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INHALT<br />
Ausgabe 131 · August/September 2014<br />
10 T. <strong>Rex</strong><br />
Glam-Rock, Hype & Monument<br />
14 Yes<br />
Unsterblich<br />
16 Uriah Heep<br />
Hard-Rock-Romantiker<br />
17 Chicago<br />
Rückkehr zum Kreativ-Gebläse<br />
18 Electra<br />
Eintritt in den Dom – und Abschied<br />
20 Byrds<br />
50 Jahre – Teil 3<br />
22 Small Faces<br />
Ian McLagan: Steve war fabelhaft!"<br />
"<br />
24 Spencer Davis<br />
... und rennt und rennt und rennt<br />
25 Dion<br />
Wanderer in der Blues-Welt<br />
26 Dunkles Kapitel<br />
Das trübe Geschäft mit schwarzen Musikern<br />
28 Gregg Allman<br />
Lebendig und bewegend<br />
28 Eric Clap<strong>to</strong>n<br />
16 Songs – ein Denkmal für J.J. Cale<br />
29 Gentle Giant<br />
Progressiv? Schubladendenken!"<br />
"<br />
66 <strong>GoodTimes</strong>-Tipp<br />
Hank Shizzoe<br />
66 Rick Wakeman<br />
Verschmähte Prog-Orgie<br />
68 The UK-Instro-Boom<br />
Rock ohne Worte<br />
72 Rolling S<strong>to</strong>nes<br />
Stunk um Steine – Teil 2<br />
74 The Hoax<br />
Blues-Porträt No. 45<br />
76 Live<br />
Pretty Things – Ramrods – Tangerine Dream<br />
John Fogerty – Robert Plant – Black Sabbath – Rolling S<strong>to</strong>nes<br />
79 <strong>GoodTimes</strong>-Newcomer<br />
Jim Stapley – St. Paul & The Broken Bones<br />
80 Jackson C. Frank<br />
Der Blues trieb sein böses Spiel<br />
80 Epitaph<br />
Schubser von Schenker<br />
81 Steve Harley (& Cockney Rebel)<br />
Arroganter Fatzke?<br />
82 Blues Pills<br />
Dr. Rocks Rezept<br />
83 Midge Ure<br />
Neue Wege & Winterschlaf<br />
84 Stilkunde (Folge 7)<br />
Soul<br />
88 Es war einmal ...<br />
Ein Blick zurück auf Denkwürdiges<br />
94 Walter Trout<br />
Das Wunder von Nebraska<br />
95 Leo Lyons<br />
Kreuzverhör<br />
96 Graham Nash<br />
... weil wir alte Säcke sind!"<br />
"<br />
98 ... zuguterletzt<br />
Saga – Randy Bachman – John Hiatt<br />
T. <strong>Rex</strong>, S. 10 Electra, S. 18<br />
Small Faces, S. 22<br />
Spencer Davis, S. 24<br />
RUBRIKEN<br />
4 Aktuell – Neues aus der Szene<br />
30 CD/Vinyl-Vorstellungen<br />
58 DVD/Blu-ray-Vorstellungen<br />
60 Buch-Vorstellungen<br />
62 <strong>GoodTimes</strong>-Shop<br />
64 Kleinanzeigen<br />
Edi<strong>to</strong>rial<br />
Graham Nash, S. 96<br />
65 Abo-Bestellschein<br />
90 Konzertkalender<br />
97 Leserbriefe<br />
97 Charts<br />
98 Impressum<br />
Fabian Leibfried<br />
-Herausgeber/Chefredakteur-<br />
Musik verbindet. Das beste aktuelle Beispiel dafür sind all<br />
die Open-Air-Festivals, die momentan stattfinden und bis<br />
zu fünfstellige Besucherzahlen verzeichnen. Wobei natürlich<br />
jüngeres Publikum dominiert, dem Regen, Matsch oder Hitze<br />
und knallender Sonnenschein nichts ausmachen. Für etwas<br />
ältere Semester wären ähnliche Veranstaltungen sicher ebenfalls<br />
attraktiv, genügend interessante Bands gewiss auch zu<br />
finden. Aber irgendwann wissen Fans fortgeschrittenen Alters<br />
halt auch bei Konzerten gewisse Annehmlichkeiten zu<br />
schätzen. Vielleicht sollten Veranstalter mal darüber nachdenken, mit solchen Events<br />
verstärkt in Schlösser/Burgen oder Arenen wie die Loreley zu gehen – dort nämlich<br />
können Musikliebhaber sowohl sitzen als auch stehen (und tanzen) ...<br />
Ein anderes Beispiel für die Generationen zusammenführende Bedeutung von Musik<br />
ist der Überlebenskampf von Walter Trout, über den wir in der letzten Ausgabe berichteten.<br />
Inzwischen hat der 63-jährige Blues-Rocker eine Spenderleber übertragen<br />
bekommen. Seine Frau Marie berichtete im Gespräch mit <strong>GoodTimes</strong> über eine überwältigende,<br />
nicht enden wollende Anteilnahme – ideell wie finanziell. Über 240.000<br />
Dollar (!) waren bis Redaktionsschluss auf dem Youcaring-Spendenkon<strong>to</strong> zusammengekommen.<br />
Ein erhofftes Gespräch mit Walter Trout klappte leider nicht: Probleme<br />
mit der Galle machten ihm zu schaffen und erforderten weitere operative Eingriffe.<br />
Dennoch ließ Trouts Ehefrau Marie herzliche Dankesgrüße an die <strong>GoodTimes</strong>-Leser<br />
übermitteln. Wir bleiben dran, weitere Infos folgen im nächsten Heft.<br />
Leider gibt es aber auch Beispiele dafür, dass die Liebe zur Musik nicht immer alle<br />
Hürden zu überwinden vermag. So wird aus der angedachten Byrds-Reunion wohl<br />
nichts: Roger McGuinn sei nicht an Bord zu holen, beklagte jüngst David Crosby. So<br />
bleibt es bei deren unverzichtbarer musikalischer Hinterlassenschaft, die unser Mitarbeiter<br />
Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r umfangreich aufgearbeitet hat – was mit Teil III in dieser<br />
Ausgabe seinen Abschluss findet.<br />
Viel Vergnügen mit diesem Heft wünscht Ihnen<br />
SoulS. MUSIK-STILE<br />
S I<br />
84<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 3
News<br />
Aktuell News Aktuell<br />
Aus „gesundheitlichen Gründen" hat Gitarrenvirtuose<br />
Jeff Beck den zweiten<br />
Teil seiner Europa-Tournee wenige Tage<br />
vor deren Start abgesagt. Kurz vor seinem<br />
70. Geburtstag musste Beck für kurze Zeit<br />
ins Krankenhaus, wo ihm die Ärzte nach<br />
monatelangem Touren eine sechswöchige<br />
Pause verschrieben. Beck werde ab 8. August<br />
in den USA wieder on <strong>the</strong> road gehen,<br />
hieß es hierzu auf seiner Website. Hinter<br />
den Kulissen war auch bereits von Deutschland-Gigs<br />
im Herbst zu hören+++<br />
Den ganzen August hindurch wird der britische<br />
Blues-Rocker Danny Bryant mit der<br />
Band seines Men<strong>to</strong>rs Walter Trout unter<br />
dem Mot<strong>to</strong> „A Tribute To Walter" durch<br />
die USA <strong>to</strong>uren, während sich Trout von<br />
seiner Lebertransplantation erholt. Mit einem<br />
Fanbrief hatte sich der damals 15-jährige<br />
Bryant vor über 20 Jahren an Trout<br />
gewandt, der ihn tatsächlich kontaktierte<br />
und Gitarrenunterricht gab, wenn er im<br />
UK unterwegs war. Sei<strong>the</strong>r standen beide<br />
häufig gemeinsam im Studio wie auch auf<br />
internationalen Bühnen. Als Special Guest<br />
wird Jon Trout, Walters ältester Sohn, mit<br />
von der Partie sein+++<br />
Einjähriges Bestehen hat das Rock- und<br />
Pop-Museum Niederbüren in der Schweiz<br />
gefeiert, das 80 Jahre Musikgeschichte<br />
dokumentiert. Leiter/Präsident Roland<br />
„Tschiibii" Grossenbacher zog eine positive<br />
Bilanz: „Unser Museum hat sich in<br />
dieser kurzen Zeit, weit über unsere Landesgrenzen<br />
hinaus, einen hervorragenden<br />
Ruf erworben und sorgt immer wieder für<br />
positive Schlagzeilen", sagte er <strong>GoodTimes</strong>.<br />
Seit September 2013 seien 171 Besuchergruppen<br />
gekommen, davon 110 allein seit<br />
Januar, insgesamt verzeichne man über<br />
Unsere Gewinner aus Heft 2/2014<br />
5x Blu-ray Happy Metal:<br />
– Bodo und Ines Wüstenhagen,<br />
Jardelund<br />
– Yannick Hoffmann,<br />
Bettange (Luxemburg)<br />
– Claudius Jehle, Deggenhausertal<br />
– Bruno Rieb, Münzenberg<br />
– Lasse Kops, Kiel<br />
5x CD-Box Little Feat:<br />
– Achim Aschinger, Amberg<br />
– Ralf Chittka, Bad Kreuznach<br />
– Rena<strong>to</strong> Dillena, Ersingen (Schweiz)<br />
– Marvin Schaaf, Hungen<br />
– Udo Stegemann, Hamburg<br />
2000 Besucher. Infos sind unter www.rockpopmuseum.ch<br />
zu finden+++<br />
Just am Tag der Veröffentlichung seiner<br />
neuen Single "The Chamber" hat<br />
Lenny Kravitz Ende Juni die ersten<br />
Etappe seiner anstehenden Welt<strong>to</strong>urnee<br />
bekannt gegeben, die am 22. Ok<strong>to</strong>ber in<br />
Europa startet und im November auch zu<br />
fünf Shows nach Deutschland führt. Die<br />
Single soll schon mal neugierig machen<br />
auf Kravitz' zehntes Studio-Album, das<br />
am 19. September erscheinen, den Titel<br />
STRUT tragen und von seinem Label als<br />
„wahres Rock’n’Roll-Album" angekündigt<br />
wird. Kravitz produzierte und spielte<br />
alle Instrumente selbst, das Abmischen<br />
überließ er allerdings Bob Clearmountain,<br />
der diesen Job auch schon für David Bowie,<br />
die Rolling S<strong>to</strong>nes, Springsteen und<br />
Bon Jovi erledigte+++<br />
Binnen einer halben Stunde waren die<br />
50.000 Tickets für das erste ELO-Konzert<br />
in Europa seit 1986 ausverkauft! Am 14.<br />
September werden Jeff Lynne & Co. im<br />
Londoner Hyde Park auf die Bühne gehen<br />
und dabei vom BBC Concert Orchestra<br />
begleitet werden. „Ich habe seit geraumer<br />
Zeit nicht mehr live performt und weiß,<br />
dass unsere Fans seit Jahren oft darum<br />
gebeten haben – es wird eine aufregende<br />
Show werden", sagte Lynne, der Boss des<br />
Electric Light Orchestra, im Vorfeld des<br />
Konzerts+++<br />
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© Pressefo<strong>to</strong><br />
Zum ersten Mal in der deutschen Rockgeschichte<br />
haben es Led Zeppelin gleichzeitig<br />
mit drei Alben in die Top 20 geschafft!<br />
35 Jahre nach dem offiziellen Ende der<br />
Band gelang dies Ende Mai im Zuge der<br />
spektakulären Wiederveröffentlichung aller<br />
Led-Zeppelin-Alben LED ZEPPELIN (#11),<br />
II (#16) und III (#18). Alle Werke enthalten<br />
bisher unveröffentlichtes Audiomaterial<br />
(Livemitschnitt, Studio-Outtakes und Demo-Aufnahmen<br />
) und waren von Gitarrist,<br />
Gründungsmitglied und Produzent Jimmy<br />
Page persönlich remixt und einer eingehenden,<br />
sensiblen Erneuerung auf Basis<br />
der alten Originalbänder unterzogen worden.<br />
Im Laufe der nächsten Monate werden<br />
sämtliche weiteren Led-Zeppelin-Alben in<br />
perfektem Sound und mit jeder Menge unbekanntem<br />
Material folgen, sowohl in einer<br />
Deluxe-Ausgabe wie auch in mehreren<br />
CD- und Vinylformaten und als Download<br />
wiederveröffentlicht+++<br />
Seit dem 1. Juli laufen die Online-<br />
Abstimmungen für die „German Blues<br />
Challenge" und „German Blues Awards<br />
2014", die als Bestandteil der „BluesBaltica"<br />
firmieren. Bis zum 31. Juli können<br />
Bluesfans wählen, wer einen der begehrten<br />
Awards bekommt, und welche fünf<br />
Bands an der „Blues Challenge" in Eutin<br />
teilnehmen sollen und sich mit einem<br />
30-minütigen Auftritt einer internationalen<br />
Jury stellen können. Der Sieger wird<br />
Deutschland bei der Europäischen Blues<br />
Challenge im März 2015 in Brüssel und<br />
der International Blues Challenge 2015<br />
in Memphis vertreten. Im Rahmen der<br />
Veranstaltung am 20.9. in Eutin werden<br />
zudem die Preisträger der „German Blues<br />
Awards 2014" in den Kategorien Band,<br />
Solo/Duo, Club, Festival, Gitarre, Harp,<br />
sonstige Instrumente, Gesang männlich<br />
und weiblich, CD sowie Ehrenpreise national<br />
und international gekürt. Infos<br />
und Zugang für das Online-Voting sind<br />
unter www.bluesfest-eutin.de zu finden.<br />
Mike Seeber Trio:<br />
Die Gewinner 2013<br />
Zu den Blues-Award-Nominierten gehört<br />
auch Ruhrpott-Bluesbarde Chris Kramer<br />
in den Kategorien „Beste Blues-Harp" und<br />
„Bestes Album” (mit CHICAGO BLUES).<br />
Derzeit ist der Wahl-Dortmunder mit einem<br />
neuen Projekt schwer beschäftigt, der<br />
Arbeit an dem <strong>Music</strong>al/Hörbuch „Die kleine<br />
Mundharmonika", das 2015 veröffentlicht<br />
und in seiner Heimatstadt Marl mit 200<br />
Kindern uraufgeführt und dann in weiteren<br />
Städten nicht nur in Nordrhein-Westfalen<br />
präsentiert werden soll. Im Rahmen dieses<br />
großangelegten Projektes wird Kramer<br />
auch unter dem Mot<strong>to</strong> „Blues als Unterrichtsfach"<br />
in Grund- und weiterführenden<br />
Schulen Kindern den Blues, die Mundharmonika<br />
und die Musik im Allgemeinen näherbringen+++<br />
Pünktlich zu seiner Herbst<strong>to</strong>ur durch<br />
Deutschland bringt Albert Hammond<br />
eine 4-Track-Single heraus. Neben der<br />
Titelnummer "I Guess I Really Had It Coming",<br />
dem seinerzeit neuen Song seines<br />
Albums LEGEND II gibt es "It Never Rains<br />
In Sou<strong>the</strong>rn California" als Duett mit Al<br />
Stewart (LEGEND), das gemeinsam mit<br />
Annette Humpe verfasste "Changing Me",<br />
ein Duett mit Sohn Albert Hammond Jr.<br />
(LEGEND) sowie "Smokie Fac<strong>to</strong>ry Blues"<br />
vom Live-Album SONGBOOK zu hören.<br />
Alle Songs wurden remastert. Neben seiner<br />
Live-Aktivitäten arbeitet der mittlerweile<br />
70-Jährige zudem an neuen Liedern+++<br />
Bei der 35. Verleihung der „Blues <strong>Music</strong><br />
Awards" hat das deutsche Label Ruf<br />
Records in diesem Jahr in der Kategorie<br />
„Best DVD” gewonnen. Für das CD/DVD-<br />
Set SONGS FROM THE ROAD der Royal<br />
Sou<strong>the</strong>rn Bro<strong>the</strong>rhood nahm Thomas Ruf<br />
den Preis entgegen. „Wir freuen uns sehr<br />
über die Würdigung und verstehen sie als<br />
Ansporn, weiterhin hochwertige Bluesaufnahmen<br />
zu schaffen und neue Künstler<br />
zu fördern", sagte Ruf bei der Zeremonie<br />
Anfang Mai in Memphis. Ende Juni<br />
hat die RSB, die hochkarätige Formation<br />
um Cyril Neville, Devon Allman und Mike<br />
Zi<strong>to</strong>, mit HEARTSOULBLOOD ihr zweites<br />
Studio-Album veröffentlicht+++<br />
Als neue Blues-Rockhoffnung werden die<br />
Mojo Makers aus Dänemark gehandelt.<br />
Im September kommt ihr Zweitwerk DEVIL<br />
HANDS in den Handel, das sich laut ihrem<br />
Label „ganz klar an ihren Vorbildern The<br />
Doors orientiert"+++<br />
Die „quietschrosaroteste Holi-Party" überhaupt<br />
wollen die Erlanger Spaß-Rocker<br />
J.B.O. beim „Heavy Metal-Festival Summer<br />
Breeze" am 15.8. im mittelfränkischen<br />
Dinkelsbühl feiern. Unter Holi-Parties<br />
versteht man aus Indien stammende Farbenfeste,<br />
bei denen sich die Besucher<br />
gegenseitig mit farbigem Pulver bewerfen.<br />
Mit dem Event läutet die Band unter<br />
dem Mot<strong>to</strong> „25/10" ihr Jubeljahr ein: Es<br />
gibt das 25-jährige Bandjubiläum und das<br />
zehnte Studio-Album zu feiern. NUR DIE<br />
BESTEN WERDEN ALT erscheint Mitte August<br />
und bietet wieder die J.B.O.-typische<br />
Mischung aus beinharter Rockmusik und<br />
schräg-geistreichem Humor. Dass die ankommt,<br />
zeigt der Erfolg ihres letzten Werks<br />
KILLERALBUM, das es bis auf Platz 3 der<br />
Charts schaffte+++<br />
PRETTY WOMAN ist das neue Solowerk<br />
von Rick Vi<strong>to</strong>, des einstigen Gitarristen<br />
von Fleetwood Mac, Bob Seger und Bonnie<br />
Raitt, betitelt. Den darauf zu hörenden<br />
Blues-Rock mit Swingelementen wird Vi<strong>to</strong><br />
im September auf Tour auch hier zu Lande<br />
Seite 4 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News Aktuell<br />
live präsentieren, nachdem seine Gastspiele<br />
mit der Mick Fleetwood Bluesband auch<br />
schon wieder einige Jahre zurückliegen+++<br />
Vielversprechende Veröffentlichungsankündigungen<br />
hat das norddeutsche Label<br />
Sireena Records geschickt: So wird es demnächst<br />
Paul Rolands Raritätensammlung<br />
PROFESSOR MORIARTY'S JUKEBOX erstmals<br />
in Deutschland zu erwerben geben.<br />
Das 1986er Album LIVE der Skandinavier<br />
Tribute wird neu aufgelegt. Sou<strong>the</strong>rn Rock<br />
vom Feinsten verspricht Sireena mit REBEL<br />
BY CHOICE der General Lee Band, während<br />
die Oleg Pissarenko Band mit HOW<br />
ARE YOU Minimal Jazz und Post-Rock aus<br />
Estland liefern wird. Vom norwegischen<br />
Elektronikprojekt Nattefrost gibt es mit<br />
HOMELAND ein weiteres Vinylalbum in limitierter<br />
Auflage, diesmal aber mit neuen<br />
Titeln. Und die DVD LIVE AT ROCKPALAST<br />
erinnert an die Hannoveraner Band Der<br />
Moderne Man, die Anfang der 80er Jahre<br />
aktiv war+++<br />
SECRET LADDER wird das neue, im September<br />
erscheinende Studiowerk von US-<br />
Sänger und Songschmied Chris<strong>to</strong>pher<br />
Cross ("Sailing", "Ride Like The Wind")<br />
heißen+++<br />
Derzeit eifrig im Studio zugange ist die Kanadierin<br />
Buffy St. Marie, um ein neues<br />
Album einzuspielen. Die Sixties-Ikone mit<br />
einem Dok<strong>to</strong>rtitel in Bildender Kunst wie<br />
auch Philosophie, die als Protestsängerin<br />
berühmt wurde, schrieb mit "Up Where We<br />
Belong" Joe Cocker & Jennifer Warnes einen<br />
Hit auf die Stimmbänder und wurde<br />
von zahlreichen anderen Kollegen wie Janis<br />
Joplin, Elvis Presley, Neil Diamond, Cher,<br />
Donovan ("Universal Soldier"), Erasure und<br />
Taj Mahal gecovert. Ihr letztes Studio-Album<br />
RUNNING FOR THE DRUM hatte die<br />
73-Jährige 2008 veröffentlicht+++<br />
Ebenfalls im Herbst soll beim kanadischen<br />
True-North-Label ein Boxset mit einer<br />
Werkschau des Singer/Songwriters, Gitarrenvirtuosen<br />
und Dritte-Welt-Aktivisten<br />
Bruce Cockburn erscheinen+++<br />
BLIND RAGE wird das neue Album der<br />
Teu<strong>to</strong>nen-Rocker und deutschen Metalpioniere<br />
Accept heißen, das am 15.8. veröffentlicht<br />
wird. Es handelt sich um das zweite<br />
Studiowerk seit der Reunion der Band<br />
(mit dem US-Amerikaner Mark Tornillo als<br />
Sänger, Frontmann und Nach-Nachfolger<br />
von Udo Dirkschneider, der mit U.D.O. eigene<br />
Wege geht). BLIND RAGE wurde von<br />
Andy Sneap (Megadeth) produziert und<br />
wird auch als limitiertes Digipak wahlweise<br />
mit einer Bonus DVD beziehungsweise einer<br />
Blu-ray erhältlich sein. Darauf ist eine<br />
komplette Accept-Liveshow mit 23 Songs<br />
enthalten, die während der „Stalingrad<br />
World Tour" 2013 in Chile mitgeschnitten<br />
wurde+++<br />
Als 6-CD-Boxset wird das bahnbrechende<br />
Live-Album AT FILLMORE EAST der Allman<br />
Bro<strong>the</strong>rs Band von 1971 mit dem<br />
erweiterten Titel THE 1971 FILLMORE EAST<br />
RECORDINGS neu aufgelegt. Das Set vereint<br />
alle vier Auftritte der ABB-Shows vom 12.<br />
und 13. März 1971 – plus das komplette<br />
Headliner-Set der Allmans vom 27. Juni<br />
1971, als sie das letzte Konzert vor Schließung<br />
des New Yorker Musiktempels Fillmore<br />
East gaben. 16 unveröffentlichte Tracks<br />
kommen nun so endlich zu Gehör. Weitere<br />
VÖ-Formate: 4 LPs /3 Blu-ray Audio+++<br />
In den 80er Jahren war die englische Singer/Songwriterin<br />
Sally Barker regelmäßiger<br />
Gast auf deutschen Bühne, ehe sie der<br />
Familie zuliebe musikalisch kürzertrat. Bei<br />
der TV-Show „The Voice UK 2014" belegte<br />
sie zwar „nur" Platz zwei, war aber „Gewinnerin<br />
der Herzen". Den damit verbundenen<br />
Plattendeal beim Major Universal<br />
schlug die 54-Jährige allerdings aus, um<br />
ihre Unabhängigkeit zu wahren. Stattdessen<br />
kehrte sie zu ihrem früheren deutschen<br />
Label Hypertension zurück, auf dem sie im<br />
August MAID IN ENGLAND veröffentlichen<br />
wird (inklusive zweier Songs, die sie auch<br />
in „Voice" angestimmt hatte). Davor <strong>to</strong>urte<br />
sie im UK als Opener für Sir Tom Jones, der<br />
in der „Voice"-Jury gesessen war+++<br />
In diesem Jahr jährt es sich zum 60.<br />
Mal, dass Elvis Presley "That's Alright<br />
Mama" in den Sun Studios aufnahm, am<br />
8. Januar 2015 werden die Fans des Kings<br />
seinen 80. Geburtstag feiern – und seine<br />
Nachlassverwalter schlagen bis heute<br />
reichlich Kapital aus der Hinterlassenschaft<br />
des am 16.8.1977 vers<strong>to</strong>rbenen<br />
King Of Rock'n'Roll. Seit 2007 schreibt<br />
die Elvis Presley Enterprises Inc. alljährlich<br />
und weltweit einen Wettbewerb unter<br />
dem Mot<strong>to</strong> „Ultimative Elvis Tribute<br />
Artist" aus. Den hat 2012 mit dem Briten<br />
Ben Portsmouth erstmals ein Europäer<br />
gewonnen. Nach Meinung der Jury singt<br />
und bewegt er sich wie Elvis und besitzt<br />
auch dessen Bühnencharisma. Da ist offenbar<br />
etwas dran, denn 2012 gewann<br />
er auch noch zwei weitere Wettbewerbe:<br />
das „Elvis Tribute Artist Masters" im<br />
UK und beim „Collingwood Elvis Festival"<br />
in Kanada. Hilfreich erwiesen sich<br />
für ihn auch die digitalen Sozialmedien<br />
nach seinem Auftritt in der „David Letterman<br />
Show", als Letterman angesichts<br />
von Portsmouths Auftritt nur noch ein<br />
gestammeltes „Oh my God, oh my God!”<br />
herausbrachte. Nach Tourneen durch die<br />
USA und Kanada, Brasilien, Neuseeland,<br />
Großbritannien, Italien, Belgien, Frankreich<br />
und Russland kommt der Brite nun<br />
auch erstmals nach Deutschland. Begleitet<br />
wird er bei den sieben Auftritten im<br />
Ok<strong>to</strong>ber von Elvis' TCE Band+++<br />
Ben Portsmouth<br />
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Nach dem Erfolg der ersten „Oldie Night"<br />
im Sindelfinger Glaspalast geht die Veranstaltung<br />
in Serie. Am 27. September<br />
wird eine internationale Besetzung auf<br />
der Bühne stehen: der Engländer Chris<br />
Andrews ("Yesterday Man","To Whom<br />
It Concerns", ”Pretty Belinda"), der<br />
Schwede Harpo ("Moviestar", " Mo<strong>to</strong>rcycle<br />
Mama", "Horoscope"), das niederländische<br />
Trio Pussycat ("Mississippi"),<br />
dazu fliegen die Equals ("Baby Come<br />
Back”) eigens<br />
aus<br />
London<br />
ein. Außerdem<br />
feiern im<br />
Glaspalast<br />
die<br />
1959 in<br />
Berlin als<br />
Skiffleband gegründeten Lords ("Poor<br />
Boy", "Shakin' All Over", "Gloryland")<br />
ihr 55. Bühnenjubiläum. Veranstalter<br />
Christian Simon kündigte eine „Riesen-<br />
Party" an und zeigte sich angesichts der<br />
Auftaktveranstaltung zuversichtlich: „Die<br />
Resonanz des Publikums war überwältigend!<br />
Da muss man doch weitermachen,<br />
zumal es die ‚Porsche Oldie Night’ in<br />
Stuttgart nicht mehr gibt!"+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Equals<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Lords<br />
Rockpoet Heinz Rudolf Kunze ist unter<br />
die Kinderbuch-Macher gegangen:<br />
„Quentin Qualle" heißt das reich bebilderte<br />
Werk, das er mit seinem Schlagzeuger<br />
Jens Carstens und Zeichnerin Julia Ginsbach<br />
erstellt hat. Beigefügt ist eine CD mit<br />
vier Songs, die er eigens für „Quentin" geschrieben<br />
hat. Er sei neugierig, „ob junge<br />
Erwachsene und Kinder das annehmen und<br />
ob wir uns da ein ganz neues Publikum<br />
erschließen", sagte Kunze <strong>GoodTimes</strong>+++<br />
Beim Abschlusskonzert der „Classic Open<br />
Air 2014" in Berlin gastierte Midge Ure<br />
mit den Gastgebern Schiller. Er sang Titel<br />
JETZT: Online-Abstimmung für die<br />
GERMAN BLUES Awards & Challenge<br />
Vom 01. bis 31. Juli kann Jedermann und –frau über die Preisträger der German Blues Awards online<br />
abstimmen. Gleichzeitig wird darüber abgestimmt, welche Künstler an der German Blues Challenge teilnehmen,<br />
deren Gewinner Deutschland bei der Europäischen Blues Challenge 2015 in Brüssel vertritt.<br />
UND SO FUNKTIONIERT DIE ABSTIMMUNG: Der Ausrichter (Baltic Blues e.V.) hat eine besondere Website<br />
eingerichtet. Dort erhält man einen speziellen Zugangscode und kann dann in jeder Kategorie 1x abstimmen:<br />
www.voting.blues-baltica.de<br />
Weitere Informationen gibt es unter www.bluesfest-eutin.de. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Die Preisverleihungen zu den Blues Awards und die Endausscheidung zur Blues Challenge werden am 20. September<br />
im Brauhaus Eutin durchgeführt. Karten (15.-€) gibt´s ab sofort unter kreativkonkret@t-online.de.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 5
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Aktuell News Aktuell<br />
aus seinem neuen Album FRAGILE – das<br />
Konzert wurde für eine Live-DVD/CD Auswertung<br />
mitgeschnitten+++<br />
LULLABY AND… THE CEASELESS ROAR<br />
wird das neue Album von Robert Plant<br />
heißen und über Nonesuch/Warner am 5.<br />
September erscheinen. Zu hören gibt es elf<br />
neue Aufnahmen, darunter neun Eigenkompositionen<br />
Plants und seiner Band The<br />
Sensational Space Shifters (Justin Adams/g,<br />
Bendir Djembe/g, Tehardant/b-voc, John<br />
Baggott/keys, Billy Fuller/b, Dave Smith/<br />
dr, Liam „Skin” Tyson/banjo, g). „Es ist ein<br />
wirkliches festliches Album, kraftvoll, mutig,<br />
afrikanisch – Trance trifft auf Led Zep",<br />
beschrieb Plant selbst das Album+++<br />
Zum 14. Mal <strong>to</strong>urt das „American Cajun,<br />
Blues & Zydeco Festival" durch<br />
deutsche Lande, um unter dem Mot<strong>to</strong><br />
„Let The Good Times Roll" das lebensbejahende<br />
Flair des Mississippi-Deltas<br />
und Louisianas zu verbreiten. Zwischen<br />
dem 23.10. (Augsburg) und dem 9.11.<br />
(Bassem/Eifel) werden Sarah Savoy's<br />
Hell-Raising Hayride, Buddy Flett und die<br />
Cajun Roosters in 13 deutschen Städten<br />
für insgesamt 15 Shows Station machen.<br />
Die veranstaltende<br />
Buddy Flett<br />
Agentur hat<br />
den drei Acts<br />
auch gleich<br />
noch klare<br />
Aufträge mit<br />
auf den Weg<br />
gegeben:<br />
„Kick-ass Cajun"<br />
sollen Akkordeonistin Sarah Savoy<br />
und ihre Mitstreiter servieren, Flett mit<br />
„Rough Edged Blues" loslegen, während<br />
es bei den Roosters heißt: „Let's Rock The<br />
Bayou!"+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Cajun Roosters<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Wenige Tage nach dem ersten Interview<br />
mit <strong>GoodTimes</strong> ließ der kanadische Rockpionier<br />
Randy Bachman (Guess Who,<br />
BTO) in einem zweiten Gespräch noch ein<br />
paar weitere Neuigkeiten aus dem Sack:<br />
Mit seinen mittlerweile 70 Jahren wagt er<br />
einen Neuanfang: Er ist geschieden worden<br />
und von der Westküste nach Toron<strong>to</strong><br />
gezogen, „weil ich dort zentraler lebe,<br />
leichter mit dem Flugzeug wegkomme.<br />
Denn ich will verstärkt <strong>to</strong>uren!" Und er hat<br />
bereits sein nächstes Album fertig, das er in<br />
zwölf Tagen mit Produzent Kevin Shirley<br />
eingespielt hat. „Musikalisch dreht es sich<br />
um sehr rockigen Blues. Es werden ein paar<br />
Gäste wie Joe Bonamassa dabei sein, und<br />
es wird im Frühjahr 2015 auch in Europa<br />
erscheinen"+++<br />
Die British Blues All Stars Dave Kelly<br />
(voc, g), Gary Fletcher (b, voc/beide Blues<br />
Band), Pick Wi<strong>the</strong>rs (dr, Ex-Dire Straits ),<br />
die britische Keyboardlegende Zoot Money,<br />
die ihr weltweites Debüt im März bei den<br />
„Ro<strong>the</strong>r Bluestagen" gegeben hatten, kommen<br />
im Ok<strong>to</strong>ber erstmals auf Deutschland<br />
Tour. Als zweiter Gitarrist wird anstelle von<br />
Bernie Marsden Pete Emery (Joe Dummer<br />
Band, Dave Kelly Band) dabei sein, der mit<br />
Kellys vers<strong>to</strong>rbener Schwester Jo-Ann Kelly<br />
verheiratet gewesen war+++<br />
Statt sich mit den Byrds zu reunieren,<br />
kommt Roger McGuinn lieber nach<br />
Deutschland und wird im September acht<br />
Shows spielen. Seine Reise-Eindrücke<br />
wird er mit Gattin Camilla dann in seinem<br />
„Roadie Report" auf rogermcguinnblogspot.com<br />
schildern. Dort berichtete er,<br />
dass er eigens für die Tour begonnen habe,<br />
„ein paar Worte Deutsch zu lernen"+++<br />
David Crosby, einst Gründungsmitglied der<br />
Byrds, hat erklärt, er sei bereit, bei einer<br />
Reunion der Kultband mitzuwirken. „Roger<br />
McGuinn will aber nicht mitmachen<br />
– das muss ich respektieren", bedauerte<br />
Crosby, der zuletzt 2000 mit McGuinn und<br />
Chris Hillman als Byrds bei einem Tribute-<br />
Konzert im Los Angeles auf der Bühne<br />
gestanden war und sich die Namensrechte<br />
gesichert hat. „Chris würde mitmachen,<br />
weil wir beide meinen, dass da noch genug<br />
Musik ist, die wir gemeinsam machen<br />
könnten"+++<br />
Wegen einer ernsten Virusinfektion musste<br />
sich Paul McCartney im Mai in Tokio<br />
sechs Tage ins Krankenhaus begeben, ehe<br />
er ins UK heimfliegen konnte. Der Ex-<br />
Beatle musste auf Anraten seiner Ärzte eine<br />
Verlosung<br />
Bitte Terminwünsche aus unserem<br />
Konzertkalender S. 90 entnehmen.<br />
mehrwöchige Pause einlegen und deshalb<br />
auch seine geplanten Shows in Japan und<br />
Südkorea absagen. Zudem wurden auch<br />
die ersten sieben Auftritte seiner US-Tour<br />
in den Ok<strong>to</strong>ber verschoben. Deren Start war<br />
nun für den 5. Juli in Albany, New York,<br />
also nach Redaktionsschluss, angesetzt+++<br />
Marianne Faithfull ist im Urlaub auf<br />
der griechischen Insel Rhodos gestürzt<br />
und hat sich dabei die Hüfte gebrochen.<br />
Die 67-jährige Sängerin, neuerdings das<br />
Gesicht der Yves-Saint-Laurent-Kampagne,<br />
musste umgehend operiert werden.<br />
Im September soll ihr neues Album GIVE<br />
MY LOVE TO LONDON erscheinen, für<br />
das sie mit Roger Waters, Nick Cave und<br />
Anna Calvi zusammengearbeitet hat+++<br />
Für seine Solo<strong>to</strong>ur durch Deutschland<br />
im Herbst hat Supertramp-Gitarrist Carl<br />
Verheyen neben Starbassist Stu Hamm<br />
John Nader als neuen Drummer verpflichtet.<br />
Verheyen wird im Rahmen der<br />
„Mustang Run Tour 2014" ab 9.10. zwölf<br />
Shows spielen+++<br />
Weird" Al Yankovic, in den USA immer<br />
"<br />
noch schwer angesagter Rockhumorist, hat<br />
via Twitter angekündigt, demnächst ein<br />
neues Album zu veröffentlichen. Zuletzt<br />
hatte er 2011 ALPOCALYPSE herausgebracht.<br />
In Deutschland war Weird Al Mitte<br />
der 80er Jahren mit Parodien auf Songs<br />
von Michael Jackson ("Eat It"), Madonna<br />
("Like A Surgeon") oder Greg Kihn ("I Lost<br />
Jeopardy") erfolgreich+++<br />
So merkt man, dass die Zeit vergeht:<br />
Mick Jagger, inzwischen s<strong>to</strong>lze 70, ist<br />
erstmals Urgroßvater geworden. Seine Enkelin<br />
Assissi (21) brachte eine Tochter zur<br />
Welt, knapp vier Wochen später wurde<br />
ihre Mutter Jade (42) zum fünften Mal<br />
Mutter, diesmal eines Sohnes. Jagger hat<br />
<strong>GoodTimes</strong> verlost unter allen Teilnehmern! Stichwort: Verlosung <strong>GoodTimes</strong> 4/2014<br />
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Seite 6 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
5x2 Karten<br />
Oldie Night<br />
(Sindelfingen, 27.9.2014)<br />
sieben Kinder aus vier Beziehungen und<br />
bislang fünf Enkelkinder+++<br />
Ex-Dire-Straits-Bassist John Ilsley meldet<br />
sich mit TESTING THE WATER wieder einmal<br />
solo zu Gehör. Mit seiner Band war er<br />
beim Glas<strong>to</strong>nbury Festival sowie weiteren<br />
UK-Gigs live zu erleben. Außerdem engagiert<br />
er sich für den Anthony Nolan Trust<br />
und versteigert für die Stiftung handgeschriebene<br />
Texte, Gemälde, Fo<strong>to</strong>s und<br />
Golfrunden mit ihm+++<br />
Sechs Jahre nach ihrer letzten Scheibe<br />
NOSTRADMUS gibt es mit REDEEMER<br />
OF SOULS ein neues Album der britischen<br />
Metalpioniere Judas Priest. Laut Sänger<br />
Rob Halford hat die Band sogar vorsichtig<br />
Blueselemente einfließen lassen, liefert<br />
laut Aussage von Gitarrist Glenn Tip<strong>to</strong>n<br />
insgesamt aber „more Metal than Metal"+++<br />
Diese Nachricht könnte Fans von Neil<br />
Diamond interessieren: Dessen gesamter<br />
Albumkatalog ist von Columbia/Sony<br />
<strong>Music</strong> zu Universal gewandert. Der neue<br />
Rechtebesitzer hat schon angekündigt, die<br />
Scheiben auch als Download zugänglich zu<br />
machen. Ob die auch überarbeitet werden<br />
und auf CD neu aufgelegt werden, war bei<br />
Redaktionsschluss nicht bekannt, dürfte<br />
aber naheliegen+++<br />
Im Anschluss an seine ausgiebige US-<br />
Sommer-Tour kommt Slash im November<br />
für zwei Konzerte nach Deutschland. Dabei<br />
wird das frühere Mitglied von Guns N'<br />
Roses sein neues Album WORLD ON FIRE<br />
vorstellen, das am 12.9. veröffentlicht wird.<br />
Mit Alter-Bridge-Sänger Myles Kennedy<br />
als Frontmann und seiner Begleitband The<br />
Conspira<strong>to</strong>rs gastiert Slash in München<br />
(22.11.) und Köln (23.11.)+++<br />
Percy Sledge musste aus gesundheitlichen<br />
Gründen einen Casino-Auftritt in<br />
Opelousas, Louisiana, absagen. Bei dem<br />
73-Jährigen war im Februar Leberkrebs<br />
diagnostiziert worden. Was ihn bislang<br />
nicht von Konzerten abhalten konnte+++<br />
LOST TIME IN A BOTTLE ist eine Sammlung<br />
von Livemitschnitten von Jim Croce<br />
(†1973) betitelt, die via Cleopatra Records<br />
je 1x DVD/Blu-ray<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes<br />
"Sweet Summer Sun"<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. hti t Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ssen Einsendeschluss schlus<br />
ist der 19.09.2014!<br />
NikMa Verlag · Eberdinger Str. 37 · 71665 Vaihingen/Enz · Fax: 0 70 42/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de
News<br />
Aktuell<br />
News<br />
KULTURINITIATIVE<br />
Aktuell<br />
Ende Juli erhältlich sein wird. Neben Demos<br />
gibt es Aufnahmen aus dem Harper College<br />
(5.2.1973), Cazenovia College (1964) sowie<br />
aus dem Jahr 1973 zu hören+++<br />
Der einstige Free- und Sharks-Bassist<br />
Andy Fraser meldet sich nach langer Studio-Abstinenz<br />
wieder zurück. Der Co-Au<strong>to</strong>r<br />
von "All Right Now" bringt mit ON AS-<br />
SIGNMENT ein Album heraus, auf dem er<br />
sich mit seinen Anliegen wie Umweltschutz<br />
und Erderwärmung auseinandersetzt. Sein<br />
Song "This Is The Big One” war kürzlich<br />
zur Hymne des „World Environment Day”<br />
gekürt worden. Fraser hat eine Krebs- und<br />
Aids-Erkrankung überlebt und war in den<br />
letzten Jahren gelegentlich als Produzent<br />
in Erscheinung getreten+++<br />
Die Neuzugänge 2014 in der Memphis<br />
<strong>Music</strong> Hall Of Fame sind Carl Perkins,<br />
Big Star, Ann Peebles, Jesse Winchester,<br />
Produzent Chips Moman, Al Bell (Stax<br />
Records) und Louis Armstrongs Witwe Lil<br />
Hardin Armstrong+++<br />
Aretha Franklin ist von der Harvard<br />
University in Bos<strong>to</strong>n mit der Würde eines<br />
Ehrendok<strong>to</strong>rs der Künste ausgezeichnet<br />
worden. Bei der Zeremonie sang sie die<br />
Nationalhymne und begleitete sich dabei<br />
selbst am Klavier+++<br />
Neben der Schauspielerei (Münster-<br />
„Ta<strong>to</strong>rt"!) ist Jan Josef Liefers seit<br />
zwölf Jahren mit seiner Band unterwegs,<br />
hat mit ihr zwei Alben herausgebracht<br />
und sich mit über 250 Konzerten eine<br />
wachsende Fangemeinde erspielt. Aus<br />
namensrechtlichen Gründen hat sich die<br />
Band nun umbenannt und heißt jetzt<br />
Radio Doria statt Oblivion. Mit Johann<br />
Weiß (g), Jens Nickel (g), Gunter Papperitz<br />
(keys), Christian Adameit (b) und Timon<br />
Fenner (dr) hat Liefers neue Songs<br />
geschrieben, die ab 12.9. auf RADIO DO-<br />
RIA – DIE FREIE STIMME DER SCHLAF-<br />
LOSIGKEIT zu hören sein werden. Nach<br />
einigen Festivalauftritten im Sommer<br />
gehen Liefers & Radio Doria auf ausgedehnte<br />
Tour quer durch Deutschland+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Jazzlegende Randy Brecker kommt mit<br />
seinem Projekt The Brecker Bro<strong>the</strong>rs Band<br />
Reunion nach dem Gig in Berlin (16.7.)<br />
auch noch nach Hamburg (29.7.). Mit der<br />
aktuellen Tour zelebriert der Trompeter das<br />
Brecker-Bro<strong>the</strong>rs-Album HEAVY METAL<br />
BE-BOP von 1978. Mit Ada Rovatti (sax),<br />
Barry Finnerty (g), Neil Jason (b/voc) und<br />
Terry Bozzio (dr) hat er alle Musiker dabei,<br />
die seinerzeit an den Aufnahmen beteiligt<br />
waren. Es fehlt nur sein 2007 vers<strong>to</strong>rbener<br />
Bruder Michael Brecker. Ebenfalls auf dem<br />
Programm stehen Auszüge des aktuellen<br />
Albums von Randy Brecker, THE BRECKER<br />
BROTHERS BAND REUNION+++<br />
Als „Populärste Ok<strong>to</strong>berfest-Band der<br />
Welt" und „Wiesn-Botschafter" ist die<br />
Band Münchener Zwietracht seit<br />
1997 Stammgast beim bekanntesten<br />
Volksfest der Welt und dazu vielen Jahren<br />
rund um den Globus unterwegs. Jetzt<br />
hat sie es zur „Celebration Night" des<br />
größten Computer-Kongresses der Welt<br />
nach Las Vegas geschafft, wo im Vorjahr<br />
kein Geringerer als Paul McCartney aufgetreten<br />
war. Die Münchener Zwietracht<br />
spielte am 4. Juni auf Einladung von<br />
HP vor 6000 geladenen Zuschauern im<br />
The Venetian Resort-Hotel in Las Vegas<br />
auf+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Wegen eines Produktionsfehlers muss die<br />
ursprünglich für Anfang Juli geplante<br />
Veröffentlichung von Motörheads AF-<br />
TERSHOCK TOUR EDITION auf August verschoben<br />
werden. Die Bonus-Disc, die das<br />
komplette AFTERSHOCK-Album ergänzt,<br />
enthält Livematerial von der „2014 West<br />
Coast Tour", die der genese Lemmy & Co.<br />
kürzlich absolvierten+++<br />
Am 31. März 1974, gab eine Newcomerband<br />
namens Queen ein Konzert im<br />
Londoner Club The Rainbow. Nur wenige<br />
ahnten, dass sie eine frühe Glanzstunde<br />
der Band miterlebten, die sich zu einem<br />
der erfolgreichsten Rockacts aller Zeiten<br />
entwickeln sollte. Der lange verschollene<br />
Mitschnitt ist vor einiger Zeit wieder aufgetaucht<br />
und erscheint nach 40 Jahren am<br />
5.9. in verschiedenen Formaten als LIVE AT<br />
THE RAINBOW '74+++<br />
In Dublin startet am 26.11. unter dem Mot<strong>to</strong><br />
„Hits 50" die Jubiläums<strong>to</strong>urnee von The<br />
Who im UK. Laut Ankündigungen ist ein<br />
Streifzug durch die gesamte Karriere geplant<br />
mit Songs aus den Frühzeiten als High Numbers<br />
sowie allen Klassikern. „Hits, picks, mixes<br />
and misses” versprach Gitarrist Pete Townshend.<br />
„Wir schaffen es aber nicht mehr, monatelang<br />
zu <strong>to</strong>uren", baute Sänger Roger<br />
Daltrey mit Verweis auf sein Alter (70) vor,<br />
„denn es ist verdammt harte Arbeit!" Und<br />
Townshend wäre nicht Townshend, hätte er<br />
nicht auch noch eine kritische Anmerkung:<br />
„Seit 1964 haben wir zwischendurch mal 13<br />
Jahre praktisch nicht mehr existiert, so dass<br />
wir eigentlich nicht von 50, sondern nur von<br />
37 Jahren sprechen können! Wir werden<br />
auch in Zukunft für Charity-Events und dergleichen<br />
da sein, aber keine großen Tourneen<br />
mehr machen." Für das UK sind elf Shows<br />
angekündigt, die USA sollen 2015 folgen.<br />
Wie es mit Deutschland aussieht, war bei Redaktionsschluss<br />
noch offen+++<br />
Nach der Veröffentlichung einer Jimi-<br />
Hendrix-Briefmarke arbeitet der United<br />
States Postal Service daran, demnächst<br />
auch Janis Joplin diese posthume Ehre<br />
zuteil werden zu lassen – wahrscheinlich<br />
bereits im August wird sie in die USPS-<br />
Reihe „<strong>Music</strong> Icons” aufgenommen werden,<br />
die schon John Lennon, Jim Morrison,<br />
Bill Monroe, Sarah Vaughan und Tammy<br />
Wynette in Briefmarkenform gewürdigt<br />
hat. Als nächste stehen dann 2015 James<br />
Brown und (wieder) Elvis Presley auf der<br />
Liste+++<br />
Zwei Schachteln mit 149 raren Azetaten<br />
von Bob Dylan aus den Jahren 1969/70<br />
sind in einem Apartment im New Yorker<br />
Greenwich Village entdeckt worden, das<br />
einst Jeff Gold nutzte, der Besitzer des<br />
legendären Platten- und Memorabilia-<br />
Ladens Recordmecca und renommierte<br />
Plattensammler, -händler und His<strong>to</strong>riker.<br />
Der Fund soll auch unveröffentlichte Mixe,<br />
Aufnahmen und Alternativversionen (u.a.<br />
von "Skyline") enthalten, teilweise mit<br />
handschriftlichen Notizen Dylans. Gold<br />
kündigte an, er werde mit Vertretern Dylans<br />
sprechen, auch einige Fundstücke online<br />
über recordmecca.com anbieten. Um bei<br />
Dylan zu bleiben: Ein handschriftlicher<br />
Textentwurf von "Like A Rolling S<strong>to</strong>ne" ist<br />
bei So<strong>the</strong>by's für 2,04 Millionen Dollar unter<br />
