung am 20.9. in Eutin werden<br />

zudem die Preisträger der „German Blues<br />

Awards 2014" in den Kategorien Band,<br />

Solo/Duo, Club, Festival, Gitarre, Harp,<br />

sonstige Instrumente, Gesang männlich<br />

und weiblich, CD sowie Ehrenpreise national<br />

und international gekürt. Infos<br />

und Zugang für das Online-Voting sind<br />

unter www.bluesfest-eutin.de zu finden.<br />

Mike Seeber Trio:<br />

Die Gewinner 2013<br />

Zu den Blues-Award-Nominierten gehört<br />

auch Ruhrpott-Bluesbarde Chris Kramer<br />

in den Kategorien „Beste Blues-Harp" und<br />

„Bestes Album” (mit CHICAGO BLUES).<br />

Derzeit ist der Wahl-Dortmunder mit einem<br />

neuen Projekt schwer beschäftigt, der<br />

Arbeit an dem <strong>Music</strong>al/Hörbuch „Die kleine<br />

Mundharmonika", das 2015 veröffentlicht<br />

und in seiner Heimatstadt Marl mit 200<br />

Kindern uraufgeführt und dann in weiteren<br />

Städten nicht nur in Nordrhein-Westfalen<br />

präsentiert werden soll. Im Rahmen dieses<br />

großangelegten Projektes wird Kramer<br />

auch unter dem Mot<strong>to</strong> „Blues als Unterrichtsfach"<br />

in Grund- und weiterführenden<br />

Schulen Kindern den Blues, die Mundharmonika<br />

und die Musik im Allgemeinen näherbringen+++<br />

Pünktlich zu seiner Herbst<strong>to</strong>ur durch<br />

Deutschland bringt Albert Hammond<br />

eine 4-Track-Single heraus. Neben der<br />

Titelnummer "I Guess I Really Had It Coming",<br />

dem seinerzeit neuen Song seines<br />

Albums LEGEND II gibt es "It Never Rains<br />

In Sou<strong>the</strong>rn California" als Duett mit Al<br />

Stewart (LEGEND), das gemeinsam mit<br />

Annette Humpe verfasste "Changing Me",<br />

ein Duett mit Sohn Albert Hammond Jr.<br />

(LEGEND) sowie "Smokie Fac<strong>to</strong>ry Blues"<br />

vom Live-Album SONGBOOK zu hören.<br />

Alle Songs wurden remastert. Neben seiner<br />

Live-Aktivitäten arbeitet der mittlerweile<br />

70-Jährige zudem an neuen Liedern+++<br />

Bei der 35. Verleihung der „Blues <strong>Music</strong><br />

Awards" hat das deutsche Label Ruf<br />

Records in diesem Jahr in der Kategorie<br />

„Best DVD” gewonnen. Für das CD/DVD-<br />

Set SONGS FROM THE ROAD der Royal<br />

Sou<strong>the</strong>rn Bro<strong>the</strong>rhood nahm Thomas Ruf<br />

den Preis entgegen. „Wir freuen uns sehr<br />

über die Würdigung und verstehen sie als<br />

Ansporn, weiterhin hochwertige Bluesaufnahmen<br />

zu schaffen und neue Künstler<br />

zu fördern", sagte Ruf bei der Zeremonie<br />

Anfang Mai in Memphis. Ende Juni<br />

hat die RSB, die hochkarätige Formation<br />

um Cyril Neville, Devon Allman und Mike<br />

Zi<strong>to</strong>, mit HEARTSOULBLOOD ihr zweites<br />

Studio-Album veröffentlicht+++<br />

Als neue Blues-Rockhoffnung werden die<br />

Mojo Makers aus Dänemark gehandelt.<br />

Im September kommt ihr Zweitwerk DEVIL<br />

HANDS in den Handel, das sich laut ihrem<br />

Label „ganz klar an ihren Vorbildern The<br />

Doors orientiert"+++<br />

Die „quietschrosaroteste Holi-Party" überhaupt<br />

wollen die Erlanger Spaß-Rocker<br />

J.B.O. beim „Heavy Metal-Festival Summer<br />

Breeze" am 15.8. im mittelfränkischen<br />

Dinkelsbühl feiern. Unter Holi-Parties<br />

versteht man aus Indien stammende Farbenfeste,<br />

bei denen sich die Besucher<br />

gegenseitig mit farbigem Pulver bewerfen.<br />

Mit dem Event läutet die Band unter<br />

dem Mot<strong>to</strong> „25/10" ihr Jubeljahr ein: Es<br />

gibt das 25-jährige Bandjubiläum und das<br />

zehnte Studio-Album zu feiern. NUR DIE<br />

BESTEN WERDEN ALT erscheint Mitte August<br />

und bietet wieder die J.B.O.-typische<br />

Mischung aus beinharter Rockmusik und<br />

schräg-geistreichem Humor. Dass die ankommt,<br />

zeigt der Erfolg ihres letzten Werks<br />

KILLERALBUM, das es bis auf Platz 3 der<br />

Charts schaffte+++<br />

PRETTY WOMAN ist das neue Solowerk<br />

von Rick Vi<strong>to</strong>, des einstigen Gitarristen<br />

von Fleetwood Mac, Bob Seger und Bonnie<br />

Raitt, betitelt. Den darauf zu hörenden<br />

Blues-Rock mit Swingelementen wird Vi<strong>to</strong><br />

im September auf Tour auch hier zu Lande<br />

Seite 4 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


News Aktuell News Aktuell<br />

live präsentieren, nachdem seine Gastspiele<br />

mit der Mick Fleetwood Bluesband auch<br />

schon wieder einige Jahre zurückliegen+++<br />

Vielversprechende Veröffentlichungsankündigungen<br />

hat das norddeutsche Label<br />

Sireena Records geschickt: So wird es demnächst<br />

Paul Rolands Raritätensammlung<br />

PROFESSOR MORIARTY'S JUKEBOX erstmals<br />

in Deutschland zu erwerben geben.<br />

Das 1986er Album LIVE der Skandinavier<br />

Tribute wird neu aufgelegt. Sou<strong>the</strong>rn Rock<br />

vom Feinsten verspricht Sireena mit REBEL<br />

BY CHOICE der General Lee Band, während<br />

die Oleg Pissarenko Band mit HOW<br />

ARE YOU Minimal Jazz und Post-Rock aus<br />

Estland liefern wird. Vom norwegischen<br />

Elektronikprojekt Nattefrost gibt es mit<br />

HOMELAND ein weiteres Vinylalbum in limitierter<br />

Auflage, diesmal aber mit neuen<br />

Titeln. Und die DVD LIVE AT ROCKPALAST<br />

erinnert an die Hannoveraner Band Der<br />

Moderne Man, die Anfang der 80er Jahre<br />

aktiv war+++<br />

SECRET LADDER wird das neue, im September<br />

erscheinende Studiowerk von US-<br />

Sänger und Songschmied Chris<strong>to</strong>pher<br />

Cross ("Sailing", "Ride Like The Wind")<br />

heißen+++<br />

Derzeit eifrig im Studio zugange ist die Kanadierin<br />

Buffy St. Marie, um ein neues<br />

Album einzuspielen. Die Sixties-Ikone mit<br />

einem Dok<strong>to</strong>rtitel in Bildender Kunst wie<br />

auch Philosophie, die als Protestsängerin<br />

berühmt wurde, schrieb mit "Up Where We<br />

Belong" Joe Cocker & Jennifer Warnes einen<br />

Hit auf die Stimmbänder und wurde<br />

von zahlreichen anderen Kollegen wie Janis<br />

Joplin, Elvis Presley, Neil Diamond, Cher,<br />

Donovan ("Universal Soldier"), Erasure und<br />

Taj Mahal gecovert. Ihr letztes Studio-Album<br />

RUNNING FOR THE DRUM hatte die<br />

73-Jährige 2008 veröffentlicht+++<br />

Ebenfalls im Herbst soll beim kanadischen<br />

True-North-Label ein Boxset mit einer<br />

Werkschau des Singer/Songwriters, Gitarrenvirtuosen<br />

und Dritte-Welt-Aktivisten<br />

Bruce Cockburn erscheinen+++<br />

BLIND RAGE wird das neue Album der<br />

Teu<strong>to</strong>nen-Rocker und deutschen Metalpioniere<br />

Accept heißen, das am 15.8. veröffentlicht<br />

wird. Es handelt sich um das zweite<br />

Studiowerk seit der Reunion der Band<br />

(mit dem US-Amerikaner Mark Tornillo als<br />

Sänger, Frontmann und Nach-Nachfolger<br />

von Udo Dirkschneider, der mit U.D.O. eigene<br />

Wege geht). BLIND RAGE wurde von<br />

Andy Sneap (Megadeth) produziert und<br />

wird auch als limitiertes Digipak wahlweise<br />

mit einer Bonus DVD beziehungsweise einer<br />

Blu-ray erhältlich sein. Darauf ist eine<br />

komplette Accept-Liveshow mit 23 Songs<br />

enthalten, die während der „Stalingrad<br />

World Tour" 2013 in Chile mitgeschnitten<br />

wurde+++<br />

Als 6-CD-Boxset wird das bahnbrechende<br />

Live-Album AT FILLMORE EAST der Allman<br />

Bro<strong>the</strong>rs Band von 1971 mit dem<br />

erweiterten Titel THE 1971 FILLMORE EAST<br />

RECORDINGS neu aufgelegt. Das Set vereint<br />

alle vier Auftritte der ABB-Shows vom 12.<br />

und 13. März 1971 – plus das komplette<br />

Headliner-Set der Allmans vom 27. Juni<br />

1971, als sie das letzte Konzert vor Schließung<br />

des New Yorker Musiktempels Fillmore<br />

East gaben. 16 unveröffentlichte Tracks<br />

kommen nun so endlich zu Gehör. Weitere<br />

VÖ-Formate: 4 LPs /3 Blu-ray Audio+++<br />

In den 80er Jahren war die englische Singer/Songwriterin<br />

Sally Barker regelmäßiger<br />

Gast auf deutschen Bühne, ehe sie der<br />

Familie zuliebe musikalisch kürzertrat. Bei<br />

der TV-Show „The Voice UK 2014" belegte<br />

sie zwar „nur" Platz zwei, war aber „Gewinnerin<br />

der Herzen". Den damit verbundenen<br />

Plattendeal beim Major Universal<br />

schlug die 54-Jährige allerdings aus, um<br />

ihre Unabhängigkeit zu wahren. Stattdessen<br />

kehrte sie zu ihrem früheren deutschen<br />

Label Hypertension zurück, auf dem sie im<br />

August MAID IN ENGLAND veröffentlichen<br />

wird (inklusive zweier Songs, die sie auch<br />

in „Voice" angestimmt hatte). Davor <strong>to</strong>urte<br />

sie im UK als Opener für Sir Tom Jones, der<br />

in der „Voice"-Jury gesessen war+++<br />

In diesem Jahr jährt es sich zum 60.<br />

Mal, dass Elvis Presley "That's Alright<br />

Mama" in den Sun Studios aufnahm, am<br />

8. Januar 2015 werden die Fans des Kings<br />

seinen 80. Geburtstag feiern – und seine<br />

Nachlassverwalter schlagen bis heute<br />

reichlich Kapital aus der Hinterlassenschaft<br />

des am 16.8.1977 vers<strong>to</strong>rbenen<br />

King Of Rock'n'Roll. Seit 2007 schreibt<br />

die Elvis Presley Enterprises Inc. alljährlich<br />

und weltweit einen Wettbewerb unter<br />

dem Mot<strong>to</strong> „Ultimative Elvis Tribute<br />

Artist" aus. Den hat 2012 mit dem Briten<br />

Ben Portsmouth erstmals ein Europäer<br />

gewonnen. Nach Meinung der Jury singt<br />

und bewegt er sich wie Elvis und besitzt<br />

auch dessen Bühnencharisma. Da ist offenbar<br />

etwas dran, denn 2012 gewann<br />

er auch noch zwei weitere Wettbewerbe:<br />

das „Elvis Tribute Artist Masters" im<br />

UK und beim „Collingwood Elvis Festival"<br />

in Kanada. Hilfreich erwiesen sich<br />

für ihn auch die digitalen Sozialmedien<br />

nach seinem Auftritt in der „David Letterman<br />

Show", als Letterman angesichts<br />

von Portsmouths Auftritt nur noch ein<br />

gestammeltes „Oh my God, oh my God!”<br />

herausbrachte. Nach Tourneen durch die<br />

USA und Kanada, Brasilien, Neuseeland,<br />

Großbritannien, Italien, Belgien, Frankreich<br />

und Russland kommt der Brite nun<br />

auch erstmals nach Deutschland. Begleitet<br />

wird er bei den sieben Auftritten im<br />

Ok<strong>to</strong>ber von Elvis' TCE Band+++<br />

Ben Portsmouth<br />

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Nach dem Erfolg der ersten „Oldie Night"<br />

im Sindelfinger Glaspalast geht die Veranstaltung<br />

in Serie. Am 27. September<br />

wird eine internationale Besetzung auf<br />

der Bühne stehen: der Engländer Chris<br />

Andrews ("Yesterday Man","To Whom<br />

It Concerns", ”Pretty Belinda"), der<br />

Schwede Harpo ("Moviestar", " Mo<strong>to</strong>rcycle<br />

Mama", "Horoscope"), das niederländische<br />

Trio Pussycat ("Mississippi"),<br />

dazu fliegen die Equals ("Baby Come<br />

Back”) eigens<br />

aus<br />

London<br />

ein. Außerdem<br />

feiern im<br />

Glaspalast<br />

die<br />

1959 in<br />

Berlin als<br />

Skiffleband gegründeten Lords ("Poor<br />

Boy", "Shakin' All Over", "Gloryland")<br />

ihr 55. Bühnenjubiläum. Veranstalter<br />

Christian Simon kündigte eine „Riesen-<br />

Party" an und zeigte sich angesichts der<br />

Auftaktveranstaltung zuversichtlich: „Die<br />

Resonanz des Publikums war überwältigend!<br />

Da muss man doch weitermachen,<br />

zumal es die ‚Porsche Oldie Night’ in<br />

Stuttgart nicht mehr gibt!"+++<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Equals<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Lords<br />

Rockpoet Heinz Rudolf Kunze ist unter<br />

die Kinderbuch-Macher gegangen:<br />

„Quentin Qualle" heißt das reich bebilderte<br />

Werk, das er mit seinem Schlagzeuger<br />

Jens Carstens und Zeichnerin Julia Ginsbach<br />

erstellt hat. Beigefügt ist eine CD mit<br />

vier Songs, die er eigens für „Quentin" geschrieben<br />

hat. Er sei neugierig, „ob junge<br />

Erwachsene und Kinder das annehmen und<br />

ob wir uns da ein ganz neues Publikum<br />

erschließen", sagte Kunze <strong>GoodTimes</strong>+++<br />

Beim Abschlusskonzert der „Classic Open<br />

Air 2014" in Berlin gastierte Midge Ure<br />

mit den Gastgebern Schiller. Er sang Titel<br />

JETZT: Online-Abstimmung für die<br />

GERMAN BLUES Awards & Challenge<br />

Vom 01. bis 31. Juli kann Jedermann und –frau über die Preisträger der German Blues Awards online<br />

abstimmen. Gleichzeitig wird darüber abgestimmt, welche Künstler an der German Blues Challenge teilnehmen,<br />

deren Gewinner Deutschland bei der Europäischen Blues Challenge 2015 in Brüssel vertritt.<br />

UND SO FUNKTIONIERT DIE ABSTIMMUNG: Der Ausrichter (Baltic Blues e.V.) hat eine besondere Website<br />

eingerichtet. Dort erhält man einen speziellen Zugangscode und kann dann in jeder Kategorie 1x abstimmen:<br />

www.voting.blues-baltica.de<br />

Weitere Informationen gibt es unter www.bluesfest-eutin.de. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Die Preisverleihungen zu den Blues Awards und die Endausscheidung zur Blues Challenge werden am 20. September<br />

im Brauhaus Eutin durchgeführt. Karten (15.-€) gibt´s ab sofort unter kreativkonkret@t-online.de.<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 5


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Aktuell News Aktuell<br />

aus seinem neuen Album FRAGILE – das<br />

Konzert wurde für eine Live-DVD/CD Auswertung<br />

mitgeschnitten+++<br />

LULLABY AND… THE CEASELESS ROAR<br />

wird das neue Album von Robert Plant<br />

heißen und über Nonesuch/Warner am 5.<br />

September erscheinen. Zu hören gibt es elf<br />

neue Aufnahmen, darunter neun Eigenkompositionen<br />

Plants und seiner Band The<br />

Sensational Space Shifters (Justin Adams/g,<br />

Bendir Djembe/g, Tehardant/b-voc, John<br />

Baggott/keys, Billy Fuller/b, Dave Smith/<br />

dr, Liam „Skin” Tyson/banjo, g). „Es ist ein<br />

wirkliches festliches Album, kraftvoll, mutig,<br />

afrikanisch – Trance trifft auf Led Zep",<br />

beschrieb Plant selbst das Album+++<br />

Zum 14. Mal <strong>to</strong>urt das „American Cajun,<br />

Blues & Zydeco Festival" durch<br />

deutsche Lande, um unter dem Mot<strong>to</strong><br />

„Let The Good Times Roll" das lebensbejahende<br />

Flair des Mississippi-Deltas<br />

und Louisianas zu verbreiten. Zwischen<br />

dem 23.10. (Augsburg) und dem 9.11.<br />

(Bassem/Eifel) werden Sarah Savoy's<br />

Hell-Raising Hayride, Buddy Flett und die<br />

Cajun Roosters in 13 deutschen Städten<br />

für insgesamt 15 Shows Station machen.<br />

Die veranstaltende<br />

Buddy Flett<br />

Agentur hat<br />

den drei Acts<br />

auch gleich<br />

noch klare<br />

Aufträge mit<br />

auf den Weg<br />

gegeben:<br />

„Kick-ass Cajun"<br />

sollen Akkordeonistin Sarah Savoy<br />

und ihre Mitstreiter servieren, Flett mit<br />

„Rough Edged Blues" loslegen, während<br />

es bei den Roosters heißt: „Let's Rock The<br />

Bayou!"+++<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Cajun Roosters<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Wenige Tage nach dem ersten Interview<br />

mit <strong>GoodTimes</strong> ließ der kanadische Rockpionier<br />

Randy Bachman (Guess Who,<br />

BTO) in einem zweiten Gespräch noch ein<br />

paar weitere Neuigkeiten aus dem Sack:<br />

Mit seinen mittlerweile 70 Jahren wagt er<br />

einen Neuanfang: Er ist geschieden worden<br />

und von der Westküste nach Toron<strong>to</strong><br />

gezogen, „weil ich dort zentraler lebe,<br />

leichter mit dem Flugzeug wegkomme.<br />

Denn ich will verstärkt <strong>to</strong>uren!" Und er hat<br />

bereits sein nächstes Album fertig, das er in<br />

zwölf Tagen mit Produzent Kevin Shirley<br />

eingespielt hat. „Musikalisch dreht es sich<br />

um sehr rockigen Blues. Es werden ein paar<br />

Gäste wie Joe Bonamassa dabei sein, und<br />

es wird im Frühjahr 2015 auch in Europa<br />

erscheinen"+++<br />

Die British Blues All Stars Dave Kelly<br />

(voc, g), Gary Fletcher (b, voc/beide Blues<br />

Band), Pick Wi<strong>the</strong>rs (dr, Ex-Dire Straits ),<br />

die britische Keyboardlegende Zoot Money,<br />

die ihr weltweites Debüt im März bei den<br />

„Ro<strong>the</strong>r Bluestagen" gegeben hatten, kommen<br />

im Ok<strong>to</strong>ber erstmals auf Deutschland<br />

Tour. Als zweiter Gitarrist wird anstelle von<br />

Bernie Marsden Pete Emery (Joe Dummer<br />

Band, Dave Kelly Band) dabei sein, der mit<br />

Kellys vers<strong>to</strong>rbener Schwester Jo-Ann Kelly<br />

verheiratet gewesen war+++<br />

Statt sich mit den Byrds zu reunieren,<br />

kommt Roger McGuinn lieber nach<br />

Deutschland und wird im September acht<br />

Shows spielen. Seine Reise-Eindrücke<br />

wird er mit Gattin Camilla dann in seinem<br />

„Roadie Report" auf rogermcguinnblogspot.com<br />

schildern. Dort berichtete er,<br />

dass er eigens für die Tour begonnen habe,<br />

„ein paar Worte Deutsch zu lernen"+++<br />

David Crosby, einst Gründungsmitglied der<br />

Byrds, hat erklärt, er sei bereit, bei einer<br />

Reunion der Kultband mitzuwirken. „Roger<br />

McGuinn will aber nicht mitmachen<br />

– das muss ich respektieren", bedauerte<br />

Crosby, der zuletzt 2000 mit McGuinn und<br />

Chris Hillman als Byrds bei einem Tribute-<br />

Konzert im Los Angeles auf der Bühne<br />

gestanden war und sich die Namensrechte<br />

gesichert hat. „Chris würde mitmachen,<br />

weil wir beide meinen, dass da noch genug<br />

Musik ist, die wir gemeinsam machen<br />

könnten"+++<br />

Wegen einer ernsten Virusinfektion musste<br />

sich Paul McCartney im Mai in Tokio<br />

sechs Tage ins Krankenhaus begeben, ehe<br />

er ins UK heimfliegen konnte. Der Ex-<br />

Beatle musste auf Anraten seiner Ärzte eine<br />

Verlosung<br />

Bitte Terminwünsche aus unserem<br />

Konzertkalender S. 90 entnehmen.<br />

mehrwöchige Pause einlegen und deshalb<br />

auch seine geplanten Shows in Japan und<br />

Südkorea absagen. Zudem wurden auch<br />

die ersten sieben Auftritte seiner US-Tour<br />

in den Ok<strong>to</strong>ber verschoben. Deren Start war<br />

nun für den 5. Juli in Albany, New York,<br />

also nach Redaktionsschluss, angesetzt+++<br />

Marianne Faithfull ist im Urlaub auf<br />

der griechischen Insel Rhodos gestürzt<br />

und hat sich dabei die Hüfte gebrochen.<br />

Die 67-jährige Sängerin, neuerdings das<br />

Gesicht der Yves-Saint-Laurent-Kampagne,<br />

musste umgehend operiert werden.<br />

Im September soll ihr neues Album GIVE<br />

MY LOVE TO LONDON erscheinen, für<br />

das sie mit Roger Waters, Nick Cave und<br />

Anna Calvi zusammengearbeitet hat+++<br />

Für seine Solo<strong>to</strong>ur durch Deutschland<br />

im Herbst hat Supertramp-Gitarrist Carl<br />

Verheyen neben Starbassist Stu Hamm<br />

John Nader als neuen Drummer verpflichtet.<br />

Verheyen wird im Rahmen der<br />

„Mustang Run Tour 2014" ab 9.10. zwölf<br />

Shows spielen+++<br />

Weird" Al Yankovic, in den USA immer<br />

"<br />

noch schwer angesagter Rockhumorist, hat<br />

via Twitter angekündigt, demnächst ein<br />

neues Album zu veröffentlichen. Zuletzt<br />

hatte er 2011 ALPOCALYPSE herausgebracht.<br />

In Deutschland war Weird Al Mitte<br />

der 80er Jahren mit Parodien auf Songs<br />

von Michael Jackson ("Eat It"), Madonna<br />

("Like A Surgeon") oder Greg Kihn ("I Lost<br />

Jeopardy") erfolgreich+++<br />

So merkt man, dass die Zeit vergeht:<br />

Mick Jagger, inzwischen s<strong>to</strong>lze 70, ist<br />

erstmals Urgroßvater geworden. Seine Enkelin<br />

Assissi (21) brachte eine Tochter zur<br />

Welt, knapp vier Wochen später wurde<br />

ihre Mutter Jade (42) zum fünften Mal<br />

Mutter, diesmal eines Sohnes. Jagger hat<br />

<strong>GoodTimes</strong> verlost unter allen Teilnehmern! Stichwort: Verlosung <strong>GoodTimes</strong> 4/2014<br />

3x2 Karten<br />

DAN BAIRD &<br />

HOMEMADE SIN<br />

2xT-Shirt<br />

(nur Größe XL)<br />

Seite 6 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

5x2 Karten<br />

Oldie Night<br />

(Sindelfingen, 27.9.2014)<br />

sieben Kinder aus vier Beziehungen und<br />

bislang fünf Enkelkinder+++<br />

Ex-Dire-Straits-Bassist John Ilsley meldet<br />

sich mit TESTING THE WATER wieder einmal<br />

solo zu Gehör. Mit seiner Band war er<br />

beim Glas<strong>to</strong>nbury Festival sowie weiteren<br />

UK-Gigs live zu erleben. Außerdem engagiert<br />

er sich für den Anthony Nolan Trust<br />

und versteigert für die Stiftung handgeschriebene<br />

Texte, Gemälde, Fo<strong>to</strong>s und<br />

Golfrunden mit ihm+++<br />

Sechs Jahre nach ihrer letzten Scheibe<br />

NOSTRADMUS gibt es mit REDEEMER<br />

OF SOULS ein neues Album der britischen<br />

Metalpioniere Judas Priest. Laut Sänger<br />

Rob Halford hat die Band sogar vorsichtig<br />

Blueselemente einfließen lassen, liefert<br />

laut Aussage von Gitarrist Glenn Tip<strong>to</strong>n<br />

insgesamt aber „more Metal than Metal"+++<br />

Diese Nachricht könnte Fans von Neil<br />

Diamond interessieren: Dessen gesamter<br />

Albumkatalog ist von Columbia/Sony<br />

<strong>Music</strong> zu Universal gewandert. Der neue<br />

Rechtebesitzer hat schon angekündigt, die<br />

Scheiben auch als Download zugänglich zu<br />

machen. Ob die auch überarbeitet werden<br />

und auf CD neu aufgelegt werden, war bei<br />

Redaktionsschluss nicht bekannt, dürfte<br />

aber naheliegen+++<br />

Im Anschluss an seine ausgiebige US-<br />

Sommer-Tour kommt Slash im November<br />

für zwei Konzerte nach Deutschland. Dabei<br />

wird das frühere Mitglied von Guns N'<br />

Roses sein neues Album WORLD ON FIRE<br />

vorstellen, das am 12.9. veröffentlicht wird.<br />

Mit Alter-Bridge-Sänger Myles Kennedy<br />

als Frontmann und seiner Begleitband The<br />

Conspira<strong>to</strong>rs gastiert Slash in München<br />

(22.11.) und Köln (23.11.)+++<br />

Percy Sledge musste aus gesundheitlichen<br />

Gründen einen Casino-Auftritt in<br />

Opelousas, Louisiana, absagen. Bei dem<br />

73-Jährigen war im Februar Leberkrebs<br />

diagnostiziert worden. Was ihn bislang<br />

nicht von Konzerten abhalten konnte+++<br />

LOST TIME IN A BOTTLE ist eine Sammlung<br />

von Livemitschnitten von Jim Croce<br />

(†1973) betitelt, die via Cleopatra Records<br />

je 1x DVD/Blu-ray<br />

Rolling S<strong>to</strong>nes<br />

"Sweet Summer Sun"<br />

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. hti t Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ssen Einsendeschluss schlus<br />

ist der 19.09.2014!<br />

NikMa Verlag · Eberdinger Str. 37 · 71665 Vaihingen/Enz · Fax: 0 70 42/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de


News<br />

Aktuell<br />

News<br />

KULTURINITIATIVE<br />

Aktuell<br />

Ende Juli erhältlich sein wird. Neben Demos<br />

gibt es Aufnahmen aus dem Harper College<br />

(5.2.1973), Cazenovia College (1964) sowie<br />

aus dem Jahr 1973 zu hören+++<br />

Der einstige Free- und Sharks-Bassist<br />

Andy Fraser meldet sich nach langer Studio-Abstinenz<br />

wieder zurück. Der Co-Au<strong>to</strong>r<br />

von "All Right Now" bringt mit ON AS-<br />

SIGNMENT ein Album heraus, auf dem er<br />

sich mit seinen Anliegen wie Umweltschutz<br />

und Erderwärmung auseinandersetzt. Sein<br />

Song "This Is The Big One” war kürzlich<br />

zur Hymne des „World Environment Day”<br />

gekürt worden. Fraser hat eine Krebs- und<br />

Aids-Erkrankung überlebt und war in den<br />

letzten Jahren gelegentlich als Produzent<br />

in Erscheinung getreten+++<br />

Die Neuzugänge 2014 in der Memphis<br />

<strong>Music</strong> Hall Of Fame sind Carl Perkins,<br />

Big Star, Ann Peebles, Jesse Winchester,<br />

Produzent Chips Moman, Al Bell (Stax<br />

Records) und Louis Armstrongs Witwe Lil<br />

Hardin Armstrong+++<br />

Aretha Franklin ist von der Harvard<br />

University in Bos<strong>to</strong>n mit der Würde eines<br />

Ehrendok<strong>to</strong>rs der Künste ausgezeichnet<br />

worden. Bei der Zeremonie sang sie die<br />

Nationalhymne und begleitete sich dabei<br />

selbst am Klavier+++<br />

Neben der Schauspielerei (Münster-<br />

„Ta<strong>to</strong>rt"!) ist Jan Josef Liefers seit<br />

zwölf Jahren mit seiner Band unterwegs,<br />

hat mit ihr zwei Alben herausgebracht<br />

und sich mit über 250 Konzerten eine<br />

wachsende Fangemeinde erspielt. Aus<br />

namensrechtlichen Gründen hat sich die<br />

Band nun umbenannt und heißt jetzt<br />

Radio Doria statt Oblivion. Mit Johann<br />

Weiß (g), Jens Nickel (g), Gunter Papperitz<br />

(keys), Christian Adameit (b) und Timon<br />

Fenner (dr) hat Liefers neue Songs<br />

geschrieben, die ab 12.9. auf RADIO DO-<br />

RIA – DIE FREIE STIMME DER SCHLAF-<br />

LOSIGKEIT zu hören sein werden. Nach<br />

einigen Festivalauftritten im Sommer<br />

gehen Liefers & Radio Doria auf ausgedehnte<br />

Tour quer durch Deutschland+++<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Jazzlegende Randy Brecker kommt mit<br />

seinem Projekt The Brecker Bro<strong>the</strong>rs Band<br />

Reunion nach dem Gig in Berlin (16.7.)<br />

auch noch nach Hamburg (29.7.). Mit der<br />

aktuellen Tour zelebriert der Trompeter das<br />

Brecker-Bro<strong>the</strong>rs-Album HEAVY METAL<br />

BE-BOP von 1978. Mit Ada Rovatti (sax),<br />

Barry Finnerty (g), Neil Jason (b/voc) und<br />

Terry Bozzio (dr) hat er alle Musiker dabei,<br />

die seinerzeit an den Aufnahmen beteiligt<br />

waren. Es fehlt nur sein 2007 vers<strong>to</strong>rbener<br />

Bruder Michael Brecker. Ebenfalls auf dem<br />

Programm stehen Auszüge des aktuellen<br />

Albums von Randy Brecker, THE BRECKER<br />

BROTHERS BAND REUNION+++<br />

Als „Populärste Ok<strong>to</strong>berfest-Band der<br />

Welt" und „Wiesn-Botschafter" ist die<br />

Band Münchener Zwietracht seit<br />

1997 Stammgast beim bekanntesten<br />

Volksfest der Welt und dazu vielen Jahren<br />

rund um den Globus unterwegs. Jetzt<br />

hat sie es zur „Celebration Night" des<br />

größten Computer-Kongresses der Welt<br />

nach Las Vegas geschafft, wo im Vorjahr<br />

kein Geringerer als Paul McCartney aufgetreten<br />

war. Die Münchener Zwietracht<br />

spielte am 4. Juni auf Einladung von<br />

HP vor 6000 geladenen Zuschauern im<br />

The Venetian Resort-Hotel in Las Vegas<br />

auf+++<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Wegen eines Produktionsfehlers muss die<br />

ursprünglich für Anfang Juli geplante<br />

Veröffentlichung von Motörheads AF-<br />

TERSHOCK TOUR EDITION auf August verschoben<br />

werden. Die Bonus-Disc, die das<br />

komplette AFTERSHOCK-Album ergänzt,<br />

enthält Livematerial von der „2014 West<br />

Coast Tour", die der genese Lemmy & Co.<br />

kürzlich absolvierten+++<br />

Am 31. März 1974, gab eine Newcomerband<br />

namens Queen ein Konzert im<br />

Londoner Club The Rainbow. Nur wenige<br />

ahnten, dass sie eine frühe Glanzstunde<br />

der Band miterlebten, die sich zu einem<br />

der erfolgreichsten Rockacts aller Zeiten<br />

entwickeln sollte. Der lange verschollene<br />

Mitschnitt ist vor einiger Zeit wieder aufgetaucht<br />

und erscheint nach 40 Jahren am<br />

5.9. in verschiedenen Formaten als LIVE AT<br />

THE RAINBOW '74+++<br />

In Dublin startet am 26.11. unter dem Mot<strong>to</strong><br />

„Hits 50" die Jubiläums<strong>to</strong>urnee von The<br />

Who im UK. Laut Ankündigungen ist ein<br />

Streifzug durch die gesamte Karriere geplant<br />

mit Songs aus den Frühzeiten als High Numbers<br />

sowie allen Klassikern. „Hits, picks, mixes<br />

and misses” versprach Gitarrist Pete Townshend.<br />

„Wir schaffen es aber nicht mehr, monatelang<br />

zu <strong>to</strong>uren", baute Sänger Roger<br />

Daltrey mit Verweis auf sein Alter (70) vor,<br />

„denn es ist verdammt harte Arbeit!" Und<br />

Townshend wäre nicht Townshend, hätte er<br />

nicht auch noch eine kritische Anmerkung:<br />

„Seit 1964 haben wir zwischendurch mal 13<br />

Jahre praktisch nicht mehr existiert, so dass<br />

wir eigentlich nicht von 50, sondern nur von<br />

37 Jahren sprechen können! Wir werden<br />

auch in Zukunft für Charity-Events und dergleichen<br />

da sein, aber keine großen Tourneen<br />

mehr machen." Für das UK sind elf Shows<br />

angekündigt, die USA sollen 2015 folgen.<br />

Wie es mit Deutschland aussieht, war bei Redaktionsschluss<br />

noch offen+++<br />

Nach der Veröffentlichung einer Jimi-<br />

Hendrix-Briefmarke arbeitet der United<br />

States Postal Service daran, demnächst<br />

auch Janis Joplin diese posthume Ehre<br />

zuteil werden zu lassen – wahrscheinlich<br />

bereits im August wird sie in die USPS-<br />

Reihe „<strong>Music</strong> Icons” aufgenommen werden,<br />

die schon John Lennon, Jim Morrison,<br />

Bill Monroe, Sarah Vaughan und Tammy<br />

Wynette in Briefmarkenform gewürdigt<br />

hat. Als nächste stehen dann 2015 James<br />

Brown und (wieder) Elvis Presley auf der<br />

Liste+++<br />

Zwei Schachteln mit 149 raren Azetaten<br />

von Bob Dylan aus den Jahren 1969/70<br />

sind in einem Apartment im New Yorker<br />

Greenwich Village entdeckt worden, das<br />

einst Jeff Gold nutzte, der Besitzer des<br />

legendären Platten- und Memorabilia-<br />

Ladens Recordmecca und renommierte<br />

Plattensammler, -händler und His<strong>to</strong>riker.<br />

Der Fund soll auch unveröffentlichte Mixe,<br />

Aufnahmen und Alternativversionen (u.a.<br />

von "Skyline") enthalten, teilweise mit<br />

handschriftlichen Notizen Dylans. Gold<br />

kündigte an, er werde mit Vertretern Dylans<br />

sprechen, auch einige Fundstücke online<br />

über recordmecca.com anbieten. Um bei<br />

Dylan zu bleiben: Ein handschriftlicher<br />

Textentwurf von "Like A Rolling S<strong>to</strong>ne" ist<br />

bei So<strong>the</strong>by's für 2,04 Millionen Dollar unter<br />

den Hammer gekommen+++<br />

Für eine BBC-Dokumentation, die 2016<br />

gedreht werden soll, wird es möglicherweise<br />

eine befristete Genesis-Reunion<br />

geben+++<br />

Crosby, Stills & Nash wollen ihr Projekt<br />

mit Cover-Versionen wiederbeleben,<br />

das sie nach Streitigkeiten mit Produzent<br />

Rick Rubin im Sommer 2012 beerdigt<br />

hatten, obwohl sie schon sieben Songs<br />

aufgenommen hatten. „Einige davon haben<br />

uns aber nicht überzeugt, also haben<br />

wir inzwischen fünf neu eingespielt, die<br />

uns richtig zusagen", erklärte David Crosby.<br />

Nach Abschluss ihrer US-Sommer<strong>to</strong>ur<br />

sollen weitere Aufnahmen folgen. Bis dahin<br />

kann man sich ja mit CSN&Y 1974<br />

trösten, einem Boxset mit Aufnahmen<br />

ihrer nicht gerade friedlich verlaufenen<br />

Reunion-Tour 1974, das dieser Tage erscheinen<br />

soll. Keine Zeit für Promotion<br />

wird dabei Stephen Stills haben, der begonnen<br />

hat, seine Memoiren zu verfassen+++<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Das UK-Label Nettwerk Records hat<br />

Sinéad O’Connor weltweit wirksam unter<br />

Vertrag genommen und die Veröffentlichung<br />

ihres Albums THE VISHNU ROOM<br />

für Mitte August angekündigt. Nettwerk<br />

hatte bereits in den letzten fünf Jahren die<br />

Songs von O'Connor verlegt+++<br />

Nach einer erfolgreichen Deutschland-Tour im<br />

vergangenen Jahr melden sich Jimmy Cornett<br />

& The Deadmen Ende August mit einem neuen<br />

Album und einer ausgedehnten Konzertreise<br />

ab 19.9. zurück. Dafür versprechen sie „dynamischen<br />

Blues und Sou<strong>the</strong>rn Rock"+++<br />

Vor zweieinhalb Jahren trat Adam Cohen<br />

mit seinem Album LIKE A MAN in die Fußstapfen<br />

seines legendären Vaters Leonard. Der<br />

Nachfolger WE GO HOME ist für den 12.9.<br />

angekündigt und soll eine ähnlich „wunderbare<br />

Sammlung ans Herz gehender Songs zum<br />

Schmachten und für die ruhigen Abende zu<br />

Hause mit einem Glas Rotwein" bieten, wie<br />

sein Label versprach. Im Herbst soll Cohen Jr.<br />

dann auch wieder auf Tour kommen+++<br />

Zum 1. Juni hat der Bundesverband Musikindustrie<br />

(BVMI) neben den bisher schon<br />

verliehenen Gold- und Platin-Auszeichnungen<br />

einen „Diamond Award" für besonders<br />

erfolgreiche Musikprodukte in Deutschland<br />

eingeführt. Die neue Auszeichnung wird<br />

in Form einer Trophäe für Alben verliehen,<br />

die sich mindestens 750.000 Mal verkauft<br />

haben. Singles müssen die Schwelle von<br />

einer Million Einheiten schaffen, um so gewürdigt<br />

zu werden. Parallel beschloss der<br />

BVMI, künftig auch die Premium-Streams<br />

auf den Audio-Streaming-Plattformen für<br />

die Auszeichnungen zu berücksichtigen.<br />

Gezählt werden Streams über 30 Sekunden<br />

Länge, anders als bei den Charts werden<br />

100 Streams als eine Single (physisch oder<br />

Download) gewertet. Die Verleihungsgrenzen<br />

für Singles, die nach dem 1. Juni 2014<br />

erscheinen, wurden zugleich von 150.000<br />

auf 200.000 Einheiten für Gold angehoben<br />

(Platin: 400.000 statt bislang 300.000)+++<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 7


Vers<strong>to</strong>rben<br />

Joe Young (*1960) war Gitarrist der US-<br />

Punker Antiseen. Nur wenige Monate nach<br />

dem 30-jährigen Bandjubiläum starb er<br />

am 30.4. an einem Herzinfarkt.<br />

Jessica Cleaves (*10.12.1948) sang bei<br />

The Hi-Fi's und den Friends Of Distinction,<br />

dann ab 1972 für Earth, Wind & Fire und<br />

später auch Parliament/Funkadelic. Nach<br />

längerer Krankheit verstummte sie am 2.5.<br />

für immer.<br />

Bobby Gregg (*30.4.1936 als Robert<br />

Grego in Philadelphia) wurde mit seiner<br />

Instrumentalkomposition "The Jam (Part<br />

1)” 1962 berühmt und erfolgreich (US<br />

#29, Gitarre: Roy Buchanan). Er trommelte<br />

für Paul Whitemans „TV Teen Club”-Show,<br />

war Mitglied von Steve Gibson & The Red<br />

Caps und arbeitete als Sessiondrummer –<br />

zu hören auf Bob Dylans "Like A Rolling<br />

S<strong>to</strong>ne” und "The Sound Of Silence” von<br />

Simon & Garfunkel. Er war kurz Mitglied<br />

der Hawks (= später The Band) und verschied<br />

am 3.5. friedlich in Las Vegas.<br />

Ed Gagliardi (*13.2.1952) war als Gründungsbassist<br />

Teil der US-Fraktion bei Foreigner<br />

und auf deren ersten zwei Alben zu<br />

hören. Spielte später bei The Spys und verlor<br />

am 11.5. den jahrelangen Kampf gegen<br />

den Krebs.<br />

Nash The Slash (*26.3.1948 als Jeff<br />

Plewman) stammte aus Toron<strong>to</strong> und<br />

wurde als experimentierfreudiger Rocker<br />

bekannt. „Wer ihn als Opener mitnimmt,<br />

muss sich doppelt anstrengen”, würdigte<br />

der legendäre Musikjournalist Lester Bangs<br />

das Gründungsmitglied der Prog-Rocker<br />

FM (1976). Der Multi-Instrumentalist erlag<br />

am 11.5. einem Herzinfarkt.<br />

H.R. Giger (*5.2.1940) war zwar vor al-<br />

lem als bildender Künstler und Maler bekannt,<br />

bereicherte aber<br />

auch die Musikwelt: Der<br />

Schweizer kreierte Albumcover<br />

für ELP, Floh<br />

De Cologne, Debbie<br />

Harry, die Dead Kennedys,<br />

Danzig, die Böhsen<br />

Onkelz, Paganini und erst in diesem Jahr<br />

Triptychon. Der Alien-Schöpfer drehte<br />

Videoclips und schuf auch Computerspiele.<br />

Er starb am 12.5. in Zürich.<br />

Ernest "<br />

Ernie" Chataway (*1952) war<br />

Gitarrist der zweiten Besetzung von Judas<br />

Priest (9/1969 bis 6/1970), kämpfte jahrelang<br />

gegen sein Krebsleiden und verlor am<br />

12.5.<br />

Dick Orleans (*27.5.1950) war als singender<br />

Folkgitarrist unterwegs, gehörte<br />

zeitweise den Elk<strong>to</strong>nes an. „Natürliche<br />

Ursache” stand am 12.5. in seinem Totenschein.<br />

Cubie Burke (*8.11.1964) sang Soul, unter<br />

anderem bei The (Five) Stairsteps, und<br />

erlag am 15.5. den Folgen einer früher erlittenen<br />

Hirnverletzung.<br />

Jerry Vale (*8.7.1930 als Genaro Vitaliano)<br />

landete als Crooner in den 50er<br />

und 60er Jahren elf US-Top-40-Hits, sein<br />

größter Erfolg war 1956 "You Don't Know<br />

Me" (#14). Er spielte sich selbst in den<br />

Scorsese-Filmen „Goodfellas" und „Casino".<br />

Er starb am 18.5. in einem Hospiz.<br />

Randy Coven (*1960) bearbeitete seinen<br />

Bass für Yngwie Malmsteen, CPR, Leslie<br />

West und Steve Vai, leitete daneben seine<br />

eigene Band. Bis zum 20.5., als er aus unbekannten<br />

Gründen im Schlaf starb.<br />

Martin Lister (*1962) war Keyboarder und<br />

Songschmied von Alphaville, die 2014 ihr<br />

30-jähriges Bestehen feiern. Das Jubiläum<br />

wird durch den überraschenden Tod des<br />

Musikers am 21.5. in London getrübt.<br />

Tommy Blom (*3.3.1947) war Sänger von<br />

The Tages, einer der erfolgreichsten schwedischen<br />

Bands, die von 1964 bis 1968 über<br />

zwei Dutzend Singles, EPs und LPs veröffentlichte.<br />

Er verstarb am 25.5. in S<strong>to</strong>ckholm.<br />

Gus Lezcano spielte Gitarre, Keyboards<br />

und Mundharmonika in Diensten der Miami<br />

Sound Machine sowie für die Bee Gees<br />

und Gloria Estefan. Er war gerade einmal<br />

59 Jahre alt, als ihn ein Herzversagen am<br />

28.5. dahinraffte.<br />

Coleman Lewis (*3.4.1973) gehörte als<br />

Gitarrist Smoke an, arbeitete danach auch<br />

mit Cat Power. Eine Überdosis Heroin beendete<br />

am 31.5. sein Erdendasein.<br />

Vic<strong>to</strong>r Agnello war „der Doc Of Rock”,<br />

ein auf das Fachgebiet Allergien spezialisierter<br />

Arzt in Kalifornien – und er trommelte<br />

in den 80er Jahren für die Metalband<br />

Laaz Rockit. Leukämie kostete den gerade<br />

mal 50-Jährigen am 1.6. das Leben.<br />

Steve Becker (*7.11.1952) war der Originaldrummer<br />

bei Southside Johnny & The<br />

Asbury Jukes, betrieb ein eigenes Studio<br />

und arbeitete zeitweise als Ingenieur bei<br />

der Telefonfirma Bell Atlantic. Er legte die<br />

Sticks am 1.6. für immer aus den Händen.<br />

Weldon Myrick (*10.4.1938) spielte<br />

Steelguitar und sang für Connie Smith, Jerry<br />

Jeff Walker, Alan Jackson, George Strait,<br />

Delbert McClin<strong>to</strong>n, Linda Ronstadt und<br />

Ronnie Milsap. Ein Schlaganfall s<strong>to</strong>ppte ihn<br />

am 2.6. für immer.<br />

Ralph Pruitt (*4.5.1925) war als Rockabillymusiker<br />

aktiv und landete mit der Detroiter<br />

Soultruppe The Fantastic Four mehrere<br />

Hits. Er verabschiedete sich am 3.6. endgültig.<br />

Bernard "<br />

Doc" Neeson (*4.1.1947) war<br />

Sänger der australischen Pub-Rocker The<br />

Angels, die außerhalb ihrer Heimat als Angel<br />

City firmierten. Der gebürtige Belfas ter<br />

stieg 1999 wegen Rückenproblemen nach<br />

einem Au<strong>to</strong>unfall aus, war aber 2008 bei<br />

der Reunion dabei. Im Januar 2013 wurde<br />

bei ihm ein aggressiver Hirntumor festgestellt,<br />

der ihm am 4.6. das Leben raubte.<br />

Don Davis (*25.10.1938) führte in seiner<br />

Heimatstadt Detroit früh ein eigenes<br />

Jazztrio an, war als Gitarrist auf frühen<br />

Mo<strong>to</strong>wn-Scheiben zu hören, ehe er als<br />

Produzent bei Stax Records anheuerte.<br />

Gründete diverse eigene Labels (Tor<strong>to</strong>ise<br />

International, Groovesville), aber auch eine<br />

eigene Bank. Er ging nach kurzer, schwerer<br />

Krankheit am 5.6. für immer.<br />

Bill Traut leitete die in Chicago ansässigen<br />

Labels Dunwich und Wooden Nickel<br />

Records, arbeitete als Verleger, Arrangeur<br />

und Manager für Styx, American Breed,<br />

The Impressions und die Ohio Players, die<br />

er zum Teil auch produzierte (ebenso Nazz<br />

und Exile). Er starb am 5.6.<br />

Alan Douglas (*20.7.1931) produzier-<br />

te posthum einige Aufnahmen von Jimi<br />

Hendrix, mit dem er zu<br />

dessen Lebzeiten zusammengearbeitet<br />

hatte,<br />

und sorgte für Kontroversen,<br />

weil er teilweise<br />

Drums und Bass ersetzte<br />

und nachträglich Gitar-<br />

renoverdubs einfügte. Daneben produzierte<br />

er auch John McLaughlin, Eric Dolphy,<br />

Echo & The Bunnymen sowie Sprechplatten<br />

von Allen Ginsberg, Timothy Leary sowie<br />

Malcolm X und arbeitete mit Bill Laswell<br />

und Eric Clap<strong>to</strong>n. Am 7.6. erlag er den<br />

Verletzungen, die er sich bei einem Sturz in<br />

seiner Wohnung in Paris zugezogen hatte.<br />

Jim Keays (*9.9.1946) kam in Glasgow<br />

zur Welt und wanderte mit den Eltern nach<br />

Australien aus, wo er als Sänger/Gitarrist<br />

The Mustangs anführte, die zu The Masters<br />

Apprentices mutierten, war mit seiner<br />

eigenen Combo Sou<strong>the</strong>rn Cross sowie<br />

der Manning/Keays Band, The Keays und<br />

Cot<strong>to</strong>n, Keays & Morris aktiv, ehe ihn ein<br />

Krebsleiden am 13.6. auf ewig ausbremste.<br />

Casey Kasem (*27.4.1932) arbeitete als<br />

Schauspieler, wurde aber berühmt als die<br />

Stimme der Radiosendung „American Top<br />

40”, die er ab 4. Juli 1970 insgesamt 34<br />

Jahre lang moderierte und mit der er via<br />

AFN auch hier zu Lande zu hören war. Die<br />

seltene Krankheit Lewy-Körper-Demenz<br />

kostete ihn am 15.6. das Leben.<br />

Horace Silver (*2.9.1928) begann als Tenorsaxofonist,<br />

wurde 1950 von Stan Getz<br />

entdeckt, er gründete mit Art Blakey die<br />

Jazz Messengers, spielte mit Miles Davis,<br />

Kenny Burrell, nahm für das legendäre<br />

Blue-Note-Label auf, integrierte andere<br />

Stile (Gospel, Soul, Afrika) in seine eigene<br />

Musik und veröffentlichte bis 1999 Alben.<br />

Er verstummte am 18.6. für immer.<br />

Johnny Mann (*30.8.1928) war als Sänger,<br />

Komponist und/oder Arrangeur für<br />

Johnny Burnette, The Crickets, Eddie<br />

Cochran, Nat King Cole, Dean Martin und<br />

Frank Sinatra tätig. Er wurde 1967 mit seinen<br />

Johnny Mann Singers für ihre Version<br />

von "Up Up And Away” mit einem Grammy<br />

ausgezeichnet, wirkte als Musikalischer<br />

Direk<strong>to</strong>r der TV-Show „Alvin & The Chipmunks”,<br />

in der er die Rolle des Theodore<br />

sang. Verstarb am 18.6. in Anderson, South<br />

Carolina.<br />

Gerry Goffin (*11.2.1939) schrieb schon<br />

früh Songtexte, war einer der erfolgreichsten<br />

Lyricisten, längere Zeit auch im Team<br />

mit seiner zeitweiligen Ehefrau Carole<br />

King (1959–1968) im Brill Building. Die<br />

beiden schufen Klassiker wie "Will You<br />

Love Me Tomorrow” (Shirelles), "Take<br />

Good Care Of My Baby” (Bobby Vee), "Up<br />

On The Roof” (Drifters) und "Pleasant Valley<br />

Sunday” (Monkees).<br />

Nummer-<br />

1-Hits aus ihrer<br />

Feder waren "Go<br />

Away Little Girl”<br />

(Steve Lawrence &<br />

Donny Osmond) und "The Loco-Motion”<br />

(Little Eva sowie Grand Funk). Goffin arbeitete<br />

auch mit den Komponisten Barry<br />

Mann, Michael Masser und Jack Keller<br />

und veröffentlichte diverse Solo-Alben.<br />

Zuletzt war er maßgeblich am Erfolg des<br />

Browadway-<strong>Music</strong>als „Beautiful: The Carole<br />

King <strong>Music</strong>al" beteiligt. Mit King war<br />

er 1990 in die Rock'n' Roll Hall Of Fame<br />

und schon 1987 in die Songwriters Hall Of<br />

Fame aufgenommen worden. Goffin starb<br />

am 19. Juni.<br />

Mabon "<br />

Teenie" Hodges (*16.11.1945)<br />

schrieb für Al Green die Hits "L-O-V-E<br />

(Love)” und "Here I Am (Come And Take<br />

Me)”, begleite ihn auf der Gitarre, ebenso<br />

Ann Peebles, Syl Johnson und andere<br />

Künstler von Hi Records in Memphis. 2005<br />

produzierte er Cat Power. Komplikationen<br />

nach einer Emphysem-OP kosteten ihn am<br />

22.6. das Leben.<br />

Clif<strong>to</strong>n "<br />

Cliff" Dunn erlebte als R&B-<br />

Sänger die Geschichte von The Romancers<br />

mit, die sich in The Midnighters und<br />

dann The Dreamlovers umbenannten und<br />

schließlich mit "When We Get Married”<br />

und "If I Should Lose You” zwei mittlere<br />

Hits landeten. Daneben arbeitete er auch<br />

für Chubby Checker. Er verstarb am 22.6.<br />

Lee McBee (*23.3.1951) gehörte als<br />

Bluessänger und Harpspieler The Passions<br />

an, war als Lee McBee & The Confessors<br />

unterwegs und stellte daneben seine musikalischen<br />

Dienste Mike Morgan, Bonnie<br />

Raitt, Jimmy Rogers, Doug Sahm und<br />

Johnny Winter zur Verfügung – bis zum<br />

24.6., als er sich in den Musikerhimmel<br />

verabschiedete.<br />

Bobby Womack (*4.3.1944) lebte das<br />

Mot<strong>to</strong> „Sex & Drugs & Rock'n'Roll" (mit<br />

allen bitteren Folgen)<br />

voll aus, hatte Ärger mit<br />

der Soulgemeinde, als er<br />

kurz nach Sam Cookes<br />

Tod 1964 dessen Witwe<br />

heiratete; zwei seiner<br />

Söhne starben früh; er<br />

hatte mit Depressionen zu kämpfen und<br />

musste immer wieder längere Zeit pausieren.<br />

Doch nach seinem Tod am 27.6.<br />

(Darmkrebs, Alzheimer) bleibt zumindest<br />

sein musikalisches Erbe: die 17 Songs, die<br />

er für Wilson Pickett schrieb, seine Gitarrenbegleitung<br />

für Elvis Presley, Aretha<br />

Franklin und Dusty Springfield; er sang<br />

mit Mick "Harlem Shuffle" (1964 hatte sein<br />

Song "It's All Over Now" den S<strong>to</strong>nes die<br />

erste Nummer 1 beschert) und hat knapp<br />

zwei Dutzend Alben herausgebracht, zuletzt<br />

2012 das grandiose Comeback THE<br />

BRAVEST MAN IN THE UNIVERSE.<br />

Seite 8 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


BCM<br />

Deutschland<br />

PRÄSENTIEREN<br />

Remember<br />

The Good Times<br />

Christie<br />

Albert Hammond & Band<br />

Night Fever The Very Best Of The Bee Gees<br />

Samstag, 18. Ok<strong>to</strong>ber 2014<br />

in der Stadthalle Offenbach<br />

Beginn: 19.00 Uhr, Einlass: 17.30 Uhr<br />

Ermäßigter Eintrittspreis für <strong>GoodTimes</strong>-Leserinnen und -Leser 25,– €<br />