den Hammer gekommen+++<br />
Für eine BBC-Dokumentation, die 2016<br />
gedreht werden soll, wird es möglicherweise<br />
eine befristete Genesis-Reunion<br />
geben+++<br />
Crosby, Stills & Nash wollen ihr Projekt<br />
mit Cover-Versionen wiederbeleben,<br />
das sie nach Streitigkeiten mit Produzent<br />
Rick Rubin im Sommer 2012 beerdigt<br />
hatten, obwohl sie schon sieben Songs<br />
aufgenommen hatten. „Einige davon haben<br />
uns aber nicht überzeugt, also haben<br />
wir inzwischen fünf neu eingespielt, die<br />
uns richtig zusagen", erklärte David Crosby.<br />
Nach Abschluss ihrer US-Sommer<strong>to</strong>ur<br />
sollen weitere Aufnahmen folgen. Bis dahin<br />
kann man sich ja mit CSN&Y 1974<br />
trösten, einem Boxset mit Aufnahmen<br />
ihrer nicht gerade friedlich verlaufenen<br />
Reunion-Tour 1974, das dieser Tage erscheinen<br />
soll. Keine Zeit für Promotion<br />
wird dabei Stephen Stills haben, der begonnen<br />
hat, seine Memoiren zu verfassen+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Das UK-Label Nettwerk Records hat<br />
Sinéad O’Connor weltweit wirksam unter<br />
Vertrag genommen und die Veröffentlichung<br />
ihres Albums THE VISHNU ROOM<br />
für Mitte August angekündigt. Nettwerk<br />
hatte bereits in den letzten fünf Jahren die<br />
Songs von O'Connor verlegt+++<br />
Nach einer erfolgreichen Deutschland-Tour im<br />
vergangenen Jahr melden sich Jimmy Cornett<br />
& The Deadmen Ende August mit einem neuen<br />
Album und einer ausgedehnten Konzertreise<br />
ab 19.9. zurück. Dafür versprechen sie „dynamischen<br />
Blues und Sou<strong>the</strong>rn Rock"+++<br />
Vor zweieinhalb Jahren trat Adam Cohen<br />
mit seinem Album LIKE A MAN in die Fußstapfen<br />
seines legendären Vaters Leonard. Der<br />
Nachfolger WE GO HOME ist für den 12.9.<br />
angekündigt und soll eine ähnlich „wunderbare<br />
Sammlung ans Herz gehender Songs zum<br />
Schmachten und für die ruhigen Abende zu<br />
Hause mit einem Glas Rotwein" bieten, wie<br />
sein Label versprach. Im Herbst soll Cohen Jr.<br />
dann auch wieder auf Tour kommen+++<br />
Zum 1. Juni hat der Bundesverband Musikindustrie<br />
(BVMI) neben den bisher schon<br />
verliehenen Gold- und Platin-Auszeichnungen<br />
einen „Diamond Award" für besonders<br />
erfolgreiche Musikprodukte in Deutschland<br />
eingeführt. Die neue Auszeichnung wird<br />
in Form einer Trophäe für Alben verliehen,<br />
die sich mindestens 750.000 Mal verkauft<br />
haben. Singles müssen die Schwelle von<br />
einer Million Einheiten schaffen, um so gewürdigt<br />
zu werden. Parallel beschloss der<br />
BVMI, künftig auch die Premium-Streams<br />
auf den Audio-Streaming-Plattformen für<br />
die Auszeichnungen zu berücksichtigen.<br />
Gezählt werden Streams über 30 Sekunden<br />
Länge, anders als bei den Charts werden<br />
100 Streams als eine Single (physisch oder<br />
Download) gewertet. Die Verleihungsgrenzen<br />
für Singles, die nach dem 1. Juni 2014<br />
erscheinen, wurden zugleich von 150.000<br />
auf 200.000 Einheiten für Gold angehoben<br />
(Platin: 400.000 statt bislang 300.000)+++<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 7
Vers<strong>to</strong>rben<br />
Joe Young (*1960) war Gitarrist der US-<br />
Punker Antiseen. Nur wenige Monate nach<br />
dem 30-jährigen Bandjubiläum starb er<br />
am 30.4. an einem Herzinfarkt.<br />
Jessica Cleaves (*10.12.1948) sang bei<br />
The Hi-Fi's und den Friends Of Distinction,<br />
dann ab 1972 für Earth, Wind & Fire und<br />
später auch Parliament/Funkadelic. Nach<br />
längerer Krankheit verstummte sie am 2.5.<br />
für immer.<br />
Bobby Gregg (*30.4.1936 als Robert<br />
Grego in Philadelphia) wurde mit seiner<br />
Instrumentalkomposition "The Jam (Part<br />
1)” 1962 berühmt und erfolgreich (US<br />
#29, Gitarre: Roy Buchanan). Er trommelte<br />
für Paul Whitemans „TV Teen Club”-Show,<br />
war Mitglied von Steve Gibson & The Red<br />
Caps und arbeitete als Sessiondrummer –<br />
zu hören auf Bob Dylans "Like A Rolling<br />
S<strong>to</strong>ne” und "The Sound Of Silence” von<br />
Simon & Garfunkel. Er war kurz Mitglied<br />
der Hawks (= später The Band) und verschied<br />
am 3.5. friedlich in Las Vegas.<br />
Ed Gagliardi (*13.2.1952) war als Gründungsbassist<br />
Teil der US-Fraktion bei Foreigner<br />
und auf deren ersten zwei Alben zu<br />
hören. Spielte später bei The Spys und verlor<br />
am 11.5. den jahrelangen Kampf gegen<br />
den Krebs.<br />
Nash The Slash (*26.3.1948 als Jeff<br />
Plewman) stammte aus Toron<strong>to</strong> und<br />
wurde als experimentierfreudiger Rocker<br />
bekannt. „Wer ihn als Opener mitnimmt,<br />
muss sich doppelt anstrengen”, würdigte<br />
der legendäre Musikjournalist Lester Bangs<br />
das Gründungsmitglied der Prog-Rocker<br />
FM (1976). Der Multi-Instrumentalist erlag<br />
am 11.5. einem Herzinfarkt.<br />
H.R. Giger (*5.2.1940) war zwar vor al-<br />
lem als bildender Künstler und Maler bekannt,<br />
bereicherte aber<br />
auch die Musikwelt: Der<br />
Schweizer kreierte Albumcover<br />
für ELP, Floh<br />
De Cologne, Debbie<br />
Harry, die Dead Kennedys,<br />
Danzig, die Böhsen<br />
Onkelz, Paganini und erst in diesem Jahr<br />
Triptychon. Der Alien-Schöpfer drehte<br />
Videoclips und schuf auch Computerspiele.<br />
Er starb am 12.5. in Zürich.<br />
Ernest "<br />
Ernie" Chataway (*1952) war<br />
Gitarrist der zweiten Besetzung von Judas<br />
Priest (9/1969 bis 6/1970), kämpfte jahrelang<br />
gegen sein Krebsleiden und verlor am<br />
12.5.<br />
Dick Orleans (*27.5.1950) war als singender<br />
Folkgitarrist unterwegs, gehörte<br />
zeitweise den Elk<strong>to</strong>nes an. „Natürliche<br />
Ursache” stand am 12.5. in seinem Totenschein.<br />
Cubie Burke (*8.11.1964) sang Soul, unter<br />
anderem bei The (Five) Stairsteps, und<br />
erlag am 15.5. den Folgen einer früher erlittenen<br />
Hirnverletzung.<br />
Jerry Vale (*8.7.1930 als Genaro Vitaliano)<br />
landete als Crooner in den 50er<br />
und 60er Jahren elf US-Top-40-Hits, sein<br />
größter Erfolg war 1956 "You Don't Know<br />
Me" (#14). Er spielte sich selbst in den<br />
Scorsese-Filmen „Goodfellas" und „Casino".<br />
Er starb am 18.5. in einem Hospiz.<br />
Randy Coven (*1960) bearbeitete seinen<br />
Bass für Yngwie Malmsteen, CPR, Leslie<br />
West und Steve Vai, leitete daneben seine<br />
eigene Band. Bis zum 20.5., als er aus unbekannten<br />
Gründen im Schlaf starb.<br />
Martin Lister (*1962) war Keyboarder und<br />
Songschmied von Alphaville, die 2014 ihr<br />
30-jähriges Bestehen feiern. Das Jubiläum<br />
wird durch den überraschenden Tod des<br />
Musikers am 21.5. in London getrübt.<br />
Tommy Blom (*3.3.1947) war Sänger von<br />
The Tages, einer der erfolgreichsten schwedischen<br />
Bands, die von 1964 bis 1968 über<br />
zwei Dutzend Singles, EPs und LPs veröffentlichte.<br />
Er verstarb am 25.5. in S<strong>to</strong>ckholm.<br />
Gus Lezcano spielte Gitarre, Keyboards<br />
und Mundharmonika in Diensten der Miami<br />
Sound Machine sowie für die Bee Gees<br />
und Gloria Estefan. Er war gerade einmal<br />
59 Jahre alt, als ihn ein Herzversagen am<br />
28.5. dahinraffte.<br />
Coleman Lewis (*3.4.1973) gehörte als<br />
Gitarrist Smoke an, arbeitete danach auch<br />
mit Cat Power. Eine Überdosis Heroin beendete<br />
am 31.5. sein Erdendasein.<br />
Vic<strong>to</strong>r Agnello war „der Doc Of Rock”,<br />
ein auf das Fachgebiet Allergien spezialisierter<br />
Arzt in Kalifornien – und er trommelte<br />
in den 80er Jahren für die Metalband<br />
Laaz Rockit. Leukämie kostete den gerade<br />
mal 50-Jährigen am 1.6. das Leben.<br />
Steve Becker (*7.11.1952) war der Originaldrummer<br />
bei Southside Johnny & The<br />
Asbury Jukes, betrieb ein eigenes Studio<br />
und arbeitete zeitweise als Ingenieur bei<br />
der Telefonfirma Bell Atlantic. Er legte die<br />
Sticks am 1.6. für immer aus den Händen.<br />
Weldon Myrick (*10.4.1938) spielte<br />
Steelguitar und sang für Connie Smith, Jerry<br />
Jeff Walker, Alan Jackson, George Strait,<br />
Delbert McClin<strong>to</strong>n, Linda Ronstadt und<br />
Ronnie Milsap. Ein Schlaganfall s<strong>to</strong>ppte ihn<br />
am 2.6. für immer.<br />
Ralph Pruitt (*4.5.1925) war als Rockabillymusiker<br />
aktiv und landete mit der Detroiter<br />
Soultruppe The Fantastic Four mehrere<br />
Hits. Er verabschiedete sich am 3.6. endgültig.<br />
Bernard "<br />
Doc" Neeson (*4.1.1947) war<br />
Sänger der australischen Pub-Rocker The<br />
Angels, die außerhalb ihrer Heimat als Angel<br />
City firmierten. Der gebürtige Belfas ter<br />
stieg 1999 wegen Rückenproblemen nach<br />
einem Au<strong>to</strong>unfall aus, war aber 2008 bei<br />
der Reunion dabei. Im Januar 2013 wurde<br />
bei ihm ein aggressiver Hirntumor festgestellt,<br />
der ihm am 4.6. das Leben raubte.<br />
Don Davis (*25.10.1938) führte in seiner<br />
Heimatstadt Detroit früh ein eigenes<br />
Jazztrio an, war als Gitarrist auf frühen<br />
Mo<strong>to</strong>wn-Scheiben zu hören, ehe er als<br />
Produzent bei Stax Records anheuerte.<br />
Gründete diverse eigene Labels (Tor<strong>to</strong>ise<br />
International, Groovesville), aber auch eine<br />
eigene Bank. Er ging nach kurzer, schwerer<br />
Krankheit am 5.6. für immer.<br />
Bill Traut leitete die in Chicago ansässigen<br />
Labels Dunwich und Wooden Nickel<br />
Records, arbeitete als Verleger, Arrangeur<br />
und Manager für Styx, American Breed,<br />
The Impressions und die Ohio Players, die<br />
er zum Teil auch produzierte (ebenso Nazz<br />
und Exile). Er starb am 5.6.<br />
Alan Douglas (*20.7.1931) produzier-<br />
te posthum einige Aufnahmen von Jimi<br />
Hendrix, mit dem er zu<br />
dessen Lebzeiten zusammengearbeitet<br />
hatte,<br />
und sorgte für Kontroversen,<br />
weil er teilweise<br />
Drums und Bass ersetzte<br />
und nachträglich Gitar-<br />
renoverdubs einfügte. Daneben produzierte<br />
er auch John McLaughlin, Eric Dolphy,<br />
Echo & The Bunnymen sowie Sprechplatten<br />
von Allen Ginsberg, Timothy Leary sowie<br />
Malcolm X und arbeitete mit Bill Laswell<br />
und Eric Clap<strong>to</strong>n. Am 7.6. erlag er den<br />
Verletzungen, die er sich bei einem Sturz in<br />
seiner Wohnung in Paris zugezogen hatte.<br />
Jim Keays (*9.9.1946) kam in Glasgow<br />
zur Welt und wanderte mit den Eltern nach<br />
Australien aus, wo er als Sänger/Gitarrist<br />
The Mustangs anführte, die zu The Masters<br />
Apprentices mutierten, war mit seiner<br />
eigenen Combo Sou<strong>the</strong>rn Cross sowie<br />
der Manning/Keays Band, The Keays und<br />
Cot<strong>to</strong>n, Keays & Morris aktiv, ehe ihn ein<br />
Krebsleiden am 13.6. auf ewig ausbremste.<br />
Casey Kasem (*27.4.1932) arbeitete als<br />
Schauspieler, wurde aber berühmt als die<br />
Stimme der Radiosendung „American Top<br />
40”, die er ab 4. Juli 1970 insgesamt 34<br />
Jahre lang moderierte und mit der er via<br />
AFN auch hier zu Lande zu hören war. Die<br />
seltene Krankheit Lewy-Körper-Demenz<br />
kostete ihn am 15.6. das Leben.<br />
Horace Silver (*2.9.1928) begann als Tenorsaxofonist,<br />
wurde 1950 von Stan Getz<br />
entdeckt, er gründete mit Art Blakey die<br />
Jazz Messengers, spielte mit Miles Davis,<br />
Kenny Burrell, nahm für das legendäre<br />
Blue-Note-Label auf, integrierte andere<br />
Stile (Gospel, Soul, Afrika) in seine eigene<br />
Musik und veröffentlichte bis 1999 Alben.<br />
Er verstummte am 18.6. für immer.<br />
Johnny Mann (*30.8.1928) war als Sänger,<br />
Komponist und/oder Arrangeur für<br />
Johnny Burnette, The Crickets, Eddie<br />
Cochran, Nat King Cole, Dean Martin und<br />
Frank Sinatra tätig. Er wurde 1967 mit seinen<br />
Johnny Mann Singers für ihre Version<br />
von "Up Up And Away” mit einem Grammy<br />
ausgezeichnet, wirkte als Musikalischer<br />
Direk<strong>to</strong>r der TV-Show „Alvin & The Chipmunks”,<br />
in der er die Rolle des Theodore<br />
sang. Verstarb am 18.6. in Anderson, South<br />
Carolina.<br />
Gerry Goffin (*11.2.1939) schrieb schon<br />
früh Songtexte, war einer der erfolgreichsten<br />
Lyricisten, längere Zeit auch im Team<br />
mit seiner zeitweiligen Ehefrau Carole<br />
King (1959–1968) im Brill Building. Die<br />
beiden schufen Klassiker wie "Will You<br />
Love Me Tomorrow” (Shirelles), "Take<br />
Good Care Of My Baby” (Bobby Vee), "Up<br />
On The Roof” (Drifters) und "Pleasant Valley<br />
Sunday” (Monkees).<br />
Nummer-<br />
1-Hits aus ihrer<br />
Feder waren "Go<br />
Away Little Girl”<br />
(Steve Lawrence &<br />
Donny Osmond) und "The Loco-Motion”<br />
(Little Eva sowie Grand Funk). Goffin arbeitete<br />
auch mit den Komponisten Barry<br />
Mann, Michael Masser und Jack Keller<br />
und veröffentlichte diverse Solo-Alben.<br />
Zuletzt war er maßgeblich am Erfolg des<br />
Browadway-<strong>Music</strong>als „Beautiful: The Carole<br />
King <strong>Music</strong>al" beteiligt. Mit King war<br />
er 1990 in die Rock'n' Roll Hall Of Fame<br />
und schon 1987 in die Songwriters Hall Of<br />
Fame aufgenommen worden. Goffin starb<br />
am 19. Juni.<br />
Mabon "<br />
Teenie" Hodges (*16.11.1945)<br />
schrieb für Al Green die Hits "L-O-V-E<br />
(Love)” und "Here I Am (Come And Take<br />
Me)”, begleite ihn auf der Gitarre, ebenso<br />
Ann Peebles, Syl Johnson und andere<br />
Künstler von Hi Records in Memphis. 2005<br />
produzierte er Cat Power. Komplikationen<br />
nach einer Emphysem-OP kosteten ihn am<br />
22.6. das Leben.<br />
Clif<strong>to</strong>n "<br />
Cliff" Dunn erlebte als R&B-<br />
Sänger die Geschichte von The Romancers<br />
mit, die sich in The Midnighters und<br />
dann The Dreamlovers umbenannten und<br />
schließlich mit "When We Get Married”<br />
und "If I Should Lose You” zwei mittlere<br />
Hits landeten. Daneben arbeitete er auch<br />
für Chubby Checker. Er verstarb am 22.6.<br />
Lee McBee (*23.3.1951) gehörte als<br />
Bluessänger und Harpspieler The Passions<br />
an, war als Lee McBee & The Confessors<br />
unterwegs und stellte daneben seine musikalischen<br />
Dienste Mike Morgan, Bonnie<br />
Raitt, Jimmy Rogers, Doug Sahm und<br />
Johnny Winter zur Verfügung – bis zum<br />
24.6., als er sich in den Musikerhimmel<br />
verabschiedete.<br />
Bobby Womack (*4.3.1944) lebte das<br />
Mot<strong>to</strong> „Sex & Drugs & Rock'n'Roll" (mit<br />
allen bitteren Folgen)<br />
voll aus, hatte Ärger mit<br />
der Soulgemeinde, als er<br />
kurz nach Sam Cookes<br />
Tod 1964 dessen Witwe<br />
heiratete; zwei seiner<br />
Söhne starben früh; er<br />
hatte mit Depressionen zu kämpfen und<br />
musste immer wieder längere Zeit pausieren.<br />
Doch nach seinem Tod am 27.6.<br />
(Darmkrebs, Alzheimer) bleibt zumindest<br />
sein musikalisches Erbe: die 17 Songs, die<br />
er für Wilson Pickett schrieb, seine Gitarrenbegleitung<br />
für Elvis Presley, Aretha<br />
Franklin und Dusty Springfield; er sang<br />
mit Mick "Harlem Shuffle" (1964 hatte sein<br />
Song "It's All Over Now" den S<strong>to</strong>nes die<br />
erste Nummer 1 beschert) und hat knapp<br />
zwei Dutzend Alben herausgebracht, zuletzt<br />
2012 das grandiose Comeback THE<br />
BRAVEST MAN IN THE UNIVERSE.<br />
Seite 8 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
BCM<br />
Deutschland<br />
PRÄSENTIEREN<br />
Remember<br />
The Good Times<br />
Christie<br />
Albert Hammond & Band<br />
Night Fever The Very Best Of The Bee Gees<br />
Samstag, 18. Ok<strong>to</strong>ber 2014<br />
in der Stadthalle Offenbach<br />
Beginn: 19.00 Uhr, Einlass: 17.30 Uhr<br />
Ermäßigter Eintrittspreis für <strong>GoodTimes</strong>-Leserinnen und -Leser 25,– €<br />
(einschl. Versandkosten). Abendkasse: 33,– €<br />
Alle Interpreten und Bands haben jede Menge Hits im Gepäck und werden sicher für eine Superstimmung sorgen.<br />
Im Foyer der Stadthalle findet ein Schallplattenmarkt statt, wo für Sie die Möglichkeit besteht,<br />
Ihre Plattensammlung mit interessanten Raritäten zu ergänzen.<br />
Am <strong>GoodTimes</strong>-Stand werden Ihnen viele der Künstler für Au<strong>to</strong>grammwünsche zur Verfügung stehen.<br />
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von 25,– E (einschl. Versandkosten). Bestellungen: Telefon 07042/37660-160, email: goodtimes@nikma.de<br />
Stadthalle Offenbach · Waldstraße 312 · 63071 Offenbach<br />
in Kooperation mit BCM Deutschland
Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann, www.rockfo<strong>to</strong>.de<br />
Glam-Rock, Hype & Monument<br />
Lockenpracht, Federboa, weiße Stra<strong>to</strong>caster. Ein Bild wie eine Ikone. Unverwechselbar<br />
und in Stein gemeißelt für die Ewigkeit. Marc Bolan war einer der schillerndsten<br />
Stars der 70er Jahre, gehört zu den wichtigsten Mitbegründern des<br />
Glam Rock – er beeinflusste Punk und Heavy Metal, setzte Maßstäbe für den<br />
Look nachgewachsener Musikergenerationen. Und das nicht etwa wegen eines<br />
glitzernden Sterns auf der Wange. Im nachhallenden Lärm kreischender Mädchen,<br />
die bei seinem Anblick schon mal Ohnmachtsattacken erlitten, wird allzu<br />
oft vergessen: Marc Bolan war ein genialer Komponist, Lyriker und Soundtüftler.<br />
Kennst du T. <strong>Rex</strong>?", fragt ein Frühfünfziger<br />
im Büro seine zwölf oder dreizehn Jahre<br />
„ jüngere Kollegin.<br />
„Meinst du diesen Dinosaurier?", wundert diese sich.<br />
„Äh, nein. Ich meine die Gruppe mit Marc Bolan."<br />
„Marc Bolan?" Sie überlegt. „Ich kenne nur Dieter<br />
Bohlen. Von einem Marc Bolan habe ich noch nichts<br />
gehört."<br />
Der Dialog ist au<strong>the</strong>ntisch. Geführt, mitgehört und<br />
aufgeschrieben im Mai 2014. Er dürfte nicht nur<br />
bei denjenigen für Verwunderung sorgen, deren Lebensinhalt<br />
Rockmusik ist. Vor allem jene, die sich in<br />
den 70ern vom Kind zum jungen Erwachsenen durch<br />
stürmische Pubertätsjahre rebellierten, werden es<br />
kaum für möglich halten, dass T. <strong>Rex</strong> – anders als die<br />
Beatles, S<strong>to</strong>nes, Bob Dylan oder sogar David Bowie –<br />
nicht zum allgemeinen Kulturgut gehören.<br />
Warum eigentlich nicht? Denn die Voraussetzungen<br />
scheinen doch günstig, noch heute an T. <strong>Rex</strong><br />
nicht vorbeizukommen. Da gibt es zum Beispiel seit<br />
1992 einen Typen namens Danielz, der als T. <strong>Rex</strong>tasy<br />
nicht nur Oldie-Partys beschallt, sondern sogar für<br />
separate Club-Gigs gebucht wird. Die Illusion, die er<br />
vermittelt, ist beängstigend. Der Londoner hat neben<br />
der Marc-Bolan-typischen Bühnenaktion auch dessen<br />
Vibra<strong>to</strong> drauf. Und technisch ist er über jede Kritik erhaben.<br />
Oder Mickey Finn’s T. <strong>Rex</strong>. Die geisterten seit<br />
1997 durch die Festivallandschaft und sind seit dem<br />
Tod des einstigen Bolan-Mitstreiters als The <strong>Music</strong> Of<br />
Marc Bolan And T. <strong>Rex</strong> unterwegs. Und von Zeit zu Zeit<br />
durchaus prominent besetzt: Während zum Beispiel bis<br />
2004 Smokie-Gitarrist Alan Silson zur Cover-Truppe<br />
gehörte, steht seitdem der Mitbegründer des englischen<br />
Heavy-Metal-Flaggschiffes Saxon auf Silsons Posten –<br />
Graham Oliver. Beide Namen bürgen für Qualität.<br />
Auch der von Bobby T. Von Kindesbeinen an Bolan-<br />
Fan, gründete der junge Mann in England 2002<br />
die Band Electric Warrior – benannt nach dem zweiten<br />
T. <strong>Rex</strong>-Album – und agiert aktuell unter dem weitaus<br />
plakativeren Namen Too <strong>Rex</strong>. Auch Bobby scheint eine<br />
Marc-Bolan-Reinkarnation zu sein.<br />
In wessen Körper der am 16. September 1977 bei<br />
einem Au<strong>to</strong>unfall mit noch nicht einmal 30 Jahren<br />
ums Leben gekommene Marc Bolan nach seinem Tod<br />
Seite 10 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
tatsächlich schlüpfte, wird ein Geheimnis bleiben. Es ist<br />
aber offensichtlich, dass Nachwachsende immer wieder<br />
nach seinem Geist suchen – danach, was den unverwechselbaren<br />
Künstler ausmachte. Seinen Imita<strong>to</strong>ren<br />
sei es belassen, ihn in jeder Facette zu kopieren. Und<br />
die Fans, die noch heute einen Stich verspüren,<br />
wenn sie an das jähe Ende des Sängers und<br />
Gitarristen denken, sollten mit all den Tributeund<br />
Cover-Combos ihren Frieden machen.<br />
Denn auch wenn niemand jemals an die Größe<br />
der Persönlichkeit Mark Feld (Bolans bürgerlicher<br />
Name) heranreichen wird, so suchen sie<br />
alle einen Weg, ihrem Idol Anerkennung zu verschaffen<br />
– und so die Erinnerung an seine Musik wach<br />
zu halten.<br />
Marc Bolan könnte heute einer der Größten<br />
sein. Angesichts fehlenden Star-Appeals<br />
aktueller Rockacts, die sich durch ein bemitleidenswertes<br />
Kreativitätstal schleppen, sind es<br />
weiterhin Namen aus den 60er und 70er Jahren, die<br />
Musikbegeisterte in die Plattenläden oder Stadien ziehen.<br />
Black Sabbath, Aerosmith, Neil Young, Bob Dylan,<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes – sie alle sind in diesem Jahr unterwegs.<br />
Ihre Konzerte sind ausverkauft, sie erzielen immer noch<br />
beachtliche Absatzzahlen, wenn von ihnen Tonträger<br />
in die Läden kommen. T. <strong>Rex</strong> hätten vermutlich<br />
Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann, www.rockfo<strong>to</strong>.de<br />
dazugehört. Davon war der Bandboss mitten in der<br />
um ihn herrschenden Hysterie fest überzeugt. „In 50<br />
Jahren, wenn ich 74 bin, wird man immer noch von<br />
mir hören", diktierte Marc Bolan im September 1971<br />
einem Journalisten des englischen<br />
Magazins „Jackie" in<br />
den Block. Seinen Zeitgenossen<br />
aus der Progressive-Ecke gab er<br />
weniger Chancen: „Die meisten<br />
Gruppen, die heute als besonders<br />
modern und fortschrittlich<br />
gelten, werden in 50 Jahren<br />
längst vergessen sein." Grund sei<br />
deren sträfliche Vernachlässigung<br />
von Melodien. Bolan hielt es da<br />
mit den klassischen Komponisten.<br />
Diese hätten immer die Melodie<br />
und nicht den Rhythmus zum<br />
Kern ihrer Musik gemacht. „Deshalb<br />
mag ich zum Beispiel Dvorak und Beethoven",<br />
sagte Bolan. „Und manche Stücke von Chopin hören<br />
sich an wie Beatles-Nummern. Was wirklich gut ist,<br />
setzt sich eben auf Dauer durch – ganz egal, ob es von<br />
Bach, Mozart oder John Lennon stammt."<br />
Zu jenem Zeitpunkt hatte<br />
Marc Bolan seinen neuen<br />
Stil gefunden, stand mit "Get<br />
It On" (UK #1, D #3, USA<br />
#10) ganz oben, denn auch<br />
die vorangegangene<br />
45er, "Hot<br />
Love", hatte abgeräumt<br />
(UK #1, D<br />
#3). Und "Jeepster",<br />
die dritte<br />
Single innerhalb<br />
eines Jahres (UK #2, D #3),<br />
befand sich da<br />
bereits in der<br />
Pipeline.<br />
Dass Marc Bolan vom Folk kam, war<br />
immer noch deutlich zu hören. Alle<br />
drei 71er A-Seiten waren aufs Nötigste<br />
reduzierte Rocksongs, die mit extrem wenigen Melodiewendungen<br />
auskamen. Während die Strophen<br />
sehr rhythmisch ausfielen, kulminierten die Lieder im<br />
Refrain in bittersüßen Melodien, die trotz der Kürze<br />
der Stücke scheinbar unendlich häufig wiederholt<br />
wurden. Schon bei "Hot Love" hatte Bolan diese<br />
Methode auf die Spitze getrieben, als der Kehrreim<br />
praktisch nur aus „Lalala"<br />
bestand. Folkies<br />
bedienten sich häufig<br />
ähnlicher Stilmittel.<br />
Sie trieben die S<strong>to</strong>ry in<br />
den Strophen voran,<br />
gemäß der Erzählform<br />
einer Moritat. Der Refrain<br />
hob sich durch<br />
eine auffällige Melodie<br />
ab und kehrte unablässig<br />
wieder. Bolan<br />
verstärkte die Wirkung<br />
dieses scheinbaren<br />
Kontrastes durch seine<br />
zitternde Stimme<br />
und die summenden<br />
E-Gitarren. Solos verkniff<br />
sich der eigentlich<br />
versierte Gitarrist<br />
meist – die waren eher was für die verkopften Prog-<br />
Rocker, denen der Glamster bekanntlich nicht viel abgewinnen<br />
konnte.<br />
bwohl ELECTRIC WARRIOR – im Sep-<br />
1971 veröffentlicht – bereits das<br />
Otember<br />
zweite Album unter der Bezeichnung T. <strong>Rex</strong><br />
war, brachte Bolan seinen<br />
neuen Sound erst<br />
hier voll zur Entfaltung.<br />
Das Debüt (begleitet<br />
von der UK-#2-<br />
Single "Ride A White<br />
Swan") von 1970<br />
gehörte noch zur<br />
Psychedelic-Folkära,<br />
die der Lockenkopf<br />
als Tyrannosaurus<br />
<strong>Rex</strong> zwischen 1968<br />
und 1970 mit vier Alben bestritt<br />
(MY PEOPLE WERE FAIR AND<br />
HAD SKY IN THEIR HAIR… BUT NOW THEY’RE CON-<br />
TENT TO WEAR STARS ON THEIR BROWS und PRO-<br />
PHETS, SEERS & SAGES: THE ANGELS OF THE AGES,<br />
Fo<strong>to</strong>: © Peter Grumann/Bildarchiv Hallhuber<br />
beide 1968; UNICORN, 1969; A<br />
BEARD OF STARS, 1970). So einfach<br />
das Rezept, so wirkungsvoll<br />
das Ergebnis.<br />
Und das war<br />
Marc Bolans<br />
einzigartigem<br />
Gespür für unter die Haut gehende<br />
Melodien zuzuschreiben.<br />
Doch Folk mal eben nur zu elektrifizieren (wie etwa<br />
Bob Dylan beim Newport Festival 1965), machte<br />
aus einem Singer/Songwriter noch keinen Teenager-<br />
Star. Dazu gehörte eine ganze Menge mehr. Und<br />
Marc Bolan hatte alles: Er sah blendend aus, kleidete<br />
sich mit auffallend bunten und glitzernden Klamotten,<br />
versah sich mit Make-up, agierte auf der Bühne<br />
zwischen androgyn und biestig – und servierte den<br />
Heranwachsenden eine melancholische Hymne nach<br />
der nächsten. Das machte besonders Mädchen geradezu<br />
närrisch. Im UK hieß es nach seinem Konzert<br />
im Bos<strong>to</strong>n Gliderdrome in Lincolnshire am 15. Januar<br />
1972, dass T. <strong>Rex</strong> nach jener Krone gegriffen hätten,<br />
die bisher den Beatles gehörte – die T. <strong>Rex</strong>tasy würde<br />
demnach die Beatlemania vergessen machen. „Zu<br />
jener Zeit war er das größte Ding in England", sagte<br />
Queen-Drummer Roger Taylor im 2007 entstandenen<br />
BBC-Film „The Final Word". „Das war fantastische<br />
Popmusik mit großartigen Texten." Bolan-Biograf<br />
Mark Paytress bezeichnete ihn als ein Paket aus Elvis<br />
Presley, Cliff Richard und Jimi Hendrix. Und Marc Almond<br />
von Soft Cell ("Tainted Love") sah in ihm den<br />
Brückenbauer zwischen Hippiekultur und Poprummel.<br />
" Telegram Sam" – die erste Single 1972 – eröffnete<br />
das wichtigste T. <strong>Rex</strong>-Jahr. Eigentlich ein "Get It<br />
On"-Remake, war der Song mit einer Gänsehautmelodie<br />
ausgestattet, die sich lediglich auf die Zeilen<br />
„Telegram Sam/You Are My Main<br />
Man" beschränkte. Allein dieser<br />
Fakt beschreibt Bolans Genialität:<br />
Ihm gelang es, die gesamte<br />
Nummer mit nur einem einzigen<br />
wirkungsvollen Melodiebogen<br />
zu dominieren. Und der war<br />
dann so zupackend, dass der Rest der Nummer zum<br />
Beiwerk geriet. Hinzu kam der bombastische Sound,<br />
der bei "Telegram Sam" vor allem durch Cello-Passagen<br />
einen enormen Schwulst erfuhr. Bei der folgenden<br />
Single und wohl der T. <strong>Rex</strong>-Hymne schlechthin, "Metal<br />
Guru", wuchteten sich noch mehr Streicher durch<br />
das Lied, denen Produzent Toni Visconti (u.a. David<br />
Bowie, später Thin Lizzy, Sparks, Boom<strong>to</strong>wn Rats) ein<br />
entsprechendes Arrangement verpasst hatte. Ein vor<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 11
Pathos triefender, schriller<br />
Männer-Backgroundgesang<br />
suggerierte einen<br />
Chor sexuell aufgeheizter<br />
Frauen. Und mit dem fetten<br />
Hard Rocker "Children<br />
Of The Revolution" –<br />
Platz zwei im UK – setzte<br />
der neue Superstar musikalisch<br />
noch einen drauf.<br />
THE SLIDER (Juli 1972),<br />
die dritte LP, ist ein<br />
Fest für den akustischen<br />
Sinn. Seinen effektiven,<br />
heavy rockenden Minimalismus-Nummern,<br />
die<br />
mit einer Kurzmelodie<br />
auskamen ("Metal Guru",<br />
"Telegram Sam", "The<br />
Slider", "Buick Mackane",<br />
"Baby Strange", "Chariot<br />
Choogle") stellte<br />
Mark Bolan großes Klang<strong>the</strong>ater gegenüber, bei<br />
dem jede Note durch und durch ging ("Rock On",<br />
"Mystic Lady", "Spaceball Ricochet", "Ballrooms Of<br />
Mars", "Main Man"). Und immer<br />
wurde trotz Streicherbombasts<br />
und Backgroundgewimmer<br />
die Kitschklippe geschickt<br />
umschifft. Eine entschlackte<br />
SLIDER-Version möchte<br />
man sich gar nicht vorstellen.<br />
Außerdem sorgten Stücke wie<br />
"Baby Boomerang" im Bolan-typischen Boogiestil<br />
und der Blues "Rabbit Fighter" für die nötige Bodenhaftung.<br />
THE SLIDER ist das Album, das Marc<br />
Bolan als unfehlbare Hitmaschine präsentierte. Und<br />
in Zeiten, wo der Single-Erfolg mal wieder alles war<br />
und eine LP für Charts-Beherrscher eher als Beiwerk<br />
galt, war das Werk geradezu schwindelerregend erfolgreich:<br />
UK #4, D #7. Selbst in den USA schien<br />
der Durchbruch geschafft, hier landete THE SLIDER<br />
auf Rang 17. Der von Beatle Ringo Starr produzierte<br />
T. <strong>Rex</strong>-Film „Born To Boogie" heizte die Hysterie um<br />
die heißesten Glam-Rocker noch weiter an. Der Beatles-T.<br />
<strong>Rex</strong>-Vergleich erhielt neue Nahrung – auch,<br />
weil Starr in einer Szene bei einer Jamsession in den<br />
Apple-Studios mit Marc Bolan an Mikrofon und Gitarre<br />
und El<strong>to</strong>n John (Klavier) am Schlagzeug saß.<br />
Und die Bilder der bei T. <strong>Rex</strong>-Konzerten in Schreikrämpfen<br />
aufgelösten Mädchen erinnerten nur allzu<br />
sehr an die Fab-Four-Auftritte.<br />
Auf dem 45er-Markt lief es<br />
1973 weiterhin sehr gut.<br />
"20th Century<br />
Boy"<br />
und "The<br />
Groover"<br />
hielten T. <strong>Rex</strong> in der Heimat mit<br />
Top-5-Positionen im Spiel. In<br />
Deutschland schafften es beide<br />
Nummern noch in die Top<br />
10. Anders die Amis. Die waren<br />
schon bei "Metal Guru" ausgestiegen<br />
und blieben fortan<br />
abstinent, was sich vor allem<br />
beim Verkauf des SLIDER-<br />
Nachfolgers TANX bemerkbar<br />
machte: Platz 102.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Peter Grumann/Bildarchiv Hallhuber<br />
In Europa blieb diesbezüglich noch alles im grünen<br />
Bereich. Es darf jedoch davon ausgegangen werden,<br />
dass sich ein Gros der TANX-Käufer das Album in der<br />
Rückschau auf den Vorgänger und mit Blick auf die<br />
Singles ohne Testlauf zulegte. Denn auf ihrem vierten<br />
Werk hatten T. <strong>Rex</strong> nur noch wenig vom SLIDER-Flair.<br />
Pomp und Pathos waren enorm gedrosselt, und Marc<br />
Bolan hatte sich neuen Melodien zugewandt – immer<br />
noch brillant, aber längst nicht mehr so effek<strong>the</strong>ischend.<br />
Auch gestaltete der Bandkopf seine Kompositionen<br />
komplexer. Er erlaubte sich instrumentale<br />
Alleingänge (wenngleich nur äußerst kurze), und mit<br />
dem Opener "Tenement Lady" gab es jetzt sogar einen<br />
Song, in dem abrupt die Stimmung gewechselt<br />
wurde. Aber da die Konsumenten keine der bekannten<br />
Radionummern wiederfanden, herrschte vielerorts<br />
Ratlosigkeit. Dennoch wurde wegen des Verkaufserfolgs<br />
1973 an der Qualität des Albums nicht gekrittelt.<br />
Dass es nicht mehr die Kraft von SLIDER gehabt habe,<br />
das Material schwächer gewesen und Bolan nur noch<br />
mit halber Energie zu Werke gegangen sei, wurde erst<br />
diskutiert, als der Stern des Glam-Rockpioniers zu<br />
sinken begann.<br />
Eine weitere Ursache für den Niedergang der eben<br />
noch von allen Seiten hofierten Band dürfte ein<br />
exzessiver Drogen- und Alkoholkonsum gewesen sein,<br />
in dessen Folge Marc Bolan sein gesamtes Image aufs<br />
Spiel setzte. Er nahm zu und trennte sich von seinen<br />
extravaganten Outfits. Der Bruch mit seiner Frau June<br />
Child (einst Muse von Syd Barrett) passte ebenso in<br />
die Phase der Suche wie die Übersiedlung in die USA<br />
und der Beginn seiner Beziehung zur amerikanischen<br />
Sängerin und Songschreiberin Gloria Jones. Sie wurde<br />
seine Dauerfreundin und gebar ihm 1975 Sohn Rolan.<br />
Dass Marc Bolan versuchte, mit seinem Teen-Idolstatus<br />
zu brechen, verdeutlicht der Versuch, mit<br />
einem neuen Album die Identität<br />
zu wechseln. Ähnlich wie<br />
1972 David Bowie als Ziggy<br />
Stardust And The Spiders From<br />
Mars schuf Bolan mit Zinc Alloy<br />
ein eigenes Alter Ego, dessen<br />
Entwicklung aber am Ve<strong>to</strong> der<br />
Plattenfirma scheiterte. Das erklärt auch den kuriosen<br />
Album-Titel ZINC ALLOY AND THE HIDDEN RIDERS<br />
OF TOMORROW – A CREAMED CAGE IN AUGUST<br />
(Februar 1974), der praktisch<br />
aus dem Bandnamen<br />
und der LP-Bezeichnung<br />
bestand. Das Label hatte<br />
aus verkaufstechnischen<br />
Gründen zusätzlich Marc<br />
Bolan & T. <strong>Rex</strong> mit aufs<br />
Cover gedruckt, weshalb<br />
dort praktisch zwei Gruppennamen<br />
standen.<br />
In Großbritannien reichte<br />
es dennoch für einen<br />
zwölften Platz in den<br />
Charts. Bolans Gesicht war<br />
in den relevanten Teenager-<br />
und Musikgazetten<br />
allerdings seltener zu sehen,<br />
Radiostationen spielten<br />
vor allem die Hits der<br />
Vorjahre. Immerhin konnten<br />
T. <strong>Rex</strong> mit "Teenage<br />
Dream" für spätere Best-<br />
Of-Kopplungen noch einen weiteren Beitrag liefern,<br />
wenngleich Kritiker das scheinbar vor Pathos triefende<br />
Stück äußerst kontrovers diskutierten. Dabei war bereits<br />
der Text – wie so oft – eine lyrische Meisterleistung.<br />
Wieder im folktypischen Moritatenstil vorgetragen,<br />
liefen die melodramatischen Aussagen der<br />
Strophen auf die Frage „Was ist mit dem Teenager-<br />
Traum passiert?" hinaus. Niedergeschlagenheit klingt<br />
dabei ebenso an wie Desillusion.<br />
T<br />
. <strong>Rex</strong> waren in denselben Sog geraten wie all die<br />
anderen Singlebands. Die Schnelllebigkeit des Musikmarkts<br />
forderte immer neue Gesichter und Hits ein,<br />
Stars mussten funktionieren, sollten mehr Marionette<br />
als Künstler sein. Richtig ins Rollen kam diese Maschinerie<br />
erst nach der großen Glam-Rockwelle, als<br />
die Zeit der Girlgroups und gecasteten Popgruppen<br />
begann. Man erinnere sich: Luv, Baccara, Boney M.,<br />
Dolly Dots und viele andere. Marc Bolan jedoch verweigerte<br />
sich einem stetigen Ausverkauf ebenso wie<br />
später die Genrekollegen von The Sweet, Slade, Suzi<br />
Quatro oder Mud. Dass der Konflikt zwischen Anspruch<br />
und Verkaufserfordernissen meist zu Lasten<br />
des Künstlers geht, ist hinlänglich bekannt. Und so<br />
standen auch T. <strong>Rex</strong> im Februar 1974 mit einem großartigen<br />
Album da – das vielleicht sogar besser war als<br />
die Vorzeige-LP SLIDER –, erfuhren dafür aber kaum<br />
Anerkennung.<br />
Natürlich war es nicht leicht, sich sofort mit ZINC<br />
ALLOY … anzufreunden. Erst recht nicht für einen<br />
Fan, der mit "Metal Guru" auf den Lippen das Vinyl<br />
auf den Plattenteller legte. Schon der Opener "Venus<br />
Loon" – eines der bis da<strong>to</strong> besten Bolan-Stücke<br />
– zerhackte jede Erwartungshaltung. Was folgte, war<br />
das breitbeinige Outing eines einstigen Teenie-Idols<br />
als wahrhaft ernstzunehmender Musiker. Natürlich<br />
aalte sich Marc Bolan erneut in Melodien (zum Beispiel<br />
"Change"), gab Funk und Gospel deutlich mehr<br />
Raum, parodierte den typischen Folkie ("The Leopards<br />
Featuring Garden And The Mighty Slug") oder bewies<br />
schrulligen Humor (das „Bullshit, Bullshit" im Background<br />
von "Interstellar Soul" ist köstlich).<br />
In eine ähnliche Kerbe schlug das nur für den europäischen<br />
Markt produzierte Album BOLAN’S ZIP<br />
GUN, das eine völlig neue Besetzung präsentierte und<br />
sehr vom Soul-beeinflusst war. Gerade noch in aller<br />
Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Munde, sah sich die „Bravo" im Dezember 1974 kurz<br />
vor Veröffentlichung von ZIP GUN genötigt, bereits<br />
von einer Rückkehr aus der Versenkung zu sprechen:<br />
„Mit drei neuen Leuten feierte Marc Bolan bei einer<br />
USA-Tournee ein triumphales Comeback", hieß es<br />
da. Was nicht stimmte, war das Adjektiv, denn das<br />
Publikum – das durchaus euphorisch<br />
reagierte – blieb bei<br />
T. <strong>Rex</strong>-Konzerten inzwischen<br />
überschaubar. Für Dauerkumpel<br />
Mickey Finn war diese Zeit<br />
die vermutlich schwierigste als<br />
T. <strong>Rex</strong>-Mitglied. Anfang 1975<br />
gab er, völlig überfordert, auf. Immer wieder wird<br />
behauptet, er sei wegen seiner (nicht von der Hand<br />
zu weisenden) enormen Drogenprobleme gefeuert<br />
worden. Und vermutlich war die Ursache für den Split<br />
ein Mix aus beidem. „Das ist die beste Gruppe, die<br />
ich je hatte", jubelte Bolan seinerzeit vor Presseleuten.<br />
Und seine Beziehung zu Gloria Jones, mit der er<br />
sogar Duette aufnahm, beschrieb er so: „Wir geben<br />
unser Letztes füreinander – aber nur auf der Bühne<br />
…" Nur wenig später klang das gegenüber dem „Rolling<br />
S<strong>to</strong>ne" schon weitaus differenzierter: „Ich lebte in<br />
einer widersprüchlichen Welt aus Drogen, Alkohol und<br />
bizarrem Sex."<br />
Kurzzeitige Auflösungen von T. <strong>Rex</strong> hat es seit 1974<br />
offenbar immer wieder mal gegeben – vor der<br />
USA-Tournee Ende 1974 ebenso wie kurz nach dem<br />
Erscheinen von ZIP GUN, denn für FUTURISTIC DRA-<br />
GON ging Marc Bolan schon wieder mit einer neuen<br />
Mannschaft ins Studio, diesmal in Chicago. Von der<br />
alten Truppe war nur noch Steve Currie (b) dabei, der<br />
aber wenig später auch<br />
verschwand. Dass die<br />
LP mit "New York City"<br />
und "Dreamy Lady"<br />
kleine Erfolgsnummern<br />
abwarf, ist weit<br />
weniger von Bedeutung<br />
als der erneute<br />
Souleinschlag und die<br />
üppige Verwendung<br />
von Syn<strong>the</strong>sizern.<br />
"Ride My Wheels" ist<br />
dafür ein markantes<br />
Beispiel – und das war<br />
nicht leicht zu knacken.<br />
Bei<br />
Musikkritikern<br />
gehörte es zu diesem<br />
Zeitpunkt zum<br />
guten Ton, T. <strong>Rex</strong> nach<br />
Strich und Faden zu<br />
verreißen. Das war bei<br />
ZIP GUN schon so und<br />
setzte sich mit FUTU-<br />
RISTIC DRAGON fort. Es war nach SLIDER verdammt<br />
schwierig geworden, die Band stilistisch einzuordnen,<br />
was in den 70er Jahren oft eine wesentliche Voraussetzung<br />
für wohlwollendes<br />
Medienfeedback war. Auch im<br />
Sound gab es keine Beständigkeit.<br />
Aber wie so oft bei eigensinnigen<br />
Künstlern beeindruckt<br />
deren Musik besonders in der<br />
Rückschau. Denn das Händchen<br />
für eingängige Melodien und Vier-Minuten-Sinfonien<br />
("Dawn S<strong>to</strong>rm") verlor Marc Bolan nie.<br />
Warum also gehören T. <strong>Rex</strong> nicht zum kulturellen<br />
Allgemeingut, sind sie nicht generationsübergreifend<br />
Synonym für große Musik? Die Mädchen, die<br />
wegen Bolan 1972 noch Tränen der Begeisterung vergossen,<br />
hatten ihn zwei Jahre später schon vergessen.<br />
Eine „Extasy" war in den 70ern nicht annähernd so<br />
bedeutsam wie eine „Mania" in den 60ern, denn Ekstasen<br />
gab es auch nach T. <strong>Rex</strong> noch reichlich – etwa<br />
jene um die Bay City Rollers. T. <strong>Rex</strong> galten als Hype<br />
der Glam-Rockwelle, schafften es jedoch nie, die Abwendung<br />
des Teenie-Publikums zu kompensieren und<br />
dies durch Rockfans im<br />
eigentlichen Sinne zu<br />
ersetzen.<br />
Ob Bolan Gedanken<br />
dieser Art umtrieben,<br />
sei dahingestellt.<br />
Kreativ schien der<br />
Mann in dieser Zeit allerdings<br />
zu explodieren.<br />
Und so tat er das, was<br />
er am besten konnte:<br />
Er schrieb Songs. Der<br />
Sänger und Gitarrist<br />
ging im August 1976 in<br />
Los Angeles ins Studio<br />
und begann mit einem<br />
wechselnden Musikertross<br />
(Steve Currie<br />
war von Zeit zu Zeit<br />
auch wieder dabei) die<br />
Arbeit an DANDY IN<br />
THE UNDERWORLD.<br />
Es wurde ein brillantes<br />
Album. Im März 1977<br />
veröffentlicht, zeigte es Marc Bolan als perfekten<br />
Chronisten der aktuellen musikalischen<br />
Strömungen – und es<br />
präsentierte einige seiner besten<br />
Kompositionen ("Crimson<br />
Moon", "The Soul Of My Suit").<br />
Die englischen Fans reagierten<br />
positiv (#26), zurück im Ring<br />
waren T. <strong>Rex</strong> damit aber nur bedingt.<br />
Bolan hatte sich auch schon längst anderen<br />
Herausforderungen zugewandt. Punk beeindruckte<br />
ihn zutiefst, darum nahm er unter anderem<br />
1977 The Damned als Support mit auf Tour. In<br />
seiner bei ITV produzierten Fernseh-Show „Marc",<br />
die am 24. August Premiere feierte, erhielten einige<br />
der jungen Wilden erstmals die Möglichkeit,<br />
sich auf der Mattscheibe zu zeigen: The Jam, die<br />
Boom<strong>to</strong>wn Rats, Eddie & The Hotrods, Generation<br />
X. Die sechste und letzte Folge lief am 28.<br />
die SLIDER-Besetzung (v.l.): Bill Legend (dr), Mickey Finn (perc, voc),<br />
Marc Bolan (voc, g) und Steve Currie (b)<br />
September und zeigte am Schluss einen gut gelaunten<br />
Marc Bolan, der nach einer nur eineinhalb<br />
Minuten dauernden Gitarrenjam mit David Bowie<br />
seitlich von der Bühne aus dem Bild fällt. Zu diesem<br />
Zeitpunkt war Bolan schon fast zwei Wochen<br />
<strong>to</strong>t.<br />
Spekulationen über ein „Was wäre, wenn …" machen<br />
wenig Sinn. Als das Au<strong>to</strong> mit Marc Bolan am<br />
16. September 1977 von der Straße abkam, wurde<br />
jede Frage nach der Zukunft des Ausnahmekünstlers<br />
abgewürgt. Gloria Jones saß am Steuer, da der Brite<br />
bis zuletzt keinen Führerschein besessen hatte. Und<br />
die Medien hatten ihn gerade als den „Godfa<strong>the</strong>r Of<br />
Punk" entdeckt.<br />
Das Leben zählt nicht nach Jahren. Und Marc<br />
Bolans Leistung als Komponist, Texter und Musiker<br />
reichte mehrfach aus, um als Monument im<br />
kollektiven Bewusstsein zu stehen. Allerdings werden<br />
die Regeln der Erinnerungskultur nicht von den<br />
Akteuren selbst geschrieben. Einen Hype erlebten<br />
T. <strong>Rex</strong> noch einmal für ein paar Monate zu Beginn<br />
der 90er Jahre, als "20th Century Boy" in der MTV-<br />
Rotation ein Dauerbrenner war. Der Reputation der<br />
Band war dieses hektische Abfeiern aber nicht eben<br />
zuträglich.<br />
Verehrer und Fans von T. <strong>Rex</strong> wissen um deren Bedeutung.<br />
Bei ihnen werden die LPs der Gruppe<br />
noch immer regelmäßig aufgelegt, denn Bolans Musik<br />
ist zeitlos. Ohne sie wäre die Geschichte der Rockmusik<br />
unvollständig.<br />
Als Steve Harley ("Make Me Smile" mit Cockney Rebel)<br />
im BBC-Film „The Final Word" gefragt wird,<br />
welche drei Worte er mit Bolan verbinden würde, sagt<br />
er nur: „Ich vermisse ihn."<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 13
Unsterblich<br />
Die Erwartungen an HEAVEN & EARTH waren hoch – an das erste Yes-<br />
Album mit Jon Davison (Frontmann der Neo-Prog-Combo Glass Hammer),<br />
seit Februar 2012 Sänger der Progressive-Rock-Institution. Er<br />
folgte auf Benoit David, zwischen 2008 und Anfang 2012 bei Yes, der mit der Band<br />
allerdings nur das eher diffuse FLY FROM HERE zustande brachte. Davison war<br />
jedoch nicht nur Nachrücker für den introvertierten, von seiner Aufgabe überforderten<br />
Kanadier David: Er stand von Beginn an im übermächtigen Schatten des<br />
großen Jon Anderson.<br />
Es kam, wie zu befürchten war: HEAVEN & EARTH entpuppte sich, zumindest für<br />
viele Yes-Fans der ersten Stunde, als eher enttäuschend. Die acht Stücke des Albums<br />
klingen, als hätte eine Coverband versucht, den originären Sound der frühen<br />
Jahre einzufangen: musikalisch vielleicht leidlich gelungen, aber streckenweise<br />
ein wenig langatmig. Und der 43-jährige Davison aus dem tiefen Süden der USA<br />
ist höchstens ein unauffälliger Schatten seines britischen Vornamensvetters, und –<br />
sagen wir's so – er verrichtet seinen Job nicht übel.<br />
Der 67-jährige Yes-Gitarrist Steve Howe, seit 1970 in der Gruppe, sieht dies naturgemäß<br />
etwas anders – und hält außerdem dem Altmeister die Tür für eine Rückkehr<br />
offen.<br />
Wie kam es zum Titel<br />
des aktuellen<br />
Albums?<br />
So plakativ er klingen mag, so kompliziert<br />
ist er zu erklären. Letztlich<br />
geht es um zwei Welten, die hier aufeinander<br />
treffen – um das Materielle<br />
und um das Spirituelle. Da zumindest<br />
unserer Ansicht nach die derzeitige<br />
materielle Welt der Menschheit<br />
nicht viel mehr als Korruption, Gier<br />
und Krieg zu bieten hat, präsentieren<br />
wir mit den Texten eine optimistische<br />
spirituelle Alternative an. So<br />
ungefähr sind der Albumtitel und die<br />
Texte dahinter gemeint.<br />
Das klingt recht<br />
esoterisch ...<br />
Jon Davison, der den Großteil der Texte schrieb, ist ein ziemlich esoterisch veranlagter<br />
Mensch. Aber das war Jon Anderson auch schon (lacht). Und wir alle<br />
von Yes sind seit jeher jenseits von Gut und Böse. Darum gibt es inhaltlich nichts<br />
Neues bei uns.<br />
Wie lief die Zusammenarbeit mit Jon Davison?<br />
Wir kennen uns mittlerweile seit über zwei Jahren, haben uns aneinander gewöhnt.<br />
Inzwischen mag ich ihn richtig gern, zu Beginn war es noch ein neugieriges<br />
Beschnuppern. Jon ist um einiges jünger als ich, dadurch hat er andere<br />
Seite 14 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Erfahrungswerte. Aber er besitzt zweifellos eine Menge Talent. Und jetzt ist er ein<br />
Kumpel. Dennoch war und bleibt Jon Anderson für mich der „richtige” Yes-Sänger,<br />
da er unsere Band nachhaltig<br />
geprägt hat. Ich möchte<br />
es nicht ausschließen, dass<br />
er eines Tages zu uns zurückkehren<br />
wird. Davison weiß<br />
das, er akzeptiert es – und<br />
das finde ich sehr beeindruckend.<br />
Ist HEAVEN &<br />
EARTH ein klassisches<br />
Yes-<br />
Album?<br />
Bislang habe ich noch keine<br />
richtige Distanz dazu, darum<br />
halte ich mich mit Einschätzungen<br />
zurück. Tatsache ist, dass Jon Davison jede Menge<br />
Einfluss darauf hatte. Gut so, denn er ist schließlich der Sänger<br />
– also der Mann, der die Sache nach außen hin vertreten muss.<br />
Was ich sagen kann: HEAVEN & EARTH ist ein individuelles,<br />
spannendes Werk geworden.<br />
Wie kam HEAVEN & EARTH zustande?<br />
Jon Davison wurde uns bereits empfohlen, als Benoit David noch<br />
dabei war. Als er aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden<br />
musste, nahmen wir Kontakt zu Jon auf. Er brachte eine Menge<br />
Ideen für neue Songs ein. Wir hörten uns die an, ließen uns aber<br />
Zeit mit der Entscheidung, ob wir sie in unseren Soundkosmos<br />
integrieren würden (lacht). Jon sollte erst mal live beweisen, dass<br />
er zu unserer kauzigen Truppe passt! Und er hat die Feuerprobe<br />
bestanden. Danach merkten wir, dass seine Ideen was taugen,<br />
und sagten im Januar dieses Jahres: „Okay, los geht’s!”<br />
Ist es nicht unfair, dass er sich<br />
als eine Art Stellvertreter vorkommen<br />
muss?<br />
Wir haben ihm das Ganze nie verheimlicht, und niemand schließt<br />
Andersons Rückkehr aus. Wobei es mir eigentlich widerstrebt, ständig zurückzublicken,<br />
das hat was Muffiges. Ich will nach vorn schauen.<br />
Wie beurteilen Sie Yes allgemein? Eher als<br />
anachronistische oder als eine klassische<br />
Institution?<br />
Anachronisten sind wir definitiv nicht, denn wir kommen allesamt aus der Klassik,<br />
dem Jazz und dem Blues. Das sind unsterbliche Genres, die von der Improvisation<br />
leben. Darum wage ich zu behaupten: Auch unser Sound ist unsterblich!<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
Konzentriert:<br />
Steve Howe<br />
beim Tüfteln an<br />
neuen Yes-Songs<br />
Jon Andersons<br />
Lückenbüßer oder<br />
Yes-Erneuerer?<br />
Jon Davison
Fo<strong>to</strong>: © Koko<br />
Hard-Rock-Romantiker<br />
Dieses Album ist ein Statement", raunt Mick Box geradezu verschwörerisch,<br />
"<br />
damit soll der Welt bewiesen werden, dass wir unseren Ruf als Pioniere des<br />
"<br />
Heavy Rock nicht zu Unrecht haben. Es mag 45 Jahre her sein, dass diese<br />
Gruppe ihren Einstand feierte – aber auch 2014 rockt sie noch wie der Teufel!"<br />
Der 67-jährige Uriah-Heep-Gitarrist ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied<br />
der britischen Formation. Auf das aktuelle, 24. Studiowerk OUTSIDER ist<br />
der Mann aus East London extrem s<strong>to</strong>lz: Das war wirklich nicht bei allen unseren<br />
Scheiben so, speziell nicht bei einigen aus den vergangenen 20 Jahren",<br />
"<br />
beteuert Box. Aber dieses Ding hier, das schließt in meinen Ohren nahtlos an<br />
"<br />
unsere grandiose frühe Zeit an." Kein Wunder bei derart geballter<br />
Ladung an Selbstvertrauen und prächtiger Laune, dass<br />
der Schwatz mit dem Heavy-Rock-Urgestein äußerst vergnüglich<br />
ablief.<br />
Warum seid ihr auf OUTSIDER konsequent zu euren Wurzeln<br />
zuruckgekehrt?<br />
Letztlich ist diese Musik unser Hauptanspruch: dem Hörer unser<br />
Übermaß an Energie, an Leidenschaft zu vermitteln. Wir sehen<br />
diese Platte völlig in der Tradition der frühen 1970er Jahre, als<br />
Rockmusik der Inbegriff von Jugend und Revolte schlechthin<br />
war. Diesen Ideale möchten wir mit OUTSIDER bedingungslos<br />
hochhalten.<br />
Darum auch der Titel des Albums?<br />
Na klar, weil wir felsenfest daran glauben, was wir tun! Ganz<br />
gemäß dem alten Sprichwort: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s<br />
gänzlich ungeniert.” Wir machen einfach nur unser Ding, völlig<br />
geradlinig. Daher sind wir „Outsider”.<br />
Eine Zeit lang wolltet ihr den klassischen Heep-Sound modernisieren ...<br />
Mick Box, letztes<br />
Uriah-Heep-Original<br />
Mir ist diese Tendenz von damals durchaus klar, ich schütte deshalb Asche auf<br />
mein Haupt! Das war die Zeit zwischen Ende der 1980er und Mitte der Nuller-<br />
Jahre. Doch spätestens ab WAKE THE SLEEPER von 2008 haben wir die Kehrtwende<br />
gemacht. Für eine Classic-Rockband macht es absolut keinen Sinn, sich<br />
der Moderne anzupassen. Denn das bedeutet, dass man sich im Rockbereich der<br />
vielfach vorherrschenden gähnenden Langeweile anschließt. Die spannendsten<br />
Sachen in diesem Genre sind doch passiert, als die Sache losging, also in den<br />
späten 1960ern und frühen 1970ern. Und der Grundgedanke von damals, emotionales<br />
Feuer und leidenschaftliche Euphorie zu vermitteln, ist bis heute nicht<br />
erloschen. An den versuchen wir mit OUTSI-<br />
DER anzuknüpfen. Wir tragen diese Fackel<br />
weiter – und zwar sehr gern!<br />
Du bist wie meist fur alle Texte verantwortlich.<br />
Was inspiriert dich beim Schreiben?<br />
Meist sind es irgendwelche Dinge, die ich<br />
Seite 16 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
gelesen habe. Ich schmökere sehr viel, vor allem in Zeitungen und Magazinen.<br />
Unser Sänger Bernie Shaw hat keine Probleme, diese von mir entworfenen Ideen<br />
umzusetzen. Wir sprechen eine Weile über deren Hintergedanken. Er lässt sich<br />
von mir davon überzeugen (lacht), und dann singt er sie voller<br />
Inbrunst. Ich bin jedesmal wieder <strong>to</strong>tal beeindruckt. Das läuft stets<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
ziemlich problemlos.<br />
Wie wurdest du Uriah Heep 2014 spontan mit wenigen Begriffen<br />
umschreiben?<br />
Frisch, kernig, rockig und dabei dennoch völlig dem klassischen<br />
„Heep-Sound" verpflichtet. So ist es, denn die Hammondorgel,<br />
die Wah-Wah-Gitarre, die schweren Riffs und die mehrstimmigen<br />
Gesangsharmonien – all das ist nach wie vor an Bord. Wir waren<br />
ja nie die absoluten Haudraufs in der Rockszene. Tief im Inneren<br />
sind wir Romantiker. Und ich denke, das hört man letztendlich<br />
in allen unseren Stücken. Nochmals: Ja, wir sind die Hard-Rock-<br />
Romantiker!<br />
Gibt es materielle Erwartungen fur OUTSIDERS?<br />
Über den finanziellen Aspekt sollte man sich tunlichst keine Gedanken<br />
machen, wenn man an einer neuen CD arbeitet, denn das<br />
schüttet nur die Kanäle zu deiner Innovation, Inspiration und zu<br />
den Empfindungen zu. Außerdem haben wir im Lauf unserer Karriere<br />
mehr als 30 Millionen Tonträger verkauft, allein von den Tantiemen kann<br />
man gut leben. Wir lassen uns von Verkaufszahlen schon lange nicht mehr beeindrucken.<br />
Viel wichtiger sind die Fanreaktionen.<br />
Welche Pläne gibt es?<br />
Da ist immer irgendwas! Denn das ist zumindest in meinem Alter ein Bollwerk,<br />
um nicht etwa über die Sterblichkeit des Menschen nachzudenken, das gebe ich<br />
offen zu. Wir denken also nahezu pausenlos nach – über neue Lieder oder Konzerte<br />
und solche Sachen. Letztlich wollen wir der Welt beweisen, dass wir einfach<br />
nicht <strong>to</strong>tzukriegen sind.<br />
Michael Fuchs-Gamböck
Rückkehr zum Kreativ-Gebläse<br />
Nicht eben wenige Rockhörer hatten Chicago längst aufgegeben: Spätestens nach dem Album CHICAGO<br />
IX – GREATEST HITS (Ende 1975) schienen sie endgültig zu Produzenten massenkompatibler, süßlicher<br />
Charts-Ware mutiert zu sein. Kaum noch Spuren der Pioniere des engagierten Bläser-Rock, mit dem sie<br />
seit 1967 brilliert hatten. Je seichter sich Chicago gaben, des<strong>to</strong> erfolgreicher gerieten ihre Songs. Sie hätten<br />
endlos so weitermachen können. Aber: Jetzt ist NOW – CHICAGO XXXVI erschienen, ihr 36. Album – und<br />
diese Scheibe besinnt sich weitgehend auf die Qualitäten einer Band zurück, die speziell in ihrer Anfangszeit<br />
aufregend und spektakulär war. Alle Gründungsmitglieder hatten eine musikalische Top-Ausbildung, sie<br />
sprengten mit ihrer Leidenschaft sämtliche damaligen Vorstellungen. Auf NOW – CHICAGO XXXVI sind<br />
(wieder) alle für Chicago typischen Markenzeichen vertreten – exzellentes Songwriting, ausgeklügelte Gesangsarrangements,<br />
dazu die unverwechselbaren Bläsersätze. Behauptung: Nie war dieses Oktett so wertvoll<br />
wie in der aktuellen Ära des Stromlinien-Pop! Findet auch James Pankow, der 66-jährige Posaunist und<br />
Mitbegründer der Band.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Hugh Brown<br />
Wie kam es zu diesem<br />
nostalgischen Rundumschlag?<br />
Ja, wir haben uns in den<br />
vergangenen 25 Jahren<br />
weitgehend an schlankeren,<br />
poppigeren Arrangements<br />
versucht; wir dachten,<br />
dadurch würden wir<br />
James Pankow<br />
zeitgemäß klingen. Doch in der letzten Zeit merkten<br />
wir an zahlreichen Reaktionen, dass die Fans Chicago<br />
lieben, weil wir einen unverwechselbaren Sound<br />
kreiert hatten. Und als einer, der von Beginn an dabei<br />
war, darf ich feststellen: Die Musik, die wir auf unseren<br />
ersten sieben<br />
oder acht Alben<br />
gespielt haben,<br />
hat mir selbst auch<br />
am meisten Spaß<br />
bereitet. Darum in<br />
erster Linie diese<br />
Rückbesinnung.<br />
Worauf sind Sie<br />
nach fast 50 Jahren<br />
am meisten s<strong>to</strong>lz?<br />
Es gab vor uns keine<br />
Band, die Bläser<br />
derart dominant in<br />
der Rockmusik eingesetzt hatte – selbst Blood, Sweat<br />
& Tears fingen erst kurz nach uns damit an. Wir sind<br />
demnach echte Pioniere in einem speziellen Genre.<br />
Unser Ziel war und ist es, unsterbliche Pop-Harmonien<br />
mit Bläsern aufzuwerten und vielleicht auch<br />
aufzublähen. Unser Saxofonist Walter Parazaider<br />
hatte damals diese Idee.<br />
Hat die aktuelle Band noch viel mit Ur-Chicago"<br />
"<br />
zu tun?<br />
Ja. Obwohl einige Mitglieder eine klassische musi-<br />
kalische Ausbildung absolviert haben, entstehen alle<br />
unsere Kompositionen in erster Linie aus dem Bauch<br />
heraus. Die späten 1960er Jahre waren wild und frei<br />
und wir selbst noch jung – daraus entstand diese<br />
unbändige Energie, die wir bis heute aufrechtzuerhalten<br />
versuchen. Ich selbst habe es nie bereut, Klassik<br />
studiert zu haben. Dadurch war ich handwerklich<br />
gewappnet, um deren starre Regeln kreativ aushebeln<br />
und ihr die Improvisation entgegensetzen zu<br />
können.<br />
Zwei Songs auf der neuen Platte könnten für<br />
Kontroversen sorgen: "Naked In The Garden Of<br />
Allah" und "America": wachsende Islamisierung<br />
hier, ein Loblied auf klassische amerikanische<br />
Werte dort ...<br />
Die Intention hinter<br />
"Allah” ist:<br />
Die verschiedenen<br />
ethnischen und<br />
religiösen Gruppen<br />
müssen aufeinander<br />
zugehen!<br />
Unterschiedliche<br />
Haltungen und<br />
Einstellungen dürfen<br />
nicht zu Kriegen<br />
führen – nur<br />
um herauszufinden,<br />
welcher Gott denn nun der richtige ist. "America”<br />
ist schlicht eine Hymne auf unser einzigartiges<br />
Land. Wir halten die USA für eine wunderbare Nation,<br />
irgendwie sind wir auserwählt.<br />
Trotz NSA, trotz des noch immer nicht geschlossenen<br />
Guantanamo-Knasts, trotz mangelnden Sozialversicherungsschutzes?<br />
Na klar, warum nicht?! Amerika ist für uns der Inbegriff<br />
von menschlicher Freiheit.<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
Fo<strong>to</strong>: © Henry Diltz
Eintritt in den<br />
Electra heute (v.l.): Gisbert Koreng<br />
(g, voc), Andreas Leuschner (keys),<br />
Wolfgang Riedel (b), Eckhard Lipske<br />
(g), Stephan Trepte (voc), Bernd Aust<br />
(sax, fl), Falk Möckel (dr) und Peter<br />
Ludewig (voc). Ludewig spielt<br />
krankheitsbedingt die<br />
Abschieds<strong>to</strong>ur nicht mehr mit.<br />
Dom – und Abschied<br />
Es war 1969, das Jahr, als die Puhdys in Ost-<br />
Berlin an den Start gingen. Da schickten auch<br />
die Sachsen eine<br />
wenig später sehr<br />
gefragte Band ins<br />
Rennen: die Electra-<br />
Combo aus Dresden.<br />
Studenten der Musikhochschule<br />
Carl Maria<br />
von Weber (darunter<br />
Bernd Aust und Wolfgang<br />
Riedel, die noch<br />
heute zur Besetzung<br />
der Kultgruppe zählen)<br />
wollten ihre ganz<br />
eigene Auffassung<br />
von Progressive Rock<br />
umsetzen und auch<br />
klassische Werke dafür<br />
adaptieren. Zunächst<br />
ging es jedoch<br />
um das nötige Kleingeld für das Instrumentarium.<br />
So gab es keinen Saal in und um Dresden, in dem<br />
Electra (das Combo verschwand mit der Zeit aus dem<br />
Bandnamen) nicht spielten, mal mit gecoverten Hits,<br />
mal als Begleitung bunter Abende mit Kollegen –<br />
und meist schon mit eigenen Songs, von denen die<br />
ersten bald fürs Radio produziert wurden. Der Grund<br />
dafür: Die DDR-Obrigkeit hatte beschlossen, mehr<br />
einheimische Künstler über den Ä<strong>the</strong>r zu schicken.<br />
Doch weil es kaum Aufnahmen gab, tingelte ein<br />
Ü-Wagen des DDR-<br />
Rundfunks<br />
durchs<br />
Land und suchte<br />
Bands, mit denen<br />
sich<br />
Produktionen<br />
realisieren ließen. Als<br />
das Aufnahmemobil<br />
in Dresden war, meldeten<br />
sich Electra.<br />
Wenig später wurden<br />
die Dresdner<br />
in die Rundfunkstudios<br />
ihrer Heimatstadt<br />
eingeladen<br />
– und in<br />
Leipzig nahmen<br />
sie 1971<br />
ihren ersten<br />
und bis heute einen ihrer größten Hits auf:<br />
"Tritt ein in den Dom". Ein von Aust komponiertes<br />
Paradestück für den neuen Sänger<br />
Stephan Trepte, der 1970 zu Electra fand. Es<br />
gab zunächst einen gemeinsamen Konzertabend<br />
mit Electra und Treptes früherer Band,<br />
schließlich wurde der Mann ganz klassisch<br />
abgeworben.<br />
Darauf einen Wurzelpeter (v.l.): Bernd Aust, Karl-Heinz Ringel,<br />
Ekkehard Berger, Peter Ludewig und Wolfgang Riedel gründen<br />
1969 die Electra-Combo.<br />
Seite 18 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Nachdem "Tritt ein in den Dom" ein kleiner Hit<br />
geworden war, verschwand der Song wieder aus<br />
den Radiostationen. Zensoren war aufgefallen, dass<br />
der Text eindeutig zum Kirchenbeitritt aufrief – ein<br />
Unding ohnegleichen im Land der ungläubigen Arbeiter<br />
und Bauern ... Obwohl die Dresdner Musiker<br />
anfangs empört auf das für sie nicht nachvollziehbare<br />
Verbot reagierten, war es unterm Strich das<br />
Bes te, was der aufstrebenden Band passieren konnte:<br />
Neugier auf die Sachsen mit dem verbotenen<br />
Song war geweckt. Zu Vinylehren kam das Lied erst<br />
1980 auf der dritten Electra-LP ELECTRA 3. Zu die-<br />
Electra im Erfolgsjahr 1979: Gisbert Koreng, Manuel von Senden,<br />
Rainer Uebel, Wolfgang Riedel, Bernd Aust und Peter Ludewig.
sem Zeitpunkt war Trepte, der in<br />
der DDR etliche Male zum „Sänger<br />
des Jahres" gewählt wurde,<br />
längst Frontmann der Band<br />
Reform. Electra hatte er bereits<br />
1974 verlassen, um bei Lift anzuheuern,<br />
einer weiteren populären<br />
Band in Sachsen. Im selben<br />
Jahr debütierten die Musiker um<br />
Bernd Aust mit ELECTRA-COM-<br />
BO. Die zweite LP ADAPTIONEN<br />
(1976) kam ohne Sänger aus, sie<br />
enthielt ausschließlich klassische<br />
Instrumentalwerke<br />
von Bach<br />
bis Borodin in einer Neubearbeitung<br />
der Electra-Musiker.<br />
eil Bernd Aust neben den<br />
Keyboards auch Querflöte<br />
spielte, waren Electra<br />
auch immer ein wenig die<br />
Jethro Tull des Ostens. In<br />
den 1990ern spielten beide<br />
Gruppen ein Konzert in Dresden<br />
– bis heute hält sich das<br />
Gerücht, dass Ian Anderson<br />
danach nie wieder mit einer<br />
Band mit Querflötist auftreten<br />
wollte – schon gar nicht<br />
mit einem, der noch volleres<br />
Haar hat und musikalisch<br />
fit ist. Ein weiterer Electra-<br />
Meilenstein wurde das vierte<br />
Album DIE SIXTINISCHE MA-<br />
DONNA, 1980 in Ost- und<br />
Westdeutschland erschienen.<br />
Es war die zweite Platte mit dem neuen Sänger Manuel<br />
von Senden, der 1978 zu Electra kam. Spätestens<br />
jetzt (auf ELECTRA 3 war er auch schon der<br />
Sänger) wurde klar, dass von Senden wie sein Vorgänger<br />
Trepte zu den großen Stimmen des DDR-<br />
Rock gehörte. Ein weiterer Trumpf: Gründungsmitglied<br />
und Schlagzeuger Peter Ludewig entpuppte<br />
sich auf einigen Songs ebenso als Vokalist mit einer<br />
mehrere Oktaven umfassenden Stimme.<br />
er Sound der Achtziger forderte auch bei den<br />
Dresdnern eine musikalische Zäsur. Wirkte EIN<br />
TAG WIE EINE BRÜCKE (1982) noch ein wenig<br />
unentschlossen, zeigten sich Electra auf AUGEN<br />
DER SEHNSUCHT (1986) und TAUSEND UND EIN<br />
GEFÜHL (1987) als veritable Pop-Formation: Die<br />
großen Prog-Rockelemente waren eingängigen und<br />
tanzbaren Hooks gewichen. Der Hit "Nie zuvor",<br />
eine Ballade mit Schlagerfacetten, steht für diese<br />
Phase. Während andere Ost-Rockbands zugunsten<br />
des 80er-Sounds die Frontmänner<br />
austauschen mussten<br />
(Karussell, Stern Combo Meißen),<br />
erwies sich von Senden<br />
als kongenialer Popsänger.<br />
Gegen Ende des Jahrzehnts<br />
besannen sich Electra dann<br />
wieder auf ihre eigentlichen<br />
Stärken: Ihre achte LP DER<br />
AUFRECHTE GANG, 1989 produziert,<br />
knüpfte wieder an die<br />
Siebziger an. Zudem fand Stephan<br />
Trepte (die Band Reform<br />
hatte sich bereits 1986 aufgelöst)<br />
zurück und löste Manuel<br />
von Senden ab.<br />
ine Veröffentlichung gab es für DER AUF-<br />
RECHTE GANG zunächst aber nicht. Sie war<br />
geplant, fiel jedoch in<br />
die Zeit von Wende und<br />
Mauerfall – Land, Label<br />
und Band existierten<br />
nicht mehr. Erst 2004 erschien<br />
die LP in einer Box<br />
mit allen acht Alben, ein<br />
Jahr später als Bonus einer<br />
Live-DVD. Zu diesem<br />
Zeitpunkt waren Electra<br />
schon wieder rund zehn<br />
Jahre unterwegs, darunter<br />
als „Sachsendreier" mit<br />
Stern Combo Meißen und<br />
Lift, manchmal mit Chor<br />
und Orchester. Obwohl im<br />
Lauf der Jahre unzählige<br />
Best-Of-Kopplungen<br />
und Livemitschnitte auf<br />
CD und DVD erschienen,<br />
gibt es bis heute keine<br />
neue Studioproduktion.<br />
Bandchef Bernd Aust ist<br />
zu sehr Realist, für neues<br />
Material rechnet er sich<br />
zu wenige Chancen aus.<br />
Denn neben seiner Arbeit<br />
bei Electra arbeitet<br />
er als Dresdens führender<br />
Konzertveranstalter und<br />
weiß darum genau, welche<br />
Fak<strong>to</strong>ren ineinander<br />
greifen müssen, um tatsächlich<br />
Erfolg haben zu<br />
können.<br />
o ist zum 45. Geburtstag<br />
der Band in diesem<br />
Jahr auch keine weitere<br />
Veröffentlichung geplant.<br />
Alles Relevante sei erschienen,<br />
erklärt Aust. Die Konzerte<br />
zum Bandgeburtstag werden<br />
dennoch besondere sein – und<br />
ihre letzten! Electra haben ihre<br />
Auflösung vermeldet, im Sommer<br />
2015 soll das definitiv letzte Konzert<br />
stattfinden. Ein fester Platz<br />
in den Annalen deutschsprachiger<br />
Rockmusik ist dieser Band jetzt<br />
schon sicher.<br />
Christian Hentschel
und WHITE LIGHTNIN' IN<br />
(Sierra) aus. Die Liste der<br />
Nutznießer von Whites Zupfkünsten ist endlos und<br />
reicht von den Everly Bro<strong>the</strong>rs und Joe Cocker über<br />
Freddie Weller und Eric Weisberg bis zu Gary Pax<strong>to</strong>n<br />
und Wayne Moore.<br />
Musikalischer Wert: schwankend zwischen<br />
mittelhoch und sehr hoch<br />
Sammelwert: sehr hoch<br />
Hinweis für Sammler: White ist auch zu hören auf<br />
dem Sampler CLASSIC GUILBEAU (Beau<strong>to</strong>wn) von<br />
Gib Guilbeau sowie auf dem Album von Byrds-Produzent<br />
TERRY MELCHER (Collec<strong>to</strong>r's Choice) und<br />
auf MOTHER HEN (Edsel), das die Sängerin Jane<br />
Getz 1971 einspielte.<br />
Nach den Byrds betrieb<br />
der schon 1973 tödlich<br />
verunglückte Clarence<br />
White im Wesentlichen nur<br />
noch die Gruppe Muleskinner<br />
(mit Top-Leuten wie<br />
Richard Greene, David Grisman<br />
und Peter Rowan). Die<br />
Aufnahmen für MULESKINNER ER LIVE<br />
– A POTPOUR-<br />
POUR<br />
RI OF LIVE BLUEGRASS JAM / ORIGINAL TELEVI-<br />
SION SOUNDTRACK (Sierra) dokumentieren (auch)<br />
seine Rückkehr zu den Wurzeln.<br />
Musikalischer Wert: hoch<br />
Sammelwert: hoch<br />
Spezielle Reize gehen von FLATPICK (Sierra) und 33<br />
ACOUSTIC GUITAR INSTRUMENTALS (Mwerk) aus.<br />
Aufschlussreich ist ein bei<br />
Amazon zu findender Fan-<br />
Kommentar zu 33 ...: „Die<br />
Flatpicking-Stücke sind<br />
bereits 1962 entstanden,<br />
aufgenommen auf einem<br />
Heim<strong>to</strong>nbandgerät und<br />
begleitet von Roger Bush<br />
an der Rhythmusgitarre.<br />
Die Soundqualität ist nicht<br />
gerade auf High-End-<br />
Level, dafür entschädigt<br />
aber Whites Virtuosität voll<br />
und ganz! Ich bin jedesmal<br />
erleichtert, dass ich nicht<br />
derjenige bin, der ihn auf<br />
der Rhythmusgitarre hmus<br />
tarr<br />
begleiten e muss!"<br />
Musikalischer und Sammelwert: insgesamt hoch<br />
Gram Parsons<br />
Gram Parsons (1946–1973; geboren<br />
als Cecil Ingram Connor<br />
III) war zwar nicht der „Erfinder"<br />
des Country-Rock, aber<br />
sein wohl wichtigster Wegbereiter<br />
und somit ein enorm<br />
einflussreicher Musiker.<br />
Aus der Vor-Byrds-Zeit<br />
stammt SAFE AT HOME<br />
(Sundazed), das einzige Album seiner International<br />
Submarine Band, das seine Legende mitbegründete.<br />
Sie setzte sich nach dem Byrds-Gastspiel<br />
fort mit den Flying<br />
Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs und ihren<br />
A&M-Alben THE GILDED<br />
PALACE OF SIN und<br />
BURRITO DELUXE sowie<br />
verstreuten Songs auf einigen<br />
Samplern der Burri<strong>to</strong>s<br />
wie SLEEPLESS ESS NIGHTS (siehe auch Chris<br />
Hillman).<br />
Musikalischer Wert: hoch bissehrsehr hoch<br />
Sammelwert: hoch bis unverzichtbar<br />
Ein feines Konzertdokument<br />
ist die mit den Burri<strong>to</strong>s<br />
entstandene Doppel-<br />
CD LIVE AT THE AVALON<br />
BALLROOM 1969 (Amoebarecords/Fontana).<br />
Musikalischer Wert:<br />
mittelhoch<br />
Sammelwert: mittelhoch<br />
Endgültig in den Rock-Olymp stieg Parsons mit seinen<br />
absolut legendären Solo-Alben GP und GRIE-<br />
VOUS ANGEL (beide Reprise) auf. Der dort gebote-<br />
ne Country-Rock oc<br />
hat ewige e Gültigkeit! i Beide Alben<br />
erschienen enen<br />
mehrfach h auf CD. Die klanglich beste<br />
Edition findet sich auf den Reprise-CDs mit den<br />
Katalognummern 8122-79906-3 und …4. Das beste<br />
Booklet enthält der Twofer mit der Nummer 7599-<br />
26108-2.<br />
Musikalischer Wert: unverzichtbar<br />
Sammelwert: unverzichtbar<br />
In einem Rundfunkstudio<br />
wurde LIVE 1973 (Rhino)<br />
von Gram Parsons & The<br />
Fallen Angels aufgenommen.<br />
Star des Top-Albums<br />
war neben Parsons natürlich<br />
die hinreißende Emmylou<br />
Harris.<br />
Musikalischer Wert: sehr hoch<br />
Sammelwert: sehr hoch<br />
His<strong>to</strong>risch – und musikalisch! – interessant ist auch<br />
ANOTHER SIDE OF THIS LIFE – THE LOST RECOR-<br />
DINGS OF GRAM PARSONS<br />
1965–1966 (Sundazed) mit<br />
beherzten Solo-Aufnahmen<br />
(Eigenwerke und Klassiker<br />
wie "Codine", "The<br />
Last Thing On My Mind"<br />
und "Searchin'"). Bis auf<br />
"Brass But<strong>to</strong>ns" findet sich<br />
kein Titel dieser Sammlung<br />
auf GP, GRIEVOUS ANGEL<br />
und LIVE 1973!<br />
Das gilt auch für die<br />
Songs der Box THE EAR-<br />
LY YEARS (Sierra), die zwei<br />
CDs, eine LP und eine DVD<br />
enthält. Die<br />
erste CD der Box gibt es auch separat<br />
als EARLY YEARS MINI CD (Sierra) mit mageren zehn<br />
Tracks. Der goldene Mittelweg findet sich auf THE<br />
EARLY YEARS 1 & 2 (Floating World) mit 23 Tracks.<br />
Diese Edition macht alle früheren, im Internethandel<br />
noch angebotenen überflüssig. Näheres siehe<br />
Rezension in <strong>GoodTimes</strong> 3/2014, Seite 61.<br />
Musikalischer Wert: mittelhoch bis hoch<br />
Sammelwert: hoch<br />
Wer lediglich einen Werküberblick<br />
benötigt, ist mit<br />
der Doppel-CD SACRED<br />
HEARTS & FALLEN AN-<br />
GELS – THE GRAM PAR-<br />
SONS ANTHOLOGY (Rhino)<br />
mit 46 Tracks und einem<br />
Spitzen-Booklet okle<br />
bestens ens versorgt. Eine Alternative<br />
ist WARM EVENINGS, PALE MORNINGS, BOTTLED<br />
BLUES 1963–1973 (Raven).<br />
Hingegen bietet die 3-CD-Box THE COM PLETE<br />
REPRISE SESSIONS (Rhino) eine „volle Ladung",<br />
einschließlich 16 unveröffentlichter Alternativversionen,<br />
Remixe und<br />
einiger ige<br />
Radio-Interviews.<br />
ews.<br />
Musikalischer rWert: :sehr hoch h<br />
bis unverzichtbar<br />
Sammelwert: sehr hoch bis unverzichtbar<br />
Kevin Kelley<br />
Auch Kevin Kelley, ein Cousin<br />
von Chris Hillman und<br />
Schlagzeuger auf SWEET-<br />
HEART OF THE RODEO, hat<br />
vor und nach seiner Byrds-<br />
Zeit wichtige Spuren hinterlassen:<br />
Er spielte 1964 bei<br />
den legendären Rising Sons,<br />
zu denen auch Taj Mahal<br />
und Ry Cooder gehörten. Veröffentlicht wurde<br />
aber nur eine Single. Ihr<br />
Album THE RISING SONS<br />
FEATURING TAJ MAHAL<br />
AND RY COODER (Columbia<br />
Legacy) mit dem<br />
Gesamtwerk der Gruppe<br />
erschien erst 1992(!), obwohl<br />
es ein kleiner Klassiker<br />
des Folk-Rock ist.<br />
Nach den Byrds schloss<br />
Kelley sich der Psycho-<br />
Rockband Fever Tree an<br />
und ist auf deren viertem<br />
Album FOR SALE (mit<br />
CREATION als Twofer auf<br />
Green Tree) zu hören.<br />
Musikalischer Wert: hoch<br />
Sammlerwert: hoch<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 21
Ian McLagan<br />
Das letzte <strong>GoodTimes</strong>-Interview mit dem Small-Faces-Keyboarder liegt fünf<br />
Jahre zurück. Seitdem gab es mehr und bessere Mixe der Musik seiner Band<br />
als je zuvor, er spielte Clubkonzerte en masse und bestritt denkwürdige<br />
Gastauftritte – unter anderem bei Warren Haynes (Gov't Mule).<br />
UliTw e l k sprach e mit der englischen Musikgröße.<br />
"<br />
Steve war fabelhaft!"<br />
Es sprudelt aus Ian McLagan nur so heraus: „Meine eigene Band ist<br />
sehr aktiv – noch immer mit Scrappy Jud Newcomb an der Gitarre, der<br />
seit 20 Jahren bei mir ist. Bassist Jon Notarthomas kam vor fünf Jahren.<br />
Mein neuer Drummer Conrad Choucroun ist unfassbar. Im Juni erscheint<br />
ein neues Album, es wird UNITED STATES heißen: ein Wortspiel, es geht<br />
um Beziehungen. Das Album unterscheidet sich sehr von NEVER SAY NEVER. Du<br />
hörst afrikanische Einflüsse, die Karibik klingt durch, du reist nach Mali. Seit wir<br />
die Aufnahmen abgeschlossen haben, ist eine Menge Zeit vergangen. Manchmal<br />
brauchen die Dinge eine Weile – heute steht die Fo<strong>to</strong>session für das Cover an.<br />
Die Werbe-Aktivitäten können wir wahrscheinlich nur als Duo machen, denn<br />
alles wird teurer: Flugtickets, Hotels – Touren wird immer schwieriger."<br />
Luft holen, Zeit für den Blick zurück, die Luxusbox HERE COME THE NICE hat<br />
für Aufsehen und Aufhorchen gesorgt. In den Monaten vor ihrer Veröffentlichung<br />
war – wie bei anderen Reissues zuvor – immer wieder von „first generation tapes"<br />
und „master tapes" die Rede. Kamen diesmal endlich die echten breiten Spulen<br />
zum Einsatz? McLagan: „Zumindest einige davon. Sie lagerten bei Sony in New<br />
York. Andrew Loog Oldham und Tony Calder (Manager des 1970 pleite gegangenen<br />
Indie-Labels Immediate) hatten damals wohl einen Deal mit Columbia abge-<br />
Ian McLagan &Th e Bump Band, v.l. Newcomb, McLagan, Choucroun & Notarthomas<br />
schlossen, um unsere Alben in Amerika herauszubringen. Aus Columbia wurde<br />
CBS, dann Sony, und das Ganze lief durch so viele Mechanismen, dass wir am<br />
Ende gar nicht mehr wussten, wo sich der Kram befand – und ob überhaupt vernünftige<br />
Stereo-Mastertapes erhalten waren. Aber Rod Cager, der hart für dieses<br />
Projekt gearbeitet hat, forschte überall nach und fand sie schließlich in New York.<br />
Viele unserer Aufnahmen haben sich leider in Luft aufgelöst, aber wenigstens hat<br />
er ein paar echte Masters gefunden, während viele Veröffent lichungen der letzten<br />
Jahre auf CDs, Cassetten oder sogar Vinylplatten basierten. Da wurde dermaßen<br />
geschludert! Nun haben wir es dank Rod im Griff, kriegen noch täglich fünf<br />
E-Mails von ihm, er gibt keine Ruhe. Es ist großartig, die Takes wiederzuhören,<br />
wie sie schon immer hätten klingen sollen. Es war sehr emotional, wie Kenney<br />
Jones und ich da hockten, um alles durchzuhören."<br />
Gab es besondere Momente während dieses Marathons? Ian McLagan: „Du<br />
hörst Steve Marriott und mich reden, bist dabei, wie wir Dinge ausprobieren – das<br />
war schon zauberhaft. Es gibt da ein Zitat von Kenney, dass man das Olympic<br />
Studio in Barnes regelrecht riechen konnte, und es stimmt: Das Schnuppern<br />
des magischen Momentes, das '<br />
Duft-Erinnerungs-Vermögen', ist schon absolut<br />
wichtig. Wir beide im selben Raum mit Steve und Ronnie. 'Eddie’s Dreaming'<br />
etwa schrieb Ronnie als Tribute an den Trompeter Eddie '<br />
Tan Tan' Thorn<strong>to</strong>n. Der<br />
Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
s<strong>to</strong>tterte und war bei uns im Studio ein bisschen high. Als dann die Bläser aufgenommen<br />
wurden, quatschte er los, kriegte aber nichts raus: '<br />
I g-g-got <strong>to</strong> t-t-tell<br />
ya…' Das ließen wir auf der Aufnahme, aber über die Jahre haben die Techniker<br />
das rausgeschnitten. Das killte die Sache, aber jetzt ist das auf einer der beiden<br />
Versionen wieder vorhanden. Vor kurzem traf ich Thorn<strong>to</strong>n wieder, als ich mit<br />
Billy Bragg in Japan spielte. Eddie wollte stets, dass die Small Faces gesunden<br />
Spinat aßen. Heute tue ich das sogar!"<br />
Vor einigen Jahren hatte McLagan gesagt, selbst in seiner Traumband im Himmel<br />
würde er mit Steve Marriott nicht wieder aufnehmen. Wie klingt ein solcher Satz,<br />
wenn man die Magie dieser Aufnahmen gerade erlebt hat? McLagan lacht: „Steve<br />
war eine wunderbare Person, die man gern um sich hatte, ein Mega-Talent, ein<br />
liebenswerter Typ. Aber er war eben auch ein gewaltiges Energiebündel – niemand<br />
konnte da mithalten. Und am Ende, bevor er starb, war er dann nicht unbedingt die<br />
Person, mit der man abhängen wollte. Als ich ihm zum ersten Mal begegnet war,<br />
umarmte er mich sofort und hob mich vom Boden hoch. Ich konnte es nicht fassen,<br />
was das für ein sagenhafter Kerl war – wundervoll. Steve war fabelhaft!"<br />
Wer "Lazy Sunday" auf HERE COME THE NICE in Referenzqualität hört, mag<br />
kaum glauben, dass die Single 1968 zu Kontroversen in der Band geführt hatte.<br />
<strong>Music</strong> Hall Comedy als Nachfolger des Geniestreichs "Tin Soldier": Wo war das<br />
Problem, in einer Ära, in der die Beatles das Metal-Monster "Helter Skelter" auf<br />
dieselbe Scheibe packten wie den Vaudeville-Streich "Honey Pie"? McLagan erinnert<br />
sich gut: „Während wir vorher immer ins Studio gegangen waren, um ganz<br />
gezielt eine A-Seite für eine Single einzuspielen, arbeiteten wir nun konzentriert<br />
an Tracks für ein Album. Es gab keinen Plan, wo ein solcher Titel am Ende auftauchen<br />
würde. Als Immediate 'Lazy Sunday' dann einfach als Single rausbrachte,<br />
war das für uns ein schlechter Scherz. Klar ist es gut, einen Hit zu landen, aber<br />
so wollten wir unser Image nicht darstellen. Dieses Ding war ein Teil unseres<br />
Sounds, aber der Fokus lag keinesfalls darauf. Andrew Oldham stellte es einfach<br />
in den Mittelpunkt, und von da an war Steve es einfach leid. Einmal stritt ich<br />
mich mit ihm – und als ich am nächsten Tag wiederkam, hatte er bereits Nicky<br />
Hopkins auf 'Wham Bam Thank You Mam' spielen lassen."<br />
Fans der Small Faces fragen sich bis heute – hinterher ist man schlauer –,<br />
ob die Band nicht mit etwas Geduld noch die begonnenen Aufnahmen hätte<br />
vollenden können, aus deren Fragmenten dann THE AUTUMN STONE gebastelt<br />
wurde. „Da gab es noch eine Menge einzuspielen", sagt McLagan heute, „aber<br />
wir hatten einfach kein Geld". So blieben Tracks wie "Collibosher" oder "Wide-<br />
Eyed Girl On The Wall" eben als Instrumentals liegen. „Ich wohnte in einem<br />
spottbilligen Zimmerchen für acht Guinnies – acht Pfund wären heute lächerlich!<br />
Toilette auf halber Strecke, Badezimmer endlos weit, grauenvoll! Fürchterliche<br />
Zeiten, nach und nach verlor ich das Interesse. Ich hatte auch immer mehr komponieren<br />
wollen, das passierte jedoch erst, als wir an OGDENS NUT GONE FLAKE<br />
arbeiteten. Die anderen machten mir immer Mut, wollten aber keine Kooperation.<br />
George Harrison konnte ja auch nie bei Lennon/McCartney reinfunken, doch<br />
am Ende war ich bei Marriott/Lane dabei." So wird etwa "The Hungry Intruder"<br />
dem Trio zugeschrieben, der Titelsong und "Happy Days Toy Town" dem kompletten<br />
Quartett. McLagan: „Peter Framp<strong>to</strong>n mochte dann meinen Song 'Growing<br />
Closer', half mir dabei und sorgte dafür, dass Humb le Pie ihn aufnahmen. Das<br />
machte mich s<strong>to</strong>lz, brachte mich aber bei Kenney in ein schiefes Licht."<br />
Wie groß ist der Einfluss der Small-Faces-Musik auf McLagans Gegenwart?<br />
„Live gehört all das nun der Vergangenheit an. Ich habe ja 'All Or Nothing' gebracht<br />
und auch 'Watcha Gonna Do 'Bout It', aber 'Tin Soldier' und 'Afterglow'<br />
haben wir dann doch gelassen. Ich bin ein unablässig komponierender Musiker,<br />
möchte nicht zurückschauen. Ich will auch nicht aufhören. Ich liebe alles, was<br />
ich mache."