(einschl. Versandkosten). Abendkasse: 33,– €<br />

Alle Interpreten und Bands haben jede Menge Hits im Gepäck und werden sicher für eine Superstimmung sorgen.<br />

Im Foyer der Stadthalle findet ein Schallplattenmarkt statt, wo für Sie die Möglichkeit besteht,<br />

Ihre Plattensammlung mit interessanten Raritäten zu ergänzen.<br />

Am <strong>GoodTimes</strong>-Stand werden Ihnen viele der Künstler für Au<strong>to</strong>grammwünsche zur Verfügung stehen.<br />

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von 25,– E (einschl. Versandkosten). Bestellungen: Telefon 07042/37660-160, email: goodtimes@nikma.de<br />

Stadthalle Offenbach · Waldstraße 312 · 63071 Offenbach<br />

in Kooperation mit BCM Deutschland


Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann, www.rockfo<strong>to</strong>.de<br />

Glam-Rock, Hype & Monument<br />

Lockenpracht, Federboa, weiße Stra<strong>to</strong>caster. Ein Bild wie eine Ikone. Unverwechselbar<br />

und in Stein gemeißelt für die Ewigkeit. Marc Bolan war einer der schillerndsten<br />

Stars der 70er Jahre, gehört zu den wichtigsten Mitbegründern des<br />

Glam Rock – er beeinflusste Punk und Heavy Metal, setzte Maßstäbe für den<br />

Look nachgewachsener Musikergenerationen. Und das nicht etwa wegen eines<br />

glitzernden Sterns auf der Wange. Im nachhallenden Lärm kreischender Mädchen,<br />

die bei seinem Anblick schon mal Ohnmachtsattacken erlitten, wird allzu<br />

oft vergessen: Marc Bolan war ein genialer Komponist, Lyriker und Soundtüftler.<br />

Kennst du T. <strong>Rex</strong>?", fragt ein Frühfünfziger<br />

im Büro seine zwölf oder dreizehn Jahre<br />

„ jüngere Kollegin.<br />

„Meinst du diesen Dinosaurier?", wundert diese sich.<br />

„Äh, nein. Ich meine die Gruppe mit Marc Bolan."<br />

„Marc Bolan?" Sie überlegt. „Ich kenne nur Dieter<br />

Bohlen. Von einem Marc Bolan habe ich noch nichts<br />

gehört."<br />

Der Dialog ist au<strong>the</strong>ntisch. Geführt, mitgehört und<br />

aufgeschrieben im Mai 2014. Er dürfte nicht nur<br />

bei denjenigen für Verwunderung sorgen, deren Lebensinhalt<br />

Rockmusik ist. Vor allem jene, die sich in<br />

den 70ern vom Kind zum jungen Erwachsenen durch<br />

stürmische Pubertätsjahre rebellierten, werden es<br />

kaum für möglich halten, dass T. <strong>Rex</strong> – anders als die<br />

Beatles, S<strong>to</strong>nes, Bob Dylan oder sogar David Bowie –<br />

nicht zum allgemeinen Kulturgut gehören.<br />

Warum eigentlich nicht? Denn die Voraussetzungen<br />

scheinen doch günstig, noch heute an T. <strong>Rex</strong><br />

nicht vorbeizukommen. Da gibt es zum Beispiel seit<br />

1992 einen Typen namens Danielz, der als T. <strong>Rex</strong>tasy<br />

nicht nur Oldie-Partys beschallt, sondern sogar für<br />

separate Club-Gigs gebucht wird. Die Illusion, die er<br />

vermittelt, ist beängstigend. Der Londoner hat neben<br />

der Marc-Bolan-typischen Bühnenaktion auch dessen<br />

Vibra<strong>to</strong> drauf. Und technisch ist er über jede Kritik erhaben.<br />

Oder Mickey Finn’s T. <strong>Rex</strong>. Die geisterten seit<br />

1997 durch die Festivallandschaft und sind seit dem<br />

Tod des einstigen Bolan-Mitstreiters als The <strong>Music</strong> Of<br />

Marc Bolan And T. <strong>Rex</strong> unterwegs. Und von Zeit zu Zeit<br />

durchaus prominent besetzt: Während zum Beispiel bis<br />

2004 Smokie-Gitarrist Alan Silson zur Cover-Truppe<br />

gehörte, steht seitdem der Mitbegründer des englischen<br />

Heavy-Metal-Flaggschiffes Saxon auf Silsons Posten –<br />

Graham Oliver. Beide Namen bürgen für Qualität.<br />

Auch der von Bobby T. Von Kindesbeinen an Bolan-<br />

Fan, gründete der junge Mann in England 2002<br />

die Band Electric Warrior – benannt nach dem zweiten<br />

T. <strong>Rex</strong>-Album – und agiert aktuell unter dem weitaus<br />

plakativeren Namen Too <strong>Rex</strong>. Auch Bobby scheint eine<br />

Marc-Bolan-Reinkarnation zu sein.<br />

In wessen Körper der am 16. September 1977 bei<br />

einem Au<strong>to</strong>unfall mit noch nicht einmal 30 Jahren<br />

ums Leben gekommene Marc Bolan nach seinem Tod<br />

Seite 10 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


tatsächlich schlüpfte, wird ein Geheimnis bleiben. Es ist<br />

aber offensichtlich, dass Nachwachsende immer wieder<br />

nach seinem Geist suchen – danach, was den unverwechselbaren<br />

Künstler ausmachte. Seinen Imita<strong>to</strong>ren<br />

sei es belassen, ihn in jeder Facette zu kopieren. Und<br />

die Fans, die noch heute einen Stich verspüren,<br />

wenn sie an das jähe Ende des Sängers und<br />

Gitarristen denken, sollten mit all den Tributeund<br />

Cover-Combos ihren Frieden machen.<br />

Denn auch wenn niemand jemals an die Größe<br />

der Persönlichkeit Mark Feld (Bolans bürgerlicher<br />

Name) heranreichen wird, so suchen sie<br />

alle einen Weg, ihrem Idol Anerkennung zu verschaffen<br />

– und so die Erinnerung an seine Musik wach<br />

zu halten.<br />

Marc Bolan könnte heute einer der Größten<br />

sein. Angesichts fehlenden Star-Appeals<br />

aktueller Rockacts, die sich durch ein bemitleidenswertes<br />

Kreativitätstal schleppen, sind es<br />

weiterhin Namen aus den 60er und 70er Jahren, die<br />

Musikbegeisterte in die Plattenläden oder Stadien ziehen.<br />

Black Sabbath, Aerosmith, Neil Young, Bob Dylan,<br />

Rolling S<strong>to</strong>nes – sie alle sind in diesem Jahr unterwegs.<br />

Ihre Konzerte sind ausverkauft, sie erzielen immer noch<br />

beachtliche Absatzzahlen, wenn von ihnen Tonträger<br />

in die Läden kommen. T. <strong>Rex</strong> hätten vermutlich<br />

Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann, www.rockfo<strong>to</strong>.de<br />

dazugehört. Davon war der Bandboss mitten in der<br />

um ihn herrschenden Hysterie fest überzeugt. „In 50<br />

Jahren, wenn ich 74 bin, wird man immer noch von<br />

mir hören", diktierte Marc Bolan im September 1971<br />

einem Journalisten des englischen<br />

Magazins „Jackie" in<br />

den Block. Seinen Zeitgenossen<br />

aus der Progressive-Ecke gab er<br />

weniger Chancen: „Die meisten<br />

Gruppen, die heute als besonders<br />

modern und fortschrittlich<br />

gelten, werden in 50 Jahren<br />

längst vergessen sein." Grund sei<br />

deren sträfliche Vernachlässigung<br />

von Melodien. Bolan hielt es da<br />

mit den klassischen Komponisten.<br />

Diese hätten immer die Melodie<br />

und nicht den Rhythmus zum<br />

Kern ihrer Musik gemacht. „Deshalb<br />

mag ich zum Beispiel Dvorak und Beethoven",<br />

sagte Bolan. „Und manche Stücke von Chopin hören<br />

sich an wie Beatles-Nummern. Was wirklich gut ist,<br />

setzt sich eben auf Dauer durch – ganz egal, ob es von<br />

Bach, Mozart oder John Lennon stammt."<br />

Zu jenem Zeitpunkt hatte<br />

Marc Bolan seinen neuen<br />

Stil gefunden, stand mit "Get<br />

It On" (UK #1, D #3, USA<br />

#10) ganz oben, denn auch<br />

die vorangegangene<br />

45er, "Hot<br />

Love", hatte abgeräumt<br />

(UK #1, D<br />

#3). Und "Jeepster",<br />

die dritte<br />

Single innerhalb<br />

eines Jahres (UK #2, D #3),<br />

befand sich da<br />

bereits in der<br />

Pipeline.<br />

Dass Marc Bolan vom Folk kam, war<br />

immer noch deutlich zu hören. Alle<br />

drei 71er A-Seiten waren aufs Nötigste<br />

reduzierte Rocksongs, die mit extrem wenigen Melodiewendungen<br />

auskamen. Während die Strophen<br />

sehr rhythmisch ausfielen, kulminierten die Lieder im<br />

Refrain in bittersüßen Melodien, die trotz der Kürze<br />

der Stücke scheinbar unendlich häufig wiederholt<br />

wurden. Schon bei "Hot Love" hatte Bolan diese<br />

Methode auf die Spitze getrieben, als der Kehrreim<br />

praktisch nur aus „Lalala"<br />

bestand. Folkies<br />

bedienten sich häufig<br />

ähnlicher Stilmittel.<br />

Sie trieben die S<strong>to</strong>ry in<br />

den Strophen voran,<br />

gemäß der Erzählform<br />

einer Moritat. Der Refrain<br />

hob sich durch<br />

eine auffällige Melodie<br />

ab und kehrte unablässig<br />

wieder. Bolan<br />

verstärkte die Wirkung<br />

dieses scheinbaren<br />

Kontrastes durch seine<br />

zitternde Stimme<br />

und die summenden<br />

E-Gitarren. Solos verkniff<br />

sich der eigentlich<br />

versierte Gitarrist<br />

meist – die waren eher was für die verkopften Prog-<br />

Rocker, denen der Glamster bekanntlich nicht viel abgewinnen<br />

konnte.<br />

bwohl ELECTRIC WARRIOR – im Sep-<br />

1971 veröffentlicht – bereits das<br />

Otember<br />

zweite Album unter der Bezeichnung T. <strong>Rex</strong><br />

war, brachte Bolan seinen<br />

neuen Sound erst<br />

hier voll zur Entfaltung.<br />

Das Debüt (begleitet<br />

von der UK-#2-<br />

Single "Ride A White<br />

Swan") von 1970<br />

gehörte noch zur<br />

Psychedelic-Folkära,<br />

die der Lockenkopf<br />

als Tyrannosaurus<br />

<strong>Rex</strong> zwischen 1968<br />

und 1970 mit vier Alben bestritt<br />

(MY PEOPLE WERE FAIR AND<br />

HAD SKY IN THEIR HAIR… BUT NOW THEY’RE CON-<br />

TENT TO WEAR STARS ON THEIR BROWS und PRO-<br />

PHETS, SEERS & SAGES: THE ANGELS OF THE AGES,<br />

Fo<strong>to</strong>: © Peter Grumann/Bildarchiv Hallhuber<br />

beide 1968; UNICORN, 1969; A<br />

BEARD OF STARS, 1970). So einfach<br />

das Rezept, so wirkungsvoll<br />

das Ergebnis.<br />

Und das war<br />

Marc Bolans<br />

einzigartigem<br />

Gespür für unter die Haut gehende<br />

Melodien zuzuschreiben.<br />

Doch Folk mal eben nur zu elektrifizieren (wie etwa<br />

Bob Dylan beim Newport Festival 1965), machte<br />

aus einem Singer/Songwriter noch keinen Teenager-<br />

Star. Dazu gehörte eine ganze Menge mehr. Und<br />

Marc Bolan hatte alles: Er sah blendend aus, kleidete<br />

sich mit auffallend bunten und glitzernden Klamotten,<br />

versah sich mit Make-up, agierte auf der Bühne<br />

zwischen androgyn und biestig – und servierte den<br />

Heranwachsenden eine melancholische Hymne nach<br />

der nächsten. Das machte besonders Mädchen geradezu<br />

närrisch. Im UK hieß es nach seinem Konzert<br />

im Bos<strong>to</strong>n Gliderdrome in Lincolnshire am 15. Januar<br />

1972, dass T. <strong>Rex</strong> nach jener Krone gegriffen hätten,<br />

die bisher den Beatles gehörte – die T. <strong>Rex</strong>tasy würde<br />

demnach die Beatlemania vergessen machen. „Zu<br />

jener Zeit war er das größte Ding in England", sagte<br />

Queen-Drummer Roger Taylor im 2007 entstandenen<br />

BBC-Film „The Final Word". „Das war fantastische<br />

Popmusik mit großartigen Texten." Bolan-Biograf<br />

Mark Paytress bezeichnete ihn als ein Paket aus Elvis<br />

Presley, Cliff Richard und Jimi Hendrix. Und Marc Almond<br />

von Soft Cell ("Tainted Love") sah in ihm den<br />

Brückenbauer zwischen Hippiekultur und Poprummel.<br />

" Telegram Sam" – die erste Single 1972 – eröffnete<br />

das wichtigste T. <strong>Rex</strong>-Jahr. Eigentlich ein "Get It<br />

On"-Remake, war der Song mit einer Gänsehautmelodie<br />

ausgestattet, die sich lediglich auf die Zeilen<br />

„Telegram Sam/You Are My Main<br />

Man" beschränkte. Allein dieser<br />

Fakt beschreibt Bolans Genialität:<br />

Ihm gelang es, die gesamte<br />

Nummer mit nur einem einzigen<br />

wirkungsvollen Melodiebogen<br />

zu dominieren. Und der war<br />

dann so zupackend, dass der Rest der Nummer zum<br />

Beiwerk geriet. Hinzu kam der bombastische Sound,<br />

der bei "Telegram Sam" vor allem durch Cello-Passagen<br />

einen enormen Schwulst erfuhr. Bei der folgenden<br />

Single und wohl der T. <strong>Rex</strong>-Hymne schlechthin, "Metal<br />

Guru", wuchteten sich noch mehr Streicher durch<br />

das Lied, denen Produzent Toni Visconti (u.a. David<br />

Bowie, später Thin Lizzy, Sparks, Boom<strong>to</strong>wn Rats) ein<br />

entsprechendes Arrangement verpasst hatte. Ein vor<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 11


Pathos triefender, schriller<br />

Männer-Backgroundgesang<br />

suggerierte einen<br />

Chor sexuell aufgeheizter<br />

Frauen. Und mit dem fetten<br />

Hard Rocker "Children<br />

Of The Revolution" –<br />

Platz zwei im UK – setzte<br />

der neue Superstar musikalisch<br />

noch einen drauf.<br />

THE SLIDER (Juli 1972),<br />

die dritte LP, ist ein<br />

Fest für den akustischen<br />

Sinn. Seinen effektiven,<br />

heavy rockenden Minimalismus-Nummern,<br />

die<br />

mit einer Kurzmelodie<br />

auskamen ("Metal Guru",<br />

"Telegram Sam", "The<br />

Slider", "Buick Mackane",<br />

"Baby Strange", "Chariot<br />

Choogle") stellte<br />

Mark Bolan großes Klang<strong>the</strong>ater gegenüber, bei<br />

dem jede Note durch und durch ging ("Rock On",<br />

"Mystic Lady", "Spaceball Ricochet", "Ballrooms Of<br />

Mars", "Main Man"). Und immer<br />

wurde trotz Streicherbombasts<br />

und Backgroundgewimmer<br />

die Kitschklippe geschickt<br />

umschifft. Eine entschlackte<br />

SLIDER-Version möchte<br />

man sich gar nicht vorstellen.<br />

Außerdem sorgten Stücke wie<br />

"Baby Boomerang" im Bolan-typischen Boogiestil<br />

und der Blues "Rabbit Fighter" für die nötige Bodenhaftung.<br />

THE SLIDER ist das Album, das Marc<br />

Bolan als unfehlbare Hitmaschine präsentierte. Und<br />

in Zeiten, wo der Single-Erfolg mal wieder alles war<br />

und eine LP für Charts-Beherrscher eher als Beiwerk<br />

galt, war das Werk geradezu schwindelerregend erfolgreich:<br />

UK #4, D #7. Selbst in den USA schien<br />

der Durchbruch geschafft, hier landete THE SLIDER<br />

auf Rang 17. Der von Beatle Ringo Starr produzierte<br />

T. <strong>Rex</strong>-Film „Born To Boogie" heizte die Hysterie um<br />

die heißesten Glam-Rocker noch weiter an. Der Beatles-T.<br />

<strong>Rex</strong>-Vergleich erhielt neue Nahrung – auch,<br />

weil Starr in einer Szene bei einer Jamsession in den<br />

Apple-Studios mit Marc Bolan an Mikrofon und Gitarre<br />

und El<strong>to</strong>n John (Klavier) am Schlagzeug saß.<br />

Und die Bilder der bei T. <strong>Rex</strong>-Konzerten in Schreikrämpfen<br />

aufgelösten Mädchen erinnerten nur allzu<br />

sehr an die Fab-Four-Auftritte.<br />

Auf dem 45er-Markt lief es<br />

1973 weiterhin sehr gut.<br />

"20th Century<br />

Boy"<br />

und "The<br />

Groover"<br />

hielten T. <strong>Rex</strong> in der Heimat mit<br />

Top-5-Positionen im Spiel. In<br />

Deutschland schafften es beide<br />

Nummern noch in die Top<br />

10. Anders die Amis. Die waren<br />

schon bei "Metal Guru" ausgestiegen<br />

und blieben fortan<br />

abstinent, was sich vor allem<br />

beim Verkauf des SLIDER-<br />

Nachfolgers TANX bemerkbar<br />

machte: Platz 102.<br />

Fo<strong>to</strong>: © Peter Grumann/Bildarchiv Hallhuber<br />

In Europa blieb diesbezüglich noch alles im grünen<br />

Bereich. Es darf jedoch davon ausgegangen werden,<br />

dass sich ein Gros der TANX-Käufer das Album in der<br />

Rückschau auf den Vorgänger und mit Blick auf die<br />

Singles ohne Testlauf zulegte. Denn auf ihrem vierten<br />

Werk hatten T. <strong>Rex</strong> nur noch wenig vom SLIDER-Flair.<br />

Pomp und Pathos waren enorm gedrosselt, und Marc<br />

Bolan hatte sich neuen Melodien zugewandt – immer<br />

noch brillant, aber längst nicht mehr so effek<strong>the</strong>ischend.<br />

Auch gestaltete der Bandkopf seine Kompositionen<br />

komplexer. Er erlaubte sich instrumentale<br />

Alleingänge (wenngleich nur äußerst kurze), und mit<br />

dem Opener "Tenement Lady" gab es jetzt sogar einen<br />

Song, in dem abrupt die Stimmung gewechselt<br />

wurde. Aber da die Konsumenten keine der bekannten<br />

Radionummern wiederfanden, herrschte vielerorts<br />

Ratlosigkeit. Dennoch wurde wegen des Verkaufserfolgs<br />

1973 an der Qualität des Albums nicht gekrittelt.<br />

Dass es nicht mehr die Kraft von SLIDER gehabt habe,<br />

das Material schwächer gewesen und Bolan nur noch<br />

mit halber Energie zu Werke gegangen sei, wurde erst<br />

diskutiert, als der Stern des Glam-Rockpioniers zu<br />

sinken begann.<br />

Eine weitere Ursache für den Niedergang der eben<br />

noch von allen Seiten hofierten Band dürfte ein<br />

exzessiver Drogen- und Alkoholkonsum gewesen sein,<br />

in dessen Folge Marc Bolan sein gesamtes Image aufs<br />

Spiel setzte. Er nahm zu und trennte sich von seinen<br />

extravaganten Outfits. Der Bruch mit seiner Frau June<br />

Child (einst Muse von Syd Barrett) passte ebenso in<br />

die Phase der Suche wie die Übersiedlung in die USA<br />

und der Beginn seiner Beziehung zur amerikanischen<br />

Sängerin und Songschreiberin Gloria Jones. Sie wurde<br />

seine Dauerfreundin und gebar ihm 1975 Sohn Rolan.<br />

Dass Marc Bolan versuchte, mit seinem Teen-Idolstatus<br />

zu brechen, verdeutlicht der Versuch, mit<br />

einem neuen Album die Identität<br />

zu wechseln. Ähnlich wie<br />

1972 David Bowie als Ziggy<br />

Stardust And The Spiders From<br />

Mars schuf Bolan mit Zinc Alloy<br />

ein eigenes Alter Ego, dessen<br />

Entwicklung aber am Ve<strong>to</strong> der<br />

Plattenfirma scheiterte. Das erklärt auch den kuriosen<br />

Album-Titel ZINC ALLOY AND THE HIDDEN RIDERS<br />

OF TOMORROW – A CREAMED CAGE IN AUGUST<br />

(Februar 1974), der praktisch<br />

aus dem Bandnamen<br />

und der LP-Bezeichnung<br />

bestand. Das Label hatte<br />

aus verkaufstechnischen<br />

Gründen zusätzlich Marc<br />

Bolan & T. <strong>Rex</strong> mit aufs<br />

Cover gedruckt, weshalb<br />

dort praktisch zwei Gruppennamen<br />

standen.<br />

In Großbritannien reichte<br />

es dennoch für einen<br />

zwölften Platz in den<br />

Charts. Bolans Gesicht war<br />

in den relevanten Teenager-<br />

und Musikgazetten<br />

allerdings seltener zu sehen,<br />

Radiostationen spielten<br />

vor allem die Hits der<br />

Vorjahre. Immerhin konnten<br />

T. <strong>Rex</strong> mit "Teenage<br />

Dream" für spätere Best-<br />

Of-Kopplungen noch einen weiteren Beitrag liefern,<br />

wenngleich Kritiker das scheinbar vor Pathos triefende<br />

Stück äußerst kontrovers diskutierten. Dabei war bereits<br />

der Text – wie so oft – eine lyrische Meisterleistung.<br />

Wieder im folktypischen Moritatenstil vorgetragen,<br />

liefen die melodramatischen Aussagen der<br />

Strophen auf die Frage „Was ist mit dem Teenager-<br />

Traum passiert?" hinaus. Niedergeschlagenheit klingt<br />

dabei ebenso an wie Desillusion.<br />

T<br />

. <strong>Rex</strong> waren in denselben Sog geraten wie all die<br />

anderen Singlebands. Die Schnelllebigkeit des Musikmarkts<br />

forderte immer neue Gesichter und Hits ein,<br />

Stars mussten funktionieren, sollten mehr Marionette<br />

als Künstler sein. Richtig ins Rollen kam diese Maschinerie<br />

erst nach der großen Glam-Rockwelle, als<br />

die Zeit der Girlgroups und gecasteten Popgruppen<br />

begann. Man erinnere sich: Luv, Baccara, Boney M.,<br />

Dolly Dots und viele andere. Marc Bolan jedoch verweigerte<br />

sich einem stetigen Ausverkauf ebenso wie<br />

später die Genrekollegen von The Sweet, Slade, Suzi<br />

Quatro oder Mud. Dass der Konflikt zwischen Anspruch<br />

und Verkaufserfordernissen meist zu Lasten<br />

des Künstlers geht, ist hinlänglich bekannt. Und so<br />

standen auch T. <strong>Rex</strong> im Februar 1974 mit einem großartigen<br />

Album da – das vielleicht sogar besser war als<br />

die Vorzeige-LP SLIDER –, erfuhren dafür aber kaum<br />

Anerkennung.<br />

Natürlich war es nicht leicht, sich sofort mit ZINC<br />

ALLOY … anzufreunden. Erst recht nicht für einen<br />

Fan, der mit "Metal Guru" auf den Lippen das Vinyl<br />

auf den Plattenteller legte. Schon der Opener "Venus<br />

Loon" – eines der bis da<strong>to</strong> besten Bolan-Stücke<br />

– zerhackte jede Erwartungshaltung. Was folgte, war<br />

das breitbeinige Outing eines einstigen Teenie-Idols<br />

als wahrhaft ernstzunehmender Musiker. Natürlich<br />

aalte sich Marc Bolan erneut in Melodien (zum Beispiel<br />

"Change"), gab Funk und Gospel deutlich mehr<br />

Raum, parodierte den typischen Folkie ("The Leopards<br />

Featuring Garden And The Mighty Slug") oder bewies<br />

schrulligen Humor (das „Bullshit, Bullshit" im Background<br />

von "Interstellar Soul" ist köstlich).<br />

In eine ähnliche Kerbe schlug das nur für den europäischen<br />

Markt produzierte Album BOLAN’S ZIP<br />

GUN, das eine völlig neue Besetzung präsentierte und<br />

sehr vom Soul-beeinflusst war. Gerade noch in aller<br />

Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


Munde, sah sich die „Bravo" im Dezember 1974 kurz<br />

vor Veröffentlichung von ZIP GUN genötigt, bereits<br />

von einer Rückkehr aus der Versenkung zu sprechen:<br />

„Mit drei neuen Leuten feierte Marc Bolan bei einer<br />

USA-Tournee ein triumphales Comeback", hieß es<br />

da. Was nicht stimmte, war das Adjektiv, denn das<br />

Publikum – das durchaus euphorisch<br />

reagierte – blieb bei<br />

T. <strong>Rex</strong>-Konzerten inzwischen<br />

überschaubar. Für Dauerkumpel<br />

Mickey Finn war diese Zeit<br />

die vermutlich schwierigste als<br />

T. <strong>Rex</strong>-Mitglied. Anfang 1975<br />

gab er, völlig überfordert, auf. Immer wieder wird<br />

behauptet, er sei wegen seiner (nicht von der Hand<br />

zu weisenden) enormen Drogenprobleme gefeuert<br />

worden. Und vermutlich war die Ursache für den Split<br />

ein Mix aus beidem. „Das ist die beste Gruppe, die<br />

ich je hatte", jubelte Bolan seinerzeit vor Presseleuten.<br />

Und seine Beziehung zu Gloria Jones, mit der er<br />

sogar Duette aufnahm, beschrieb er so: „Wir geben<br />

unser Letztes füreinander – aber nur auf der Bühne<br />

…" Nur wenig später klang das gegenüber dem „Rolling<br />

S<strong>to</strong>ne" schon weitaus differenzierter: „Ich lebte in<br />

einer widersprüchlichen Welt aus Drogen, Alkohol und<br />

bizarrem Sex."<br />

Kurzzeitige Auflösungen von T. <strong>Rex</strong> hat es seit 1974<br />

offenbar immer wieder mal gegeben – vor der<br />

USA-Tournee Ende 1974 ebenso wie kurz nach dem<br />

Erscheinen von ZIP GUN, denn für FUTURISTIC DRA-<br />

GON ging Marc Bolan schon wieder mit einer neuen<br />

Mannschaft ins Studio, diesmal in Chicago. Von der<br />

alten Truppe war nur noch Steve Currie (b) dabei, der<br />

aber wenig später auch<br />

verschwand. Dass die<br />

LP mit "New York City"<br />

und "Dreamy Lady"<br />

kleine Erfolgsnummern<br />

abwarf, ist weit<br />

weniger von Bedeutung<br />

als der erneute<br />

Souleinschlag und die<br />

üppige Verwendung<br />

von Syn<strong>the</strong>sizern.<br />

"Ride My Wheels" ist<br />

dafür ein markantes<br />

Beispiel – und das war<br />

nicht leicht zu knacken.<br />

Bei<br />

Musikkritikern<br />

gehörte es zu diesem<br />

Zeitpunkt zum<br />

guten Ton, T. <strong>Rex</strong> nach<br />

Strich und Faden zu<br />

verreißen. Das war bei<br />

ZIP GUN schon so und<br />

setzte sich mit FUTU-<br />

RISTIC DRAGON fort. Es war nach SLIDER verdammt<br />

schwierig geworden, die Band stilistisch einzuordnen,<br />

was in den 70er Jahren oft eine wesentliche Voraussetzung<br />

für wohlwollendes<br />

Medienfeedback war. Auch im<br />

Sound gab es keine Beständigkeit.<br />

Aber wie so oft bei eigensinnigen<br />

Künstlern beeindruckt<br />

deren Musik besonders in der<br />

Rückschau. Denn das Händchen<br />

für eingängige Melodien und Vier-Minuten-Sinfonien<br />

("Dawn S<strong>to</strong>rm") verlor Marc Bolan nie.<br />

Warum also gehören T. <strong>Rex</strong> nicht zum kulturellen<br />

Allgemeingut, sind sie nicht generationsübergreifend<br />

Synonym für große Musik? Die Mädchen, die<br />

wegen Bolan 1972 noch Tränen der Begeisterung vergossen,<br />

hatten ihn zwei Jahre später schon vergessen.<br />

Eine „Extasy" war in den 70ern nicht annähernd so<br />

bedeutsam wie eine „Mania" in den 60ern, denn Ekstasen<br />

gab es auch nach T. <strong>Rex</strong> noch reichlich – etwa<br />

jene um die Bay City Rollers. T. <strong>Rex</strong> galten als Hype<br />

der Glam-Rockwelle, schafften es jedoch nie, die Abwendung<br />

des Teenie-Publikums zu kompensieren und<br />

dies durch Rockfans im<br />

eigentlichen Sinne zu<br />

ersetzen.<br />

Ob Bolan Gedanken<br />

dieser Art umtrieben,<br />

sei dahingestellt.<br />

Kreativ schien der<br />

Mann in dieser Zeit allerdings<br />

zu explodieren.<br />

Und so tat er das, was<br />

er am besten konnte:<br />

Er schrieb Songs. Der<br />

Sänger und Gitarrist<br />

ging im August 1976 in<br />

Los Angeles ins Studio<br />

und begann mit einem<br />

wechselnden Musikertross<br />

(Steve Currie<br />

war von Zeit zu Zeit<br />

auch wieder dabei) die<br />

Arbeit an DANDY IN<br />

THE UNDERWORLD.<br />

Es wurde ein brillantes<br />

Album. Im März 1977<br />

veröffentlicht, zeigte es Marc Bolan als perfekten<br />

Chronisten der aktuellen musikalischen<br />

Strömungen – und es<br />

präsentierte einige seiner besten<br />

Kompositionen ("Crimson<br />

Moon", "The Soul Of My Suit").<br />

Die englischen Fans reagierten<br />

positiv (#26), zurück im Ring<br />

waren T. <strong>Rex</strong> damit aber nur bedingt.<br />

Bolan hatte sich auch schon längst anderen<br />

Herausforderungen zugewandt. Punk beeindruckte<br />

ihn zutiefst, darum nahm er unter anderem<br />

1977 The Damned als Support mit auf Tour. In<br />

seiner bei ITV produzierten Fernseh-Show „Marc",<br />

die am 24. August Premiere feierte, erhielten einige<br />

der jungen Wilden erstmals die Möglichkeit,<br />

sich auf der Mattscheibe zu zeigen: The Jam, die<br />

Boom<strong>to</strong>wn Rats, Eddie & The Hotrods, Generation<br />

X. Die sechste und letzte Folge lief am 28.<br />

die SLIDER-Besetzung (v.l.): Bill Legend (dr), Mickey Finn (perc, voc),<br />

Marc Bolan (voc, g) und Steve Currie (b)<br />

September und zeigte am Schluss einen gut gelaunten<br />

Marc Bolan, der nach einer nur eineinhalb<br />

Minuten dauernden Gitarrenjam mit David Bowie<br />

seitlich von der Bühne aus dem Bild fällt. Zu diesem<br />

Zeitpunkt war Bolan schon fast zwei Wochen<br />

<strong>to</strong>t.<br />

Spekulationen über ein „Was wäre, wenn …" machen<br />

wenig Sinn. Als das Au<strong>to</strong> mit Marc Bolan am<br />

16. September 1977 von der Straße abkam, wurde<br />

jede Frage nach der Zukunft des Ausnahmekünstlers<br />

abgewürgt. Gloria Jones saß am Steuer, da der Brite<br />

bis zuletzt keinen Führerschein besessen hatte. Und<br />

die Medien hatten ihn gerade als den „Godfa<strong>the</strong>r Of<br />

Punk" entdeckt.<br />

Das Leben zählt nicht nach Jahren. Und Marc<br />

Bolans Leistung als Komponist, Texter und Musiker<br />

reichte mehrfach aus, um als Monument im<br />

kollektiven Bewusstsein zu stehen. Allerdings werden<br />

die Regeln der Erinnerungskultur nicht von den<br />

Akteuren selbst geschrieben. Einen Hype erlebten<br />

T. <strong>Rex</strong> noch einmal für ein paar Monate zu Beginn<br />

der 90er Jahre, als "20th Century Boy" in der MTV-<br />

Rotation ein Dauerbrenner war. Der Reputation der<br />

Band war dieses hektische Abfeiern aber nicht eben<br />

zuträglich.<br />

Verehrer und Fans von T. <strong>Rex</strong> wissen um deren Bedeutung.<br />

Bei ihnen werden die LPs der Gruppe<br />

noch immer regelmäßig aufgelegt, denn Bolans Musik<br />

ist zeitlos. Ohne sie wäre die Geschichte der Rockmusik<br />

unvollständig.<br />

Als Steve Harley ("Make Me Smile" mit Cockney Rebel)<br />

im BBC-Film „The Final Word" gefragt wird,<br />

welche drei Worte er mit Bolan verbinden würde, sagt<br />

er nur: „Ich vermisse ihn."<br />

Jens-Uwe Berndt<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 13


Unsterblich<br />

Die Erwartungen an HEAVEN & EARTH waren hoch – an das erste Yes-<br />

Album mit Jon Davison (Frontmann der Neo-Prog-Combo Glass Hammer),<br />

seit Februar 2012 Sänger der Progressive-Rock-Institution. Er<br />

folgte auf Benoit David, zwischen 2008 und Anfang 2012 bei Yes, der mit der Band<br />

allerdings nur das eher diffuse FLY FROM HERE zustande brachte. Davison war<br />

jedoch nicht nur Nachrücker für den introvertierten, von seiner Aufgabe überforderten<br />

Kanadier David: Er stand von Beginn an im übermächtigen Schatten des<br />

großen Jon Anderson.<br />

Es kam, wie zu befürchten war: HEAVEN & EARTH entpuppte sich, zumindest für<br />

viele Yes-Fans der ersten Stunde, als eher enttäuschend. Die acht Stücke des Albums<br />

klingen, als hätte eine Coverband versucht, den originären Sound der frühen<br />

Jahre einzufangen: musikalisch vielleicht leidlich gelungen, aber streckenweise<br />

ein wenig langatmig. Und der 43-jährige Davison aus dem tiefen Süden der USA<br />

ist höchstens ein unauffälliger Schatten seines britischen Vornamensvetters, und –<br />

sagen wir's so – er verrichtet seinen Job nicht übel.<br />

Der 67-jährige Yes-Gitarrist Steve Howe, seit 1970 in der Gruppe, sieht dies naturgemäß<br />

etwas anders – und hält außerdem dem Altmeister die Tür für eine Rückkehr<br />

offen.<br />

Wie kam es zum Titel<br />

des aktuellen<br />

Albums?<br />

So plakativ er klingen mag, so kompliziert<br />

ist er zu erklären. Letztlich<br />

geht es um zwei Welten, die hier aufeinander<br />

treffen – um das Materielle<br />

und um das Spirituelle. Da zumindest<br />

unserer Ansicht nach die derzeitige<br />

materielle Welt der Menschheit<br />

nicht viel mehr als Korruption, Gier<br />

und Krieg zu bieten hat, präsentieren<br />

wir mit den Texten eine optimistische<br />

spirituelle Alternative an. So<br />

ungefähr sind der Albumtitel und die<br />

Texte dahinter gemeint.<br />

Das klingt recht<br />

esoterisch ...<br />

Jon Davison, der den Großteil der Texte schrieb, ist ein ziemlich esoterisch veranlagter<br />

Mensch. Aber das war Jon Anderson auch schon (lacht). Und wir alle<br />

von Yes sind seit jeher jenseits von Gut und Böse. Darum gibt es inhaltlich nichts<br />

Neues bei uns.<br />

Wie lief die Zusammenarbeit mit Jon Davison?<br />

Wir kennen uns mittlerweile seit über zwei Jahren, haben uns aneinander gewöhnt.<br />

Inzwischen mag ich ihn richtig gern, zu Beginn war es noch ein neugieriges<br />

Beschnuppern. Jon ist um einiges jünger als ich, dadurch hat er andere<br />

Seite 14 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

Erfahrungswerte. Aber er besitzt zweifellos eine Menge Talent. Und jetzt ist er ein<br />

Kumpel. Dennoch war und bleibt Jon Anderson für mich der „richtige” Yes-Sänger,<br />

da er unsere Band nachhaltig<br />

geprägt hat. Ich möchte<br />

es nicht ausschließen, dass<br />

er eines Tages zu uns zurückkehren<br />

wird. Davison weiß<br />

das, er akzeptiert es – und<br />

das finde ich sehr beeindruckend.<br />

Ist HEAVEN &<br />

EARTH ein klassisches<br />

Yes-<br />

Album?<br />

Bislang habe ich noch keine<br />

richtige Distanz dazu, darum<br />

halte ich mich mit Einschätzungen<br />

zurück. Tatsache ist, dass Jon Davison jede Menge<br />

Einfluss darauf hatte. Gut so, denn er ist schließlich der Sänger<br />

– also der Mann, der die Sache nach außen hin vertreten muss.<br />

Was ich sagen kann: HEAVEN & EARTH ist ein individuelles,<br />

spannendes Werk geworden.<br />

Wie kam HEAVEN & EARTH zustande?<br />

Jon Davison wurde uns bereits empfohlen, als Benoit David noch<br />

dabei war. Als er aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden<br />

musste, nahmen wir Kontakt zu Jon auf. Er brachte eine Menge<br />

Ideen für neue Songs ein. Wir hörten uns die an, ließen uns aber<br />

Zeit mit der Entscheidung, ob wir sie in unseren Soundkosmos<br />

integrieren würden (lacht). Jon sollte erst mal live beweisen, dass<br />

er zu unserer kauzigen Truppe passt! Und er hat die Feuerprobe<br />

bestanden. Danach merkten wir, dass seine Ideen was taugen,<br />

und sagten im Januar dieses Jahres: „Okay, los geht’s!”<br />

Ist es nicht unfair, dass er sich<br />

als eine Art Stellvertreter vorkommen<br />

muss?<br />

Wir haben ihm das Ganze nie verheimlicht, und niemand schließt<br />

Andersons Rückkehr aus. Wobei es mir eigentlich widerstrebt, ständig zurückzublicken,<br />

das hat was Muffiges. Ich will nach vorn schauen.<br />

Wie beurteilen Sie Yes allgemein? Eher als<br />

anachronistische oder als eine klassische<br />

Institution?<br />

Anachronisten sind wir definitiv nicht, denn wir kommen allesamt aus der Klassik,<br />

dem Jazz und dem Blues. Das sind unsterbliche Genres, die von der Improvisation<br />

leben. Darum wage ich zu behaupten: Auch unser Sound ist unsterblich!<br />

Michael Fuchs-Gamböck<br />

Konzentriert:<br />

Steve Howe<br />

beim Tüfteln an<br />

neuen Yes-Songs<br />

Jon Andersons<br />

Lückenbüßer oder<br />

Yes-Erneuerer?<br />

Jon Davison


Fo<strong>to</strong>: © Koko<br />

Hard-Rock-Romantiker<br />

Dieses Album ist ein Statement", raunt Mick Box geradezu verschwörerisch,<br />

"<br />

damit soll der Welt bewiesen werden, dass wir unseren Ruf als Pioniere des<br />

"<br />

Heavy Rock nicht zu Unrecht haben. Es mag 45 Jahre her sein, dass diese<br />

Gruppe ihren Einstand feierte – aber auch 2014 rockt sie noch wie der Teufel!"<br />

Der 67-jährige Uriah-Heep-Gitarrist ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied<br />

der britischen Formation. Auf das aktuelle, 24. Studiowerk OUTSIDER ist<br />

der Mann aus East London extrem s<strong>to</strong>lz: Das war wirklich nicht bei allen unseren<br />

Scheiben so, speziell nicht bei einigen aus den vergangenen 20 Jahren",<br />

"<br />

beteuert Box. Aber dieses Ding hier, das schließt in meinen Ohren nahtlos an<br />

"<br />

unsere grandiose frühe Zeit an." Kein Wunder bei derart geballter<br />

Ladung an Selbstvertrauen und prächtiger Laune, dass<br />

der Schwatz mit dem Heavy-Rock-Urgestein äußerst vergnüglich<br />

ablief.<br />

Warum seid ihr auf OUTSIDER konsequent zu euren Wurzeln<br />

zuruckgekehrt?<br />

Letztlich ist diese Musik unser Hauptanspruch: dem Hörer unser<br />

Übermaß an Energie, an Leidenschaft zu vermitteln. Wir sehen<br />

diese Platte völlig in der Tradition der frühen 1970er Jahre, als<br />

Rockmusik der Inbegriff von Jugend und Revolte schlechthin<br />

war. Diesen Ideale möchten wir mit OUTSIDER bedingungslos<br />

hochhalten.<br />

Darum auch der Titel des Albums?<br />

Na klar, weil wir felsenfest daran glauben, was wir tun! Ganz<br />

gemäß dem alten Sprichwort: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s<br />

gänzlich ungeniert.” Wir machen einfach nur unser Ding, völlig<br />

geradlinig. Daher sind wir „Outsider”.<br />

Eine Zeit lang wolltet ihr den klassischen Heep-Sound modernisieren ...<br />

Mick Box, letztes<br />

Uriah-Heep-Original<br />

Mir ist diese Tendenz von damals durchaus klar, ich schütte deshalb Asche auf<br />

mein Haupt! Das war die Zeit zwischen Ende der 1980er und Mitte der Nuller-<br />

Jahre. Doch spätestens ab WAKE THE SLEEPER von 2008 haben wir die Kehrtwende<br />

gemacht. Für eine Classic-Rockband macht es absolut keinen Sinn, sich<br />

der Moderne anzupassen. Denn das bedeutet, dass man sich im Rockbereich der<br />

vielfach vorherrschenden gähnenden Langeweile anschließt. Die spannendsten<br />

Sachen in diesem Genre sind doch passiert, als die Sache losging, also in den<br />

späten 1960ern und frühen 1970ern. Und der Grundgedanke von damals, emotionales<br />

Feuer und leidenschaftliche Euphorie zu vermitteln, ist bis heute nicht<br />

erloschen. An den versuchen wir mit OUTSI-<br />

DER anzuknüpfen. Wir tragen diese Fackel<br />

weiter – und zwar sehr gern!<br />

Du bist wie meist fur alle Texte verantwortlich.<br />

Was inspiriert dich beim Schreiben?<br />

Meist sind es irgendwelche Dinge, die ich<br />

Seite 16 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

gelesen habe. Ich schmökere sehr viel, vor allem in Zeitungen und Magazinen.<br />

Unser Sänger Bernie Shaw hat keine Probleme, diese von mir entworfenen Ideen<br />

umzusetzen. Wir sprechen eine Weile über deren Hintergedanken. Er lässt sich<br />

von mir davon überzeugen (lacht), und dann singt er sie voller<br />

Inbrunst. Ich bin jedesmal wieder <strong>to</strong>tal beeindruckt. Das läuft stets<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

ziemlich problemlos.<br />

Wie wurdest du Uriah Heep 2014 spontan mit wenigen Begriffen<br />

umschreiben?<br />

Frisch, kernig, rockig und dabei dennoch völlig dem klassischen<br />

„Heep-Sound" verpflichtet. So ist es, denn die Hammondorgel,<br />

die Wah-Wah-Gitarre, die schweren Riffs und die mehrstimmigen<br />

Gesangsharmonien – all das ist nach wie vor an Bord. Wir waren<br />

ja nie die absoluten Haudraufs in der Rockszene. Tief im Inneren<br />

sind wir Romantiker. Und ich denke, das hört man letztendlich<br />

in allen unseren Stücken. Nochmals: Ja, wir sind die Hard-Rock-<br />

Romantiker!<br />

Gibt es materielle Erwartungen fur OUTSIDERS?<br />

Über den finanziellen Aspekt sollte man sich tunlichst keine Gedanken<br />

machen, wenn man an einer neuen CD arbeitet, denn das<br />

schüttet nur die Kanäle zu deiner Innovation, Inspiration und zu<br />

den Empfindungen zu. Außerdem haben wir im Lauf unserer Karriere<br />

mehr als 30 Millionen Tonträger verkauft, allein von den Tantiemen kann<br />

man gut leben. Wir lassen uns von Verkaufszahlen schon lange nicht mehr beeindrucken.<br />

Viel wichtiger sind die Fanreaktionen.<br />

Welche Pläne gibt es?<br />

Da ist immer irgendwas! Denn das ist zumindest in meinem Alter ein Bollwerk,<br />

um nicht etwa über die Sterblichkeit des Menschen nachzudenken, das gebe ich<br />

offen zu. Wir denken also nahezu pausenlos nach – über neue Lieder oder Konzerte<br />

und solche Sachen. Letztlich wollen wir der Welt beweisen, dass wir einfach<br />

nicht <strong>to</strong>tzukriegen sind.<br />

Michael Fuchs-Gamböck


Rückkehr zum Kreativ-Gebläse<br />

Nicht eben wenige Rockhörer hatten Chicago längst aufgegeben: Spätestens nach dem Album CHICAGO<br />

IX – GREATEST HITS (Ende 1975) schienen sie endgültig zu Produzenten massenkompatibler, süßlicher<br />

Charts-Ware mutiert zu sein. Kaum noch Spuren der Pioniere des engagierten Bläser-Rock, mit dem sie<br />

seit 1967 brilliert hatten. Je seichter sich Chicago gaben, des<strong>to</strong> erfolgreicher gerieten ihre Songs. Sie hätten<br />

endlos so weitermachen können. Aber: Jetzt ist NOW – CHICAGO XXXVI erschienen, ihr 36. Album – und<br />

diese Scheibe besinnt sich weitgehend auf die Qualitäten einer Band zurück, die speziell in ihrer Anfangszeit<br />

aufregend und spektakulär war. Alle Gründungsmitglieder hatten eine musikalische Top-Ausbildung, sie<br />

sprengten mit ihrer Leidenschaft sämtliche damaligen Vorstellungen. Auf NOW – CHICAGO XXXVI sind<br />

(wieder) alle für Chicago typischen Markenzeichen vertreten – exzellentes Songwriting, ausgeklügelte Gesangsarrangements,<br />

dazu die unverwechselbaren Bläsersätze. Behauptung: Nie war dieses Oktett so wertvoll<br />

wie in der aktuellen Ära des Stromlinien-Pop! Findet auch James Pankow, der 66-jährige Posaunist und<br />

Mitbegründer der Band.<br />

Fo<strong>to</strong>: © Hugh Brown<br />

Wie kam es zu diesem<br />

nostalgischen Rundumschlag?<br />

Ja, wir haben uns in den<br />

vergangenen 25 Jahren<br />

weitgehend an schlankeren,<br />

poppigeren Arrangements<br />

versucht; wir dachten,<br />

dadurch würden wir<br />

James Pankow<br />

zeitgemäß klingen. Doch in der letzten Zeit merkten<br />

wir an zahlreichen Reaktionen, dass die Fans Chicago<br />

lieben, weil wir einen unverwechselbaren Sound<br />

kreiert hatten. Und als einer, der von Beginn an dabei<br />

war, darf ich feststellen: Die Musik, die wir auf unseren<br />

ersten sieben<br />

oder acht Alben<br />

gespielt haben,<br />

hat mir selbst auch<br />

am meisten Spaß<br />

bereitet. Darum in<br />

erster Linie diese<br />

Rückbesinnung.<br />

Worauf sind Sie<br />

nach fast 50 Jahren<br />

am meisten s<strong>to</strong>lz?<br />

Es gab vor uns keine<br />

Band, die Bläser<br />

derart dominant in<br />

der Rockmusik eingesetzt hatte – selbst Blood, Sweat<br />

& Tears fingen erst kurz nach uns damit an. Wir sind<br />

demnach echte Pioniere in einem speziellen Genre.<br />

Unser Ziel war und ist es, unsterbliche Pop-Harmonien<br />

mit Bläsern aufzuwerten und vielleicht auch<br />

aufzublähen. Unser Saxofonist Walter Parazaider<br />

hatte damals diese Idee.<br />

Hat die aktuelle Band noch viel mit Ur-Chicago"<br />

"<br />

zu tun?<br />

Ja. Obwohl einige Mitglieder eine klassische musi-<br />

kalische Ausbildung absolviert haben, entstehen alle<br />

unsere Kompositionen in erster Linie aus dem Bauch<br />

heraus. Die späten 1960er Jahre waren wild und frei<br />

und wir selbst noch jung – daraus entstand diese<br />

unbändige Energie, die wir bis heute aufrechtzuerhalten<br />

versuchen. Ich selbst habe es nie bereut, Klassik<br />

studiert zu haben. Dadurch war ich handwerklich<br />

gewappnet, um deren starre Regeln kreativ aushebeln<br />

und ihr die Improvisation entgegensetzen zu<br />

können.<br />

Zwei Songs auf der neuen Platte könnten für<br />

Kontroversen sorgen: "Naked In The Garden Of<br />

Allah" und "America": wachsende Islamisierung<br />

hier, ein Loblied auf klassische amerikanische<br />

Werte dort ...<br />

Die Intention hinter<br />

"Allah” ist:<br />

Die verschiedenen<br />

ethnischen und<br />

religiösen Gruppen<br />

müssen aufeinander<br />

zugehen!<br />

Unterschiedliche<br />

Haltungen und<br />

Einstellungen dürfen<br />

nicht zu Kriegen<br />

führen – nur<br />

um herauszufinden,<br />

welcher Gott denn nun der richtige ist. "America”<br />

ist schlicht eine Hymne auf unser einzigartiges<br />

Land. Wir halten die USA für eine wunderbare Nation,<br />

irgendwie sind wir auserwählt.<br />

Trotz NSA, trotz des noch immer nicht geschlossenen<br />

Guantanamo-Knasts, trotz mangelnden Sozialversicherungsschutzes?<br />

Na klar, warum nicht?! Amerika ist für uns der Inbegriff<br />

von menschlicher Freiheit.<br />

Michael Fuchs-Gamböck<br />

Fo<strong>to</strong>: © Henry Diltz


Eintritt in den<br />

Electra heute (v.l.): Gisbert Koreng<br />

(g, voc), Andreas Leuschner (keys),<br />

Wolfgang Riedel (b), Eckhard Lipske<br />

(g), Stephan Trepte (voc), Bernd Aust<br />

(sax, fl), Falk Möckel (dr) und Peter<br />

Ludewig (voc). Ludewig spielt<br />

krankheitsbedingt die<br />

Abschieds<strong>to</strong>ur nicht mehr mit.<br />

Dom – und Abschied<br />

Es war 1969, das Jahr, als die Puhdys in Ost-<br />

Berlin an den Start gingen. Da schickten auch<br />

die Sachsen eine<br />

wenig später sehr<br />

gefragte Band ins<br />

Rennen: die Electra-<br />

Combo aus Dresden.<br />

Studenten der Musikhochschule<br />

Carl Maria<br />

von Weber (darunter<br />

Bernd Aust und Wolfgang<br />

Riedel, die noch<br />

heute zur Besetzung<br />

der Kultgruppe zählen)<br />

wollten ihre ganz<br />

eigene Auffassung<br />

von Progressive Rock<br />

umsetzen und auch<br />

klassische Werke dafür<br />

adaptieren. Zunächst<br />

ging es jedoch<br />

um das nötige Kleingeld für das Instrumentarium.<br />

So gab es keinen Saal in und um Dresden, in dem<br />

Electra (das Combo verschwand mit der Zeit aus dem<br />

Bandnamen) nicht spielten, mal mit gecoverten Hits,<br />

mal als Begleitung bunter Abende mit Kollegen –<br />

und meist schon mit eigenen Songs, von denen die<br />

ersten bald fürs Radio produziert wurden. Der Grund<br />

dafür: Die DDR-Obrigkeit hatte beschlossen, mehr<br />

einheimische Künstler über den Ä<strong>the</strong>r zu schicken.<br />

Doch weil es kaum Aufnahmen gab, tingelte ein<br />

Ü-Wagen des DDR-<br />

Rundfunks<br />

durchs<br />

Land und suchte<br />

Bands, mit denen<br />

sich<br />

Produktionen<br />

realisieren ließen. Als<br />

das Aufnahmemobil<br />

in Dresden war, meldeten<br />

sich Electra.<br />

Wenig später wurden<br />

die Dresdner<br />

in die Rundfunkstudios<br />

ihrer Heimatstadt<br />

eingeladen<br />

– und in<br />

Leipzig nahmen<br />

sie 1971<br />

ihren ersten<br />

und bis heute einen ihrer größten Hits auf:<br />

"Tritt ein in den Dom". Ein von Aust komponiertes<br />

Paradestück für den neuen Sänger<br />

Stephan Trepte, der 1970 zu Electra fand. Es<br />

gab zunächst einen gemeinsamen Konzertabend<br />

mit Electra und Treptes früherer Band,<br />

schließlich wurde der Mann ganz klassisch<br />

abgeworben.<br />

Darauf einen Wurzelpeter (v.l.): Bernd Aust, Karl-Heinz Ringel,<br />

Ekkehard Berger, Peter Ludewig und Wolfgang Riedel gründen<br />

1969 die Electra-Combo.<br />

Seite 18 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

Nachdem "Tritt ein in den Dom" ein kleiner Hit<br />

geworden war, verschwand der Song wieder aus<br />

den Radiostationen. Zensoren war aufgefallen, dass<br />

der Text eindeutig zum Kirchenbeitritt aufrief – ein<br />

Unding ohnegleichen im Land der ungläubigen Arbeiter<br />

und Bauern ... Obwohl die Dresdner Musiker<br />

anfangs empört auf das für sie nicht nachvollziehbare<br />

Verbot reagierten, war es unterm Strich das<br />

Bes te, was der aufstrebenden Band passieren konnte:<br />

Neugier auf die Sachsen mit dem verbotenen<br />

Song war geweckt. Zu Vinylehren kam das Lied erst<br />

1980 auf der dritten Electra-LP ELECTRA 3. Zu die-<br />

Electra im Erfolgsjahr 1979: Gisbert Koreng, Manuel von Senden,<br />

Rainer Uebel, Wolfgang Riedel, Bernd Aust und Peter Ludewig.