... und rennt und<br />
rennt und rennt<br />
Spencer Davis<br />
Anfang der 2010er Jahre<br />
Die Mitglieder der Spencer Davis Group<br />
Mitte der 60er Jahre (v.l. oben im Uhrzeigersinn):<br />
Muff Winwood, Pete York,<br />
Steve Winwood und Spencer Davis<br />
M<br />
ir geht's gut, und ich<br />
trete am 16. August in der<br />
„ Schweiz beim Tenero <strong>Music</strong><br />
Nights Festival auf. Sehen wir uns dort?!"<br />
Locker grüßte Spencer Davis am 28. Juni auf seiner Facebook-Seite. Endlich mal<br />
eine gute Nachricht nach schweren Jahren, die der gebürtige Waliser durchmachen<br />
musste, der seit 1970 in Kalifornien lebt. Über drei Jahre lang ging es der Rocklegende<br />
mehr als schlecht: Er hatte sich bei einer Operation einen Krankenhauskeim<br />
eingefangen, der nicht kuriert werden konnte. Erst eine neue Therapie in New York<br />
brachte ihn zuletzt so weit auf die Beine, dass er wieder an Konzerte denken kann<br />
– und den Anfang soll der Gig in der Schweiz machen, vier Wochen nach Davis'<br />
75. Geburtstag am 17. Juli. „Eddie Hardin und ich können leider aus terminlichen<br />
Gründen nicht dabei sein, aber ich hoffe, dass wir bald wieder mit Spencer spielen<br />
können", sagte Pete York im <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Gespräch. Schließlich gibt's was zu feiern:<br />
das 50-jährige Jubiläum der Spencer Davis<br />
Group als Profi-Act – und im nächsten Jahr<br />
jährt es sich zum 50. Mal, dass "Keep On<br />
Running" im UK auf Platz 1 der Charts<br />
stand.<br />
Bei der Jamsession anlässlich des 21. Geburtstags<br />
von Pete York in Nottingham<br />
hatten der Drummer und Davis erstmals<br />
gejammt; wenig später sollte Spencer für einen<br />
Auftritt im Golden Eagle (Birmingham)<br />
eine Band zusammenstellen: die Geburtsstunde<br />
der Spencer Davis Group, denn auch<br />
Stev(i)e Winwood (voc, keys) und dessen<br />
Bruder Muff (b) waren dabei. Im Publikum<br />
saßen u.a. Chris Blackwell (Island Records),<br />
Yardbirds-Manager Giorgio Gomelski und ein A&R-Manager von Decca, die offenbar<br />
schwer beeindruckt waren und Deals anboten. Blackwell machte das Rennen<br />
Spencer Davis, der singende, Gitarrist, Keyboarder und Mundharmonikaspieler, hatte<br />
da schon einige Erfahrungen gesammelt – als Straßenmusiker und in den Londoner<br />
Coffee-Bars, wo er Anfang der 60er Jahre oft live spielte. Nach einem Deutschland-<br />
Ausflug (siehe rechts) verschlug es Davis an die Universität in Birmingham, wo er<br />
York kennen lernte – beide mischten im <strong>Music</strong> Club der Uni mit und freundeten sich<br />
an. Und sie begleiteten US-Blueser wie Memphis Slim, Champion Jack Dupree und<br />
Sonnyboy Williamson, wenn die im UK <strong>to</strong>urten. Es folgte die Hoch-Zeit der Spencer<br />
Davis Group: Sie räumte mit Hits wie "Keep On Running", "Gimme Some Lovin'",<br />
"Somebody Help Me" und "I'm A Man" ab, ehe sie sich 1969 erstmals auflöste.<br />
Die Spencer Davis Group 2009<br />
beim "<br />
Beat Beat Beat Festival" in Offenbach.<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
„Ich habe in den 70er Jahren eine Pause gemacht, ein paar Soloplatten auf-<br />
genommen, mehr in Richtung Jazz, die aber unter dem Radar blieben. Schwer-<br />
punktmäßig arbeitete t ich damals bei diversen Schallplattenfirmen als A&R-Manager,<br />
Scout und Berater der Musiker. Unter anderem war ich vier Jahre bei Chris Blackwells<br />
Label Island Records, wo ich Robert Palmer und Bob Marley gefördert habe. In den<br />
80er Jahren habe ich mich dann wieder mehr auf die Musik konzentriert und ab<br />
1984 erneut Platten gemacht", blickte Davis vor einigen Jahren im <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Interview zurück.<br />
In aller Welt war Davis unterwegs, doch er macht kein Hehl daraus, sich vor allem<br />
Deutschland besonders verbunden zu fühlen. Einen Teil seines Germanistikstudiums<br />
verbrachte er in West-Berlin an der Freien Universität, er spricht Deutsch, Französisch<br />
und Spanisch. „Deutsch geht fast fließend, nur manchmal fehlen mir ein paar<br />
Worte – verstehen kann ich aber alles. Damals habe ich eine wunderschöne Zeit in<br />
Deutschland verbracht. Es ist für mich fast eine zweite Heimat<br />
geworden, und es wurde noch viel interessanter, als die Mauer<br />
fiel – wir hatten ja viele Fans in der DDR, die uns nicht live<br />
sehen konnten." Und dann wäre da ja noch eine ganz spezielle<br />
Erinnerung an Deutschland: Die Spencer Davis Group<br />
nahm ein Zwei-Song-Medley auf Deutsch auf, "Det war in<br />
Schöneberg"/"Mädel, ruck-ruck-ruck". „Ich habe in Schöneberg<br />
gelebt, und Producer Siggi Loch wollte das unbedingt<br />
mit uns machen", erinnerte sich Davis, der mit acht Jahren<br />
begonnen hatte, Mundharmonika zu spielen und wenig später<br />
auch zur Gitarre griff.<br />
Die Band war 1969 erstmals auseinandergebrochen, hatte sich<br />
vier Jahre später mit Davis, Hardin, York, Ray Fenwick (g) und<br />
Charlie McCracken (b) reformiert, allerdings auch nur für kurze<br />
Zeit. Erst seit Mitte der 80er Jahre kehrte der Bandleader<br />
dauerhaft zurück. „Natürlich wollen die Leute noch immer<br />
die alten Nummern hören, und es wäre eine schlechte Idee,<br />
auf sie zu verzichten. Sie sind nach wie vor immens populär, wurden im Lauf der<br />
Jahrzehnte oft gecovert und häufig in Filmsoundtracks verwendet. Ich habe jedenfalls<br />
kein Problem damit, sie heute noch live zu spielen!" Davis empfindet "Keep On<br />
Running" darum als eine Art Lebensmot<strong>to</strong>, genau wie "I Can't Stand Still", das er<br />
2008 als Single veröffentlicht hat – zwei Jahre nach dem Erscheinen seines bislang<br />
letzten Albums SO FAR.<br />
Da war er noch viel live unterwegs, unterhielt dafür zwei SDG-Besetzungen: In den<br />
USA spielte er mit Edward Tree (g), Taras Prodaniuk (b), Jim Blazer (p) und Tom<br />
Fillman (dr); in Europa drückte sein alter Kumpel Eddie Hardin die Tasten, Miller<br />
Anderson spielte Leadgitarre, Colin Hodgkinson Bass, Steff Porzel trommelte.<br />
Philipp Roser
t<br />
DIONVon Philipp Roser<br />
Wanderer in<br />
der Blues-Welt<br />
Er wurde (neben Bob Dylan) als einziger<br />
amerikanischer Musiker von den Beatles<br />
auf dem Cover von SGT. PEPPER verewigt. Er<br />
ist Ehrendok<strong>to</strong>r der Fordham University seiner<br />
Heimatstadt New York. Er wurde bereits 1989<br />
in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen<br />
und von seinem New Yorker Kumpel<br />
Lou Reed mit einer Laudatio bedacht. Und<br />
er schuf mit "The Wanderer" einen bis heute<br />
Fast ein wenig scheu<br />
gern gehörten und oft gecoverten Evergreen:<br />
blickte Dion in jungen<br />
Dion Francis DiMucci, der am 18. Juli seinen Jahren drein ...<br />
75. Geburtstag feierte, aber noch lange nicht<br />
ans Kürzertreten denkt. Im Gegenteil: Der Sänger, der<br />
seine Karriere um 1957 mit den Belmonts begann, arbeitet<br />
aktuell an einem neuen Album, unter anderem<br />
mit Hilfe des Bluesgitarristen Jimmy Vivino.<br />
Für Dion, den Mann mit der Baskenmütze, hat sich<br />
in den letzten Jahren ein Kreis geschlossen. Der<br />
se fo<strong>to</strong><br />
© Presse<br />
Sänger war in der Ära vor der<br />
British Invasion mit einem Mix<br />
aus Doo-Wop, R&B, Rock'n'Roll<br />
und Pop einer der erfolgreichsten<br />
Akteure überhaupt und landete<br />
ein Dutzend Top-40-Hits<br />
(darunter "The Wanderer" und<br />
"Runaround Sue", das er 1961<br />
mitkomponiert hatte). Doch begonnen<br />
hatte er ursprünglich<br />
mit Blues. „Das ist die Musik,<br />
die mir am nächsten ist, und<br />
meine letzten Alben BRONX IN BLUE (2006), SON<br />
OF SKIP JAMES (2007) und TANK FULL OF BLUES<br />
(2011) waren echte Herzensangelegenheiten",<br />
sagte Dion im <strong>GoodTimes</strong>-Interview. „Als Kind<br />
habe ich viel Jimmy Reed und Hank Williams gehört.<br />
Später kam ich dann mit Mort Shuman und<br />
Doc Pomus zusammen, und der Doc als großer<br />
Bluesfan hat mir weitere tiefe Einblicke in diese<br />
Musik vermittelt."<br />
Auf eine bewegte Karriere kann Dion DiMucci heute<br />
zurückblicken. Er war ganz oben, durchschritt<br />
aber auch Strecken der Erfolglosigkeit. Er zog sich<br />
aus der kommerziellen Welt zurück, war in den<br />
80er Jahren vor allem in der christlichen Musikszene<br />
unterwegs. In den 90er Jahren kam er zurück,<br />
<strong>to</strong>bte sich u.a. mit Scott Kempner (Del-Lords) und<br />
Mike Mesaros (Smi<strong>the</strong>reens) in der Combo Little<br />
Kings rock'n'rollig aus. Sei<strong>the</strong>r ist Dion wieder regelmäßig<br />
live und mit Studioproduktionen aktiv.<br />
Dass der 75-Jährige sehr bewusst in der Gegenwart<br />
lebt, ohne dabei die Vergangenheit zu vergessen,<br />
beweist er auf seiner Facebook-Seite: Er vermeldet<br />
dort Neuigkeiten ebenso zuverlässig, wie er Raritäten<br />
aus der Vergangenheit präsentiert.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Dion DiMucci<br />
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“TREMENDOUS FUN. EVERY PRECIOUS SECOND OF IT” – THE SUNDAY TIMES<br />
OUT<br />
NOW
Das trübe Geschäft mit<br />
schwarzen Musikern<br />
Dunkles<br />
Kapitel<br />
Sänger aus Schwarzen-Ghet<strong>to</strong>s scheffelten Dollars, sobald sie einen Hit hatten.<br />
Das ist die verbreitete Meinung. Die Wirklichkeit: Berühmte Interpreten<br />
verbrachten ein Leben in Armut, während die Bosse und Manager ihrer Plattenlabels<br />
den Reibach machten. Erst seit kurzem haben die Musiker eine Chance<br />
der Kompensation.<br />
Detroit, einst reich und wegen seiner Au<strong>to</strong>-Industrie „Mo(<strong>to</strong>r)<strong>to</strong>wn" <strong>to</strong>wn"<br />
genannt, ist pleite. Einer der armen Bürger in der Stadt ist Barrett<br />
Strong (73), der dort in einem Heim lebt. Als er 18 war, lag eine<br />
fantastische Zukunft vor ihm. Er hatte den ersten Hit des<br />
Mo<strong>to</strong>wn-Labels geschrieben, gesungen und bei der Aufnahme Klavier<br />
gespielt: "Money (That's What I Want)". Und Kohle war von da<br />
an kein Problem mehr für Berry Gordy, den Chef<br />
der Detroiter Plattenfirma. Der Song wurde immer<br />
wieder gecovert – von den Beatles, den<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes, Searchers, Jerry Lee Lewis und<br />
vielen anderen. Allerdings floss das Geld am<br />
Komponisten Barrett Strong vorbei – in Gordys<br />
Taschen. Der hatte Strongs Namen aus den Copyright-Unterlagen<br />
löschen lassen und gilt jetzt<br />
neben Janie Bradford als "Money"-Urheber.<br />
Es hilft dem kreativen Songschreiber Strong ("I Heard It Through The<br />
Grapevine", "War", "Papa Was A Rolling S<strong>to</strong>ne", "I Can't Get Next To<br />
Jerry Butler<br />
You") nicht, dass er singt „Now give me money,<br />
that's all I want, a lotta money" – denn um sein<br />
Recht einzuklagen, braucht er Geld, und das ist<br />
immer noch sein Problem. Nicht nur seines. s. Jerry<br />
Butler ("He Will Break Your Heart"), ebenfalls<br />
im Clinch mit der Musikindustrie: „Als wir<br />
Verträge präsentiert bekamen, waren wir doch halbe<br />
Kinder!" So hat auch Richard Berry sein Copyright an<br />
"Louie Louie", einem der meistgecoverten Popsongs,<br />
1959 für 75 Dollar verkauft. Halbwüchsige Sänger,<br />
die es schafften, eine Platte aufzunehmen, ließen sich seit jeher bei Vertragsabschluss<br />
regelmäßig über den Tisch ziehen. Tony Silvester, Ex-Mitglied von<br />
The Main Ingredient, erzählte „Billboard" 2002: „All die Geschichten, wonach<br />
schwarze Musiker mit neuen Au<strong>to</strong>s bezahlt wurden, sind wahr!" Der Film „Cadillac<br />
Records" (2008) über das Chess Label zeigte das plastisch. Von George<br />
McCrae ("Rock Your Baby") ist bekannt, dass er zu Henry S<strong>to</strong>ne ging, dem Chef<br />
seiner Plattenfirma T. K. – Grund: Er wollte endlich für<br />
seinen Disco-Hit bezahlt werden, der sich sechs Millionen<br />
Mal verkauft hatte. S<strong>to</strong>ne tat beleidigt, griff in die Tasche,<br />
zog ein Bündel Dollarscheine heraus und drückte es Mc-<br />
Crae in die Hand. Dann zeigte er dem gerührten Sänger<br />
einen Cadillac vor der Tür: „Der gehört dir, George!" Der<br />
Wagen war geleast.<br />
Eine Million unterschlagen<br />
Diese Methoden betrafen nicht nur schwarze Künstler.<br />
Und es waren nicht nur weiße Bosse, die sich an ihnen<br />
bereicherten. Das Musikbusiness verleitete durch<br />
unübersichtliche Geschäftsmethoden zu Betrügereien<br />
– besonders<br />
wenn unerfahrene Musiker raffinierten<br />
Managern ausgeliefert waren. So erging es Jackie Wilson,<br />
für den Berry Gordy die Monster-Hits "Reet Petite"<br />
und<br />
"Lonely Teardrops" geschrieben hatte. Ein<br />
Verfahren gegen den Brunswick-Labelboss Nat<br />
Tarnopol, der 1975 wegen Betrugsverdachts<br />
vor Gericht stand, ergab: Wilson war rund eine<br />
Million Dollar an Tantiemen für eigene Songs<br />
vorenthalten worden. Der Sänger war aber<br />
nicht in der Lage, das Geld einzuklagen, weil er<br />
nach<br />
einem Herzinfarkt im September 1975 im<br />
Koma lag und 1984 starb. Wie<br />
er konnte auch Mary Wells ("My<br />
Guy") nicht mehr persönlich<br />
davon profitieren, dass 1993<br />
ein Verfahren gegen die Plattenmultis<br />
lief, sie war im Jahr<br />
Mary<br />
Wells<br />
zuvor ges<strong>to</strong>rben.<br />
Jackie<br />
Wilson<br />
Immerhin erlebte Curtis Mayfield (†1999; "People Get Ready") noch die<br />
ersten<br />
vielversprechenden Verhandlungen. Aber auch für ihn kam eine<br />
Abschlagszahlung von 50 Millionen Dollar (!) zu spät, die der New<br />
Yorker Generalstaatsanwalt für die Kläger den großen Labels an nicht<br />
Barrett<br />
Strong<br />
bezahlten Tantiemen abtrotzte. Es schien Methode zu haben, dass<br />
die Chefs der Plattenfirmen mit einer Armada von Anwälten auf<br />
Curtis<br />
Zeit spielten – die Lebenserwartung vieler<br />
Mayfield<br />
Musiker lag selten viel höher als 60 Jahre. Da<br />
konnte man durch Verzögerung vermeintlich<br />
viel Geld sparen. Traurigstes Beispiel: Arthur<br />
Crudup, der mit seinen Songs "That's All Right",<br />
"My Baby Left Me" und "So Glad You're Mine"<br />
Elvis Presley die Vorlagen für Welthits lieferte.<br />
Zu Lebzeiten erhielt er drei Schecks – über 9,<br />
12 und 18 Dollar. Arthur<br />
Einem kostenlos arbeitenden<br />
Anwalt<br />
Crudup<br />
verdankte er es, dass der Musikverlag Hill And Range<br />
(Verwalter der Elvis-Titel) überhaupt bereit war, über<br />
einen Ausgleich mit sich reden zu lassen. Schließlich<br />
konnte sich der mittellose Crudup mit seiner Familie<br />
aus Virginia auf den Weg nach New York machen, um<br />
einen Scheck über 60.000 Dollar entgegenzunehmen. Vor Ort erhielt er aber die<br />
Seite 26 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
utale Information, man habe es sich anders überlegt,<br />
vor Gericht würde ihm weniger zugesprochen.<br />
Crudup fuhr ohne einen Penny zurück nach Virginia,<br />
wo er verarmt starb. Pech für Hill And Range – inzwischen<br />
im Besitz von Chappell <strong>Music</strong> –, dass Crudups<br />
Anwalt dann tatsächlich Richter entscheiden ließ.<br />
Nach und nach erhielten die Erben über drei Millionen<br />
Dollar als Nachzahlung.<br />
Bei Frankie Lymon (†1968 mit 25 Jahren; Heroin) war dagegen nicht klar, wer ein<br />
Anrecht auf entgangene Tantiemen haben würde. Lymon hatte den Hit "Why<br />
Do Fools Fall In Love" mit anderen aus seiner Gruppe<br />
The Teenagers komponiert, war<br />
dann aber gezwungen, n, sich<br />
die Au<strong>to</strong>renschaft mit<br />
seinem Produzenten<br />
George Goldner zu<br />
teilen. Der wiederum<br />
Frankie Lymon<br />
verkaufte den Vertrag<br />
an den Mafiakumpel und Labelchef Morris<br />
Levy. Frankie und die Band wurden verhökert<br />
– ohne<br />
Aussicht auf<br />
Bezahlung. Als<br />
Lymons Witwe das<br />
ihrem Ex zustehende Geld einklagte, stellte<br />
sich heraus, dass sie nicht die einzige Ehefrau<br />
gewesen war. Schließlich erhielt eine andere,<br />
Mrs. Lymon Nr. 3, die Abfindung. Levy durfte<br />
seinen Teil behalten, die restlichen Musiker<br />
gingen leer aus. Aber nicht nur zwielichtige<br />
Gestalten wie Levy vergriffen sich an den<br />
Rechten schwarzer Au<strong>to</strong>ren. Auch die Rolling<br />
S<strong>to</strong>nes, glühende Verehrer der US-Bluesszene,<br />
gaben den Song "Prodigal Son" 1968 auf ih-<br />
Robert T. Wilkins<br />
rer LP BEGGARS BANQUET als Eigenwerk aus. Nach einem Prozess mussten<br />
sie den wahren Au<strong>to</strong>r Robert T. Wilkins auf Neuveröffentlichungen nennen. Dem<br />
Beale-Street-Bluessänger wurde ein Ausgleich gezahlt.<br />
Die Künstler hatten keine Ahnung<br />
„Rock'n'Roll hatte anfangs naive Züge", erläutert der Promoter Richard Nader<br />
die Situation. „Die Platten wurden oft in einer halben Stunde in irgendeinem<br />
Keller aufgenommen, die Künstler hatten keine Ahnung von Tantiemen." Und<br />
Joey Dee<br />
viele Teenager wie Frankie Lymon verzichteten<br />
unwissentlich<br />
auf<br />
ihre Rechte.<br />
Um Betroffenen<br />
zu helfen<br />
gründete<br />
Joey Dee ("Peppermint Twist", "Ya Ya")<br />
1987 die „Foundation For The Love Of<br />
Rock'n'Roll"; sie musste allerdings nach<br />
einer wechselvollen Geschichte Insolvenz<br />
Irma Thomas<br />
anmelden.<br />
Ein Jahr<br />
später wurde die „Rhythm & Blues Foundation"<br />
aus der Taufe gehoben – unterstützt<br />
von Atlantic Records, das wegen ihrer Geschäftspolitik<br />
Grund zur Wiedergutmachung<br />
hatte. Heute besteht eine Partnerschaft mit<br />
Kenny Gamble<br />
(Gamble &<br />
John Lee Hooker<br />
Huff,<br />
Philadelphia<br />
International<br />
Records), der<br />
ebenfalls seinen<br />
Künstlern Geld vorenthalten hatte. Andere<br />
Plattenfirmen wie EMI wurden selbst tä-<br />
Ella<br />
Fitzgerald<br />
tig: Die Firma verdoppelte 1992 für Interpreten des<br />
Backkatalogs von Labels wie Imperial, Aladdin, Blue<br />
Note u.a. die Tantiemen von fünf auf zehn Prozent<br />
(ein Dollar pro LP). Außerdem wurden ihnen Schulden<br />
aus Produktionskosten und Vorauszahlungen<br />
erlassen. Nutznießer u.a.: Fats Domino, Irma Thomas, John<br />
Lee Hooker, Ella Fitzgerald. g<br />
Selbst solch ein bescheidener Obulus<br />
blieb Sam Moore ("Hold On, I'm Comin'")<br />
verwehrt. Der „Soul Man" hatte im<br />
Duo Sam & Dave von 1965 bis 1992<br />
Platten für Atlantic Records aufgenommen<br />
– im Vertrauen darauf, dass<br />
mit den Einnahmen Rücklagen als Altersversorgung<br />
gebildet würden. Seine<br />
Ehefrau und Managerin Joyce Moore:<br />
„Sam wurde mitgeteilt, seine Pension<br />
betrage 63,67 Dollar im Monat, dabei<br />
hätten es 8000 Dollar sein müssen.<br />
Atlantic zahlte nicht einen Penny in seine Pensionskasse.<br />
Die Labels berechnen alles nur immer zu ihrem<br />
Vorteil." Moore schloss sich einer Sammelklage an, die<br />
den Klägern 2002 eine Nachzahlung von 8,4 Millionen<br />
Dollar einbrachte. Solche Verfahren erhöhen den Druck<br />
auf die Labels. Universal und Warner haben inzwischen<br />
zugesagt, ihre Tantiemenberechnung transparenter zu<br />
gestalten und alte Fälle zu überprüfen. Außerdem hat<br />
Sam Moore<br />
die US-Regierung die Situation der Künstler mit Copyright-Regelungen<br />
verbessert. Jetzt steht im Gesetz, dass die Musiker für Aufnahmen,<br />
die nach dem 1.1.1978 entstanden,<br />
Ray Charles<br />
auf Herausgabe ihrer Masterbänder klagen<br />
können. Allerdings erst nach 35 Jahren, und<br />
sie müssen die Plattenfirmen zehn Jahre vor<br />
der Klage benachrichtigen. Für Aufnahmen<br />
Sam Cooke<br />
zwischen 1972 und<br />
1978 gilt eine Wartefrist<br />
von 56 Jahren.<br />
Nur wenige Künstler<br />
hatten sich die<br />
Rechte an Masterbändern vertraglich zusichern<br />
lassen. Als der Vertrag von Fats Domino mit Imperial<br />
Records 1962 auslief,<br />
handelte er das mit ABC Records aus. Jetzt kann<br />
er über "Red Sails In The Sunset" oder "Heartbreak<br />
Hill" für Neuauflagen selbst entscheiden.<br />
Ähnlich klug schlossen auch Sam Cooke, Ray Charles,<br />
Quincy Jones, Lamont Dozier, Lu<strong>the</strong>r Vandross, Aretha<br />
Franklin und Al Jarreau<br />
neue Vereinbarungen<br />
ab. Andere<br />
– oder ihre Erben –<br />
können nun seit letztem t Jahr erstmals vor Gericht<br />
gehen – in der Hoffnung, Besitzer ihrer eigenen<br />
Aufnahmen zu<br />
werden. Roberta<br />
Flack und<br />
die Erben von<br />
James<br />
Brown<br />
haben diesen<br />
Schritt unternommen.<br />
Und<br />
Aretha Franklin<br />
ein Urteil gibt es auch schon: Vic<strong>to</strong>r Willis,<br />
der schwarze „Polizist" der Village People,<br />
schaffte es 2013, sich als Mitau<strong>to</strong>r des Millionenhits<br />
"YMCA" (1978) das Masterband zu<br />
sichern. Allerdings ist das Urteil noch nicht<br />
rechtskräftig.<br />
Rüdiger Bloemeke Village People<br />
Fo<strong>to</strong>: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 27
Gregg Allman<br />
Mit der Allman Bro<strong>the</strong>rs Band hat Gregg Allman, der Hammondorgler<br />
mit der schwarzen Röhre, in den letzten Jahrzehnten die (Sou<strong>the</strong>rn-)Rockszene<br />
aufgemischt. Zuletzt hatte der 66-Jährige, der sich<br />
2010 einer Lebertransplantation unterziehen musste, wiederholt<br />
gesundheitliche Probleme. Das hinderte ihn aber nicht, mit vielen<br />
Gästen das Live-Album ALL MY FRIENDS einzuspielen und <strong>GoodTimes</strong> Näheres darüber zu berichten.<br />
Antworten zur Zukunft der Allman Bro<strong>the</strong>rs nach dem anstehenden Abschied von Warren Haynes und<br />
Derek Trucks blieb er allerdings schuldig. Immerhin: Es soll irgendwie weitergehen.<br />
Lebendig & bewegend<br />
Fo<strong>to</strong>: © Universal <strong>Music</strong><br />
Gregg, was macht die Gesundheit?<br />
Okay, danke der Nachfrage. Ich habe mir vor einigen<br />
Monaten das Handgelenk gebrochen, was mich<br />
zurückwarf. Ansonsten geht es mir – abgesehen von<br />
gelegentlichen Zipperlein – gut. Ich will wieder live<br />
spielen.<br />
Wie kam es zu der „All My Friends”-Tribute-Show?<br />
Das war eine Idee meines Managers Michael Lehman,<br />
der lange davon gesprochen hatte und den Ball im<br />
letzten Herbst ins Rollen brachte. Was an dem Abend<br />
abging, hat mir unglaublich viel Spaß bereitet! Die<br />
Auswahl der Beteiligten war eine Gemeinschaftsarbeit,<br />
die sich wie ein Puzzle entwickelte. Ich muss<br />
Don Was viel Respekt zollen, der das Ganze als musikalischer<br />
Leiter organisierte und steuerte, ebenso<br />
der Basisband mit Jack Pearson, Chuck Leavell und<br />
Kenny Aronoff – großartige Musiker!<br />
Die DVD hat bewegende Momente, etwa wenn du<br />
mit Jackson Browne "Melissa” spielst …<br />
Oh Mann, ich weiß noch genau, was mir da durch<br />
den Kopf ging! Als ich zu Jackson rüberblickte, hatte<br />
er eine dicke Träne im Auge! Ich musste wegschauen,<br />
sonst hätte ich selbst losgeheult.<br />
Es waren so viele Leute dabei: John Hiatt, Taj<br />
Mahal, Jackson Browne, Derek Trucks, Warren<br />
Haynes, Dr. John, Sam Moore, Keb‘ Mo‘, Countrystars<br />
– ein Abbild deiner Karriere …<br />
Kann man so sagen. Ich könnte nicht s<strong>to</strong>lzer sein,<br />
meine Songs von solchen Größen interpretiert zu erleben!<br />
Die gesamte Show war ein einziges Highlight,<br />
aber es gab schon einige ganz spezielle Momente –<br />
wie halt der mit Jackson. Sam Moore verpasste mir<br />
mit "Please Call Home” Gänsehaut, Taj Mahal mit<br />
dem "Statesboro Blues” − und Dr. John ist ebenfalls<br />
einzigartig.<br />
Du hast kurz darauf ein Live-Album mit der Gregg<br />
Allman Band aufgenommen ...<br />
Das haben wir im Grand Opera House in Macon,<br />
Georgia, mitgeschnitten – ebenfalls ein <strong>to</strong>ller Abend.<br />
Es wird wohl 2015 erscheinen.<br />
Philipp Roser<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n<br />
Fo<strong>to</strong>: © Martin Crop<br />
16 Songs – ein Denkmal für J.J. Cale<br />
Zwei seiner größten Hits – "After Midnight",<br />
"Cocaine" – verdankt Eric Clap<strong>to</strong>n einem Kollegen.<br />
Den verehrte er zunächst aus der Distanz,<br />
um dann gleich mehrfach mit ihm zu kooperieren<br />
– wie 2006 auf THE ROAD TO ESCONDIDO. Der<br />
US-Singer/Songwriter (und als Gitarrist unnachahmliche)<br />
J.J. Cale war für „EC" stets ein Orientierungspunkt.<br />
Mit dem 16-Song-Album THE BREEZE: AN<br />
APPRECIATON OF J.J. CALE setzt Clap<strong>to</strong>n nun dem<br />
Mann ein Denkmal, der am 26. Juli 2013 im Alter<br />
von 74 Jahren einem Herzinfarkt erlag.<br />
Der gemeinsame Freund Delaney Bramlett (†2008)<br />
hatte Clap<strong>to</strong>n einst auf Cales "After Midnight" aufmerksam<br />
gemacht, das der Brite dann 1970 für sein<br />
Solodebüt übernahm. Im April<br />
1976 war Clap<strong>to</strong>n Gast bei Cales<br />
Gig im Londoner Hammersmith<br />
Odeon, erzählte ihm aber wohl<br />
noch nicht, dass er für SLOWHAND<br />
dessen Vorlage "Cocaine" neu interpretieren<br />
würde. Cale, der auf<br />
materielle Dinge stets wenig Wert<br />
legte, dürfte sich aber dennoch<br />
gefreut haben: Der Song wurde zwar erst 1980 in<br />
einer Liveversion als Single ausgekoppelt, doch dauerhaftes<br />
Airplay bescherte reichlich Tantiemen; sie<br />
halfen Cale, seine Unabhängigkeit zu wahren, wie er<br />
vor Jahren im <strong>GoodTimes</strong>-Interview offen einräumte.<br />
„Ich wollte dafür sorgen, dass noch mehr Menschen<br />
das Werk von J.J. Cale kennen lernen", erklärt Clap<strong>to</strong>n<br />
zur Veröffentlichung von THE BREEZE. „Ich bin<br />
aber nur der Katalysa<strong>to</strong>r, der Überbringer, wenn man<br />
so will – ich war schon immer der Meinung, dass das<br />
meine eigentliche Mission ist. Ich versuche, Dinge so<br />
zu interpretieren, dass mein Publikum darauf aufmerksam<br />
wird. Und auf diese Weise vielleicht Lust<br />
bekommt, mehr darüber zu erfahren, woher ich das<br />
eigentlich habe."<br />
Diese Einstellung teilt der 69-Jährige mit vielen Kollegen,<br />
ebenso wie die Wertschätzung für J.J. Cale.<br />
Nicht nur Lynyrd Skynyrd, die den Titelsong einst<br />
in eine superbe Sou<strong>the</strong>rn-Rocknummer verwandelten.<br />
Die Liste der Cover-Versionen ist endlos.<br />
Für THE BREEZE hat Clap<strong>to</strong>n reichlich Gäste<br />
dazugeholt, um mit ihnen die stilistisch so<br />
breit gefächerten Cale-Vorlagen zu präsentieren:<br />
Tom Petty, Mark Knopfler, John Mayer,<br />
Willie Nelson, Don White und Christine Lakeland<br />
waren singend (und teilweise an der Gitarre)<br />
dabei; auch Derek Trucks, Albert Lee,<br />
David Lindley, Don Pres<strong>to</strong>n und Doyle Bramhall<br />
II griffen in die Saiten. Das Resultat ist ein angemessener<br />
Nachruf auf einen der ganz Großen, der<br />
zu Lebzeiten nicht die ihm zustehende, angemessene<br />
Würdigung erfuhr.<br />
Philipp Roser<br />
Seite 28 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Gentle Giant<br />
Progressiv? Schubladendenken!"<br />
" Gentle-Giant-Musik war stets verkopft. Verspult.<br />
Vertrackt. Die Takt- und Tempowechsel<br />
erschienen oft abenteuerlich und auch nicht<br />
immer (leicht) nachvollziehbar. Und dennoch: Jede<br />
einzelne Komposition der britischen Formation o löste<br />
sich – früher oder später – in geradezu<br />
orgiastischem Harmoniewohlgefallen<br />
auf.<br />
Die Band wurde stets der Progressive<br />
Rockecke zugeordnet, vermutlich<br />
steht sie sogar für die Hochkultur des<br />
Prog. Und das, obwohl sich die Musiker<br />
nie wirklich in dieser Schublade<br />
fühlten, wie Multi-Instrumentalist<br />
Ray Shulman im Gespräch erklärt.<br />
Der 64-Jährige aus Portsmouth rätselt<br />
nach wie vor, wie es dazu kam, denn: „Diesen Begriff<br />
kannten wir in den 1970ern, also in unserer Hoch-Zeit,<br />
gar nicht! Wir haben lediglich ein paar elektronische Instrumente<br />
mehr eingesetzt als etliche andere neugierige<br />
Bands. Wir wollten wissen, was soundtechnisch möglich<br />
war. Aber ob das nun progressiv' war? Dieses Schubladendenken<br />
hat uns nicht interessiert.”<br />
'<br />
Gentle Giant gingen aus Simon Dupree & The Big<br />
Sound hervor, einem One-Hit-Wonder, das 1967 mit<br />
"Kites” bis auf Platz 9 der UK-Single-Charts kletterte.<br />
Die Combo ins Leben gerufen hatten die drei Shulman-<br />
Brüder Derek, Phil und Ray Shulman, sämtlich mit unterschiedlichsten<br />
Instrumenten vertraut. „Weil wir nur<br />
einen wirklichen Hit landen konnten und darüber hinaus<br />
gern unsere vielfältigen musikalischen Talente ins<br />
Spiel bringen wollten, entschieden wir uns Ende der<br />
1960er, etwas radikal anderes zu probieren”, erinnert<br />
sich Shulman. „UMMAGUMMA von<br />
Pink Floyd und SGT. PEPPER’S von<br />
den Beatles hatten uns nachhaltig<br />
beeindruckt. Diese psychedelischen,<br />
bis dahin ungehörten Klänge waren<br />
in unseren Ohren unglaublich.”<br />
Die Engländer begaben sich in mehrmonatige<br />
Klausur – und kamen mit<br />
einer gewagten, irrwitzigen Mixtur<br />
aus Kammermusik, moderner Klassik,<br />
Jazz, Folk und brachialem Rock<br />
wieder heraus. Fünf Alben lang versuchten sich die<br />
Shulmans nebst talentierten Freunden als Sextett an<br />
der vielleicht komplexesten Rockmusik ihrer Zeit. Doch<br />
der kommerzielle Erfolg wollte sich nicht einstellen,<br />
offenbar zu verschachtelt geriet der Sound. 1973 gab<br />
es einen Bruch innerhalb der Gruppe, auch mit dem<br />
Management kam es zu Problemen. Ein Bandmitglied<br />
schied aus, andere Berater wurden gesucht. In dieser<br />
Zeit entstand THE POWER AND THE GLORY, das<br />
kommerziell bis dahin erfolgreichste Album der Crew,<br />
das es in den US-Charts bis auf Position 78 schaffte.<br />
„Wir haben monatelang intensiv nachgedacht, wohin<br />
die musikalische Reise gehen sollte”, reflektiert Ray<br />
Shulman. „Nachdem wir uns dann auf eine Richtung<br />
geeinigt hatten, kam es uns vor, als würden wir ein<br />
Debütalbum aufnehmen.”<br />
Dabei hatte es gar keine brachiale Runderneuerung<br />
gegeben – THE POWER AND THE GLORY war eine<br />
Fokussierung auf bislang von der Band gewohnte<br />
Töne. Es verbarg sich außerdem ein Konzept dahinter,<br />
in dem es um Macht und Korruption ging. Die LP kam<br />
prächtig an, trotz ihrer gelegentlichen Dissonanz und<br />
Düsternis. „Für unsere Verhältnisse”, sagt Shulman,<br />
„ist diese Platte erfolgreich gewesen. Obwohl uns bewusst<br />
war, dass mehr an Kommerz für uns nicht drin<br />
war. Dafür steckte zu viel Irrsinn in den Klängen.”<br />
Zwischen 1977 und 1980 setzten Gentle Giant auf<br />
schlichtere Harmonien, schielten auf Radiokompatibilität<br />
– und scheiterten. „Schließlich lösten wir uns<br />
auf, denn wir hatten unser Kreativpulver verschossen”,<br />
bekennt Shulman. „Wir werden nie mehr zusammenfinden,<br />
obwohl wir weiterhin Kontakt zueinander halten.<br />
Doch der Gentle-Giant-Zug ist abgefahren.” Was<br />
die Band nicht davon abhielt, THE POWER AND THE<br />
GLORY von Porcupine-Tree-Matermind Steven Wilson<br />
anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Albumveröffentlichung<br />
neu abmischen zu lassen. Shulman freut<br />
sich: „Diese Musik ist so ungewöhnlich, die muss man<br />
der Nachwelt einfach immer wieder vorstellen.”<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
100<br />
Seiten<br />
nur 9,80 €<br />
DISCOGRAPHIEN ZU:<br />
Alice Cooper, David Bowie, Cluster, Deep Purple, Eloy, Frijid Pink,<br />
Hawkwind, Jigsaw, Kraftwerk, Udo Lindenberg, Lords, Mud,<br />
Novalis, Pink Floyd, Runaways, Shocking Blue, Slade, String Driven<br />
Thing, Uriah Heep sowie Label-Discographien von CCA (Metronome),<br />
Pilz (BASF) und Ohr (Metronome)<br />
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! REVIEWS<br />
HIGHLIGHTS<br />
CD<br />
RODNEY CROWELL<br />
TARPAPER SKY<br />
Zuletzt hatte Rodney Crowell gemeinsam mit<br />
Emmylou Harris OLD YELLOW MOON<br />
aufgenommen und war mit ihr ausgiebig<br />
ge<strong>to</strong>urt. Dann hatte er Ex-Gattin Rosanne<br />
Cash bei deren jüngster Scheibe THE RIVER<br />
& THE THREAD unterstützt. Erst danach<br />
fand er Zeit, den Nachfolger für sein letztes<br />
eigenes Werk SEX AND GASOLINE von<br />
2008 einzuspielen. Und mit TARPAPER<br />
SKY zeigt der bald 64-Jährige (*7.8.1950)<br />
sich mehr denn je von einer persönlichen<br />
Seite, wenn Kindheitserinnerungen<br />
hochkommen<br />
lässt, über seine Großeltern<br />
und das Eheleid seiner<br />
Großmutter sinniert<br />
(“Grandma Loved That<br />
Old Man”), seiner vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Mutter ein S<strong>to</strong>ßgebet<br />
gen Himmel sendet<br />
oder im Titelstück über<br />
das Dach der Hütte singt,<br />
in der er einst in Hous<strong>to</strong>n,<br />
Texas, aufwuchs.<br />
Musikalisch lässt sich Crowell in keine<br />
Stilschublade pressen – natürlich ist seine<br />
Country-Affinität nicht zu überhören, natürlich<br />
macht er kein Hehl daraus, dass er sich<br />
ausgesprochen gern in Roots-Rock- oder<br />
Fo<strong>to</strong>: © David McClister<br />
Americana-Gefilden bewegt, aber er lässt<br />
sich zwischendurch auch durch andere Genres<br />
inspirieren. Beispielsweise wenn er in<br />
“Frankie Please” einen flott-beschwingten<br />
rock’n’rolligen Rockabilly heraushaut und<br />
damit aus dem Schaukelstuhl zwingt, in dem<br />
man dieses Album genießen sollte. Woran<br />
ein paar Nummern später das anfangs ebenfalls<br />
reduziert (mit Kontrabass) angestimmte,<br />
dann satt swingende “Jesus Talk To Mama”<br />
(besagtes S<strong>to</strong>ßgebet) mit einem engelsgleichen<br />
Frauenchor<br />
und twangender<br />
E-Gitarre nahtlos<br />
anschließt. Oder<br />
das “Fever On<br />
The Bayou” mit<br />
reichlich Cajun-<br />
Elementen anreichert<br />
und dazu<br />
französische<br />
Phrasen einstreut.<br />
Oder wenn er<br />
herzerweichend,<br />
aber ohne Schmalz sparsamst instrumentiert<br />
balladiert (“God I’m Missing You”).<br />
Crowell, der schon mit elf Jahren als Drummer<br />
in der Band seiner Vaters startete, pflegt<br />
die kurze, knackige und dabei auf den Punkt<br />
kommende Songform. Die Akustikgitarre<br />
liefert in aller Regel die Basis, wird mal<br />
mehr, mal weniger üppig durch weiteres<br />
Instrumentarium ergänzt – die meist dominierende<br />
Sparsamkeit erhöht<br />
den Eindringlichkeitsfak<strong>to</strong>r<br />
der Lieder, die wahrhaft eklektisch<br />
ausgefallen sind.<br />
Fast schon anrührend im<br />
positivsten Sinne ist zum<br />
Abschluss seine inhaltliche<br />
wie klangliche Verbeugung<br />
vor einem meist verkannten<br />
Kollegen und Landsmann<br />
mit “Oh What A Beautiful<br />
World (For John Denver)”.<br />
Dabei kommt der Nashville-Songwriter-Haudegen<br />
fast schon einzigartig entspannt daher,<br />
kann sich auf überaus kompetente Mitstreiter<br />
wie Steuart Smith (g, mand, b, org, harp),<br />
Michael Rhodes (b), John Hobbs (p) und<br />
Eddie Bayers (dr, p) stützen. Dazu hatte er<br />
erstklassige Gäste wie u.a. Jerry Douglas,<br />
Will Kimbrough, Steve Fishell sowie Vince<br />
Gill, Robert Bailey, Ronnie McCoury, Vickie<br />
Hamp<strong>to</strong>n, Pat Buchanan, John Cowan, Mike<br />
Ferris und viele mehr als Chorsänger dabei.<br />
Irgendwie bringt der relaxte Midtempo-Rocker<br />
“Long Journey Home” das Album wun-<br />
derbar auf den Punkt: Crowell ist daheim,<br />
sprich bei sich selbst angekommen – und<br />
dankenswerter Weise lässt er die Musikwelt<br />
bei diesem Abschluss einer langen Reise<br />
teilhaben. Bei der er auch<br />
Reminiszenzen in Richtung<br />
Hot Band wach werden<br />
lässt, in der er einst Emmylou<br />
Harris begleitete. Fazit:<br />
Crowell hat ein zeitloses<br />
Meisterwerk abgeliefert<br />
–<br />
mit nachdenklicher, tröstender,<br />
zugleich aber auch<br />
aufmunternder Wirkung; in<br />
das man ebenso versinken<br />
kann, wie es auch einfach als Berieselung genießbar<br />
ist. Das bereits 2010 begonnene und<br />
nun endlich abgeschlossene Album TARPA-<br />
PER SKY hätte ebenso wie OLD YELLOW<br />
MOON einen Grammy verdient und sollte<br />
den Nashville-Außenseiter Crowell auch als<br />
solo agierender Songschmied und Performer<br />
ins breite öffentliche Bewusstsein rücken.<br />
In seiner Heimat ebenso wie hier zu Lande.<br />
Denn er braucht sich keineswegs hinter Stars<br />
wie Bruce Springsteen und Bob Dylan (oder<br />
Johnny Cash, Willie Nelson und Waylon Jennings<br />
im Country-Lager) verstecken.<br />
(New West/ADA Warner, 2014, 11/42:13) pro<br />
DVD<br />
THE WHO<br />
QUADROPHENIA:<br />
LIVE IN LONDON<br />
BOX<br />
DOLLY PARTON &<br />
PORTER WAGONER<br />
JUST BETWEEN YOU AND ME<br />
Das 1973 erschienene Konzeptalbum QUA-<br />
DROPHENIA nimmt eine Schlüsselposition<br />
im Werk von The Who ein, ist es doch<br />
die Hommage an die Mods der 60er Jahre<br />
schlechthin, zumal diese bis heute zu den<br />
kultigsten Verehrern der Band zählen. Dass<br />
sich die Erstveröffentlichung im letzten Jahr<br />
zum 40. Mal jährte, war der Anlass für die<br />
„Quadrophenia And More<br />
Tour”, auf der die beiden verbliebenen<br />
Originalmitglieder<br />
Pete Townshend und Roger<br />
Daltrey ergänzt um<br />
erstklassige Musiker<br />
das Album in seiner<br />
vollen Länge spielten.<br />
Das Finale am 8. Juli in<br />
der Wembley Arena wurde<br />
glücklicherweise für<br />
eine Box der besonderen en Art<br />
aufgezeichnet. So findet man in einer<br />
Metallbox in Form eines Vespa-GS-Schein-<br />
S werfers samt Prägung des von der Royal Air<br />
Force abgekupferten Mod-Logos das komplette<br />
Konzert auf zwei Blu-ray-Discs, die<br />
Tonaufnahmen des Konzert auf zwei DVDs<br />
und zusätzlich zum ersten Mal einen 5.1 Surround<br />
Sound Mix des Originalalbums. Dazu<br />
gibt’s den für Mods ominösen Who-Sticker,<br />
einen Aufkleber und ein 32-seitiges Beglei<strong>the</strong>ft.<br />
Wem das alles zu viel (oder zu teuer ist),<br />
für den gibt es auch abgespeckte Editionen.<br />
Die Konzertaufnahmen bestechen durch die<br />
gelungene Mischung aus Liveperformance<br />
sowie der eingestreuten Archivmaterialien<br />
von The Who und his<strong>to</strong>rischen Ereignissen.<br />
Selbst die schon vers<strong>to</strong>rbenen Keith Moon<br />
und insbesonde John Entwistle für ein furioses<br />
Basssolo werden aus dem Archiv gezaubert.<br />
Schade ist eigentlich nur, dass die<br />
Kamera fast immer bei den beiden Rest-Who<br />
verweilt und ihre Begleitmusiker zu wenig<br />
die Aufmerksamkeit bekommen, die sie ohne<br />
Zweifel verdient gehabt hätten. Denn die<br />
Genialität von QUADROPHENIA kommt<br />
natürlich gerade erst durch<br />
die fast schon<br />
orchestrale Opulenz zum Tragen, die zwei<br />
Musiker allein nicht<br />
abfangen können.<br />
Musikalische<br />
Höhepunkte der<br />
sich insgesamt<br />
nah am „Quadrophenia-Ori-<br />
ginal” haltenden Interpretationen sind “I’ve<br />
Had Enough”, “Bell Boy”, “Doc<strong>to</strong>r Jimmy”<br />
und das Grand Finale “Love Reign O’er<br />
Me”. Geschmack beweisen The Who letztlich<br />
auch dadurch, dass sie auf ihr Magnum<br />
Opus die gut gewählten Klassiker “Pinball<br />
Wizard”, “Who Are You”, “You Better You<br />
Bet”, “Baba O’Riley” und “Won’t Get Fooled<br />
Again” folgen lassen, die stilistisch sehr gut<br />
zu QUADROPHENIA passen – im Gegensatz<br />
zu früheren Reißern wie “My Generation”,<br />
“I Can’t Explain” oder “Substitute”.<br />
(Yearhour Limited/Universal,<br />
2014, 2x Blu-ray Video, 126 Min.,<br />
2x DVD, 126 Min., 1x Blu-ray Audio,<br />
81 Min.) an<br />
Mitte der 50er Jahre war Porter Wagoner<br />
mit Songs wie “What Would You Do (If<br />
Jesus Came To Your House)” oder “Eat<br />
Drink And Be Merry (Tomorrow You’ll<br />
Cry)” schon ein Countrystar, hatte eine<br />
eigene TV-Show, in die er immer wieder<br />
junge, hübsche Damen einlud, mit denen<br />
er dann gemeinsam das eine oder andere<br />
Liedchen trällerte. Eine dieser jungen Damen<br />
war Dolly Par<strong>to</strong>n, und<br />
da sowohl das persönliche<br />
als auch das musikalische<br />
Zusammenspiel so gut<br />
klappte, wurde Wagoner<br />
schnell zum Förderer von<br />
Par<strong>to</strong>ns Karriere. Bald darauf<br />
waren die beiden zum<br />
populärsten Countryduo<br />
Amerikas aufgestiegen,<br />
neben Loretta Lynn und<br />
Conway Twitty sowie Tammy Wynette<br />
und George Jones. Dabei war ihr Erfolgsrezept<br />
ganz einfach: klasse Songs, die<br />
entweder von Par<strong>to</strong>n, Kollegen wie Buck<br />
Owens oder den besten Songschreibern<br />
Nashvilles geschrieben wurden, dazu<br />
hemmungsloser textlicher Kitsch aus der<br />
Feder Wagoners, über zerbrochene Ehen,<br />
in die Brüche gegangene Freundschaften,<br />
aber auch Songs, bei denen das Glück im<br />
seligen Happy End gefunden wird. Auch<br />
Tragödien – in “Party” verbrennen die<br />
Kinder im Haus, während die Eltern auf<br />
einer Party sind – bereicherten das Angebot,<br />
unterlegt mit schluchzenden Geigen,<br />
jammernden Pedalsteels und twangenden<br />
Gitarren. Ein Dutzend LPs nahm das Duo<br />
zwischen 1967 und 1976 auf, die es jetzt<br />
alle auf sechs CDs zusammengefasst auf<br />
JUST BETWEEN YOU AND ME zu hören<br />
gibt. Musik für die Ewigkeit, oder wie<br />
Emmylou Harris in den einleitenden Worten<br />
des Begleitbuches schreibt: „Wenn<br />
es im Himmel einen Radiosender gibt,<br />
dann werden dort Dolly<br />
und Porter auf Dauerrotation<br />
gespielt.” Doch wie<br />
von Bear Family gewohnt,<br />
geben sich die dortigen<br />
Macher mit der besten<br />
Auswahl und der höchsten<br />
musikalischen Qualität<br />
noch lange nicht zufrieden.<br />
Ein 80-seitiges Hardcoverbuch<br />
im LP-Format liefert<br />
eine ausführliche Karriererückschau – von<br />
den ersten gemeinsamen Auftritten bis<br />
zum Auseinandergehen im Streit – von<br />
Alana Nash. Es liefert die (Solo-)Hintergründe<br />
der beiden Protagonisten, herrlich<br />
bebildert, immer wieder durch Zitate und<br />
O-Töne von Zeitzeugen aufgelockert,<br />
sowie die detaillierte Discographie ihrer<br />
kompletten Aufnahmen zwischen 1967<br />
und 1976. Klasse auch die großformatigen<br />
Bilder von ihrem letzten gemeinsamen<br />
Auftritt, als sie sich im Mai 2007 noch<br />
einmal zu einem Versöhnungskonzert in<br />
Nashvilles Grand Ole Opry trafen.<br />
(Bear Family, 2014, 6 CDs) us<br />
W tt i füh li h<br />
Seite 30 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
TOP 5 – Doppelalben<br />
1. Fleetwood Mac – Tusk<br />
2. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />
3. Beatles – The White Album<br />
4. Stephen Stills – Manassas<br />
5. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
Fabian Leibfried<br />
1. Beatles – The White Album<br />
2. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />
3. Pink Floyd – The Wall<br />
4. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />
5. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />
Helmut Ölschlegel<br />
Mitarbeiter<br />
1. LGT – Loksi<br />
2. Impiety – 18 A<strong>to</strong>mic Years<br />
3. Fleetwood Mac – Tusk<br />
4. Type O Negative – Oc<strong>to</strong>ber Rust<br />
5. Prince – <strong>Music</strong> From The Graffi ti Bridge<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />
2. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />
3. Merle Haggard – Same Train, A Different Time<br />
4. Van Morrison – Hymns To The Silence<br />
5. Bob Dylan – Self Portrait<br />
Rüdiger Bloemeke<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Who – Quadrophenia<br />
3. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />
4. Pink Floyd – The Wall<br />
5. Beatles – The White Album<br />
Lothar Brandt<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Kate Bush – Aerial<br />
3. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />
4. Mike Oldfi eld – Incantations<br />
5. Pink Floyd – The Wall<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
1. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />
2. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />
3. Chicago – Chicago Transit Authority<br />
4. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />
5. Stephen Stills – Manassas<br />
Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Who – Quadrophenia<br />
2. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
3. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />
4. Focus – III<br />
5. Beatles – The White Album<br />
Ralf Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Cure – Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me<br />
2. Silly – Alles Rot<br />
3. David Bowie – Next Day<br />
4. Adel Tawil – Lieder<br />
5. Rammstein – Liebe ist für alle da<br />
Christian Hentschel<br />
1. Beatles – The White Album<br />
2. Pink Floyd – The Wall<br />
3. Grant McLennan – Horsebreaker Star<br />
4. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />
5. Fleetwood Mac – Tusk<br />
Tino Krauter<br />
1. Tangerine Dream – Zeit<br />
2. Hawkwind – Electric Teepee<br />
3. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
4. Beatles – The White Album<br />
5. Grobschnitt – Ballermann<br />
Frank Küster<br />
1. Led Zeppelin – Physical Graffi ti<br />
2. Beatles – The White Album<br />
3. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />
4. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />
5. Pink Floyd – The Wall<br />
Philipp Roser<br />
1. Eels – Blinking Lights And O<strong>the</strong>r Revelations<br />
2. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
3. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />
4. Who – Quadrophenia<br />
5. El<strong>to</strong>n John – Goodbye Yellow Brick Road<br />
Oliver Schuh<br />
1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />
2. Beatles – The White Album<br />
3. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />
4. Prince – Sign “O” The Times<br />
5. Red Hot Chili Peppers – Blood Sugar Sex Magik<br />
Frank Schuster<br />
1. Bob Dylan – Blonde On Blonde<br />
2. Johnny Cash – Sings The Ballads Of The True West<br />
3. Bruce Springsteen – The River<br />
4. Mike Oldfi eld – Incantations<br />
5. Godspeed You! Black Emperor – Lift Your Skinny Fists Like Antennas ...<br />
Ulrich Schwartz<br />
1. Spirit – Spirit Of ’76<br />
2. Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland<br />
3. Derek & The Dominos – Layla And O<strong>the</strong>r Assorted Love Songs<br />
4. Fantasyy Fac<strong>to</strong>ryy – Dreams Never Sleep!<br />
5. Out Of Focus – Four Letter Monday Afternoon<br />
Alan Tepper<br />
1. Beatles – The White Album<br />
2. El<strong>to</strong>n John – Goodbye Yellow Brick Road<br />
3. Stephen Stills – Manassas<br />
4. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />
5. Who – Quadrophenia<br />
Uli Twelker<br />
1. Mo<strong>the</strong>rs Of Invention – Uncle Meat<br />
2. Yes – Tales From Topographic Oceans<br />
3. Rolling S<strong>to</strong>nes – Exile On Main Street<br />
4. Joni Mitchell – Don Juans Reckless Daughter<br />
5. Todd Rundgren – Something / Anything?<br />
Thomas Wachter<br />
Chi Coltrane<br />
1. Pink Floyd – The Wall<br />
2. Led Zeppelin – Physical Graffiti<br />
3. Who – Quadrophinia<br />
4. Stevie Wonder – Songs In The Key Of Life<br />
5. Dream Theatre – Six Degrees Of Inner Turbulence<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 31
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CD<br />
REVIEWS<br />
FATS DOMINO<br />
HERE STANDS FATS DOMINO /<br />
LET‘S PLAY FATS DOMINO<br />
Rund um Fats Dominos damaligen Hit<br />
”I’m Walkin’” (und die B-Seite “I’m In<br />
The Mood For Love”) bastelten die Imperial-Verantwortlichen<br />
1958 für HERE<br />
STANDS ... einige der ersten Aufnahmen<br />
überhaupt, die der singende Pianist aus<br />
New Orleans schon 1949 für das Label<br />
eingespielt hatte. Was die wilde Mixtur<br />
aus Boogie, Rock’n’Roll (“She’s My<br />
Baby”), (Slow) Blues, R&B und Balladen<br />
wie “Hide away Blues” erklärt, die mit erstaunlich<br />
frischem Klang darauf zu hören<br />
ist – fast durchgängig Eigenbauten, oft zusammen<br />
mit Dave Bartholomew geschrieben.<br />
Dazu gepackt ist bei diesem Twofer<br />
die ähnlich gestrickte LP LET’S PLAY<br />
... aus dem gleichen Jahr, die ebenfalls<br />
aus diversen Sessions zusammengetragen<br />
wurde. Mit dem Frühhit “Margie”, einem<br />
beschwingten “When The Saints Go Marching<br />
In”, seiner Umarbeitung von “Stagger<br />
Lee” in “Stack & Billy”. Das Ganze<br />
wird noch abgerundet durch ausführliche<br />
neue Liner-Notes und sechs Bonus-Tracks<br />
aus diversen Sessions.<br />
(Hoodoo/inakustik, 1958/1959,<br />
30/69:30) pro<br />
ROY ORBISON<br />
MYSTERY GIRL DELUXE<br />
Ebenso wie Johnny<br />
Cash startete<br />
Roy Orbison kurz<br />
vor seinem Tod<br />
noch einmal zu<br />
einem<br />
künstlerischen<br />
Höhenflug.<br />
Neben seiner Mitgliedschaft bei den<br />
Traveling Wilburys legte er mit MYSTERY<br />
GIRL ein wunderschönes Album vor, das<br />
1989 posthum veröffentlicht wurde. Mit<br />
Produzent T Bone Burnett und Top-Musikern<br />
wie Rick Vi<strong>to</strong>, Jeff Lynne, George Harrison,<br />
Tom Petty, Mike Campbell, Benmont<br />
Tench, Jim Keltner, Steve Cropper, Howie<br />
Epstein und den Memphis Horns war die<br />
ideale Studiobesetzung zusammen, um Orbisons<br />
charakteristische Stimme ins rechte<br />
Licht zu rücken. Songs für die Ewigkeit wie<br />
“You Got It”, “California Blue” und das von<br />
The Edge und Bono geschriebene “She’s A<br />
Mystery To Me”. Für die jetzt veröffentlichte<br />
Deluxe-Ausgabe wurde es um bisher unveröffentlichte<br />
Demos, Alternativversionen<br />
und Outtakes erweitert, dazu gibt es noch<br />
eine DVD mit Livebildern, Interviews und<br />
Videoclips.<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 1989, 19/75:19) us<br />
MORRISSEY<br />
VAUXHALL AND I<br />
Ist das nun Fluch oder Segen, dass man<br />
bei Morrissey immer noch an die Smiths,<br />
eine der wichtigsten Bands der 80er Jahre,<br />
denkt? Und ist das überhaupt berechtigt,<br />
wo sich der Sänger dank zahlreicher<br />
hervorragender Solo-Alben eigentlich von<br />
der Vergangenheit freigeschwommen haben<br />
sollte? Zu den besten gehört sicherlich<br />
VAUXHALL AND I, das nun angesichts<br />
des 20-jährigen Jubiläums als „20th Anniversary<br />
Definitive Master”-Edition gewürdigt<br />
wird. Das neu gemasterte Werk<br />
enthält eine Bonus-CD mit einem bislang<br />
unveröffentlichten Konzertmitschnitt<br />
aus dem Theatre Royal, Drury Lane, von<br />
1995, auf dem Morrissey fünf Lieder<br />
von VAUXHALL AND I, einige Songs<br />
der drei Vorgängeralben, die Single “Boxers”<br />
und eine Cover-Version von “Moon<br />
River” spielt. Die elf Songs des vierten<br />
Morrissey-Albums überstrahlen aber die<br />
Live-Aufnahmen, so in sich geschlossen<br />
auf hohem Niveau hat man den britischen<br />
Künstler danach nicht mehr gehört.<br />
(Parlophone/Warner, 1994, 11/39:46,<br />
2014, 14/52:30) an<br />
MAXIMILLIAN REEG,<br />
STEFFEN LUKAS UND<br />
TOBIAS KÜNZEL<br />
COMEBACK! DAS KARL-MARX-<br />
MUSICAL<br />
Humorvoll<br />
und<br />
schräg widmen sich<br />
Maximilian Reeg,<br />
Steffen Lukas sowie<br />
Prinzen-Sänger<br />
Tobias Künzel der<br />
Finanzkrise. Eine<br />
britische Bank in der Pleite – schuld daran<br />
ist laut deren Berater Karl Marx, der<br />
diese Krise einst voraussagte – führt dazu,<br />
dass auf dem Londoner Highgate-Friedhof<br />
statt Marx’ Geist der des jungen mittellosen<br />
Musikers Marc S. erweckt wird.<br />
Natürlich braucht es einige Zeit, bis klar<br />
wird, dass Marc S. nicht Marx ist, natürlich<br />
hat sich der Protagonist längst in die<br />
Tochter des Bankchefs verliebt, natürlich<br />
nimmt die S<strong>to</strong>ry von Geld und Gier einen<br />
ganz anderen als den geplanten Verlauf.<br />
Zwischen Schlager, Chanson und Glam-<br />
Rock (“Koks und Schnaps und Schnecken”)<br />
wechselt die <strong>Music</strong>al-Popmusik,<br />
dazu gibt’s ein klasse Booklet mit S<strong>to</strong>ry,<br />
Bildern und allen Texten zum Mitlesen.<br />
Fazit: Wer auch in der Krise seinen Humor<br />
nicht verloren hat, der darf am Ende<br />
lauthals mitsingen: „Es gibt für jeden immer<br />
wieder ein Comeback, davor wegzulaufen<br />
hat keinen Zweck.” Genau! Ach ja,<br />
live gibt es COMEBACK! DAS KARL-<br />
MARX-MUSICAL am Theater Plauen<br />
Zwickau zu erleben.<br />
(Rakete Medien/Rough Trade,<br />
2014, 21/57:53) us<br />
COLDPLAY<br />
GHOST STORIES<br />
Schon das ebenso düstere wie wunderschöne<br />
“Magic”, die erste Single aus dem<br />
neuen Coldplay-Album, bot bei seiner<br />
Vorabveröffentlichung im März dieses<br />
Jahres einen ersten Vorgeschmack auf die<br />
stilistische Ausrichtung des sechsten Studiowerkes<br />
der britischen Band. Seit Mitte<br />
Mai ist GHOST STORIES nun zu haben,<br />
und die Eindrücke haben sich bestätigt.<br />
Viel dieser elektronisch angehauchten,<br />
dunklen Stimmung ist sicherlich dem<br />
neuen Produzenten Paul Epworth zuzuschreiben,<br />
mit Produktionen für Bloc<br />
Party, Maximo Park, Paul McCartney<br />
oder Florence & The Ma chine sowie von<br />
seinen vier Grammys für Adeles Mega-<br />
Erfolg 21 bestens bekannt. Dennoch ist<br />
das Ausgestalten der Songs ja nur eine<br />
Seite der Medaille, ohne gutes Songwriting<br />
hilft das nicht viel. Doch auch in dieser<br />
Hinsicht zeigt das Quartett um Sänger<br />
Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Pop<br />
Chris Martin wieder einmal, warum es<br />
schon so lange so hoch in der Gunst der<br />
Fans steht – und umso besser, wenn das<br />
Endergebnis dann auch noch so <strong>to</strong>ll klingt<br />
wie hier!<br />
(Parlophone/Warner, 2014, 9/42:44) tk<br />
JOE MEEK<br />
LONE RIDER – MAXIMUM POP!<br />
THE 1958–1962 PRODUCTIONS<br />
Eigentlich müsste diese Compilation unter<br />
Various Artists laufen, sind doch Acts von<br />
den Tornados, Cliff Bennett, Screaming<br />
Lord Sutch, Mike Berry, Michael Cox,<br />
Neil Christian & The Crusaders (mit Jimmy<br />
Page), Marty Wilde bis zu The Chaps<br />
dabei, ebenso längst vergessene Akteure<br />
wie Tony Vic<strong>to</strong>r, Charles Blackwell, Iain<br />
Gregory, Geoff Goddard, Don Charles<br />
oder Hous<strong>to</strong>n Wells. Sie alle wurden vom<br />
Soundpionier Joe Meek (1929–1967) produziert.<br />
Digital remastert und mit einem<br />
lesenswerten Booklet gibt es hier eine<br />
spannende Sammlung von UK-Singles<br />
dieser Künstler, die 1958–1962 von Meek<br />
vielfältig und variantenreich produziert<br />
wurden – perfekt, um Wissenslücken in<br />
Sachen Pop-His<strong>to</strong>rie zu füllen. Wer genau<br />
hinhört, kann durchaus nachvollziehen,<br />
warum der „New <strong>Music</strong>al Express” Meek<br />
einst zum „Greatest Producer Ever” (vor<br />
George Martin) kürte.<br />
(Hoodoo/inakustik, 2014, 30/73:14) pro<br />
THE FAMILY DOGG<br />
A WAY OF LIFE – ANTHOLOGY<br />
1967–1976<br />
Werkschau einer der<br />
besten<br />
britischen<br />
Sunshine-Popbands<br />
aller Zeiten, die<br />
von 1966 bis 1972<br />
existierte.<br />
Kern<br />
der Gruppe waren<br />
die auch komponierenden Musiker und<br />
Sänger Albert Hammond (der spätere<br />
Superstar) und Steve Rowland (auch Produzent),<br />
ergänzt um die Sängerin Christine<br />
Holmes, so dass bestechender Harmoniegesang<br />
beinahe zwangsläufig zum<br />
Markenzeichen avancierte. Family Dogg<br />
als eine britische Ausgabe der Mamas<br />
& Papas zu bezeichnen, ist sicher nicht<br />
falsch, und auch Abba schimmerten schon<br />
durch. 1969 erschien das Album A WAY<br />
OF LIFE, dessen Titelsong sich auf Platz<br />
6 der UK-Charts platzieren konnte. Die<br />
Led-Zeppelin-Mitglieder Jimmy Page und<br />
John Paul Jones wirkten auf dieser LP als<br />
Gastmusiker mit. Die Rare-Bird-Komposition<br />
“Sympathy” erreichte im April 1970<br />
Platz 2 in Holland. 1972 erschien das letzte<br />
Album VIEW FROM ROWLAND’S<br />
HEAD, nun mit Ireen Sheer als Sängerin<br />
und Chris Spedding als Gastgitarrist.<br />
Neben den genannten Hits zählen eigenständige<br />
Fassungen von “So Sad” (Everly<br />
Bro<strong>the</strong>rs), “Love Minus Zero/No Limit”<br />
(Bob Dylan), “Save The Life Of My<br />
Child” (Simon & Garfunkel), “Big Yellow<br />
Taxi” (Joni Mitchell) und “In The Ghet<strong>to</strong>”<br />
(Elvis Presley) sowie die Eigenwerke<br />
“Moon shine Mary”, “Rikers Island” und<br />
“Follow The Bouncing Ball” zu den Höhepunkten<br />
der Anthologie.<br />
(RPM/Soulfood, 2014, 27/79:27,<br />
24/78:31) hjg
CD<br />
REVIEWS<br />
TORI AMOS<br />
UNREPENTANT<br />
GERALDINES<br />
Nachdem sie vor zwei Jahren mit GOLD<br />
DUST noch auf ihren umfassenden Backkatalog<br />
zurückgegriffen hatte und orchestrale<br />
Versionen bekannter Kompositionen<br />
vorgelegt hatte, hat Tori Amos nun für UN-<br />
REPENTANT GERALDINES wieder neues<br />
Material komponiert. Wie wenig sie im letzten<br />
Jahr in ihre eigene Karriere investieren<br />
konnte, als sie den Großteil ihrer Zeit für<br />
das zusammen mit dem Londoner National<br />
Theatre entstandene <strong>Music</strong>al „The Light<br />
Princess” aufwendete, ist ihr nach eigenen<br />
Worten erst klargeworden, als sie die Vielfalt<br />
der offenen Themenpunkte realisierte, die<br />
auf Ver<strong>to</strong>nung warteten: Cezannes Blautöne,<br />
eine Radierung des irischen Künstlers Daniel<br />
Maclise, ihr 50. Geburtstag im August<br />
letzten Jahres, Gedanken über Religion, die<br />
Welt und über das Schicksal vieler Frauen,<br />
die sich auf unterschiedliche Art und Weise<br />
gefangen fühlen. Ebenso vielschichtig wie<br />
die Themen hat Tori Amos diese auch umgesetzt;<br />
natürlich verzichtet sie nicht auf die<br />
von ihr bekannten Pianoballaden, zeigt aber<br />
auch mit einem gespenstischen Sou<strong>the</strong>rn<br />
Blues “Trouble’s Lament”, dem verspielten<br />
“Rose Dover” oder dem folkigen “Wedding<br />
Day” ihre Klasse.<br />
(Mercury/Universal, 2014,<br />
14/59:30) tk<br />
BILL HALEY &<br />
HIS COMETS<br />
ROCK AROUND THE CLOCK /<br />
ROCK’N’ROLL STAGE SHOW<br />
Als diese beiden Alben,<br />
die Rock’n’Roll-<br />
Pionier Bill Haley mit<br />
seinen Comets 1955<br />
und 1956 veröffentlichte<br />
und mit denen<br />
er das Genre maßgeblich<br />
popularisierte, i 2007 als Twofer neu<br />
aufgelegt wurden, umfassten sie 25 Songs.<br />
Jetzt sind es dank einiger wichtiger Bonus-<br />
Tracks satte 30 Nummern, die in seligen<br />
R&R-Träumen schwelgen lassen. Sind doch<br />
nahezu alle von Haleys Klassikern dabei,<br />
von “Rock Around The Clock” und “Shake,<br />
Rattle And Roll” über “Razzle Dazzle” bis<br />
zum “Mambo Rock”. Was inzwischen fast<br />
vergessen ist, war – neben dem Ohrwurmcharakter<br />
der Hits – die Solierkunst von<br />
Haleys Leagitarristen Danny Cedrone und<br />
dann Franny Beecher. Es swingt, groovt,<br />
die Blues- und Boogieverwurzelung wird<br />
hörbar. ROCK AROUND war das dritte Album<br />
Haleys (mit teils schon veröffentlichten<br />
Aufnahmen), bescherte ihm den Durchbruch<br />
und hat heute Meilensteincharakter. Der<br />
Nachfolger schloss nahezu nahtlos an – und<br />
das jetzt erhältliche Doppel gehört in jede<br />
Plattensammlung.<br />
(Hoodoo/inakustik, 1955/1956,<br />
30/77:13) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
COLOUR MY WORLD –<br />
THE SONGS OF TONY HATCH<br />
Der britische Komponist,<br />
Produzent,<br />
Orchesterchef<br />
und<br />
Arrangeur Tony Hatch<br />
(*1939) hatte seine<br />
goldene Zeit in den<br />
Sixties, als er speziell<br />
Petula Clark mit einer satten Serie brillanter<br />
Hits versorgte, von denen hier “Down<strong>to</strong>wn”,<br />
“Colour My World” und “A Sign Of The<br />
Times” dabei sind. Der Clark-Erfolg “You’re<br />
The One” kommt in sehr guter Version von<br />
der US-Band The Vogues und “I Know A<br />
Place” von Sarah Vaughan. Weitere Top-Acts<br />
sind Scott Walker (“Joanna”), Chris Montez<br />
(“Call Me”), Bobby Rydell (“Forget Him”)<br />
und Connie Francis (“Love Is Me, Love Is<br />
You”). Hatchs größter Trumpf war sein offensives<br />
Gespür für hemmungslosen Pop. Aber<br />
auch moderater Beat floss aus seiner Feder.<br />
Die Searchers machten “Sugar And Spice”<br />
zum Superhit, und auch The Montanas (“A<br />
Step In The Right Direction”) und die US-<br />
„Nuggets”-Band The Remains (“Heart”) griffen<br />
zu. Einen großen Teil all des guten S<strong>to</strong>ffes<br />
schrieb Hatch mit seiner damaligen Ehefrau<br />
Jackie Trent, die auch selbst sang und hier mit<br />
ihrem 1965er Top-Hit (UK #1) “Where Are<br />
You Now” und “7.10 From Suburbia” vertreten<br />
ist. Abgerundet wird die gelungene Kollektion<br />
durch drei Instrumentals von Hatch-<br />
Orchestern und ausführlichste Liner-Notes<br />
im 32-seitigen Booklet.<br />
(Ace/Soulfood, 2014, 25/67:22) hjg<br />
HELGE SCHNEIDER<br />
LIVE AT THE GRUGAHALLE –<br />
20 JAHRE KATZEKLO<br />
(EVOLUTION)<br />
Wer das Phänomen<br />
Helge Schneider verstehen<br />
will, der muss<br />
ihn live gesehen haben<br />
oder aber sich<br />
diese Doppel-CD zu<br />
Gemüte führen. Denn<br />
was Schneider auf LIVE AT THE GRU-<br />
GAHALLE bietet, zeigt eindrucksvoll warum<br />
er sein Metier so gut beherrscht. Wer<br />
Schneiders Jazzalbum kennt, der weiß um<br />
seine musikalischen Qualitäten. Die Kunst<br />
ist es ja, Lieder wie “Katzeklo” oder “Es<br />
gibt Reis, Baby” so belanglos, so dilettantisch<br />
wie irgendwie möglich klingen<br />
zu lassen. Wie schwer dies ist, zeigen die<br />
Versuche zahlloser Nachahmer, von denen<br />
kein einziger auch nur annähernd an „die<br />
singende Herren<strong>to</strong>rte aus Mülheim” herankommt.<br />
Vielleicht auch deshalb, weil<br />
Schneiders Programm alles andere als<br />
durchgeplant daherkommt, immer wieder<br />
wird improvisiert, werden die Reaktionen<br />
des Publikums mit in die Show eingebunden.<br />
Und wenn es darauf ankommt, wenn er<br />
sich Standards wie “Mr. Bojangles”, “Mood<br />
Indigo” oder “Feliz Navidad” vornimmt,<br />
dann lässt er (zusammen mit seiner ausgezeichneten<br />
Band) zumindest in Auszügen<br />
sein musikalisches Können aufblitzen.<br />
(Polydor/Universal, 2014,<br />
20/55:59, 21/78:04) us<br />
MIDGE URE<br />
FRAGILE<br />
13 Jahre lang hat sich Ultravox-Frontmann<br />
Midge Ure Zeit gelassen, um ein neues<br />
Studio-Album herauszubringen. Und es<br />
wäre gelogen zu behaupten, dass es beim<br />
Pop<br />
ersten Hördurchgang begeistert hätte. Ganz<br />
im Gegenteil. Doch einmal mehr bestätigt<br />
FRAGILE die These, dass gelungene Platten<br />
erst bei mehrfachen Lauschdurchgängen<br />
ihre wahre Wirkung entfalten. Mit meist<br />
getragenem Tempo – manchmal plätschert<br />
es einfach zum Träumen einladend vor sich<br />
hin – entfaltet Ure abwechslungsreiche<br />
Klanglandschaften, mal mit Trance-artiger<br />
Hypnotik, mal mit elektronisch-syn<strong>the</strong>tischen<br />
Melodie- und Rhythmusspielereien,<br />
mal orchestral, stellenweise fast Prog-Rockmäßig<br />
– insgesamt ein grundsolider Soundtrack<br />
zu einem nicht existierenden Film mit<br />
nachdenklichen Texten zum menschlichen<br />
Dasein und Zusammenleben heutzutage in<br />
allerlei Facetten.<br />
(Hypertension/Soulfood, 2014,<br />
10/53:33) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
KNOW THE ORIGINALS!<br />
Vor allem in den<br />
50er und 60er Jahren<br />
war es Usus,<br />
dass erfolgreiche<br />
Songs sofort von<br />
anderen Künstlern<br />
gecovert<br />
wurden,<br />
um sich so schnell wie möglich ein gehöriges<br />
Stück vom Erfolgskuchen zu sichern.<br />
Hatte der Scout einer großen Plattenfirma<br />
einen vermeintlichen Hit entdeckt, liefen für<br />
das schnell entstandene Cover wesentlich<br />
größere Werbemaßnahmen an, wie das einer<br />
kleinen Firma für das Original möglich<br />
war. So wird auch verständlich, warum viele<br />
Erfolgstitel mit den „falschen” Interpreten<br />
verbunden werden, warum man von vielen<br />
großen Songs das Original gar nicht kennt.<br />
KNOW THE ORIGINALS! widmet sich<br />
diesen eher unbekannten Originalen, wie<br />
“Cry Me A River” von Julie London, “Susie<br />
Q.” von Dale Hawkins, “Dream A Little<br />
Dream Of Me” von Ozzie Nelson, “Travelin’<br />
Alone” von Lil’ Son Jackson oder “One<br />
Night (Of Sin)” von Smiley Lewis. Interessantes<br />
Thema, klasse aufbereitet.<br />
(Golden Masterworks/Bellaphon,<br />
2014, 23/65:23) us<br />
EIN EINZIGARTIGES<br />
LIVE-ERLEBNIS!<br />
„... über jeden Zweifel erhaben!<br />
Ein perfektes und au<strong>the</strong>ntisches<br />
Live-Album, wie man es besser<br />
nicht machen kann.“<br />
ROCKTIMES.DE<br />
STILL STANDING STRONG<br />
„... ganz großes Kino<br />
auf einer Konzertbühne.“<br />
MUSIKREVIEWS.DE<br />
KRAFTVOLL. ZEITLOS. MAGISCH.<br />
DAS NEUE ALBUM!<br />
ERSTMALS UNPLUGGED!<br />
„... die Power der Tracks ist unglaublich.<br />
EPITAPH machen auf The Acoustic Sessions<br />
vor, wie Hardrock akustisch<br />
gespielt zu klingen hat.“ BREAK OUT<br />
„... noch nie klangen Akustik-Gitarren<br />
so eindringlich und melodisch.“<br />
ECLIPSED<br />
AND BACK IN TOWN<br />
LIVE AT THE CAPITOL<br />
HANNOVER<br />
AN EVENING WITH FRIENDS<br />
AND VERY SPECIAL GUESTS<br />
JETZT<br />
IM HANDEL<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 33
CD<br />
REVIEWS<br />
FEHLFARBEN<br />
KNIETIEF IM DISPO<br />
Das sechste Album einer der wichtigsten<br />
deutschen Bands der frühen 80er Jahre<br />
erschien 2002 zur rechten Zeit. Epigonen<br />
der Hamburger Schule wie Blumfeld und<br />
Tocotronic, die die ersten beiden Fehlfarben-Alben<br />
auf ihren ersten Werken als<br />
Blaupause genutzt hatten, waren zur Jahrtausendwende<br />
unpolitisch und geradezu<br />
seicht geworden. 2001 hatte dann das Buch<br />
„Verschwende deine Jugend”, eine Reminiszenz<br />
an deutschen Punk, New Wave und<br />
Vor-NDW, für Furore gesorgt. Da kam das<br />
erste sichtbare Lebenszeichen von Fehlfarben<br />
nach rund zehn Jahren genau richtig.<br />
Und KNIETIEF IM DISPO – welch <strong>to</strong>ller<br />
Titel! – war ein würdiger, zeitgemäßer<br />
Nachfolger von MONARCHIE UND ALL-<br />
TAG, dem erfolgreichsten und wichtigsten<br />
Fehlfarben-Album. Peter Heins Texte waren<br />
eine punktgenaue Beschreibung der Gesinnung<br />
der bundesdeutschen Realität, die<br />
Musik besticht auch heute noch durch ihre<br />
Wucht. Umso schöner, dass das Fehlfarben-<br />
Comeback nun mit einer neuen Ausgabe<br />
gewürdigt wird, die zusätzlich fünf Bonus-<br />
Tracks enthält.<br />
(Tapete Records/Indigo, 2002,<br />
18/65:01) an<br />
JEFFERSON AIRPLANE<br />
LAST STAND AT WINTERLAND<br />
Gegen Ende des<br />
letzten Titels hört<br />
man, wie Marty<br />
Balin den Refrain<br />
von “Volunteers”<br />
abwandelt: „Gotta<br />
revolution ... oh<br />
yeah ... and dI need an new band!” Das Konzert<br />
vom 4. Ok<strong>to</strong>ber 1970 im Winterland,<br />
San Francisco, war der letzte gemeinsame<br />
Auftritt des Sängers mit der von ihm mitbegründeten<br />
Gruppe Jefferson Airplane.<br />
Jahrzehnte später wird der Gig nun auf der<br />
LAST STAND AT WINTERLAND betitelten<br />
CD veröffentlicht, die auf dem damaligen<br />
Mitschnitt des kalifornischen Radiosenders<br />
KSAN (FM) beruht. Auch wenn die<br />
Abmischung unausgewogen ist (die Gitarren<br />
sind zu laut, der Rest ist zu leise) und<br />
die Band sich nicht durchgehend in Topform<br />
präsentiert, ist LAST STAND Sammlern<br />
aus mehreren Gründen zu empfehlen:<br />
Es gibt ein paar sehr schöne Momente,<br />
etwa die äußerst hard-rockige Version von<br />
“Somebody To Love”, und es finden sich einige<br />
Raritäten darauf, darunter die niemals<br />
auf einem Studio-Album veröffentlichten<br />
Songs “Emergency”, “You Wear Your Dresses<br />
Too Short”, “Bludgeon Of A Bluecoat”<br />
und “Whatever The Old Man Does”.<br />
(Leftfield/inakustik, 2014, 13/76:18) frs<br />
BARB JUNGR<br />
HARD RAIN – THE SONGS<br />
OF BOB DYLAN & LEONARD<br />
COHEN<br />
Die Engländerin mit deutsch-tschechischen<br />
Wurzeln singt so ziemlich alles<br />
zwischen französischen Chansons, Kabarettnummern,<br />
zeitgenössischen Great<br />
Songbooks und Pop-Jazz. Offenbar versteht<br />
sie sich als Nachfolgerin von Barbra<br />
Streisand mit eigener Note. Songs von<br />
Bob Dylan legte Barb Jungr bereits mit<br />
EVERY GRAIN OF SAND und MAN IN<br />
THE LONG BLACK COAT vor, zwei gelungenen<br />
Scheiben. Insgesamt geglückt ist<br />
auch HARD RAIN wieder, wobei schon<br />
beim ersten Hören auffällt, dass Frau Jungr<br />
eigenartigerweise mit Dylans Liedern<br />
mehr anfangen kann als mit denen Cohens.<br />
Während sie Dylan-Klassikern wie<br />
“Blowin’ In The Wind”, “Masters Of War”,<br />
“Chimes Of Freedom” und dem Titeltrack<br />
mit ihrem sehr erwachsenen Gesangsstil<br />
und teils sehr komplexen – aber gitarrenlosen<br />
– Arrangements ungewohnte Seiten<br />
abgewinnt, haben Cohens “First We Take<br />
Manhattan” oder “Land Of Plenty” bei ihr<br />
lediglich gepflegten Unterhaltungswert.<br />
Das ist nicht unehrenhaft, aber auch nicht<br />
gerade aufregend.<br />
(Absolute/Import, 2014, 11/66:27) hjg<br />
CURVED AIR<br />
NORTH STAR<br />
Was Sonja Kristina<br />
beim <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Gespräch 2013 bereits<br />
angekündigt<br />
hatte, wurde wahr.<br />
Zitat: „Aktuell entsteht<br />
die erste Curved-Air-Platte<br />
seit 1976, sie wird stark nach<br />
unseren Anfangstagen klingen.” Jawoll, so<br />
ist es! NORTH STAR, so der Name des Albums,<br />
kommt mächtig nach den kraftvollprogressiven<br />
Zeiten des Sextetts in den<br />
frühen 1970ern. Und das, obwohl außer<br />
Kristina lediglich Schlagzeuger Florian Pilking<strong>to</strong>n-Miksa<br />
von der Originalbesetzung<br />
dabei ist. Doch Violinist Paul Sax steht<br />
„Wunder-Geiger” Darryl Way, der einst den<br />
Curved-Air-Sound entscheidend mitprägte,<br />
an Virtuosität in nichts nach. Gitarrero Kirby<br />
Gregory wiederum war bereits in den<br />
1970ern beim Sextett, er ist weiterhin ein<br />
Crack am Instrument. NORTH STAR ist<br />
ein Füllhorn ausgereifter Prog-Kompositionen,<br />
sieben davon brandneu, dazu fünf<br />
Re-Recordings früherer Stücke sowie zwei<br />
Cover-Versionen. Brilliant stuff, wie der<br />
Engländer sagen würde.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
14/76:02, 2014) mfg<br />
DARRYL WAY<br />
CHILDREN OF THE COSMOS<br />
Dass es dieses Album gibt, verwundert<br />
sehr, weil Darryl Way noch letztes Jahr<br />
im Gespräch mit <strong>GoodTimes</strong> festgestellt<br />
hatte, er sei als Geiger „einfach zu sehr im<br />
Klassikbusiness drin”, als dass er sich noch<br />
um Pop- und Rockmusik kümmern könne.<br />
Dies war für ihn auch der Grund, dass er bei<br />
der Reunion seiner früheren Band Curved<br />
Air, die gerade selbst ein neues Album am<br />
Start haben (siehe oben stehende Rezension),<br />
nicht an Bord ging. In der Tat hat der<br />
65-jährige Londoner seit über 20 Jahren mit<br />
Progressive Rock, für den seine ehemalige<br />
Band steht, nichts mehr am Hut. Und jetzt<br />
das: Ein Progalbum wie aus dem Lehrbuch,<br />
gespeist aus Folk, Klassik, spielerisch-verträumtem<br />
Pop-Rock. Dass Way weiterhin<br />
ein Meister seines Fachs auf der Violine ist,<br />
versteht sich von selbst. Nur das mit dem<br />
Singen sollte der Mann beim nächs ten Mal<br />
etwas üben ...<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 12/56:42,<br />
2014) mfg<br />
MOEBIUS STORY<br />
LEIDECKER<br />
SNOWGHOST PIECES<br />
Auf dem Elektro-Sek<strong>to</strong>r ist schon dermaßen<br />
viel passiert, dass es kaum möglich<br />
scheint, noch Überraschendes zu entdecken.<br />
Und doch: Es geht. Dieter Moebius<br />
(Cluster) tat sich mit den Amerikanern Tim<br />
S<strong>to</strong>ry und Jon Leidecker zusammen, um<br />
mit SNOWGHOST PIECES ein Album<br />
einzuspielen, das vielen merkwürdig, manchem<br />
einzigartig und dem ein oder anderen<br />
gar beängstigend anmuten wird. Neben<br />
den Rhythmusvariationen, den sphärischen<br />
Klangwolken und den zum Teil drastischen<br />
Sounds sind es vor allem die scheinbaren<br />
Alltagsgeräusche, die einen packen. Diese<br />
klingen nämlich wie aus Küche, Bad und<br />
Keller, sind aber nie identifizierbar. Das ist<br />