sem Zeitpunkt war Trepte, der in<br />

der DDR etliche Male zum „Sänger<br />

des Jahres" gewählt wurde,<br />

längst Frontmann der Band<br />

Reform. Electra hatte er bereits<br />

1974 verlassen, um bei Lift anzuheuern,<br />

einer weiteren populären<br />

Band in Sachsen. Im selben<br />

Jahr debütierten die Musiker um<br />

Bernd Aust mit ELECTRA-COM-<br />

BO. Die zweite LP ADAPTIONEN<br />

(1976) kam ohne Sänger aus, sie<br />

enthielt ausschließlich klassische<br />

Instrumentalwerke<br />

von Bach<br />

bis Borodin in einer Neubearbeitung<br />

der Electra-Musiker.<br />

eil Bernd Aust neben den<br />

Keyboards auch Querflöte<br />

spielte, waren Electra<br />

auch immer ein wenig die<br />

Jethro Tull des Ostens. In<br />

den 1990ern spielten beide<br />

Gruppen ein Konzert in Dresden<br />

– bis heute hält sich das<br />

Gerücht, dass Ian Anderson<br />

danach nie wieder mit einer<br />

Band mit Querflötist auftreten<br />

wollte – schon gar nicht<br />

mit einem, der noch volleres<br />

Haar hat und musikalisch<br />

fit ist. Ein weiterer Electra-<br />

Meilenstein wurde das vierte<br />

Album DIE SIXTINISCHE MA-<br />

DONNA, 1980 in Ost- und<br />

Westdeutschland erschienen.<br />

Es war die zweite Platte mit dem neuen Sänger Manuel<br />

von Senden, der 1978 zu Electra kam. Spätestens<br />

jetzt (auf ELECTRA 3 war er auch schon der<br />

Sänger) wurde klar, dass von Senden wie sein Vorgänger<br />

Trepte zu den großen Stimmen des DDR-<br />

Rock gehörte. Ein weiterer Trumpf: Gründungsmitglied<br />

und Schlagzeuger Peter Ludewig entpuppte<br />

sich auf einigen Songs ebenso als Vokalist mit einer<br />

mehrere Oktaven umfassenden Stimme.<br />

er Sound der Achtziger forderte auch bei den<br />

Dresdnern eine musikalische Zäsur. Wirkte EIN<br />

TAG WIE EINE BRÜCKE (1982) noch ein wenig<br />

unentschlossen, zeigten sich Electra auf AUGEN<br />

DER SEHNSUCHT (1986) und TAUSEND UND EIN<br />

GEFÜHL (1987) als veritable Pop-Formation: Die<br />

großen Prog-Rockelemente waren eingängigen und<br />

tanzbaren Hooks gewichen. Der Hit "Nie zuvor",<br />

eine Ballade mit Schlagerfacetten, steht für diese<br />

Phase. Während andere Ost-Rockbands zugunsten<br />

des 80er-Sounds die Frontmänner<br />

austauschen mussten<br />

(Karussell, Stern Combo Meißen),<br />

erwies sich von Senden<br />

als kongenialer Popsänger.<br />

Gegen Ende des Jahrzehnts<br />

besannen sich Electra dann<br />

wieder auf ihre eigentlichen<br />

Stärken: Ihre achte LP DER<br />

AUFRECHTE GANG, 1989 produziert,<br />

knüpfte wieder an die<br />

Siebziger an. Zudem fand Stephan<br />

Trepte (die Band Reform<br />

hatte sich bereits 1986 aufgelöst)<br />

zurück und löste Manuel<br />

von Senden ab.<br />

ine Veröffentlichung gab es für DER AUF-<br />

RECHTE GANG zunächst aber nicht. Sie war<br />

geplant, fiel jedoch in<br />

die Zeit von Wende und<br />

Mauerfall – Land, Label<br />

und Band existierten<br />

nicht mehr. Erst 2004 erschien<br />

die LP in einer Box<br />

mit allen acht Alben, ein<br />

Jahr später als Bonus einer<br />

Live-DVD. Zu diesem<br />

Zeitpunkt waren Electra<br />

schon wieder rund zehn<br />

Jahre unterwegs, darunter<br />

als „Sachsendreier" mit<br />

Stern Combo Meißen und<br />

Lift, manchmal mit Chor<br />

und Orchester. Obwohl im<br />

Lauf der Jahre unzählige<br />

Best-Of-Kopplungen<br />

und Livemitschnitte auf<br />

CD und DVD erschienen,<br />

gibt es bis heute keine<br />

neue Studioproduktion.<br />

Bandchef Bernd Aust ist<br />

zu sehr Realist, für neues<br />

Material rechnet er sich<br />

zu wenige Chancen aus.<br />

Denn neben seiner Arbeit<br />

bei Electra arbeitet<br />

er als Dresdens führender<br />

Konzertveranstalter und<br />

weiß darum genau, welche<br />

Fak<strong>to</strong>ren ineinander<br />

greifen müssen, um tatsächlich<br />

Erfolg haben zu<br />

können.<br />

o ist zum 45. Geburtstag<br />

der Band in diesem<br />

Jahr auch keine weitere<br />

Veröffentlichung geplant.<br />

Alles Relevante sei erschienen,<br />

erklärt Aust. Die Konzerte<br />

zum Bandgeburtstag werden<br />

dennoch besondere sein – und<br />

ihre letzten! Electra haben ihre<br />

Auflösung vermeldet, im Sommer<br />

2015 soll das definitiv letzte Konzert<br />

stattfinden. Ein fester Platz<br />

in den Annalen deutschsprachiger<br />

Rockmusik ist dieser Band jetzt<br />

schon sicher.<br />

Christian Hentschel


und WHITE LIGHTNIN' IN<br />

(Sierra) aus. Die Liste der<br />

Nutznießer von Whites Zupfkünsten ist endlos und<br />

reicht von den Everly Bro<strong>the</strong>rs und Joe Cocker über<br />

Freddie Weller und Eric Weisberg bis zu Gary Pax<strong>to</strong>n<br />

und Wayne Moore.<br />

Musikalischer Wert: schwankend zwischen<br />

mittelhoch und sehr hoch<br />

Sammelwert: sehr hoch<br />

Hinweis für Sammler: White ist auch zu hören auf<br />

dem Sampler CLASSIC GUILBEAU (Beau<strong>to</strong>wn) von<br />

Gib Guilbeau sowie auf dem Album von Byrds-Produzent<br />

TERRY MELCHER (Collec<strong>to</strong>r's Choice) und<br />

auf MOTHER HEN (Edsel), das die Sängerin Jane<br />

Getz 1971 einspielte.<br />

Nach den Byrds betrieb<br />

der schon 1973 tödlich<br />

verunglückte Clarence<br />

White im Wesentlichen nur<br />

noch die Gruppe Muleskinner<br />

(mit Top-Leuten wie<br />

Richard Greene, David Grisman<br />

und Peter Rowan). Die<br />

Aufnahmen für MULESKINNER ER LIVE<br />

– A POTPOUR-<br />

POUR<br />

RI OF LIVE BLUEGRASS JAM / ORIGINAL TELEVI-<br />

SION SOUNDTRACK (Sierra) dokumentieren (auch)<br />

seine Rückkehr zu den Wurzeln.<br />

Musikalischer Wert: hoch<br />

Sammelwert: hoch<br />

Spezielle Reize gehen von FLATPICK (Sierra) und 33<br />

ACOUSTIC GUITAR INSTRUMENTALS (Mwerk) aus.<br />

Aufschlussreich ist ein bei<br />

Amazon zu findender Fan-<br />

Kommentar zu 33 ...: „Die<br />

Flatpicking-Stücke sind<br />

bereits 1962 entstanden,<br />

aufgenommen auf einem<br />

Heim<strong>to</strong>nbandgerät und<br />

begleitet von Roger Bush<br />

an der Rhythmusgitarre.<br />

Die Soundqualität ist nicht<br />

gerade auf High-End-<br />

Level, dafür entschädigt<br />

aber Whites Virtuosität voll<br />

und ganz! Ich bin jedesmal<br />

erleichtert, dass ich nicht<br />

derjenige bin, der ihn auf<br />

der Rhythmusgitarre hmus<br />

tarr<br />

begleiten e muss!"<br />

Musikalischer und Sammelwert: insgesamt hoch<br />

Gram Parsons<br />

Gram Parsons (1946–1973; geboren<br />

als Cecil Ingram Connor<br />

III) war zwar nicht der „Erfinder"<br />

des Country-Rock, aber<br />

sein wohl wichtigster Wegbereiter<br />

und somit ein enorm<br />

einflussreicher Musiker.<br />

Aus der Vor-Byrds-Zeit<br />

stammt SAFE AT HOME<br />

(Sundazed), das einzige Album seiner International<br />

Submarine Band, das seine Legende mitbegründete.<br />

Sie setzte sich nach dem Byrds-Gastspiel<br />

fort mit den Flying<br />

Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs und ihren<br />

A&M-Alben THE GILDED<br />

PALACE OF SIN und<br />

BURRITO DELUXE sowie<br />

verstreuten Songs auf einigen<br />

Samplern der Burri<strong>to</strong>s<br />

wie SLEEPLESS ESS NIGHTS (siehe auch Chris<br />

Hillman).<br />

Musikalischer Wert: hoch bissehrsehr hoch<br />

Sammelwert: hoch bis unverzichtbar<br />

Ein feines Konzertdokument<br />

ist die mit den Burri<strong>to</strong>s<br />

entstandene Doppel-<br />

CD LIVE AT THE AVALON<br />

BALLROOM 1969 (Amoebarecords/Fontana).<br />

Musikalischer Wert:<br />

mittelhoch<br />

Sammelwert: mittelhoch<br />

Endgültig in den Rock-Olymp stieg Parsons mit seinen<br />

absolut legendären Solo-Alben GP und GRIE-<br />

VOUS ANGEL (beide Reprise) auf. Der dort gebote-<br />

ne Country-Rock oc<br />

hat ewige e Gültigkeit! i Beide Alben<br />

erschienen enen<br />

mehrfach h auf CD. Die klanglich beste<br />

Edition findet sich auf den Reprise-CDs mit den<br />

Katalognummern 8122-79906-3 und …4. Das beste<br />

Booklet enthält der Twofer mit der Nummer 7599-<br />

26108-2.<br />

Musikalischer Wert: unverzichtbar<br />

Sammelwert: unverzichtbar<br />

In einem Rundfunkstudio<br />

wurde LIVE 1973 (Rhino)<br />

von Gram Parsons & The<br />

Fallen Angels aufgenommen.<br />

Star des Top-Albums<br />

war neben Parsons natürlich<br />

die hinreißende Emmylou<br />

Harris.<br />

Musikalischer Wert: sehr hoch<br />

Sammelwert: sehr hoch<br />

His<strong>to</strong>risch – und musikalisch! – interessant ist auch<br />

ANOTHER SIDE OF THIS LIFE – THE LOST RECOR-<br />

DINGS OF GRAM PARSONS<br />

1965–1966 (Sundazed) mit<br />

beherzten Solo-Aufnahmen<br />

(Eigenwerke und Klassiker<br />

wie "Codine", "The<br />

Last Thing On My Mind"<br />

und "Searchin'"). Bis auf<br />

"Brass But<strong>to</strong>ns" findet sich<br />

kein Titel dieser Sammlung<br />

auf GP, GRIEVOUS ANGEL<br />

und LIVE 1973!<br />

Das gilt auch für die<br />

Songs der Box THE EAR-<br />

LY YEARS (Sierra), die zwei<br />

CDs, eine LP und eine DVD<br />

enthält. Die<br />

erste CD der Box gibt es auch separat<br />

als EARLY YEARS MINI CD (Sierra) mit mageren zehn<br />

Tracks. Der goldene Mittelweg findet sich auf THE<br />

EARLY YEARS 1 & 2 (Floating World) mit 23 Tracks.<br />

Diese Edition macht alle früheren, im Internethandel<br />

noch angebotenen überflüssig. Näheres siehe<br />

Rezension in <strong>GoodTimes</strong> 3/2014, Seite 61.<br />

Musikalischer Wert: mittelhoch bis hoch<br />

Sammelwert: hoch<br />

Wer lediglich einen Werküberblick<br />

benötigt, ist mit<br />

der Doppel-CD SACRED<br />

HEARTS & FALLEN AN-<br />

GELS – THE GRAM PAR-<br />

SONS ANTHOLOGY (Rhino)<br />

mit 46 Tracks und einem<br />

Spitzen-Booklet okle<br />

bestens ens versorgt. Eine Alternative<br />

ist WARM EVENINGS, PALE MORNINGS, BOTTLED<br />

BLUES 1963–1973 (Raven).<br />

Hingegen bietet die 3-CD-Box THE COM PLETE<br />

REPRISE SESSIONS (Rhino) eine „volle Ladung",<br />

einschließlich 16 unveröffentlichter Alternativversionen,<br />

Remixe und<br />

einiger ige<br />

Radio-Interviews.<br />

ews.<br />

Musikalischer rWert: :sehr hoch h<br />

bis unverzichtbar<br />

Sammelwert: sehr hoch bis unverzichtbar<br />

Kevin Kelley<br />

Auch Kevin Kelley, ein Cousin<br />

von Chris Hillman und<br />

Schlagzeuger auf SWEET-<br />

HEART OF THE RODEO, hat<br />

vor und nach seiner Byrds-<br />

Zeit wichtige Spuren hinterlassen:<br />

Er spielte 1964 bei<br />

den legendären Rising Sons,<br />

zu denen auch Taj Mahal<br />

und Ry Cooder gehörten. Veröffentlicht wurde<br />

aber nur eine Single. Ihr<br />

Album THE RISING SONS<br />

FEATURING TAJ MAHAL<br />

AND RY COODER (Columbia<br />

Legacy) mit dem<br />

Gesamtwerk der Gruppe<br />

erschien erst 1992(!), obwohl<br />

es ein kleiner Klassiker<br />

des Folk-Rock ist.<br />

Nach den Byrds schloss<br />

Kelley sich der Psycho-<br />

Rockband Fever Tree an<br />

und ist auf deren viertem<br />

Album FOR SALE (mit<br />

CREATION als Twofer auf<br />

Green Tree) zu hören.<br />

Musikalischer Wert: hoch<br />

Sammlerwert: hoch<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 21


Ian McLagan<br />

Das letzte <strong>GoodTimes</strong>-Interview mit dem Small-Faces-Keyboarder liegt fünf<br />

Jahre zurück. Seitdem gab es mehr und bessere Mixe der Musik seiner Band<br />

als je zuvor, er spielte Clubkonzerte en masse und bestritt denkwürdige<br />

Gastauftritte – unter anderem bei Warren Haynes (Gov't Mule).<br />

UliTw e l k sprach e mit der englischen Musikgröße.<br />

"<br />

Steve war fabelhaft!"<br />

Es sprudelt aus Ian McLagan nur so heraus: „Meine eigene Band ist<br />

sehr aktiv – noch immer mit Scrappy Jud Newcomb an der Gitarre, der<br />

seit 20 Jahren bei mir ist. Bassist Jon Notarthomas kam vor fünf Jahren.<br />

Mein neuer Drummer Conrad Choucroun ist unfassbar. Im Juni erscheint<br />

ein neues Album, es wird UNITED STATES heißen: ein Wortspiel, es geht<br />

um Beziehungen. Das Album unterscheidet sich sehr von NEVER SAY NEVER. Du<br />

hörst afrikanische Einflüsse, die Karibik klingt durch, du reist nach Mali. Seit wir<br />

die Aufnahmen abgeschlossen haben, ist eine Menge Zeit vergangen. Manchmal<br />

brauchen die Dinge eine Weile – heute steht die Fo<strong>to</strong>session für das Cover an.<br />

Die Werbe-Aktivitäten können wir wahrscheinlich nur als Duo machen, denn<br />

alles wird teurer: Flugtickets, Hotels – Touren wird immer schwieriger."<br />

Luft holen, Zeit für den Blick zurück, die Luxusbox HERE COME THE NICE hat<br />

für Aufsehen und Aufhorchen gesorgt. In den Monaten vor ihrer Veröffentlichung<br />

war – wie bei anderen Reissues zuvor – immer wieder von „first generation tapes"<br />

und „master tapes" die Rede. Kamen diesmal endlich die echten breiten Spulen<br />

zum Einsatz? McLagan: „Zumindest einige davon. Sie lagerten bei Sony in New<br />

York. Andrew Loog Oldham und Tony Calder (Manager des 1970 pleite gegangenen<br />

Indie-Labels Immediate) hatten damals wohl einen Deal mit Columbia abge-<br />

Ian McLagan &Th e Bump Band, v.l. Newcomb, McLagan, Choucroun & Notarthomas<br />

schlossen, um unsere Alben in Amerika herauszubringen. Aus Columbia wurde<br />

CBS, dann Sony, und das Ganze lief durch so viele Mechanismen, dass wir am<br />

Ende gar nicht mehr wussten, wo sich der Kram befand – und ob überhaupt vernünftige<br />

Stereo-Mastertapes erhalten waren. Aber Rod Cager, der hart für dieses<br />

Projekt gearbeitet hat, forschte überall nach und fand sie schließlich in New York.<br />

Viele unserer Aufnahmen haben sich leider in Luft aufgelöst, aber wenigstens hat<br />

er ein paar echte Masters gefunden, während viele Veröffent lichungen der letzten<br />

Jahre auf CDs, Cassetten oder sogar Vinylplatten basierten. Da wurde dermaßen<br />

geschludert! Nun haben wir es dank Rod im Griff, kriegen noch täglich fünf<br />

E-Mails von ihm, er gibt keine Ruhe. Es ist großartig, die Takes wiederzuhören,<br />

wie sie schon immer hätten klingen sollen. Es war sehr emotional, wie Kenney<br />

Jones und ich da hockten, um alles durchzuhören."<br />

Gab es besondere Momente während dieses Marathons? Ian McLagan: „Du<br />

hörst Steve Marriott und mich reden, bist dabei, wie wir Dinge ausprobieren – das<br />

war schon zauberhaft. Es gibt da ein Zitat von Kenney, dass man das Olympic<br />

Studio in Barnes regelrecht riechen konnte, und es stimmt: Das Schnuppern<br />

des magischen Momentes, das '<br />

Duft-Erinnerungs-Vermögen', ist schon absolut<br />

wichtig. Wir beide im selben Raum mit Steve und Ronnie. 'Eddie’s Dreaming'<br />

etwa schrieb Ronnie als Tribute an den Trompeter Eddie '<br />

Tan Tan' Thorn<strong>to</strong>n. Der<br />

Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


s<strong>to</strong>tterte und war bei uns im Studio ein bisschen high. Als dann die Bläser aufgenommen<br />

wurden, quatschte er los, kriegte aber nichts raus: '<br />

I g-g-got <strong>to</strong> t-t-tell<br />

ya…' Das ließen wir auf der Aufnahme, aber über die Jahre haben die Techniker<br />

das rausgeschnitten. Das killte die Sache, aber jetzt ist das auf einer der beiden<br />

Versionen wieder vorhanden. Vor kurzem traf ich Thorn<strong>to</strong>n wieder, als ich mit<br />

Billy Bragg in Japan spielte. Eddie wollte stets, dass die Small Faces gesunden<br />

Spinat aßen. Heute tue ich das sogar!"<br />

Vor einigen Jahren hatte McLagan gesagt, selbst in seiner Traumband im Himmel<br />

würde er mit Steve Marriott nicht wieder aufnehmen. Wie klingt ein solcher Satz,<br />

wenn man die Magie dieser Aufnahmen gerade erlebt hat? McLagan lacht: „Steve<br />

war eine wunderbare Person, die man gern um sich hatte, ein Mega-Talent, ein<br />

liebenswerter Typ. Aber er war eben auch ein gewaltiges Energiebündel – niemand<br />

konnte da mithalten. Und am Ende, bevor er starb, war er dann nicht unbedingt die<br />

Person, mit der man abhängen wollte. Als ich ihm zum ersten Mal begegnet war,<br />

umarmte er mich sofort und hob mich vom Boden hoch. Ich konnte es nicht fassen,<br />

was das für ein sagenhafter Kerl war – wundervoll. Steve war fabelhaft!"<br />

Wer "Lazy Sunday" auf HERE COME THE NICE in Referenzqualität hört, mag<br />

kaum glauben, dass die Single 1968 zu Kontroversen in der Band geführt hatte.<br />

<strong>Music</strong> Hall Comedy als Nachfolger des Geniestreichs "Tin Soldier": Wo war das<br />

Problem, in einer Ära, in der die Beatles das Metal-Monster "Helter Skelter" auf<br />

dieselbe Scheibe packten wie den Vaudeville-Streich "Honey Pie"? McLagan erinnert<br />

sich gut: „Während wir vorher immer ins Studio gegangen waren, um ganz<br />

gezielt eine A-Seite für eine Single einzuspielen, arbeiteten wir nun konzentriert<br />

an Tracks für ein Album. Es gab keinen Plan, wo ein solcher Titel am Ende auftauchen<br />

würde. Als Immediate 'Lazy Sunday' dann einfach als Single rausbrachte,<br />

war das für uns ein schlechter Scherz. Klar ist es gut, einen Hit zu landen, aber<br />

so wollten wir unser Image nicht darstellen. Dieses Ding war ein Teil unseres<br />

Sounds, aber der Fokus lag keinesfalls darauf. Andrew Oldham stellte es einfach<br />

in den Mittelpunkt, und von da an war Steve es einfach leid. Einmal stritt ich<br />

mich mit ihm – und als ich am nächsten Tag wiederkam, hatte er bereits Nicky<br />

Hopkins auf 'Wham Bam Thank You Mam' spielen lassen."<br />

Fans der Small Faces fragen sich bis heute – hinterher ist man schlauer –,<br />

ob die Band nicht mit etwas Geduld noch die begonnenen Aufnahmen hätte<br />

vollenden können, aus deren Fragmenten dann THE AUTUMN STONE gebastelt<br />

wurde. „Da gab es noch eine Menge einzuspielen", sagt McLagan heute, „aber<br />

wir hatten einfach kein Geld". So blieben Tracks wie "Collibosher" oder "Wide-<br />

Eyed Girl On The Wall" eben als Instrumentals liegen. „Ich wohnte in einem<br />

spottbilligen Zimmerchen für acht Guinnies – acht Pfund wären heute lächerlich!<br />

Toilette auf halber Strecke, Badezimmer endlos weit, grauenvoll! Fürchterliche<br />

Zeiten, nach und nach verlor ich das Interesse. Ich hatte auch immer mehr komponieren<br />

wollen, das passierte jedoch erst, als wir an OGDENS NUT GONE FLAKE<br />

arbeiteten. Die anderen machten mir immer Mut, wollten aber keine Kooperation.<br />

George Harrison konnte ja auch nie bei Lennon/McCartney reinfunken, doch<br />

am Ende war ich bei Marriott/Lane dabei." So wird etwa "The Hungry Intruder"<br />

dem Trio zugeschrieben, der Titelsong und "Happy Days Toy Town" dem kompletten<br />

Quartett. McLagan: „Peter Framp<strong>to</strong>n mochte dann meinen Song 'Growing<br />

Closer', half mir dabei und sorgte dafür, dass Humb le Pie ihn aufnahmen. Das<br />

machte mich s<strong>to</strong>lz, brachte mich aber bei Kenney in ein schiefes Licht."<br />

Wie groß ist der Einfluss der Small-Faces-Musik auf McLagans Gegenwart?<br />

„Live gehört all das nun der Vergangenheit an. Ich habe ja 'All Or Nothing' gebracht<br />

und auch 'Watcha Gonna Do 'Bout It', aber 'Tin Soldier' und 'Afterglow'<br />

haben wir dann doch gelassen. Ich bin ein unablässig komponierender Musiker,<br />

möchte nicht zurückschauen. Ich will auch nicht aufhören. Ich liebe alles, was<br />

ich mache."


... und rennt und<br />

rennt und rennt<br />

Spencer Davis<br />

Anfang der 2010er Jahre<br />

Die Mitglieder der Spencer Davis Group<br />

Mitte der 60er Jahre (v.l. oben im Uhrzeigersinn):<br />

Muff Winwood, Pete York,<br />

Steve Winwood und Spencer Davis<br />

M<br />

ir geht's gut, und ich<br />

trete am 16. August in der<br />

„ Schweiz beim Tenero <strong>Music</strong><br />

Nights Festival auf. Sehen wir uns dort?!"<br />

Locker grüßte Spencer Davis am 28. Juni auf seiner Facebook-Seite. Endlich mal<br />

eine gute Nachricht nach schweren Jahren, die der gebürtige Waliser durchmachen<br />

musste, der seit 1970 in Kalifornien lebt. Über drei Jahre lang ging es der Rocklegende<br />

mehr als schlecht: Er hatte sich bei einer Operation einen Krankenhauskeim<br />

eingefangen, der nicht kuriert werden konnte. Erst eine neue Therapie in New York<br />

brachte ihn zuletzt so weit auf die Beine, dass er wieder an Konzerte denken kann<br />

– und den Anfang soll der Gig in der Schweiz machen, vier Wochen nach Davis'<br />

75. Geburtstag am 17. Juli. „Eddie Hardin und ich können leider aus terminlichen<br />

Gründen nicht dabei sein, aber ich hoffe, dass wir bald wieder mit Spencer spielen<br />

können", sagte Pete York im <strong>GoodTimes</strong>-<br />

Gespräch. Schließlich gibt's was zu feiern:<br />

das 50-jährige Jubiläum der Spencer Davis<br />

Group als Profi-Act – und im nächsten Jahr<br />

jährt es sich zum 50. Mal, dass "Keep On<br />

Running" im UK auf Platz 1 der Charts<br />

stand.<br />

Bei der Jamsession anlässlich des 21. Geburtstags<br />

von Pete York in Nottingham<br />

hatten der Drummer und Davis erstmals<br />

gejammt; wenig später sollte Spencer für einen<br />

Auftritt im Golden Eagle (Birmingham)<br />

eine Band zusammenstellen: die Geburtsstunde<br />

der Spencer Davis Group, denn auch<br />

Stev(i)e Winwood (voc, keys) und dessen<br />

Bruder Muff (b) waren dabei. Im Publikum<br />

saßen u.a. Chris Blackwell (Island Records),<br />

Yardbirds-Manager Giorgio Gomelski und ein A&R-Manager von Decca, die offenbar<br />

schwer beeindruckt waren und Deals anboten. Blackwell machte das Rennen<br />

Spencer Davis, der singende, Gitarrist, Keyboarder und Mundharmonikaspieler, hatte<br />

da schon einige Erfahrungen gesammelt – als Straßenmusiker und in den Londoner<br />

Coffee-Bars, wo er Anfang der 60er Jahre oft live spielte. Nach einem Deutschland-<br />

Ausflug (siehe rechts) verschlug es Davis an die Universität in Birmingham, wo er<br />

York kennen lernte – beide mischten im <strong>Music</strong> Club der Uni mit und freundeten sich<br />

an. Und sie begleiteten US-Blueser wie Memphis Slim, Champion Jack Dupree und<br />

Sonnyboy Williamson, wenn die im UK <strong>to</strong>urten. Es folgte die Hoch-Zeit der Spencer<br />

Davis Group: Sie räumte mit Hits wie "Keep On Running", "Gimme Some Lovin'",<br />

"Somebody Help Me" und "I'm A Man" ab, ehe sie sich 1969 erstmals auflöste.<br />

Die Spencer Davis Group 2009<br />

beim "<br />

Beat Beat Beat Festival" in Offenbach.<br />

Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

„Ich habe in den 70er Jahren eine Pause gemacht, ein paar Soloplatten auf-<br />

genommen, mehr in Richtung Jazz, die aber unter dem Radar blieben. Schwer-<br />

punktmäßig arbeitete t ich damals bei diversen Schallplattenfirmen als A&R-Manager,<br />

Scout und Berater der Musiker. Unter anderem war ich vier Jahre bei Chris Blackwells<br />

Label Island Records, wo ich Robert Palmer und Bob Marley gefördert habe. In den<br />

80er Jahren habe ich mich dann wieder mehr auf die Musik konzentriert und ab<br />

1984 erneut Platten gemacht", blickte Davis vor einigen Jahren im <strong>GoodTimes</strong>-<br />

Interview zurück.<br />

In aller Welt war Davis unterwegs, doch er macht kein Hehl daraus, sich vor allem<br />

Deutschland besonders verbunden zu fühlen. Einen Teil seines Germanistikstudiums<br />

verbrachte er in West-Berlin an der Freien Universität, er spricht Deutsch, Französisch<br />

und Spanisch. „Deutsch geht fast fließend, nur manchmal fehlen mir ein paar<br />

Worte – verstehen kann ich aber alles. Damals habe ich eine wunderschöne Zeit in<br />

Deutschland verbracht. Es ist für mich fast eine zweite Heimat<br />

geworden, und es wurde noch viel interessanter, als die Mauer<br />

fiel – wir hatten ja viele Fans in der DDR, die uns nicht live<br />

sehen konnten." Und dann wäre da ja noch eine ganz spezielle<br />

Erinnerung an Deutschland: Die Spencer Davis Group<br />

nahm ein Zwei-Song-Medley auf Deutsch auf, "Det war in<br />

Schöneberg"/"Mädel, ruck-ruck-ruck". „Ich habe in Schöneberg<br />

gelebt, und Producer Siggi Loch wollte das unbedingt<br />

mit uns machen", erinnerte sich Davis, der mit acht Jahren<br />

begonnen hatte, Mundharmonika zu spielen und wenig später<br />

auch zur Gitarre griff.<br />

Die Band war 1969 erstmals auseinandergebrochen, hatte sich<br />

vier Jahre später mit Davis, Hardin, York, Ray Fenwick (g) und<br />

Charlie McCracken (b) reformiert, allerdings auch nur für kurze<br />

Zeit. Erst seit Mitte der 80er Jahre kehrte der Bandleader<br />

dauerhaft zurück. „Natürlich wollen die Leute noch immer<br />

die alten Nummern hören, und es wäre eine schlechte Idee,<br />

auf sie zu verzichten. Sie sind nach wie vor immens populär, wurden im Lauf der<br />

Jahrzehnte oft gecovert und häufig in Filmsoundtracks verwendet. Ich habe jedenfalls<br />

kein Problem damit, sie heute noch live zu spielen!" Davis empfindet "Keep On<br />

Running" darum als eine Art Lebensmot<strong>to</strong>, genau wie "I Can't Stand Still", das er<br />

2008 als Single veröffentlicht hat – zwei Jahre nach dem Erscheinen seines bislang<br />

letzten Albums SO FAR.<br />

Da war er noch viel live unterwegs, unterhielt dafür zwei SDG-Besetzungen: In den<br />

USA spielte er mit Edward Tree (g), Taras Prodaniuk (b), Jim Blazer (p) und Tom<br />

Fillman (dr); in Europa drückte sein alter Kumpel Eddie Hardin die Tasten, Miller<br />

Anderson spielte Leadgitarre, Colin Hodgkinson Bass, Steff Porzel trommelte.<br />

Philipp Roser


t<br />

DIONVon Philipp Roser<br />

Wanderer in<br />

der Blues-Welt<br />

Er wurde (neben Bob Dylan) als einziger<br />

amerikanischer Musiker von den Beatles<br />

auf dem Cover von SGT. PEPPER verewigt. Er<br />

ist Ehrendok<strong>to</strong>r der Fordham University seiner<br />

Heimatstadt New York. Er wurde bereits 1989<br />

in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen<br />

und von seinem New Yorker Kumpel<br />

Lou Reed mit einer Laudatio bedacht. Und<br />

er schuf mit "The Wanderer" einen bis heute<br />

Fast ein wenig scheu<br />

gern gehörten und oft gecoverten Evergreen:<br />

blickte Dion in jungen<br />

Dion Francis DiMucci, der am 18. Juli seinen Jahren drein ...<br />

75. Geburtstag feierte, aber noch lange nicht<br />

ans Kürzertreten denkt. Im Gegenteil: Der Sänger, der<br />

seine Karriere um 1957 mit den Belmonts begann, arbeitet<br />

aktuell an einem neuen Album, unter anderem<br />

mit Hilfe des Bluesgitarristen Jimmy Vivino.<br />

Für Dion, den Mann mit der Baskenmütze, hat sich<br />

in den letzten Jahren ein Kreis geschlossen. Der<br />

se fo<strong>to</strong><br />

© Presse<br />

Sänger war in der Ära vor der<br />

British Invasion mit einem Mix<br />

aus Doo-Wop, R&B, Rock'n'Roll<br />

und Pop einer der erfolgreichsten<br />

Akteure überhaupt und landete<br />

ein Dutzend Top-40-Hits<br />

(darunter "The Wanderer" und<br />

"Runaround Sue", das er 1961<br />

mitkomponiert hatte). Doch begonnen<br />

hatte er ursprünglich<br />

mit Blues. „Das ist die Musik,<br />

die mir am nächsten ist, und<br />

meine letzten Alben BRONX IN BLUE (2006), SON<br />

OF SKIP JAMES (2007) und TANK FULL OF BLUES<br />

(2011) waren echte Herzensangelegenheiten",<br />

sagte Dion im <strong>GoodTimes</strong>-Interview. „Als Kind<br />

habe ich viel Jimmy Reed und Hank Williams gehört.<br />

Später kam ich dann mit Mort Shuman und<br />

Doc Pomus zusammen, und der Doc als großer<br />

Bluesfan hat mir weitere tiefe Einblicke in diese<br />

Musik vermittelt."<br />

Auf eine bewegte Karriere kann Dion DiMucci heute<br />

zurückblicken. Er war ganz oben, durchschritt<br />

aber auch Strecken der Erfolglosigkeit. Er zog sich<br />

aus der kommerziellen Welt zurück, war in den<br />

80er Jahren vor allem in der christlichen Musikszene<br />

unterwegs. In den 90er Jahren kam er zurück,<br />

<strong>to</strong>bte sich u.a. mit Scott Kempner (Del-Lords) und<br />

Mike Mesaros (Smi<strong>the</strong>reens) in der Combo Little<br />

Kings rock'n'rollig aus. Sei<strong>the</strong>r ist Dion wieder regelmäßig<br />

live und mit Studioproduktionen aktiv.<br />

Dass der 75-Jährige sehr bewusst in der Gegenwart<br />

lebt, ohne dabei die Vergangenheit zu vergessen,<br />

beweist er auf seiner Facebook-Seite: Er vermeldet<br />

dort Neuigkeiten ebenso zuverlässig, wie er Raritäten<br />

aus der Vergangenheit präsentiert.<br />

Fo<strong>to</strong>: © Dion DiMucci<br />

THE WHO<br />

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“ENOUGH ENERGY TO BLOW <strong>GoodTimes</strong> UP THE NATIONAL 4/2014 GRID. ■ <strong>Music</strong> ALBUM <strong>from</strong> OF <strong>the</strong> THE <strong>60s</strong> YEAR <strong>to</strong> <strong>the</strong> SO <strong>80s</strong> FAR” ■ – Seite THE SUNDAY 25 EXPRESS<br />

“TREMENDOUS FUN. EVERY PRECIOUS SECOND OF IT” – THE SUNDAY TIMES<br />

OUT<br />

NOW


Das trübe Geschäft mit<br />

schwarzen Musikern<br />

Dunkles<br />

Kapitel<br />

Sänger aus Schwarzen-Ghet<strong>to</strong>s scheffelten Dollars, sobald sie einen Hit hatten.<br />

Das ist die verbreitete Meinung. Die Wirklichkeit: Berühmte Interpreten<br />

verbrachten ein Leben in Armut, während die Bosse und Manager ihrer Plattenlabels<br />

den Reibach machten. Erst seit kurzem haben die Musiker eine Chance<br />

der Kompensation.<br />

Detroit, einst reich und wegen seiner Au<strong>to</strong>-Industrie „Mo(<strong>to</strong>r)<strong>to</strong>wn" <strong>to</strong>wn"<br />

genannt, ist pleite. Einer der armen Bürger in der Stadt ist Barrett<br />

Strong (73), der dort in einem Heim lebt. Als er 18 war, lag eine<br />

fantastische Zukunft vor ihm. Er hatte den ersten Hit des<br />

Mo<strong>to</strong>wn-Labels geschrieben, gesungen und bei der Aufnahme Klavier<br />

gespielt: "Money (That's What I Want)". Und Kohle war von da<br />

an kein Problem mehr für Berry Gordy, den Chef<br />

der Detroiter Plattenfirma. Der Song wurde immer<br />

wieder gecovert – von den Beatles, den<br />

Rolling S<strong>to</strong>nes, Searchers, Jerry Lee Lewis und<br />

vielen anderen. Allerdings floss das Geld am<br />

Komponisten Barrett Strong vorbei – in Gordys<br />

Taschen. Der hatte Strongs Namen aus den Copyright-Unterlagen<br />

löschen lassen und gilt jetzt<br />

neben Janie Bradford als "Money"-Urheber.<br />

Es hilft dem kreativen Songschreiber Strong ("I Heard It Through The<br />

Grapevine", "War", "Papa Was A Rolling S<strong>to</strong>ne", "I Can't Get Next To<br />

Jerry Butler<br />

You") nicht, dass er singt „Now give me money,<br />

that's all I want, a lotta money" – denn um sein<br />

Recht einzuklagen, braucht er Geld, und das ist<br />

immer noch sein Problem. Nicht nur seines. s. Jerry<br />

Butler ("He Will Break Your Heart"), ebenfalls<br />

im Clinch mit der Musikindustrie: „Als wir<br />

Verträge präsentiert bekamen, waren wir doch halbe<br />

Kinder!" So hat auch Richard Berry sein Copyright an<br />

"Louie Louie", einem der meistgecoverten Popsongs,<br />

1959 für 75 Dollar verkauft. Halbwüchsige Sänger,<br />

die es schafften, eine Platte aufzunehmen, ließen sich seit jeher bei Vertragsabschluss<br />

regelmäßig über den Tisch ziehen. Tony Silvester, Ex-Mitglied von<br />

The Main Ingredient, erzählte „Billboard" 2002: „All die Geschichten, wonach<br />

schwarze Musiker mit neuen Au<strong>to</strong>s bezahlt wurden, sind wahr!" Der Film „Cadillac<br />

Records" (2008) über das Chess Label zeigte das plastisch. Von George<br />

McCrae ("Rock Your Baby") ist bekannt, dass er zu Henry S<strong>to</strong>ne ging, dem Chef<br />

seiner Plattenfirma T. K. – Grund: Er wollte endlich für<br />

seinen Disco-Hit bezahlt werden, der sich sechs Millionen<br />

Mal verkauft hatte. S<strong>to</strong>ne tat beleidigt, griff in die Tasche,<br />

zog ein Bündel Dollarscheine heraus und drückte es Mc-<br />

Crae in die Hand. Dann zeigte er dem gerührten Sänger<br />

einen Cadillac vor der Tür: „Der gehört dir, George!" Der<br />

Wagen war geleast.<br />

Eine Million unterschlagen<br />

Diese Methoden betrafen nicht nur schwarze Künstler.<br />

Und es waren nicht nur weiße Bosse, die sich an ihnen<br />

bereicherten. Das Musikbusiness verleitete durch<br />

unübersichtliche Geschäftsmethoden zu Betrügereien<br />

– besonders<br />

wenn unerfahrene Musiker raffinierten<br />

Managern ausgeliefert waren. So erging es Jackie Wilson,<br />

für den Berry Gordy die Monster-Hits "Reet Petite"<br />

und<br />

"Lonely Teardrops" geschrieben hatte. Ein<br />

Verfahren gegen den Brunswick-Labelboss Nat<br />

Tarnopol, der 1975 wegen Betrugsverdachts<br />

vor Gericht stand, ergab: Wilson war rund eine<br />

Million Dollar an Tantiemen für eigene Songs<br />

vorenthalten worden. Der Sänger war aber<br />

nicht in der Lage, das Geld einzuklagen, weil er<br />

nach<br />

einem Herzinfarkt im September 1975 im<br />

Koma lag und 1984 starb. Wie<br />

er konnte auch Mary Wells ("My<br />

Guy") nicht mehr persönlich<br />

davon profitieren, dass 1993<br />

ein Verfahren gegen die Plattenmultis<br />

lief, sie war im Jahr<br />

Mary<br />

Wells<br />

zuvor ges<strong>to</strong>rben.<br />

Jackie<br />

Wilson<br />

Immerhin erlebte Curtis Mayfield (†1999; "People Get Ready") noch die<br />

ersten<br />

vielversprechenden Verhandlungen. Aber auch für ihn kam eine<br />

Abschlagszahlung von 50 Millionen Dollar (!) zu spät, die der New<br />

Yorker Generalstaatsanwalt für die Kläger den großen Labels an nicht<br />

Barrett<br />

Strong<br />

bezahlten Tantiemen abtrotzte. Es schien Methode zu haben, dass<br />

die Chefs der Plattenfirmen mit einer Armada von Anwälten auf<br />

Curtis<br />

Zeit spielten – die Lebenserwartung vieler<br />

Mayfield<br />

Musiker lag selten viel höher als 60 Jahre. Da<br />

konnte man durch Verzögerung vermeintlich<br />

viel Geld sparen. Traurigstes Beispiel: Arthur<br />

Crudup, der mit seinen Songs "That's All Right",<br />

"My Baby Left Me" und "So Glad You're Mine"<br />

Elvis Presley die Vorlagen für Welthits lieferte.<br />

Zu Lebzeiten erhielt er drei Schecks – über 9,<br />

12 und 18 Dollar. Arthur<br />

Einem kostenlos arbeitenden<br />

Anwalt<br />

Crudup<br />

verdankte er es, dass der Musikverlag Hill And Range<br />

(Verwalter der Elvis-Titel) überhaupt bereit war, über<br />

einen Ausgleich mit sich reden zu lassen. Schließlich<br />

konnte sich der mittellose Crudup mit seiner Familie<br />

aus Virginia auf den Weg nach New York machen, um<br />

einen Scheck über 60.000 Dollar entgegenzunehmen. Vor Ort erhielt er aber die<br />

Seite 26 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


utale Information, man habe es sich anders überlegt,<br />

vor Gericht würde ihm weniger zugesprochen.<br />

Crudup fuhr ohne einen Penny zurück nach Virginia,<br />

wo er verarmt starb. Pech für Hill And Range – inzwischen<br />

im Besitz von Chappell <strong>Music</strong> –, dass Crudups<br />

Anwalt dann tatsächlich Richter entscheiden ließ.<br />

Nach und nach erhielten die Erben über drei Millionen<br />

Dollar als Nachzahlung.<br />

Bei Frankie Lymon (†1968 mit 25 Jahren; Heroin) war dagegen nicht klar, wer ein<br />

Anrecht auf entgangene Tantiemen haben würde. Lymon hatte den Hit "Why<br />

Do Fools Fall In Love" mit anderen aus seiner Gruppe<br />

The Teenagers komponiert, war<br />

dann aber gezwungen, n, sich<br />

die Au<strong>to</strong>renschaft mit<br />

seinem Produzenten<br />

George Goldner zu<br />

teilen. Der wiederum<br />

Frankie Lymon<br />

verkaufte den Vertrag<br />

an den Mafiakumpel und Labelchef Morris<br />

Levy. Frankie und die Band wurden verhökert<br />

– ohne<br />

Aussicht auf<br />

Bezahlung. Als<br />

Lymons Witwe das<br />

ihrem Ex zustehende Geld einklagte, stellte<br />

sich heraus, dass sie nicht die einzige Ehefrau<br />

gewesen war. Schließlich erhielt eine andere,<br />

Mrs. Lymon Nr. 3, die Abfindung. Levy durfte<br />

seinen Teil behalten, die restlichen Musiker<br />

gingen leer aus. Aber nicht nur zwielichtige<br />

Gestalten wie Levy vergriffen sich an den<br />

Rechten schwarzer Au<strong>to</strong>ren. Auch die Rolling<br />

S<strong>to</strong>nes, glühende Verehrer der US-Bluesszene,<br />

gaben den Song "Prodigal Son" 1968 auf ih-<br />

Robert T. Wilkins<br />

rer LP BEGGARS BANQUET als Eigenwerk aus. Nach einem Prozess mussten<br />

sie den wahren Au<strong>to</strong>r Robert T. Wilkins auf Neuveröffentlichungen nennen. Dem<br />

Beale-Street-Bluessänger wurde ein Ausgleich gezahlt.<br />

Die Künstler hatten keine Ahnung<br />

„Rock'n'Roll hatte anfangs naive Züge", erläutert der Promoter Richard Nader<br />

die Situation. „Die Platten wurden oft in einer halben Stunde in irgendeinem<br />

Keller aufgenommen, die Künstler hatten keine Ahnung von Tantiemen." Und<br />

Joey Dee<br />

viele Teenager wie Frankie Lymon verzichteten<br />

unwissentlich<br />

auf<br />

ihre Rechte.<br />

Um Betroffenen<br />

zu helfen<br />

gründete<br />

Joey Dee ("Peppermint Twist", "Ya Ya")<br />

1987 die „Foundation For The Love Of<br />

Rock'n'Roll"; sie musste allerdings nach<br />

einer wechselvollen Geschichte Insolvenz<br />

Irma Thomas<br />

anmelden.<br />

Ein Jahr<br />

später wurde die „Rhythm & Blues Foundation"<br />

aus der Taufe gehoben – unterstützt<br />

von Atlantic Records, das wegen ihrer Geschäftspolitik<br />

Grund zur Wiedergutmachung<br />

hatte. Heute besteht eine Partnerschaft mit<br />

Kenny Gamble<br />

(Gamble &<br />

John Lee Hooker<br />

Huff,<br />

Philadelphia<br />

International<br />

Records), der<br />

ebenfalls seinen<br />

Künstlern Geld vorenthalten hatte. Andere<br />

Plattenfirmen wie EMI wurden selbst tä-<br />

Ella<br />

Fitzgerald<br />

tig: Die Firma verdoppelte 1992 für Interpreten des<br />

Backkatalogs von Labels wie Imperial, Aladdin, Blue<br />

Note u.a. die Tantiemen von fünf auf zehn Prozent<br />

(ein Dollar pro LP). Außerdem wurden ihnen Schulden<br />

aus Produktionskosten und Vorauszahlungen<br />

erlassen. Nutznießer u.a.: Fats Domino, Irma Thomas, John<br />

Lee Hooker, Ella Fitzgerald. g<br />

Selbst solch ein bescheidener Obulus<br />

blieb Sam Moore ("Hold On, I'm Comin'")<br />

verwehrt. Der „Soul Man" hatte im<br />

Duo Sam & Dave von 1965 bis 1992<br />

Platten für Atlantic Records aufgenommen<br />

– im Vertrauen darauf, dass<br />

mit den Einnahmen Rücklagen als Altersversorgung<br />

gebildet würden. Seine<br />

Ehefrau und Managerin Joyce Moore:<br />

„Sam wurde mitgeteilt, seine Pension<br />

betrage 63,67 Dollar im Monat, dabei<br />

hätten es 8000 Dollar sein müssen.<br />

Atlantic zahlte nicht einen Penny in seine Pensionskasse.<br />

Die Labels berechnen alles nur immer zu ihrem<br />

Vorteil." Moore schloss sich einer Sammelklage an, die<br />

den Klägern 2002 eine Nachzahlung von 8,4 Millionen<br />

Dollar einbrachte. Solche Verfahren erhöhen den Druck<br />

auf die Labels. Universal und Warner haben inzwischen<br />

zugesagt, ihre Tantiemenberechnung transparenter zu<br />

gestalten und alte Fälle zu überprüfen. Außerdem hat<br />

Sam Moore<br />

die US-Regierung die Situation der Künstler mit Copyright-Regelungen<br />

verbessert. Jetzt steht im Gesetz, dass die Musiker für Aufnahmen,<br />

die nach dem 1.1.1978 entstanden,<br />

Ray Charles<br />

auf Herausgabe ihrer Masterbänder klagen<br />

können. Allerdings erst nach 35 Jahren, und<br />

sie müssen die Plattenfirmen zehn Jahre vor<br />

der Klage benachrichtigen. Für Aufnahmen<br />

Sam Cooke<br />

zwischen 1972 und<br />

1978 gilt eine Wartefrist<br />

von 56 Jahren.<br />

Nur wenige Künstler<br />

hatten sich die<br />

Rechte an Masterbändern vertraglich zusichern<br />

lassen. Als der Vertrag von Fats Domino mit Imperial<br />

Records 1962 auslief,<br />

handelte er das mit ABC Records aus. Jetzt kann<br />

er über "Red Sails In The Sunset" oder "Heartbreak<br />

Hill" für Neuauflagen selbst entscheiden.<br />

Ähnlich klug schlossen auch Sam Cooke, Ray Charles,<br />

Quincy Jones, Lamont Dozier, Lu<strong>the</strong>r Vandross, Aretha<br />

Franklin und Al Jarreau<br />

neue Vereinbarungen<br />

ab. Andere<br />

– oder ihre Erben –<br />

können nun seit letztem t Jahr erstmals vor Gericht<br />

gehen – in der Hoffnung, Besitzer ihrer eigenen<br />

Aufnahmen zu<br />

werden. Roberta<br />

Flack und<br />

die Erben von<br />

James<br />

Brown<br />

haben diesen<br />

Schritt unternommen.<br />

Und<br />

Aretha Franklin<br />

ein Urteil gibt es auch schon: Vic<strong>to</strong>r Willis,<br />

der schwarze „Polizist" der Village People,<br />

schaffte es 2013, sich als Mitau<strong>to</strong>r des Millionenhits<br />

"YMCA" (1978) das Masterband zu<br />

sichern. Allerdings ist das Urteil noch nicht<br />

rechtskräftig.<br />

Rüdiger Bloemeke Village People<br />

Fo<strong>to</strong>: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 27


Gregg Allman<br />

Mit der Allman Bro<strong>the</strong>rs Band hat Gregg Allman, der Hammondorgler<br />

mit der schwarzen Röhre, in den letzten Jahrzehnten die (Sou<strong>the</strong>rn-)Rockszene<br />

aufgemischt. Zuletzt hatte der 66-Jährige, der sich<br />

2010 einer Lebertransplantation unterziehen musste, wiederholt<br />

gesundheitliche Probleme. Das hinderte ihn aber nicht, mit vielen<br />

Gästen das Live-Album ALL MY FRIENDS einzuspielen und <strong>GoodTimes</strong> Näheres darüber zu berichten.<br />

Antworten zur Zukunft der Allman Bro<strong>the</strong>rs nach dem anstehenden Abschied von Warren Haynes und<br />

Derek Trucks blieb er allerdings schuldig. Immerhin: Es soll irgendwie weitergehen.<br />