gelinde gesagt – gruselig. Aber vor allem<br />
faszinierend, fesselnd und aufregend.<br />
(Bureau B/Indigo, 2014, 11/58:23) jub<br />
JERRY GARCIA /<br />
DAVID GRISMAN<br />
JERRY GARCIA /<br />
DAVID GRISMAN<br />
Jerry Garcia und<br />
David Grisman nahmen<br />
ab 1989 zahlreiche<br />
Sessions auf,<br />
bei denen Material<br />
für einige CDs entstand,<br />
das im Laufe<br />
der Neunziger veröffentlicht wurde. Das<br />
erste Album erschien 1991 und verblüffte<br />
die Fans, denn es stand im Gegensatz zu<br />
den eher kommerziellen „Versuchen” von<br />
Grateful Dead. Hier sorgen akustische Instrumente<br />
für den guten Ton, wobei Garcia<br />
Gitarre spielte und sang und Grisman ihn<br />
auf der Mandoline begleitete. Dazu noch<br />
ein dezenter Bass und geschmackvolle<br />
Perkussion, und schon darf man sich auf<br />
entspannte, aber dennoch ausdrucksstarke<br />
Musik freuen. Ein sehr ruhiges und folkloristisches<br />
“The Thrill Is Gone”, das folkige<br />
Traditional “Two Soldiers” und der Klassiker<br />
“Friend Of The Devil” bereiten auf<br />
das Glanzstück des Albums vor: Mit einer<br />
Spielzeit von über 16 Minuten zelebrieren<br />
die beiden “Arabia”, das auf einem kubanischen<br />
Folklore-Thema basiert. Exquisiter<br />
Klang – exzellente Musik – Empfehlung!<br />
(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1991, 9/58:30) at<br />
QUIREBOYS<br />
BLACK EYED SONS<br />
Einen Dreierpack liefern die britischen<br />
Quireboys zum 30-jährigen Bandjubiläum,<br />
und der hat es in sich! Die legitimen<br />
Nachfolger der Faces (und jungen S<strong>to</strong>nes)<br />
mit ihrem derb-rauen Hochenergie-Rock<br />
und dem reibeisenmäßig röhrenden Sänger<br />
Spike liefern zum einen zehn neue<br />
Songs ab, die schlicht gediegenen Classic<br />
Rock der britischen Spielart mit satten<br />
Riffs und unüberhörbaren Blueswurzeln<br />
präsentieren und auch ruhige wie gefühlvolle<br />
Momente integrieren. Zum anderen<br />
gibt es auf einer zweiten CD („Unplugged<br />
In Sweden”) den Mitschnitt eines akustisch<br />
gestalteten Auftritts (bei den Quireboys<br />
ja nichts Neues), bei dem Spike, Gitarrist<br />
Guy Griffin & Co. demonstrieren,<br />
Rock<br />
wie man auf- und abschwellende Konzertdynamik<br />
entwickelt – und das klanglich<br />
superb dokumentiert. Was auch für<br />
die von sieben Kameras gestaltete Optik<br />
der DVD gilt, die während der „Beautiful<br />
Curse Tour” in London mitgeschnitten<br />
wurde – und die Liveklasse der Band eindrucksvoll<br />
demonstriert. Wer’s gern ein<br />
bisschen derber hat, sollte hier zugreifen.<br />
(Off Ya Rocka/Cargo, 2014, 10/37:38,<br />
10/44:04, DVD 92 Min.) pro<br />
CITY<br />
DIE GRÖSSTEN HITS<br />
Die<br />
Ost-Berliner<br />
Band City, die gerade<br />
im Studio weilt,<br />
um mit den Kollegen<br />
von Puhdys<br />
und Karat ein gemeinsames<br />
Album<br />
aufzunehmen, hat htim<br />
Laufe ihrer bereits<br />
42-jährigen Karriere schon einige „Best-<br />
Of-Kopplungen” veröffentlicht. Und zwar<br />
so konsequent, dass in den Archiven keine<br />
seltenen oder unveröffentlichten Schmankerl<br />
mehr zu finden sind. Andererseits<br />
kommt man an einer erfolgreichen Band<br />
wie City nicht vorbei, wenn das Kultlabel<br />
Amiga zusammen mit einem Boulevardblatt<br />
im 25. Jahr des Mauerfalls die größten<br />
Hits noch einmal veröffentlichen will.<br />
Wer von City nichts bis wenig hat, kann<br />
bei dieser Kopplung bedenkenlos zugreifen.<br />
Der Sampler berücksichtigt die Hits<br />
der Siebziger wie das selbst in Griechenland<br />
vergoldete “Am Fenster” sowie der<br />
der Achtziger aus der “Casablanca”-Ära<br />
und belegt zugleich, dass City auch in den<br />
letzten 25 Jahren nicht untätig waren.<br />
(Amiga/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />
18/77:10) che<br />
GENTLE GIANT<br />
THE POWER AND THE GLORY<br />
Eine der sperrigsten Bands des Prog-Rock<br />
der 70er Jahre sind sicherlich Gentle<br />
Giant, deren Stücke komplexer als die<br />
verwandter Formationen waren und die<br />
aufgrund vieler Brüche und überraschender<br />
Wendungen geradezu ein mehrmaliges<br />
Hören verlangen, bis sich so etwas<br />
wie Eingängigkeit einstellt. Vergleichbar<br />
ist das höchstens mit Van der Graaf Genera<strong>to</strong>r.<br />
Fans haben Gentle Giant trotzdem<br />
gefunden, auch bekannte wie Ian<br />
Anderson, der erste Yes-Gitarrist Peter<br />
Banks und Steven Wilson. Letzterer,<br />
Kopf von Porcupine Tree und einer der<br />
großen Förderer des heutigen und früheren<br />
Prog-Rock, hat nun das 1974 erschienene<br />
sechste Album THE POWER AND<br />
THE GLORY komplett neu gemischt. Das<br />
schön aufbereitete Reissue liegt im Paket<br />
als CD und um Video-Animationen aufgewertete<br />
DVD vor. Dazu gibt es zwei<br />
Bonus-Tracks und mehrseitige Liner-<br />
Notes. Das Album sollte damals frisch<br />
klingen und wurde mit wenigen Takes<br />
eingespielt. Diese Spontanität lässt sich<br />
gerade im Wilson-Mix auch heute noch<br />
heraushören, allen voran die Stücke “Proclamation”<br />
und “Aspirations”, weswegen<br />
das Album nicht wenige Gentle-Giant-<br />
Fans als ihr bestes einschätzen.<br />
(Alucard/Soulfood, 1974,<br />
9/41:13, 10/46:29) an<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
ZZ TOP<br />
THE VERY BADDEST OF<br />
ZZ TOP<br />
Wer sich parallel<br />
zur aktuellen<br />
Tour<br />
durch Europa<br />
schnell noch<br />
einen Karriere-<br />
Überblick über<br />
ZZ Top verschaffen möchte, der kann<br />
dies nun wahlweise mit einer Einfach-<br />
CD mit 20 Titeln oder der Doppelausgabe<br />
mit 40 Tracks tun. THE VERY<br />
BADDEST OF ZZ TOP nennt sich<br />
dies dann, geboten wird aber genau das<br />
Gegenteil, nämlich eine Auswahl der<br />
besten Stücke, die Billy Gibbons, Dusty<br />
Hill und Frank Beard im Angebot<br />
haben. Das besteht aus Rock, Boogie<br />
und Blues, von texanisch knochentrocken<br />
bis zu herzhaftem Sou<strong>the</strong>rn Rock,<br />
Klassiker wie die unverwüstlichen “La<br />
Grange”, “Gimme All Your Lovin’”<br />
und “Sharp Dressed Man”, legendäre<br />
Songs wie “Tush”, “Legs” und “Cheap<br />
Sunglasses” sowie neuere Titel wie<br />
“Rhythmeen” und “Mescalero”. Bleibt<br />
die Einfach-CD naturgemäß bei den<br />
bekannteren Tracks, kann die Doppel-<br />
CD tiefer einsteigen, liefert mit Songs<br />
wie “Francine”, “Just Got Paid” oder<br />
“(Someone Else Been) Shaking Your<br />
Tree” hochklassigen Nachhilfeunterricht<br />
aus der frühen 70er-Zeit von ZZ<br />
Top.<br />
(Rhino/Warner, 2014, 21/69:42,<br />
19/79:52) tk<br />
ENO – HYDE<br />
HIGH LIFE<br />
Erst drei Monate ist es her, seit der<br />
Ambient-Erfinder Brian Eno mit<br />
Partner Karl Hyde, Chef der Techno-<br />
Veteranen Underworld, die Musikwelt<br />
mit dem Album SOMEDAY WORLD<br />
und dessen tanzbar-groovender Mixtur<br />
aus Electronic Pop, Afrobeats und<br />
repetitiven Rhythmusstrukturen positiv<br />
überraschte, da legen die Herren<br />
bereits einen Nachfolger vor. Die<br />
Songlängen näheren sich diesmal sogar<br />
den zehn Minuten an, so dass die<br />
Ideen manchmal auch etwas zu breit<br />
ausgewalzt werden, andererseits zieht<br />
einen ein melancholischer Song wie<br />
“Cells & Bells” durch seine hypnotischen<br />
Soundcollagen, behutsame<br />
Songentwicklung nebst reduziertem,<br />
eingängigem Duogesang durchaus<br />
in seinen Bann. Auch auf dem neuen<br />
Album finden sich wieder treibende,<br />
tanzbare Songs neben etwas introvertierten<br />
Klanglandschaften. Ambient<br />
meets World-<strong>Music</strong> meets Funk meets<br />
Techno-Pop – ein spannender Mix.<br />
(Warp Records/Rough Trade,<br />
2014, 6/43:32) rg<br />
EPITAPH<br />
THE ACOUSTIC<br />
SESSIONS<br />
Akustikplatten sind eigentlich öde.<br />
Erst recht von Bands, die unter Strom<br />
sonst mächtig hinlangen – wie Epitaph.<br />
Aber einmal mehr zeigt es sich,<br />
dass es funktionieren kann, wenn<br />
das Songmaterial stimmt. Unter anderem<br />
mit Geiger Tim Reese und<br />
Klaus Henatsch (Nektar) am Klavier<br />
verstärkt, werden Epitaph-Stücke wie<br />
“Ano<strong>the</strong>r Bloody Day”, “Ride The<br />
S<strong>to</strong>rm” oder “Ships In The Dark”<br />
zu großen Folkhymnen. Überhaupt<br />
spielt das folkloristische Element auf<br />
ACOUSTIC SESSIONS ein bedeutende<br />
Rolle – ein Faible, das Cliff<br />
Jackson (g, voc) und Bernd Kolbe<br />
(b, voc) Ende der 80er Jahre auch in<br />
ihrer Heavy-Metalband Domain immer<br />
wieder aufblitzen ließen. Bis auf<br />
Dylans “All Along The Watch<strong>to</strong>wer”<br />
(ein wenig steif inszeniert) sind alle<br />
Songs auf der Unplugged-CD echte<br />
Bringer. Und auch wenn Bernd Kolbe<br />
nicht in jeder Tonlage der Mann für<br />
leise Momente ist – die Musik geht<br />
einem direkt unter die Haut.<br />
(inakustik, 2014, 15/65:10) jub<br />
STEELY DAN<br />
GOING MOBILE – CLASSIC<br />
1974 LIVE RADIO BROAD-<br />
CAST<br />
Als der Drummer<br />
von der<br />
Toilette zurück<br />
war,<br />
konnten<br />
Steely Dan im<br />
März 1974 loslegen,<br />
wie es<br />
Walter Becker in der Begrüßungsansage<br />
der für eine Radio-Übertragung mitgeschnittenen<br />
Show in den New Yorker<br />
Record Plant Studios formulierte. Neben<br />
Becker (voc, b) und Donald Fagen<br />
(voc, p) standen u.a. Jeff Porcaro (dr),<br />
Jeff Baxter (g), Michael McDonald<br />
(keys), Denny Dias (g), Royce Jones<br />
(perc) und Jim Hodder (dr) auf der<br />
Bühne. Damals war das dritte Album<br />
PRETZEL LOGIC erschienen, klar,<br />
dass der größte Steely-Dan-Hit “Rikki<br />
Don’t Loose That Number” zu hören<br />
ist. Der Sound ist radiotypisch ziemlich<br />
komprimiert, insgesamt ordentlich.<br />
Der spezielle Reiz dieser Scheibe besteht<br />
darin, dass “This All Too Mobile<br />
Home” zu hören ist, das die Band nie<br />
im Studio aufnahm. “Your Gold Teeth<br />
II” erschien erst 1975 auf KATY LIED<br />
und ist hier mit einer langen Instrumentalexkursion<br />
zu hören. Musikalisch wie<br />
his<strong>to</strong>risch bedeutend, zumal die Band<br />
danach 20 Jahre nicht mehr live spielte.<br />
(Smokin’/inakustik, 2014,<br />
11/54:55) pro<br />
OCHRE ROOM<br />
BOX, BAR & DIAMOND<br />
Vor zwei Jahren überraschte diese<br />
finnische Band aus Tampere mit dem<br />
wunderbaren Album EVENING CO-<br />
MING IN. Ein klasse Debüt, das kaum<br />
Rückschlüsse auf die geografische<br />
Herkunft der Gruppe zuließ, denn zu<br />
hören waren feinste, subtil produzierte<br />
Americana-Klänge. Diese Linie wird<br />
nun mit BOX, BAR & DIAMOND<br />
kontinuierlich fortgesetzt und sogar<br />
noch präziser ausgefeilt, wobei leichte<br />
Brit-Pop-Anklänge und ein gewisses<br />
Quantum typisch skandinavischer Melancholie<br />
ins Spiel gebracht werden.<br />
Rock<br />
Die Vokalkünste des Multi-Instrumentalisten<br />
Lauri Myllymäki (auch<br />
Komponist fast aller Songs) und seiner<br />
an Mazzy Stars Hope Sandoval erinnernden<br />
Partnerin Minttu Tervaharju<br />
sind einfach extraordinär. Sie passen<br />
maßgeschneidert zum ausbalancierten<br />
Country-folkigen Soft Rock, der zumeist<br />
be<strong>to</strong>nt friedlich dahinfließt, gelegentlich<br />
aber auch temperamentvoller<br />
wird, vor allem, wenn Tanja Pel<strong>to</strong>nummi<br />
mit Trompete oder Flügelhorn<br />
spezielle Akzente setzt. Anspieltipps:<br />
“Less”, “Blue Devil” und “Garbage<br />
Trucks Are On The Move”.<br />
(Beste Unterhaltung, 2014,<br />
10/42:04) hjg<br />
ERIC CLAPTON<br />
JOURNEYMAN<br />
Nach<br />
dem<br />
höchst kommerziellen<br />
AUGUST,<br />
das von den<br />
alten<br />
Fans<br />
nicht<br />
angenommen<br />
wurde, löste sich Eric Clap<strong>to</strong>n<br />
auf seinem Werk aus dem Jahr<br />
1989 zumindest teilweise von Erfolgs-<br />
Bestrebungen. Zwar gab es mit “Pretending”,<br />
“Bad Love” und “No Alibis”<br />
noch Futter für die Radiosender, doch<br />
ein ordentliches “Hound Dog”, das<br />
jazzige “Hard Times” und vor allem<br />
das bluesige “Before You Accuse Me”<br />
bewiesen, dass wieder „Besserung” in<br />
Sicht war. Hier löste sich Slowhand<br />
aus den Klammern der Musikindustrie<br />
und kehrte wieder auf seinen Weg zurück,<br />
der dem Blues gewidmet war.<br />
Die aktuelle Ausgabe erscheint in einer<br />
limitierten, nummerierten Edition als<br />
24-KT-Gold-Disc (Hybrid SA-CD),<br />
wurde von Russ Titelman remastert<br />
und klingt gegenüber der normalen CD<br />
wärmer und nicht mehr so den Achtzigern<br />
verhaftet.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1989, 12/57:01) at<br />
CLIFFSIGHT<br />
KOKORO<br />
Es geht los im brachialen Klangbild,<br />
das einst Led Zeppelins “Dazed And<br />
Confused” prägte. Wechselt nach einer<br />
Minute zum Blues, der dank Tim<br />
Cammerzells Vocals einem Chris<br />
Isaak gut zu Gesicht stände. Weitere<br />
60 Sekunden drauf sind die Hanauer<br />
Prog-Puzzler im Opener ihres Zweitlings<br />
KOKORO, “Last Affection”,<br />
ganz bei sich – irre, wie sie auf einem<br />
hypnotischen Riff reiten, das Headbanger<br />
auf den Plan ruft, ohne im<br />
Sessel zu langweilen. “When The<br />
Sun Goes Down” atmet zwischen<br />
Anmut und Angriff einen Hauch von<br />
Robin Trower. Die Band kommt für<br />
ihre psychedelischen Klangreisen per<br />
Kompaktsongs mit zwei (perfekt verwobenen)<br />
Gitarren, Bass und Schlagzeug<br />
aus, statt das Instrumentarium<br />
zwanghaft zu erweitern. Während<br />
Drummer ihre Snares oft fett komprimieren,<br />
kontrastiert Adrian Schein<br />
seine zentrale Trommel Trademark-<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 35
REVI<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
Rock<br />
setzend scharf gestimmt zur übrigen organisch<br />
gewitterhaften Drum & Percussion-<br />
Basis. Nektar-Maler Helmut Wenskes<br />
Cover „Schönes Kind badet in Lava mit<br />
Riesen<strong>to</strong>tenschädel” wirkt besonders auf<br />
der Vinylausgabe.<br />
(Unknown Records/Long Hair <strong>Music</strong>,<br />
2014, 9/45:47) utw<br />
THE WALKABOUTS<br />
DEVIL’S ROAD / NIGHTTOWN<br />
Die<br />
Walkabouts<br />
dürften viele unbewusst<br />
schon mal<br />
wahrgenommen, ist<br />
es doch ihr Song<br />
“Devil In Details”,<br />
der jahrelang die<br />
Fernsehwerbung von Jack Wolfskin zierte.<br />
Die Band aus Seattle um Chris Eckman<br />
und Carla Torgerson gibt es schon seit<br />
1984, sie war zwischenzeitlich gar beim<br />
Grunge-Label Sub Pop untergebracht,<br />
ohne der Richtung jedoch nur im Entferntesten<br />
anzugehören. Ein erster wirklicher<br />
Erfolg kam aber 1996 mit DEVIL’S<br />
ROAD, das mit “The Light Will Stay On”<br />
einen kleinen Radiohit ent hielt. Das 1997<br />
folgende NIGHTTOWN schwamm auf<br />
der gleichen Welle, zumal beide Alben<br />
opulent und orchestral produziert werden<br />
konnten – die Band stand zu der Zeit beim<br />
Major-Label Virgin unter Vertrag. Beide<br />
kennzeichnet die abwechslungsreiche Mischung<br />
aus Balladen und Rocknummern,<br />
der Wechsel von laut und leise – alles auf<br />
hohem Niveau. Das erinnert zuweilen an<br />
Nick Cave & The Bad Seeds, mit dem man<br />
sich den Produzenten teilte, die Go-Betweens<br />
und an zahlreiche andere Americana-Bands,<br />
die heute gerade im Umfeld des<br />
Glitterhouse-Labels ihre Heimat haben.<br />
Dieses ist nun auch für die Wiederveröffentlichung<br />
der beiden Meisterwerke des<br />
Alternative Country verantwortlich, die<br />
jeweils um Bonus-Tracks auf einer separaten<br />
CD erweitert wurden.<br />
(Glitterhouse/Indigo, 1996, 11/57:16,<br />
5/24:51 + 12/61:04, 5/23:44) an<br />
JOE HENRY<br />
INVISIBLE HOUR<br />
Der US-Liedermacher Joe Henry, dreifacher<br />
Grammy-Gewinner und Schwager<br />
von Madonna, komponierte einst für sie<br />
den Top-Hit “Don’t Go”. Von einem derartigen<br />
Chartsstürmer ist auf seinem 13.<br />
Studio-Album freilich nichts zu hören. Im<br />
Gegenteil, Henrys Musik ist fernab jeglichen<br />
Mainstreams angesiedelt und über<br />
weite Strecken auch relativ anstrengend zu<br />
hören. Thema des Albums sind nach seiner<br />
Verlautbarung Liebe und Heirat, aber für<br />
die romantischen, durchweg lyrisch anspruchsvollen<br />
Texte reichen schulenglische<br />
Kenntnisse nicht so recht aus, und einige<br />
der ohne größere Begleitband realisierten,<br />
akustisch-frugal arrangierten Songs swingen<br />
auch nicht auf Anhieb. Viel zugänglicher<br />
sind Lieder wie “Swayed”, “Every<br />
Sorrow”, “Lead On Me” oder “Slide” bei<br />
denen Spitzenkräfte wie Greg Leisz (g),<br />
Jennifer Condos (b), Jay Bellerose (dr) und<br />
Henrys Sohn Levon (Holzblasinstrumente)<br />
ihr Können subtil ausbreiten, ohne in Angeberposen<br />
zu verfallen.<br />
(edel, 2014, 11/60:22)<br />
hjg<br />
YES<br />
HEAVEN & EARTH<br />
Keine Ahnung, warum Gitarrist Steve<br />
Howe sich unbedingt auf seine Arbeit bei<br />
Yes konzentrieren wollte und dafür Asia<br />
verließ. Stimmungsmäßig bewegen sich<br />
beide Bands mittlerweile auf einem Level<br />
– nämlich im soften, leicht banalen Rock-<br />
Popbereich. Den Unterschied macht die<br />
Qualität der Songs. Während man Asia<br />
ein gewisses Händchen für schwelgerische<br />
Töne zugestehen kann, ist das auf HEA-<br />
VEN & EARTH von Yes meist nur langweiliges<br />
Gedöns. Selbst, wenn die Band<br />
leicht progressiv wird wie in “Light Of<br />
The Ages”, bleibt der Eindruck, Yes habe<br />
es diesmal einfach an guten Ideen gemangelt.<br />
Lediglich “Subway Walls” lässt ein<br />
wenig die Genialität alter Zeiten aufblitzen.<br />
Interessant zu erwähnen, dass Sänger Jon<br />
Davison nach Original-Frontmann Jon Anderson<br />
klingt.<br />
(Frontiers, 2014, 8/51:29)<br />
jub<br />
KISS<br />
40<br />
40 Jahre Kiss,<br />
das bedeutet eine<br />
schier unglaubliche<br />
Berg- und Talfahrt<br />
durch vier Dekaden<br />
Rock’n’Roll. 1973<br />
nahm sie Neil Bogart<br />
als l erste t Band d für sein i Label Casablanca<br />
Records von der Bühne weg unter Vertrag,<br />
1974 erschien ihr Debüt KISS. Unaufhaltsam<br />
rockten sich Gene Simmons, Paul<br />
Stanley, Peter Criss und Paul Frehley bis an<br />
die Spitze der amerikanischen Rockbands,<br />
nur um schon 1978 – als jedes der vier<br />
Bandmitglieder ein Solo-Album veröffentlichte<br />
– die erste handfeste Krise zu erleben.<br />
Ausstiege, Umbesetzungen, gegenseitige<br />
Schuldzuweisungen und Trennung vom<br />
Management gingen Hand in Hand mit<br />
gigantischen Tourneen, riesigen Plattenverkäufen<br />
und der ersten Demaskierung ihrer<br />
geschminkten Gesichter Anfang der 80er<br />
Jahre. Mitte der 90er Jahre dann MTV Unplugged,<br />
kurz darauf wurden die Masken<br />
– gleichzeitig mit dem Wiederauferstehen<br />
der Ur-Besetzung – wieder aufgelegt, ein<br />
dauerndes Auf und Ab. Auf 40 bekommt<br />
man von den Krisen der Band wenig mit,<br />
hier regieren die Highlights, chronologisch<br />
führt dieses Doppelalbum durch den bisherigen<br />
Kiss-Rockkosmos, jeweils ein Track<br />
aus den wichtigsten Alben jeder Ära ist dabei,<br />
dazu noch Songs ihrer Solowerke (u.a.<br />
Frehleys “New York Groove”) sowie mit<br />
“Reputation” ein bisher unveröffentlichtes<br />
1977er Demo.<br />
(Universal <strong>Music</strong>, 2014,<br />
22/76:34, 18/74:57) tk<br />
ELLIS<br />
RIDING ON THE CREST OF A<br />
SLUMP<br />
Roger Daltrey produzierte 1972 das Debütalbum,<br />
das Sänger Steve Ellis nach seinem<br />
Abschied von Love Affair mit seiner neuen<br />
Band einspielte. Die hatte er mit Zoot<br />
Money (keys) und Jim Lever<strong>to</strong>n (b, Ex-<br />
Fat Mattress) gegründet, und sie firmierte<br />
unter seinem Namen. Die Combo um den<br />
raspelig röhrenden Frontmann verstand es,<br />
hart in typisch britischer Manier zu rocken<br />
(samt Blues- und Country-Anleihen), aber<br />
auch herzerweichende Balladentöne (“El<br />
Doomo”) anzuschlagen. Und natürlich<br />
durften bei Money jazzige Untertöne nicht<br />
fehlen. Remastert (mit informativen Liner-<br />
Notes, aber ohne Bonus-Material) gibt es<br />
das insgesamt recht gelungene RIDING ...<br />
jetzt wieder, obwohl es damals kaum Spuren<br />
hinterließ. Aber auch allein schon wegen<br />
der Gäste Maggie Bell, Mick Weaver<br />
oder Colin Allen und Gary Farr sollte man<br />
reinhören.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 1972, 9/38:29) pro<br />
BERNIE MARSDEN<br />
SHINE<br />
„Für mich ist es<br />
moderner Classic<br />
Rock”, wird Bernie<br />
Marsden im Release-<br />
Info zitiert und liegt<br />
damit sicherlich nicht<br />
falsch,<br />
wenngleich<br />
man einigen i i Songs genauso gut den Genrestempel<br />
Blues-Rock aufdrücken könnte<br />
und er sich hier überhaupt stilistisch recht<br />
vielseitig zeigt. Zur Seite standen dem<br />
63-jährigen Gitarristen, Sänger und Songschreiber<br />
dabei im Studio diverse namhafte<br />
Kollegen, so etwa Whitesnake-Frontmann<br />
David Coverdale, Ex-Gallagher-Sideman<br />
Mark Feltham sowie Deep-Purple-Drummer<br />
Ian Paice und Jon-Lord-Nachfolger<br />
Don Airey, und beim druckvoll treibenden<br />
Titelsong kam Labelkollege Joe Bonamassa<br />
als zweiter Gitarrist zum Zuge. Dass<br />
Marsden auch leisere Töne kann, machen<br />
daneben Songs wie das Fleetwood-Mac-<br />
Cover ”Dragonfly” oder das abschließende<br />
Instrumental ”N.W.8” deutlich.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2014,<br />
13/57:01) ms<br />
CAMPER VAN BEETHOVEN<br />
EL CAMINO REAL<br />
Aus der kalifornischen Hardcore-Punkszene<br />
der frühen 80er Jahre entwickelte sich<br />
mit Camper Van Beethoven eine der erfolgreichsten<br />
amerikanischen Indie-Bands, vor<br />
allem ihre Fähigkeit zu Ironie und schrägen<br />
Humor, mit dem sie ihren Mix aus Pop,<br />
Punk, Folk und Country immer wieder anreichern,<br />
ist legendär. Nach einigen Pausen<br />
und Soloprojekten ist die Band nun seit<br />
rund zehn Jahren wieder zusammen, nach<br />
ihrem 2013er LA COSTA PERDIDIA, das<br />
sich (<strong>the</strong>matisch) um das nördliche Kalifornien<br />
kümmerte, haben sie sich mit EL<br />
CAMINO REAL nun den südlichsten Zipfel<br />
ihres Heimatstaates ausgesucht. Doch<br />
wer dabei mit mexikanisch geprägten Canciones<br />
oder gar Mariachi-Trompeten und<br />
Geigen rechnet, ist auf der falschen Fährte.<br />
Denn musikalisch haben sie ihren Stil im<br />
Vergleich zum Vorgänger nicht geändert,<br />
immer noch dominiert fantasievoller Indie-<br />
Rock, der sich seine Farbtupfer zwar aus<br />
aller Welt zusammenholt, aber immer noch<br />
fest im Americana-Land verankert ist.<br />
(429 Records/H’Art, 2014, 11/39:53) us<br />
THE OHIO EXPRESS<br />
BEG, BORROW & STEAL<br />
Bevor The Ohio Express 1968 mit dem<br />
Bubblegum-Pop-Rockhit “Yummy Yummy<br />
Yummy” zu Weltruhm kamen, hatte die<br />
Gruppe um den singenden Gitarristen Dale<br />
Powers schon eine deutlich andere Vergangenheit<br />
vorzuweisen. Man orientierte sich an<br />
den Beatles und Byrds und sogar an Soulacts<br />
wie Wilson Pickett. Irgendwie fiel die Band<br />
1967 dem New Yorker Musikunternehmen<br />
Super K (Jeff Katz & Jerry Kasenetz) in die<br />
Hände, als Musiker für eine Neuaufnahme<br />
des Songs “Beg, Borrow & Steal” – klingt<br />
wie “Louie Louie” mit anderem Text – gesucht<br />
wurden (zuvor erfolglos eingespielt<br />
von The Rare Breed). Die vorliegende CD<br />
enthält das 1967 zusammengebastelte Debüt<br />
mit “Soul Struttin’”, “Try It” (der Garagenkracher<br />
der Standells!) und “I Know We’ll<br />
Be Toge<strong>the</strong>r” als Höhepunkten. Aus nie geklärten<br />
Gründen packte Super K mit “And<br />
It’s True” und “I Find I Think Of You” auch<br />
zwei Songs der Gruppe The Measles (mit<br />
dem jungen Joe Walsh an der Gitarre!) drauf,<br />
und auch The Rare Breed sind vertreten.<br />
Sechs Bonus-Tracks, darunter zwei unveröffentlichte,<br />
von denen das dylaneske “Life Is<br />
A Mystery” der bessere ist.<br />
(Real Gone <strong>Music</strong>/H’Art, 2014,<br />
17/44:00) hjg<br />
VANILLA FUDGE<br />
THE COMPLETE ATCO<br />
SINGLES<br />
Ihr erster Hit war<br />
zugleich ihr größter:<br />
die durch das Arrangement<br />
der New<br />
Yorker Psychedelic-<br />
Rocker nachgerade<br />
zum neuen Song<br />
mutierte Version der Holland-Dozier-Holland-Komposition<br />
”You Keep Me Hangin’<br />
On”, mit der die Supremes 1966 ihre achte<br />
Nummer Eins hatten landen können. Neben<br />
besagtem Titel enthält die Compilation<br />
alle weiteren A- wie B-Seiten, die das<br />
Quartett zwischen 1967 und 1970 auf dem<br />
Atlantic-Sublabel Atco herausbrachte, plus<br />
jene Single, die aus der Reunion der Band<br />
Anfang der 80er Jahre resultierte, sowie als<br />
Bonus ein „DJ Promo Edit” des Lee-Hazlewood-Covers<br />
”Some Velvet Morning”.<br />
Dazu gibt es im zwölfseitigen Booklet neben<br />
Infos zur Bandgeschichte erläuternde<br />
Statements zu sämtlichen Songs aus der<br />
Feder der Gründungsmitglieder Carmen<br />
Appice, Vince Martell und Mark Stein.<br />
(Real Gone <strong>Music</strong>/H’Art,<br />
2014, 19/69:44) ms<br />
CHICAGO<br />
NOW – CHICAGO XXXVI<br />
In den USA sind sie ein unerschütterliches<br />
Monument. Weshalb das 36. Album (das<br />
erste mit Eigenmaterial seit acht Jahren)<br />
dort Euphorie auslösen dürfte. Und das<br />
nicht nur wegen des Fakts, überhaupt erschienen<br />
zu sein. Vielmehr ist NOW ein<br />
qualitatives Schwergewicht, das einen<br />
umhaut. Man möchte den Atem anhalten,<br />
wenn beim Opener und Titelsong die<br />
Bläsersektion einsetzt: welche Brillanz im<br />
Arrangement, welch wunderbare Melodie.<br />
Und so geht das weiter – ohne Ausfall!<br />
Funk und Jazz-Rock sind die Basis von<br />
NOW, als steckten wir gerade mitten in den<br />
70ern. Natürlich gibt es auch kleine Zugeständnisse<br />
an den Zeitgeist (die syn<strong>the</strong>tischen<br />
Grooves in “Something’s Coming,<br />
I Know” oder orientalische Elemente in<br />
“Naked In The Garden Of Allah”), das sind<br />
Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
EWS<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
aber Kleinigkeiten, die bereichernd wirken,<br />
statt zu stören.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2014, 11/50:23) jub<br />
R.E.M.<br />
UNPLUGGED:<br />
THE COMPLETE 1991 AND<br />
2001 SESSIONS<br />
Zweimal<br />
waren<br />
R.E.M. Gäste bei<br />
MTV Unplugged.<br />
Einmal 1991, als<br />
die Band aus Atlanta<br />
mit OUT OF<br />
TIME zum ersten<br />
Mal an der US-Album-Spitze vertreten<br />
war, und dann noch mal 2001 zu Zeiten von<br />
REVEAL. Die beiden Performances waren<br />
bislang nie offiziell verfügbar gewesen,<br />
umso schöner, dass es sie nun endlich als<br />
Doppel-CD gibt. Was besonders erfreut – es<br />
sind sogar elf Songs darunter, die nie gesendet<br />
wurden. Die erste Unplugged-Ses sion<br />
umfasst einerseits die Hits von OUT OF<br />
TIME wie “Losing My Religion”, “Low”<br />
und “Radio Song”, andererseits Klassiker<br />
der früheren Alben wie “It’s End Of The<br />
World As We Know It” und “Swan Swan<br />
H” und sogar mit “Love Is All Around” ein<br />
Cover der Troggs. Die Mischung aus alten<br />
und neuen Stücken griffen die zum Trio geschrumpften<br />
R.E.M. auch 2001 auf. Doch<br />
bis auf einen Song spielte die um Gastmusiker<br />
erweiterte Formation ein gänzlich<br />
anderes Set. Die einzelnen Stücke der Unplugged-Gigs<br />
sind bis auf Ausnahmen wie<br />
“The One I Love” recht nah am Original<br />
vorgetragen, aber warum auch nicht! Wer<br />
so viele <strong>to</strong>lle Songs in der leider zu Ende<br />
gegangenen Karriere aus dem Ärmel gezaubert<br />
hat, hat einfach Recht.<br />
(Rhino/Warner, 2014,<br />
17/63:01, 16/66:45) an<br />
THE HUMAN BEINZ /<br />
THE MAMMALS<br />
NOBODY BUT ME<br />
Als The Human Beinz Anfang 1968 mit<br />
“Nobody But Me” Platz acht der US-Charts<br />
erklommen und damit in den Club der One-<br />
Hit-Wonders aufgenommen wurden, waren<br />
sie eine fähige Halbwegs-Allround-Rockband<br />
mit großem Potenzial, fasziniert von<br />
britischen Vorbildern und offen für soulige<br />
Einflüsse. Nicht umsonst stammt ihr Smash-<br />
Hit aus der Schmiede der Isley Bro <strong>the</strong>rs.<br />
Bevor es jedoch soweit kam, hatten sie eine<br />
durchaus interessante Vergangenheit als<br />
typische Garagen-Rocker hinter sich. Das –<br />
nach der 1999er CD auf Get Back – erneut<br />
vorliegende Werk ist ein (halbes) Album,<br />
das sie sich mit The Mammals teilten, einer<br />
stilistisch ähnlichen Gruppe, die natürlich<br />
nicht identisch ist mit der aktuellen New<br />
Yorker Folk-Rockband. The Human Beinz<br />
stellen hier kräftig garagige Fassungen von<br />
“The Pied Piper”, “Gloria”, “My Generation”<br />
und “The Times They Are A Changing”<br />
vor – und eine frühe Version ihres Hits. Sehr<br />
hörenswert für Fans, die auch die CD GA-<br />
RAGE DAYS VOLUME 1 (Fuel Records,<br />
2011) im Regal haben. The Mammals halten<br />
mit “S<strong>to</strong>p In The Name Of Love”, “Up-<br />
Tight” und “Hold On, I’m Coming” einigermaßen<br />
mit.<br />
(Rockbeat/Import, 1967/2014,<br />
11/28:37) hjg<br />
TIM BOWNESS<br />
ABANDONED DANCEHALL<br />
DREAMS<br />
Aktuell spielt er bei Henry Fool und Memories<br />
Of Machines, mit Steven Wilson betreibt<br />
er das Bandprojekt No-Man, dazu hat<br />
der Brite Tim Bowness schon mit Musikern<br />
wie Robert Fripp, Phil Manzanera (Roxy<br />
<strong>Music</strong>), Richard Barbieri (Porcupine Tree,<br />
Japan) und Hugh Hopper (Soft Machine)<br />
zusammengearbeitet. Mit der italienischen<br />
Popsängerin Alice oder der britischen Folksängerin<br />
Judy Dyble war er auch schon<br />
außerhalb des Prog-Rock erfolgreich. Kein<br />
Wunder, dass man sein zweites Solo-Album<br />
ABANDONED DANCEHALL DREAMS<br />
nur schwer in eine feste Kategorie einordnen<br />
kann. Cineastische Melodien mäandern<br />
vor sich hin, getragener Gesang, zurückgenommene<br />
Shoegaze-Gitarren, ab und an<br />
ein paar fette Heavyriffs: Bowness kommt<br />
mit überraschend wenig instrumentalem<br />
Bombast aus, und dennoch gelingt es ihm,<br />
immer wieder die Stimmung zu wechseln;<br />
er lässt hier einen vielstimmigen Chor das<br />
Thema übernehmen, dort ein fast jazziges<br />
Zwischenspiel aus Flöten einfließen, kann<br />
sich immer wieder auf die genialen Streicherarrangements<br />
von Andrew Keeling<br />
verlassen. Herrliche Musik an der Nahtstelle<br />
zwischen Dream-Pop und Prog-Rock.<br />
(InsideOut/Universal, 2014, 8/44:11) us<br />
TED NUGENT<br />
SHUTUP & JAM!<br />
Von<br />
Experimenten<br />
hält Mister Nugent<br />
nichts – und genau<br />
deshalb sind die<br />
mit fast identischen<br />
Covergestaltungen<br />
ausgerüsteten Alben<br />
des sympathischen Lausbuben in<br />
der Hülle eines gestandenen Mannes<br />
ausnahmslos so gut. Auch auf SHUTUP<br />
& JAM! serviert Ted Nugent wie eh und<br />
je entfesselten Hard Rock, der vor guter<br />
Laune und Lebensfreude sprüht. Mädels,<br />
Party und Amerika sind auch diesmal seine<br />
wichtigsten Themen, denen er selbst<br />
nach über 40 Jahren noch neue Facetten<br />
abzugewinnen weiß (“She’s Gone” – inklusive<br />
Sammy Hagar, “I Love My Bbq”).<br />
In dem Instrumental “Throttledown” beweist<br />
der 65-jährige Gitarrist, dass er<br />
immer noch zu den Flitzefingern gehört,<br />
wobei das Saitenspiel des Amis auf dem<br />
Album streckenweise so abgefahren ist,<br />
dass es einem ein Grinsen ins Gesicht<br />
malt. Und bei “Never S<strong>to</strong>p Believing”<br />
konnte sich Nugent nicht zwischen einer<br />
bluesigen Ballade und einer treibenden<br />
Rock-Radioversion entscheiden, weshalb<br />
es den Song zweimal gibt. Beide Varianten<br />
sind klasse.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2014, 12/46:55) jub<br />
STYX<br />
PARADISE THEATER<br />
Styx’ Konzeptalbum aus dem Jahr 1981<br />
drehte sich um das Paradise Theater in<br />
Chicago und erzählte die Geschichte des<br />
Veranstaltungsorts. Trotz der komplexen<br />
Thematik erreichte die Scheibe den ersten<br />
Platz der Billboard-Charts, was auch<br />
an der eingängigen Melodik liegen mag.<br />
Packender Mainstream-Rock (“Rockin’<br />
Rock<br />
The Paradise”), eine idyllische Ballade<br />
mit Rockelementen und gleichzeitig ein<br />
Riesenhit (“The Best Of Times”), aber<br />
auch Progressive mit einem dominanten<br />
Synthie (“Lonely People”) bestimmten<br />
das Geschehen. Witzige Randnotiz: Der<br />
Anti-Drogensong “Snowblind” wurde<br />
von Tipper Gore (die Frau von Al Gore,<br />
die in den Siebzigern angeblich ein heißes<br />
Leben in diversen Kommunen führte) wegen<br />
angeblicher satanistischer Referenzen<br />
(Rückwärtsspuren) angegriffen! Die Edition<br />
erscheint in einer limitierten, nummerierten<br />
Edition als 24-KT-Gold-Disc (Hybrid<br />
SA-CD). Sie wurde von Kevin Gray<br />
remastert und klingt allgemein angenehm<br />
ausgewogen, abgesehen von einem leichten<br />
Höhenanteil.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1981,<br />
12/33:45) at<br />
TOM TIME<br />
THE TIDE IS TURNING<br />
Kerniger<br />
Gitarrensound,<br />
kraftvolle<br />
Stimme, dazu Songs<br />
mit den richtigen<br />
Themen<br />
(“Beefsteak,<br />
Football &<br />
Beer”), Tom Time<br />
liefert mit THE TIDE<br />
IS TURNING den<br />
richtigen Soundtrack für schwülwarme<br />
Sommernächte. Als Thomas Krüger<br />
kennt man den Gitarristen und Sänger<br />
in der Musikszene Ostwestfalens, mit<br />
der Cover-Band Time Out ist er dort seit<br />
Jahren eine feste Größe. Doch immer nur<br />
covern, das macht die wenigsten Musiker<br />
auf Dauer glücklich, und so hat Tom Time<br />
nun mit THE TIDE IS TURNING ein<br />
Album voller eigener Songs aufgenommen.<br />
Und ebenso wie sein erstes Werk<br />
mit dem programmatischen Titel GOOD<br />
TIMES (siehe GT 4/2013) liefert auch<br />
der Nachfolger lässige Rockmusik, die<br />
zwischen treibenden Blues-Krachern und<br />
Laid-Back-Pub-Rock pendelt, dazu noch<br />
perfekt klingend produziert, ein Album,<br />
das definitiv Laune macht.<br />
(Euphony <strong>Music</strong>/Record Jet, 2014,<br />
12/48:29) tk<br />
JACK WHITE<br />
LAZARETTO<br />
Was Jack White, früherer Frontmann der<br />
White Stripes, derzeit auch anfasst, es<br />
wird zu Gold. Sein eigenes Label Third<br />
Man Records wurde innerhalb weniger<br />
Jahre zu einem der führenden der<br />
Schallplattenindus trie, und sein zweites,<br />
Anfang Juni erschienenes Solo-Album<br />
LAZARETTO erklomm wie das Solodebüt<br />
BLUNDERBUSS (2012) innerhalb<br />
kurzer Zeit die Spitzenposition der US-<br />
Album-Charts. Nicht schlecht für einen,<br />
dessen Musik nur wenig mit dem sonst<br />
üblichen Radio-Mainstream zu tun hat.<br />
Wie auf dem Vorgängerwerk sprengt<br />
White äußerst gekonnt Genregrenzen und<br />
vermengt scheinbar nicht zusammengehörende<br />
Stile: Da trifft die Gitarrenwucht von<br />
Rage Against The Machine auf den 70er-<br />
Blues-Rock der S<strong>to</strong>nes, es vermischen sich<br />
Americana-Sounds mit rumpelndem Led-<br />
Zeppelin-Beat und Soundexperimenten<br />
à la Ennio Morricone. Am schönsten ist<br />
das bei „Would You Fight For My Love?”<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 37
CD<br />
REVIEWS<br />
realisiert, das alle Elemente auf rund drei<br />
Minuten vereint und der Höhepunkt eines<br />
der besten Alben des Jahres ist.<br />
(Third Man Recordings/<br />
XL Recordings/Indigo 2014, 11/39:21) an<br />
ELVIS PRESLEY<br />
ELVIS SINGS ...<br />
Elvis Presley hat<br />
schon zu Beginn der mal <strong>to</strong>ppen.<br />
Karriere Material (Angel Air/Fenn, 2014, 15/56:48) utw<br />
seiner Zeitgenossen<br />
in seinem Sound arrangiert<br />
und in das<br />
Reper<strong>to</strong>ire eingebaut.<br />
Das führte oft zu recht unterschiedlichen Interpretationen,<br />
die aber immer viel Respekt<br />
gegenüber den Originalen ausdrückten. Ob<br />
EMERSON, LAKE &<br />
PALMER<br />
BRAIN SALAD SURGERY<br />
Der kürzlich vers<strong>to</strong>rbene<br />
HR Giger bleibt<br />
allein schon durch<br />
schnellere Titel (“Sweet Caroline”, “Proud<br />
Mary”), hervorragende Balladen (“Some-<br />
das<br />