Lebendig & bewegend<br />

Fo<strong>to</strong>: © Universal <strong>Music</strong><br />

Gregg, was macht die Gesundheit?<br />

Okay, danke der Nachfrage. Ich habe mir vor einigen<br />

Monaten das Handgelenk gebrochen, was mich<br />

zurückwarf. Ansonsten geht es mir – abgesehen von<br />

gelegentlichen Zipperlein – gut. Ich will wieder live<br />

spielen.<br />

Wie kam es zu der „All My Friends”-Tribute-Show?<br />

Das war eine Idee meines Managers Michael Lehman,<br />

der lange davon gesprochen hatte und den Ball im<br />

letzten Herbst ins Rollen brachte. Was an dem Abend<br />

abging, hat mir unglaublich viel Spaß bereitet! Die<br />

Auswahl der Beteiligten war eine Gemeinschaftsarbeit,<br />

die sich wie ein Puzzle entwickelte. Ich muss<br />

Don Was viel Respekt zollen, der das Ganze als musikalischer<br />

Leiter organisierte und steuerte, ebenso<br />

der Basisband mit Jack Pearson, Chuck Leavell und<br />

Kenny Aronoff – großartige Musiker!<br />

Die DVD hat bewegende Momente, etwa wenn du<br />

mit Jackson Browne "Melissa” spielst …<br />

Oh Mann, ich weiß noch genau, was mir da durch<br />

den Kopf ging! Als ich zu Jackson rüberblickte, hatte<br />

er eine dicke Träne im Auge! Ich musste wegschauen,<br />

sonst hätte ich selbst losgeheult.<br />

Es waren so viele Leute dabei: John Hiatt, Taj<br />

Mahal, Jackson Browne, Derek Trucks, Warren<br />

Haynes, Dr. John, Sam Moore, Keb‘ Mo‘, Countrystars<br />

– ein Abbild deiner Karriere …<br />

Kann man so sagen. Ich könnte nicht s<strong>to</strong>lzer sein,<br />

meine Songs von solchen Größen interpretiert zu erleben!<br />

Die gesamte Show war ein einziges Highlight,<br />

aber es gab schon einige ganz spezielle Momente –<br />

wie halt der mit Jackson. Sam Moore verpasste mir<br />

mit "Please Call Home” Gänsehaut, Taj Mahal mit<br />

dem "Statesboro Blues” − und Dr. John ist ebenfalls<br />

einzigartig.<br />

Du hast kurz darauf ein Live-Album mit der Gregg<br />

Allman Band aufgenommen ...<br />

Das haben wir im Grand Opera House in Macon,<br />

Georgia, mitgeschnitten – ebenfalls ein <strong>to</strong>ller Abend.<br />

Es wird wohl 2015 erscheinen.<br />

Philipp Roser<br />

Eric Clap<strong>to</strong>n<br />

Fo<strong>to</strong>: © Martin Crop<br />

16 Songs – ein Denkmal für J.J. Cale<br />

Zwei seiner größten Hits – "After Midnight",<br />

"Cocaine" – verdankt Eric Clap<strong>to</strong>n einem Kollegen.<br />

Den verehrte er zunächst aus der Distanz,<br />

um dann gleich mehrfach mit ihm zu kooperieren<br />

– wie 2006 auf THE ROAD TO ESCONDIDO. Der<br />

US-Singer/Songwriter (und als Gitarrist unnachahmliche)<br />

J.J. Cale war für „EC" stets ein Orientierungspunkt.<br />

Mit dem 16-Song-Album THE BREEZE: AN<br />

APPRECIATON OF J.J. CALE setzt Clap<strong>to</strong>n nun dem<br />

Mann ein Denkmal, der am 26. Juli 2013 im Alter<br />

von 74 Jahren einem Herzinfarkt erlag.<br />

Der gemeinsame Freund Delaney Bramlett (†2008)<br />

hatte Clap<strong>to</strong>n einst auf Cales "After Midnight" aufmerksam<br />

gemacht, das der Brite dann 1970 für sein<br />

Solodebüt übernahm. Im April<br />

1976 war Clap<strong>to</strong>n Gast bei Cales<br />

Gig im Londoner Hammersmith<br />

Odeon, erzählte ihm aber wohl<br />

noch nicht, dass er für SLOWHAND<br />

dessen Vorlage "Cocaine" neu interpretieren<br />

würde. Cale, der auf<br />

materielle Dinge stets wenig Wert<br />

legte, dürfte sich aber dennoch<br />

gefreut haben: Der Song wurde zwar erst 1980 in<br />

einer Liveversion als Single ausgekoppelt, doch dauerhaftes<br />

Airplay bescherte reichlich Tantiemen; sie<br />

halfen Cale, seine Unabhängigkeit zu wahren, wie er<br />

vor Jahren im <strong>GoodTimes</strong>-Interview offen einräumte.<br />

„Ich wollte dafür sorgen, dass noch mehr Menschen<br />

das Werk von J.J. Cale kennen lernen", erklärt Clap<strong>to</strong>n<br />

zur Veröffentlichung von THE BREEZE. „Ich bin<br />

aber nur der Katalysa<strong>to</strong>r, der Überbringer, wenn man<br />

so will – ich war schon immer der Meinung, dass das<br />

meine eigentliche Mission ist. Ich versuche, Dinge so<br />

zu interpretieren, dass mein Publikum darauf aufmerksam<br />

wird. Und auf diese Weise vielleicht Lust<br />

bekommt, mehr darüber zu erfahren, woher ich das<br />

eigentlich habe."<br />

Diese Einstellung teilt der 69-Jährige mit vielen Kollegen,<br />

ebenso wie die Wertschätzung für J.J. Cale.<br />

Nicht nur Lynyrd Skynyrd, die den Titelsong einst<br />

in eine superbe Sou<strong>the</strong>rn-Rocknummer verwandelten.<br />

Die Liste der Cover-Versionen ist endlos.<br />

Für THE BREEZE hat Clap<strong>to</strong>n reichlich Gäste<br />

dazugeholt, um mit ihnen die stilistisch so<br />

breit gefächerten Cale-Vorlagen zu präsentieren:<br />

Tom Petty, Mark Knopfler, John Mayer,<br />

Willie Nelson, Don White und Christine Lakeland<br />

waren singend (und teilweise an der Gitarre)<br />

dabei; auch Derek Trucks, Albert Lee,<br />

David Lindley, Don Pres<strong>to</strong>n und Doyle Bramhall<br />

II griffen in die Saiten. Das Resultat ist ein angemessener<br />

Nachruf auf einen der ganz Großen, der<br />

zu Lebzeiten nicht die ihm zustehende, angemessene<br />

Würdigung erfuhr.<br />

Philipp Roser<br />

Seite 28 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


Gentle Giant<br />

Progressiv? Schubladendenken!"<br />

" Gentle-Giant-Musik war stets verkopft. Verspult.<br />

Vertrackt. Die Takt- und Tempowechsel<br />

erschienen oft abenteuerlich und auch nicht<br />

immer (leicht) nachvollziehbar. Und dennoch: Jede<br />

einzelne Komposition der britischen Formation o löste<br />

sich – früher oder später – in geradezu<br />

orgiastischem Harmoniewohlgefallen<br />

auf.<br />

Die Band wurde stets der Progressive<br />

Rockecke zugeordnet, vermutlich<br />

steht sie sogar für die Hochkultur des<br />

Prog. Und das, obwohl sich die Musiker<br />

nie wirklich in dieser Schublade<br />

fühlten, wie Multi-Instrumentalist<br />

Ray Shulman im Gespräch erklärt.<br />

Der 64-Jährige aus Portsmouth rätselt<br />

nach wie vor, wie es dazu kam, denn: „Diesen Begriff<br />

kannten wir in den 1970ern, also in unserer Hoch-Zeit,<br />

gar nicht! Wir haben lediglich ein paar elektronische Instrumente<br />

mehr eingesetzt als etliche andere neugierige<br />

Bands. Wir wollten wissen, was soundtechnisch möglich<br />

war. Aber ob das nun progressiv' war? Dieses Schubladendenken<br />

hat uns nicht interessiert.”<br />

'<br />

Gentle Giant gingen aus Simon Dupree & The Big<br />

Sound hervor, einem One-Hit-Wonder, das 1967 mit<br />

"Kites” bis auf Platz 9 der UK-Single-Charts kletterte.<br />

Die Combo ins Leben gerufen hatten die drei Shulman-<br />

Brüder Derek, Phil und Ray Shulman, sämtlich mit unterschiedlichsten<br />

Instrumenten vertraut. „Weil wir nur<br />

einen wirklichen Hit landen konnten und darüber hinaus<br />

gern unsere vielfältigen musikalischen Talente ins<br />

Spiel bringen wollten, entschieden wir uns Ende der<br />

1960er, etwas radikal anderes zu probieren”, erinnert<br />

sich Shulman. „UMMAGUMMA von<br />

Pink Floyd und SGT. PEPPER’S von<br />

den Beatles hatten uns nachhaltig<br />

beeindruckt. Diese psychedelischen,<br />

bis dahin ungehörten Klänge waren<br />

in unseren Ohren unglaublich.”<br />

Die Engländer begaben sich in mehrmonatige<br />

Klausur – und kamen mit<br />

einer gewagten, irrwitzigen Mixtur<br />

aus Kammermusik, moderner Klassik,<br />

Jazz, Folk und brachialem Rock<br />

wieder heraus. Fünf Alben lang versuchten sich die<br />

Shulmans nebst talentierten Freunden als Sextett an<br />

der vielleicht komplexesten Rockmusik ihrer Zeit. Doch<br />

der kommerzielle Erfolg wollte sich nicht einstellen,<br />

offenbar zu verschachtelt geriet der Sound. 1973 gab<br />

es einen Bruch innerhalb der Gruppe, auch mit dem<br />

Management kam es zu Problemen. Ein Bandmitglied<br />

schied aus, andere Berater wurden gesucht. In dieser<br />

Zeit entstand THE POWER AND THE GLORY, das<br />

kommerziell bis dahin erfolgreichste Album der Crew,<br />

das es in den US-Charts bis auf Position 78 schaffte.<br />

„Wir haben monatelang intensiv nachgedacht, wohin<br />

die musikalische Reise gehen sollte”, reflektiert Ray<br />

Shulman. „Nachdem wir uns dann auf eine Richtung<br />

geeinigt hatten, kam es uns vor, als würden wir ein<br />

Debütalbum aufnehmen.”<br />

Dabei hatte es gar keine brachiale Runderneuerung<br />

gegeben – THE POWER AND THE GLORY war eine<br />

Fokussierung auf bislang von der Band gewohnte<br />

Töne. Es verbarg sich außerdem ein Konzept dahinter,<br />

in dem es um Macht und Korruption ging. Die LP kam<br />

prächtig an, trotz ihrer gelegentlichen Dissonanz und<br />

Düsternis. „Für unsere Verhältnisse”, sagt Shulman,<br />

„ist diese Platte erfolgreich gewesen. Obwohl uns bewusst<br />

war, dass mehr an Kommerz für uns nicht drin<br />

war. Dafür steckte zu viel Irrsinn in den Klängen.”<br />

Zwischen 1977 und 1980 setzten Gentle Giant auf<br />

schlichtere Harmonien, schielten auf Radiokompatibilität<br />

– und scheiterten. „Schließlich lösten wir uns<br />

auf, denn wir hatten unser Kreativpulver verschossen”,<br />

bekennt Shulman. „Wir werden nie mehr zusammenfinden,<br />

obwohl wir weiterhin Kontakt zueinander halten.<br />

Doch der Gentle-Giant-Zug ist abgefahren.” Was<br />

die Band nicht davon abhielt, THE POWER AND THE<br />

GLORY von Porcupine-Tree-Matermind Steven Wilson<br />

anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Albumveröffentlichung<br />

neu abmischen zu lassen. Shulman freut<br />

sich: „Diese Musik ist so ungewöhnlich, die muss man<br />

der Nachwelt einfach immer wieder vorstellen.”<br />

Michael Fuchs-Gamböck<br />

100<br />

Seiten<br />

nur 9,80 €<br />

DISCOGRAPHIEN ZU:<br />

Alice Cooper, David Bowie, Cluster, Deep Purple, Eloy, Frijid Pink,<br />

Hawkwind, Jigsaw, Kraftwerk, Udo Lindenberg, Lords, Mud,<br />

Novalis, Pink Floyd, Runaways, Shocking Blue, Slade, String Driven<br />

Thing, Uriah Heep sowie Label-Discographien von CCA (Metronome),<br />

Pilz (BASF) und Ohr (Metronome)<br />

Nur direkt über den Verlag erhältlich – zu bestellen unter:<br />

www.goodtimes-magazin.de<br />

oder im Shop auf Seite 63<br />

E-Mail: goodtimes@nikma.de · Telefon: 0 70 42/37660-160<br />

Fax: 070 42/37660-188<br />

NikMa Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen


! REVIEWS<br />

HIGHLIGHTS<br />

CD<br />

RODNEY CROWELL<br />

TARPAPER SKY<br />

Zuletzt hatte Rodney Crowell gemeinsam mit<br />

Emmylou Harris OLD YELLOW MOON<br />

aufgenommen und war mit ihr ausgiebig<br />

ge<strong>to</strong>urt. Dann hatte er Ex-Gattin Rosanne<br />

Cash bei deren jüngster Scheibe THE RIVER<br />

& THE THREAD unterstützt. Erst danach<br />

fand er Zeit, den Nachfolger für sein letztes<br />

eigenes Werk SEX AND GASOLINE von<br />

2008 einzuspielen. Und mit TARPAPER<br />

SKY zeigt der bald 64-Jährige (*7.8.1950)<br />

sich mehr denn je von einer persönlichen<br />

Seite, wenn Kindheitserinnerungen<br />

hochkommen<br />

lässt, über seine Großeltern<br />

und das Eheleid seiner<br />

Großmutter sinniert<br />

(“Grandma Loved That<br />

Old Man”), seiner vers<strong>to</strong>rbenen<br />

Mutter ein S<strong>to</strong>ßgebet<br />

gen Himmel sendet<br />

oder im Titelstück über<br />

das Dach der Hütte singt,<br />

in der er einst in Hous<strong>to</strong>n,<br />

Texas, aufwuchs.<br />

Musikalisch lässt sich Crowell in keine<br />

Stilschublade pressen – natürlich ist seine<br />

Country-Affinität nicht zu überhören, natürlich<br />

macht er kein Hehl daraus, dass er sich<br />

ausgesprochen gern in Roots-Rock- oder<br />

Fo<strong>to</strong>: © David McClister<br />

Americana-Gefilden bewegt, aber er lässt<br />

sich zwischendurch auch durch andere Genres<br />

inspirieren. Beispielsweise wenn er in<br />

“Frankie Please” einen flott-beschwingten<br />

rock’n’rolligen Rockabilly heraushaut und<br />

damit aus dem Schaukelstuhl zwingt, in dem<br />

man dieses Album genießen sollte. Woran<br />

ein paar Nummern später das anfangs ebenfalls<br />

reduziert (mit Kontrabass) angestimmte,<br />

dann satt swingende “Jesus Talk To Mama”<br />

(besagtes S<strong>to</strong>ßgebet) mit einem engelsgleichen<br />

Frauenchor<br />

und twangender<br />

E-Gitarre nahtlos<br />

anschließt. Oder<br />

das “Fever On<br />

The Bayou” mit<br />

reichlich Cajun-<br />

Elementen anreichert<br />

und dazu<br />

französische<br />

Phrasen einstreut.<br />

Oder wenn er<br />

herzerweichend,<br />

aber ohne Schmalz sparsamst instrumentiert<br />

balladiert (“God I’m Missing You”).<br />

Crowell, der schon mit elf Jahren als Drummer<br />

in der Band seiner Vaters startete, pflegt<br />

die kurze, knackige und dabei auf den Punkt<br />

kommende Songform. Die Akustikgitarre<br />

liefert in aller Regel die Basis, wird mal<br />

mehr, mal weniger üppig durch weiteres<br />

Instrumentarium ergänzt – die meist dominierende<br />

Sparsamkeit erhöht<br />

den Eindringlichkeitsfak<strong>to</strong>r<br />

der Lieder, die wahrhaft eklektisch<br />

ausgefallen sind.<br />

Fast schon anrührend im<br />

positivsten Sinne ist zum<br />

Abschluss seine inhaltliche<br />

wie klangliche Verbeugung<br />

vor einem meist verkannten<br />

Kollegen und Landsmann<br />

mit “Oh What A Beautiful<br />

World (For John Denver)”.<br />

Dabei kommt der Nashville-Songwriter-Haudegen<br />

fast schon einzigartig entspannt daher,<br />

kann sich auf überaus kompetente Mitstreiter<br />

wie Steuart Smith (g, mand, b, org, harp),<br />

Michael Rhodes (b), John Hobbs (p) und<br />

Eddie Bayers (dr, p) stützen. Dazu hatte er<br />

erstklassige Gäste wie u.a. Jerry Douglas,<br />

Will Kimbrough, Steve Fishell sowie Vince<br />

Gill, Robert Bailey, Ronnie McCoury, Vickie<br />

Hamp<strong>to</strong>n, Pat Buchanan, John Cowan, Mike<br />

Ferris und viele mehr als Chorsänger dabei.<br />

Irgendwie bringt der relaxte Midtempo-Rocker<br />

“Long Journey Home” das Album wun-<br />

derbar auf den Punkt: Crowell ist daheim,<br />

sprich bei sich selbst angekommen – und<br />

dankenswerter Weise lässt er die Musikwelt<br />

bei diesem Abschluss einer langen Reise<br />

teilhaben. Bei der er auch<br />

Reminiszenzen in Richtung<br />

Hot Band wach werden<br />

lässt, in der er einst Emmylou<br />

Harris begleitete. Fazit:<br />

Crowell hat ein zeitloses<br />

Meisterwerk abgeliefert<br />

–<br />

mit nachdenklicher, tröstender,<br />

zugleich aber auch<br />

aufmunternder Wirkung; in<br />

das man ebenso versinken<br />

kann, wie es auch einfach als Berieselung genießbar<br />

ist. Das bereits 2010 begonnene und<br />

nun endlich abgeschlossene Album TARPA-<br />

PER SKY hätte ebenso wie OLD YELLOW<br />

MOON einen Grammy verdient und sollte<br />

den Nashville-Außenseiter Crowell auch als<br />

solo agierender Songschmied und Performer<br />

ins breite öffentliche Bewusstsein rücken.<br />

In seiner Heimat ebenso wie hier zu Lande.<br />

Denn er braucht sich keineswegs hinter Stars<br />

wie Bruce Springsteen und Bob Dylan (oder<br />

Johnny Cash, Willie Nelson und Waylon Jennings<br />

im Country-Lager) verstecken.<br />

(New West/ADA Warner, 2014, 11/42:13) pro<br />

DVD<br />

THE WHO<br />

QUADROPHENIA:<br />

LIVE IN LONDON<br />

BOX<br />

DOLLY PARTON &<br />

PORTER WAGONER<br />

JUST BETWEEN YOU AND ME<br />

Das 1973 erschienene Konzeptalbum QUA-<br />

DROPHENIA nimmt eine Schlüsselposition<br />

im Werk von The Who ein, ist es doch<br />

die Hommage an die Mods der 60er Jahre<br />

schlechthin, zumal diese bis heute zu den<br />

kultigsten Verehrern der Band zählen. Dass<br />

sich die Erstveröffentlichung im letzten Jahr<br />

zum 40. Mal jährte, war der Anlass für die<br />

„Quadrophenia And More<br />

Tour”, auf der die beiden verbliebenen<br />

Originalmitglieder<br />

Pete Townshend und Roger<br />

Daltrey ergänzt um<br />

erstklassige Musiker<br />

das Album in seiner<br />

vollen Länge spielten.<br />

Das Finale am 8. Juli in<br />

der Wembley Arena wurde<br />

glücklicherweise für<br />

eine Box der besonderen en Art<br />

aufgezeichnet. So findet man in einer<br />

Metallbox in Form eines Vespa-GS-Schein-<br />

S werfers samt Prägung des von der Royal Air<br />

Force abgekupferten Mod-Logos das komplette<br />

Konzert auf zwei Blu-ray-Discs, die<br />

Tonaufnahmen des Konzert auf zwei DVDs<br />

und zusätzlich zum ersten Mal einen 5.1 Surround<br />

Sound Mix des Originalalbums. Dazu<br />

gibt’s den für Mods ominösen Who-Sticker,<br />

einen Aufkleber und ein 32-seitiges Beglei<strong>the</strong>ft.<br />

Wem das alles zu viel (oder zu teuer ist),<br />

für den gibt es auch abgespeckte Editionen.<br />

Die Konzertaufnahmen bestechen durch die<br />

gelungene Mischung aus Liveperformance<br />

sowie der eingestreuten Archivmaterialien<br />

von The Who und his<strong>to</strong>rischen Ereignissen.<br />

Selbst die schon vers<strong>to</strong>rbenen Keith Moon<br />

und insbesonde John Entwistle für ein furioses<br />

Basssolo werden aus dem Archiv gezaubert.<br />

Schade ist eigentlich nur, dass die<br />

Kamera fast immer bei den beiden Rest-Who<br />

verweilt und ihre Begleitmusiker zu wenig<br />

die Aufmerksamkeit bekommen, die sie ohne<br />

Zweifel verdient gehabt hätten. Denn die<br />

Genialität von QUADROPHENIA kommt<br />

natürlich gerade erst durch<br />

die fast schon<br />

orchestrale Opulenz zum Tragen, die zwei<br />

Musiker allein nicht<br />

abfangen können.<br />

Musikalische<br />

Höhepunkte der<br />

sich insgesamt<br />

nah am „Quadrophenia-Ori-<br />

ginal” haltenden Interpretationen sind “I’ve<br />

Had Enough”, “Bell Boy”, “Doc<strong>to</strong>r Jimmy”<br />

und das Grand Finale “Love Reign O’er<br />

Me”. Geschmack beweisen The Who letztlich<br />

auch dadurch, dass sie auf ihr Magnum<br />

Opus die gut gewählten Klassiker “Pinball<br />

Wizard”, “Who Are You”, “You Better You<br />

Bet”, “Baba O’Riley” und “Won’t Get Fooled<br />

Again” folgen lassen, die stilistisch sehr gut<br />

zu QUADROPHENIA passen – im Gegensatz<br />

zu früheren Reißern wie “My Generation”,<br />

“I Can’t Explain” oder “Substitute”.<br />

(Yearhour Limited/Universal,<br />

2014, 2x Blu-ray Video, 126 Min.,<br />

2x DVD, 126 Min., 1x Blu-ray Audio,<br />

81 Min.) an<br />

Mitte der 50er Jahre war Porter Wagoner<br />

mit Songs wie “What Would You Do (If<br />

Jesus Came To Your House)” oder “Eat<br />

Drink And Be Merry (Tomorrow You’ll<br />

Cry)” schon ein Countrystar, hatte eine<br />

eigene TV-Show, in die er immer wieder<br />

junge, hübsche Damen einlud, mit denen<br />

er dann gemeinsam das eine oder andere<br />

Liedchen trällerte. Eine dieser jungen Damen<br />

war Dolly Par<strong>to</strong>n, und<br />

da sowohl das persönliche<br />

als auch das musikalische<br />

Zusammenspiel so gut<br />

klappte, wurde Wagoner<br />

schnell zum Förderer von<br />

Par<strong>to</strong>ns Karriere. Bald darauf<br />

waren die beiden zum<br />

populärsten Countryduo<br />

Amerikas aufgestiegen,<br />

neben Loretta Lynn und<br />

Conway Twitty sowie Tammy Wynette<br />

und George Jones. Dabei war ihr Erfolgsrezept<br />

ganz einfach: klasse Songs, die<br />

entweder von Par<strong>to</strong>n, Kollegen wie Buck<br />

Owens oder den besten Songschreibern<br />

Nashvilles geschrieben wurden, dazu<br />

hemmungsloser textlicher Kitsch aus der<br />

Feder Wagoners, über zerbrochene Ehen,<br />

in die Brüche gegangene Freundschaften,<br />

aber auch Songs, bei denen das Glück im<br />

seligen Happy End gefunden wird. Auch<br />

Tragödien – in “Party” verbrennen die<br />

Kinder im Haus, während die Eltern auf<br />

einer Party sind – bereicherten das Angebot,<br />

unterlegt mit schluchzenden Geigen,<br />

jammernden Pedalsteels und twangenden<br />

Gitarren. Ein Dutzend LPs nahm das Duo<br />

zwischen 1967 und 1976 auf, die es jetzt<br />

alle auf sechs CDs zusammengefasst auf<br />

JUST BETWEEN YOU AND ME zu hören<br />

gibt. Musik für die Ewigkeit, oder wie<br />

Emmylou Harris in den einleitenden Worten<br />

des Begleitbuches schreibt: „Wenn<br />

es im Himmel einen Radiosender gibt,<br />

dann werden dort Dolly<br />

und Porter auf Dauerrotation<br />

gespielt.” Doch wie<br />

von Bear Family gewohnt,<br />

geben sich die dortigen<br />

Macher mit der besten<br />

Auswahl und der höchsten<br />

musikalischen Qualität<br />

noch lange nicht zufrieden.<br />

Ein 80-seitiges Hardcoverbuch<br />

im LP-Format liefert<br />

eine ausführliche Karriererückschau – von<br />

den ersten gemeinsamen Auftritten bis<br />

zum Auseinandergehen im Streit – von<br />

Alana Nash. Es liefert die (Solo-)Hintergründe<br />

der beiden Protagonisten, herrlich<br />

bebildert, immer wieder durch Zitate und<br />

O-Töne von Zeitzeugen aufgelockert,<br />

sowie die detaillierte Discographie ihrer<br />

kompletten Aufnahmen zwischen 1967<br />

und 1976. Klasse auch die großformatigen<br />

Bilder von ihrem letzten gemeinsamen<br />

Auftritt, als sie sich im Mai 2007 noch<br />

einmal zu einem Versöhnungskonzert in<br />

Nashvilles Grand Ole Opry trafen.<br />

(Bear Family, 2014, 6 CDs) us<br />

W tt i füh li h<br />

Seite 30 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


TOP 5 – Doppelalben<br />

1. Fleetwood Mac – Tusk<br />

2. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />

3. Beatles – The White Album<br />

4. Stephen Stills – Manassas<br />

5. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

Fabian Leibfried<br />

1. Beatles – The White Album<br />

2. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />

3. Pink Floyd – The Wall<br />

4. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />

5. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />

Helmut Ölschlegel<br />

Mitarbeiter<br />

1. LGT – Loksi<br />

2. Impiety – 18 A<strong>to</strong>mic Years<br />

3. Fleetwood Mac – Tusk<br />

4. Type O Negative – Oc<strong>to</strong>ber Rust<br />

5. Prince – <strong>Music</strong> From The Graffi ti Bridge<br />

Jens-Uwe Berndt<br />

1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />

2. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />

3. Merle Haggard – Same Train, A Different Time<br />

4. Van Morrison – Hymns To The Silence<br />

5. Bob Dylan – Self Portrait<br />

Rüdiger Bloemeke<br />

1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

2. Who – Quadrophenia<br />

3. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />

4. Pink Floyd – The Wall<br />

5. Beatles – The White Album<br />

Lothar Brandt<br />

1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

2. Kate Bush – Aerial<br />

3. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />

4. Mike Oldfi eld – Incantations<br />

5. Pink Floyd – The Wall<br />

Michael Fuchs-Gamböck<br />

1. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />

2. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />

3. Chicago – Chicago Transit Authority<br />

4. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />

5. Stephen Stills – Manassas<br />

Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />

1. Who – Quadrophenia<br />

2. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

3. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />

4. Focus – III<br />

5. Beatles – The White Album<br />

Ralf Gün<strong>the</strong>r<br />

1. Cure – Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me<br />

2. Silly – Alles Rot<br />

3. David Bowie – Next Day<br />

4. Adel Tawil – Lieder<br />

5. Rammstein – Liebe ist für alle da<br />

Christian Hentschel<br />

1. Beatles – The White Album<br />

2. Pink Floyd – The Wall<br />

3. Grant McLennan – Horsebreaker Star<br />

4. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />

5. Fleetwood Mac – Tusk<br />

Tino Krauter<br />

1. Tangerine Dream – Zeit<br />

2. Hawkwind – Electric Teepee<br />

3. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

4. Beatles – The White Album<br />

5. Grobschnitt – Ballermann<br />

Frank Küster<br />

1. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />

2. Beatles – The White Album<br />

3. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />

4. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />

5. Pink Floyd – The Wall<br />

Philipp Roser<br />

1. Eels – Blinking Lights And O<strong>the</strong>r Revelations<br />

2. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />

3. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />

4. Who – Quadrophenia<br />

5. El<strong>to</strong>n John – Goodbye Yellow Brick Road<br />

Oliver Schuh<br />

1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />

2. Beatles – The White Album<br />

3. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />

4. Prince – Sign “O” The Times<br />

5. Red Hot Chili Peppers – Blood Sugar Sex Magik<br />

Frank Schuster<br />

1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />

2. Johnny Cash – Sings The Ballads Of The True West<br />

3. Bruce Springsteen – The River<br />

4. Mike Oldfi eld – Incantations<br />

5. Godspeed You! Black Emperor – Lift Your Skinny Fists Like Antennas ...<br />

Ulrich Schwartz<br />

1. Spirit – Spirit Of ’76<br />

2. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />

3. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />

4. Fantasyy Fac<strong>to</strong>ryy – Dreams Never Sleep!<br />

5. Out Of Focus – Four Letter Monday Afternoon<br />

Alan Tepper<br />

1. Beatles – The White Album<br />

2. El<strong>to</strong>n John – Goodbye Yellow Brick Road<br />

3. Stephen Stills – Manassas<br />

4. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />

5. Who – Quadrophenia<br />

Uli Twelker<br />

1. Mo<strong>the</strong>rs Of Invention – Uncle Meat<br />

2. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />

3. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />

4. Joni Mitchell – Don Juans Reckless Daughter<br />

5. Todd Rundgren – Something / Anything?<br />

Thomas Wachter<br />

Chi Coltrane<br />

1. Pink Floyd – The Wall<br />

2. Led Zeppelin – Physical Graffiti<br />

3. Who – Quadrophinia<br />

4. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />

5. Dream Theatre – Six Degrees Of Inner Turbulence<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 31


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CD<br />

REVIEWS<br />

FATS DOMINO<br />

HERE STANDS FATS DOMINO /<br />

LET‘S PLAY FATS DOMINO<br />

Rund um Fats Dominos damaligen Hit<br />

”I’m Walkin’” (und die B-Seite “I’m In<br />

The Mood For Love”) bastelten die Imperial-Verantwortlichen<br />

1958 für HERE<br />

STANDS ... einige der ersten Aufnahmen<br />

überhaupt, die der singende Pianist aus<br />

New Orleans schon 1949 für das Label<br />

eingespielt hatte. Was die wilde Mixtur<br />

aus Boogie, Rock’n’Roll (“She’s My<br />

Baby”), (Slow) Blues, R&B und Balladen<br />

wie “Hide away Blues” erklärt, die mit erstaunlich<br />

frischem Klang darauf zu hören<br />

ist – fast durchgängig Eigenbauten, oft zusammen<br />

mit Dave Bartholomew geschrieben.<br />

Dazu gepackt ist bei diesem Twofer<br />

die ähnlich gestrickte LP LET’S PLAY<br />

... aus dem gleichen Jahr, die ebenfalls<br />

aus diversen Sessions zusammengetragen<br />

wurde. Mit dem Frühhit “Margie”, einem<br />

beschwingten “When The Saints Go Marching<br />

In”, seiner Umarbeitung von “Stagger<br />

Lee” in “Stack & Billy”. Das Ganze<br />

wird noch abgerundet durch ausführliche<br />

neue Liner-Notes und sechs Bonus-Tracks<br />

aus diversen Sessions.<br />

(Hoodoo/inakustik, 1958/1959,<br />

30/69:30) pro<br />

ROY ORBISON<br />

MYSTERY GIRL DELUXE<br />

Ebenso wie Johnny<br />

Cash startete<br />

Roy Orbison kurz<br />

vor seinem Tod<br />

noch einmal zu<br />

einem<br />

künstlerischen<br />

Höhenflug.<br />

Neben seiner Mitgliedschaft bei den<br />

Traveling Wilburys legte er mit MYSTERY<br />

GIRL ein wunderschönes Album vor, das<br />

1989 posthum veröffentlicht wurde. Mit<br />

Produzent T Bone Burnett und Top-Musikern<br />

wie Rick Vi<strong>to</strong>, Jeff Lynne, George Harrison,<br />

Tom Petty, Mike Campbell, Benmont<br />

Tench, Jim Keltner, Steve Cropper, Howie<br />

Epstein und den Memphis Horns war die<br />

ideale Studiobesetzung zusammen, um Orbisons<br />

charakteristische Stimme ins rechte<br />

Licht zu rücken. Songs für die Ewigkeit wie<br />

“You Got It”, “California Blue” und das von<br />

The Edge und Bono geschriebene “She’s A<br />

Mystery To Me”. Für die jetzt veröffentlichte<br />

Deluxe-Ausgabe wurde es um bisher unveröffentlichte<br />

Demos, Alternativversionen<br />

und Outtakes erweitert, dazu gibt es noch<br />

eine DVD mit Livebildern, Interviews und<br />

Videoclips.<br />

(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 1989, 19/75:19) us<br />

MORRISSEY<br />

VAUXHALL AND I<br />

Ist das nun Fluch oder Segen, dass man<br />

bei Morrissey immer noch an die Smiths,<br />

eine der wichtigsten Bands der 80er Jahre,<br />

denkt? Und ist das überhaupt berechtigt,<br />

wo sich der Sänger dank zahlreicher<br />

hervorragender Solo-Alben eigentlich von<br />

der Vergangenheit freigeschwommen haben<br />

sollte? Zu den besten gehört sicherlich<br />

VAUXHALL AND I, das nun angesichts<br />

des 20-jährigen Jubiläums als „20th Anniversary<br />

Definitive Master”-Edition gewürdigt<br />

wird. Das neu gemasterte Werk<br />

enthält eine Bonus-CD mit einem bislang<br />

unveröffentlichten Konzertmitschnitt<br />

aus dem Theatre Royal, Drury Lane, von<br />

1995, auf dem Morrissey fünf Lieder<br />

von VAUXHALL AND I, einige Songs<br />

der drei Vorgängeralben, die Single “Boxers”<br />

und eine Cover-Version von “Moon<br />

River” spielt. Die elf Songs des vierten<br />

Morrissey-Albums überstrahlen aber die<br />

Live-Aufnahmen, so in sich geschlossen<br />

auf hohem Niveau hat man den britischen<br />

Künstler danach nicht mehr gehört.<br />

(Parlophone/Warner, 1994, 11/39:46,<br />

2014, 14/52:30) an<br />

MAXIMILLIAN REEG,<br />

STEFFEN LUKAS UND<br />

TOBIAS KÜNZEL<br />

COMEBACK! DAS KARL-MARX-<br />

MUSICAL<br />

Humorvoll<br />

und<br />

schräg widmen sich<br />

Maximilian Reeg,<br />

Steffen Lukas sowie<br />

Prinzen-Sänger<br />

Tobias Künzel der<br />

Finanzkrise. Eine<br />

britische Bank in der Pleite – schuld daran<br />

ist laut deren Berater Karl Marx, der<br />

diese Krise einst voraussagte – führt dazu,<br />

dass auf dem Londoner Highgate-Friedhof<br />

statt Marx’ Geist der des jungen mittellosen<br />

Musikers Marc S. erweckt wird.<br />

Natürlich braucht es einige Zeit, bis klar<br />

wird, dass Marc S. nicht Marx ist, natürlich<br />

hat sich der Protagonist längst in die<br />

Tochter des Bankchefs verliebt, natürlich<br />

nimmt die S<strong>to</strong>ry von Geld und Gier einen<br />

ganz anderen als den geplanten Verlauf.<br />

Zwischen Schlager, Chanson und Glam-<br />

Rock (“Koks und Schnaps und Schnecken”)<br />

wechselt die <strong>Music</strong>al-Popmusik,<br />

dazu gibt’s ein klasse Booklet mit S<strong>to</strong>ry,<br />

Bildern und allen Texten zum Mitlesen.<br />

Fazit: Wer auch in der Krise seinen Humor<br />

nicht verloren hat, der darf am Ende<br />

lauthals mitsingen: „Es gibt für jeden immer<br />

wieder ein Comeback, davor wegzulaufen<br />

hat keinen Zweck.” Genau! Ach ja,<br />

live gibt es COMEBACK! DAS KARL-<br />

MARX-MUSICAL am Theater Plauen<br />

Zwickau zu erleben.<br />

(Rakete Medien/Rough Trade,<br />

2014, 21/57:53) us<br />

COLDPLAY<br />

GHOST STORIES<br />

Schon das ebenso düstere wie wunderschöne<br />

“Magic”, die erste Single aus dem<br />

neuen Coldplay-Album, bot bei seiner<br />

Vorabveröffentlichung im März dieses<br />

Jahres einen ersten Vorgeschmack auf die<br />

stilistische Ausrichtung des sechsten Studiowerkes<br />

der britischen Band. Seit Mitte<br />

Mai ist GHOST STORIES nun zu haben,<br />

und die Eindrücke haben sich bestätigt.<br />

Viel dieser elektronisch angehauchten,<br />

dunklen Stimmung ist sicherlich dem<br />

neuen Produzenten Paul Epworth zuzuschreiben,<br />

mit Produktionen für Bloc<br />

Party, Maximo Park, Paul McCartney<br />

oder Florence & The Ma chine sowie von<br />

seinen vier Grammys für Adeles Mega-<br />

Erfolg 21 bestens bekannt. Dennoch ist<br />

das Ausgestalten der Songs ja nur eine<br />

Seite der Medaille, ohne gutes Songwriting<br />

hilft das nicht viel. Doch auch in dieser<br />

Hinsicht zeigt das Quartett um Sänger<br />

Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

Pop<br />

Chris Martin wieder einmal, warum es<br />

schon so lange so hoch in der Gunst der<br />

Fans steht – und umso besser, wenn das<br />

Endergebnis dann auch noch so <strong>to</strong>ll klingt<br />

wie hier!<br />

(Parlophone/Warner, 2014, 9/42:44) tk<br />

JOE MEEK<br />

LONE RIDER – MAXIMUM POP!<br />

THE 1958–1962 PRODUCTIONS<br />

Eigentlich müsste diese Compilation unter<br />

Various Artists laufen, sind doch Acts von<br />

den Tornados, Cliff Bennett, Screaming<br />

Lord Sutch, Mike Berry, Michael Cox,<br />

Neil Christian & The Crusaders (mit Jimmy<br />

Page), Marty Wilde bis zu The Chaps<br />

dabei, ebenso längst vergessene Akteure<br />

wie Tony Vic<strong>to</strong>r, Charles Blackwell, Iain<br />

Gregory, Geoff Goddard, Don Charles<br />

oder Hous<strong>to</strong>n Wells. Sie alle wurden vom<br />

Soundpionier Joe Meek (1929–1967) produziert.<br />

Digital remastert und mit einem<br />

lesenswerten Booklet gibt es hier eine<br />

spannende Sammlung von UK-Singles<br />

dieser Künstler, die 1958–1962 von Meek<br />

vielfältig und variantenreich produziert<br />

wurden – perfekt, um Wissenslücken in<br />

Sachen Pop-His<strong>to</strong>rie zu füllen. Wer genau<br />

hinhört, kann durchaus nachvollziehen,<br />

warum der „New <strong>Music</strong>al Express” Meek<br />

einst zum „Greatest Producer Ever” (vor<br />

George Martin) kürte.<br />

(Hoodoo/inakustik, 2014, 30/73:14) pro<br />

THE FAMILY DOGG<br />

A WAY OF LIFE – ANTHOLOGY<br />

1967–1976<br />

Werkschau einer der<br />

besten<br />

britischen<br />

Sunshine-Popbands<br />

aller Zeiten, die<br />

von 1966 bis 1972<br />

existierte.<br />

Kern<br />

der Gruppe waren<br />

die auch komponierenden Musiker und<br />

Sänger Albert Hammond (der spätere<br />

Superstar) und Steve Rowland (auch Produzent),<br />

ergänzt um die Sängerin Christine<br />

Holmes, so dass bestechender Harmoniegesang<br />

beinahe zwangsläufig zum<br />

Markenzeichen avancierte. Family Dogg<br />

als eine britische Ausgabe der Mamas<br />

& Papas zu bezeichnen, ist sicher nicht<br />

falsch, und auch Abba schimmerten schon<br />

durch. 1969 erschien das Album A WAY<br />

OF LIFE, dessen Titelsong sich auf Platz<br />

6 der UK-Charts platzieren konnte. Die<br />

Led-Zeppelin-Mitglieder Jimmy Page und<br />

John Paul Jones wirkten auf dieser LP als<br />

Gastmusiker mit. Die Rare-Bird-Komposition<br />

“Sympathy” erreichte im April 1970<br />

Platz 2 in Holland. 1972 erschien das letzte<br />

Album VIEW FROM ROWLAND’S<br />

HEAD, nun mit Ireen Sheer als Sängerin<br />

und Chris Spedding als Gastgitarrist.<br />

Neben den genannten Hits zählen eigenständige<br />

Fassungen von “So Sad” (Everly<br />

Bro<strong>the</strong>rs), “Love Minus Zero/No Limit”<br />

(Bob Dylan), “Save The Life Of My<br />

Child” (Simon & Garfunkel), “Big Yellow<br />

Taxi” (Joni Mitchell) und “In The Ghet<strong>to</strong>”<br />

(Elvis Presley) sowie die Eigenwerke<br />

“Moon shine Mary”, “Rikers Island” und<br />

“Follow The Bouncing Ball” zu den Höhepunkten<br />

der Anthologie.<br />

(RPM/Soulfood, 2014, 27/79:27,<br />

24/78:31) hjg


CD<br />

REVIEWS<br />

TORI AMOS<br />

UNREPENTANT<br />

GERALDINES<br />

Nachdem sie vor zwei Jahren mit GOLD<br />

DUST noch auf ihren umfassenden Backkatalog<br />

zurückgegriffen hatte und orchestrale<br />

Versionen bekannter Kompositionen<br />

vorgelegt hatte, hat Tori Amos nun für UN-<br />

REPENTANT GERALDINES wieder neues<br />

Material komponiert. Wie wenig sie im letzten<br />

Jahr in ihre eigene Karriere investieren<br />

konnte, als sie den Großteil ihrer Zeit für<br />

das zusammen mit dem Londoner National<br />

Theatre entstandene <strong>Music</strong>al „The Light<br />

Princess” aufwendete, ist ihr nach eigenen<br />

Worten erst klargeworden, als sie die Vielfalt<br />

der offenen Themenpunkte realisierte, die<br />

auf Ver<strong>to</strong>nung warteten: Cezannes Blautöne,<br />

eine Radierung des irischen Künstlers Daniel<br />

Maclise, ihr 50. Geburtstag im August<br />

letzten Jahres, Gedanken über Religion, die<br />

Welt und über das Schicksal vieler Frauen,<br />

die sich auf unterschiedliche Art und Weise<br />

gefangen fühlen. Ebenso vielschichtig wie<br />

die Themen hat Tori Amos diese auch umgesetzt;<br />

natürlich verzichtet sie nicht auf die<br />

von ihr bekannten Pianoballaden, zeigt aber<br />

auch mit einem gespenstischen Sou<strong>the</strong>rn<br />

Blues “Trouble’s Lament”, dem verspielten<br />

“Rose Dover” oder dem folkigen “Wedding<br />

Day” ihre Klasse.<br />

(Mercury/Universal, 2014,<br />

14/59:30) tk<br />

BILL HALEY &<br />

HIS COMETS<br />

ROCK AROUND THE CLOCK /<br />

ROCK’N’ROLL STAGE SHOW<br />

Als diese beiden Alben,<br />

die Rock’n’Roll-<br />

Pionier Bill Haley mit<br />

seinen Comets 1955<br />

und 1956 veröffentlichte<br />

und mit denen<br />

er das Genre maßgeblich<br />

popularisierte, i 2007 als Twofer neu<br />

aufgelegt wurden, umfassten sie 25 Songs.<br />

Jetzt sind es dank einiger wichtiger Bonus-<br />

Tracks satte 30 Nummern, die in seligen<br />

R&R-Träumen schwelgen lassen. Sind doch<br />

nahezu alle von Haleys Klassikern dabei,<br />

von “Rock Around The Clock” und “Shake,<br />

Rattle And Roll” über “Razzle Dazzle” bis<br />

zum “Mambo Rock”. Was inzwischen fast<br />

vergessen ist, war – neben dem Ohrwurmcharakter<br />

der Hits – die Solierkunst von<br />

Haleys Leagitarristen Danny Cedrone und<br />

dann Franny Beecher. Es swingt, groovt,<br />

die Blues- und Boogieverwurzelung wird<br />

hörbar. ROCK AROUND war das dritte Album<br />

Haleys (mit teils schon veröffentlichten<br />

Aufnahmen), bescherte ihm den Durchbruch<br />

und hat heute Meilensteincharakter. Der<br />

Nachfolger schloss nahezu nahtlos an – und<br />

das jetzt erhältliche Doppel gehört in jede<br />

Plattensammlung.<br />

(Hoodoo/inakustik, 1955/1956,<br />

30/77:13) pro<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

COLOUR MY WORLD –<br />

THE SONGS OF TONY HATCH<br />

Der britische Komponist,<br />

Produzent,<br />

Orchesterchef<br />

und<br />

Arrangeur Tony Hatch<br />

(*1939) hatte seine<br />

goldene Zeit in den<br />

Sixties, als er speziell<br />

Petula Clark mit einer satten Serie brillanter<br />

Hits versorgte, von denen hier “Down<strong>to</strong>wn”,<br />

“Colour My World” und “A Sign Of The<br />

Times” dabei sind. Der Clark-Erfolg “You’re<br />

The One” kommt in sehr guter Version von<br />

der US-Band The Vogues und “I Know A<br />

Place” von Sarah Vaughan. Weitere Top-Acts<br />

sind Scott Walker (“Joanna”), Chris Montez<br />

(“Call Me”), Bobby Rydell (“Forget Him”)<br />

und Connie Francis (“Love Is Me, Love Is<br />

You”). Hatchs größter Trumpf war sein offensives<br />

Gespür für hemmungslosen Pop. Aber<br />

auch moderater Beat floss aus seiner Feder.<br />

Die Searchers machten “Sugar And Spice”<br />

zum Superhit, und auch The Montanas (“A<br />

Step In The Right Direction”) und die US-<br />

„Nuggets”-Band The Remains (“Heart”) griffen<br />

zu. Einen großen Teil all des guten S<strong>to</strong>ffes<br />

schrieb Hatch mit seiner damaligen Ehefrau<br />

Jackie Trent, die auch selbst sang und hier mit<br />

ihrem 1965er Top-Hit (UK #1) “Where Are<br />

You Now” und “7.10 From Suburbia” vertreten<br />

ist. Abgerundet wird die gelungene Kollektion<br />

durch drei Instrumentals von Hatch-<br />

Orchestern und ausführlichste Liner-Notes<br />

im 32-seitigen Booklet.<br />

(Ace/Soulfood, 2014, 25/67:22) hjg<br />

HELGE SCHNEIDER<br />

LIVE AT THE GRUGAHALLE –<br />

20 JAHRE KATZEKLO<br />

(EVOLUTION)<br />

Wer das Phänomen<br />

Helge Schneider verstehen<br />

will, der muss<br />

ihn live gesehen haben<br />

oder aber sich<br />

diese Doppel-CD zu<br />

Gemüte führen. Denn<br />

was Schneider auf LIVE AT THE GRU-<br />

GAHALLE bietet, zeigt eindrucksvoll warum<br />

er sein Metier so gut beherrscht. Wer<br />

Schneiders Jazzalbum kennt, der weiß um<br />

seine musikalischen Qualitäten. Die Kunst<br />

ist es ja, Lieder wie “Katzeklo” oder “Es<br />

gibt Reis, Baby” so belanglos, so dilettantisch<br />

wie irgendwie möglich klingen<br />

zu lassen. Wie schwer dies ist, zeigen die<br />

Versuche zahlloser Nachahmer, von denen<br />

kein einziger auch nur annähernd an „die<br />

singende Herren<strong>to</strong>rte aus Mülheim” herankommt.<br />

Vielleicht auch deshalb, weil<br />

Schneiders Programm alles andere als<br />

durchgeplant daherkommt, immer wieder<br />

wird improvisiert, werden die Reaktionen<br />

des Publikums mit in die Show eingebunden.<br />

Und wenn es darauf ankommt, wenn er<br />

sich Standards wie “Mr. Bojangles”, “Mood<br />

Indigo” oder “Feliz Navidad” vornimmt,<br />

dann lässt er (zusammen mit seiner ausgezeichneten<br />

Band) zumindest in Auszügen<br />

sein musikalisches Können aufblitzen.<br />

(Polydor/Universal, 2014,<br />

20/55:59, 21/78:04) us<br />

MIDGE URE<br />

FRAGILE<br />

13 Jahre lang hat sich Ultravox-Frontmann<br />

Midge Ure Zeit gelassen, um ein neues<br />

Studio-Album herauszubringen. Und es<br />

wäre gelogen zu behaupten, dass es beim<br />

Pop<br />

ersten Hördurchgang begeistert hätte. Ganz<br />

im Gegenteil. Doch einmal mehr bestätigt<br />

FRAGILE die These, dass gelungene Platten<br />

erst bei mehrfachen Lauschdurchgängen<br />

ihre wahre Wirkung entfalten. Mit meist<br />

getragenem Tempo – manchmal plätschert<br />

es einfach zum Träumen einladend vor sich<br />

hin – entfaltet Ure abwechslungsreiche<br />

Klanglandschaften, mal mit Trance-artiger<br />

Hypnotik, mal mit elektronisch-syn<strong>the</strong>tischen<br />

Melodie- und Rhythmusspielereien,<br />

mal orchestral, stellenweise fast Prog-Rockmäßig<br />

– insgesamt ein grundsolider Soundtrack<br />

zu einem nicht existierenden Film mit<br />

nachdenklichen Texten zum menschlichen<br />

Dasein und Zusammenleben heutzutage in<br />

allerlei Facetten.<br />

(Hypertension/Soulfood, 2014,<br />

10/53:33) pro<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

KNOW THE ORIGINALS!<br />

Vor allem in den<br />

50er und 60er Jahren<br />

war es Usus,<br />

dass erfolgreiche<br />

Songs sofort von<br />

anderen Künstlern<br />

gecovert<br />

wurden,<br />

um sich so schnell wie möglich ein gehöriges<br />

Stück vom Erfolgskuchen zu sichern.<br />

Hatte der Scout einer großen Plattenfirma<br />

einen vermeintlichen Hit entdeckt, liefen für<br />

das schnell entstandene Cover wesentlich<br />

größere Werbemaßnahmen an, wie das einer<br />

kleinen Firma für das Original möglich<br />

war. So wird auch verständlich, warum viele<br />

Erfolgstitel mit den „falschen” Interpreten<br />

verbunden werden, warum man von vielen<br />

großen Songs das Original gar nicht kennt.<br />

KNOW THE ORIGINALS! widmet sich<br />

diesen eher unbekannten Originalen, wie<br />

“Cry Me A River” von Julie London, “Susie<br />

Q.” von Dale Hawkins, “Dream A Little<br />

Dream Of Me” von Ozzie Nelson, “Travelin’<br />

Alone” von Lil’ Son Jackson oder “One<br />

Night (Of Sin)” von Smiley Lewis. Interessantes<br />

Thema, klasse aufbereitet.<br />

(Golden Masterworks/Bellaphon,<br />

2014, 23/65:23) us<br />

EIN EINZIGARTIGES<br />

LIVE-ERLEBNIS!<br />

„... über jeden Zweifel erhaben!<br />

Ein perfektes und au<strong>the</strong>ntisches<br />

Live-Album, wie man es besser<br />

nicht machen kann.“<br />

ROCKTIMES.DE<br />

STILL STANDING STRONG<br />

„... ganz großes Kino<br />

auf einer Konzertbühne.“<br />

MUSIKREVIEWS.DE<br />

KRAFTVOLL. ZEITLOS. MAGISCH.<br />

DAS NEUE ALBUM!<br />

ERSTMALS UNPLUGGED!<br />

„... die Power der Tracks ist unglaublich.<br />

EPITAPH machen auf The Acoustic Sessions<br />

vor, wie Hardrock akustisch<br />

gespielt zu klingen hat.“ BREAK OUT<br />

„... noch nie klangen Akustik-Gitarren<br />

so eindringlich und melodisch.“<br />

ECLIPSED<br />

AND BACK IN TOWN<br />

LIVE AT THE CAPITOL<br />

HANNOVER<br />

AN EVENING WITH FRIENDS<br />

AND VERY SPECIAL GUESTS<br />

JETZT<br />

IM HANDEL<br />

UND ALS<br />

DOWNLOAD!<br />

ERHÄLTLICH ALS DVD UND 2-CD SET,<br />

JEWEILS MIT UMFANGREICHEM BOOKLET!<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 33


CD<br />

REVIEWS<br />

FEHLFARBEN<br />

KNIETIEF IM DISPO<br />

Das sechste Album einer der wichtigsten<br />

deutschen Bands der frühen 80er Jahre<br />

erschien 2002 zur rechten Zeit. Epigonen<br />

der Hamburger Schule wie Blumfeld und<br />

Tocotronic, die die ersten beiden Fehlfarben-Alben<br />

auf ihren ersten Werken als<br />

Blaupause genutzt hatten, waren zur Jahrtausendwende<br />

unpolitisch und geradezu<br />

seicht geworden. 2001 hatte dann das Buch<br />

„Verschwende deine Jugend”, eine Reminiszenz<br />

an deutschen Punk, New Wave und<br />

Vor-NDW, für Furore gesorgt. Da kam das<br />

erste sichtbare Lebenszeichen von Fehlfarben<br />

nach rund zehn Jahren genau richtig.<br />

Und KNIETIEF IM DISPO – welch <strong>to</strong>ller<br />

Titel! – war ein würdiger, zeitgemäßer<br />

Nachfolger von MONARCHIE UND ALL-<br />

TAG, dem erfolgreichsten und wichtigsten<br />

Fehlfarben-Album. Peter Heins Texte waren<br />

eine punktgenaue Beschreibung der Gesinnung<br />

der bundesdeutschen Realität, die<br />

Musik besticht auch heute noch durch ihre<br />

Wucht. Umso schöner, dass das Fehlfarben-<br />

Comeback nun mit einer neuen Ausgabe<br />

gewürdigt wird, die zusätzlich fünf Bonus-<br />

Tracks enthält.<br />

(Tapete Records/Indigo, 2002,<br />

18/65:01) an<br />

JEFFERSON AIRPLANE<br />

LAST STAND AT WINTERLAND<br />

Gegen Ende des<br />

letzten Titels hört<br />

man, wie Marty<br />

Balin den Refrain<br />

von “Volunteers”<br />

abwandelt: „Gotta<br />

revolution ... oh<br />

yeah ... and dI need an new band!” Das Konzert<br />

vom 4. Ok<strong>to</strong>ber 1970 im Winterland,<br />

San Francisco, war der letzte gemeinsame<br />

Auftritt des Sängers mit der von ihm mitbegründeten<br />

Gruppe Jefferson Airplane.<br />

Jahrzehnte später wird der Gig nun auf der<br />

LAST STAND AT WINTERLAND betitelten<br />

CD veröffentlicht, die auf dem damaligen<br />

Mitschnitt des kalifornischen Radiosenders<br />

KSAN (FM) beruht. Auch wenn die<br />

Abmischung unausgewogen ist (die Gitarren<br />

sind zu laut, der Rest ist zu leise) und<br />

die Band sich nicht durchgehend in Topform<br />

präsentiert, ist LAST STAND Sammlern<br />

aus mehreren Gründen zu empfehlen:<br />

Es gibt ein paar sehr schöne Momente,<br />

etwa die äußerst hard-rockige Version von<br />

“Somebody To Love”, und es finden sich einige<br />

Raritäten darauf, darunter die niemals<br />

auf einem Studio-Album veröffentlichten<br />

Songs “Emergency”, “You Wear Your Dresses<br />

Too Short”, “Bludgeon Of A Bluecoat”<br />

und “Whatever The Old Man Does”.<br />

(Leftfield/inakustik, 2014, 13/76:18) frs<br />

BARB JUNGR<br />

HARD RAIN – THE SONGS<br />

OF BOB DYLAN & LEONARD<br />

COHEN<br />

Die Engländerin mit deutsch-tschechischen<br />

Wurzeln singt so ziemlich alles<br />

zwischen französischen Chansons, Kabarettnummern,<br />

zeitgenössischen Great<br />

Songbooks und Pop-Jazz. Offenbar versteht<br />

sie sich als Nachfolgerin von Barbra<br />

Streisand mit eigener Note. Songs von<br />

Bob Dylan legte Barb Jungr bereits mit<br />

EVERY GRAIN OF SAND und MAN IN<br />

THE LONG BLACK COAT vor, zwei gelungenen<br />

Scheiben. Insgesamt geglückt ist<br />

auch HARD RAIN wieder, wobei schon<br />

beim ersten Hören auffällt, dass Frau Jungr<br />

eigenartigerweise mit Dylans Liedern<br />

mehr anfangen kann als mit denen Cohens.<br />

Während sie Dylan-Klassikern wie<br />

“Blowin’ In The Wind”, “Masters Of War”,<br />

“Chimes Of Freedom” und dem Titeltrack<br />

mit ihrem sehr erwachsenen Gesangsstil<br />

und teils sehr komplexen – aber gitarrenlosen<br />

– Arrangements ungewohnte Seiten<br />

abgewinnt, haben Cohens “First We Take<br />

Manhattan” oder “Land Of Plenty” bei ihr<br />

lediglich gepflegten Unterhaltungswert.<br />

Das ist nicht unehrenhaft, aber auch nicht<br />

gerade aufregend.<br />

(Absolute/Import, 2014, 11/66:27) hjg<br />

CURVED AIR<br />

NORTH STAR<br />

Was Sonja Kristina<br />

beim <strong>GoodTimes</strong>-<br />

Gespräch 2013 bereits<br />

angekündigt<br />

hatte, wurde wahr.<br />

Zitat: „Aktuell entsteht<br />

die erste Curved-Air-Platte<br />

seit 1976, sie wird stark nach<br />

unseren Anfangstagen klingen.” Jawoll, so<br />

ist es! NORTH STAR, so der Name des Albums,<br />

kommt mächtig nach den kraftvollprogressiven<br />

Zeiten des Sextetts in den<br />

frühen 1970ern. Und das, obwohl außer<br />

Kristina lediglich Schlagzeuger Florian Pilking<strong>to</strong>n-Miksa<br />

von der Originalbesetzung<br />

dabei ist. Doch Violinist Paul Sax steht<br />

„Wunder-Geiger” Darryl Way, der einst den<br />

Curved-Air-Sound entscheidend mitprägte,<br />

an Virtuosität in nichts nach. Gitarrero Kirby<br />

Gregory wiederum war bereits in den<br />

1970ern beim Sextett, er ist weiterhin ein<br />

Crack am Instrument. NORTH STAR ist<br />

ein Füllhorn ausgereifter Prog-Kompositionen,<br />

sieben davon brandneu, dazu fünf<br />

Re-Recordings früherer Stücke sowie zwei<br />

Cover-Versionen. Brilliant stuff, wie der<br />

Engländer sagen würde.<br />

(Cherry Red/Rough Trade,<br />

14/76:02, 2014) mfg<br />

DARRYL WAY<br />

CHILDREN OF THE COSMOS<br />

Dass es dieses Album gibt, verwundert<br />

sehr, weil Darryl Way noch letztes Jahr<br />

im Gespräch mit <strong>GoodTimes</strong> festgestellt<br />

hatte, er sei als Geiger „einfach zu sehr im<br />

Klassikbusiness drin”, als dass er sich noch<br />

um Pop- und Rockmusik kümmern könne.<br />

Dies war für ihn auch der Grund, dass er bei<br />

der Reunion seiner früheren Band Curved<br />

Air, die gerade selbst ein neues Album am<br />

Start haben (siehe oben stehende Rezension),<br />

nicht an Bord ging. In der Tat hat der<br />

65-jährige Londoner seit über 20 Jahren mit<br />

Progressive Rock, für den seine ehemalige<br />

Band steht, nichts mehr am Hut. Und jetzt<br />

das: Ein Progalbum wie aus dem Lehrbuch,<br />

gespeist aus Folk, Klassik, spielerisch-verträumtem<br />

Pop-Rock. Dass Way weiterhin<br />

ein Meister seines Fachs auf der Violine ist,<br />

versteht sich von selbst. Nur das mit dem<br />

Singen sollte der Mann beim nächs ten Mal<br />

etwas üben ...<br />

(Cherry Red/Rough Trade, 12/56:42,<br />

2014) mfg<br />

MOEBIUS STORY<br />

LEIDECKER<br />

SNOWGHOST PIECES<br />

Auf dem Elektro-Sek<strong>to</strong>r ist schon dermaßen<br />

viel passiert, dass es kaum möglich<br />

scheint, noch Überraschendes zu entdecken.<br />

Und doch: Es geht. Dieter Moebius<br />

(Cluster) tat sich mit den Amerikanern Tim<br />

S<strong>to</strong>ry und Jon Leidecker zusammen, um<br />

mit SNOWGHOST PIECES ein Album<br />

einzuspielen, das vielen merkwürdig, manchem<br />

einzigartig und dem ein oder anderen<br />

gar beängstigend anmuten wird. Neben<br />

den Rhythmusvariationen, den sphärischen<br />

Klangwolken und den zum Teil drastischen<br />

Sounds sind es vor allem die scheinbaren<br />

Alltagsgeräusche, die einen packen. Diese<br />

klingen nämlich wie aus Küche, Bad und<br />

Keller, sind aber nie identifizierbar. Das ist<br />

gelinde gesagt – gruselig. Aber vor allem<br />

faszinierend, fesselnd und aufregend.<br />

(Bureau B/Indigo, 2014, 11/58:23) jub<br />

JERRY GARCIA /<br />

DAVID GRISMAN<br />

JERRY GARCIA /<br />

DAVID GRISMAN<br />

Jerry Garcia und<br />

David Grisman nahmen<br />

ab 1989 zahlreiche<br />

Sessions auf,<br />

bei denen Material<br />

für einige CDs entstand,<br />

das im Laufe<br />

der Neunziger veröffentlicht wurde. Das<br />

erste Album erschien 1991 und verblüffte<br />

die Fans, denn es stand im Gegensatz zu<br />

den eher kommerziellen „Versuchen” von<br />

Grateful Dead. Hier sorgen akustische Instrumente<br />

für den guten Ton, wobei Garcia<br />

Gitarre spielte und sang und Grisman ihn<br />

auf der Mandoline begleitete. Dazu noch<br />

ein dezenter Bass und geschmackvolle<br />

Perkussion, und schon darf man sich auf<br />

entspannte, aber dennoch ausdrucksstarke<br />

Musik freuen. Ein sehr ruhiges und folkloristisches<br />

“The Thrill Is Gone”, das folkige<br />

Traditional “Two Soldiers” und der Klassiker<br />

“Friend Of The Devil” bereiten auf<br />

das Glanzstück des Albums vor: Mit einer<br />

Spielzeit von über 16 Minuten zelebrieren<br />

die beiden “Arabia”, das auf einem kubanischen<br />

Folklore-Thema basiert. Exquisiter<br />

Klang – exzellente Musik – Empfehlung!<br />

(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />

1991, 9/58:30) at<br />

QUIREBOYS<br />

BLACK EYED SONS<br />

Einen Dreierpack liefern die britischen<br />

Quireboys zum 30-jährigen Bandjubiläum,<br />

und der hat es in sich! Die legitimen<br />

Nachfolger der Faces (und jungen S<strong>to</strong>nes)<br />

mit ihrem derb-rauen Hochenergie-Rock<br />

und dem reibeisenmäßig röhrenden Sänger<br />

Spike liefern zum einen zehn neue<br />

Songs ab, die schlicht gediegenen Classic<br />

Rock der britischen Spielart mit satten<br />

Riffs und unüberhörbaren Blueswurzeln<br />

präsentieren und auch ruhige wie gefühlvolle<br />

Momente integrieren. Zum anderen<br />

gibt es auf einer zweiten CD („Unplugged<br />

In Sweden”) den Mitschnitt eines akustisch<br />

gestalteten Auftritts (bei den Quireboys<br />

ja nichts Neues), bei dem Spike, Gitarrist<br />

Guy Griffin & Co. demonstrieren,<br />

Rock<br />

wie man auf- und abschwellende Konzertdynamik<br />

entwickelt – und das klanglich<br />

superb dokumentiert. Was auch für<br />

die von sieben Kameras gestaltete Optik<br />

der DVD gilt, die während der „Beautiful<br />

Curse Tour” in London mitgeschnitten<br />

wurde – und die Liveklasse der Band eindrucksvoll<br />

demonstriert. Wer’s gern ein<br />

bisschen derber hat, sollte hier zugreifen.<br />

(Off Ya Rocka/Cargo, 2014, 10/37:38,<br />

10/44:04, DVD 92 Min.) pro<br />

CITY<br />

DIE GRÖSSTEN HITS<br />

Die<br />

Ost-Berliner<br />

Band City, die gerade<br />

im Studio weilt,<br />

um mit den Kollegen<br />

von Puhdys<br />

und Karat ein gemeinsames<br />

Album<br />

aufzunehmen, hat htim<br />

Laufe ihrer bereits<br />

42-jährigen Karriere schon einige „Best-<br />

Of-Kopplungen” veröffentlicht. Und zwar<br />

so konsequent, dass in den Archiven keine<br />

seltenen oder unveröffentlichten Schmankerl<br />

mehr zu finden sind. Andererseits<br />

kommt man an einer erfolgreichen Band<br />

wie City nicht vorbei, wenn das Kultlabel<br />

Amiga zusammen mit einem Boulevardblatt<br />

im 25. Jahr des Mauerfalls die größten<br />

Hits noch einmal veröffentlichen will.<br />

Wer von City nichts bis wenig hat, kann<br />

bei dieser Kopplung bedenkenlos zugreifen.<br />

Der Sampler berücksichtigt die Hits<br />

der Siebziger wie das selbst in Griechenland<br />

vergoldete “Am Fenster” sowie der<br />

der Achtziger aus der “Casablanca”-Ära<br />

und belegt zugleich, dass City auch in den<br />

letzten 25 Jahren nicht untätig waren.<br />

(Amiga/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />

18/77:10) che<br />

GENTLE GIANT<br />

THE POWER AND THE GLORY<br />

Eine der sperrigsten Bands des Prog-Rock<br />

der 70er Jahre sind sicherlich Gentle<br />

Giant, deren Stücke komplexer als die<br />

verwandter Formationen waren und die<br />

aufgrund vieler Brüche und überraschender<br />

Wendungen geradezu ein mehrmaliges<br />

Hören verlangen, bis sich so etwas<br />

wie Eingängigkeit einstellt. Vergleichbar<br />

ist das höchstens mit Van der Graaf Genera<strong>to</strong>r.<br />

Fans haben Gentle Giant trotzdem<br />

gefunden, auch bekannte wie Ian<br />

Anderson, der erste Yes-Gitarrist Peter<br />

Banks und Steven Wilson. Letzterer,<br />

Kopf von Porcupine Tree und einer der<br />

großen Förderer des heutigen und früheren<br />

Prog-Rock, hat nun das 1974 erschienene<br />

sechste Album THE POWER AND<br />

THE GLORY komplett neu gemischt. Das<br />

schön aufbereitete Reissue liegt im Paket<br />

als CD und um Video-Animationen aufgewertete<br />

DVD vor. Dazu gibt es zwei<br />

Bonus-Tracks und mehrseitige Liner-<br />

Notes. Das Album sollte damals frisch<br />

klingen und wurde mit wenigen Takes<br />

eingespielt. Diese Spontanität lässt sich<br />

gerade im Wilson-Mix auch heute noch<br />

heraushören, allen voran die Stücke “Proclamation”<br />

und “Aspirations”, weswegen<br />

das Album nicht wenige Gentle-Giant-<br />

Fans als ihr bestes einschätzen.<br />

(Alucard/Soulfood, 1974,<br />

9/41:13, 10/46:29) an<br />

Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


CD<br />

REVIEWS<br />

ZZ TOP<br />

THE VERY BADDEST OF<br />

ZZ TOP<br />

Wer sich parallel<br />

zur aktuellen<br />

Tour<br />

durch Europa<br />

schnell noch<br />

einen Karriere-<br />

Überblick über<br />

ZZ Top verschaffen möchte, der kann<br />

dies nun wahlweise mit einer Einfach-<br />

CD mit 20 Titeln oder der Doppelausgabe<br />

mit 40 Tracks tun. THE VERY<br />

BADDEST OF ZZ TOP nennt sich<br />

dies dann, geboten wird aber genau das<br />

Gegenteil, nämlich eine Auswahl der<br />

besten Stücke, die Billy Gibbons, Dusty<br />

Hill und Frank Beard im Angebot<br />

haben. Das besteht aus Rock, Boogie<br />

und Blues, von texanisch knochentrocken<br />

bis zu herzhaftem Sou<strong>the</strong>rn Rock,<br />

Klassiker wie die unverwüstlichen “La<br />

Grange”, “Gimme All Your Lovin’”<br />

und “Sharp Dressed Man”, legendäre<br />

Songs wie “Tush”, “Legs” und “Cheap<br />

Sunglasses” sowie neuere Titel wie<br />

“Rhythmeen” und “Mescalero”. Bleibt<br />

die Einfach-CD naturgemäß bei den<br />

bekannteren Tracks, kann die Doppel-<br />

CD tiefer einsteigen, liefert mit Songs<br />

wie “Francine”, “Just Got Paid” oder<br />

“(Someone Else Been) Shaking Your<br />

Tree” hochklassigen Nachhilfeunterricht<br />

aus der frühen 70er-Zeit von ZZ<br />

Top.<br />

(Rhino/Warner, 2014, 21/69:42,<br />

19/79:52) tk<br />

ENO – HYDE<br />

HIGH LIFE<br />

Erst drei Monate ist es her, seit der<br />

Ambient-Erfinder Brian Eno mit<br />

Partner Karl Hyde, Chef der Techno-<br />

Veteranen Underworld, die Musikwelt<br />

mit dem Album SOMEDAY WORLD<br />

und dessen tanzbar-groovender Mixtur<br />

aus Electronic Pop, Afrobeats und<br />

repetitiven Rhythmusstrukturen positiv<br />

überraschte, da legen die Herren<br />

bereits einen Nachfolger vor. Die<br />

Songlängen näheren sich diesmal sogar<br />

den zehn Minuten an, so dass die<br />

Ideen manchmal auch etwas zu breit<br />

ausgewalzt werden, andererseits zieht<br />

einen ein melancholischer Song wie<br />

“Cells & Bells” durch seine hypnotischen<br />

Soundcollagen, behutsame<br />

Songentwicklung nebst reduziertem,<br />

eingängigem Duogesang durchaus<br />

in seinen Bann. Auch auf dem neuen<br />

Album finden sich wieder treibende,<br />

tanzbare Songs neben etwas introvertierten<br />

Klanglandschaften. Ambient<br />

meets World-<strong>Music</strong> meets Funk meets<br />

Techno-Pop – ein spannender Mix.<br />

(Warp Records/Rough Trade,<br />

2014, 6/43:32) rg<br />

EPITAPH<br />

THE ACOUSTIC<br />

SESSIONS<br />

Akustikplatten sind eigentlich öde.<br />

Erst recht von Bands, die unter Strom<br />

sonst mächtig hinlangen – wie Epitaph.<br />

Aber einmal mehr zeigt es sich,<br />

dass es funktionieren kann, wenn<br />

das Songmaterial stimmt. Unter anderem<br />

mit Geiger Tim Reese und<br />

Klaus Henatsch (Nektar) am Klavier<br />

verstärkt, werden Epitaph-Stücke wie<br />

“Ano<strong>the</strong>r Bloody Day”, “Ride The<br />

S<strong>to</strong>rm” oder “Ships In The Dark”<br />

zu großen Folkhymnen. Überhaupt<br />

spielt das folkloristische Element auf<br />

ACOUSTIC SESSIONS ein bedeutende<br />

Rolle – ein Faible, das Cliff<br />

Jackson (g, voc) und Bernd Kolbe<br />

(b, voc) Ende der 80er Jahre auch in<br />

ihrer Heavy-Metalband Domain immer<br />

wieder aufblitzen ließen. Bis auf<br />

Dylans “All Along The Watch<strong>to</strong>wer”<br />

(ein wenig steif inszeniert) sind alle<br />

Songs auf der Unplugged-CD echte<br />

Bringer. Und auch wenn Bernd Kolbe<br />

nicht in jeder Tonlage der Mann für<br />

leise Momente ist – die Musik geht<br />

einem direkt unter die Haut.<br />

(inakustik, 2014, 15/65:10) jub<br />

STEELY DAN<br />

GOING MOBILE – CLASSIC<br />

1974 LIVE RADIO BROAD-<br />

CAST<br />

Als der Drummer<br />

von der<br />

Toilette zurück<br />

war,<br />

konnten<br />

Steely Dan im<br />

März 1974 loslegen,<br />

wie es<br />

Walter Becker in der Begrüßungsansage<br />

der für eine Radio-Übertragung mitgeschnittenen<br />

Show in den New Yorker<br />

Record Plant Studios formulierte. Neben<br />

Becker (voc, b) und Donald Fagen<br />

(voc, p) standen u.a. Jeff Porcaro (dr),<br />

Jeff Baxter (g), Michael McDonald<br />

(keys), Denny Dias (g), Royce Jones<br />

(perc) und Jim Hodder (dr) auf der<br />

Bühne. Damals war das dritte Album<br />

PRETZEL LOGIC erschienen, klar,<br />

dass der größte Steely-Dan-Hit “Rikki<br />

Don’t Loose That Number” zu hören<br />

ist. Der Sound ist radiotypisch ziemlich<br />

komprimiert, insgesamt ordentlich.<br />

Der spezielle Reiz dieser Scheibe besteht<br />

darin, dass “This All Too Mobile<br />

Home” zu hören ist, das die Band nie<br />

im Studio aufnahm. “Your Gold Teeth<br />

II” erschien erst 1975 auf KATY LIED<br />

und ist hier mit einer langen Instrumentalexkursion<br />

zu hören. Musikalisch wie<br />

his<strong>to</strong>risch bedeutend, zumal die Band<br />

danach 20 Jahre nicht mehr live spielte.<br />

(Smokin’/inakustik, 2014,<br />

11/54:55) pro<br />

OCHRE ROOM<br />

BOX, BAR & DIAMOND<br />

Vor zwei Jahren überraschte diese<br />

finnische Band aus Tampere mit dem<br />

wunderbaren Album EVENING CO-<br />

MING IN. Ein klasse Debüt, das kaum<br />

Rückschlüsse auf die geografische<br />

Herkunft der Gruppe zuließ, denn zu<br />

hören waren feinste, subtil produzierte<br />

Americana-Klänge. Diese Linie wird<br />

nun mit BOX, BAR & DIAMOND<br />

kontinuierlich fortgesetzt und sogar<br />

noch präziser ausgefeilt, wobei leichte<br />

Brit-Pop-Anklänge und ein gewisses<br />

Quantum typisch skandinavischer Melancholie<br />

ins Spiel gebracht werden.<br />

Rock<br />

Die Vokalkünste des Multi-Instrumentalisten<br />

Lauri Myllymäki (auch<br />

Komponist fast aller Songs) und seiner<br />

an Mazzy Stars Hope Sandoval erinnernden<br />

Partnerin Minttu Tervaharju<br />

sind einfach extraordinär. Sie passen<br />

maßgeschneidert zum ausbalancierten<br />

Country-folkigen Soft Rock, der zumeist<br />

be<strong>to</strong>nt friedlich dahinfließt, gelegentlich<br />

aber auch temperamentvoller<br />

wird, vor allem, wenn Tanja Pel<strong>to</strong>nummi<br />

mit Trompete oder Flügelhorn<br />

spezielle Akzente setzt. Anspieltipps:<br />

“Less”, “Blue Devil” und “Garbage<br />

Trucks Are On The Move”.<br />

(Beste Unterhaltung, 2014,<br />

10/42:04) hjg<br />

ERIC CLAPTON<br />

JOURNEYMAN<br />

Nach<br />

dem<br />

höchst kommerziellen<br />

AUGUST,<br />

das von den<br />

alten<br />

Fans<br />

nicht<br />

angenommen<br />

wurde, löste sich Eric Clap<strong>to</strong>n<br />

auf seinem Werk aus dem Jahr<br />

1989 zumindest teilweise von Erfolgs-<br />

Bestrebungen. Zwar gab es mit “Pretending”,<br />

“Bad Love” und “No Alibis”<br />

noch Futter für die Radiosender, doch<br />

ein ordentliches “Hound Dog”, das<br />

jazzige “Hard Times” und vor allem<br />

das bluesige “Before You Accuse Me”<br />

bewiesen, dass wieder „Besserung” in<br />

Sicht war. Hier löste sich Slowhand<br />

aus den Klammern der Musikindustrie<br />

und kehrte wieder auf seinen Weg zurück,<br />

der dem Blues gewidmet war.<br />

Die aktuelle Ausgabe erscheint in einer<br />

limitierten, nummerierten Edition als<br />

24-KT-Gold-Disc (Hybrid SA-CD),<br />

wurde von Russ Titelman remastert<br />

und klingt gegenüber der normalen CD<br />

wärmer und nicht mehr so den Achtzigern<br />

verhaftet.<br />

(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />

1989, 12/57:01) at<br />

CLIFFSIGHT<br />

KOKORO<br />

Es geht los im brachialen Klangbild,<br />

das einst Led Zeppelins “Dazed And<br />

Confused” prägte. Wechselt nach einer<br />

Minute zum Blues, der dank Tim<br />

Cammerzells Vocals einem Chris<br />

Isaak gut zu Gesicht stände. Weitere<br />

60 Sekunden drauf sind die Hanauer<br />

Prog-Puzzler im Opener ihres Zweitlings<br />

KOKORO, “Last Affection”,<br />

ganz bei sich – irre, wie sie auf einem<br />

hypnotischen Riff reiten, das Headbanger<br />

auf den Plan ruft, ohne im<br />

Sessel zu langweilen. “When The<br />

Sun Goes Down” atmet zwischen<br />

Anmut und Angriff einen Hauch von<br />

Robin Trower. Die Band kommt für<br />

ihre psychedelischen Klangreisen per<br />

Kompaktsongs mit zwei (perfekt verwobenen)<br />

Gitarren, Bass und Schlagzeug<br />

aus, statt das Instrumentarium<br />

zwanghaft zu erweitern. Während<br />

Drummer ihre Snares oft fett komprimieren,<br />

kontrastiert Adrian Schein<br />

seine zentrale Trommel Trademark-<br />

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<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 35


REVI<br />

CD<br />

REVIEWS<br />

Rock<br />

setzend scharf gestimmt zur übrigen organisch<br />

gewitterhaften Drum & Percussion-<br />

Basis. Nektar-Maler Helmut Wenskes<br />

Cover „Schönes Kind badet in Lava mit<br />

Riesen<strong>to</strong>tenschädel” wirkt besonders auf<br />

der Vinylausgabe.<br />

(Unknown Records/Long Hair <strong>Music</strong>,<br />

2014, 9/45:47) utw<br />

THE WALKABOUTS<br />

DEVIL’S ROAD / NIGHTTOWN<br />

Die<br />

Walkabouts<br />

dürften viele unbewusst<br />

schon mal<br />

wahrgenommen, ist<br />

es doch ihr Song<br />

“Devil In Details”,<br />

der jahrelang die<br />

Fernsehwerbung von Jack Wolfskin zierte.<br />

Die Band aus Seattle um Chris Eckman<br />

und Carla Torgerson gibt es schon seit<br />

1984, sie war zwischenzeitlich gar beim<br />

Grunge-Label Sub Pop untergebracht,<br />

ohne der Richtung jedoch nur im Entferntesten<br />

anzugehören. Ein erster wirklicher<br />

Erfolg kam aber 1996 mit DEVIL’S<br />

ROAD, das mit “The Light Will Stay On”<br />

einen kleinen Radiohit ent hielt. Das 1997<br />

folgende NIGHTTOWN schwamm auf<br />

der gleichen Welle, zumal beide Alben<br />

opulent und orchestral produziert werden<br />

konnten – die Band stand zu der Zeit beim<br />

Major-Label Virgin unter Vertrag. Beide<br />

kennzeichnet die abwechslungsreiche Mischung<br />

aus Balladen und Rocknummern,<br />

der Wechsel von laut und leise – alles auf<br />

hohem Niveau. Das erinnert zuweilen an<br />

Nick Cave & The Bad Seeds, mit dem man<br />

sich den Produzenten teilte, die Go-Betweens<br />

und an zahlreiche andere Americana-Bands,<br />

die heute gerade im Umfeld des<br />

Glitterhouse-Labels ihre Heimat haben.<br />

Dieses ist nun auch für die Wiederveröffentlichung<br />

der beiden Meisterwerke des<br />

Alternative Country verantwortlich, die<br />

jeweils um Bonus-Tracks auf einer separaten<br />

CD erweitert wurden.<br />

(Glitterhouse/Indigo, 1996, 11/57:16,<br />

5/24:51 + 12/61:04, 5/23:44) an<br />

JOE HENRY<br />

INVISIBLE HOUR<br />

Der US-Liedermacher Joe Henry, dreifacher<br />

Grammy-Gewinner und Schwager<br />

von Madonna, komponierte einst für sie<br />

den Top-Hit “Don’t Go”. Von einem derartigen<br />

Chartsstürmer ist auf seinem 13.<br />

Studio-Album freilich nichts zu hören. Im<br />

Gegenteil, Henrys Musik ist fernab jeglichen<br />

Mainstreams angesiedelt und über<br />

weite Strecken auch relativ anstrengend zu<br />

hören. Thema des Albums sind nach seiner<br />

Verlautbarung Liebe und Heirat, aber für<br />

die romantischen, durchweg lyrisch anspruchsvollen<br />

Texte reichen schulenglische<br />

Kenntnisse nicht so recht aus, und einige<br />

der ohne größere Begleitband realisierten,<br />

akustisch-frugal arrangierten Songs swingen<br />

auch nicht auf Anhieb. Viel zugänglicher<br />

sind Lieder wie “Swayed”, “Every<br />

Sorrow”, “Lead On Me” oder “Slide” bei<br />

denen Spitzenkräfte wie Greg Leisz (g),<br />

Jennifer Condos (b), Jay Bellerose (dr) und<br />

Henrys Sohn Levon (Holzblasinstrumente)<br />

ihr Können subtil ausbreiten, ohne in Angeberposen<br />

zu verfallen.<br />

(edel, 2014, 11/60:22)<br />

hjg<br />

YES<br />

HEAVEN & EARTH<br />

Keine Ahnung, warum Gitarrist Steve<br />

Howe sich unbedingt auf seine Arbeit bei<br />

Yes konzentrieren wollte und dafür Asia<br />

verließ. Stimmungsmäßig bewegen sich<br />

beide Bands mittlerweile auf einem Level<br />

– nämlich im soften, leicht banalen Rock-<br />

Popbereich. Den Unterschied macht die<br />

Qualität der Songs. Während man Asia<br />

ein gewisses Händchen für schwelgerische<br />

Töne zugestehen kann, ist das auf HEA-<br />

VEN & EARTH von Yes meist nur langweiliges<br />

Gedöns. Selbst, wenn die Band<br />

leicht progressiv wird wie in “Light Of<br />

The Ages”, bleibt der Eindruck, Yes habe<br />

es diesmal einfach an guten Ideen gemangelt.<br />

Lediglich “Subway Walls” lässt ein<br />

wenig die Genialität alter Zeiten aufblitzen.<br />

Interessant zu erwähnen, dass Sänger Jon<br />

Davison nach Original-Frontmann Jon Anderson<br />

klingt.<br />

(Frontiers, 2014, 8/51:29)<br />

jub<br />

KISS<br />

40<br />

40 Jahre Kiss,<br />

das bedeutet eine<br />

schier unglaubliche<br />

Berg- und Talfahrt<br />

durch vier Dekaden<br />

Rock’n’Roll. 1973<br />

nahm sie Neil Bogart<br />

als l erste t Band d für sein i Label Casablanca<br />

Records von der Bühne weg unter Vertrag,<br />

1974 erschien ihr Debüt KISS. Unaufhaltsam<br />

rockten sich Gene Simmons, Paul<br />

Stanley, Peter Criss und Paul Frehley bis an<br />

die Spitze der amerikanischen Rockbands,<br />

nur um schon 1978 – als jedes der vier<br />

Bandmitglieder ein Solo-Album veröffentlichte<br />

– die erste handfeste Krise zu erleben.<br />

Ausstiege, Umbesetzungen, gegenseitige<br />

Schuldzuweisungen und Trennung vom<br />

Management gingen Hand in Hand mit<br />

gigantischen Tourneen, riesigen Plattenverkäufen<br />

und der ersten Demaskierung ihrer<br />

geschminkten Gesichter Anfang der 80er<br />

Jahre. Mitte der 90er Jahre dann MTV Unplugged,<br />

kurz darauf wurden die Masken<br />

– gleichzeitig mit dem Wiederauferstehen<br />

der Ur-Besetzung – wieder aufgelegt, ein<br />

dauerndes Auf und Ab. Auf 40 bekommt<br />

man von den Krisen der Band wenig mit,<br />

hier regieren die Highlights, chronologisch<br />

führt dieses Doppelalbum durch den bisherigen<br />

Kiss-Rockkosmos, jeweils ein Track<br />

aus den wichtigsten Alben jeder Ära ist dabei,<br />

dazu noch Songs ihrer Solowerke (u.a.<br />

Frehleys “New York Groove”) sowie mit<br />

“Reputation” ein bisher unveröffentlichtes<br />

1977er Demo.<br />

(Universal <strong>Music</strong>, 2014,<br />

22/76:34, 18/74:57) tk<br />

ELLIS<br />

RIDING ON THE CREST OF A<br />

SLUMP<br />

Roger Daltrey produzierte 1972 das Debütalbum,<br />

das Sänger Steve Ellis nach seinem<br />

Abschied von Love Affair mit seiner neuen<br />

Band einspielte. Die hatte er mit Zoot<br />

Money (keys) und Jim Lever<strong>to</strong>n (b, Ex-<br />

Fat Mattress) gegründet, und sie firmierte<br />

unter seinem Namen. Die Combo um den<br />

raspelig röhrenden Frontmann verstand es,<br />

hart in typisch britischer Manier zu rocken<br />

(samt Blues- und Country-Anleihen), aber<br />

auch herzerweichende Balladentöne (“El<br />

Doomo”) anzuschlagen. Und natürlich<br />

durften bei Money jazzige Untertöne nicht<br />

fehlen. Remastert (mit informativen Liner-<br />

Notes, aber ohne Bonus-Material) gibt es<br />

das insgesamt recht gelungene RIDING ...<br />

jetzt wieder, obwohl es damals kaum Spuren<br />

hinterließ. Aber auch allein schon wegen<br />

der Gäste Maggie Bell, Mick Weaver<br />

oder Colin Allen und Gary Farr sollte man<br />

reinhören.<br />

(Esoteric/Rough Trade, 1972, 9/38:29) pro<br />

BERNIE MARSDEN<br />

SHINE<br />

„Für mich ist es<br />

moderner Classic<br />

Rock”, wird Bernie<br />

Marsden im Release-<br />

Info zitiert und liegt<br />

damit sicherlich nicht<br />

falsch,<br />

wenngleich<br />

man einigen i i Songs genauso gut den Genrestempel<br />

Blues-Rock aufdrücken könnte<br />

und er sich hier überhaupt stilistisch recht<br />

vielseitig zeigt. Zur Seite standen dem<br />

63-jährigen Gitarristen, Sänger und Songschreiber<br />

dabei im Studio diverse namhafte<br />

Kollegen, so etwa Whitesnake-Frontmann<br />

David Coverdale, Ex-Gallagher-Sideman<br />

Mark Feltham sowie Deep-Purple-Drummer<br />

Ian Paice und Jon-Lord-Nachfolger<br />

Don Airey, und beim druckvoll treibenden<br />

Titelsong kam Labelkollege Joe Bonamassa<br />

als zweiter Gitarrist zum Zuge. Dass<br />

Marsden auch leisere Töne kann, machen<br />

daneben Songs wie das Fleetwood-Mac-<br />

Cover ”Dragonfly” oder das abschließende<br />

Instrumental ”N.W.8” deutlich.<br />

(Provogue/Rough Trade, 2014,<br />

13/57:01) ms<br />

CAMPER VAN BEETHOVEN<br />

EL CAMINO REAL<br />

Aus der kalifornischen Hardcore-Punkszene<br />

der frühen 80er Jahre entwickelte sich<br />

mit Camper Van Beethoven eine der erfolgreichsten<br />

amerikanischen Indie-Bands, vor<br />

allem ihre Fähigkeit zu Ironie und schrägen<br />

Humor, mit dem sie ihren Mix aus Pop,<br />

Punk, Folk und Country immer wieder anreichern,<br />

ist legendär. Nach einigen Pausen<br />

und Soloprojekten ist die Band nun seit<br />

rund zehn Jahren wieder zusammen, nach<br />

ihrem 2013er LA COSTA PERDIDIA, das<br />

sich (<strong>the</strong>matisch) um das nördliche Kalifornien<br />

kümmerte, haben sie sich mit EL<br />

CAMINO REAL nun den südlichsten Zipfel<br />

ihres Heimatstaates ausgesucht. Doch<br />

wer dabei mit mexikanisch geprägten Canciones<br />

oder gar Mariachi-Trompeten und<br />

Geigen rechnet, ist auf der falschen Fährte.<br />

Denn musikalisch haben sie ihren Stil im<br />

Vergleich zum Vorgänger nicht geändert,<br />

immer noch dominiert fantasievoller Indie-<br />

Rock, der sich seine Farbtupfer zwar aus<br />

aller Welt zusammenholt, aber immer noch<br />

fest im Americana-Land verankert ist.<br />

(429 Records/H’Art, 2014, 11/39:53) us<br />

THE OHIO EXPRESS<br />

BEG, BORROW & STEAL<br />

Bevor The Ohio Express 1968 mit dem<br />

Bubblegum-Pop-Rockhit “Yummy Yummy<br />

Yummy” zu Weltruhm kamen, hatte die<br />

Gruppe um den singenden Gitarristen Dale<br />

Powers schon eine deutlich andere Vergangenheit<br />

vorzuweisen. Man orientierte sich an<br />

den Beatles und Byrds und sogar an Soulacts<br />

wie Wilson Pickett. Irgendwie fiel die Band<br />

1967 dem New Yorker Musikunternehmen<br />

Super K (Jeff Katz & Jerry Kasenetz) in die<br />

Hände, als Musiker für eine Neuaufnahme<br />

des Songs “Beg, Borrow & Steal” – klingt<br />

wie “Louie Louie” mit anderem Text – gesucht<br />

wurden (zuvor erfolglos eingespielt<br />

von The Rare Breed). Die vorliegende CD<br />

enthält das 1967 zusammengebastelte Debüt<br />

mit “Soul Struttin’”, “Try It” (der Garagenkracher<br />

der Standells!) und “I Know We’ll<br />

Be Toge<strong>the</strong>r” als Höhepunkten. Aus nie geklärten<br />

Gründen packte Super K mit “And<br />

It’s True” und “I Find I Think Of You” auch<br />

zwei Songs der Gruppe The Measles (mit<br />

dem jungen Joe Walsh an der Gitarre!) drauf,<br />

und auch The Rare Breed sind vertreten.<br />

Sechs Bonus-Tracks, darunter zwei unveröffentlichte,<br />

von denen das dylaneske “Life Is<br />

A Mystery” der bessere ist.<br />

(Real Gone <strong>Music</strong>/H’Art, 2014,<br />

17/44:00) hjg<br />

VANILLA FUDGE<br />

THE COMPLETE ATCO<br />

SINGLES<br />

Ihr erster Hit war<br />

zugleich ihr größter:<br />

die durch das Arrangement<br />

der New<br />

Yorker Psychedelic-<br />

Rocker nachgerade<br />

zum neuen Song<br />

mutierte Version der Holland-Dozier-Holland-Komposition<br />

”You Keep Me Hangin’<br />

On”, mit der die Supremes 1966 ihre achte<br />

Nummer Eins hatten landen können. Neben<br />

besagtem Titel enthält die Compilation<br />

alle weiteren A- wie B-Seiten, die das<br />

Quartett zwischen 1967 und 1970 auf dem<br />

Atlantic-Sublabel Atco herausbrachte, plus<br />

jene Single, die aus der Reunion der Band<br />

Anfang der 80er Jahre resultierte, sowie als<br />

Bonus ein „DJ Promo Edit” des Lee-Hazlewood-Covers<br />

”Some Velvet Morning”.<br />

Dazu gibt es im zwölfseitigen Booklet neben<br />

Infos zur Bandgeschichte erläuternde<br />

Statements zu sämtlichen Songs aus der<br />

Feder der Gründungsmitglieder Carmen<br />

Appice, Vince Martell und Mark Stein.<br />

(Real Gone <strong>Music</strong>/H’Art,<br />

2014, 19/69:44) ms<br />

CHICAGO<br />

NOW – CHICAGO XXXVI<br />

In den USA sind sie ein unerschütterliches<br />

Monument. Weshalb das 36. Album (das<br />

erste mit Eigenmaterial seit acht Jahren)<br />

dort Euphorie auslösen dürfte. Und das<br />

nicht nur wegen des Fakts, überhaupt erschienen<br />

zu sein. Vielmehr ist NOW ein<br />

qualitatives Schwergewicht, das einen<br />

umhaut. Man möchte den Atem anhalten,<br />

wenn beim Opener und Titelsong die<br />

Bläsersektion einsetzt: welche Brillanz im<br />

Arrangement, welch wunderbare Melodie.<br />

Und so geht das weiter – ohne Ausfall!<br />

Funk und Jazz-Rock sind die Basis von<br />

NOW, als steckten wir gerade mitten in den<br />

70ern. Natürlich gibt es auch kleine Zugeständnisse<br />

an den Zeitgeist (die syn<strong>the</strong>tischen<br />

Grooves in “Something’s Coming,<br />

I Know” oder orientalische Elemente in<br />

“Naked In The Garden Of Allah”), das sind<br />

Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


EWS<br />

CD<br />

REVIEWS<br />

aber Kleinigkeiten, die bereichernd wirken,<br />

statt zu stören.<br />

(Frontiers/Soulfood, 2014, 11/50:23) jub<br />

R.E.M.<br />

UNPLUGGED:<br />

THE COMPLETE 1991 AND<br />

2001 SESSIONS<br />

Zweimal<br />

waren<br />

R.E.M. Gäste bei<br />

MTV Unplugged.<br />

Einmal 1991, als<br />

die Band aus Atlanta<br />

mit OUT OF<br />

TIME zum ersten<br />

Mal an der US-Album-Spitze vertreten<br />

war, und dann noch mal 2001 zu Zeiten von<br />

REVEAL. Die beiden Performances waren<br />

bislang nie offiziell verfügbar gewesen,<br />

umso schöner, dass es sie nun endlich als<br />

Doppel-CD gibt. Was besonders erfreut – es<br />

sind sogar elf Songs darunter, die nie gesendet<br />

wurden. Die erste Unplugged-Ses sion<br />

umfasst einerseits die Hits von OUT OF<br />

TIME wie “Losing My Religion”, “Low”<br />

und “Radio Song”, andererseits Klassiker<br />

der früheren Alben wie “It’s End Of The<br />

World As We Know It” und “Swan Swan<br />

H” und sogar mit “Love Is All Around” ein<br />

Cover der Troggs. Die Mischung aus alten<br />

und neuen Stücken griffen die zum Trio geschrumpften<br />

R.E.M. auch 2001 auf. Doch<br />

bis auf einen Song spielte die um Gastmusiker<br />

erweiterte Formation ein gänzlich<br />

anderes Set. Die einzelnen Stücke der Unplugged-Gigs<br />

sind bis auf Ausnahmen wie<br />

“The One I Love” recht nah am Original<br />

vorgetragen, aber warum auch nicht! Wer<br />

so viele <strong>to</strong>lle Songs in der leider zu Ende<br />

gegangenen Karriere aus dem Ärmel gezaubert<br />

hat, hat einfach Recht.<br />

(Rhino/Warner, 2014,<br />

17/63:01, 16/66:45) an<br />

THE HUMAN BEINZ /<br />

THE MAMMALS<br />

NOBODY BUT ME<br />

Als The Human Beinz Anfang 1968 mit<br />

“Nobody But Me” Platz acht der US-Charts<br />

erklommen und damit in den Club der One-<br />

Hit-Wonders aufgenommen wurden, waren<br />

sie eine fähige Halbwegs-Allround-Rockband<br />

mit großem Potenzial, fasziniert von<br />

britischen Vorbildern und offen für soulige<br />

Einflüsse. Nicht umsonst stammt ihr Smash-<br />

Hit aus der Schmiede der Isley Bro <strong>the</strong>rs.<br />

Bevor es jedoch soweit kam, hatten sie eine<br />

durchaus interessante Vergangenheit als<br />

typische Garagen-Rocker hinter sich. Das –<br />

nach der 1999er CD auf Get Back – erneut<br />

vorliegende Werk ist ein (halbes) Album,<br />

das sie sich mit The Mammals teilten, einer<br />

stilistisch ähnlichen Gruppe, die natürlich<br />

nicht identisch ist mit der aktuellen New<br />

Yorker Folk-Rockband. The Human Beinz<br />

stellen hier kräftig garagige Fassungen von<br />

“The Pied Piper”, “Gloria”, “My Generation”<br />

und “The Times They Are A Changing”<br />

vor – und eine frühe Version ihres Hits. Sehr<br />

hörenswert für Fans, die auch die CD GA-<br />

RAGE DAYS VOLUME 1 (Fuel Records,<br />

2011) im Regal haben. The Mammals halten<br />

mit “S<strong>to</strong>p In The Name Of Love”, “Up-<br />

Tight” und “Hold On, I’m Coming” einigermaßen<br />

mit.<br />

(Rockbeat/Import, 1967/2014,<br />

11/28:37) hjg<br />

TIM BOWNESS<br />

ABANDONED DANCEHALL<br />

DREAMS<br />

Aktuell spielt er bei Henry Fool und Memories<br />

Of Machines, mit Steven Wilson betreibt<br />

er das Bandprojekt No-Man, dazu hat<br />

der Brite Tim Bowness schon mit Musikern<br />

wie Robert Fripp, Phil Manzanera (Roxy<br />

<strong>Music</strong>), Richard Barbieri (Porcupine Tree,<br />

Japan) und Hugh Hopper (Soft Machine)<br />

zusammengearbeitet. Mit der italienischen<br />

Popsängerin Alice oder der britischen Folksängerin<br />

Judy Dyble war er auch schon<br />

außerhalb des Prog-Rock erfolgreich. Kein<br />

Wunder, dass man sein zweites Solo-Album<br />

ABANDONED DANCEHALL DREAMS<br />

nur schwer in eine feste Kategorie einordnen<br />

kann. Cineastische Melodien mäandern<br />

vor sich hin, getragener Gesang, zurückgenommene<br />

Shoegaze-Gitarren, ab und an<br />

ein paar fette Heavyriffs: Bowness kommt<br />

mit überraschend wenig instrumentalem<br />

Bombast aus, und dennoch gelingt es ihm,<br />

immer wieder die Stimmung zu wechseln;<br />

er lässt hier einen vielstimmigen Chor das<br />

Thema übernehmen, dort ein fast jazziges<br />

Zwischenspiel aus Flöten einfließen, kann<br />

sich immer wieder auf die genialen Streicherarrangements<br />

von Andrew Keeling<br />

verlassen. Herrliche Musik an der Nahtstelle<br />

zwischen Dream-Pop und Prog-Rock.<br />

(InsideOut/Universal, 2014, 8/44:11) us<br />

TED NUGENT<br />

SHUTUP & JAM!<br />

Von<br />

Experimenten<br />

hält Mister Nugent<br />

nichts – und genau<br />

deshalb sind die<br />

mit fast identischen<br />

Covergestaltungen<br />

ausgerüsteten Alben<br />

des sympathischen Lausbuben in<br />

der Hülle eines gestandenen Mannes<br />

ausnahmslos so gut. Auch auf SHUTUP<br />

& JAM! serviert Ted Nugent wie eh und<br />

je entfesselten Hard Rock, der vor guter<br />

Laune und Lebensfreude sprüht. Mädels,<br />

Party und Amerika sind auch diesmal seine<br />

wichtigsten Themen, denen er selbst<br />

nach über 40 Jahren noch neue Facetten<br />

abzugewinnen weiß (“She’s Gone” – inklusive<br />

Sammy Hagar, “I Love My Bbq”).<br />

In dem Instrumental “Throttledown” beweist<br />

der 65-jährige Gitarrist, dass er<br />

immer noch zu den Flitzefingern gehört,<br />

wobei das Saitenspiel des Amis auf dem<br />

Album streckenweise so abgefahren ist,<br />

dass es einem ein Grinsen ins Gesicht<br />

malt. Und bei “Never S<strong>to</strong>p Believing”<br />

konnte sich Nugent nicht zwischen einer<br />

bluesigen Ballade und einer treibenden<br />

Rock-Radioversion entscheiden, weshalb<br />

es den Song zweimal gibt. Beide Varianten<br />

sind klasse.<br />

(Frontiers/Soulfood, 2014, 12/46:55) jub<br />

STYX<br />

PARADISE THEATER<br />

Styx’ Konzeptalbum aus dem Jahr 1981<br />

drehte sich um das Paradise Theater in<br />

Chicago und erzählte die Geschichte des<br />

Veranstaltungsorts. Trotz der komplexen<br />

Thematik erreichte die Scheibe den ersten<br />

Platz der Billboard-Charts, was auch<br />

an der eingängigen Melodik liegen mag.<br />

Packender Mainstream-Rock (“Rockin’<br />

Rock<br />

The Paradise”), eine idyllische Ballade<br />

mit Rockelementen und gleichzeitig ein<br />

Riesenhit (“The Best Of Times”), aber<br />

auch Progressive mit einem dominanten<br />

Synthie (“Lonely People”) bestimmten<br />

das Geschehen. Witzige Randnotiz: Der<br />

Anti-Drogensong “Snowblind” wurde<br />

von Tipper Gore (die Frau von Al Gore,<br />

die in den Siebzigern angeblich ein heißes<br />

Leben in diversen Kommunen führte) wegen<br />

angeblicher satanistischer Referenzen<br />

(Rückwärtsspuren) angegriffen! Die Edition<br />

erscheint in einer limitierten, nummerierten<br />

Edition als 24-KT-Gold-Disc (Hybrid<br />

SA-CD). Sie wurde von Kevin Gray<br />

remastert und klingt allgemein angenehm<br />

ausgewogen, abgesehen von einem leichten<br />

Höhenanteil.<br />

(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1981,<br />

12/33:45) at<br />

TOM TIME<br />

THE TIDE IS TURNING<br />

Kerniger<br />

Gitarrensound,<br />

kraftvolle<br />

Stimme, dazu Songs<br />

mit den richtigen<br />

Themen<br />

(“Beefsteak,<br />

Football &<br />

Beer”), Tom Time<br />

liefert mit THE TIDE<br />

IS TURNING den<br />

richtigen Soundtrack für schwülwarme<br />

Sommernächte. Als Thomas Krüger<br />

kennt man den Gitarristen und Sänger<br />

in der Musikszene Ostwestfalens, mit<br />

der Cover-Band Time Out ist er dort seit<br />

Jahren eine feste Größe. Doch immer nur<br />

covern, das macht die wenigsten Musiker<br />

auf Dauer glücklich, und so hat Tom Time<br />

nun mit THE TIDE IS TURNING ein<br />

Album voller eigener Songs aufgenommen.<br />

Und ebenso wie sein erstes Werk<br />

mit dem programmatischen Titel GOOD<br />

TIMES (siehe GT 4/2013) liefert auch<br />

der Nachfolger lässige Rockmusik, die<br />

zwischen treibenden Blues-Krachern und<br />

Laid-Back-Pub-Rock pendelt, dazu noch<br />

perfekt klingend produziert, ein Album,<br />

das definitiv Laune macht.<br />

(Euphony <strong>Music</strong>/Record Jet, 2014,<br />

12/48:29) tk<br />

JACK WHITE<br />

LAZARETTO<br />

Was Jack White, früherer Frontmann der<br />

White Stripes, derzeit auch anfasst, es<br />

wird zu Gold. Sein eigenes Label Third<br />

Man Records wurde innerhalb weniger<br />

Jahre zu einem der führenden der<br />

Schallplattenindus trie, und sein zweites,<br />

Anfang Juni erschienenes Solo-Album<br />

LAZARETTO erklomm wie das Solodebüt<br />

BLUNDERBUSS (2012) innerhalb<br />

kurzer Zeit die Spitzenposition der US-<br />

Album-Charts. Nicht schlecht für einen,<br />

dessen Musik nur wenig mit dem sonst<br />

üblichen Radio-Mainstream zu tun hat.<br />

Wie auf dem Vorgängerwerk sprengt<br />

White äußerst gekonnt Genregrenzen und<br />

vermengt scheinbar nicht zusammengehörende<br />

Stile: Da trifft die Gitarrenwucht von<br />

Rage Against The Machine auf den 70er-<br />

Blues-Rock der S<strong>to</strong>nes, es vermischen sich<br />

Americana-Sounds mit rumpelndem Led-<br />

Zeppelin-Beat und Soundexperimenten<br />

à la Ennio Morricone. Am schönsten ist<br />

das bei „Would You Fight For My Love?”<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 37