Cover<br />
Totenschädelunsterblichthing”,<br />
“I’m So Lonesome”) oder unerwartetes<br />
Material, das einerseits den Bezug zum<br />
Blues herstellt (“Got My Mojo Working/<br />
Keep Your Hands Off Of It”) und auch belegt,<br />
dass der King aktuelle Strömungen verfolgte<br />
(Dylans “Tomorrow Is A Long Time”),<br />
ergänzen sich zu einem faszinierenden Werk,<br />
das besonders in dieser Zusammenstellung<br />
beeindruckt. Die CD erscheint in einem Papersleeve<br />
mit einem zwölfseitigen Booklet,<br />
in dem sich knappe Hintergrundinformationen<br />
zu den Titel finden.<br />
das er einst für ELPs<br />
Meisterwerk BRAIN<br />
SALAD<br />
SURGERY<br />
geschaffen hatte.<br />
Das hat jetzt zum 41. „Geburtstag” eine<br />
Frischenzellenkur erhalten: Das Original<br />
wurde klanglich kräftig aufgemotzt und als<br />
Box im LP-Format durch zwei Bonus-CDs,<br />
zwei DVDs (Audioversion plus „Manticore<br />
Special Documentary”), eine Vinylscheibe<br />
und geradezu bombastische Liner-Notes<br />
ergänzt. Die neue Stereo-Abmischung ist<br />
– wie in solchen Fällen meist – reine Geschmacksache,<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2014, 23/77:26) fl<br />
die 13 Songs der ALTER-<br />
NATE-CD (andere Mixe, Fassungen, Single-B-Seiten,<br />
SIX<br />
„NME”-Flexi-Disc-Version)<br />
GEBRANNTE KINDER<br />
Neben Keimzeit sind Six die beliebteste<br />
Band im Bundesland Brandenburg. Dort<br />
sind sie regelrecht ein Phänomen, denn<br />
während man das Quintett in anderen<br />
Ecken des Landes überhaupt noch nicht<br />
wahrgenommen hat, pilgern in der Region<br />
um Berlin Tausende zu ihren Konzerten.<br />
Die Anfänge von Six reichen 22 Jahre<br />
zurück. Damals waren die Brandenburger<br />
eine reine Cover-Band, seit einigen<br />
Jahren steht der Fünfer für eigenen, gut<br />
gemachten Deutsch-Rock. Das brachte<br />
ihnen Deals mit Universal und Fame<br />
ein, doch mittlerweile besinnen sich Six<br />
für Hardcore-Fans unerlässlich. Für den<br />
Rezensenten hat sich die Klangbearbeitung<br />
gelohnt, auch weil Keith Emersons Tasteninstrumente<br />
nicht mehr so schrill in die<br />
Ohren jagen, sondern sich besser einbetten,<br />
was zu einem „runderen” und harmonischeren<br />
Gesamtsound führt. Musikalisch kann<br />
man an einem der Prog-Meisterwerke mit<br />
der mehrteiligen Suite “Karn Evil 9” samt<br />
mehreren „Impressions” ohnehin nichts<br />
aussetzen, auch daran, wie das Trio Klassik<br />
aufgriff, bearbeitete, in die U-Musik integrierte<br />
mit Elementen aus Rock, Psychedelic<br />
und selbst Jazz verschmolz.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 1973, 8/44:52,<br />
auf die eigenen Kräfte. So erscheint GE-<br />
BRANNTE KINDER denn auch auf eigenem<br />
Label. Die zwölf Songs überzeugen<br />
auf ganzer Linie, meist sehr eingängig,<br />
manchmal balladesk, versehen mit nachvollziehbaren<br />
Lyrics. Vielleicht weniger<br />
für Fans von Clueso und Bosse geeignet,<br />
dafür aber für die von Niedecken, Westernhagen<br />
und Silly.<br />
13/72:38, 8/44:55, Vinyl 8 Tracks) pro<br />
(2 Krieger <strong>Music</strong>, 2014, 12/45:22) che<br />
MEANIES<br />
COVER THEIR TRACKS<br />
Der Albumtitel täuscht: Wieso sollten diese<br />
Briten ihre Spuren verwischen? Die<br />
Stimme James Warrens kennen viele noch<br />
von seinem Korgis-Kracher “Everybody’s<br />
Got To Learn Sometime” – neue Version<br />
enthalten – und brillierte bei Stackridge;<br />
Andy Marsden besinnt sich seiner Jahre<br />
bei Tears For Fears, wie “Everybody<br />
Wants To Rule The World” hier beweist.<br />
Anstatt zu referieren, warum ein Dutzend<br />
neuer Songs die Offenbarung sind, haben<br />
die beiden mit John Baker, Glenn Tommey<br />
und Marty Sheppard 15 Mal Riesenspaß<br />
beim Neueinspielen bewährten Weltreper<strong>to</strong>ires<br />
im sanften Sixties-Harmonie-Sound,<br />
bei dem neben instrumentaler Finesse immenser<br />
Wert auf mehrstimmigen Gesang<br />
gelegt wurde: “How Long” von Ace, den<br />
Doobies-Evergreen “Listen To The <strong>Music</strong>”<br />
– oder “December 1963” und “Who Loves<br />
You” von den durch das Londoner <strong>Music</strong>al<br />
„Jersey Boys” wieder populären Four Seasons,<br />
müsste man komposi<strong>to</strong>risch auch erst<br />
HENDRIX ACKLE<br />
LOGBOOK<br />
Vor rund 20 Jahren taten sich der Schweizer<br />
Liedermacher Hendrix Ackle (Gesang<br />
& Piano) und der amerikanische Bassist<br />
Richard Cousins (Ex-Robert Cray Band)<br />
zur funkigen Band Hendrix Cousins zusammen,<br />
die zwar keine tiefen Spuren hinterließ,<br />
aber um die Jahrtausendwende immerhin<br />
zwei brauchbare Alben. Und auch<br />
danach hielt Ackle sein unbestreitbares<br />
Tastentalent und seine abgeklärte Bari<strong>to</strong>nstimme<br />
in Form, aber erst jetzt gibt’s sein<br />
erstes, von jeglichem Mainstream gehörig<br />
entferntes Solo-Album LOGBOOK. Völlig<br />
zutreffend schrieb die „Basler Zeitung” :<br />
„Hendrix singt als Crooner, als Schmeichler,<br />
als Grübler, als Zweifler, den manchmal<br />
das heulende Elend packt” seinen Liederzyklus<br />
über die Liebe. Er klingt dabei wie<br />
eine Mixtur aus El<strong>to</strong>n John und Dr. John,<br />
was einem Alleinstellungsmerkmal gleichkommt.<br />
Die Musik dazu ist von erlesener<br />
Akkuratesse, bis ins Kleinste durchdacht<br />
und zugleich harmonisch und geheimnisvoll<br />
schimmernd. Zwei Details stechen<br />
dabei hervor: die einsam perlenden Klavierläufe<br />
und der kräftig, aber nicht vulgär<br />
nach vorn gemixte Jazzbass. Eine Platte,<br />
die nicht leicht zu hören ist, sich aber garantiert<br />
lohnt.<br />
(Ten Thousand Thundering Typhoons<br />
Recordings/Broken Silence, 2014,<br />
12/61:31) hjg<br />
PAUL WELLER<br />
MORE MODERN CLASSICS<br />
„Ist das wirklich schon wieder 15 Jahre<br />
her? Meine Güte, das ging aber fix!” Paul<br />
Weller lässt sich nicht verbiegen, bleibt<br />
sich durch die Jahrzente treu, ohne auf der<br />
Stelle zu stehen, überrascht seit beinahe 40<br />
Jahren immer wieder und begeistert Kritiker<br />
wie Fans gleichermaßen. Mit MORE<br />
MODERN CLASSICS liefert Paul Weller<br />
nun nach seinem 1998 erschienen ersten<br />
Best-Of-Album MODERN CLASSICS die<br />
Fortsetzung seines Beitrags zur Musikgeschichte.<br />
In 21 Songs reist man durch die<br />
letzten 15 Jahre von Wellers Lebenswerk.<br />
Das Album knüpft dort an, wo MODERN<br />
CLASSICS endete, im Booklet wird aus<br />
dem Nähkästchen zu den Tracks geplaudert,<br />
und einen exklusiven neuen Song, die<br />
aktuelle Single “Brand New Toy”, gibt es<br />
noch oben drauf. Was braucht das Fanherz<br />
mehr, zum Glück? Weitere 15 Jahre, bitte!<br />
(Universal, 2014, 21/64:00)<br />
pk<br />
HAWKWIND<br />
THE FLICKNIFE YEARS<br />
1981–1988<br />
Die<br />
Hippie-Weltraumband<br />
veröffentlichte<br />
in den 1980er<br />
Jahren eigenwillig<br />
ihre neuen Alben<br />
beim Major RCA,<br />
scheute sich aber<br />
nicht, iht bi beim kli kleinen Indie-Label Flicknife<br />
Archivmaterial und Livemitschnitte auf<br />
den Markt zu bringen. Mit reichhaltigem<br />
Bonus-Material versehen, werden nun<br />
die remasterten Scheiben HAWKWIND<br />
FRIENDS AND RELATIONS (1982),<br />
ZONES (1983), HAWKWIND FRIENDS<br />
AND RELATIONS (TWICE UPON A<br />
TIME) (1983), HAWKWIND FRIENDS<br />
AND RELATIONS (VOL. THREE)<br />
(1985), sowie OUT & INTAKE (1987) den<br />
Fans der britischen Space-Rocker in einer<br />
Box mit schönem Booklet offeriert. Dabei<br />
sind auch alle möglichen Seiten- und Soloprojekte<br />
vertreten, von den Hawklords<br />
über Nik Turner, Dave Brock bis Michael<br />
Moorcock – die Aufnahmen reichen dabei<br />
bis in die Mittsiebziger zurück. Insgesamt<br />
richtet sich die Box an den harten Fan, der<br />
alles von seinen Lieblingen benötigt.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 2014, 13/59:21,<br />
11/50:26, 9/42:15, 10/46:22, 15/54:31) rg<br />
CABARET VOLTAIRE<br />
#7885 (ELECTROPUNK TO<br />
TECHNOPOP 1978 –1985)<br />
Roland H Kirk, Kopf und Nachlassverwalter<br />
von Cabaret Voltaire, arbeitet weiter<br />
an der Aufbereitung des Gesamtwerks der<br />
Industrial- und Technowegbereiter. Nach<br />
RED MECCA (1981) auf Vinyl und der<br />
Box COLLECTED WORKS 1983–1985 im<br />
letzten Jahr gibt es nun mit #7885 (ELEC-<br />
Rock<br />
TROPUNK TO TECHNOPOP 1978–1985)<br />
die perfekte Compilation zum Kennenlernen<br />
der Band aus Sheffield. Natürlich findet man<br />
Klassiker wie “Do The Mussolini (Headkick)”,<br />
das die Inspiration für DAFs “Der<br />
Mussolini” war, und das verstörende “Nag<br />
Nag Nag”. Vor allem wird aber deutlich, wie<br />
sehr sich Cabaret Voltaire von den Anfangen<br />
bis Mitte der 80er Jahre stilistisch verändert<br />
hatten. Obgleich keine Formation der frühen<br />
New Wave so sehr das Experiment wie Cabaret<br />
Voltaire wagte, waren die Sheffielder<br />
anfangs noch nah an Gothikbands wie Bauhaus<br />
und Joy Division. Der Wert der Compilation<br />
besteht vorrangig darin, dass quasi<br />
mit jedem Lied die Zeitreise hin zu einer<br />
zunehmend elektronischer werdenden Band<br />
erkennbar wird. Cabaret Voltaire waren ihrer<br />
Zeit voraus: Selbst Kraftwerk haben sich<br />
vermutlich bei ihnen bedient, der frühe Techno<br />
der späten 80er Jahre allemal, nur werden<br />
sich damalige Clubgänger dessen wohl kaum<br />
bewusst gewesen sein.<br />
(Mute/Good<strong>to</strong>go, 2014, 19/78:39) an<br />
NILS LOFGREN<br />
HANGING TOUGH<br />
„1977 Live Radio<br />
Bradcast” heißt<br />
dieser Konzertmitschnitt<br />
von<br />
Nils Lofgren im<br />
Untertitel. Also<br />
des einstigen Neil-<br />
Young-Sideman und Gitarristen von Bruce<br />
Springsteens E Street Band. In den letzten<br />
Jahren ist ein wenig in Vergessenheit geraten,<br />
dass Lofgren ja auch solo mal sehr erfolgreich<br />
war. Aus seiner Hoch-Zeit stammt<br />
diese erstaunlich ordentlich klingende<br />
Showdokumentation aus dem New Yorker<br />
Club Bot<strong>to</strong>m Line, die im Ok<strong>to</strong>ber 1977<br />
kurz nach der Veröffentlichung von Lofgrens<br />
dritten LP I CAME TO DANCE entstand.<br />
Seine stilistische Bandbreite wie auch sein<br />
Können als Gitarrist, Songschreiber und<br />
Performer werden wieder lebendig – samt<br />
“Satisfaction”-Zitat in “Keith Don’t Go”,<br />
das Lofgren über Keith Richards verfasst<br />
hatte. Es macht Spaß, Ohrwürmer wie “Cry<br />
Tough”, “I Came To Dance” oder das Highlight<br />
“Code Of The Road” wiederzuhören.<br />
(Smokin’/inakustik, 2014, 12/69:42) pro<br />
WESTERNHAGEN<br />
ALPHATIER<br />
„Ich will zurück auf die Straße, will wieder<br />
singen, nicht schön, sondern geil und<br />
laut!” – so richtig abgenommen hat man<br />
Marius Müller-Westernhagen diese Textzeile<br />
aus seinem Song “Mit 18” eigentlich<br />
nie. Weder 1978, als dieses Lied entstand,<br />
noch Jahre später, als er mit Alben wie<br />
HALLELUJA und AFFENTHEATER zum<br />
Superstar wurde. Erster Fingerzeig für die<br />
vermeintliche Rückkehr auf die Straße<br />
– auf der Wes ternhagen musikalisch nie<br />
war – dann das 2009 veröffentlichte WIL-<br />
LIAMSBURG, auf dem er mit amerikanischer<br />
Musikerunterstützung guten alten<br />
Heartland-Rock à la John Mellencamp und<br />
Tom Petty präsentierte. Mit ALPHATIER<br />
geht der frisch verliebte Musiker (Booklet<br />
lesen!) diesen Weg jetzt konsequent<br />
weiter, angetrieben von einer exzellenten<br />
Bass-Schlagzeugkombi mit John Conte<br />
und Aaron Comess liefern sich Kevin<br />
Seite 38 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Bents und Brad Rice heiße Duelle an<br />
der E-Gitarre. Darüber rotzt Marius<br />
Müller-Westernhagen seine Texte<br />
raus, bei denen er kein Blatt vor<br />
den Mund nimmt, Kostproben: „Ich<br />
könnte kotzen, was hier so ab geht,<br />
dass jeder Dünnschiss auf einem<br />
Flatscreen steht” (aus dem harschen<br />
Opener “Hereinspaziert”), „Keine<br />
Macht den Banken, Geisel dieser<br />
Welt. Keine Macht den Dummen,<br />
bis der Groschen fällt” (aus “Keine<br />
Macht”). Für seine volle Wirkung ist<br />
es aber unerlässlich, dieses Album<br />
bei höchstmöglicher Lautstärke zu<br />
hören. Wie gesagt, „... nicht schön,<br />
sondern geil und laut”!<br />
(Kunstflug/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />
12/56:34) us<br />
ERIC JOHNSON<br />
EUROPE LIVE<br />
Der dieses Jahr<br />
auch schon die<br />
60 erreichende<br />
Eric<br />
Johnson<br />
wurde 1996<br />
einem breiteren<br />
Publikum<br />
durch sein Mitwirken i auf der ersten<br />
G3-Tour bekannt. Neben Joe Satriani<br />
und Steve Vai konnte sich der Gitarrenvirtuose<br />
schon damals behaupten.<br />
“Manhattan” und “Zap”, zwei der drei<br />
von ihm auf der G3-CD veröffentlichten<br />
Songs, sind auch auf der neuen<br />
Live-CD vertreten, wie “Cliffs Of Dover”,<br />
für den er 1992 einen Grammy<br />
als „Best Rock Instrumental Performance”<br />
erhielt. Natürlich beeindruckt<br />
sein Trio durch fulminante Technik,<br />
kreuzt auch Jazzgefilde (Coltranes<br />
“Mr. P.C.”), streut aber durchaus melodische<br />
Songs mit Gesang ein, und es<br />
erklingt die akustische Gitarre. Eine<br />
kurzweilige Scheibe.<br />
(Mascot/Rough Trade, 2014,<br />
14/70:41) rg<br />
HOLLIS BROWN<br />
GETS LOADED<br />
Mit ihrem dritten Werk verbeugt sich<br />
die Roots-Rockband Hollis Brown<br />
aus dem New Yorker Stadtteil Queens<br />
vor der größten Band, die jemals aus<br />
New York kam: Velvet Underground.<br />
Deren Album LOADED von 1970 haben<br />
Mike Montali (voc, g), Jonathan<br />
Bonilla (g), Dillon Devi<strong>to</strong> (b) und Michael<br />
Graves (dr) als zeitresistentes,<br />
kraftvolles Rockalbum mit Country-<br />
Anklängen und tief unten lauerndem<br />
Blues eingespielt, wobei sie die Reihenfolge<br />
der Songs vertauschten.<br />
GETS LOADED startet mit “Oh<br />
Sweet Nothin’” und endet mit “Who<br />
Loves The Sun”. Abgesehen davon<br />
entfernte man sich nicht über Gebühr<br />
von den Vorlagen, kann aber durch<br />
den unmissverständlichen Anspruch,<br />
die Songs zeitgemäß rootsiger zu in<strong>to</strong>nieren,<br />
an den passenden Stellen genügend<br />
eigenes Profil gewinnen. Dass<br />
Sänger Mike Montalis Stimme nicht<br />
über das unvergleichliche Timbre von<br />
Lou Reed verfügt, ist kein Beinbruch<br />
– und Montalis versucht gar nicht<br />
erst, sich als Imita<strong>to</strong>r aufzuspielen,<br />
der nur zweiter Sieger sein könnte.<br />
Neben den schon genannten Songs<br />
verdienen sich “Lonesome Cowboy<br />
Bill” und der Total-Klassiker “Sweet<br />
Jane” – in einer Version, die der von<br />
Mott The Hoople ebenbürtig ist – die<br />
besten Noten.<br />
(Alive/Cargo, 2014, 10/44:56) hjg<br />
HELLMUT HATTLER<br />
POLARITY – ZOUNDS BEST<br />
Mit<br />
dieser<br />
randvollen<br />
CD<br />
erweist<br />
das Stuttgarter<br />
High-End-<br />
Label<br />
dem<br />
deutschen<br />
Bass-Maestro den verdienten Respekt<br />
als einem der kreativsten Musiker aus<br />
deutschen Landen, der sich nie von<br />
Musikstilen eingrenzen ließ. Die von<br />
Hattler selbst ausgewählten Titel führen<br />
von den legendären Kraan, hier<br />
natürlich mit seinem 15-minütigen<br />
Live-Parforceritt “Nam Nam” vertreten,<br />
über sein erstes Solo-Album<br />
1978 und die 80er-Jahre-Aufnahmen<br />
mit Heartware und DeWinkel-Hattler.<br />
Selbstverständlich dürfen auch die<br />
hochgeschätzten Tab-Two-Zeiten sowie<br />
ein Titel von Siyou’n’Hell nicht<br />
fehlen. Vielleicht sind die 00er-Jahre<br />
unter dem Bandnamen Hattler mit<br />
sechs Songs im Rahmen einer Best-<br />
Scheibe etwas überrepräsentiert (alleine<br />
mit Kraan könnte man locker<br />
eine eigene CD bestreiten), doch kann<br />
man mustergültig den Werdegang<br />
Hattlers über nahezu 40 Jahre verfolgen.<br />
Ein schönes Booklet mit Infos zu<br />
jedem Song rundet das sehr empfehlenswerte<br />
Album ab.<br />
(Zounds, 2014, 14/77:18) rg<br />
VANDENBERG<br />
ALIBI<br />
Die meisten kennen Adrian Vandenberg<br />
als Gitarristen von Whitesnake,<br />
wobei seine Solokarriere leider kaum<br />
beachtet wird. Das dritte Album seiner<br />
Band Vandenberg wurde von<br />
Jaap Eggermont produziert und erschien<br />
1985. Neben kommerziellem<br />
Hard Rock (“Voodoo”) bestimmen<br />
kräftiger Classic Rock (“Dressed To<br />
Kill”) und Tracks mit niveauvollen<br />
Gitarrenpassagen das Geschehen<br />
(zum Beispiel “Fight Against The<br />
World” mit klassischen Einwürfen).<br />
ALIBI gehört zu den wenigen Platten,<br />
auf denen kommerzieller Hard<br />
Rock mit künstlerisch anspruchsvollen<br />
Instrumentalmelodien verschmolzen<br />
wird, ohne dass das zu<br />
einer Sekunde verkrampft oder gewollt<br />
klingt. Eine der besseren Platten<br />
des Jahrzehnts. Das zwölfseitige<br />
Booklet enthält neben einigen Fo<strong>to</strong>s<br />
ausführliche Liner-Notes von Malcolm<br />
Dome. Klanglich wurde die<br />
CD angenehm remastert, wobei der<br />
Sound runder ausfällt und nicht mehr<br />
so höhenlastig ist.<br />
(Rock Candy/Soulfood, 1985,<br />
10/37:50) at<br />
Rock<br />
IAN McLAGAN<br />
UNITED STATES<br />
Der Small Faces/Faces/S<strong>to</strong>nes/Dylan/<br />
Bruce/Bonnie Raitt-Keyboarder spielt<br />
seit 50 Jahren zuverlässig alte Hammonds<br />
und Piano. So lange komponiert<br />
und singt er auch. Er grätschte<br />
zwar spät ins Marriott/Lane-Au<strong>to</strong>renlager<br />
(siehe Interview Seite 22), doch<br />
bestach seit 1979 auf Solopfaden.<br />
UNITED STATES ist nicht nur reifes<br />
Alterswerk, es glänzt als eine beseelte<br />
Bestleistung mit unvergesslichen<br />
Songperlen mit vielen Bezügen:<br />
“Shalalala” ist keineswegs eine Anspielung<br />
auf den ersten Small-Faces-<br />
Erfolg, sondern die sanfte Rockhymne,<br />
die Jagger-Richards in Auftrag<br />
gegeben haben sollten – derart lässig<br />
rockt Gitarrist Scrappy Newcomb,<br />
so eingängig fließt die Hookline.<br />
Auch “Love Letter” ist hitverdächtig.<br />
Macs Leslie dreht sich lässig im<br />
langsamen “All I Wanna Do”, nicht<br />
nur beim Pub-Rock “Pure Gold”<br />
müssten im Rockpub die Tische zur<br />
Seite. Dass alles bis zur bewegenden<br />
Eheberatungs-Rumba “He’s Not For<br />
You” knackig rüberkommt, garantiert<br />
S<strong>to</strong>nes-Producer Glyn Johns.<br />
(Yep Roc/Cargo, 2014,<br />
10/39/37) utw<br />
TODD RUNDGREN &<br />
UTOPIA<br />
LIVE AT THE ELECTRIC<br />
BALLROOM<br />
In<br />
Milwaukee<br />
gastierten<br />
Todd<br />
Rundgren &<br />
U<strong>to</strong>pia<br />
am<br />
23.10.1978<br />
und<br />
stimmten<br />
dabei mit “Real Man”, “Can We<br />
Still Be Friends” oder “Hello, It’s Me”<br />
Rundgren-Dauerbrenner an, aber auch<br />
ansonsten weniger gespielte Nummern<br />
wie “Black Maria” oder ”Couldn’t I<br />
Just Tell You”. Der Prog-Fak<strong>to</strong>r rückte<br />
allerdings zugunsten einer kommerzielleren<br />
Note meist ein wenig in den<br />
Hintergrund, es dominierten Nummern<br />
aus Rundgrens Soloveröffentlichungen,<br />
was manche U<strong>to</strong>pia-Fans<br />
enttäuschen dürfte. Allerdings: An<br />
den handwerklichen Performances der<br />
U<strong>to</strong>pia-Mitglieder gibt es nichts auszusetzen.<br />
Und: Auch wenn die Originalbänder<br />
des Mitschnitts eines Radiosenders<br />
verwendet wurden, ist der Sound<br />
dieser bislang unveröffentlichten Aufnahmen<br />
aus dem Rundgren-Archiv<br />
nicht eben berauschend. Fans dürften<br />
aber trotzdem nicht um einen Kauf herumkommen.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 2014,<br />
9/46:47, 8/40:01) pro<br />
RICK WAKEMAN<br />
JOURNEY TO THE CENTRE<br />
OF THE EARTH<br />
Mit dem Livemitschnitt seiner Bearbeitung<br />
von Jules Vernes „Reise zum<br />
Mittelpunkt der Erde” konnte der<br />
Yes-Keyboarder 1974 einen riesigen<br />
Erfolg erzielen. Wie man hier erfährt,<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 39<br />
BAD SALZUFLEN<br />
BAHNHOF BAD SALZUFLEN<br />
Breitfelder, Schröter &<br />
Zwingenberger<br />
Shakatak<br />
Dire Strats<br />
Thorbjørn Risager &<br />
The Black Tornado<br />
Climax Blues Band<br />
Dan Baird & Homemade Sin<br />
Blug plays Hendrix<br />
Rick Vi<strong>to</strong>, Layla Zoe<br />
RICHIE ARNDT & THE BLUENATICS<br />
Albert Hammond<br />
Songbook Tour 2014<br />
Oldie-Night<br />
ELO by Phil Bates, Quo, Time Out<br />
Tommy Emmanuel<br />
The Australian Guitar-Legend<br />
Midge Ure<br />
The Voice of Ultravox – solo<br />
e<br />
04.<br />
September<br />
22.<br />
September<br />
02.<br />
Ok<strong>to</strong>ber<br />
09.<br />
Ok<strong>to</strong>ber<br />
16.<br />
Ok<strong>to</strong>ber<br />
23.<br />
Ok<strong>to</strong>ber<br />
20.<br />
November<br />
KONZERTHALLE BAD SALZUFLEN<br />
STADTHALLE DETMOLD<br />
13.<br />
September<br />
24.<br />
September<br />
11.<br />
Ok<strong>to</strong>ber<br />
14.<br />
November<br />
17.<br />
November<br />
Tickets über: HOTLINE 0180 6050400, www.adticket.de,<br />
www.bahnhof-bad-salzuflen.de und<br />
www.backline-entertainment.de
CD<br />
REVIEWS<br />
wurde das Konzert allerdings nicht in der<br />
ursprünglich geplanten Länge realisiert.<br />
Dies wird nun in der neuen Studio-Einspielung<br />
nachgeholt, so dass die Neuaufnahme<br />
etwa 15 Minuten länger geraten ist.<br />
Allerdings bleibt der Gesamtcharakter des<br />
Albums dadurch unberührt, wie auch die<br />
bekannte Problematik beim Zusammentreffen<br />
von Rockband, Sinfonie-Orchester<br />
und Chor weiterhin ungelöst bleibt. Wakeman<br />
lebt sein Bombastfaible weiterhin<br />
ungehemmt aus, sogar die gleichen alten<br />
Moog-Sounds erklingen. Wurden die Gesangsparts<br />
seinerzeit von zwei Sängern eingespielt,<br />
hat er diesmal einen Part auf eine<br />
Frauenstimme verteilt. Für die neue Aufnahme<br />
spricht natürlich der perfekte Klang,<br />
wobei der Charme und die seinerzeitige<br />
progressive Aufbruchsstimmung des Originals<br />
nicht reproduzierbar sind.<br />
(Fusion/Warner, 2014, 1/54:19) rg<br />
DEEP PURPLE<br />
IN CONCERT ‘72<br />
Deep Purple live zu<br />
Beginn der 70er, das<br />
war und ist immer<br />
noch eine Bank!<br />
Denn ihre musikalische<br />
Klasse spielten<br />
Ritchie<br />
Blackmore<br />
() (g), Jon Lord d(keys), Ian Gillan (voc),<br />
Roger Glover (b) und Ian Paice (dr) nicht<br />
nur bei ihrem völlig zu Recht höchstdekorierten<br />
LIVE IN JAPAN aus, sondern<br />
sie zeigten ihre Extraklasse auch bei zahlreichen<br />
anderen Konzerten. Einer dieser<br />
Auftritte – mitgeschnitten am 9. März 1972<br />
im Londoner Paris Theatre – wurde 1980<br />
als LP veröffentlicht, 2012 erschien eine<br />
Vinylversion in neuem Mix. Zusammen<br />
mit einem Bonus-Track (der Soundcheck-<br />
Version von “Maybe I’m A Leo”) erfährt<br />
IN CONCERT ‘72 nun also seine offizielle<br />
CD-Premiere, ein zwölfseitiges Booklet liefert<br />
Hintergründe und Bilder des Gigs. Dabei<br />
hielten sich Deep Purple gar nicht groß<br />
in der Vergangenheit auf, spielten viel lieber<br />
(und fast in Gänze!) das kurz vor der Veröffentlichung<br />
stehende MACHINE HEAD<br />
mit allen Highlights, von “Highway Star”<br />
über “Lazy” bis zu “Smoke On The Water”.<br />
Dazu mit “Strange Kind Of Woman” einen<br />
Song, der damals nur auf der US-Version<br />
von FIREBALL enthalten war, sowie das<br />
Little-Richard-Cover “Lucille”. Großartig!<br />
(Parlophone/Warner, 1980, 10/79:40) us<br />
SAGA<br />
SAGACITY<br />
Die Kanadier Saga haben es einfach drauf,<br />
innerhalb einzelner Songs eine gefangennehmende<br />
Dramaturgie zu entwickeln. Sei<br />
es durch Tempowechsel, variierenden Instrumenteinsatz,<br />
sei es durch den Mix aus<br />
knackigem Rock und eingängigen Popmomenten.<br />
SAGACITY demonstriert diese<br />
Qualität wieder einmal nachdrücklich, wobei<br />
der Schwerpunkt der durchaus komplexen<br />
klanglichen Neukreationen diesmal auf der<br />
Prog-Rockkomponente liegt, samt ausgedehnter<br />
(Gitarren-) Soli, vital und inspiriert<br />
vorgetragen. Michael Sadler singt stark, die<br />
Rhythmusabteilung groovt satt und wird<br />
auch durch die Keyboards unterstützt. Zwischen<br />
entspannt und prickelnd, auch mal mit<br />
New-Wave- oder spacigen Reminiszenzen<br />
(“Press 9”), nostalgischen Synthie-Anflügen<br />
(“Luck”) – auch mit Studio-Album Nummer<br />
21 sind der Band weder Ideen noch Pep und<br />
Spielfreude ausgegangen.<br />
(ear<strong>Music</strong>/edel, 2014, 12/50:50) pro<br />
YOSSI SASSI<br />
DESERT BUTTERFLIES<br />
Anfang der 90er Jahre gründete Gitarrist<br />
Yossi Sassi in Israel die Prog-Rock-Metalband<br />
Orphaned Land. Da dabei die Liebe<br />
zur traditionellen Musik seiner Heimat zu<br />
kurz kam, veröffentlichte er 2012 mit MEL-<br />
TING CLOCKS ein Solo-Album, auf dem<br />
er melodischen Folk im Rockgewand präsentierte.<br />
Jetzt, mit seinem neuen Album<br />
DESERT BUTTERFLIES, hat er den Folkanteil<br />
reduziert, tendiert über weite Strecken<br />
in Richtung verspielter, orientalisch<br />
geprägter Instrumental-Prog-Rock. Neben<br />
allen Arten von Gitarren bedient Sassi darauf<br />
auch Saiteninstrumente wie Bouzouki,<br />
Oud, Saz und Charrango. Breite Unterstützung<br />
gab es auch von zahlreichen befreundeten<br />
Musikern wie Bassist Ori Lubianker,<br />
Megadeath-Gitarrist Marty Friedmann,<br />
Sänger Erez Lev Ari und Ron Thal von den<br />
Guns N’ Roses. Wer auf verspielt progressive<br />
Rockmusik abseits ausgetretener Pfade<br />
steht, der wird hier bestens bedient.<br />
(Just For Kicks, 2014, 11/40:37) us<br />
LED ZEPPELIN<br />
LED ZEPPELIN I + II + III<br />
Wiederveröffentlichungen von Led Zeppelin<br />
lassen seit jeher die Herzen der Fans<br />
höherschlagen, egal ob beim 1990er BO-<br />
XED SET, bei den 1997er BBC SES SIONS<br />
oder der 2003er Liverückschau HOW THE<br />
WEST WAS WON bemühten sich die Macher<br />
einerseits um sorgsamen Umgang mit<br />
den Originalen, andererseits aber auch immer<br />
um hochwertige Zugaben. Genauso<br />
verhält es sich jetzt auch mit der Wiederveröffentlichung<br />
der ersten drei LPs der<br />
Band. Musikalisch bieten diese drei Alben<br />
immer noch so ziemlich das Beste, was<br />
man in Richtung Hard- und Blues-Rock<br />
hören kann, ganz egal ob das 1969er Debüt<br />
mit Songs wie “Dazed And Confused”<br />
und “Communication Breakdown”, der im<br />
gleichen Jahr veröffentlichte Nachfolger<br />
mit “Whole Lotta Love” oder das dritte Album<br />
aus dem Jahr 1970 mit Krachern wie<br />
“Immigrant Song” und “Celebration Day”.<br />
Frisch remastert wurden hier vor allem die<br />
Höhen klarer herausgearbeitet, auch der Dynamik<br />
tat diese Behandlung gut. Zusätzlich<br />
wurde jedem Album noch eine zweite CD<br />
spendiert, die in diesem Fall wirklich einen<br />
Mehrwert bedeutet. Denn hierfür wählte<br />
Jimmy Page mit viel Bedacht unterschiedliche<br />
Songs des Originals in verschiedenen<br />
Entstehungsstufen aus, von rauen Demos<br />
über reine Instrumentalspuren und alternativen<br />
Versionen bis zu Stücken, bei denen<br />
die Arrangements teilweise stark verändert<br />
wurden. So bieten diese Zugaben einen<br />
höchst interessanten Einblick in die Entstehungsgeschichte<br />
dieser Rock-Meilensteine.<br />
(Atlantic/Warner, 1969/70, 3 x 2 CDs) us<br />
THE DOOBIE BROTHERS<br />
LOOKING TO THE EAST<br />
Die Doobie Bro<strong>the</strong>rs<br />
schwammen auf einer<br />
Erfolgswelle, als<br />
sie vier Jahre nach<br />
ihrer Gründung am<br />
31. Mai 1973 in den<br />
Ultrasonic Studios zu<br />
New York live vor Publikum antraten, ihr<br />
Erfolgsalbum TOULOUSE STREETS samt<br />
den Hits “Listen To The <strong>Music</strong>” und “Jesus<br />
Is Just Alright” im Gepäck hatten und spielfreudig<br />
loslegten. Allerdings: Der Sound<br />
weist nur bessere Bootlegqualität auf, was<br />
die Hörfreude doch ein wenig trübt. Leider,<br />
denn Tom Johns<strong>to</strong>n, Patrick Simmons<br />
(beide voc, g), Tiran Porter (b) die Doppeldrummer<br />
John Hartmann und Michael<br />
Hossack waren bestens in Form, hauten<br />
ihren durchaus eklektischen Classic Rock<br />
mit einigen souligen Tupfern und Harmoniegesängen<br />
verhältnismäßig rau und ungekünstelt<br />
heraus – aus heutiger Sicht musikalisch<br />
fast grandios, aber eben mit besagten<br />
klanglichen Einschränkungen.<br />
(Gold Fish/inakustik, 2014, 9/54:35) pro<br />
LOUDOIN WAINWRIGHT III<br />
HAVEN’T GOT THE BLUES YET<br />
Wie gewohnt fordert Loudon Wainwright<br />
III seine Zuhörer auch bei seinem 26. Album<br />
– und bietet ihnen einmal mehr höchst<br />
ansprechende Klangkost. Der immer noch<br />
zu Unrecht viel zu Unbekannte wird erneut<br />
seinem Ruf als einer der global besten Singer/Songwriter<br />
gerecht. Egal, ob er wirklich<br />
den im Titel angekündigten Blues mehr oder<br />
weniger verfremdet, ob er Balkan-Inspiration<br />
verarbeitet (“Spaced”), mit Klezmer<br />
flirtet, einfach rockt (“Brand New Dance”,<br />
mit Bläsern), sich gen Folk verbeugt oder<br />
Jazz-Referenzen durchklingen lässt, es tönt<br />
durchdacht, aber nicht verkopft. Dazu ergänzen<br />
sich seine nachdenklichen bis bissigen<br />
Texte und die jeweilige Musik perfekt. Und<br />
immerhin singt mit Tochter Martha eines<br />
seiner Kinder zwischendurch mal mit. Ein<br />
höchst abwechslungsreiches wie anspruchsvolles<br />
und vergnügliches Album.<br />
(Proper/Rough Trade, 2014, 14/48:17) pro<br />
Rock<br />
ACCEPT<br />
RUSSIAN ROULETTE + EAT<br />
THE HEAT + ALL AREAS –<br />
WORLDWIDE<br />
Der Accept-Dreierpack aus dem Hause<br />
Cherry Red dokumentiert die Übergangsphase<br />
des deutschen Schwermetall-Aushängeschilds:<br />
RUSSIAN ROULETTE war 1986<br />
das letzte Studio-Album mit Originalsänger<br />
Udo Dirkschneider – und deutete schon an,<br />
wohin die Reise danach ging. Das Quintett<br />
knüppelte zwar beinhart, streute aber schon<br />
melodischere Momente ein. Prickelnde Gitarrenriffs,<br />
tighte Beats und Krächzgesang<br />
überzeugten. Gewöhnungsbedürftig war<br />
dann Neusänger David Reece durchaus,<br />
obwohl einige der von ihm gesungenen<br />
Nummern auf EAT ... (“X-T-C”, “Chain<br />
Reaction”) heute noch überzeugen – insgesamt<br />
waren die Songs 1989 deutlich eingängiger,<br />
auf den US-Markt ausgerichtet. Nach<br />
starkem Beginn ließ die (Song-)Qualität des<br />
Albums aber nach. Bei der 1993er Reunion<br />
war Dirkschneider wieder dabei, röhrte gewohnt<br />
eindringlich bei der „Objection Overruled<br />
Tour”, die auf 1997 ALL AREAS dokumentiert<br />
wurde (plus Auszüge der „Death<br />
Row Tour” 1994) – es war ein gelungener,<br />
energiegeladener Livebogen von der Frühzeit<br />
(“Breaker”, “Fast As A Shark”) bis zu<br />
den internationalen Erfolgstagen (“Balls To<br />
The Walls”, “Metal Heart”). Alles in allem<br />
heute noch sehr ansprechend!<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1986 + 1989<br />
+ 1997, 13/64:36 + 13/61:18 + 11/57:46,<br />
9/55:23) pro<br />
THE DOORS<br />
WEIRD SCENES INSIDE THE<br />
GOLDMINE<br />
1972 erschien mit<br />
WEIRD SCENES<br />
INSIDE THE<br />
GOLDMINE – der<br />
Titel ist eine Textzeile<br />
aus “The End”<br />
–<br />
die erste Doors-<br />
Compilation nach Jim Morrisons Tod.<br />
Längst ist diese Doppel-LP schon nicht<br />
mehr erhältlich, am 19. Mai 2014, exakt<br />
ein Jahr nach dem Tod von Keyboarder<br />
Ray Manzarek, wurde nun diese Best-Of-<br />
Sammlung als Doppel-CD veröffentlicht.<br />
Ihre Relevanz ist ungebrochen, wenn man<br />
einen Überblick über die sechs Alben haben<br />
möchte, die Morrison, John Desmore,<br />
Manzarek und Bobby Krieger zwischen<br />
1967 und 1971 aufgenommen haben, wird<br />
man hier immer noch bestens bedient. Die<br />
Mischung aus bekannten und eher unbekannteren<br />
Songs passt, neben Hits wie<br />
“Break On Through”, “L.A. Woman” und<br />
“Love Her Madly” gibt es mit “Who Scared<br />
You” und Willie Dixons “(You Need<br />
Meat) Don’t Go Fur<strong>the</strong>r” auch zwei starke<br />
B-Seiten, die man nicht auf den regulären<br />
LPs findet.<br />
(Rhino/Warner, 1972,<br />
12/50:47, 10/48:38) us<br />
CLOSURE IN MOSCOW<br />
PINK LEMONADE<br />
Seit 2006 gibt es diese Prog-Rockband<br />
aus dem australischen Melbourne schon,<br />
nach einer 2008er EP („The Penance And<br />
The Patience”) und ihrem 2009er Debüt<br />
(FIRST TEMPLE) gibt es jetzt mit PINK<br />
LEMONADE ein frisches Lebenszeichen.<br />
Dabei engt die Bezeichnung Prog-Rock die<br />
Musik dieses Quintetts eher ein, über weite<br />
Strecken agiert es mit einem breitgefächerten<br />
Stilmix, der sich insgesamt gesehen<br />
nur schwer in Worte fassen lässt. Elektronische<br />
Spielereien zwischen Can und New<br />
Wave, Avantgarde-Pop der Nineties, krachender,<br />
fast Garagen-artiger Rock’n’Roll,<br />
aufgeregte, jazzige Zwischenspiele, hymnische<br />
Queen-Reminiszenzen, treibender<br />
Power-Rock, Heavy-Metalausflüge – alles<br />
dabei in dieser kunterbunten Sammlung.<br />
Und wenn eine australische Band einen<br />
Song namens “Mauerbauertraurigkeit” im<br />
Programm hat, dann hat sie allemal ein<br />
Reinhören verdient.<br />
(Sabretusk/Just For Kicks, 2014,<br />
11/60:44) tk<br />
Seite 40 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
ANUBIS<br />
HITCHHIKING TO<br />
BYZANTIUM<br />
Schon mit ihren Alben 250503<br />
(2009) und A TOWER OF SILENCE<br />
(2011) ließen Anubis Prog-Rockfreunde<br />
aufhorchen, wobei es nicht<br />
ganz so einfach war, zu vernünftigen<br />
Preisen an die Importalben der Australier<br />
zu kommen. Mit ihrem Ende<br />
Juni veröffentlichten neuen Werk<br />
hat dies ein Ende, ihr drittes Album<br />
mit dem Titel HITCHHIKING TO<br />
BYZANTIUM ist sozusagen die offizielle<br />
Europapremiere der Band aus<br />
Sydney. Es ist ein Themenalbum, es<br />
geht ums Älterwerden, darum, sich<br />
zu verbessern, aber auch wie man<br />
damit umgeht, wenn es nicht so rund<br />
läuft. „Ein bisschen esoterisch ist<br />
es schon geworden”, gibt Gitarrist<br />
Douglas Skene zu, doch Entwarnung.<br />
Der Musik von Anubis hört man das<br />
nicht viel davon an. Sie geben ihren<br />
Songs viel Zeit, sich zu entwickeln,<br />
klar werden da Parallelen zu Pink<br />
Floyd gezogen, doch im Vergleich<br />
zu Floyd klingen Anu bis wesentlich<br />
direkter und klarer, verzichten fast<br />
komplett auf psychedelische Anteile<br />
zu Gunsten keltisch angehauchter<br />
Folk-Rockparts.<br />
(Bird’s Robe Records/Just For Kicks,<br />
2014, 10/77:42) us<br />
IAN HUNTER<br />
THE ARTFUL DODGER<br />
Immer noch<br />
gehört<br />
Ian<br />
Hunter<br />
zu<br />
den am meisten<br />
unterschätzten<br />
Musikern.<br />
Oder anders gesagt, egal ob bei Mott<br />
The Hoople oder bei seinen Kollaborationen<br />
mit David Bowie, Mick<br />
Ronson, John Cale und Ringo Starr,<br />
so richtig im Rampenlicht standen<br />
immer die anderen. Vielleicht aber<br />
auch ganz gut so, denn wer weiß,<br />
ob unter größerem Erfolgsdruck<br />
und mit höherer Erwartungshaltung<br />
so herrliche Rockperlen entstanden<br />
wären, wie sie Ian Hunter immer<br />
wieder ans Tageslicht brachte. Eines<br />
dieser untergegangenen Alben ist das<br />
ursprüngliche 1996 veröffentlichte<br />
THE ARTFUL DODGER. Mit Produzent<br />
Björn Nessjö arbeitete Hunter<br />
schon zuvor für das Album DIRTY<br />
LAUNDRY zusammen, ebenso mit<br />
einem Großteil der skandinavischen<br />
Musiker. Gelassenes Songwriting<br />
trifft auf eine entspannte Produktion,<br />
Rockmusik mit Tiefgang, definitiv<br />
eine späte Entdeckung wert ...<br />
(MiG/Sony <strong>Music</strong>, 1996,<br />
12/61:21) tk<br />
MANIC STREET<br />
PREACHERS<br />
FUTUROLOGY<br />
Wer bei ihren Auftritten im Frühjahr<br />
dieses Jahres genau aufgepasst hat,<br />
der konnte sich schon einen Vorgeschmack<br />
auf die Art von Musik verschaffen,<br />
mit der die Manic Street<br />
Preachers ihr Anfang Juli veröffentlichtes<br />
Album FUTUROLOGY<br />
ausgestattet haben. Tiefgehend, vielschichtig<br />
und abwechslungsreich<br />
hört sich das an, von Krautrock-Reminiszenzen<br />
wird gesprochen, doch<br />
um diese herauszuhören braucht<br />
man schon sehr viel Fantasie. Für<br />