CD<br />

REVIEWS<br />

realisiert, das alle Elemente auf rund drei<br />

Minuten vereint und der Höhepunkt eines<br />

der besten Alben des Jahres ist.<br />

(Third Man Recordings/<br />

XL Recordings/Indigo 2014, 11/39:21) an<br />

ELVIS PRESLEY<br />

ELVIS SINGS ...<br />

Elvis Presley hat<br />

schon zu Beginn der mal <strong>to</strong>ppen.<br />

Karriere Material (Angel Air/Fenn, 2014, 15/56:48) utw<br />

seiner Zeitgenossen<br />

in seinem Sound arrangiert<br />

und in das<br />

Reper<strong>to</strong>ire eingebaut.<br />

Das führte oft zu recht unterschiedlichen Interpretationen,<br />

die aber immer viel Respekt<br />

gegenüber den Originalen ausdrückten. Ob<br />

EMERSON, LAKE &<br />

PALMER<br />

BRAIN SALAD SURGERY<br />

Der kürzlich vers<strong>to</strong>rbene<br />

HR Giger bleibt<br />

allein schon durch<br />

schnellere Titel (“Sweet Caroline”, “Proud<br />

Mary”), hervorragende Balladen (“Some-<br />

das<br />

Cover<br />

Totenschädelunsterblichthing”,<br />

“I’m So Lonesome”) oder unerwartetes<br />

Material, das einerseits den Bezug zum<br />

Blues herstellt (“Got My Mojo Working/<br />

Keep Your Hands Off Of It”) und auch belegt,<br />

dass der King aktuelle Strömungen verfolgte<br />

(Dylans “Tomorrow Is A Long Time”),<br />

ergänzen sich zu einem faszinierenden Werk,<br />

das besonders in dieser Zusammenstellung<br />

beeindruckt. Die CD erscheint in einem Papersleeve<br />

mit einem zwölfseitigen Booklet,<br />

in dem sich knappe Hintergrundinformationen<br />

zu den Titel finden.<br />

das er einst für ELPs<br />

Meisterwerk BRAIN<br />

SALAD<br />

SURGERY<br />

geschaffen hatte.<br />

Das hat jetzt zum 41. „Geburtstag” eine<br />

Frischenzellenkur erhalten: Das Original<br />

wurde klanglich kräftig aufgemotzt und als<br />

Box im LP-Format durch zwei Bonus-CDs,<br />

zwei DVDs (Audioversion plus „Manticore<br />

Special Documentary”), eine Vinylscheibe<br />

und geradezu bombastische Liner-Notes<br />

ergänzt. Die neue Stereo-Abmischung ist<br />

– wie in solchen Fällen meist – reine Geschmacksache,<br />

(Sony <strong>Music</strong>, 2014, 23/77:26) fl<br />

die 13 Songs der ALTER-<br />

NATE-CD (andere Mixe, Fassungen, Single-B-Seiten,<br />

SIX<br />

„NME”-Flexi-Disc-Version)<br />

GEBRANNTE KINDER<br />

Neben Keimzeit sind Six die beliebteste<br />

Band im Bundesland Brandenburg. Dort<br />

sind sie regelrecht ein Phänomen, denn<br />

während man das Quintett in anderen<br />

Ecken des Landes überhaupt noch nicht<br />

wahrgenommen hat, pilgern in der Region<br />

um Berlin Tausende zu ihren Konzerten.<br />

Die Anfänge von Six reichen 22 Jahre<br />

zurück. Damals waren die Brandenburger<br />

eine reine Cover-Band, seit einigen<br />

Jahren steht der Fünfer für eigenen, gut<br />

gemachten Deutsch-Rock. Das brachte<br />

ihnen Deals mit Universal und Fame<br />

ein, doch mittlerweile besinnen sich Six<br />

für Hardcore-Fans unerlässlich. Für den<br />

Rezensenten hat sich die Klangbearbeitung<br />

gelohnt, auch weil Keith Emersons Tasteninstrumente<br />

nicht mehr so schrill in die<br />

Ohren jagen, sondern sich besser einbetten,<br />

was zu einem „runderen” und harmonischeren<br />

Gesamtsound führt. Musikalisch kann<br />

man an einem der Prog-Meisterwerke mit<br />

der mehrteiligen Suite “Karn Evil 9” samt<br />

mehreren „Impressions” ohnehin nichts<br />

aussetzen, auch daran, wie das Trio Klassik<br />

aufgriff, bearbeitete, in die U-Musik integrierte<br />

mit Elementen aus Rock, Psychedelic<br />

und selbst Jazz verschmolz.<br />

(Sony <strong>Music</strong>, 1973, 8/44:52,<br />

auf die eigenen Kräfte. So erscheint GE-<br />

BRANNTE KINDER denn auch auf eigenem<br />

Label. Die zwölf Songs überzeugen<br />

auf ganzer Linie, meist sehr eingängig,<br />

manchmal balladesk, versehen mit nachvollziehbaren<br />

Lyrics. Vielleicht weniger<br />

für Fans von Clueso und Bosse geeignet,<br />

dafür aber für die von Niedecken, Westernhagen<br />

und Silly.<br />

13/72:38, 8/44:55, Vinyl 8 Tracks) pro<br />

(2 Krieger <strong>Music</strong>, 2014, 12/45:22) che<br />

MEANIES<br />

COVER THEIR TRACKS<br />

Der Albumtitel täuscht: Wieso sollten diese<br />

Briten ihre Spuren verwischen? Die<br />

Stimme James Warrens kennen viele noch<br />

von seinem Korgis-Kracher “Everybody’s<br />

Got To Learn Sometime” – neue Version<br />

enthalten – und brillierte bei Stackridge;<br />

Andy Marsden besinnt sich seiner Jahre<br />

bei Tears For Fears, wie “Everybody<br />

Wants To Rule The World” hier beweist.<br />

Anstatt zu referieren, warum ein Dutzend<br />

neuer Songs die Offenbarung sind, haben<br />

die beiden mit John Baker, Glenn Tommey<br />

und Marty Sheppard 15 Mal Riesenspaß<br />

beim Neueinspielen bewährten Weltreper<strong>to</strong>ires<br />

im sanften Sixties-Harmonie-Sound,<br />

bei dem neben instrumentaler Finesse immenser<br />

Wert auf mehrstimmigen Gesang<br />

gelegt wurde: “How Long” von Ace, den<br />

Doobies-Evergreen “Listen To The <strong>Music</strong>”<br />

– oder “December 1963” und “Who Loves<br />

You” von den durch das Londoner <strong>Music</strong>al<br />

„Jersey Boys” wieder populären Four Seasons,<br />

müsste man komposi<strong>to</strong>risch auch erst<br />

HENDRIX ACKLE<br />

LOGBOOK<br />

Vor rund 20 Jahren taten sich der Schweizer<br />

Liedermacher Hendrix Ackle (Gesang<br />

& Piano) und der amerikanische Bassist<br />

Richard Cousins (Ex-Robert Cray Band)<br />

zur funkigen Band Hendrix Cousins zusammen,<br />

die zwar keine tiefen Spuren hinterließ,<br />

aber um die Jahrtausendwende immerhin<br />

zwei brauchbare Alben. Und auch<br />

danach hielt Ackle sein unbestreitbares<br />

Tastentalent und seine abgeklärte Bari<strong>to</strong>nstimme<br />

in Form, aber erst jetzt gibt’s sein<br />

erstes, von jeglichem Mainstream gehörig<br />

entferntes Solo-Album LOGBOOK. Völlig<br />

zutreffend schrieb die „Basler Zeitung” :<br />

„Hendrix singt als Crooner, als Schmeichler,<br />

als Grübler, als Zweifler, den manchmal<br />

das heulende Elend packt” seinen Liederzyklus<br />

über die Liebe. Er klingt dabei wie<br />

eine Mixtur aus El<strong>to</strong>n John und Dr. John,<br />

was einem Alleinstellungsmerkmal gleichkommt.<br />

Die Musik dazu ist von erlesener<br />

Akkuratesse, bis ins Kleinste durchdacht<br />

und zugleich harmonisch und geheimnisvoll<br />

schimmernd. Zwei Details stechen<br />

dabei hervor: die einsam perlenden Klavierläufe<br />

und der kräftig, aber nicht vulgär<br />

nach vorn gemixte Jazzbass. Eine Platte,<br />

die nicht leicht zu hören ist, sich aber garantiert<br />

lohnt.<br />

(Ten Thousand Thundering Typhoons<br />

Recordings/Broken Silence, 2014,<br />

12/61:31) hjg<br />

PAUL WELLER<br />

MORE MODERN CLASSICS<br />

„Ist das wirklich schon wieder 15 Jahre<br />

her? Meine Güte, das ging aber fix!” Paul<br />

Weller lässt sich nicht verbiegen, bleibt<br />

sich durch die Jahrzente treu, ohne auf der<br />

Stelle zu stehen, überrascht seit beinahe 40<br />

Jahren immer wieder und begeistert Kritiker<br />

wie Fans gleichermaßen. Mit MORE<br />

MODERN CLASSICS liefert Paul Weller<br />

nun nach seinem 1998 erschienen ersten<br />

Best-Of-Album MODERN CLASSICS die<br />

Fortsetzung seines Beitrags zur Musikgeschichte.<br />

In 21 Songs reist man durch die<br />

letzten 15 Jahre von Wellers Lebenswerk.<br />

Das Album knüpft dort an, wo MODERN<br />

CLASSICS endete, im Booklet wird aus<br />

dem Nähkästchen zu den Tracks geplaudert,<br />

und einen exklusiven neuen Song, die<br />

aktuelle Single “Brand New Toy”, gibt es<br />

noch oben drauf. Was braucht das Fanherz<br />

mehr, zum Glück? Weitere 15 Jahre, bitte!<br />

(Universal, 2014, 21/64:00)<br />

pk<br />

HAWKWIND<br />

THE FLICKNIFE YEARS<br />

1981–1988<br />

Die<br />

Hippie-Weltraumband<br />

veröffentlichte<br />

in den 1980er<br />

Jahren eigenwillig<br />

ihre neuen Alben<br />

beim Major RCA,<br />

scheute sich aber<br />

nicht, iht bi beim kli kleinen Indie-Label Flicknife<br />

Archivmaterial und Livemitschnitte auf<br />

den Markt zu bringen. Mit reichhaltigem<br />

Bonus-Material versehen, werden nun<br />

die remasterten Scheiben HAWKWIND<br />

FRIENDS AND RELATIONS (1982),<br />

ZONES (1983), HAWKWIND FRIENDS<br />

AND RELATIONS (TWICE UPON A<br />

TIME) (1983), HAWKWIND FRIENDS<br />

AND RELATIONS (VOL. THREE)<br />

(1985), sowie OUT & INTAKE (1987) den<br />

Fans der britischen Space-Rocker in einer<br />

Box mit schönem Booklet offeriert. Dabei<br />

sind auch alle möglichen Seiten- und Soloprojekte<br />

vertreten, von den Hawklords<br />

über Nik Turner, Dave Brock bis Michael<br />

Moorcock – die Aufnahmen reichen dabei<br />

bis in die Mittsiebziger zurück. Insgesamt<br />

richtet sich die Box an den harten Fan, der<br />

alles von seinen Lieblingen benötigt.<br />

(Esoteric/Rough Trade, 2014, 13/59:21,<br />

11/50:26, 9/42:15, 10/46:22, 15/54:31) rg<br />

CABARET VOLTAIRE<br />

#7885 (ELECTROPUNK TO<br />

TECHNOPOP 1978 –1985)<br />

Roland H Kirk, Kopf und Nachlassverwalter<br />

von Cabaret Voltaire, arbeitet weiter<br />

an der Aufbereitung des Gesamtwerks der<br />

Industrial- und Technowegbereiter. Nach<br />

RED MECCA (1981) auf Vinyl und der<br />

Box COLLECTED WORKS 1983–1985 im<br />

letzten Jahr gibt es nun mit #7885 (ELEC-<br />

Rock<br />

TROPUNK TO TECHNOPOP 1978–1985)<br />

die perfekte Compilation zum Kennenlernen<br />

der Band aus Sheffield. Natürlich findet man<br />

Klassiker wie “Do The Mussolini (Headkick)”,<br />

das die Inspiration für DAFs “Der<br />

Mussolini” war, und das verstörende “Nag<br />

Nag Nag”. Vor allem wird aber deutlich, wie<br />

sehr sich Cabaret Voltaire von den Anfangen<br />

bis Mitte der 80er Jahre stilistisch verändert<br />

hatten. Obgleich keine Formation der frühen<br />

New Wave so sehr das Experiment wie Cabaret<br />

Voltaire wagte, waren die Sheffielder<br />

anfangs noch nah an Gothikbands wie Bauhaus<br />

und Joy Division. Der Wert der Compilation<br />

besteht vorrangig darin, dass quasi<br />

mit jedem Lied die Zeitreise hin zu einer<br />

zunehmend elektronischer werdenden Band<br />

erkennbar wird. Cabaret Voltaire waren ihrer<br />

Zeit voraus: Selbst Kraftwerk haben sich<br />

vermutlich bei ihnen bedient, der frühe Techno<br />

der späten 80er Jahre allemal, nur werden<br />

sich damalige Clubgänger dessen wohl kaum<br />

bewusst gewesen sein.<br />

(Mute/Good<strong>to</strong>go, 2014, 19/78:39) an<br />

NILS LOFGREN<br />

HANGING TOUGH<br />

„1977 Live Radio<br />

Bradcast” heißt<br />

dieser Konzertmitschnitt<br />

von<br />

Nils Lofgren im<br />

Untertitel. Also<br />

des einstigen Neil-<br />

Young-Sideman und Gitarristen von Bruce<br />

Springsteens E Street Band. In den letzten<br />

Jahren ist ein wenig in Vergessenheit geraten,<br />

dass Lofgren ja auch solo mal sehr erfolgreich<br />

war. Aus seiner Hoch-Zeit stammt<br />

diese erstaunlich ordentlich klingende<br />

Showdokumentation aus dem New Yorker<br />

Club Bot<strong>to</strong>m Line, die im Ok<strong>to</strong>ber 1977<br />

kurz nach der Veröffentlichung von Lofgrens<br />

dritten LP I CAME TO DANCE entstand.<br />

Seine stilistische Bandbreite wie auch sein<br />

Können als Gitarrist, Songschreiber und<br />

Performer werden wieder lebendig – samt<br />

“Satisfaction”-Zitat in “Keith Don’t Go”,<br />

das Lofgren über Keith Richards verfasst<br />

hatte. Es macht Spaß, Ohrwürmer wie “Cry<br />

Tough”, “I Came To Dance” oder das Highlight<br />

“Code Of The Road” wiederzuhören.<br />

(Smokin’/inakustik, 2014, 12/69:42) pro<br />

WESTERNHAGEN<br />

ALPHATIER<br />

„Ich will zurück auf die Straße, will wieder<br />

singen, nicht schön, sondern geil und<br />

laut!” – so richtig abgenommen hat man<br />

Marius Müller-Westernhagen diese Textzeile<br />

aus seinem Song “Mit 18” eigentlich<br />

nie. Weder 1978, als dieses Lied entstand,<br />

noch Jahre später, als er mit Alben wie<br />

HALLELUJA und AFFENTHEATER zum<br />

Superstar wurde. Erster Fingerzeig für die<br />

vermeintliche Rückkehr auf die Straße<br />

– auf der Wes ternhagen musikalisch nie<br />

war – dann das 2009 veröffentlichte WIL-<br />

LIAMSBURG, auf dem er mit amerikanischer<br />

Musikerunterstützung guten alten<br />

Heartland-Rock à la John Mellencamp und<br />

Tom Petty präsentierte. Mit ALPHATIER<br />

geht der frisch verliebte Musiker (Booklet<br />

lesen!) diesen Weg jetzt konsequent<br />

weiter, angetrieben von einer exzellenten<br />

Bass-Schlagzeugkombi mit John Conte<br />

und Aaron Comess liefern sich Kevin<br />

Seite 38 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


CD<br />

REVIEWS<br />

Bents und Brad Rice heiße Duelle an<br />

der E-Gitarre. Darüber rotzt Marius<br />

Müller-Westernhagen seine Texte<br />

raus, bei denen er kein Blatt vor<br />

den Mund nimmt, Kostproben: „Ich<br />

könnte kotzen, was hier so ab geht,<br />

dass jeder Dünnschiss auf einem<br />

Flatscreen steht” (aus dem harschen<br />

Opener “Hereinspaziert”), „Keine<br />

Macht den Banken, Geisel dieser<br />

Welt. Keine Macht den Dummen,<br />

bis der Groschen fällt” (aus “Keine<br />

Macht”). Für seine volle Wirkung ist<br />

es aber unerlässlich, dieses Album<br />

bei höchstmöglicher Lautstärke zu<br />

hören. Wie gesagt, „... nicht schön,<br />

sondern geil und laut”!<br />

(Kunstflug/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />

12/56:34) us<br />

ERIC JOHNSON<br />

EUROPE LIVE<br />

Der dieses Jahr<br />

auch schon die<br />

60 erreichende<br />

Eric<br />

Johnson<br />

wurde 1996<br />

einem breiteren<br />

Publikum<br />

durch sein Mitwirken i auf der ersten<br />

G3-Tour bekannt. Neben Joe Satriani<br />

und Steve Vai konnte sich der Gitarrenvirtuose<br />

schon damals behaupten.<br />

“Manhattan” und “Zap”, zwei der drei<br />

von ihm auf der G3-CD veröffentlichten<br />

Songs, sind auch auf der neuen<br />

Live-CD vertreten, wie “Cliffs Of Dover”,<br />

für den er 1992 einen Grammy<br />

als „Best Rock Instrumental Performance”<br />

erhielt. Natürlich beeindruckt<br />

sein Trio durch fulminante Technik,<br />

kreuzt auch Jazzgefilde (Coltranes<br />

“Mr. P.C.”), streut aber durchaus melodische<br />

Songs mit Gesang ein, und es<br />

erklingt die akustische Gitarre. Eine<br />

kurzweilige Scheibe.<br />

(Mascot/Rough Trade, 2014,<br />

14/70:41) rg<br />

HOLLIS BROWN<br />

GETS LOADED<br />

Mit ihrem dritten Werk verbeugt sich<br />

die Roots-Rockband Hollis Brown<br />

aus dem New Yorker Stadtteil Queens<br />

vor der größten Band, die jemals aus<br />

New York kam: Velvet Underground.<br />

Deren Album LOADED von 1970 haben<br />

Mike Montali (voc, g), Jonathan<br />

Bonilla (g), Dillon Devi<strong>to</strong> (b) und Michael<br />

Graves (dr) als zeitresistentes,<br />

kraftvolles Rockalbum mit Country-<br />

Anklängen und tief unten lauerndem<br />

Blues eingespielt, wobei sie die Reihenfolge<br />

der Songs vertauschten.<br />

GETS LOADED startet mit “Oh<br />

Sweet Nothin’” und endet mit “Who<br />

Loves The Sun”. Abgesehen davon<br />

entfernte man sich nicht über Gebühr<br />

von den Vorlagen, kann aber durch<br />

den unmissverständlichen Anspruch,<br />

die Songs zeitgemäß rootsiger zu in<strong>to</strong>nieren,<br />

an den passenden Stellen genügend<br />

eigenes Profil gewinnen. Dass<br />

Sänger Mike Montalis Stimme nicht<br />

über das unvergleichliche Timbre von<br />

Lou Reed verfügt, ist kein Beinbruch<br />

– und Montalis versucht gar nicht<br />

erst, sich als Imita<strong>to</strong>r aufzuspielen,<br />

der nur zweiter Sieger sein könnte.<br />

Neben den schon genannten Songs<br />

verdienen sich “Lonesome Cowboy<br />

Bill” und der Total-Klassiker “Sweet<br />

Jane” – in einer Version, die der von<br />

Mott The Hoople ebenbürtig ist – die<br />

besten Noten.<br />

(Alive/Cargo, 2014, 10/44:56) hjg<br />

HELLMUT HATTLER<br />

POLARITY – ZOUNDS BEST<br />

Mit<br />

dieser<br />

randvollen<br />

CD<br />

erweist<br />

das Stuttgarter<br />

High-End-<br />

Label<br />

dem<br />

deutschen<br />

Bass-Maestro den verdienten Respekt<br />

als einem der kreativsten Musiker aus<br />

deutschen Landen, der sich nie von<br />

Musikstilen eingrenzen ließ. Die von<br />

Hattler selbst ausgewählten Titel führen<br />

von den legendären Kraan, hier<br />

natürlich mit seinem 15-minütigen<br />

Live-Parforceritt “Nam Nam” vertreten,<br />

über sein erstes Solo-Album<br />

1978 und die 80er-Jahre-Aufnahmen<br />

mit Heartware und DeWinkel-Hattler.<br />

Selbstverständlich dürfen auch die<br />

hochgeschätzten Tab-Two-Zeiten sowie<br />

ein Titel von Siyou’n’Hell nicht<br />

fehlen. Vielleicht sind die 00er-Jahre<br />

unter dem Bandnamen Hattler mit<br />

sechs Songs im Rahmen einer Best-<br />

Scheibe etwas überrepräsentiert (alleine<br />

mit Kraan könnte man locker<br />

eine eigene CD bestreiten), doch kann<br />

man mustergültig den Werdegang<br />

Hattlers über nahezu 40 Jahre verfolgen.<br />

Ein schönes Booklet mit Infos zu<br />

jedem Song rundet das sehr empfehlenswerte<br />

Album ab.<br />

(Zounds, 2014, 14/77:18) rg<br />

VANDENBERG<br />

ALIBI<br />

Die meisten kennen Adrian Vandenberg<br />

als Gitarristen von Whitesnake,<br />

wobei seine Solokarriere leider kaum<br />

beachtet wird. Das dritte Album seiner<br />

Band Vandenberg wurde von<br />

Jaap Eggermont produziert und erschien<br />

1985. Neben kommerziellem<br />

Hard Rock (“Voodoo”) bestimmen<br />

kräftiger Classic Rock (“Dressed To<br />

Kill”) und Tracks mit niveauvollen<br />

Gitarrenpassagen das Geschehen<br />

(zum Beispiel “Fight Against The<br />

World” mit klassischen Einwürfen).<br />

ALIBI gehört zu den wenigen Platten,<br />

auf denen kommerzieller Hard<br />

Rock mit künstlerisch anspruchsvollen<br />

Instrumentalmelodien verschmolzen<br />

wird, ohne dass das zu<br />

einer Sekunde verkrampft oder gewollt<br />

klingt. Eine der besseren Platten<br />

des Jahrzehnts. Das zwölfseitige<br />

Booklet enthält neben einigen Fo<strong>to</strong>s<br />

ausführliche Liner-Notes von Malcolm<br />

Dome. Klanglich wurde die<br />

CD angenehm remastert, wobei der<br />

Sound runder ausfällt und nicht mehr<br />

so höhenlastig ist.<br />

(Rock Candy/Soulfood, 1985,<br />

10/37:50) at<br />

Rock<br />

IAN McLAGAN<br />

UNITED STATES<br />

Der Small Faces/Faces/S<strong>to</strong>nes/Dylan/<br />

Bruce/Bonnie Raitt-Keyboarder spielt<br />

seit 50 Jahren zuverlässig alte Hammonds<br />

und Piano. So lange komponiert<br />

und singt er auch. Er grätschte<br />

zwar spät ins Marriott/Lane-Au<strong>to</strong>renlager<br />

(siehe Interview Seite 22), doch<br />

bestach seit 1979 auf Solopfaden.<br />

UNITED STATES ist nicht nur reifes<br />

Alterswerk, es glänzt als eine beseelte<br />

Bestleistung mit unvergesslichen<br />

Songperlen mit vielen Bezügen:<br />

“Shalalala” ist keineswegs eine Anspielung<br />

auf den ersten Small-Faces-<br />

Erfolg, sondern die sanfte Rockhymne,<br />

die Jagger-Richards in Auftrag<br />

gegeben haben sollten – derart lässig<br />

rockt Gitarrist Scrappy Newcomb,<br />

so eingängig fließt die Hookline.<br />

Auch “Love Letter” ist hitverdächtig.<br />

Macs Leslie dreht sich lässig im<br />

langsamen “All I Wanna Do”, nicht<br />

nur beim Pub-Rock “Pure Gold”<br />

müssten im Rockpub die Tische zur<br />

Seite. Dass alles bis zur bewegenden<br />

Eheberatungs-Rumba “He’s Not For<br />

You” knackig rüberkommt, garantiert<br />

S<strong>to</strong>nes-Producer Glyn Johns.<br />

(Yep Roc/Cargo, 2014,<br />

10/39/37) utw<br />

TODD RUNDGREN &<br />

UTOPIA<br />

LIVE AT THE ELECTRIC<br />

BALLROOM<br />

In<br />

Milwaukee<br />

gastierten<br />

Todd<br />

Rundgren &<br />

U<strong>to</strong>pia<br />

am<br />

23.10.1978<br />

und<br />

stimmten<br />

dabei mit “Real Man”, “Can We<br />

Still Be Friends” oder “Hello, It’s Me”<br />

Rundgren-Dauerbrenner an, aber auch<br />

ansonsten weniger gespielte Nummern<br />

wie “Black Maria” oder ”Couldn’t I<br />

Just Tell You”. Der Prog-Fak<strong>to</strong>r rückte<br />

allerdings zugunsten einer kommerzielleren<br />

Note meist ein wenig in den<br />

Hintergrund, es dominierten Nummern<br />

aus Rundgrens Soloveröffentlichungen,<br />

was manche U<strong>to</strong>pia-Fans<br />

enttäuschen dürfte. Allerdings: An<br />

den handwerklichen Performances der<br />

U<strong>to</strong>pia-Mitglieder gibt es nichts auszusetzen.<br />

Und: Auch wenn die Originalbänder<br />

des Mitschnitts eines Radiosenders<br />

verwendet wurden, ist der Sound<br />

dieser bislang unveröffentlichten Aufnahmen<br />

aus dem Rundgren-Archiv<br />

nicht eben berauschend. Fans dürften<br />

aber trotzdem nicht um einen Kauf herumkommen.<br />

(Esoteric/Rough Trade, 2014,<br />

9/46:47, 8/40:01) pro<br />

RICK WAKEMAN<br />

JOURNEY TO THE CENTRE<br />

OF THE EARTH<br />

Mit dem Livemitschnitt seiner Bearbeitung<br />

von Jules Vernes „Reise zum<br />

Mittelpunkt der Erde” konnte der<br />

Yes-Keyboarder 1974 einen riesigen<br />

Erfolg erzielen. Wie man hier erfährt,<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 39<br />

BAD SALZUFLEN<br />

BAHNHOF BAD SALZUFLEN<br />

Breitfelder, Schröter &<br />

Zwingenberger<br />

Shakatak<br />

Dire Strats<br />

Thorbjørn Risager &<br />

The Black Tornado<br />

Climax Blues Band<br />

Dan Baird & Homemade Sin<br />

Blug plays Hendrix<br />

Rick Vi<strong>to</strong>, Layla Zoe<br />

RICHIE ARNDT & THE BLUENATICS<br />

Albert Hammond<br />

Songbook Tour 2014<br />

Oldie-Night<br />

ELO by Phil Bates, Quo, Time Out<br />

Tommy Emmanuel<br />

The Australian Guitar-Legend<br />

Midge Ure<br />

The Voice of Ultravox – solo<br />

e<br />

04.<br />

September<br />

22.<br />

September<br />

02.<br />

Ok<strong>to</strong>ber<br />

09.<br />

Ok<strong>to</strong>ber<br />

16.<br />

Ok<strong>to</strong>ber<br />

23.<br />

Ok<strong>to</strong>ber<br />

20.<br />

November<br />

KONZERTHALLE BAD SALZUFLEN<br />

STADTHALLE DETMOLD<br />

13.<br />

September<br />

24.<br />

September<br />

11.<br />

Ok<strong>to</strong>ber<br />

14.<br />

November<br />

17.<br />

November<br />

Tickets über: HOTLINE 0180 6050400, www.adticket.de,<br />

www.bahnhof-bad-salzuflen.de und<br />

www.backline-entertainment.de


CD<br />

REVIEWS<br />

wurde das Konzert allerdings nicht in der<br />

ursprünglich geplanten Länge realisiert.<br />

Dies wird nun in der neuen Studio-Einspielung<br />

nachgeholt, so dass die Neuaufnahme<br />

etwa 15 Minuten länger geraten ist.<br />

Allerdings bleibt der Gesamtcharakter des<br />

Albums dadurch unberührt, wie auch die<br />

bekannte Problematik beim Zusammentreffen<br />

von Rockband, Sinfonie-Orchester<br />

und Chor weiterhin ungelöst bleibt. Wakeman<br />

lebt sein Bombastfaible weiterhin<br />

ungehemmt aus, sogar die gleichen alten<br />

Moog-Sounds erklingen. Wurden die Gesangsparts<br />

seinerzeit von zwei Sängern eingespielt,<br />

hat er diesmal einen Part auf eine<br />

Frauenstimme verteilt. Für die neue Aufnahme<br />

spricht natürlich der perfekte Klang,<br />

wobei der Charme und die seinerzeitige<br />

progressive Aufbruchsstimmung des Originals<br />

nicht reproduzierbar sind.<br />

(Fusion/Warner, 2014, 1/54:19) rg<br />

DEEP PURPLE<br />

IN CONCERT ‘72<br />

Deep Purple live zu<br />

Beginn der 70er, das<br />

war und ist immer<br />

noch eine Bank!<br />

Denn ihre musikalische<br />

Klasse spielten<br />

Ritchie<br />

Blackmore<br />

() (g), Jon Lord d(keys), Ian Gillan (voc),<br />

Roger Glover (b) und Ian Paice (dr) nicht<br />

nur bei ihrem völlig zu Recht höchstdekorierten<br />

LIVE IN JAPAN aus, sondern<br />

sie zeigten ihre Extraklasse auch bei zahlreichen<br />

anderen Konzerten. Einer dieser<br />

Auftritte – mitgeschnitten am 9. März 1972<br />

im Londoner Paris Theatre – wurde 1980<br />

als LP veröffentlicht, 2012 erschien eine<br />

Vinylversion in neuem Mix. Zusammen<br />

mit einem Bonus-Track (der Soundcheck-<br />

Version von “Maybe I’m A Leo”) erfährt<br />

IN CONCERT ‘72 nun also seine offizielle<br />

CD-Premiere, ein zwölfseitiges Booklet liefert<br />

Hintergründe und Bilder des Gigs. Dabei<br />

hielten sich Deep Purple gar nicht groß<br />

in der Vergangenheit auf, spielten viel lieber<br />

(und fast in Gänze!) das kurz vor der Veröffentlichung<br />

stehende MACHINE HEAD<br />

mit allen Highlights, von “Highway Star”<br />

über “Lazy” bis zu “Smoke On The Water”.<br />

Dazu mit “Strange Kind Of Woman” einen<br />

Song, der damals nur auf der US-Version<br />

von FIREBALL enthalten war, sowie das<br />

Little-Richard-Cover “Lucille”. Großartig!<br />

(Parlophone/Warner, 1980, 10/79:40) us<br />

SAGA<br />

SAGACITY<br />

Die Kanadier Saga haben es einfach drauf,<br />

innerhalb einzelner Songs eine gefangennehmende<br />

Dramaturgie zu entwickeln. Sei<br />

es durch Tempowechsel, variierenden Instrumenteinsatz,<br />

sei es durch den Mix aus<br />

knackigem Rock und eingängigen Popmomenten.<br />

SAGACITY demonstriert diese<br />

Qualität wieder einmal nachdrücklich, wobei<br />

der Schwerpunkt der durchaus komplexen<br />

klanglichen Neukreationen diesmal auf der<br />

Prog-Rockkomponente liegt, samt ausgedehnter<br />

(Gitarren-) Soli, vital und inspiriert<br />

vorgetragen. Michael Sadler singt stark, die<br />

Rhythmusabteilung groovt satt und wird<br />

auch durch die Keyboards unterstützt. Zwischen<br />

entspannt und prickelnd, auch mal mit<br />

New-Wave- oder spacigen Reminiszenzen<br />

(“Press 9”), nostalgischen Synthie-Anflügen<br />

(“Luck”) – auch mit Studio-Album Nummer<br />

21 sind der Band weder Ideen noch Pep und<br />

Spielfreude ausgegangen.<br />

(ear<strong>Music</strong>/edel, 2014, 12/50:50) pro<br />

YOSSI SASSI<br />

DESERT BUTTERFLIES<br />

Anfang der 90er Jahre gründete Gitarrist<br />

Yossi Sassi in Israel die Prog-Rock-Metalband<br />

Orphaned Land. Da dabei die Liebe<br />

zur traditionellen Musik seiner Heimat zu<br />

kurz kam, veröffentlichte er 2012 mit MEL-<br />

TING CLOCKS ein Solo-Album, auf dem<br />

er melodischen Folk im Rockgewand präsentierte.<br />

Jetzt, mit seinem neuen Album<br />

DESERT BUTTERFLIES, hat er den Folkanteil<br />

reduziert, tendiert über weite Strecken<br />

in Richtung verspielter, orientalisch<br />

geprägter Instrumental-Prog-Rock. Neben<br />

allen Arten von Gitarren bedient Sassi darauf<br />

auch Saiteninstrumente wie Bouzouki,<br />

Oud, Saz und Charrango. Breite Unterstützung<br />

gab es auch von zahlreichen befreundeten<br />

Musikern wie Bassist Ori Lubianker,<br />

Megadeath-Gitarrist Marty Friedmann,<br />

Sänger Erez Lev Ari und Ron Thal von den<br />

Guns N’ Roses. Wer auf verspielt progressive<br />

Rockmusik abseits ausgetretener Pfade<br />

steht, der wird hier bestens bedient.<br />

(Just For Kicks, 2014, 11/40:37) us<br />

LED ZEPPELIN<br />

LED ZEPPELIN I + II + III<br />

Wiederveröffentlichungen von Led Zeppelin<br />

lassen seit jeher die Herzen der Fans<br />

höherschlagen, egal ob beim 1990er BO-<br />

XED SET, bei den 1997er BBC SES SIONS<br />

oder der 2003er Liverückschau HOW THE<br />

WEST WAS WON bemühten sich die Macher<br />

einerseits um sorgsamen Umgang mit<br />

den Originalen, andererseits aber auch immer<br />

um hochwertige Zugaben. Genauso<br />

verhält es sich jetzt auch mit der Wiederveröffentlichung<br />

der ersten drei LPs der<br />

Band. Musikalisch bieten diese drei Alben<br />

immer noch so ziemlich das Beste, was<br />

man in Richtung Hard- und Blues-Rock<br />

hören kann, ganz egal ob das 1969er Debüt<br />

mit Songs wie “Dazed And Confused”<br />

und “Communication Breakdown”, der im<br />

gleichen Jahr veröffentlichte Nachfolger<br />

mit “Whole Lotta Love” oder das dritte Album<br />

aus dem Jahr 1970 mit Krachern wie<br />

“Immigrant Song” und “Celebration Day”.<br />

Frisch remastert wurden hier vor allem die<br />

Höhen klarer herausgearbeitet, auch der Dynamik<br />

tat diese Behandlung gut. Zusätzlich<br />

wurde jedem Album noch eine zweite CD<br />

spendiert, die in diesem Fall wirklich einen<br />

Mehrwert bedeutet. Denn hierfür wählte<br />

Jimmy Page mit viel Bedacht unterschiedliche<br />

Songs des Originals in verschiedenen<br />

Entstehungsstufen aus, von rauen Demos<br />

über reine Instrumentalspuren und alternativen<br />

Versionen bis zu Stücken, bei denen<br />

die Arrangements teilweise stark verändert<br />

wurden. So bieten diese Zugaben einen<br />

höchst interessanten Einblick in die Entstehungsgeschichte<br />

dieser Rock-Meilensteine.<br />

(Atlantic/Warner, 1969/70, 3 x 2 CDs) us<br />

THE DOOBIE BROTHERS<br />

LOOKING TO THE EAST<br />

Die Doobie Bro<strong>the</strong>rs<br />

schwammen auf einer<br />

Erfolgswelle, als<br />

sie vier Jahre nach<br />

ihrer Gründung am<br />

31. Mai 1973 in den<br />

Ultrasonic Studios zu<br />

New York live vor Publikum antraten, ihr<br />

Erfolgsalbum TOULOUSE STREETS samt<br />

den Hits “Listen To The <strong>Music</strong>” und “Jesus<br />

Is Just Alright” im Gepäck hatten und spielfreudig<br />

loslegten. Allerdings: Der Sound<br />

weist nur bessere Bootlegqualität auf, was<br />

die Hörfreude doch ein wenig trübt. Leider,<br />

denn Tom Johns<strong>to</strong>n, Patrick Simmons<br />

(beide voc, g), Tiran Porter (b) die Doppeldrummer<br />

John Hartmann und Michael<br />

Hossack waren bestens in Form, hauten<br />

ihren durchaus eklektischen Classic Rock<br />

mit einigen souligen Tupfern und Harmoniegesängen<br />

verhältnismäßig rau und ungekünstelt<br />

heraus – aus heutiger Sicht musikalisch<br />

fast grandios, aber eben mit besagten<br />

klanglichen Einschränkungen.<br />

(Gold Fish/inakustik, 2014, 9/54:35) pro<br />

LOUDOIN WAINWRIGHT III<br />

HAVEN’T GOT THE BLUES YET<br />

Wie gewohnt fordert Loudon Wainwright<br />

III seine Zuhörer auch bei seinem 26. Album<br />

– und bietet ihnen einmal mehr höchst<br />

ansprechende Klangkost. Der immer noch<br />

zu Unrecht viel zu Unbekannte wird erneut<br />

seinem Ruf als einer der global besten Singer/Songwriter<br />

gerecht. Egal, ob er wirklich<br />

den im Titel angekündigten Blues mehr oder<br />

weniger verfremdet, ob er Balkan-Inspiration<br />

verarbeitet (“Spaced”), mit Klezmer<br />

flirtet, einfach rockt (“Brand New Dance”,<br />

mit Bläsern), sich gen Folk verbeugt oder<br />

Jazz-Referenzen durchklingen lässt, es tönt<br />

durchdacht, aber nicht verkopft. Dazu ergänzen<br />

sich seine nachdenklichen bis bissigen<br />

Texte und die jeweilige Musik perfekt. Und<br />

immerhin singt mit Tochter Martha eines<br />

seiner Kinder zwischendurch mal mit. Ein<br />

höchst abwechslungsreiches wie anspruchsvolles<br />

und vergnügliches Album.<br />

(Proper/Rough Trade, 2014, 14/48:17) pro<br />

Rock<br />

ACCEPT<br />

RUSSIAN ROULETTE + EAT<br />

THE HEAT + ALL AREAS –<br />

WORLDWIDE<br />

Der Accept-Dreierpack aus dem Hause<br />

Cherry Red dokumentiert die Übergangsphase<br />

des deutschen Schwermetall-Aushängeschilds:<br />

RUSSIAN ROULETTE war 1986<br />

das letzte Studio-Album mit Originalsänger<br />

Udo Dirkschneider – und deutete schon an,<br />

wohin die Reise danach ging. Das Quintett<br />

knüppelte zwar beinhart, streute aber schon<br />

melodischere Momente ein. Prickelnde Gitarrenriffs,<br />

tighte Beats und Krächzgesang<br />

überzeugten. Gewöhnungsbedürftig war<br />

dann Neusänger David Reece durchaus,<br />

obwohl einige der von ihm gesungenen<br />

Nummern auf EAT ... (“X-T-C”, “Chain<br />

Reaction”) heute noch überzeugen – insgesamt<br />

waren die Songs 1989 deutlich eingängiger,<br />

auf den US-Markt ausgerichtet. Nach<br />

starkem Beginn ließ die (Song-)Qualität des<br />

Albums aber nach. Bei der 1993er Reunion<br />

war Dirkschneider wieder dabei, röhrte gewohnt<br />

eindringlich bei der „Objection Overruled<br />

Tour”, die auf 1997 ALL AREAS dokumentiert<br />

wurde (plus Auszüge der „Death<br />

Row Tour” 1994) – es war ein gelungener,<br />

energiegeladener Livebogen von der Frühzeit<br />

(“Breaker”, “Fast As A Shark”) bis zu<br />

den internationalen Erfolgstagen (“Balls To<br />

The Walls”, “Metal Heart”). Alles in allem<br />

heute noch sehr ansprechend!<br />

(Cherry Red/Rough Trade, 1986 + 1989<br />

+ 1997, 13/64:36 + 13/61:18 + 11/57:46,<br />

9/55:23) pro<br />

THE DOORS<br />

WEIRD SCENES INSIDE THE<br />

GOLDMINE<br />

1972 erschien mit<br />

WEIRD SCENES<br />

INSIDE THE<br />

GOLDMINE – der<br />

Titel ist eine Textzeile<br />

aus “The End”<br />

–<br />

die erste Doors-<br />

Compilation nach Jim Morrisons Tod.<br />

Längst ist diese Doppel-LP schon nicht<br />

mehr erhältlich, am 19. Mai 2014, exakt<br />

ein Jahr nach dem Tod von Keyboarder<br />

Ray Manzarek, wurde nun diese Best-Of-<br />

Sammlung als Doppel-CD veröffentlicht.<br />

Ihre Relevanz ist ungebrochen, wenn man<br />

einen Überblick über die sechs Alben haben<br />

möchte, die Morrison, John Desmore,<br />

Manzarek und Bobby Krieger zwischen<br />

1967 und 1971 aufgenommen haben, wird<br />

man hier immer noch bestens bedient. Die<br />

Mischung aus bekannten und eher unbekannteren<br />

Songs passt, neben Hits wie<br />

“Break On Through”, “L.A. Woman” und<br />

“Love Her Madly” gibt es mit “Who Scared<br />

You” und Willie Dixons “(You Need<br />

Meat) Don’t Go Fur<strong>the</strong>r” auch zwei starke<br />

B-Seiten, die man nicht auf den regulären<br />

LPs findet.<br />

(Rhino/Warner, 1972,<br />

12/50:47, 10/48:38) us<br />

CLOSURE IN MOSCOW<br />

PINK LEMONADE<br />

Seit 2006 gibt es diese Prog-Rockband<br />

aus dem australischen Melbourne schon,<br />

nach einer 2008er EP („The Penance And<br />

The Patience”) und ihrem 2009er Debüt<br />

(FIRST TEMPLE) gibt es jetzt mit PINK<br />

LEMONADE ein frisches Lebenszeichen.<br />

Dabei engt die Bezeichnung Prog-Rock die<br />

Musik dieses Quintetts eher ein, über weite<br />

Strecken agiert es mit einem breitgefächerten<br />

Stilmix, der sich insgesamt gesehen<br />

nur schwer in Worte fassen lässt. Elektronische<br />

Spielereien zwischen Can und New<br />

Wave, Avantgarde-Pop der Nineties, krachender,<br />

fast Garagen-artiger Rock’n’Roll,<br />

aufgeregte, jazzige Zwischenspiele, hymnische<br />

Queen-Reminiszenzen, treibender<br />

Power-Rock, Heavy-Metalausflüge – alles<br />

dabei in dieser kunterbunten Sammlung.<br />

Und wenn eine australische Band einen<br />

Song namens “Mauerbauertraurigkeit” im<br />

Programm hat, dann hat sie allemal ein<br />

Reinhören verdient.<br />

(Sabretusk/Just For Kicks, 2014,<br />

11/60:44) tk<br />

Seite 40 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


CD<br />

REVIEWS<br />

ANUBIS<br />

HITCHHIKING TO<br />

BYZANTIUM<br />

Schon mit ihren Alben 250503<br />

(2009) und A TOWER OF SILENCE<br />

(2011) ließen Anubis Prog-Rockfreunde<br />

aufhorchen, wobei es nicht<br />

ganz so einfach war, zu vernünftigen<br />

Preisen an die Importalben der Australier<br />

zu kommen. Mit ihrem Ende<br />

Juni veröffentlichten neuen Werk<br />

hat dies ein Ende, ihr drittes Album<br />

mit dem Titel HITCHHIKING TO<br />

BYZANTIUM ist sozusagen die offizielle<br />

Europapremiere der Band aus<br />

Sydney. Es ist ein Themenalbum, es<br />

geht ums Älterwerden, darum, sich<br />

zu verbessern, aber auch wie man<br />

damit umgeht, wenn es nicht so rund<br />

läuft. „Ein bisschen esoterisch ist<br />

es schon geworden”, gibt Gitarrist<br />

Douglas Skene zu, doch Entwarnung.<br />

Der Musik von Anubis hört man das<br />

nicht viel davon an. Sie geben ihren<br />

Songs viel Zeit, sich zu entwickeln,<br />

klar werden da Parallelen zu Pink<br />

Floyd gezogen, doch im Vergleich<br />

zu Floyd klingen Anu bis wesentlich<br />

direkter und klarer, verzichten fast<br />

komplett auf psychedelische Anteile<br />

zu Gunsten keltisch angehauchter<br />

Folk-Rockparts.<br />

(Bird’s Robe Records/Just For Kicks,<br />

2014, 10/77:42) us<br />

IAN HUNTER<br />

THE ARTFUL DODGER<br />

Immer noch<br />

gehört<br />

Ian<br />

Hunter<br />

zu<br />

den am meisten<br />

unterschätzten<br />

Musikern.<br />

Oder anders gesagt, egal ob bei Mott<br />

The Hoople oder bei seinen Kollaborationen<br />

mit David Bowie, Mick<br />

Ronson, John Cale und Ringo Starr,<br />

so richtig im Rampenlicht standen<br />

immer die anderen. Vielleicht aber<br />

auch ganz gut so, denn wer weiß,<br />

ob unter größerem Erfolgsdruck<br />

und mit höherer Erwartungshaltung<br />

so herrliche Rockperlen entstanden<br />

wären, wie sie Ian Hunter immer<br />

wieder ans Tageslicht brachte. Eines<br />

dieser untergegangenen Alben ist das<br />

ursprüngliche 1996 veröffentlichte<br />

THE ARTFUL DODGER. Mit Produzent<br />

Björn Nessjö arbeitete Hunter<br />

schon zuvor für das Album DIRTY<br />

LAUNDRY zusammen, ebenso mit<br />

einem Großteil der skandinavischen<br />

Musiker. Gelassenes Songwriting<br />

trifft auf eine entspannte Produktion,<br />

Rockmusik mit Tiefgang, definitiv<br />

eine späte Entdeckung wert ...<br />

(MiG/Sony <strong>Music</strong>, 1996,<br />

12/61:21) tk<br />

MANIC STREET<br />

PREACHERS<br />

FUTUROLOGY<br />

Wer bei ihren Auftritten im Frühjahr<br />

dieses Jahres genau aufgepasst hat,<br />

der konnte sich schon einen Vorgeschmack<br />

auf die Art von Musik verschaffen,<br />

mit der die Manic Street<br />

Preachers ihr Anfang Juli veröffentlichtes<br />

Album FUTUROLOGY<br />

ausgestattet haben. Tiefgehend, vielschichtig<br />

und abwechslungsreich<br />

hört sich das an, von Krautrock-Reminiszenzen<br />

wird gesprochen, doch<br />

um diese herauszuhören braucht<br />

man schon sehr viel Fantasie. Für<br />

überraschende Momente sorgt unter<br />

anderem die deutsche Schauspielerin<br />

Nina Hoss, deren (gesamplete)<br />

Worte den Refrain von “Europa geht<br />

durch mich” bilden, Scritti-Politti-<br />

Frontmann Green Gartsides Beitrag<br />

zu “Between The Clock And The<br />

Bed” sowie Gastauftritte ihrer walisischen<br />

Landsleute Cian Ciaran<br />

(Super Furry Animals) und Singer/<br />

Songwriterin Georgia Ruth. Geblieben<br />

ist den Manic Street Preachers<br />

das Hymnische, das Flehende, das<br />

Emotionale, nun ergänzt um eine angenehme<br />

Prise britischer Skurrilität,<br />

was FUTUROLOGY zu einem richtig<br />

guten Album macht.<br />

(Columbia/Sony <strong>Music</strong>,<br />

2014, 13/47:17) us<br />

LIFT<br />

DIE GRÖSSTEN HITS<br />

Die aus Dresden<br />

stammende<br />

und schon<br />

seit den Achtzigern<br />

in Berlin<br />

ansässige<br />

Band feierte<br />

im letzten t Jahr ihren 40. Geburtstag.<br />

Es war jedoch ein vergleichsweise<br />

stilles Jubiläum. So gab es lediglich<br />

ein Jubiläumskonzert in Dresden<br />

mit vielen Gästen. Insofern kommt<br />

die neue Best-Of-Kopplung zwar<br />

spät, aber genau richtig, denn sie<br />

macht nachvollziehbar, warum Lift<br />

zu den ganz Großen des Ost-Rock<br />

gehören. Der Sampler vereint sämtliche<br />

Hits von “Am Abend mancher<br />

Tage”, das den schmerzhaften Verlust<br />

zweier Lift-Musiker durch einen<br />

tragischen Unfall<strong>to</strong>d <strong>the</strong>matisiert,<br />

bis “Nach Süden”, der ultimativen<br />

Fernwehhymne der damals Reiseeingeschränkten<br />

Ostdeutschen. Für<br />

Fans, die schon alles haben, ist diese<br />

Kopplung dennoch interessant,<br />

finden sich doch hier Nummern,<br />

die von Franz Bartzsch und Stefan<br />

Trepte gesungen werden. Beide Musiker<br />

verließen Lift schon vor dem<br />

ersten Album, weshalb sie auf keiner<br />

regulären Platte der Band dabei sind.<br />

Außerdem gibt es zwei Ausschnitte<br />

aus dem Jubiläumskonzert, zusammen<br />

mit dem Dresdner Kreuzchor<br />

und Pascal von Wroblewsky.<br />

(Amiga/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />

18/76:40) che<br />

URIAH HEEP<br />

OUTSIDER<br />

Wie gut Uriah Heep – immerhin eine<br />

der dienstältesten noch aktiven britischen<br />

Hard-Rockbands – aktuell<br />

sind, davon kann man sich sowohl<br />

bei einem ihrer zahlreichen Live-<br />

Rock<br />

Auftritten als auch bei ihren zuletzt<br />

veröffentlichten Bootleg-Series-CDs<br />

ein Bild machen. Nächstes Beispiel<br />

hierfür dürfte ihr neues Studio-<br />

Album mit dem Titel OUTSIDER<br />

sein. Denn anstatt alte Kamellen neu<br />

aufzuwärmen, legen Mick Box (g,<br />

voc), Phil Lanzon (keys, voc), Bernie<br />

Shaw (voc), Russell Gilbrook (dr)<br />

und der nach dem Tod von Trevor<br />

Bolder neue Bassist Dave Rimmer<br />

ein blitzsauberes Album voller neuer<br />

Songs vor. Auch dass sie dabei immer<br />

noch mit den Qualitäten punkten<br />

können, die sie großgemacht haben,<br />

spricht ohne Zweifel für sich. Herrliche<br />

Keyboardläufe, Hard-Rockende<br />

Gitarrenriffs, immer wieder<br />

der charakteristische, vielstimmige<br />

Chorgesang sowie der starke Shouter<br />

Bernie Shaw lassen keine Langeweile<br />

aufkommen. Uriah Heep im Jahre<br />

2014: eine Band, der es hervorragend<br />

gelingt, die Magie von Alben wie<br />

LOOK AT YOURSELF oder SALIS-<br />

BURY in die Gegenwart zu transportieren.<br />

Stark!<br />

(Frontiers/Soulfood, 2014,<br />

11/49:07) us<br />

SEVEN THAT SPELLS<br />

THE DEATH AND RESUR-<br />

RECTION OF KRAUTROCK:<br />

IO<br />

Den „Tod und<br />

die Wiederauferstehung<br />

des<br />

Krautrock” in<br />

knapp 50 Minuten<br />

abhandeln<br />

zu wollen,<br />

das ist eine große Aufgabe, die sich<br />

Seven That Spells da gestellt haben.<br />

Doch wenn man wie Niko Po<strong>to</strong>cnjak<br />

(g), Jeremy White (b, voc) und Nikola<br />

Babic (dr) nach eigenen Angaben<br />

aus dem 23. Jahrhundert (wo der<br />

Rock’n’Roll schon lange ausges<strong>to</strong>rben<br />

ist ...) in unsere Zeit zurückreist,<br />

dann wird schon klarer, warum sie ihr<br />

Album THE DEATH AND RESUR-<br />

RECTION OF KRAUTROCK: IO<br />

genannt haben. Kraftvoll geht es bei<br />

ihrem (Kraut-)Rock zur Sache, immer<br />

wieder gibt es Space-rockige Zwischenspiele,<br />

fremdartig anmutende<br />

Chöre, hämmernde Tribaldrums, aber<br />

auch erdige Blues-Rockphasen und<br />

guter alter Psychedelic sind da auszumachen.<br />

Also alles andere als leicht<br />

zu konsumierende Kost, doch wenn<br />

man sich auf diesen irren Trip einlässt,<br />

nimmt einen diese Trance-artige<br />

Musik unweigerlich gefangen.<br />

(Sulatron/Cargo, 2014, 5/47:15) tk<br />

RAY BONNEVILLE<br />

EASY GONE<br />

Der aus Kanada stammende Singer/<br />

Songwriter Ray Bonneville ist derart<br />

oft auf Achse, dass er sich selbst<br />

schon als Nomaden einstuft. Die Folge<br />

davon sind Highwaytrip-Alben wie<br />

EASY GONE, die er als einer der besten<br />

Americana-Acts der Gegenwart<br />

regelmäßig mit Blues-grundierten,<br />

lyrisch aussagestarken Songs be-<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41


CD<br />

REVIEWS<br />

stückt, die beim Hören Assoziationen an<br />

endlose Asphaltbänder, stillgelegte Tankstellen,<br />

verlassene Drugs<strong>to</strong>res und ranzige<br />

KFC-Buden wecken. Bonneville singt entspannt<br />

und lässig wie J.J. Cale oder auch<br />

Mark Knopfler und errichtet zugleich ein<br />

Spannungsdreieck mit Kalifornien, New<br />

Orleans und Oklahoma als Eckpunkten.<br />

Ins trumental werden die zumeist im Midtempobereich<br />

gehaltenen Lieder von reduzierter<br />

E-Gitarre, kraftvoller Mundharmonika<br />

und klug eingesetzter Perkussion<br />

geprägt. Stärkste Songs sind “Who Do<br />

Call The Shots”, “Lone Freighter’s Wail”,<br />

“When I Get To New York”, “So Lonely I<br />

Could Cry” und “Two Bends In The Road”.<br />

Ein für Roots-Rockfans unverzichtbares<br />

Album mit sehr langer Halbwertzeit!<br />

(Red House/inakustik, 2014,<br />

10/37:26) hjg<br />

VERSCHIEDENE<br />

INTERPRETEN<br />

OSPREY RECORDS LIVE ALBEN<br />

Mit sechs Live-<br />

Alben führt sich das<br />

neue Label Osprey<br />

Records auf dem<br />

Wiederveröffentlichungsmarkt<br />

ein.<br />

Erst letztes Jahr<br />

kam ALIVE & ROCKIN’ von Foreigner<br />

in die Läden, das 2006 beim „Bang Your<br />

Head”-Festival im süddeutschen Balingen<br />

mitgeschnitten wurde. Mit neun Songs<br />

geht es von “Double Vision” über “Cold<br />

As Ice” bis zu “Urgent” und “Juke Box<br />

Hero”, also einmal quer durch die besten<br />

Zeiten dieser Band. PICTURES von Status<br />

Quo wurde 2009 beim „Montreux Jazz<br />

Festival” aufgenommen, bei dem sich die<br />

Briten auch auf frühes Material wie “Pictures<br />

Of Matchstick Men” oder “Ice In The<br />

Sun” konzentrierten. 2007 gaben OMD in<br />

ihrer britischen Heimat ein Konzert, bei<br />

dem sie ihr Album ARCHITECTURE &<br />

MORALITY in Gänze spielten, dazu noch<br />

MORE, also den Rest ihrer großen Erfolge<br />

wie “Enola Gay” und “Electricity”. Warum<br />

der Livemitschnitt eines Konzertes<br />

der B-52s in A<strong>the</strong>ns, Georgia, WITH THE<br />

WILD CROWD! heißt, das weiß man spätestens<br />

dann, wenn man die euphorischen<br />

Zuschauerreaktionen bei diesem Heimspiel<br />

hört, bei dem es in 18 Songs ein Wiederhören<br />

mit allen Hits der Band gibt. Aus den<br />

Jahren 1998 und 1999 stammen die Livesongs,<br />

die es auf BLONDIE LIVE zu hören<br />

gibt, als Bonus-Track ist hier “One Way Or<br />

Ano<strong>the</strong>r” mit dabei. 20 Jahre zuvor, 1979,<br />

wurde der Auftritt von Dusty Springfield<br />

in der Londoner Royal Albert Hall aufgezeichnet,<br />

bei dem sie sich noch einmal von<br />

ihrer besten Seite zeigte. Mit großer Band<br />

im Rücken, zwei Hitmedleys sowie klasse<br />

Songs wie “Son Of A Preacher Man” zeigt<br />

LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL<br />

einmal mehr, warum die britische Pop-Diva<br />

bis heute so verehrt wird.<br />

(Osprey Records/edel, 6 CDs) us<br />

LYDIA LUNCH &<br />

CYPRESS GROVE<br />

A FISTFUL OF DESERT BLUES<br />

Millionenfrage: Wo wurde der Western<br />

„A Fistful Of Dollars” („Für eine Handvoll<br />

Dollar”) mit Clint Eastwood gedreht?<br />

Kalifornien? Texas? Mexiko? Nein. Im<br />

südspanischen Almeria! Dort, unter der<br />

andalusischen Sonne, entstanden viele<br />

europäische Filmklassiker. Mit ihrem Album<br />

A FISTFUL OF DESERT BLUES<br />

liefern die Wave-Ikone Lydia Lunch und<br />

der Bluesgitarrist Cypress Grove nun eine<br />

akustische Hommage an den Drehort vieler<br />

Italo-Western der 60er und 70er Jahre.<br />

Die Musik klingt „Spiel mir das Lied vom<br />

Tod”-haft düster und schön. Die 55-jährige<br />

Lunch spricht und singt mit rasselnder, tiefer<br />

Grabesstimme, und Grove zupft dazu<br />

spärliche, aber wohlgesetzte blue notes; im<br />

Hintergrund flirren atmosphärische Soundscapes,<br />

die Bilder von Wüstenlandschaften<br />

wachrufen. Neben guten Eigenkompositionen<br />

gibt’s auch drei gelungene Cover-<br />

Versionen: Mark Lanegans “Revolver”,<br />

Jeffrey Lee Pierces “St. Mark’s Place” und<br />

Van Morrisons “T.B. Sheets”. Sattelt die<br />

schwarzen Pferde, vielleicht gibt’s ja noch<br />

eine Fortsetzung: für ein paar Dollar mehr<br />

von diesem Desert Blues!<br />

(Rustblade/Broken Silence, 2014,<br />

12/49:27) frs<br />

GREENSLADE<br />

LARGE AFTERNOON<br />

Bevor Greenslade im<br />

Jahr 2000 ihr Reunion-Album<br />

LARGE<br />

AFTERNOON veröffentlichten,<br />

hatten<br />

sie eine rund 25-jährige<br />

Pause eingelegt.<br />

Colosseum-Keyboarder David Greenslade<br />

gründete die Band 1972, brachte mit Tony<br />

Reeves dazu noch den Bassist von seiner<br />

alten Band mit, Dave Lawson (keys, voc)<br />

und Andrew McCulloch (dr) vervollständigten<br />

das Quartett. Nach der Auflösung<br />

1976 reformierten Greenslade und Reeves<br />

fast ein Vierteljahrhundert später dann zusammen<br />

mit Sänger und Keyboarder John<br />

Young (Asia, Quango) sowie Schlagzeuger<br />

Chris Cozens die Band. Vor allem Freunde<br />

von klassisch-opulentem Prog-Rock kamen<br />

dabei auf ihre Kosten, trotz der langen Pause<br />

konnten Greenslade ihren charakteristischen<br />

Sound mit zwei Keyboards – und<br />

ohne Gitarre! – auf Anhieb wieder perfekt<br />

reproduzieren. Für die 2014er Wiederveröffentlichung<br />

gibt es neue, ausführliche<br />

Liner-Notes, in denen vor allem David<br />

Greenslades Erinnerungen an dieses Album<br />

zu lesen sind.<br />

(Angel Air, 2000, 9/46:46)<br />

us<br />

MANDO DIAO<br />

AELITA<br />

Schon das Nebenprojekt Caligola, bei dem<br />

die beiden Mando-Diao-Mitglieder Björn<br />

Dixgård und Gustaf Norén sich vor zwei<br />

Jahren in Sachen Dancefloor aus<strong>to</strong>bten,<br />

kündigte den Stilwechsel der schwedischen<br />

Band an. Will heißen, dass mit AELITA jetzt<br />

so gut wie alle Spuren, die an frühere Indie-<br />

Rockzeiten erinnern, getilgt sind, dass die<br />

Hinwendung zu elektronisch geprägten,<br />

tanzbaren Klängen vollzogen ist. Auch dass<br />

sie ihr neues Werk nach einem gebrauchten<br />

russischen Syn<strong>the</strong>sizer benannt haben,<br />

den sie 2011 geschenkt bekamen, passt da<br />

ins Bild. Dass Mando Diao dennoch weit<br />

davon entfernt sind, Dutzendware für die<br />

Tanzflächen zu produzieren, dass sich ihr<br />

Sound trotz allem noch ganz gehörig von<br />

anderen Electro-Acts unterscheidet, liegt an<br />

ihrem Songwriting. Denn wenn woanders<br />

Rhythmen und pumpende Bässe im Mittelpunkt<br />

stehen, gibt es diese auf AELITA<br />

auch zu hören, aber nur als Stilmittel, als<br />

Unterstützung. Chef im Ring bleiben ihre<br />

Melodien, die ebenso hymnisch wie tanzbar<br />

sind.<br />

(Vertigo/Universal, 2014, 10/54:24) tk<br />

JOHN MELLENCAMP<br />

1978–2012<br />

Außerhalb seiner Heimat wird John Mellencamp<br />

immer etwas unter Wert betrachtet,<br />

Nicht-Amerikanern fehlt einfach der Bezug<br />

zu den ländlich geprägten Themen, die er in<br />

seinen Songs immer wieder aufgreift. Als<br />

Johnny Cougar startete er 1976 mit einem<br />

Cover-Album seine Karriere, interpretierte<br />

Roy Orbison (“Oh, Pretty Woman”), die<br />

Doors (“Twentieth Century Fox”) und John<br />

Sebastian (“Do You Believe In Magic”).<br />

Nach einem weiteren Album als Johnny<br />

Cougar änderte er für LP Nummer 3 seinen<br />

Vornamen, 1979 erschien JOHN COU-<br />

GAR. Mit diesem Album steigt auch die<br />

Retrospektive-Box 1978–2012 in das Werk<br />

Mellencamps ein, gefolgt von NOTHIN’<br />

MATTERS AND WHAT IF IT DID und<br />

AMERICAN FOOL, mit dem er 1982 das<br />

erste Mal bis auf Platz 1 der US-Charts kletterte.<br />

Auch mit den nächsten vier LPs ging<br />

es regelmäßig in die Top 10, der Durchbruch<br />

war geschafft, sein Name änderte sich<br />

in John Cougar Mellencamp. Ende der 90er<br />

strich er dann das „Cougar” aus seinem Namen,<br />

musste mit JOHN MELLENCAMP<br />

(#41) und ROUGH HARVEST (#99) eine<br />

kleine Talsohle durchschreiten, bevor ab<br />

2007 die Alben FREEDOM’S ROAD,<br />

LIFE DEATH, LOVE AND FREEDOM<br />

und NO BETTER THAN THIS wieder in<br />

den Top 10 landeten. Zusätzlich zu diesen<br />

18 Alben aus 34 Jahren liefert die schmucke<br />

Papp-Box mit FALLING FROM GRACE<br />

noch ein schon lange nicht mehr erhältliches<br />

Highlight, den 1991 veröffentlichten<br />

Soundtrack des gleichnamigen Filmes, der<br />

neben der Musik Mellencamps auch Songs<br />

von Lisa Germano, Nanci Griffith, John<br />

Prine und Dwight Yoakam enthält. Ein imposantes<br />

Gesamtwerk, dessen größtes Plus<br />

seine zeitlose musikalische Qualität ist.<br />

(Mercury/Universal, 2014, 19 CDs) us<br />

JOHN HIATT<br />

TERMS OF MY SURRENDER<br />

40 Jahre nach der Veröffentlichung seines<br />

Debüts HANGING AROUND THE OB-<br />

SERVATORY demonstriert John Hiatt mit<br />

TERMS OF MY SURRENDER, warum<br />

er als einer der stärksten Singer/Songwriter<br />

gilt. Der bald 62-Jährige (*20.8.1952)<br />

hat immer noch etwas zu sagen – und präsentiert<br />

sich musikalisch vielfältig. Sein<br />

langjähriger Gitarrist Doug Lancio, der<br />

produzierte, hat ihn ermutigt, verstärkt zur<br />

Akustikklampfe zu greifen (elektrische<br />

Rock<br />

Beiträge kommen aber nicht zu kurz) und<br />

weitestgehend live im Studio aufzunehmen.<br />

Unter dem Americana-Dach erzählt Hiatt<br />

seine Geschichten auf einer breitgefächerten<br />

Stilbasis. Die reicht von Blues (“Face<br />

Of God”) über Hobo-jazzig Inspiriertes<br />

(im Titelsong) bis zu Country-Gospeligem<br />

– und er singt inzwischen einen Tick tiefer.<br />

Einmal mehr Hiatt vom Feinsten! Der<br />

Mann kann’s einfach!<br />

(New West/ADA Warner, 2014,<br />

11/42:44) pro<br />

TOM PETTY &<br />

THE HEARTBREAKERS<br />

HYPNOTIC EYE<br />

Mit heftigen Gitarrenriffs<br />

wird man<br />

von den ersten beiden<br />

Songs von Tom<br />

Pettys neuem Album<br />

zunächst auf<br />

die falsche Fährte<br />

geführt. Sollte das neue Werk etwa eine<br />

Abkehr vom bewährtem Mix aus Blues,<br />

Americana und kernigem Heartland-Rock<br />

sein? Nein, je länger man sich das Album<br />

anhört, je tiefer geht es wieder zurück in<br />

die Zeiten, als Petty mit seinen Heartbreakers<br />

Anfang der 90er mit INTO THE<br />

GREAT WHITE OPEN einen Genre-Klassiker<br />

schuf. Ja, oft gehen sie sogar zurück<br />

bis in die 70er, als Country-Rock – mit<br />

der Be<strong>to</strong>nung auf „Rock” – seine große<br />

Zeit erlebte, als dieser Stil von Bands wie<br />

der Nitty Gritty Dirt Band, Creedence<br />

Clearwater Revival oder Poco populär gemacht<br />

wurde. Das Highlight des Albums<br />

haben sie sich bis zum Schluss aufgehoben,<br />

der Sechseinhalbminüter “Shadow<br />

People” versammelt in einem Song alles,<br />

was HYPNOTIC EYE ausmacht, rockige<br />

Härte, geerdeten Roots-Rock und klasse<br />

Melodien.<br />

(Reprise/Warner, 2014, 21/44:32) us<br />

ROGER McGUINN, GENE<br />

CLARK, CHRIS HILLMAN<br />

LIVE AT THE BOARDING<br />

HOUSE – THE HISTORIC RADIO<br />

BROADCAST<br />

Mitschnitt eines Konzerts vom 9.2.1978<br />

in San Francisco. Zum Aufwärmen in<strong>to</strong>nieren<br />

Clark, Hillman und McGuinn zunächst<br />

je drei Songs aus ihrem jeweiligen<br />

Katalog solo. Okay, aber nicht wirklich<br />

aufregend. Dann spielen sie, hörbar in<br />

Form kommend, schöne Versionen von<br />

“Chestnut Mare”, “Crazy Ladies” und<br />

dem Clark-Übersong “Train Leaves Here<br />

This Morning”. Und dann gesellt sich<br />

für acht Klassiker wie “Mr. Tambourine<br />

Man” (in ungewöhnlich langer 6:45-Version),<br />

“So You Want To Be A Rock’n’Roll<br />

Star”, “Turn! Turn! Turn!” und “Eight<br />

Miles High” sowie Dylans “Knocking<br />

On Heaven’s Door” David Crosby dazu,<br />

und die Fast-Original-Byrds-Post geht so<br />

richtig ab, was sich auch am Beifallspegel<br />

ablesen lässt. Bis auf das (Aufnahme-)<br />

technisch – zu leiser Gesang – vemurkste<br />

Clark-Lied “Release Me Girl” ein rundum<br />

geglückter Auftritt, bei dem es auch etliche<br />

instrumentale Großtaten gibt. Für Fans<br />

eine Muss-CD.<br />

(All Access/Import, 2014,<br />

17/66:22) hjg<br />

Seite 42 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


16 von pro noch offen<br />

us 2?<br />

CD<br />

REVIEWS<br />

JETHRO TULL<br />

A PASSION PLAY – AN EX-<br />

TENDED PERFORMANCE<br />

Nach BENEFIT<br />

(1970), AQUA-<br />

LUNG (1971)<br />

und<br />

THICK<br />

AS A BRICK<br />

(1972) stand<br />

die turmhohe<br />

Erwartungshaltung<br />

an das<br />

vierte Album von Jethro Tull schier<br />

un überwindbar vor der britischen<br />

Prog-Band. Als dann noch technische,<br />

gesundheitliche und organisa<strong>to</strong>rische<br />

Probleme dazukamen,<br />

schien A PASSION PLAY im Fiasko<br />

zu enden. Doch wie so oft schienen<br />

all diese Her ausforderungen die<br />

Kreativität eher zu beflügeln als zu<br />

hemmen. Komplizierte Rhythmen,<br />

komplizierte Texte, das Album<strong>the</strong>ma<br />

Wiedergeburt und ewiges Leben<br />

war auch nicht gerade ein Leichtes,<br />

dennoch wurde die darauf dargebotene<br />

Geschichte von Gut gegen Böse<br />

zu einem der besten Alben von Ian<br />

Anderson, Martin Barre, Jeffrey<br />

Hammond-Hammond, Barriemore<br />

Barlow und John Evans, kletterte<br />

auf Anhieb bis auf Platz 1 den US-<br />

Charts. In einem gebundenen Buch<br />

erscheint die so genannte Extended<br />

Performance mit zwei CDs und zwei<br />

DVDs. Sie enthält das Originalalbum<br />

sowie das komplette Material,<br />

das bei den Aufnahmen im Chateau<br />

d’Hérouville entstand, neu gemixt<br />

von Steven Wilson. Die DVDs liefern<br />

die ebenfalls von Wilson vorgenommenen<br />

Abmischungen im 5.1<br />

Surround-Sound sowie zusätzliches<br />

Videomaterial. Tolle Aufbereitung<br />

eines starken Albums, dazu noch ein<br />

80-seitiges Begleitbuch, das keine<br />

Wünsche offen lässt.<br />

(Chrysalis/Warner, 1973,<br />

15/45:33, 15/59:53) us<br />

ANGLAGARD<br />

PROG PA SVENSKA – LIVE<br />

IN JAPAN<br />

Nach personeller Umbesetzung, mit<br />

den neuen Mitgliedern Linus Kåse<br />

(keys) und Erik Hammarstöm (dr),<br />

waren die schwedischen Prog-Rocker<br />

Anglagard (zusammen mit dem Crimson<br />

ProjeKCt) an drei Abenden im<br />

März letzten Jahres im Club Citta im<br />

japanischen Kawasaki zu Gast. Das<br />

dabei mitgeschnittene Material wird<br />

nun auf PROG PA SVENSKA – LIVE<br />

IN JAPAN auf zwei CDs mit sieben<br />

Longtracks veröffentlicht. Immer<br />

wieder beeindruckend, wie vielseitig<br />

sich die Band hier zeigt, wie es ihr<br />

fast durchgehend gelingt, die Spannung<br />

zu halten. Gerade die Wechsel<br />

zwischen vertrackten, jazzigen<br />

Phasen und melodischen, Klassikgeprägten<br />

Abschnitten, das Anziehen<br />

und Verlangsamen des Tempos, die<br />

Prog-typische Alternation zwischen<br />

harten und weichen Passagen – alles<br />

Qualitäten, die Anglagard hier in Perfektion<br />

zeigen. Dazu noch hochwertig<br />

verpackt und mit einem <strong>to</strong>llen Booklet<br />

ausgestattet.<br />

(Anglagard Records/Just For Kicks,<br />

2014, 4/42:30, 3/44:02) us<br />

VERTICAL HORIZON<br />

ECHOES FROM THE<br />

UNDERGROUND<br />

Wer wie Matt<br />

Scannell schon<br />

seit über 20<br />

Jahren im Musikbusiness<br />

tätig ist, wer<br />

schon erfolgreiche<br />

Songs mit und für Künstler<br />

wie Richard Marx und David Powter<br />

geschrieben hat, der weiß, worauf es<br />

ankommt. Parallel zu seinen Kollaborationen<br />

hatte Scannell mit Vertical<br />

Horizon auch immer seine eigene Band<br />

am Laufen. Anfang der 90er Jahre veröffentlichte<br />

sie drei selbst vertriebene<br />

Alben, bevor 1998 bei RCA ein Majorvertrag<br />

unterschrieben wurde. Mit<br />

“Everything You Want” erreichten sie<br />

im Juli 2000 Platz 1 in den Billboard<br />

Charts, gefolgt von Hits wie “You’re<br />

A God” und “Best I Ever Had”. Klasse<br />

Songs, die jetzt mit dem Mitte Juni<br />

veröffentlichten ECHOES FROM<br />

THE UNDERGROUND ihre Fortsetzung<br />

finden. Scannell und seiner Band<br />

gelingen darauf herrlich hymnische<br />

Rocksongs, mal Gitarren-getrieben,<br />

mal prog-rockig verschachtelt, mal in<br />

Richtung gefühlvoller Pop gehend.<br />

(Membran/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />

11/47:52) us<br />

BACON BROTHERS<br />

36 CENTS<br />

Was tun, wenn man von einer zur Veröffentlichung<br />

anstehenden CD nur eine<br />

gebrannte Vorab-CD ohne Titel- oder<br />

sonstige Angaben erhält (außer dass es<br />

sich um durchweg neue Songs handelt<br />

und Daryl Hall als Duettpartner dabei<br />

ist)? Einfach nur lauschen und diese<br />

Eindrücke in den Computer klopfen!<br />

36 CENTS nennt sich das neue Werk<br />

der Bacon Bro <strong>the</strong>rs, also der Band um<br />

Schauspieler Kevin Bacon und seinen<br />

Bruder Michael. Es ist deutlich stärker<br />

Singer/Songwriter-orientiert als die<br />

bisherigen Tonträger der Brüder. Novelty<br />

Songs wie das Titelstück werden<br />

zu Gehör gebracht. Die Akustikgitarre<br />

(samt geschmackvoller Streicherunterstützung)<br />

dominiert als Führungsinstrument,<br />

auch wenn das elektrische<br />

Instrumentarium keineswegs in der<br />

Ecke verstaubt. Einmal wird auch kräftiger<br />

abgerockt. Die Texte scheinen einer<br />

intensiveren Beschäftigung wert –<br />

insgesamt anspruchsvoll, manchmal an<br />

Jackson Browne (und entfernt an Paul<br />

Simon) erinnernd.<br />

(Hypertension/Soulfood, 2014,<br />

12/43:49) pro<br />

THE WILD MAGNOLIA<br />

MARIACHIS<br />

BOOGIE INDIANS<br />

Die erste Inkarnation der Wild Magnolia<br />

Mariachis gab es zwischen<br />

1997 und 2002, nach ein paar Jahren<br />

Rock<br />

Pause war es 2011 soweit, dass sich<br />

die die aktuelle, neunköpfige Besetzung<br />

der Münchner Band wieder zusammenfand.<br />

Wenig ändern mussten<br />

sie ihren Stil für die Reunion, fetzige,<br />

Blues-rockige Partymusik war vor<br />

15 Jahren genauso angesagt, wie sie<br />

es heutzutage ist. Mit zwei Gitarren,<br />

Keyboards, Mundharmonika,<br />

einer pumpenden Rhythmusgruppe<br />

und fettem Gebläse bietet BOO-<br />

GIE INDIANS einen ganz eigenen<br />

Rock’n’Roll-Cocktail, treibender<br />

Boogie, fetziger R&B, sich immer<br />

wieder bei artverwandten Stilen wie<br />

Sou<strong>the</strong>rn Rock, Rockabilly, Blues<br />

und Country bedienend. Neben ihren<br />

selbst verfassten Songs bedienen<br />

sie sich auch an Vorlagen von Bruce<br />

Springsteen (“Johnny 99”), ZZ Top<br />

(“Heard It On The X”) oder Willie<br />

Dixon (“Tail Dragger”).<br />

(Notnowmom!/Galileo <strong>Music</strong><br />

Communication, 2014,<br />

15/58:20) tk<br />

BLODWYN PIG<br />

THE BASEMENT TAPES<br />

Nach<br />

Fertigstellung<br />

des<br />

Debütalbums<br />

THIS<br />

WAS<br />

stieg<br />

Gitarrist<br />

Mick<br />

Abrahams<br />

1968<br />

bei Jethro Tull aus und gründete das<br />

Blues-Rockquartett Blodwyn Pig, um<br />

das es nach den beiden recht erfolgreichen<br />

LPs AHEAD RINGS OUT<br />

und GETTING TO THIS bald wieder<br />

still wurde. Diese ausweislich der auf<br />

1999 datierten Liner-Notes nicht zum<br />

ersten Mal veröffentlichte Zusammenstellung<br />

vereint elf bei diversen<br />

Sessions in den Jahren 1969 in Originalbesetzung<br />

bzw. 1974 mit Ex-Tull-<br />

Drummer Clive Bunker für die BBC<br />

eingespielte Tracks mit zwei 1996 im<br />

Trioformat aufgenommenen Titeln.<br />

Dabei ruft die Mehrzahl der frühen<br />

Aufnahmen noch einmal ins Gedächtnis,<br />

welch kreatives Potenzial in diesem<br />

Bandprojekt steckte, während<br />

die abschließende 1996er Version von<br />

”Drive Me” gegenüber dem Original<br />

von GETTING TO THIS definitiv den<br />

Kürzeren zieht.<br />

(Gonzo/H’Art, 2014, 13/55:45) ms<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

ALL MY FRIENDS – CELE-<br />

BRATING THE SONGS &<br />

VOICE OF GREGG ALLMAN<br />

Wieder einmal eine Veröffentlichung,<br />

bei der einfach alles passt. Klasse Verpackung,<br />

doppelt aufklappbares Digipak,<br />

zwei prallvolle CDs, eine DVD<br />

mit dem kompletten Konzert, dickes<br />

Booklet mit allen notwendigen Infos<br />

und vielen Livefo<strong>to</strong>s. Dass ein Abend,<br />

an dem mit Gregg Allman einer der<br />

wichtigsten Musiker der amerikanischen<br />

Rockszene im Mittelpunkt<br />

steht, an dem hochrangige Gäste wie<br />

Warren Haynes, Derek Trucks, John<br />

Hiatt, Vince Gill, Jackson Browne,<br />

Martina McBride, Taj Mahal und Dr.<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 43


CD<br />

REVIEWS<br />

John zu sehen und zu hören waren, etwas<br />

Besonderes ist, das versteht sich von selbst.<br />

Natürlich war auch Gregg Allman selbst bei<br />

einigen seiner Songs auf der Bühne mit dabei,<br />

wie auch die aktuelle Allman Bro<strong>the</strong>rs<br />

Band, die Jamkönige von Widespread Panic<br />

und ein furioses Finale, bei dem alle Künstler<br />

gemeinsam ein vielstimmiges “Will The<br />

Circ le Be Unbroken” anstimmten. Auch<br />

sonst ist die Trackliste gespickt mit Highlights,<br />

von “Statesboro Blues” über “Melissa”<br />

bis zu “Whipping Post”. Herrlich!<br />

(Rounder/Universal, 2014,<br />

14/73:20, 12/76:31) us<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

PUNK 45: SICK ON YOU! ONE<br />

WAY SPIT! AFTER THE LOVE &<br />

BEFORE THE REVOLUTION –<br />

PROTO-PUNK 1969–76<br />

Folge 3 der verdienstvollen<br />

Punk-Rockserie<br />

des Labels Soul<br />

Jazz. Nach den<br />

USA und dem<br />

UK sind diesmal<br />

die Vorläufer der Frühsiebziger dran, die<br />

mit unangepassten Klängen aus den Bereichen<br />

Hardcore-Garage, Post-Glam und<br />

Pub-Rock die Punkrevolution vorbereiteten.<br />

Dankenswerterweise fehlen oft – und<br />

teilweise zu Unrecht – genannte Acts wie<br />

The S<strong>to</strong>oges, New York Dolls, MC 5 und<br />

Patti Smith, denn der Fokus liegt klar auf<br />

weit weniger Prominenten wie The Electric<br />

Eels (Cleveland), Crime (San Francisco),<br />

Zolar X (Los Angeles), George Brigman<br />

(Baltimore), The 101ers (Londoner Pre-<br />

Clash-Band mit Joe Strummer), Cabaret<br />

Voltaire (Sheffield) und The Count Bishops<br />

(London) – und die übrigen Helden kennen<br />

heute allenfalls nur noch Spezialisten; sie<br />

machten schon damals ihre Musik unter<br />

ziemlichem Ausschluss der breiten Öffentlichkeit.<br />

Umso wichtiger ist, dass in den<br />

ausgezeichneten Liner-Notes von Jon Savage<br />

alle Interpreten in kurzen Biografien<br />

plus exklusiven Fo<strong>to</strong>s vorgestellt werden.<br />

Die geballt zu hörende Musik voller hingebungsvoller<br />

Härte, Energie und Ungeschliffenheit<br />

spricht freilich sowieso für sich.<br />

(Soul Jazz/Indigo, 2014,<br />

21/78:01) hjg<br />

JOHN DOE<br />

THE BEST OF JOHN DOE:<br />

THIS FAR<br />

John Doe (*25. Februar 1954 als John Nommensen<br />

Duchac) ist ein US-amerikanischer<br />

Sänger, Songwriter, Gitarrist, Bassist und<br />

Schauspieler. Doe war Mitbegründer der<br />

Punk-Rockband X, spielte zeitweise auch<br />

bei den Flesh Eaters und Knitters und veröffentlichte<br />

ab 1990 Solo-Alben. Ein Mann mit<br />

vielen Talenten, der hier eine persönlich ausgesuchte,<br />

Label-übergreifende, jedoch nicht<br />

chronologisch aufgebaute Werkschau mit 21<br />

Songs von neun Alben vorlegt, die nicht von<br />

„Hits” geprägt wird. Enthalten sind stattdessen<br />

kernige Rocker wie “Telephone By The<br />

Bed”, “A Step Outside”, und “The Golden<br />

State”, das jazzige “Never Enough” und das<br />

stark von den Byrds und Tom Petty beeinflusste<br />

“This Far”. Hingegen kommt “Dying<br />

To Get Home” mit Rockabilly-Momenten<br />

und “Faraway (From The North Country)”<br />

Rock<br />

mit schönem Folk<strong>to</strong>uch. Es gibt auch die beiden<br />

neu aufgenommenen Songs “Take #52”<br />

und “Poor Girl” (gab es schon mit X), Kollaborationen<br />

mit Dan Auerbach, Dave Alvin<br />

und Kathleen Edwards, aber zum Beispiel<br />

leider nichts vom Album COUNTRY CLUB<br />

mit den Sadies. Insgesamt ist THIS FAR ein<br />

überwiegend John Does eher ruhige Seite<br />

be<strong>to</strong>nendes Porträt, das unbedingt Appetit<br />

auf mehr macht.<br />

(Yep Roc/Cargo, 2014,<br />

21/74:06) hjg<br />

STEVE HARLEY &<br />

COCKNEY REBEL<br />

THE BEST YEARS OF OUR<br />

LIVES – DEFINITIVE EDITION<br />

Immer noch ist das<br />

1975 veröffentlichte<br />

Album THE BEST<br />

YEARS OF OUR<br />

LIVES das bestverkaufte<br />

Album von<br />

Steve Harley & Cockney<br />

Rebel. Der geniale Songwriter und mitreißende<br />

Liveperformer Steve Harley hatte<br />

für die Aufnahmen zu diesem Werk aufgrund<br />

Band-interner Streitigkeiten fast sein komplettes<br />

Personal ausgewechselt, nur Schlagzeuger<br />

Stuart Elliott durfte bleiben. Unter der<br />

Produktionsregie von Alan Parsons entstand<br />

ein Album, das zwar klar dem Glam-Rock<br />

zuzuordnen ist, aber dennoch schon Stile wie<br />

die kurz darauf aufkommende New Wave<br />

vorwegnahm. Vier Extra-Tracks: eine B-<br />

Seite, eine Single-Version, ein alternativer<br />

Mix sowie eine Acoustic-Version. Wie gut<br />

Steve Harley & Cockney Rebel damals auf<br />

der Bühne waren, das zeigen zwei zusätzliche<br />

CDs (sowie eine 28-minütige DVD),<br />

auf denen ein 1975er Auftritt im Londoner<br />

Hammersmith Odeon dokumentiert ist, bei<br />

dem es neben den BEST YEARS-Songs<br />

auch klasse Liveversionen von “Sebastian”<br />

und “Tumbling Down” zu hören gibt.<br />

(Parlophone/Warner, 1975,<br />

13/55:39, 7/54:08, 7/45:42) us<br />

CHRISSIE HYNDE<br />

STOCKHOLM<br />

Man muss schon genau hinsehen, damit man<br />

es nicht mit dem Pretenders-Album GET<br />

CLOSE verwechselt: Auf dem Cover von<br />

STOCKHOLM sieht man Chrissie Hynde<br />

in einem ähnlichen Schwarz-Weiß-Schnappschuss<br />

in vergleichbar selbstbewusster Pose<br />

vor ebenfalls schneeweißem Hintergrund.<br />

Doch der nach der schwedischen Hauptstadt<br />

benannte Longplayer ist kein neues Pretenders-Werk,<br />

es ist Hyndes erstes Solo-Album<br />

in ihrer über 30-jährigen Karriere als Musikerin.<br />

Auf der gemeinsam mit Produzent,<br />

Co-Komponist und Gitarrist Björn Yttling<br />

(Peter, Bjorn & John) in den S<strong>to</strong>ckholmer<br />

Ingrid Studios entstandenen Scheibe präsentiert<br />

sich die 62-jährige US-Sängerin in gewohnt<br />

guter Qualität. Allerdings sind einige<br />

Rhythmus- und Keyboardspuren etwas zu<br />

poliert und pompös geraten, was den Songs<br />

nicht gut steht. Ein reduzierteres Gewand<br />

hätte ihre Nähe und Direk<strong>the</strong>it besser hervorgekehrt.<br />

Dennoch knüpfen Lieder wie “Dark<br />

Sunglasses”, “Like In The Movies” und<br />

“Down In The Wrong Way” (unverkennbar<br />

spielt hier Neil Young die E-Gitarre!) nahtlos<br />

an beste Pretenders-Zeiten an.<br />

(Caroline/Universal, 2014, 11/37:57) frs<br />

LP<br />

REVIEWS<br />

CRAZY HORSE<br />

CRAZY HORSE<br />

Wer ist Neil Young?<br />

Wenn man Gitarren-Kleingott<br />

Nils<br />

Lofgren, Arrangementmeister<br />

Jack<br />

Nitzsche, dazu drei<br />

versierte Songschreiber/Sänger/Instrumentalisten<br />

/I t sowie illustre<br />

Gäste wie Ry Cooder hat, braucht man sich<br />

wirklich nicht hinter dem kanadischen Meister<br />

zu verstecken. Zwar hatten die ehemaligen<br />

Rockets Neil Young schon zweimal<br />

auf LP „begleitet”, doch was unter der Regie<br />

von Nitzsche und Bruce Botnick (u.a.<br />

The Doors) 1970 in L.A. und Frisco auf<br />

die Bänder kam, brauchte die Zugkraft des<br />

großen Namens nicht. Saubere Westküs ten-<br />

Americana, immer schön im Midtempo und<br />

gar nicht rumpelig gespielt, ergibt ein zeitlos<br />

gutes Album. Kein Wunder, dass Lofgren<br />

später “Beggar’s Day” recycelte und<br />

Rod Stewart “I Don’t Want To Talk About<br />

It” – ja, hier gibt’s die Originalversion – zurechtraspelte.<br />

Sehr feines, gar nicht teures<br />

Reissue, das um Klassen besser klingt als<br />

zeitgenössische europäische Lizenzpressungen.<br />

(Rhino/Warner, 1971, 11 Tracks) lbr<br />

BOB DYLAN<br />

HIGHWAY 61 REVISITED<br />

Es gibt Hits, Superhits,<br />

Evergreens oder<br />

die größten Songs<br />

aller Zeiten. Und es<br />

gibt “Like A Rolling<br />

S<strong>to</strong>ne”. Nicht überirdisch<br />

schön, nicht<br />

abgrundtief traurig, nicht harmonisch<br />

hochveredelt , nicht virtuos inszeniert,<br />

erst recht nicht engelsgleich gesungen.<br />

Und doch ein Song für Himmel, Hölle und<br />

die Ewigkeit. Vor 50 Jahren so mitreißend,<br />

aufwühlend, zupackend wie heute und wie<br />

sicher noch in 50 Jahren. Dass er seinerzeit<br />

„nur” auf Platz 2 in den USA und 4<br />

im UK kam – pfeif drauf. Das zugehörige<br />

Album etablierte Bob Dylan endgültig als<br />

Rockstar und löste seine Rolle als protestsingender<br />

Folkie in Begeisterungstürme<br />

auf. Die „elektrische” Begleitband mit Al<br />

Kooper (keys) und Mike Bloomfield (g)<br />

sorgte unter Regie der Produzenten Tom<br />

Wilson und Bob Johns<strong>to</strong>n für knackige<br />

Untermalungen zu Dylans grandioser Lyrik.<br />

Die, wie er erzählte, vom Highway<br />

61, einer der großen, my<strong>the</strong>numrankten<br />

Nord-Süd-Achsen der Staaten, inspiriert<br />

war. Natürlich brachte sie nicht nur den<br />

angesprochenen Stein ins Rollen, sondern<br />

mit der “Ballad Of A Thin Man” und erst<br />

recht der elfein halbminütigen “Desolation<br />

Row” führte sie Dylan zu weiteren Höchstleistungen.<br />

MFSL setzt mit den fantastisch<br />

klingenden Umschnitten auf jeweils zwei<br />

schnelllaufende LPs einen Meilenstein<br />

nach dem anderen ins Dylans 60er-Jahre-<br />

Discographie. Jetzt hat man sich bei diesem<br />

Über-Album selbst übertroffen. Sogar<br />

die hervorragend überspielte SACD-Version<br />

von Sony <strong>Music</strong> vermag nicht diese<br />

Dramatik und Dynamik zu entfesseln. Ein<br />

Meilenstein – in jeder Beziehung.<br />

(MFSL/Sieveking Sound, 1965,<br />

2 LPs 45 rpm, 9 Tracks) lbr<br />

KISS<br />

VINYL-WIEDERVERÖFFENT-<br />

LICHUNGEN<br />

1974 erschien mit KISS das selbst betitelte<br />

Debüt der amerikanischen Rockband, neben<br />

der Karriere-Retrospektive 40 (siehe CD-<br />

Rezensionen) und einer rund 2000 Dollar<br />

teuren Vinylbox mit allen Studio- und Live-<br />

Alben (ergänzt um allerlei exklusives Material,<br />

verpackt in einem Flightcase aus Metall,<br />

limitiert auf 1000 Exemplare) kann man<br />

als Analogfan das 40-jährige Kiss-Jubiläum<br />

auch etwas gezielter (und preiswerter!) feiern.<br />

Auf hochwertigem 180g-Vinyl werden<br />

alle regulären Kiss-Alben neu aufgelegt,<br />

alle mit zusätzlichem Download-Code für<br />

Mp3-Files. Von KISS und HOTTER THAN<br />

HELL (beide 1974) bis zu LOVE GUN<br />

(1977) reichte die erste Phase ihrer Karriere,<br />

bevor dann DYNASTY (1979) und<br />

UNMASKED (1980) eine erste Zäsur einläutete.<br />

Von MUSIC FROM THE ELDER<br />

(1981) bis zu HOT IN THE SHADE (1989)<br />

ging es auf und ab durch die 80er Jahre, mit<br />

dem 1998er PSYCHO CIRCUS endet dann<br />

die Reihe. Ebenso werden die Livescheiben<br />

von Kiss wiederveröffentlicht, 1975 kam<br />

ALIVE! in die Läden, eine legendäre Platte,<br />

die 1977 bzw. 1993 als ALIVE II & III ihre<br />

Fortsetzung fand. 1996 erschien der Mitschnitt<br />

des MTV UNPLUGGED-Konzertes,<br />

zehn Jahre später die Doppel-LP ALIVE!<br />

THE MILLENIUM CONCERT, die an Silvester<br />

1999 im kanadischen Vancouver mitgeschnitten<br />

wurde. Da sollte doch für jeden<br />

Rockfan etwas dabei sein ...<br />

(Universal, 1974–1998)<br />

us<br />

COCO SCHUMANN<br />

COCO ON VINYL<br />

Im Mai feierte Coco<br />

Schumann,<br />

einer<br />

der letzten lebenden<br />

deutschen<br />

Swinglegenden,<br />

seinen<br />

90. Geburtstag. Aus<br />

diesem Anlass veröffentlicht<br />

das Münchner Trikont-Label, das<br />

in den vergangenen Jahren ganz besonders<br />

Seite 44 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


LP<br />

REVIEWS<br />

Vinyl<br />

für die Wiederentdeckung des Gitarristen mit<br />

der bewegenden Lebensgeschichte (siehe die<br />

Rezension des Buches „I Got Rhythm” in<br />

dieser Ausgabe) gesorgt hat, nun erstmals<br />

seine Musik auch auf Vinyl. Die Anthologie<br />

COCO ON VINYL (mit eingelegter<br />

CD) deckt mehrere Jahrzehnte der Karriere<br />

des deutsch-jüdischen „Ghet<strong>to</strong>-Swingers”<br />

ab, der als einer der ersten Musiker in<br />

Deutschland eine E-Gitarre spielte. Auf Vinyl<br />

lässt sich Schumanns zwischen Django-<br />

Reinhardt-Kunstfertigkeit und entspanntem<br />

Easy-Listening-Jazz oszillierende Musik,<br />

darunter seine zarte Version von Gershwins<br />

“Summertime”, das experimentelle “Westwind”<br />

oder der schlüpfrige “Stripper Blues”,<br />

besonders stilvoll genießen.<br />

(Trikont/Indigo, 2014, 12/37:11) frs<br />

BOB DYLAN<br />

TIME OUT OF MIND<br />

Mit diesem Album<br />

läutete Bob Dylan<br />

Ende der 90er Jahre<br />

seinen aktuell immer<br />

noch<br />

andauernden<br />

Höhenflug ein. Dabei<br />

waren die einzelnen<br />

Songs, die er für TIME OUT OF MIND<br />

geschrieben hatte, für sich alleine gesehen<br />

gar nicht so sensationell. Oder anders gesagt,<br />

machte er eigentlich nichts anderes als<br />

all die Jahre zuvor, bediente sich bei altem<br />

Blues, an Folksongs aus aller Welt, an erdigem<br />

R&B. Zusammen mit Produzent Daniel<br />

Lanois transformierte er den Geist dieser<br />

Songs in seinen eigenen Kosmos, erschuf<br />

Neues, ohne das Alte zu vernachlässigen,<br />

wurde so wieder einmal zum Vorreiter, inspirierte<br />

junge Bands wie die Black Keys<br />

oder die White Stripes. Aufgrund der Spieldauer<br />

wurden die elf Songs des Originalalbums<br />

auf vier LP-Seiten verteilt, so dass<br />

jedem der Songs genügend Platz zur vollen<br />

Entfaltung zur Verfügung steht.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1997,<br />

11 Tracks) us<br />

GÖLÄ<br />

DIE SCHÖNSTEN<br />

MUNDART-BALLADEN<br />

Der<br />

Schweizer<br />

(nicht-nur)<br />

Berndütsch-Sänger<br />

Gölä<br />

schoss mit seinem<br />

jüngsten<br />

Album<br />

DIE<br />

SCHÖNSTEN<br />

MUNDART-BAL-<br />

LADEN<br />

– NASHVILLE AUFNAHMEN<br />

in Nullkommanix auf Platz 1 der Schweizer<br />

Charts. Gemeinsam mit Executive Producer<br />

Roland Fischer von Universal Schweiz hatte<br />

der Thuner ein cooles Projekt ausgeheckt:<br />

Er wählte aus seinem reichen Songfundus<br />

die besten Balladen aus und spielte sie in<br />

der US-Musikhauptstadt Nashville, Tennessee,<br />

neu ein. Die Zusammenarbeit mit den<br />

amerikanischen Top-Musikern ergab ein<br />

schlicht grandioses Album, von dem man<br />

sich beim Anhören wünscht, es würde nie<br />

aufhören. Die Vorstellung lässt einen schon<br />

schmunzeln: Wie die Instrumentalcracks<br />

beim Abhören der Gesangsspuren völlig<br />

verständnislos bleiben und sie trotzdem so<br />

selbstverständlich spielen, als hätten sie nie<br />

etwas anderes getan, als schwiizerdütsches<br />

Liedgut zu begleiten. Wer angesichts der<br />

Herkunft lauwarmes Countrygewimmer befürchtet,<br />

wird aufs Angenehmste enttäuscht.<br />

Denn da rockt es ganz herzhaft los, Gölä<br />

singt in Bestform, melodisch mitreißende<br />

Gitarrensoli sorgen für Gänsehautstimmung<br />

– und zubesterletzt bat der musikalische<br />

Au<strong>to</strong>didakt noch zwei Landsfrauen ans Gesangsmikro.<br />

Und so zählen “Nümm elei”<br />

im Duett mit Sandee und “We ig alleini bi”<br />

mit Coco Gfeller zu den allerstärksten Nummern<br />

auf einem bärenstarken Album. Oder<br />

Doppelalbum. Denn dank Roland Fischers<br />

Mut gibt es das Werk auch auf zwei Vinyl-<br />

LPs, strikt limitiert auf 500 Exemplare. Jedes<br />

einzelne davon hat Gölä persönlich signiert<br />

und nummeriert. Wenn das mal keine<br />

Sammlerstücke sind!<br />

(Universal, 2014, 2 LPs, 14 Tracks) lbr<br />

BOB MARLEY<br />

LEGEND<br />

1984, drei<br />

Jahre nach<br />

Bob Marleys<br />

Tod,<br />

erschien mit<br />

LEGEND<br />

ein Album,<br />

dass seinem Namen noch immer alle Ehre<br />

macht. Es dokumentiert Marleys Lebenswerk<br />

mit einer beispiellosen Songsammlung,<br />

stellt die Essenz des musikalischen Outputs<br />

des Reggaekünstlers dar. Neben der zeitlosen<br />

Klasse von Liedern wie “No Woman No<br />

Cry”, “Get Up Stand Up”, “One Love/People<br />

Get Ready”, “Exodus”, “Is This Love”,<br />

“Jamming” oder “Redemption Song” punktet<br />

die Jubiläumsausgabe zum 30. Jahrestag mit<br />

herrlich sattem Klang, der sich im Vergleich<br />

zur CD lange nicht so dünn anhört. Passend<br />

dazu auch das dreifarbige (gelb/rot/grün) Vinyl<br />

der beiden LPs, sowie das aufklappbare<br />

Cover. Als besonderen Bonus gibt es noch<br />

zwei bisher unveröffentlichte Aufnahmen<br />

von “Easy Skanking” und “Punky Reggae<br />

Party”, die beide erst kürzlich in Marleys Archiv<br />

entdeckt wurden.<br />

(Island/Universal, 1984, 16 Tracks) tk<br />

FRIPP & ENO<br />

NO PUSSY FOOTING +<br />

EVENING STAR<br />

Der Nicht-Musiker, ik Soundtüftler und Ex-<br />

Roxy-<strong>Music</strong>-Konzeptgestalter Brian Eno<br />

in Kooperation mit dem King-Crimson-<br />

Mastermind, Rock-Oberintellektuellen und<br />

-Avantgardisten Robert Fripp – was für eine<br />

Kombination. “The Heavenly <strong>Music</strong> Cooperation”<br />

heißt denn auch konsequent der<br />

Auftakt zu NO PUSSY FOOTING. Das blieb<br />

im Jahr 1973 im besten wie schlechtesten<br />

Sinne bemerkenswert: je eine LP-Seite lang<br />

Gesumse, Gewabere, Geflirre und Gesäusel,<br />

ohne erkennbare Struktur, ohne Anfang oder<br />

Ende – egal, wo man die Nadel aufsetzt.<br />

Soundscapes würde man das wohl neudeutsch<br />

nennen. Oder Ambient <strong>Music</strong>, für die<br />

Eno zu Recht als Vorbereiter gilt. Erstaunlich<br />

nur, was Eno aus dem damals doch recht beschränkten<br />

analogen Apparaten so rausholte,<br />

und wie Fripp haltlos vor sich hindudelte.<br />

Kommerziell ähnlich folgenlos ging zwei<br />

Jahre später der EVENING STAR auf und<br />

wieder unter. Belanglose Hintergrundbeschallung<br />

für die einen, mutiger Ausbruch<br />

aus Rockschablonen für die anderen. Die<br />

Fans bekommen mit diesen trotz weniger<br />

Knacker und Rillenlaufgeräuschen zu Beginn<br />

von STAR-Seite 2 (die auch nicht weiter<br />

stören, könnten ja zum Klangkonzept gehören)<br />

ordentlich gefertigten und glaubhaft<br />

abgespaced klingenden 200-Gramm-LPs die<br />

feinsten Versionen.<br />

(Opal/Universal, 1973 + 1975,<br />

2 + 5 Tracks) lbr<br />

ROY ORBISON<br />

IN DREAMS<br />

Schöner<br />

können<br />

Schnulzen<br />

nicht<br />

klingen. Mit dieser<br />

Stimme hätte Roy<br />

Orbison wahrscheinlich<br />

auch das Telefonbuch<br />

seiner Heimatstadt<br />

t Wink, Texas, singen können, und<br />

es hätte akustisch beglückt. Optisch und<br />

intellektuell entsprach der zu kritischem<br />

Denken fähige Tenor und Brillenträger so<br />

gar nicht dem oberflächlichen US-Pop-<br />

Starklischee – und doch verkaufte er ab<br />

1960 Millionen Platten. Und das lag auch<br />

an hemmungslos sentimentalem Liedgut,<br />

das sein Produzent Fred Foster ebenso<br />

hemmungslos mit Streichereinheiten überzuckerte.<br />

Da bildete der 1963 in Nashville<br />

eingespielte Longplayer IN DREAMS<br />

keine Ausnahme, den die Original Recordings<br />

Group unter Mastering-Guru Bernie<br />

Grundman jetzt einreiht in die Phalanx<br />

„endgültiger” Versionen. Geradezu verschwendungssüchtig,<br />

aber klangfördernd<br />

auf zwei LPs gepresst, die noch dazu 45<br />

Mal pro Minute rotieren. Zwar wies das Besprechungsexemplar<br />

auf Seite D bei Titel<br />

2 einen für diese Firma völlig untypische<br />

Knacker auf, doch der Detailreichtum (inklusive<br />

mitrasseldem Snaredrum-Teppich),<br />

die fantastische Stimm abbildung und die<br />

jeden Tonabnehmer herausfordernde Dynamik<br />

machen auch rüde Rocker kurzfristig<br />

zu Schnulzenfans. Wenn denn Roy singt ...<br />

(ORG/Sieveking Sound, 1963,<br />

2 LPs 45 rpm, 10 Tracks) lbr<br />

ENNIO MORRICONE<br />

COLLECTED<br />

Natürlich ist es<br />

schlicht unmöglich,<br />

auf nur zwei LPs<br />

einen umfassenden<br />

Überblick über das<br />

Werk von Ennio Morricone<br />

zu bieten. Dennoch<br />

gelingt es COLLECTED mit einzelnen<br />

Beispielen aus seiner langen Karriere, die<br />

Vielfältigkeit des italienischen (Film-)Komponisten<br />

darzustellen. Noch dazu, wenn die<br />

ausgewählten Stücke so gut klingen wie auf<br />

diesen beiden dicken 180g-Vinylscheiben.<br />

Größtenteils gibt es dabei die Titeltracks aus<br />

bekannten Filme zu hören, wie “A Fistful Of<br />

Dollars”, “For A Few Dollars More”, “The<br />

Good, The Bad And The Ugly”, “Once Upon<br />

A Time In The West”, “The Man With The<br />

Harmonica”, “My Name Is Nobody”, “The<br />

Un<strong>to</strong>uchables” und “Cinema Paradiso”.<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45


LP<br />

REVIEWS<br />

Viele dieser Melodien kennt man, doch auch<br />

diese Zusammenstellung überrascht wieder<br />

mit neuen Entdeckungen wie eine seiner<br />

jüngsten Kompositionen, das von Elisa Toffoli<br />

gesungene “Ancora Qui” aus dem Film<br />

„Django Unchained”.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2014, 2 LPs,<br />

34 Tracks) us<br />

KANSAS<br />

POINT OF NO RETURN<br />

Nach ihrem erfolgreichen<br />

LEFT-<br />

OVERTURE war<br />

die Erwartungshaltung<br />

für das nächste<br />

Kansas-Album<br />

hoch, doch wie<br />

Steve Walsh (voc, keys), Kerry Livgren<br />

(synth, p, g), Dave Hope (b), Robby<br />

Steinhardt (vio, voc), Rich Williams (g)<br />

und Phil Ehart (dr) mit diesem Druck<br />

umgingen, zeigte ihre Klasse. Mit POINT<br />

OF NO RETURN erschufen sie ein Album<br />

zwischen klassischem 70er-Jahre-<br />

Rock und verspieltem Prog-Rock, das<br />

noch heute regelmäßig in vielen Listen<br />

auftaucht, wenn die besten Alben eines<br />

Genres oder eines Zeitabschnittes gesucht<br />

werden. Auch der Mut, eine „Gitarren-<br />

Fingerübung” von Kerry Livgren mit<br />

einem esoterischen Text zu versehen und<br />

diesen Song “Dust In The Wind” zu nennen,<br />

machte sich mehr als bezahlt. Mit<br />

Platz 4 in den US-Charts war POINT OF<br />

NO RETURN das erfolgreichste Album<br />

von Kansas, ist bis heute rund vier Millionen<br />

Mal verkauft worden.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1977,<br />

10 Tracks) tk<br />

PETER, PAUL & MARY<br />

PETER, PAUL & MARY + IN THE<br />

WIND<br />

Obwohl oder weil es ein Re<strong>to</strong>rten-Trio<br />

t aus dem Kopf von Impressario und Produzent<br />

Albert Grossman war: Mary Travers,<br />

Peter Yarrow und Noel „Paul” S<strong>to</strong>okey<br />

brachten der Folkmusik Anfang der 60er<br />

Jahre den kommerziellen Durchbruch.<br />

Verdientermaßen. Die drei konnten wirklich<br />

singen, die Stimmen harmonierten<br />

wunderbar, die beiden Herren zupften ihre<br />

akustischen Instrumente kompetent – und<br />

sie ließen Popzutaten wie Streichersülze<br />

und Rhythm Section erst mal außen vor.<br />

Nur ein akustischer Bass stützte zeitweise<br />

nach unten ab. Das war der pure Folks<strong>to</strong>ff,<br />

aber aus dem muffigen Kneipendunst<br />

des Greenwich Vil lage in die luftigen Höhen<br />

professionellen Studiosounds geliftet.<br />

Das Debüt sowie das dritte Album – mit<br />

Liner-Notes und drei Songs von Bob Dylan<br />

– lassen auch heutige Hörer beglückt<br />

zurück, weil die hunderttausendfach an<br />

Lagerfeuern und bei Mädchenpartys von<br />

Hobbybarden zu Tode gequälten Song<br />

hier in klassischer Schönheit wieder aufleben.<br />

Die puristisch produzierten Scheiben<br />

waren auch schon immer begehrter S<strong>to</strong>ff<br />

für Audiophile, x-fach in diversen Formaten<br />

vorgelegt. Das Debütalbum liegt<br />

zum Beispiel auch auf Hybrid-SACD von<br />

Audio Fidelity vor, eine weitere Single-<br />

Layer-SACD-Edition von PETER, PAUL<br />

& MARY erschien in den USA bereits<br />

unter dem Titel IF I HAD A HAMMER<br />

(auf Top <strong>Music</strong>). Ähnlich unübersichtlich<br />

ist die silberne und schwarze Präsenz von<br />

IN THE WIND. Der unglaublich warme<br />

– hier passt das Klischee mal – und präsente,<br />

vorbildlich dynamische Klang<br />

(inklusive minimaler Übersteuerung bei<br />

wenigen Spitzen) dieser Pretiosen hat<br />

die Original Recordings Group nun in<br />

der wohl definitiven Fassung konserviert:<br />

auf vier schnell rotierenden LP-Seiten,<br />

mit nur drei Songs pro Seite. Für diesen<br />

Traumklang steht man da gerne mal öfter<br />

auf zum Wenden.<br />

(ORG/Sieveking Sound, 1962 + 1963,<br />

jeweils 2 LPs 45 rpm, 12 + 12 Tracks) lbr<br />

JAMES TAYLOR<br />

NEVER DIE YOUNG<br />

Fünf Jahre lang ließ<br />

sich James Taylor<br />

Mitte der 80er Jahre<br />

Zeit, um einen adäquaten<br />

Nachfolger<br />

für das erfolgreiche<br />

THAT’S WHY I’M<br />

HERE vorzulegen. Gänzlich verzichtete<br />

er auf dem 1988 veröffentlichten NEVER<br />

DIE YOUNG auf Cover-Versionen, hat<br />

alle zehn Tracks selbst oder co-geschrieben.<br />

Mit Kollegen wie Dan Dugmore<br />

(ban, pedalsteel), Leland Sklar (b), Mark<br />

O’Connor (vio), Michael Brecker (sax),<br />

Bill Payne (keys) sowie Rosemary Butler<br />

(voc) hatte Produzent Don Grolnick ein<br />

starkes Team zur Verfügung, so dass die<br />

Arrangements nicht das Problem waren.<br />

Eher schon das (aus heutiger Sicht) eher<br />

mittelmäßige Songwriting Taylors, der<br />

sich vom Zeitgeist der 80er so beeindrucken<br />

ließ, dass er über weite Strecken statt<br />

Singer/Songwriter-Folk immer den gleichen<br />

Eighties-Pop präsentierte, was unter<br />

dem Strich dann ziemlich eintönig klingt.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1988,<br />

10 Tracks) us<br />

KANOI<br />

FROM THE CITY TO THE STARS<br />

Immer wieder beeindruckend,<br />

mit<br />

welcher<br />

Leidenschaft<br />

und mit welcher<br />

Liebe zum<br />

Detail sich kleine<br />

Plattenfirmen<br />

um<br />

besondere Musik kümmern. Bestes Beispiel<br />

hierfür ist das Bochumer Label Clostridium<br />

Records. Dessen neueste LP watet<br />

knietief im Psychedelic Rock, stammt<br />

von der österreichischen Band Kanoi und<br />

hört auf den Namen FROM THE CITY<br />

TO THE STARS. Limitiert auf 500 Exemplare,<br />

gibt es 200 x schwarzes, 200 x<br />

rot-schwarz-marmoriertes und 100 x fünffarbig<br />

gemustertes Vinyl, dazu noch ein<br />

Poster, mp3-Downloadcode sowie eine<br />

Leinentasche mit aufgedrucktem Covermotiv.<br />

Ebenso interessant wie die Gestaltung<br />

kommt die Musik dieser LP daher,<br />

zunächst führt einen ein krautrockiger,<br />

erster Track mit repetitiven Drums in die<br />

Irre, bevor es dann im Laufe des Albums<br />

immer psychedelischer wird. Sägende<br />

Fuzzgitarren, Pop-verliebte Zwischenspiele,<br />

öfter geht es auch mal in Richtung<br />

Space- oder Garagen-Rock. Alles in allem<br />

sehr abwechslungsreich, Langeweile<br />

kommt hier definitiv nicht auf.<br />

(www.clostridiumrecords.de, 2014,<br />

6 Tracks) us<br />

WALTER TROUT<br />

DEEP TROUT + THE OUTSIDER<br />

Gott sei idank khat tWalter Trout endlich die<br />

dringend benötigte Spenderleber transplantiert<br />

bekommen, laut Facebook-Einträgen<br />

seiner Frau erholt er sich gerade<br />

von diesem Eingriff, wird von Tag zu Tag<br />

kräftiger. Unterdessen geht die Wiederveröffentlichungsreihe<br />

zum 25-jährigen<br />

Jubiläum seiner Solokarriere weiter, die<br />

nächsten beiden Doppel-LPs sind DEEP<br />

TROUT sowie THE OUTSIDER. Das<br />

2005 veröffentlichte DEEP TROUT trägt<br />

den Untertitel „The Early Years Of Walter<br />

Trout”, präsentiert Stücke, die er Anfang<br />

der 90er in unterschiedlichen Konstellationen<br />

aufgenommen hat. 2008 erschien<br />

mit THE OUTSIDER ein Album, für das<br />

Trout alle Songs selbst verfasste und zusammen<br />

mit Sammy Avila (org), James<br />

Hutchinson (b) und Kenny Aronoff (dr)<br />

eingespielt wurden. Beide liefern klassischen,<br />

Gitarren-geprägten Blues-Rock,<br />

durch die Aufteilung auf je zwei Vinylscheiben<br />

kann der Sound im Vergleich zu<br />

den CDs deutlich zulegen.<br />

(Mascot/Rough Trade,<br />

2005 + 2008, 15 + 13 Tracks) tk<br />

THE THE<br />

SOUL MINING<br />

Letztes Jahr feierte<br />

SOUL MINING, das<br />

Debüt von The The,<br />

30-jähriges Jubiläum.<br />

Die Nachfrage<br />

nach einer Neuauflage<br />

auf Vinyl scheint<br />

laut Mastermind Matt Johnson so groß<br />

gewesen zu sein, dass beschlossen wurde,<br />

nun das über eine Million Mal verkaufte<br />

Album in einer neu remasterten und erweiterten<br />

Version als künstlerisch hochwertige<br />

Doppel-LP-Box zu veröffentlichen. Neben<br />

den via „Dubbed-From-Disc”-Technik<br />

bearbeiteten Originalen enthält sie eine<br />

zweite LP im Gatefold-Cover mit alternativen<br />

Aufnahmen, Remixes und zwei<br />

Non-Album-Songs. Zusätzlich umfasst die<br />

Box ein Poster mit einem längeren Text<br />

von Johnson zur Entstehung von SOUL<br />

MINING. Außerdem liegt ein Download-<br />

Code bei, mit dem man die optimierten<br />

Versionen herunterladen kann. Nicht nur<br />

der englische Guardian würdigt das Werk<br />

als eines der Alben, die man gehört haben<br />

muss, bevor man stirbt – zu Recht. Da ist<br />

natürlich zuerst an die einst auch in deutschen<br />

Discos gespielte Single “This Is The<br />

Vinyl<br />

Day” zu denken. Unter sämtlichen Stücken<br />

ragt aber die zweite Single-Auskopplung<br />

“Uncertain Smile” heraus, deren von Jools<br />

Holland eingespieltes Klaviersolo zum Äs<strong>the</strong>tischsten<br />

gehört, was die 80er-Jahre hervorgebracht<br />

haben. Das sind aber nur zwei<br />

namentlich genannte Stücke, die anderen,<br />

auch in den alternativen Ausgaben, stehen<br />

hier nur geringfügig nach.<br />

(Sony 2014, 7 + 6 Tracks)<br />

an<br />

FOUR TOPS<br />

REACH OUT<br />

Diese 1967 erschienene<br />

LP war eines<br />

der letzten Alben,<br />

die das Erfolgsteam<br />

Holland/Dozier/<br />

Holland bei Mo<strong>to</strong>wn<br />

produzierte, bevor<br />

es das Label aus Chicago im Streit um<br />

das liebe Geld verließ. Doch mit REACH<br />

OUT verhalf es den Four Tops noch einmal<br />

zu einem äußerst erfolgreichen Album,<br />

der Nummer-1-Hit “Reach Out I’ll<br />

Be There”, die Top-10-Singles “Standing<br />

In The Shadows Of Love” und “Bernadette”;<br />

für “7-Rooms Of Gloom”, den<br />

Tim-Hardin-Cover “If I Were A Carpenter”<br />

und “Walk Away Renée” von Left<br />

Banke reichte es immer noch für die<br />

Top 20. Stark auch die beiden Monkees-<br />

Songs “I’m A Believer” und “Last Train<br />

To Clarks ville” sowie “Cherish” von The<br />

Association. Auch klanglich überraschen<br />

diese alten Aufnahmen immer wieder,<br />

selbst nach fast 50 Jahren besticht das<br />

180g-Vinyl mit herrlicher Abstufung und<br />

unglaublicher Dynamik.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1967,<br />

12 Tracks) tk<br />

LEONARD COHEN<br />

LIVE IN LONDON<br />

Es war ein wahrlich<br />

außergewöhnlicher<br />

Abend, den Leonard<br />

Cohen seinen Fans<br />

im Juli 2008 in der<br />

Londoner O2 Arena<br />

bot. Ganz egal,<br />

ob man diesen Auftritt auf DVD, Blu-ray<br />

oder auf einer Doppel-CD genießt, die musikalische<br />

Größe dieses Künstlers bleibt<br />

enorm, Songs wie “Bird On The Wire”,<br />

“Who By Fire”, “Tower Of Song”, “Suzanne”,<br />

“So Long, Marianne”, “Sisters<br />

Of Mercy” und “Hallelujah”, noch dazu<br />

mit einer erlesenen, vielköpfigen Band im<br />

Rücken, LIVE IN LONDON gehört ohne<br />

Zweifel zu den größten Konzerterlebnissen<br />

der letzten Jahre. Auf drei schweren<br />

180g-Vinylscheiben sollte die Freude über<br />

das Hörerlebnis dann doch eigentlich in<br />

ungeahnte Höhen vors<strong>to</strong>ßen, doch scheint<br />

(zumindest beim Rezessionsexemplar)<br />

die Überspielung schiefgegangen zu sein.<br />

Deutliche Knackser, teilweise dumpfer<br />

(Gesangs-)Sound, Cohens Ansagen sind<br />

kaum verständlich. Der Vergleich zu CD<br />

und DVD zeigt, dass es auch klarer und<br />

besser geht, oder sollte so ein warmer Analogsound<br />

erzeugt werden? Am Ende bleibt<br />

es klasse Musik, klanglich allerdings mit<br />

Abstrichen ...<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2009,<br />

3 LPs, 26 Tracks) us<br />

Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>


LP<br />

REVIEWS<br />

NATTEFROST<br />

DIFFERENT STAGES<br />

Kraftwerk<br />

meets<br />

Tangerine Dream, so<br />

hat ein Kritikerkollege<br />

diese Sammlung<br />

von Nattefrost-<br />

Live-Aufnahmen<br />

treffend beschrieben<br />

– und hätte durchaus noch Jean Michel<br />

Jarre oder Vangelis (und andeutungsweise<br />

Hawkwind) ergänzen können. Hinter<br />

Nattefrost verbirgt sich der norwegische<br />

Multi-Instrumentalist Björn Jeppesen.<br />

Auf DIFFERENT STAGES hat er diverse<br />

Live-Auftritte zwischen 2010 und 2012<br />

zusammengefasst, die Sireena nun in limitierter<br />

500er-Auflage auf 180g schwerem<br />

und durchsichtigem Vinyl präsentiert.<br />

Elektronische Musik mit dezentem Groove<br />

und beachtlichem Gespür für Melodien ist<br />

zu hören. Mal kompakt, mal mit Anlügen<br />

moderner Dance-<strong>Music</strong> wie bei “Transformation”.<br />

Insgesamt zeitlos, recht kraftvoll,<br />

atmosphärisch – nicht nur für Freunde des<br />

Genres und guten Klangs zu empfehlen.<br />

(Sireena/Broken Silence, 2014,<br />

8 Tracks) pro<br />

PINK FLOYD<br />

THE DIVISION BELL<br />

Wer die in den letzten Jahren veröffentlichten<br />

Vinyl-Reissues von WISH YOU WERE<br />

HERE und DARK SIDE OF THE MOON<br />

in seinem Plattenschrank stehen hat, der<br />

kennt den Qualitätsanspruch, der bei Pink<br />

Floyd für die Überspielung von den originalen<br />

Analogbändern besteht. Oder besser<br />

gesagt, er kennt das Ergebnis. Ein Ergebnis,<br />

dass einen auch bei der jetzt veröffentlichten<br />

2-LP-Version von THE DIVISION BELL<br />

sprachlos macht. Mit welcher Wucht hier die<br />

Bässe für Druck sorgen, mit welch Zar<strong>the</strong>it<br />

gleichzeitig feinste Höhen abgebildet werden<br />

– egal ob laut oder leise, hier scheint eine<br />

Steigerung fast nicht mehr möglich zu sein.<br />

Natürlich hat sich an der künstlerischen Einordnung<br />

dieses bislang letzten Pink-Floyd-<br />

Albums nichts geändert, wer es vor 20 Jahren<br />

schon als überflüssige Selbstkopie sah,<br />

wird dies auch heute noch tun, alle anderen<br />

werden THE DIVISION BELL weiterhin<br />

lieben – besonders wenn es so überragend<br />

klingt wie in dieser Ausführung.<br />

(Parlophone/Warner, 1994, 11 Tracks) us<br />

ROGER McGUINN<br />

CARDIFF ROSE<br />

Zwei Dinge prägen<br />

dieses Solo-Album<br />

von Roger McGuinn<br />

aus dem Jahr 1976:<br />

einmal seine Teilnahme<br />

an der bunt<br />

chaotischen „Rolling<br />

Thunder Revue” Bob Dylans ein Jahr zuvor,<br />

einmal der neu aufkommende Punk-<br />

Rock. Denn eigentlich war die Stilbreite,<br />

die Produzent Mick Ronson – der ebenso<br />

ein Jahr zuvor mit Dylan unterwegs war –<br />

und McGuinn auf CARDIFF ROSE anboten,<br />

viel zu weit für ein homogenes Album.<br />

Traditioneller Folk, Shantys, Songs von<br />

Bob Dylan, Joni Mitchell und Kris Kris<strong>to</strong>fferson,<br />

dazu krachender Punk-infizierter<br />

Rock’n’Roll, das kann nicht funktionieren.<br />

Denkt man, doch die Klasse von McGuinn<br />

und Ronson – unterstützt von Dave Mansfield<br />

(g, banjo, viol, keys), Rob S<strong>to</strong>ner (b)<br />

und Howie Wyeth (dr) – führt dazu, dass<br />

die Zusammenstellung der Songs durchaus<br />

passt, dass es ein unsichtbares Band gibt,<br />

das die einzelnen Tracks zusammenhält.<br />

Auch klanglich spielt das 180g-Vinylalbum<br />

in der ersten Klasse, gegenüber der<br />

ursprünglichen CD-Version klingen die<br />

Songs druckvoller.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1976,<br />

9 Tracks) us<br />

SOPHIE’S EARTHQUAKE<br />

SOPHIE’S EARTHQUAKE<br />

Dickflüssig und zäh,<br />

wie<br />

pechschwarzes<br />

Rohöl, so quellen die<br />

Töne dieser dunkelroten<br />

Vinylscheibe<br />

aus den Boxen. Nur<br />

behutsam nimmt das<br />

erste Songmonster namens “Pressure Soul”<br />

Fahrt auf, über s<strong>to</strong>ischen Bass und Schlagzeug<br />

legen sich langsam dicke Sounds, erzeugt<br />

von einer verzerrten S<strong>to</strong>ner-Gitarre.<br />

Unentrinnbar steigert sich diese Spirale<br />

bis zum kakofonischen Chaos, scheinen<br />

alle Mauern einzustürzen. Auch die beiden<br />

anderen Tracks gehorchen diesem fremdartigen<br />

Muster, auch hier kann man dem Sog<br />

dieser Musik nur schwer entrinnen. Auch<br />

die Covergestaltung dieser Veröffentlichung<br />

zeigt, dass SOPHIE’S EARTHQUA-<br />

KE der gleichnamigen Band alles andere als<br />

Massenware ist. Für Adansonia Records –<br />

ein kleiner unabhängiger Musikverlag und<br />

Konzertveranstalter – ist diese LP erst die<br />

zweite Veröffentlichung, doch die ebenso<br />

liebevolle wie hochwertige Verpackung<br />

und ein musikalischer Inhalt, der schon auf<br />

Grund seiner Radikalität fesselt, zeigen,<br />

dass man hier auf dem richtigen Weg ist.<br />

(Adansonia Records, 2013, 3 Tracks) tk<br />

ROY ORBISON<br />

THE SUN YEARS 1956–58<br />

Da gibt es gar keine<br />

großen<br />

Diskussionen,<br />

wer die frühe<br />

Zeit, sprich die Sun-<br />

Jahre, von Roy Orbison<br />

auf einer Platte<br />

versammelt<br />

haben<br />

möchte, THE SUN YEARS 1956–58 bietet<br />

genau dies. Produziert von Sun-Records-<br />

Boss Sam Phillips, klingen diese Lieder<br />

heute noch unglaublich gut, für das Remastering<br />

standen die Spezialisten von Bear Family<br />

Pate. Zusätzlich zu den bekannten Hits<br />

wie “Ooby Dooby”, “Rock House”, “I Was<br />

A Fool” oder “A True Love Goodbye” bietet<br />

diese 180g-Vinylveröffentlichung auch<br />

zahlreiche Alternativversionen, viele Erstabmischungen,<br />

die nie den Weg auf eine<br />

Single fanden, dazu ein bisher unveröffentlichter,<br />

alternativer Mix von “The Clown”<br />

sowie zwei unterschiedliche Demos von<br />

“Claudette”, bei denen nur Gesang und Gitarre<br />

zu hören sind. Klasse!<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2014,<br />

28 Tracks) us<br />

BLUE ÖYSTER CULT<br />

AGENTS OF FORTUNE<br />

Mit “(Don’t Fear)<br />

The Reaper”, das in<br />

den USA bis auf #12<br />

in den Singlecharts<br />

kletterte, warf das<br />

1976 veröffentlichte<br />

AGENTS OF FOR-<br />

TUNE den größten Hit für Blue Öyster<br />

Cult ab. In Sog dieses Hits (mit massivem<br />

Radio-Airplay) brachte es auch das Album<br />

bis auf #29 in den Billboard-Charts, was<br />

wiederum zur Folge hatte, dass die Tourneen<br />

der Band in immer größere Hallen<br />

verlegt werden mussten. Programmatisch<br />

auch der Opener der LP, “This Ain’t The<br />

Summer Of Love”, nach Meinung des<br />

Rezensenten immer noch eines der besten<br />

Hard-Rockstücke aller Zeiten. Schade nur,<br />

dass dieses Niveau nicht durchgehend<br />

aufrecht gehalten wurde. Mit Patti Smith<br />

hatten Blue Öyster Cult prominente Hilfe<br />

bei den Texten, in “The Revenge Of Vera<br />

Gemini” ist sie zusätzlich am Gesang zu<br />

hören. Mit Licht und Schatten ist und<br />

bleibt AGENTS OF FORTUNE eine solide<br />

Geschichte, trotzdem eine LP, die in keiner<br />

vernünftigen Rocksammlung fehlen sollte.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1976, 9 Tracks) tk<br />

FREEDOM<br />

FREEDOM<br />

Die selbst betitelte<br />

Scheibe war 1970<br />

das dritte Opus der<br />

von Bobby Harrison<br />

(voc, dr, Ex-Procol<br />

Harum) gegründeten<br />

Band. Nach einer<br />

Umbesetzung mit Roger Saunders (g) und<br />

Walter Monagham (b) als Powertrio unterwegs,<br />

stimmten Freedom darauf Blues-<br />

Rockiges an, samt Westcoast-Einflüssen,<br />

dezentem Psychedelic Touch und Boogieneigungen.<br />

Aus ihrer “Oh Pretty Woman”-<br />

Version sind Cream-Einflüsse herauszuhören.<br />

Das Trio überzeugt im Rückblick, auch<br />

wenn es nicht gerade fair war, “Dirty Water”<br />

der Standells zu übernehmen, in “Frustrated<br />

Woman” umzubenennen und sich die<br />

Au<strong>to</strong>rencredits zuzuschreiben. Was auf der<br />

2000er CD-Neuauflage noch übernommen<br />

wurde, ist auf der von Sireena gewohnt<br />

überzeugend gefertigten Vinylversion<br />

(180g, weißes Vinyl, limitiert) jetzt zumindest<br />

auf der Coverrückseite zurechtgerückt.<br />

(Sireena/Broken Silence, 1970,<br />

8 Tracks) pro<br />

CHICKEN SHACK<br />

O.K. KEN?<br />

Neben Ten Years<br />

After und Fleetwood<br />

Mac gehörten Chicken<br />

Shack Ende der<br />

60er Jahre zur Speerspitze<br />

des britischen<br />

Blues-Rock. Hauptakteur<br />

war Gitarrist i t und Sänger Stan Webb,<br />

der sowohl den Großteil der Songs von O.K.<br />

KEN? geschrieben hat als auch den Haupt-<br />

Vinyl<br />

job am Mikrofon übernahm. Drei Songs<br />

wurden von Christine Perfect geschrieben<br />

und gesungen, es war ihr letztes Album bei<br />

Chicken Shack, später sollte sie als Christine<br />

McVie bei Fleetwood Mac zu Weltruhm<br />

gelangen. Andy Sylvester (b) und Dave<br />

Bidwell (dr) sorgten für die Bluesrhythmen,<br />

die hier ebenso wie bei ihrem Debüt äußerst<br />

traditionell daherkamen. Purer Chicago-<br />

Blues, Trompeten und Saxofone satt, dazu<br />

Webbs Gitarre, mehr brauchte man damals<br />

nicht, um das nach au<strong>the</strong>ntischem Blues<br />

lechzende Publikum zu begeistern. Der verdiente<br />

Lohn war ein Platz in den britischen<br />

Top 10, so hoch kletterte keine andere LP<br />

von Chicken Shack.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1969,<br />

11 Tracks) us<br />

SUZANNE VEGA<br />

SOLITUDE STANDING<br />

Mit diesem, ihrem<br />

zweiten Album gelang<br />

Suzanne Vega<br />

1987 der Durchbruch.<br />

Vor allem<br />

“Luka”, bei dem die<br />

optimistisch<br />

fröhliche<br />

Melodie im krassen Gegensatz zum<br />

ernsten Thema Kindesmissbrauch steht,<br />

wurde zu ihrem größten Hit, kletterte bis<br />

auf den dritten Platz der Billboard Charts.<br />

Ein ganz besonderes Eigenleben entwickelte<br />

das schon 1981 geschriebene A-<br />

Capella-Stück “Tom’s Diner”. 1990 verwendeten<br />

die Rapper DNA Vegas Gesang,<br />

ohne dass sie die Rechte dafür hatten, doch<br />

statt die Rapper zu verklagen, kaufte Vegas<br />

Plattenfirma kurzerhand die DNA-Version<br />

und veröffentlichte sie selbst. Der enorme<br />

Erfolg – Deutschland #1, Schweiz und Österreich<br />

#2, UK und USA #5 – gab dieser<br />

unkonventionellen Vorgehensweise Recht.<br />

Da auch der Rest der Songs von SOLI-<br />

TUDE STANDING ein Wiederhören verdient<br />

hat, kommt die 180g-Vinylwiederveröffentlichung<br />

genau zur rechten Zeit.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1987,<br />

11 Tracks) tk<br />

DAVE MASON<br />

IT’S LIKE YOU NEVER LEFT<br />

Nach einem langwierigen<br />

Rechtsstreit<br />

landete Dave Mason<br />

1973 bei Columbia<br />

Records, wo er mit<br />

IT’S LIKE YOU NE-<br />

VER LEFT eine von<br />

Kritikern hochgelobte h LP veröffentlichte,<br />

die kommerziell gesehen allerdings völlig<br />

unterging. Für die Aufnahmesessions nutzte<br />

der ehemalige Traffic-Musiker seine guten<br />

Verbindungen, die er sich mit Arbeiten für<br />

Eric Clap<strong>to</strong>n, Cass Elliott, Joe Cocker, David<br />

Crosby oder Leon Russell erworben hatte,<br />

und konnte so namhafte Kollegen wie Graham<br />

Nash, George Harrison und Stevie Wonder<br />

für die Studio-Arbeit gewinnen. Doch<br />

warum das Album beim Publikum durchfiel,<br />

lag nicht an der Klasse der Musiker, sondern<br />

am unausgegorenen Stilmix, den Mason<br />

darauf präsentierte. Latino-Rock, Gitarren-<br />

Funk, Jazz-Rock à la Traffic, das war am<br />

Ende dann doch zu viel auf einmal ...<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1973,<br />

10 Tracks) us<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47


Ausgabe Nr. 10<br />

kult!<br />

Kommen Sie<br />

mit auf einen<br />

weiteren Trip<br />

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Vergangenheit<br />

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CD<br />

Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />

JOE BONAMASSA<br />

TOUR DE FORCE – LIVE IN<br />

LONDON<br />

Vor ein paar Monaten gab es Joe Bonamassas<br />

Eintauchen in die eigene His<strong>to</strong>rie<br />

schon auf DVD, jetzt folgt die Umsetzung<br />

auf vier Doppel-CDs. Seinen Siegeszug<br />

in Europa machte der US-Blues-Rocker<br />

anschaulich, als er im März 2013 binnen<br />

weniger Tage in vier Londoner Venues<br />

unterschiedlicher Größe mit wechselndem<br />

Personal und Programm unter dem Mot<strong>to</strong><br />

„Tour De Force” gastierte. Wie in seinen<br />

frühen Tagen war Bonamassa in Triobesetzung<br />

im Borderline-Club zu erleben<br />

– kraftvoll abgehend mit Songs aus den<br />

Anfangszeiten. Im Shepherd’s Bush Empire<br />

waren dann Bläser (und Keyboards)<br />

dabei, um das Bluesset adäquat umzusetzen<br />

und das Backing für den Meistergitarristen<br />

zu liefern. Kurzzeitig akustisch<br />

ging es im Hammersmith Apollo zu Sache,<br />

ehe gerockt wurde. Ähnliches gilt für die<br />

Rückkehr in die Royal Albert Hall mit allen<br />

Beteiligten der London-Tour und dem<br />

furiosen Finale. Warum DVDs und CDs<br />

nicht gleich zusammen veröffentlicht wurden?<br />

Hat wohl geschäftspolitische Gründe.<br />

Musikalisch gibt es jedenfalls nichts zu<br />

mäkeln, zumal sich die Überschneidungen<br />

in Grenzen halten.<br />

(Provogue/Rough Trade, 2014,<br />

9/52:01, 5/36:41, 8/47:53,<br />

7/54:04, 11/55:44, 7/60:39,<br />

13/66:13, 7/64:16) pro<br />

THE BLACK KEYS<br />

TURN BLUE<br />

Dan Auerbach &<br />

Patrick Carney sind<br />

auf dem besten<br />

Wege, sich bei den<br />

stilbildenden Gruppen<br />

dieses Jahrzehnts<br />

mit an die<br />

Spitze zu setzen. Indie-Bluesfeeling ist<br />

noch immer die Basis ihrer Musik, aber<br />

die Verfeinerungstendenzen der letzten<br />

Alben setzen sich bei TURN BLUE fort,<br />

indem Keyboards- und Syn<strong>the</strong>sizertöne<br />

mehr Platz bekommen, streckenweise<br />

sogar das Gesamtklangbild dominieren.<br />

Denn das Schlagzeug bollert und treibt<br />

gehörig an, und die durchaus auch psychorockigen<br />

Songs bleiben einprägsam, sind<br />

melodisch sehr sorgfältig ausgefeilt und<br />

im besten Sinne radiotauglich produziert<br />

worden. Besonders anhand der besten<br />

Lieder wie “Weight Of Love”, “Fever”,<br />

“In Our Prime” und “Bullet In The Brain”<br />

wird deutlich, dass der weiter entwickelte<br />

Sound der Black Keys insgesamt epischer<br />

und abwechslungsreicher ist, so bei der<br />

großen Mehrheit klar besser ankommt.<br />

TURN BLUE ist ihr erstes Nr.-1-Album in<br />

den USA, und auch hier zu Lande gelang<br />

das Vorpreschen in die Top Ten! Alte Fans<br />

werden vielleicht ein wenig den frühen<br />

Garagenzeiten nachtrauern, aber sie können<br />

sich damit trösten, dass noch immer<br />

gilt: The Blues never dies!<br />

(Nonesuch/Warner, 2014, 11/45:14) hjg<br />

B.B. & THE BLUES SHACKS<br />

BUSINESSMEN<br />

Mit neuem Drummer und Unterstützung<br />

einer dreiköpfigen Horn Section live in<br />

einem Wiener Studio eingespielt, präsentiert<br />

das Hildesheimer Retroquintett auf<br />

seiner nunmehr siebten Produktion für<br />

das Bremer CrossCut-Label 15 Songs, die<br />

bis auf Chicago-Bluesmann John Brims’<br />

”It Was A Dream” komplett aus der Feder<br />

der Brüder Andreas (g) und Michael Arlt<br />

(voc, harp) stammen. Dabei bleibt man<br />

auch im Jahr des 25-jährigen Bandjubiläums<br />

dem bewährten Soundmix aus klassischem<br />

elektrischem Blues, R&B und<br />

Sixties-Soul treu, der hier durch den Bläsersupport<br />

hinsichtlich Klangfarbe wie<br />

-fülle noch eine stimmige Erweiterung<br />

erfährt. Eine rundum gelungene handgemachte<br />

Bluesscheibe aus deutschen<br />

Landen, mit der sich die Shacks auch im<br />

internationalen Vergleich mehr als sehen<br />

– bzw. hören – lassen können.<br />

(CrossCut/inakustik, 2014,<br />

15/55:42) ms<br />

THE ROYAL SOUTHERN<br />

BROTHERHOOD<br />

HEARTSOULBLOOD<br />

Das neue Album<br />

der Genre<br />

übergreifenden<br />

schwarz-weißen<br />

Haudegenband<br />

bestätigt<br />

aufs<br />

Nachdrücklichste,<br />

dass intensives i Touren eine zuvor ohnehin<br />

schon klar überdurchschnittliche Gruppe<br />

zur Weltklasseformation machen kann.<br />

Cyril Neville, Mike Zi<strong>to</strong>, Devon Allman,<br />

Charlie Woo<strong>to</strong>n und Yonrico Scott veranstalten<br />

nach einer Tournee durch über 20<br />

Länder ein kreatives Tauziehen mit den<br />

Musikrichtungen, die ihren Stil beeinflussen,<br />

egal ob das nun Funk, Soul, der gute<br />

alte Zeitlos-Blues oder südstaatlicher<br />

Hard Rock sind. Dies ist kein Album,<br />

das als Hintergrundmusik in Sitzungssälen<br />

gespielt wird, sondern der saftigste<br />

Blues, der augenblicklich vorstellbar ist.<br />

Der Opener “World Blues” zeigt die Bro<strong>the</strong>rhood<br />

gleich auf Betriebstemperatur,<br />

und es folgen mehrheitlich grandios-raue<br />

Songs mit wühlendem Bass (“Here It Is”),<br />

fantastisch lodernden Gitarren (“Ritual”)<br />

und heißen Schleichermelodien (“Callous”).<br />

Die Balladenfreunde kommen bei<br />

“She’s My Lady” und “Takes A Village”<br />

auf ihre Kosten, während “Love And<br />

Peace” eine himmlische Hymne ist. Und<br />

“Rock And Roll” wäre in einer besseren<br />

Welt garantiert ein Nummer-Eins-Hit!<br />

(Ruf/inakustik, 2014,<br />

12/53:12) hjg<br />

YANA BIBB<br />

NOT A MINUTE LATE<br />

Sie hat die Musik in den Genen, schließlich<br />

ist sie die Enkelin von Leon Bibb und<br />

die Tochter von Eric Bibb. Doch im Gegensatz<br />

zu den beiden bewegt sich Yana<br />

Bibb als Sängerin weniger auf Folk- und<br />

Bluespfaden, sondern ist im Jazz daheim.<br />

Die klanglichen Vorlagen ihrer Altvorderen<br />

sind allenfalls in Spurenelementen<br />

herauszuhören, auch wenn sich Yana Bibb<br />

ebenfalls auf akustisches Instrumentarium<br />

stützt. Das reichert sie – unter Produktionsregie<br />

des Vaters, der zudem ein paar<br />

Songs beisteuerte – auch mal mit einem<br />

Cello und sonstigen Streichern an. Die<br />

Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />

zum Teil selbst verfassten Songs gehen<br />

in ihren intimen Fassungen ins Ohr und<br />

setzen sich fest, nicht zuletzt wegen der<br />

mal fragilen, mal dynamisch loslegenden<br />

Stimme Bibbs. Ein starkes Debüt, bei<br />

dem auch der Opa einmal mitsang.<br />

(Dixiefrog/H’Art, 2014,<br />

10/41:11) pro<br />

CROW BLACK CHICKEN<br />

RUMBLE SHAKE<br />

Dass in irischen<br />

Adern auch texanisches<br />

Blut<br />

fließen kann, das<br />

bewiesen Christy<br />

O’Hanlon (g,<br />

voc),<br />

Stephen<br />

McGrath (b) und Gev Barrett (dr) vor<br />

zwei Jahren mit ihrem hochgelobten Debüt<br />

ELECTRIC SOUP. Knochentrockener,<br />

elektrischer Blues, schnörkellos konsequent<br />

auf den Punkt gespielt, das war das<br />

Erfolgsrezept von Crow Black Chicken,<br />

und damit punktet auch ihr jetzt veröffentlichter<br />

Nachfolger RUMBLE SHAKE.<br />

Was den Aufnahmen in den Dubliner Westland<br />

Studios sicher gut getan hat, waren die<br />

letzten zwei Jahre, in denen das Bluestrio<br />

fast ununterbrochen auf Tour war. Stark<br />

auch, dass sie sich fast durchgehend auf<br />

selbst geschriebenes Songmaterial stützen<br />

können, nur “Jessie Mae” stammt aus der<br />

Feder von Ray Wylie Hubbard, der bei diesem<br />

Titel auch als Gast zu hören ist. Für<br />

weitere Farbtupfer sorgen dann noch Mark<br />

Walsh (lapsteel), Christian Volkman (harp)<br />

und Stephen Parker (keys).<br />

(Just For Kicks, 2014, 10/40:28) us<br />

BLUES PILLS<br />

BLUES PILLS<br />

Dass erdiger Blues-Rock, wie ihn in den<br />

70er Jahren Bands wie Cream, (Peter<br />

Greens) Fleetwood Mac und Led Zeppelin<br />

im Programm hatten, von einer neuen, jungen<br />

Musikergeneration wieder aufgenommen<br />

wird, dafür gibt es mit Acts wie den<br />

Black Keys, den White Stripes oder dem<br />

John Butler Trio genügend Beispiele. Die<br />

Nächsten in dieser Reihe dürften die 2011<br />

ins Leben gerufenen Blues Pills sein, deren<br />

selbst betiteltes Debüt Ende Juli in die Läden<br />

kommt. Die vielen Vorschusslorbeeren<br />

beruhen ebenso auf ihren bisherigen Auftritten<br />

bei diversen Festivals wie auch auf<br />

ihren drei bisher veröffentlichten EPs. Was<br />

die Schwedin Elin Larsson (voc), der Franzose<br />

Dorian Sorriaux (g) sowie die beiden<br />

Amerikaner Zack Anderson (b) und Cory<br />

Berry (dr) auf BLUES PILLS abliefern ist<br />

auf den ersten Blick auch gar nichts Neues.<br />

Doch ihre unverbrauchte und frische Art,<br />

Soul mit Blues und Rock’n’Roll zu vermengen,<br />

ihre unverhohlen zum Ausdruck<br />

gebrachte Leidenschaft, ihr Timing, zur<br />

richtigen Zeit das Richtige zu tun, das hebt<br />

sie weit über den Durchschnitt hinaus und<br />

lässt auf eine große Karriere hoffen.<br />

(Nuclear Blast/Warner, 2014, 10/42:49) tk<br />

DIAZPORA<br />

STEP UP<br />

Auf dem Cover sind die Mitglieder der Hamburger<br />

Combo Diazpora wie ein Sportteam<br />

in Trikots abgebildet. Eine schweißtreibende<br />

Sache ist ihr in die Beine gehender Funk al-


CD<br />

REVIEWS<br />

lemal. Die acht Studio- und Livemusiker haben<br />

sich in der Szene längst einen Namen als<br />

Groovemeister gemacht und mit namhaften<br />

Künstlern wie Samy Deluxe, Gregory Porter,<br />

Lew Soloff (Blood Sweat & Tears), Joe<br />

Bataan und Ferris MC zusammengearbeitet.<br />

Auf ihrem neuen Studio-Album STEP UP<br />

begrüßen sie u.a. den Saxofonisten Pee Wee<br />

Ellis von James Browns legendären J.B.’s als<br />

Gastmusiker und laufen insgesamt zu Hochform<br />

auf. Gekonnt verschachteln sie Synkopen,<br />

legen locker leicht eine Second Line<br />

– Raw Funk at its best! Selbst Cover-Songs<br />

wie “Sunshine Of Your Love” (Cream) und<br />

“Brea<strong>the</strong>” (The Prodigy) sind vor einer Funkifizierung<br />

nicht sicher. 8:0 für den Groove!<br />

(Minor <strong>Music</strong>/inakustik, 2014,<br />

16/59:04) frs<br />

RAY CHARLES<br />

KING OF COOL – THE GENIUS<br />

OF RAY CHARLES<br />

Anlässlich<br />

des<br />

zehnten<br />

Todestages<br />

von „Bro<strong>the</strong>r<br />

Ray”<br />

präsentiert<br />

diese<br />

3-CD-Box<br />

70 Titel, die zwischen<br />

1952 und<br />

1963 überwiegend auf Atlantic Records<br />

erschienen, ergänzt um drei erstmals 2005<br />

veröffentlichte Überbleibsel von Studiosessions<br />

aus jenen Tagen. Den Auftakt<br />

macht dabei mit ”Mess Around” Charles’<br />

erste Hitsingle für Atlantic aus dem Jahr<br />

1953, gefolgt von der Pro<strong>to</strong>-Soulnummer<br />

”I’ve Got A Woman”, die ihm zwei Jahre<br />

darauf seine erste Top-Platzierung in den<br />

US-R&B-Charts bescheren sollte und hier<br />

wie ansonsten noch ”What’d I Say” zudem<br />

in einer Liveversion enthalten ist. Darüber<br />

hinaus gibt es neben weniger bekanntem<br />

Songmaterial weitere Charles-Klassiker<br />

wie ”Hallelujah I Love Her So” oder seine<br />

ABC-Erfolge ”Georgia On My Mind”, ”Hit<br />

The Road Jack” und ”Unchain My Heart”,<br />

die allesamt in erfreulich hoher Soundqualität<br />

daherkommen; insbesondere für Musikfans,<br />

die mit dem Werk des „Genius” weniger<br />

vertraut sind, wären allerdings über<br />

Tracklist und Release-Daten hinausgehende<br />

Infos im Booklet wünschenswert gewesen.<br />

(Atlantic/Warner, 2014, 3 CDs,<br />

25/77:02, 25/79:22, 23/74:18) ms<br />

GREYHOUND GEORGE<br />

CLEANING UP<br />

Seit über 30 Jahren ist Jürgen Schildmann<br />

nun schon dem Blues treu, als Greyhound<br />

George hat der Musiker aus Bielefeld mit<br />

CLEANING UP nun wieder ein neues Album<br />

vorgelegt. Dabei hat er diesen Albumtitel<br />

ganz bewusst ausgesucht, hat auf alles<br />

störende (Produktions-)Beiwerk verzichtet,<br />

alle Titel – teilweise im Duo mit Andy<br />

Grünet an der Mundharmonika – wurden<br />

live im Studio eingespielt. Zwölf der fünfzehn<br />

Lieder hat er selbst geschrieben, dazu<br />

gibt es mit “Black Cat Bone” (Dave “Snaker”<br />

Ray), “Mystery Train” (Junior Parker)<br />

und “Hellhound On My Trail” (Robert<br />

Johnson) drei Cover-Versionen zu hören.<br />

Die Art und Weise, wie Schildmann seine<br />

eigenen Songs sowie diese Vorlagen interpretiert,<br />

ist purer klassischer Sou<strong>the</strong>rn-<br />

Blues, wunderschöner Gitarrensound – die<br />

verwendeten Instrumente stammen bis auf<br />

eine Ausnahme aus den 30er Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts –, herrliche, dazu passende<br />

Mundharmonika, knarziger Gesang, kurzum:<br />

zeitlos guter Blues!<br />

(Rock Werk Records,<br />

2014, 15/58:25) tk<br />

KENNY „BLUES BOSS”<br />

WAYNE<br />

ROLLIN’ WITH THE BLUES<br />

BOSS<br />

Kenny Wayne Spruell,<br />

so der bürgerliche<br />

Name des „Blues<br />

Boss”, präsentiert<br />

auf seinem aktuellen<br />

Album elf Songs aus<br />

eigener Feder, bei<br />

deren Aufnahme er sich für je einen Track<br />

der Unterstützung der frisch gebackenen<br />

„Koko Taylor Award”-Gewinnerin Diunna<br />

Greenleaf (voc) sowie des Akustikbluesers<br />

Eric Bibb (voc, g) versichern konnte, die allerdings<br />

nicht im Studio in Vancouver präsent<br />

waren, sondern ihre Parts andernorts<br />

einspielten. Dabei macht der mittlerweile<br />

69-jährige Wahl-Kanadier, der hier außer<br />

in die Klaviertasten gelegentlich auch in<br />

die von klassischen Retro-Keyboards wie<br />

Hammondorgel oder Fender Rhodes greift,<br />

auch gesanglich eine gute Figur und legt<br />

alles in allem ein schön unaufgeregt groovendes<br />

Alterswerk vor, bei dem allein die<br />

recht kurz gehaltene Spieldauer negativ zu<br />

Buche schlägt.<br />

(DixieFrog/H’Art, 2014,<br />

11/37:49) ms<br />

JAMES BROWN<br />

JAMES BROWN & HIS FAMOUS<br />

FLAMES TOUR THE U.S.A. /<br />

JAMES BROWN PRESENTS<br />

HIS BAND FEATURING NIGHT<br />

TRAIN<br />

Diese digital remasterte Reissue-CD vereint<br />

zwei LPs von James Brown aus den<br />

Jahren 1961 und 1962, ergänzt um fünf<br />

Bonus-Tracks aus eben jenen Tagen, als<br />

dem späteren „Godfa<strong>the</strong>r Of Soul” noch<br />

nicht der ganz große Durchbruch gelungen<br />

war. Auch wenn der Titel des ersten Albums<br />

anderes suggerieren könnte, handelt es sich<br />

dabei in beiden Fällen um Studioproduktionen,<br />

die im Übrigen – bei einem Sänger<br />

vom Kaliber Browns nicht unbedingt zu<br />

erwarten – mehrheitlich mit Instrumentals<br />

aufwarten. Insgesamt reflektiert das Songmaterial<br />

zum einen Browns musikalische<br />

Wurzeln, lässt aber bei einem Song wie<br />

dem auch als Single veröffentlichten ”Mashed<br />

Pota<strong>to</strong>es U.S.A.” zugleich erahnen,<br />

wohin die Reise im weiteren Verlauf der<br />

Dekade gehen würde. Abgerundet wird das<br />

Ganze durch ein informatives 16-seitiges<br />

Booklet.<br />

(Soul Jam/inakustik, 1961/1962,<br />

28/74:41) ms<br />

KING OF THE WORLD<br />

KING OF THE WORLD<br />

Aus den Niederlanden stammt dieses 2012<br />

formierte Bluesquartett, dessen Mitglieder<br />

für eingefleischten Bluesfans sicher keine<br />

Unbekannten sind: Gitarrist Erwin Java<br />

dürfte man von seiner Band Cuby & The<br />

Blizzards oder von seinen Kooperationen<br />

mit Jan Akkerman, Larry Carl oder Herman<br />

Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />

Brood kennen, Sänger und Bassist Ruud<br />

Weber war mit Snowy White unterwegs.<br />

Auch Govert van der Kolm, der Mann an<br />

der Hammondorgel, konnte sich schon bei<br />

Acts wie Coco Mon<strong>to</strong>ya, Matt Schofield<br />

und Mike Welch bewähren, Schlagzeuger<br />

Fokke de Jong spielte lange Jahre für die<br />

niederländische Dialektband Normaal. Mit<br />

ihren elf selbst verfassten Songs – für den<br />

Hidden Track bedienen sie sich bei Bob<br />

Dylan – zeigen sie eindrucksvoll, mit wie<br />

viel Gefühl man heutzutage den Blues<br />

spielen kann, dass sich vielstimmige Harmonien,<br />

fett groovender Sound und singende<br />

Slidegitarre nicht ausschließen, dass<br />

dies zusammen richtig guten, elektrischen<br />

Blues-Rock ergeben kann.<br />

(King Of The World/H’Art,<br />

2014, 11/46:52) tk<br />

LUCKY PETERSON<br />

I’M BACK AGAIN<br />

Das belgische Blues-<br />

Boulevard-Label ist<br />

dafür bekannt, dass<br />

es neben eigenen<br />

Produktionen gerne<br />

auch quasi umetikettierte<br />

Reissues auf<br />

den Markt bringt. So auch im vorliegenden<br />

Fall, stammen sämtliche Tracks dieses Albums<br />

doch von der bereits 2012 als Doppel-CD<br />

bzw. DVD/CD-Set erschienenen<br />

Produktion LIVE AT THE 55 ARTS CLUB<br />

BERLIN, wobei man hier exakt jene Hälfte<br />

der Titel der Originalveröffentlichung auswählte,<br />

bei denen Petersons singende Ehefrau<br />

Tamara nicht mit von der Partie war.<br />

Diese elf Songs zeigen den Sänger, Organisten<br />

und Gitarristen, der in dem Schöneberger<br />

Kellerclub von seiner dreiköpfigen<br />

Tourband begleitet wurde, in bester Spiellaune<br />

und unterstreichen somit – wie auch<br />

sein aktuelles Studio-Album THE SON<br />

OF A BLUESMAN –, dass nach überwundenen<br />

Drogenproblemen wieder mit Peterson<br />

zu rechnen ist.<br />

(Blues Boulevard/H’Art, 2014,<br />

11/73:09) ms<br />

REVEREND RUSTY<br />

STRUGGLE<br />

Nach<br />

nunmehr<br />

fünf Jahren der<br />

stillen Studio-Arbeit<br />

melden sich<br />

Reverend Rusty<br />

zurück. Rusty<br />

S<strong>to</strong>ne führt uns<br />

mit STRUGGLE<br />

zurück zu Blues, wie<br />

nur er ihn schreiben kann. Inspiriert vom<br />

echten Leben erzählen er und seine Kollegen<br />

Al Wood und Mr. C.P. in 13 Songs<br />

kleine und große Geschichten, mal mit<br />

vielen und in zwei Instrumentalnummern<br />

auch mal ganz ohne Worte. Die Entstehung<br />

von STRUGGLE sei tatsächlich ein<br />

Kampf gewesen, verrät Rusty S<strong>to</strong>ne. Die<br />

Platte erfuhr viel mehr Liebe und Zeit und<br />

sorgte gleichzeitig für mehr Kummer und<br />

Tränen, als sein Vorgänger. Das Ergebnis<br />

sind griffige Gitarren und stilistische Ausflüge<br />

mit Heimkehr. „Life is a beautiful<br />

Struggle” („Das Leben ist ein wunder-<br />

<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 49


CD<br />

REVIEWS<br />

schöner Kampf”) schließt das Booklet,<br />

und genau das hört man, die Freude am<br />

Kampf um die Entstehung dieses Albums.<br />

(Rev S<strong>to</strong>ne <strong>Music</strong>/Galileo <strong>Music</strong><br />

Communication, 2014, 13/57:00) pk<br />

ERIC BIBB<br />

IN 50 SONGS<br />

200 Minuten Musik pur, 50 Songs, die<br />

zwischen Blues und Folk in unterschiedlichsten<br />

Facetten changieren, all das liefert<br />

Eric Bibb auf seiner gelungenen Drei-CD-<br />

Werkschau. Über zwei Dutzend Alben<br />

hat der Wahl-Europäer aus New York seit<br />

1972 veröffentlicht, abgedeckt ist hier der<br />

Zeitraum zwischen 1999 und 2014. “Wayfaring<br />

Stranger”, “Shingle By Shingle”<br />

und “Needed Time” nahm er eigens hierfür<br />

gelungen neu auf. Höhepunkte herauszuheben,<br />

ist nahezu unmöglich, da Bibb<br />

praktisch nie schwächelte. Im Gegenteil:<br />

Sein feinfühliges Gitarrenspiel (Fingerpicking!),<br />

der samtige Gesang und starkes<br />

Songwriting faszinieren immer wieder<br />

von Neuem. Bibb (mittlerweile 62) versteht<br />

es einfach, unaufdringlich zu wirken<br />

und doch in seinen Bann zu ziehen – und<br />

seine jeweiligen Begleiter geschmackvoll<br />

wie effizient auszuwählen und einzusetzen.<br />

Zum Kennenlernen ein perfektes wie<br />

preiswertes Paket.<br />

(Dixiefrog/H’Art, 2014,<br />

18/70:39, 16/68:35, 16/58:57) pro<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

DANCING BY MYSELF: LOST IN<br />

NORTHERN SOUL<br />

In<br />

Großbritannien<br />

ist der so genannte<br />

Nor<strong>the</strong>rn Soul immer<br />

noch aktuell,<br />

was auch an einer<br />

nicht zu unterschätzenden<br />

Clubszene<br />

liegen mag, die diese Musik aus den<br />

Sechzigern nach wie vor am Leben hält.<br />

Damals bestimmten tanzbare Rhythmen,<br />

Saxofone, Orgeln und schnittige Melodien<br />

die Veranstaltungsorte, in denen sich<br />

Teenager auf der Suche nach einer eigenen<br />

Identität drängelten. Das exquisite<br />

Righteous Label (hat kürzlich erst die<br />

Zusammenstellung LOOSE LIPS MIGHT<br />

SINK SHIPS auf den Markt gebracht)<br />

kompiliert meist weniger bekannte, aber<br />

dennoch musikalisch hochwertige Acts<br />

wie The Vibrations, Billy Gales, Bobby<br />

Parker und The Knockouts (mit einer originellem<br />

Fassung von “Fever”). Hier darf<br />

sich der Hörer auf eine spannende Zeitreise<br />

einstellen, auch wenn nicht alle Titel<br />

optimal klingen. Das achtseitige Booklet<br />

enthält Liner-Notes von Dave Henderson,<br />

die leider recht spärlich ausfallen.<br />

(Righteous/Rough Trade, 2014,<br />

26/60:59) at<br />

ley, besser bekannt als Big Bill Broonzy<br />

(1893–1958), bietet neben dem Klassiker<br />

“Key To The Highway” eine Fülle<br />

weiterer Hochkaräter wie “All By Myself”,<br />

“Stuff That Called Money”, “Just A<br />

Dream” oder “Sou<strong>the</strong>rn Flood Blues”, die<br />

sich die Brüder zueigen gemacht haben,<br />

adäquat unterstützt durch den Pianisten<br />

Gene Taylor und die sich abwechselnden<br />

Rhythmusgruppen Bob Glaub/Don Heffing<strong>to</strong>n<br />

und Brad Fordham/Lisa Pankratz.<br />

Die Alvins verfügen nicht gerade über<br />

klassisch-bluesige Stimmen, aber es ist<br />

ja nicht verboten, trotzdem den Blues zu<br />

singen, wenn man ihn in sich spürt. Dave<br />

& Phil griffen zum naheliegenden Kunstgriff<br />

der Verfremdung Richtung Country<br />

und Roots-Rock und schufen dadurch ein<br />

ganz herrliches Album zwischen saftigem<br />

Vollgas-Rock, formstrengen Zwölftaktern<br />

und semi-akustischen Delikatessen,<br />

die mit jederzeit hörbarem Enthusiasmus<br />

eingespielt wurden. An den famosen Resultaten<br />

herumnörgelnde Puristen machen<br />

einen Fehler!<br />

(Yep Roc/Cargo, 2014, 12/42:45) hjg<br />

VARIOUS ARTISTS<br />

LEGENDEN DES SOUL<br />

Analog zur „Zeit”-<br />

Edition „Legenden<br />

Des Jazz” widmet<br />

sich diese Veröffentlichung<br />

aus dem<br />

Hamburger Verlagshaus<br />

auf 15 CDs je<br />

einem At Act, dessen musikalischer Output<br />

einer der unterschiedlichen Facetten jenes<br />

Genres zugerechnet werden kann,<br />

das als eine Syn<strong>the</strong>se von Gospelmusik<br />

und säkularem R&B entstand, wie sie<br />

exemplarisch in Ray Charles’ Fifties-<br />

Klassiker ”I’ve Got A Woman” ihren<br />

Ausdruck fand. Dem „Genius” ist denn<br />

auch gleich die erste CD der Box gewidmet,<br />

die allerdings nicht seine klassischen<br />

Aufnahmen für Atlantic Records enthält,<br />

sondern solche, die er in den 1960ern für<br />

ABC einspielte. Weitergeht es mit Sam<br />

Cooke sowie dem „Godfa<strong>the</strong>r Of Soul”,<br />

James Brown, bevor mit Marvin Gaye<br />

der erste Mo<strong>to</strong>wn-Künstler und mit der<br />

Soul-Blueslady Denise LaSalle die erste<br />

der zwei hier vertretenen weiblichen Acts<br />

gefeatured werden. Mit Otis Redding und<br />

Isaac Hayes folgen sodann die beiden<br />

wohl bedeutendsten Stax-Musiker, die<br />

zugleich als einzige in dieser Edition das<br />

stilbildende Label aus der Südstaatenmetropole<br />

Memphis repräsentieren, dessen<br />

Bedeutung dafür im Begleitbuch durch einen<br />

Extratext mit dem Titel „Willkommen<br />

in Soulsville” gewürdigt wird. Deutlich<br />

umfangreicher ist der Pop-affine Sound<br />

von Berry Gordys Detroiter Hit-Schmiede<br />

Mo<strong>to</strong>wn vertreten, und zwar neben Marvin<br />

Gaye gleich noch mit (Little) Stevie<br />

Wonder, den Four Tops, Smokey Robinson<br />

& The Miracles, den Temptations,<br />

den Supremes sowie Michael Jackson<br />

bzw. den Jackson 5. Vollendet wird der<br />

Reigen schließlich durch Aufnahmen der<br />

O’Jays sowie aus Curtis Mayfields frühen<br />

Jahren mit den Impressions. Wie immer<br />

bei derartigen Editionen lässt sich auch<br />

hier nicht nur über die Songauswahl, sondern<br />

ebenso über die der Künstler/-innen<br />

Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />

trefflich streiten, kommt Musiker/-innen<br />

wie Aretha Franklin, Wilson Pickett und<br />

anderen mehr der Legendenstatus doch<br />

mindestens genauso zu wie den weiter<br />

oben Genannten. Dies war auch den Herausgebern<br />

bewusst, die mit dem Hinweis<br />

darauf, dass jede Auswahl zu Verzicht<br />

zwinge, erst gar keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit erheben, sondern das<br />

Ganze vielmehr als „eine Einladung” verstanden<br />

wissen wollen, „die Welt des Soul<br />

zu entdecken”. Als Reiseführer auf dieser<br />

musikalischen Entdeckungs<strong>to</strong>ur wird<br />

einem dabei das bereits erwähnte, gut 200<br />

Seiten starke Begleitbuch mit Porträts<br />

der einzelnen Musiker/innen und Bands<br />

sowie ausgewählten „Zeit”-Artikeln mit<br />

auf den Weg gegeben, das allerdings ausschließlich<br />

bei Bestellung des Gesamtpakets<br />

im „Zeit”-Shop erhältlich ist, wohingegen<br />

die 15 CDs im Schallplattenhandel<br />

wiederum nur einzeln erworben werden<br />

können.<br />

(Universal, 2014, 15 CDs +<br />

Begleitbuch)<br />

ms<br />

MILLIE JACKSON<br />

LOVING ARMS – THE SOUL<br />

COUNTRY ALBUM<br />

Nicht umsonst gilt<br />

Millie Jackson zu<br />

den<br />

ausgesprochen<br />

erotischen<br />

Sängerinnen<br />

Amerikas,<br />

die sich auch nicht<br />

scheut, schon in<br />

Songtiteln zu verraten, worum es ihr geht:<br />

“Angel In Your Arms”, “If You’re Not Back<br />

In Love By Monday”, “I Can’t S<strong>to</strong>p Loving<br />

You”, “Loving Arms”, “I Still Love You<br />

(You Still Love Me)”, “Black Bitch Crazy”<br />

... Dank überragender Stimme und hochdifferenziertem<br />

Phrasierungsvermögen gelingen<br />

ihr regelmäßig höllisch swingende<br />

Songs, die abwechselnd kraftstrotzend,<br />

elektrisierend, prickelnd oder sexy schleichend<br />

daherkommen. Sie erweist sich bei<br />

“You Needed Me” und “You Never Cross<br />

My Mind” zudem als ideale Partnerin für<br />

den elegant-rauchigen Isaac Hayes. Unter<br />

diesen Voraussetzungen hatte Millie Jackson<br />

auch keine Probleme, die Grenze zwischen<br />

Soulterri<strong>to</strong>rium und Countryland zu<br />

überschreiten, um dort passende Songs aus<br />

den Werkstätten von Don Gibson, Kenny<br />

Rogers, Kris Kris<strong>to</strong>fferson oder Mac Davis<br />

aufzuspüren. Die Genreverschmelzung ist<br />