überraschende Momente sorgt unter<br />
anderem die deutsche Schauspielerin<br />
Nina Hoss, deren (gesamplete)<br />
Worte den Refrain von “Europa geht<br />
durch mich” bilden, Scritti-Politti-<br />
Frontmann Green Gartsides Beitrag<br />
zu “Between The Clock And The<br />
Bed” sowie Gastauftritte ihrer walisischen<br />
Landsleute Cian Ciaran<br />
(Super Furry Animals) und Singer/<br />
Songwriterin Georgia Ruth. Geblieben<br />
ist den Manic Street Preachers<br />
das Hymnische, das Flehende, das<br />
Emotionale, nun ergänzt um eine angenehme<br />
Prise britischer Skurrilität,<br />
was FUTUROLOGY zu einem richtig<br />
guten Album macht.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>,<br />
2014, 13/47:17) us<br />
LIFT<br />
DIE GRÖSSTEN HITS<br />
Die aus Dresden<br />
stammende<br />
und schon<br />
seit den Achtzigern<br />
in Berlin<br />
ansässige<br />
Band feierte<br />
im letzten t Jahr ihren 40. Geburtstag.<br />
Es war jedoch ein vergleichsweise<br />
stilles Jubiläum. So gab es lediglich<br />
ein Jubiläumskonzert in Dresden<br />
mit vielen Gästen. Insofern kommt<br />
die neue Best-Of-Kopplung zwar<br />
spät, aber genau richtig, denn sie<br />
macht nachvollziehbar, warum Lift<br />
zu den ganz Großen des Ost-Rock<br />
gehören. Der Sampler vereint sämtliche<br />
Hits von “Am Abend mancher<br />
Tage”, das den schmerzhaften Verlust<br />
zweier Lift-Musiker durch einen<br />
tragischen Unfall<strong>to</strong>d <strong>the</strong>matisiert,<br />
bis “Nach Süden”, der ultimativen<br />
Fernwehhymne der damals Reiseeingeschränkten<br />
Ostdeutschen. Für<br />
Fans, die schon alles haben, ist diese<br />
Kopplung dennoch interessant,<br />
finden sich doch hier Nummern,<br />
die von Franz Bartzsch und Stefan<br />
Trepte gesungen werden. Beide Musiker<br />
verließen Lift schon vor dem<br />
ersten Album, weshalb sie auf keiner<br />
regulären Platte der Band dabei sind.<br />
Außerdem gibt es zwei Ausschnitte<br />
aus dem Jubiläumskonzert, zusammen<br />
mit dem Dresdner Kreuzchor<br />
und Pascal von Wroblewsky.<br />
(Amiga/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />
18/76:40) che<br />
URIAH HEEP<br />
OUTSIDER<br />
Wie gut Uriah Heep – immerhin eine<br />
der dienstältesten noch aktiven britischen<br />
Hard-Rockbands – aktuell<br />
sind, davon kann man sich sowohl<br />
bei einem ihrer zahlreichen Live-<br />
Rock<br />
Auftritten als auch bei ihren zuletzt<br />
veröffentlichten Bootleg-Series-CDs<br />
ein Bild machen. Nächstes Beispiel<br />
hierfür dürfte ihr neues Studio-<br />
Album mit dem Titel OUTSIDER<br />
sein. Denn anstatt alte Kamellen neu<br />
aufzuwärmen, legen Mick Box (g,<br />
voc), Phil Lanzon (keys, voc), Bernie<br />
Shaw (voc), Russell Gilbrook (dr)<br />
und der nach dem Tod von Trevor<br />
Bolder neue Bassist Dave Rimmer<br />
ein blitzsauberes Album voller neuer<br />
Songs vor. Auch dass sie dabei immer<br />
noch mit den Qualitäten punkten<br />
können, die sie großgemacht haben,<br />
spricht ohne Zweifel für sich. Herrliche<br />
Keyboardläufe, Hard-Rockende<br />
Gitarrenriffs, immer wieder<br />
der charakteristische, vielstimmige<br />
Chorgesang sowie der starke Shouter<br />
Bernie Shaw lassen keine Langeweile<br />
aufkommen. Uriah Heep im Jahre<br />
2014: eine Band, der es hervorragend<br />
gelingt, die Magie von Alben wie<br />
LOOK AT YOURSELF oder SALIS-<br />
BURY in die Gegenwart zu transportieren.<br />
Stark!<br />
(Frontiers/Soulfood, 2014,<br />
11/49:07) us<br />
SEVEN THAT SPELLS<br />
THE DEATH AND RESUR-<br />
RECTION OF KRAUTROCK:<br />
IO<br />
Den „Tod und<br />
die Wiederauferstehung<br />
des<br />
Krautrock” in<br />
knapp 50 Minuten<br />
abhandeln<br />
zu wollen,<br />
das ist eine große Aufgabe, die sich<br />
Seven That Spells da gestellt haben.<br />
Doch wenn man wie Niko Po<strong>to</strong>cnjak<br />
(g), Jeremy White (b, voc) und Nikola<br />
Babic (dr) nach eigenen Angaben<br />
aus dem 23. Jahrhundert (wo der<br />
Rock’n’Roll schon lange ausges<strong>to</strong>rben<br />
ist ...) in unsere Zeit zurückreist,<br />
dann wird schon klarer, warum sie ihr<br />
Album THE DEATH AND RESUR-<br />
RECTION OF KRAUTROCK: IO<br />
genannt haben. Kraftvoll geht es bei<br />
ihrem (Kraut-)Rock zur Sache, immer<br />
wieder gibt es Space-rockige Zwischenspiele,<br />
fremdartig anmutende<br />
Chöre, hämmernde Tribaldrums, aber<br />
auch erdige Blues-Rockphasen und<br />
guter alter Psychedelic sind da auszumachen.<br />
Also alles andere als leicht<br />
zu konsumierende Kost, doch wenn<br />
man sich auf diesen irren Trip einlässt,<br />
nimmt einen diese Trance-artige<br />
Musik unweigerlich gefangen.<br />
(Sulatron/Cargo, 2014, 5/47:15) tk<br />
RAY BONNEVILLE<br />
EASY GONE<br />
Der aus Kanada stammende Singer/<br />
Songwriter Ray Bonneville ist derart<br />
oft auf Achse, dass er sich selbst<br />
schon als Nomaden einstuft. Die Folge<br />
davon sind Highwaytrip-Alben wie<br />
EASY GONE, die er als einer der besten<br />
Americana-Acts der Gegenwart<br />
regelmäßig mit Blues-grundierten,<br />
lyrisch aussagestarken Songs be-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41
CD<br />
REVIEWS<br />
stückt, die beim Hören Assoziationen an<br />
endlose Asphaltbänder, stillgelegte Tankstellen,<br />
verlassene Drugs<strong>to</strong>res und ranzige<br />
KFC-Buden wecken. Bonneville singt entspannt<br />
und lässig wie J.J. Cale oder auch<br />
Mark Knopfler und errichtet zugleich ein<br />
Spannungsdreieck mit Kalifornien, New<br />
Orleans und Oklahoma als Eckpunkten.<br />
Ins trumental werden die zumeist im Midtempobereich<br />
gehaltenen Lieder von reduzierter<br />
E-Gitarre, kraftvoller Mundharmonika<br />
und klug eingesetzter Perkussion<br />
geprägt. Stärkste Songs sind “Who Do<br />
Call The Shots”, “Lone Freighter’s Wail”,<br />
“When I Get To New York”, “So Lonely I<br />
Could Cry” und “Two Bends In The Road”.<br />
Ein für Roots-Rockfans unverzichtbares<br />
Album mit sehr langer Halbwertzeit!<br />
(Red House/inakustik, 2014,<br />
10/37:26) hjg<br />
VERSCHIEDENE<br />
INTERPRETEN<br />
OSPREY RECORDS LIVE ALBEN<br />
Mit sechs Live-<br />
Alben führt sich das<br />
neue Label Osprey<br />
Records auf dem<br />
Wiederveröffentlichungsmarkt<br />
ein.<br />
Erst letztes Jahr<br />
kam ALIVE & ROCKIN’ von Foreigner<br />
in die Läden, das 2006 beim „Bang Your<br />
Head”-Festival im süddeutschen Balingen<br />
mitgeschnitten wurde. Mit neun Songs<br />
geht es von “Double Vision” über “Cold<br />
As Ice” bis zu “Urgent” und “Juke Box<br />
Hero”, also einmal quer durch die besten<br />
Zeiten dieser Band. PICTURES von Status<br />
Quo wurde 2009 beim „Montreux Jazz<br />
Festival” aufgenommen, bei dem sich die<br />
Briten auch auf frühes Material wie “Pictures<br />
Of Matchstick Men” oder “Ice In The<br />
Sun” konzentrierten. 2007 gaben OMD in<br />
ihrer britischen Heimat ein Konzert, bei<br />
dem sie ihr Album ARCHITECTURE &<br />
MORALITY in Gänze spielten, dazu noch<br />
MORE, also den Rest ihrer großen Erfolge<br />
wie “Enola Gay” und “Electricity”. Warum<br />
der Livemitschnitt eines Konzertes<br />
der B-52s in A<strong>the</strong>ns, Georgia, WITH THE<br />
WILD CROWD! heißt, das weiß man spätestens<br />
dann, wenn man die euphorischen<br />
Zuschauerreaktionen bei diesem Heimspiel<br />
hört, bei dem es in 18 Songs ein Wiederhören<br />
mit allen Hits der Band gibt. Aus den<br />
Jahren 1998 und 1999 stammen die Livesongs,<br />
die es auf BLONDIE LIVE zu hören<br />
gibt, als Bonus-Track ist hier “One Way Or<br />
Ano<strong>the</strong>r” mit dabei. 20 Jahre zuvor, 1979,<br />
wurde der Auftritt von Dusty Springfield<br />
in der Londoner Royal Albert Hall aufgezeichnet,<br />
bei dem sie sich noch einmal von<br />
ihrer besten Seite zeigte. Mit großer Band<br />
im Rücken, zwei Hitmedleys sowie klasse<br />
Songs wie “Son Of A Preacher Man” zeigt<br />
LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL<br />
einmal mehr, warum die britische Pop-Diva<br />
bis heute so verehrt wird.<br />
(Osprey Records/edel, 6 CDs) us<br />
LYDIA LUNCH &<br />
CYPRESS GROVE<br />
A FISTFUL OF DESERT BLUES<br />
Millionenfrage: Wo wurde der Western<br />
„A Fistful Of Dollars” („Für eine Handvoll<br />
Dollar”) mit Clint Eastwood gedreht?<br />
Kalifornien? Texas? Mexiko? Nein. Im<br />
südspanischen Almeria! Dort, unter der<br />
andalusischen Sonne, entstanden viele<br />
europäische Filmklassiker. Mit ihrem Album<br />
A FISTFUL OF DESERT BLUES<br />
liefern die Wave-Ikone Lydia Lunch und<br />
der Bluesgitarrist Cypress Grove nun eine<br />
akustische Hommage an den Drehort vieler<br />
Italo-Western der 60er und 70er Jahre.<br />
Die Musik klingt „Spiel mir das Lied vom<br />
Tod”-haft düster und schön. Die 55-jährige<br />
Lunch spricht und singt mit rasselnder, tiefer<br />
Grabesstimme, und Grove zupft dazu<br />
spärliche, aber wohlgesetzte blue notes; im<br />
Hintergrund flirren atmosphärische Soundscapes,<br />
die Bilder von Wüstenlandschaften<br />
wachrufen. Neben guten Eigenkompositionen<br />
gibt’s auch drei gelungene Cover-<br />
Versionen: Mark Lanegans “Revolver”,<br />
Jeffrey Lee Pierces “St. Mark’s Place” und<br />
Van Morrisons “T.B. Sheets”. Sattelt die<br />
schwarzen Pferde, vielleicht gibt’s ja noch<br />
eine Fortsetzung: für ein paar Dollar mehr<br />
von diesem Desert Blues!<br />
(Rustblade/Broken Silence, 2014,<br />
12/49:27) frs<br />
GREENSLADE<br />
LARGE AFTERNOON<br />
Bevor Greenslade im<br />
Jahr 2000 ihr Reunion-Album<br />
LARGE<br />
AFTERNOON veröffentlichten,<br />
hatten<br />
sie eine rund 25-jährige<br />
Pause eingelegt.<br />
Colosseum-Keyboarder David Greenslade<br />
gründete die Band 1972, brachte mit Tony<br />
Reeves dazu noch den Bassist von seiner<br />
alten Band mit, Dave Lawson (keys, voc)<br />
und Andrew McCulloch (dr) vervollständigten<br />
das Quartett. Nach der Auflösung<br />
1976 reformierten Greenslade und Reeves<br />
fast ein Vierteljahrhundert später dann zusammen<br />
mit Sänger und Keyboarder John<br />
Young (Asia, Quango) sowie Schlagzeuger<br />
Chris Cozens die Band. Vor allem Freunde<br />
von klassisch-opulentem Prog-Rock kamen<br />
dabei auf ihre Kosten, trotz der langen Pause<br />
konnten Greenslade ihren charakteristischen<br />
Sound mit zwei Keyboards – und<br />
ohne Gitarre! – auf Anhieb wieder perfekt<br />
reproduzieren. Für die 2014er Wiederveröffentlichung<br />
gibt es neue, ausführliche<br />
Liner-Notes, in denen vor allem David<br />
Greenslades Erinnerungen an dieses Album<br />
zu lesen sind.<br />
(Angel Air, 2000, 9/46:46)<br />
us<br />
MANDO DIAO<br />
AELITA<br />
Schon das Nebenprojekt Caligola, bei dem<br />
die beiden Mando-Diao-Mitglieder Björn<br />
Dixgård und Gustaf Norén sich vor zwei<br />
Jahren in Sachen Dancefloor aus<strong>to</strong>bten,<br />
kündigte den Stilwechsel der schwedischen<br />
Band an. Will heißen, dass mit AELITA jetzt<br />
so gut wie alle Spuren, die an frühere Indie-<br />
Rockzeiten erinnern, getilgt sind, dass die<br />
Hinwendung zu elektronisch geprägten,<br />
tanzbaren Klängen vollzogen ist. Auch dass<br />
sie ihr neues Werk nach einem gebrauchten<br />
russischen Syn<strong>the</strong>sizer benannt haben,<br />
den sie 2011 geschenkt bekamen, passt da<br />
ins Bild. Dass Mando Diao dennoch weit<br />
davon entfernt sind, Dutzendware für die<br />
Tanzflächen zu produzieren, dass sich ihr<br />
Sound trotz allem noch ganz gehörig von<br />
anderen Electro-Acts unterscheidet, liegt an<br />
ihrem Songwriting. Denn wenn woanders<br />
Rhythmen und pumpende Bässe im Mittelpunkt<br />
stehen, gibt es diese auf AELITA<br />
auch zu hören, aber nur als Stilmittel, als<br />
Unterstützung. Chef im Ring bleiben ihre<br />
Melodien, die ebenso hymnisch wie tanzbar<br />
sind.<br />
(Vertigo/Universal, 2014, 10/54:24) tk<br />
JOHN MELLENCAMP<br />
1978–2012<br />
Außerhalb seiner Heimat wird John Mellencamp<br />
immer etwas unter Wert betrachtet,<br />
Nicht-Amerikanern fehlt einfach der Bezug<br />
zu den ländlich geprägten Themen, die er in<br />
seinen Songs immer wieder aufgreift. Als<br />
Johnny Cougar startete er 1976 mit einem<br />
Cover-Album seine Karriere, interpretierte<br />
Roy Orbison (“Oh, Pretty Woman”), die<br />
Doors (“Twentieth Century Fox”) und John<br />
Sebastian (“Do You Believe In Magic”).<br />
Nach einem weiteren Album als Johnny<br />
Cougar änderte er für LP Nummer 3 seinen<br />
Vornamen, 1979 erschien JOHN COU-<br />
GAR. Mit diesem Album steigt auch die<br />
Retrospektive-Box 1978–2012 in das Werk<br />
Mellencamps ein, gefolgt von NOTHIN’<br />
MATTERS AND WHAT IF IT DID und<br />
AMERICAN FOOL, mit dem er 1982 das<br />
erste Mal bis auf Platz 1 der US-Charts kletterte.<br />
Auch mit den nächsten vier LPs ging<br />
es regelmäßig in die Top 10, der Durchbruch<br />
war geschafft, sein Name änderte sich<br />
in John Cougar Mellencamp. Ende der 90er<br />
strich er dann das „Cougar” aus seinem Namen,<br />
musste mit JOHN MELLENCAMP<br />
(#41) und ROUGH HARVEST (#99) eine<br />
kleine Talsohle durchschreiten, bevor ab<br />
2007 die Alben FREEDOM’S ROAD,<br />
LIFE DEATH, LOVE AND FREEDOM<br />
und NO BETTER THAN THIS wieder in<br />
den Top 10 landeten. Zusätzlich zu diesen<br />
18 Alben aus 34 Jahren liefert die schmucke<br />
Papp-Box mit FALLING FROM GRACE<br />
noch ein schon lange nicht mehr erhältliches<br />
Highlight, den 1991 veröffentlichten<br />
Soundtrack des gleichnamigen Filmes, der<br />
neben der Musik Mellencamps auch Songs<br />
von Lisa Germano, Nanci Griffith, John<br />
Prine und Dwight Yoakam enthält. Ein imposantes<br />
Gesamtwerk, dessen größtes Plus<br />
seine zeitlose musikalische Qualität ist.<br />
(Mercury/Universal, 2014, 19 CDs) us<br />
JOHN HIATT<br />
TERMS OF MY SURRENDER<br />
40 Jahre nach der Veröffentlichung seines<br />
Debüts HANGING AROUND THE OB-<br />
SERVATORY demonstriert John Hiatt mit<br />
TERMS OF MY SURRENDER, warum<br />
er als einer der stärksten Singer/Songwriter<br />
gilt. Der bald 62-Jährige (*20.8.1952)<br />
hat immer noch etwas zu sagen – und präsentiert<br />
sich musikalisch vielfältig. Sein<br />
langjähriger Gitarrist Doug Lancio, der<br />
produzierte, hat ihn ermutigt, verstärkt zur<br />
Akustikklampfe zu greifen (elektrische<br />
Rock<br />
Beiträge kommen aber nicht zu kurz) und<br />
weitestgehend live im Studio aufzunehmen.<br />
Unter dem Americana-Dach erzählt Hiatt<br />
seine Geschichten auf einer breitgefächerten<br />
Stilbasis. Die reicht von Blues (“Face<br />
Of God”) über Hobo-jazzig Inspiriertes<br />
(im Titelsong) bis zu Country-Gospeligem<br />
– und er singt inzwischen einen Tick tiefer.<br />
Einmal mehr Hiatt vom Feinsten! Der<br />
Mann kann’s einfach!<br />
(New West/ADA Warner, 2014,<br />
11/42:44) pro<br />
TOM PETTY &<br />
THE HEARTBREAKERS<br />
HYPNOTIC EYE<br />
Mit heftigen Gitarrenriffs<br />
wird man<br />
von den ersten beiden<br />
Songs von Tom<br />
Pettys neuem Album<br />
zunächst auf<br />
die falsche Fährte<br />
geführt. Sollte das neue Werk etwa eine<br />
Abkehr vom bewährtem Mix aus Blues,<br />
Americana und kernigem Heartland-Rock<br />
sein? Nein, je länger man sich das Album<br />
anhört, je tiefer geht es wieder zurück in<br />
die Zeiten, als Petty mit seinen Heartbreakers<br />
Anfang der 90er mit INTO THE<br />
GREAT WHITE OPEN einen Genre-Klassiker<br />
schuf. Ja, oft gehen sie sogar zurück<br />
bis in die 70er, als Country-Rock – mit<br />
der Be<strong>to</strong>nung auf „Rock” – seine große<br />
Zeit erlebte, als dieser Stil von Bands wie<br />
der Nitty Gritty Dirt Band, Creedence<br />
Clearwater Revival oder Poco populär gemacht<br />
wurde. Das Highlight des Albums<br />
haben sie sich bis zum Schluss aufgehoben,<br />
der Sechseinhalbminüter “Shadow<br />
People” versammelt in einem Song alles,<br />
was HYPNOTIC EYE ausmacht, rockige<br />
Härte, geerdeten Roots-Rock und klasse<br />
Melodien.<br />
(Reprise/Warner, 2014, 21/44:32) us<br />
ROGER McGUINN, GENE<br />
CLARK, CHRIS HILLMAN<br />
LIVE AT THE BOARDING<br />
HOUSE – THE HISTORIC RADIO<br />
BROADCAST<br />
Mitschnitt eines Konzerts vom 9.2.1978<br />
in San Francisco. Zum Aufwärmen in<strong>to</strong>nieren<br />
Clark, Hillman und McGuinn zunächst<br />
je drei Songs aus ihrem jeweiligen<br />
Katalog solo. Okay, aber nicht wirklich<br />
aufregend. Dann spielen sie, hörbar in<br />
Form kommend, schöne Versionen von<br />
“Chestnut Mare”, “Crazy Ladies” und<br />
dem Clark-Übersong “Train Leaves Here<br />
This Morning”. Und dann gesellt sich<br />
für acht Klassiker wie “Mr. Tambourine<br />
Man” (in ungewöhnlich langer 6:45-Version),<br />
“So You Want To Be A Rock’n’Roll<br />
Star”, “Turn! Turn! Turn!” und “Eight<br />
Miles High” sowie Dylans “Knocking<br />
On Heaven’s Door” David Crosby dazu,<br />
und die Fast-Original-Byrds-Post geht so<br />
richtig ab, was sich auch am Beifallspegel<br />
ablesen lässt. Bis auf das (Aufnahme-)<br />
technisch – zu leiser Gesang – vemurkste<br />
Clark-Lied “Release Me Girl” ein rundum<br />
geglückter Auftritt, bei dem es auch etliche<br />
instrumentale Großtaten gibt. Für Fans<br />
eine Muss-CD.<br />
(All Access/Import, 2014,<br />
17/66:22) hjg<br />
Seite 42 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
16 von pro noch offen<br />
us 2?<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
JETHRO TULL<br />
A PASSION PLAY – AN EX-<br />
TENDED PERFORMANCE<br />
Nach BENEFIT<br />
(1970), AQUA-<br />
LUNG (1971)<br />
und<br />
THICK<br />
AS A BRICK<br />
(1972) stand<br />
die turmhohe<br />
Erwartungshaltung<br />
an das<br />
vierte Album von Jethro Tull schier<br />
un überwindbar vor der britischen<br />
Prog-Band. Als dann noch technische,<br />
gesundheitliche und organisa<strong>to</strong>rische<br />
Probleme dazukamen,<br />
schien A PASSION PLAY im Fiasko<br />
zu enden. Doch wie so oft schienen<br />
all diese Her ausforderungen die<br />
Kreativität eher zu beflügeln als zu<br />
hemmen. Komplizierte Rhythmen,<br />
komplizierte Texte, das Album<strong>the</strong>ma<br />
Wiedergeburt und ewiges Leben<br />
war auch nicht gerade ein Leichtes,<br />
dennoch wurde die darauf dargebotene<br />
Geschichte von Gut gegen Böse<br />
zu einem der besten Alben von Ian<br />
Anderson, Martin Barre, Jeffrey<br />
Hammond-Hammond, Barriemore<br />
Barlow und John Evans, kletterte<br />
auf Anhieb bis auf Platz 1 den US-<br />
Charts. In einem gebundenen Buch<br />
erscheint die so genannte Extended<br />
Performance mit zwei CDs und zwei<br />
DVDs. Sie enthält das Originalalbum<br />
sowie das komplette Material,<br />
das bei den Aufnahmen im Chateau<br />
d’Hérouville entstand, neu gemixt<br />
von Steven Wilson. Die DVDs liefern<br />
die ebenfalls von Wilson vorgenommenen<br />
Abmischungen im 5.1<br />
Surround-Sound sowie zusätzliches<br />
Videomaterial. Tolle Aufbereitung<br />
eines starken Albums, dazu noch ein<br />
80-seitiges Begleitbuch, das keine<br />
Wünsche offen lässt.<br />
(Chrysalis/Warner, 1973,<br />
15/45:33, 15/59:53) us<br />
ANGLAGARD<br />
PROG PA SVENSKA – LIVE<br />
IN JAPAN<br />
Nach personeller Umbesetzung, mit<br />
den neuen Mitgliedern Linus Kåse<br />
(keys) und Erik Hammarstöm (dr),<br />
waren die schwedischen Prog-Rocker<br />
Anglagard (zusammen mit dem Crimson<br />
ProjeKCt) an drei Abenden im<br />
März letzten Jahres im Club Citta im<br />
japanischen Kawasaki zu Gast. Das<br />
dabei mitgeschnittene Material wird<br />
nun auf PROG PA SVENSKA – LIVE<br />
IN JAPAN auf zwei CDs mit sieben<br />
Longtracks veröffentlicht. Immer<br />
wieder beeindruckend, wie vielseitig<br />
sich die Band hier zeigt, wie es ihr<br />
fast durchgehend gelingt, die Spannung<br />
zu halten. Gerade die Wechsel<br />
zwischen vertrackten, jazzigen<br />
Phasen und melodischen, Klassikgeprägten<br />
Abschnitten, das Anziehen<br />
und Verlangsamen des Tempos, die<br />
Prog-typische Alternation zwischen<br />
harten und weichen Passagen – alles<br />
Qualitäten, die Anglagard hier in Perfektion<br />
zeigen. Dazu noch hochwertig<br />
verpackt und mit einem <strong>to</strong>llen Booklet<br />
ausgestattet.<br />
(Anglagard Records/Just For Kicks,<br />
2014, 4/42:30, 3/44:02) us<br />
VERTICAL HORIZON<br />
ECHOES FROM THE<br />
UNDERGROUND<br />
Wer wie Matt<br />
Scannell schon<br />
seit über 20<br />
Jahren im Musikbusiness<br />
tätig ist, wer<br />
schon erfolgreiche<br />
Songs mit und für Künstler<br />
wie Richard Marx und David Powter<br />
geschrieben hat, der weiß, worauf es<br />
ankommt. Parallel zu seinen Kollaborationen<br />
hatte Scannell mit Vertical<br />
Horizon auch immer seine eigene Band<br />
am Laufen. Anfang der 90er Jahre veröffentlichte<br />
sie drei selbst vertriebene<br />
Alben, bevor 1998 bei RCA ein Majorvertrag<br />
unterschrieben wurde. Mit<br />
“Everything You Want” erreichten sie<br />
im Juli 2000 Platz 1 in den Billboard<br />
Charts, gefolgt von Hits wie “You’re<br />
A God” und “Best I Ever Had”. Klasse<br />
Songs, die jetzt mit dem Mitte Juni<br />
veröffentlichten ECHOES FROM<br />
THE UNDERGROUND ihre Fortsetzung<br />
finden. Scannell und seiner Band<br />
gelingen darauf herrlich hymnische<br />
Rocksongs, mal Gitarren-getrieben,<br />
mal prog-rockig verschachtelt, mal in<br />
Richtung gefühlvoller Pop gehend.<br />
(Membran/Sony <strong>Music</strong>, 2014,<br />
11/47:52) us<br />
BACON BROTHERS<br />
36 CENTS<br />
Was tun, wenn man von einer zur Veröffentlichung<br />
anstehenden CD nur eine<br />
gebrannte Vorab-CD ohne Titel- oder<br />
sonstige Angaben erhält (außer dass es<br />
sich um durchweg neue Songs handelt<br />
und Daryl Hall als Duettpartner dabei<br />
ist)? Einfach nur lauschen und diese<br />
Eindrücke in den Computer klopfen!<br />
36 CENTS nennt sich das neue Werk<br />
der Bacon Bro <strong>the</strong>rs, also der Band um<br />
Schauspieler Kevin Bacon und seinen<br />
Bruder Michael. Es ist deutlich stärker<br />
Singer/Songwriter-orientiert als die<br />
bisherigen Tonträger der Brüder. Novelty<br />
Songs wie das Titelstück werden<br />
zu Gehör gebracht. Die Akustikgitarre<br />
(samt geschmackvoller Streicherunterstützung)<br />
dominiert als Führungsinstrument,<br />
auch wenn das elektrische<br />
Instrumentarium keineswegs in der<br />
Ecke verstaubt. Einmal wird auch kräftiger<br />
abgerockt. Die Texte scheinen einer<br />
intensiveren Beschäftigung wert –<br />
insgesamt anspruchsvoll, manchmal an<br />
Jackson Browne (und entfernt an Paul<br />
Simon) erinnernd.<br />
(Hypertension/Soulfood, 2014,<br />
12/43:49) pro<br />
THE WILD MAGNOLIA<br />
MARIACHIS<br />
BOOGIE INDIANS<br />
Die erste Inkarnation der Wild Magnolia<br />
Mariachis gab es zwischen<br />
1997 und 2002, nach ein paar Jahren<br />
Rock<br />
Pause war es 2011 soweit, dass sich<br />
die die aktuelle, neunköpfige Besetzung<br />
der Münchner Band wieder zusammenfand.<br />
Wenig ändern mussten<br />
sie ihren Stil für die Reunion, fetzige,<br />
Blues-rockige Partymusik war vor<br />
15 Jahren genauso angesagt, wie sie<br />
es heutzutage ist. Mit zwei Gitarren,<br />
Keyboards, Mundharmonika,<br />
einer pumpenden Rhythmusgruppe<br />
und fettem Gebläse bietet BOO-<br />
GIE INDIANS einen ganz eigenen<br />
Rock’n’Roll-Cocktail, treibender<br />
Boogie, fetziger R&B, sich immer<br />
wieder bei artverwandten Stilen wie<br />
Sou<strong>the</strong>rn Rock, Rockabilly, Blues<br />
und Country bedienend. Neben ihren<br />
selbst verfassten Songs bedienen<br />
sie sich auch an Vorlagen von Bruce<br />
Springsteen (“Johnny 99”), ZZ Top<br />
(“Heard It On The X”) oder Willie<br />
Dixon (“Tail Dragger”).<br />
(Notnowmom!/Galileo <strong>Music</strong><br />
Communication, 2014,<br />
15/58:20) tk<br />
BLODWYN PIG<br />
THE BASEMENT TAPES<br />
Nach<br />
Fertigstellung<br />
des<br />
Debütalbums<br />
THIS<br />
WAS<br />
stieg<br />
Gitarrist<br />
Mick<br />
Abrahams<br />
1968<br />
bei Jethro Tull aus und gründete das<br />
Blues-Rockquartett Blodwyn Pig, um<br />
das es nach den beiden recht erfolgreichen<br />
LPs AHEAD RINGS OUT<br />
und GETTING TO THIS bald wieder<br />
still wurde. Diese ausweislich der auf<br />
1999 datierten Liner-Notes nicht zum<br />
ersten Mal veröffentlichte Zusammenstellung<br />
vereint elf bei diversen<br />
Sessions in den Jahren 1969 in Originalbesetzung<br />
bzw. 1974 mit Ex-Tull-<br />
Drummer Clive Bunker für die BBC<br />
eingespielte Tracks mit zwei 1996 im<br />
Trioformat aufgenommenen Titeln.<br />
Dabei ruft die Mehrzahl der frühen<br />
Aufnahmen noch einmal ins Gedächtnis,<br />
welch kreatives Potenzial in diesem<br />
Bandprojekt steckte, während<br />
die abschließende 1996er Version von<br />
”Drive Me” gegenüber dem Original<br />
von GETTING TO THIS definitiv den<br />
Kürzeren zieht.<br />
(Gonzo/H’Art, 2014, 13/55:45) ms<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
ALL MY FRIENDS – CELE-<br />
BRATING THE SONGS &<br />
VOICE OF GREGG ALLMAN<br />
Wieder einmal eine Veröffentlichung,<br />
bei der einfach alles passt. Klasse Verpackung,<br />
doppelt aufklappbares Digipak,<br />
zwei prallvolle CDs, eine DVD<br />
mit dem kompletten Konzert, dickes<br />
Booklet mit allen notwendigen Infos<br />
und vielen Livefo<strong>to</strong>s. Dass ein Abend,<br />
an dem mit Gregg Allman einer der<br />
wichtigsten Musiker der amerikanischen<br />
Rockszene im Mittelpunkt<br />
steht, an dem hochrangige Gäste wie<br />
Warren Haynes, Derek Trucks, John<br />
Hiatt, Vince Gill, Jackson Browne,<br />
Martina McBride, Taj Mahal und Dr.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 43
CD<br />
REVIEWS<br />
John zu sehen und zu hören waren, etwas<br />
Besonderes ist, das versteht sich von selbst.<br />
Natürlich war auch Gregg Allman selbst bei<br />
einigen seiner Songs auf der Bühne mit dabei,<br />
wie auch die aktuelle Allman Bro<strong>the</strong>rs<br />
Band, die Jamkönige von Widespread Panic<br />
und ein furioses Finale, bei dem alle Künstler<br />
gemeinsam ein vielstimmiges “Will The<br />
Circ le Be Unbroken” anstimmten. Auch<br />
sonst ist die Trackliste gespickt mit Highlights,<br />
von “Statesboro Blues” über “Melissa”<br />
bis zu “Whipping Post”. Herrlich!<br />
(Rounder/Universal, 2014,<br />
14/73:20, 12/76:31) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
PUNK 45: SICK ON YOU! ONE<br />
WAY SPIT! AFTER THE LOVE &<br />
BEFORE THE REVOLUTION –<br />
PROTO-PUNK 1969–76<br />
Folge 3 der verdienstvollen<br />
Punk-Rockserie<br />
des Labels Soul<br />
Jazz. Nach den<br />
USA und dem<br />
UK sind diesmal<br />
die Vorläufer der Frühsiebziger dran, die<br />
mit unangepassten Klängen aus den Bereichen<br />
Hardcore-Garage, Post-Glam und<br />
Pub-Rock die Punkrevolution vorbereiteten.<br />
Dankenswerterweise fehlen oft – und<br />
teilweise zu Unrecht – genannte Acts wie<br />
The S<strong>to</strong>oges, New York Dolls, MC 5 und<br />
Patti Smith, denn der Fokus liegt klar auf<br />
weit weniger Prominenten wie The Electric<br />
Eels (Cleveland), Crime (San Francisco),<br />
Zolar X (Los Angeles), George Brigman<br />
(Baltimore), The 101ers (Londoner Pre-<br />
Clash-Band mit Joe Strummer), Cabaret<br />
Voltaire (Sheffield) und The Count Bishops<br />
(London) – und die übrigen Helden kennen<br />
heute allenfalls nur noch Spezialisten; sie<br />
machten schon damals ihre Musik unter<br />
ziemlichem Ausschluss der breiten Öffentlichkeit.<br />
Umso wichtiger ist, dass in den<br />
ausgezeichneten Liner-Notes von Jon Savage<br />
alle Interpreten in kurzen Biografien<br />
plus exklusiven Fo<strong>to</strong>s vorgestellt werden.<br />
Die geballt zu hörende Musik voller hingebungsvoller<br />
Härte, Energie und Ungeschliffenheit<br />
spricht freilich sowieso für sich.<br />
(Soul Jazz/Indigo, 2014,<br />
21/78:01) hjg<br />
JOHN DOE<br />
THE BEST OF JOHN DOE:<br />
THIS FAR<br />
John Doe (*25. Februar 1954 als John Nommensen<br />
Duchac) ist ein US-amerikanischer<br />
Sänger, Songwriter, Gitarrist, Bassist und<br />
Schauspieler. Doe war Mitbegründer der<br />
Punk-Rockband X, spielte zeitweise auch<br />
bei den Flesh Eaters und Knitters und veröffentlichte<br />
ab 1990 Solo-Alben. Ein Mann mit<br />
vielen Talenten, der hier eine persönlich ausgesuchte,<br />
Label-übergreifende, jedoch nicht<br />
chronologisch aufgebaute Werkschau mit 21<br />
Songs von neun Alben vorlegt, die nicht von<br />
„Hits” geprägt wird. Enthalten sind stattdessen<br />
kernige Rocker wie “Telephone By The<br />
Bed”, “A Step Outside”, und “The Golden<br />
State”, das jazzige “Never Enough” und das<br />
stark von den Byrds und Tom Petty beeinflusste<br />
“This Far”. Hingegen kommt “Dying<br />
To Get Home” mit Rockabilly-Momenten<br />
und “Faraway (From The North Country)”<br />
Rock<br />
mit schönem Folk<strong>to</strong>uch. Es gibt auch die beiden<br />
neu aufgenommenen Songs “Take #52”<br />
und “Poor Girl” (gab es schon mit X), Kollaborationen<br />
mit Dan Auerbach, Dave Alvin<br />
und Kathleen Edwards, aber zum Beispiel<br />
leider nichts vom Album COUNTRY CLUB<br />
mit den Sadies. Insgesamt ist THIS FAR ein<br />
überwiegend John Does eher ruhige Seite<br />
be<strong>to</strong>nendes Porträt, das unbedingt Appetit<br />
auf mehr macht.<br />
(Yep Roc/Cargo, 2014,<br />
21/74:06) hjg<br />
STEVE HARLEY &<br />
COCKNEY REBEL<br />
THE BEST YEARS OF OUR<br />
LIVES – DEFINITIVE EDITION<br />
Immer noch ist das<br />
1975 veröffentlichte<br />
Album THE BEST<br />
YEARS OF OUR<br />
LIVES das bestverkaufte<br />
Album von<br />
Steve Harley & Cockney<br />
Rebel. Der geniale Songwriter und mitreißende<br />
Liveperformer Steve Harley hatte<br />
für die Aufnahmen zu diesem Werk aufgrund<br />
Band-interner Streitigkeiten fast sein komplettes<br />
Personal ausgewechselt, nur Schlagzeuger<br />
Stuart Elliott durfte bleiben. Unter der<br />
Produktionsregie von Alan Parsons entstand<br />
ein Album, das zwar klar dem Glam-Rock<br />
zuzuordnen ist, aber dennoch schon Stile wie<br />
die kurz darauf aufkommende New Wave<br />
vorwegnahm. Vier Extra-Tracks: eine B-<br />
Seite, eine Single-Version, ein alternativer<br />
Mix sowie eine Acoustic-Version. Wie gut<br />
Steve Harley & Cockney Rebel damals auf<br />
der Bühne waren, das zeigen zwei zusätzliche<br />
CDs (sowie eine 28-minütige DVD),<br />
auf denen ein 1975er Auftritt im Londoner<br />
Hammersmith Odeon dokumentiert ist, bei<br />
dem es neben den BEST YEARS-Songs<br />
auch klasse Liveversionen von “Sebastian”<br />
und “Tumbling Down” zu hören gibt.<br />
(Parlophone/Warner, 1975,<br />
13/55:39, 7/54:08, 7/45:42) us<br />
CHRISSIE HYNDE<br />
STOCKHOLM<br />
Man muss schon genau hinsehen, damit man<br />
es nicht mit dem Pretenders-Album GET<br />
CLOSE verwechselt: Auf dem Cover von<br />
STOCKHOLM sieht man Chrissie Hynde<br />
in einem ähnlichen Schwarz-Weiß-Schnappschuss<br />
in vergleichbar selbstbewusster Pose<br />
vor ebenfalls schneeweißem Hintergrund.<br />
Doch der nach der schwedischen Hauptstadt<br />
benannte Longplayer ist kein neues Pretenders-Werk,<br />
es ist Hyndes erstes Solo-Album<br />
in ihrer über 30-jährigen Karriere als Musikerin.<br />
Auf der gemeinsam mit Produzent,<br />
Co-Komponist und Gitarrist Björn Yttling<br />
(Peter, Bjorn & John) in den S<strong>to</strong>ckholmer<br />
Ingrid Studios entstandenen Scheibe präsentiert<br />
sich die 62-jährige US-Sängerin in gewohnt<br />
guter Qualität. Allerdings sind einige<br />
Rhythmus- und Keyboardspuren etwas zu<br />
poliert und pompös geraten, was den Songs<br />
nicht gut steht. Ein reduzierteres Gewand<br />
hätte ihre Nähe und Direk<strong>the</strong>it besser hervorgekehrt.<br />
Dennoch knüpfen Lieder wie “Dark<br />
Sunglasses”, “Like In The Movies” und<br />
“Down In The Wrong Way” (unverkennbar<br />
spielt hier Neil Young die E-Gitarre!) nahtlos<br />
an beste Pretenders-Zeiten an.<br />
(Caroline/Universal, 2014, 11/37:57) frs<br />
LP<br />
REVIEWS<br />
CRAZY HORSE<br />
CRAZY HORSE<br />
Wer ist Neil Young?<br />
Wenn man Gitarren-Kleingott<br />
Nils<br />
Lofgren, Arrangementmeister<br />
Jack<br />
Nitzsche, dazu drei<br />
versierte Songschreiber/Sänger/Instrumentalisten<br />
/I t sowie illustre<br />
Gäste wie Ry Cooder hat, braucht man sich<br />
wirklich nicht hinter dem kanadischen Meister<br />
zu verstecken. Zwar hatten die ehemaligen<br />
Rockets Neil Young schon zweimal<br />
auf LP „begleitet”, doch was unter der Regie<br />
von Nitzsche und Bruce Botnick (u.a.<br />
The Doors) 1970 in L.A. und Frisco auf<br />
die Bänder kam, brauchte die Zugkraft des<br />
großen Namens nicht. Saubere Westküs ten-<br />
Americana, immer schön im Midtempo und<br />
gar nicht rumpelig gespielt, ergibt ein zeitlos<br />
gutes Album. Kein Wunder, dass Lofgren<br />
später “Beggar’s Day” recycelte und<br />
Rod Stewart “I Don’t Want To Talk About<br />
It” – ja, hier gibt’s die Originalversion – zurechtraspelte.<br />
Sehr feines, gar nicht teures<br />
Reissue, das um Klassen besser klingt als<br />
zeitgenössische europäische Lizenzpressungen.<br />
(Rhino/Warner, 1971, 11 Tracks) lbr<br />
BOB DYLAN<br />
HIGHWAY 61 REVISITED<br />
Es gibt Hits, Superhits,<br />
Evergreens oder<br />
die größten Songs<br />
aller Zeiten. Und es<br />
gibt “Like A Rolling<br />
S<strong>to</strong>ne”. Nicht überirdisch<br />
schön, nicht<br />
abgrundtief traurig, nicht harmonisch<br />
hochveredelt , nicht virtuos inszeniert,<br />
erst recht nicht engelsgleich gesungen.<br />
Und doch ein Song für Himmel, Hölle und<br />
die Ewigkeit. Vor 50 Jahren so mitreißend,<br />
aufwühlend, zupackend wie heute und wie<br />
sicher noch in 50 Jahren. Dass er seinerzeit<br />
„nur” auf Platz 2 in den USA und 4<br />
im UK kam – pfeif drauf. Das zugehörige<br />
Album etablierte Bob Dylan endgültig als<br />
Rockstar und löste seine Rolle als protestsingender<br />
Folkie in Begeisterungstürme<br />
auf. Die „elektrische” Begleitband mit Al<br />
Kooper (keys) und Mike Bloomfield (g)<br />
sorgte unter Regie der Produzenten Tom<br />
Wilson und Bob Johns<strong>to</strong>n für knackige<br />
Untermalungen zu Dylans grandioser Lyrik.<br />
Die, wie er erzählte, vom Highway<br />
61, einer der großen, my<strong>the</strong>numrankten<br />
Nord-Süd-Achsen der Staaten, inspiriert<br />
war. Natürlich brachte sie nicht nur den<br />
angesprochenen Stein ins Rollen, sondern<br />
mit der “Ballad Of A Thin Man” und erst<br />
recht der elfein halbminütigen “Desolation<br />
Row” führte sie Dylan zu weiteren Höchstleistungen.<br />
MFSL setzt mit den fantastisch<br />
klingenden Umschnitten auf jeweils zwei<br />
schnelllaufende LPs einen Meilenstein<br />
nach dem anderen ins Dylans 60er-Jahre-<br />
Discographie. Jetzt hat man sich bei diesem<br />
Über-Album selbst übertroffen. Sogar<br />
die hervorragend überspielte SACD-Version<br />
von Sony <strong>Music</strong> vermag nicht diese<br />
Dramatik und Dynamik zu entfesseln. Ein<br />
Meilenstein – in jeder Beziehung.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1965,<br />
2 LPs 45 rpm, 9 Tracks) lbr<br />
KISS<br />
VINYL-WIEDERVERÖFFENT-<br />
LICHUNGEN<br />
1974 erschien mit KISS das selbst betitelte<br />
Debüt der amerikanischen Rockband, neben<br />
der Karriere-Retrospektive 40 (siehe CD-<br />
Rezensionen) und einer rund 2000 Dollar<br />
teuren Vinylbox mit allen Studio- und Live-<br />
Alben (ergänzt um allerlei exklusives Material,<br />
verpackt in einem Flightcase aus Metall,<br />
limitiert auf 1000 Exemplare) kann man<br />
als Analogfan das 40-jährige Kiss-Jubiläum<br />
auch etwas gezielter (und preiswerter!) feiern.<br />
Auf hochwertigem 180g-Vinyl werden<br />
alle regulären Kiss-Alben neu aufgelegt,<br />
alle mit zusätzlichem Download-Code für<br />
Mp3-Files. Von KISS und HOTTER THAN<br />
HELL (beide 1974) bis zu LOVE GUN<br />
(1977) reichte die erste Phase ihrer Karriere,<br />
bevor dann DYNASTY (1979) und<br />
UNMASKED (1980) eine erste Zäsur einläutete.<br />
Von MUSIC FROM THE ELDER<br />
(1981) bis zu HOT IN THE SHADE (1989)<br />
ging es auf und ab durch die 80er Jahre, mit<br />
dem 1998er PSYCHO CIRCUS endet dann<br />
die Reihe. Ebenso werden die Livescheiben<br />
von Kiss wiederveröffentlicht, 1975 kam<br />
ALIVE! in die Läden, eine legendäre Platte,<br />
die 1977 bzw. 1993 als ALIVE II & III ihre<br />
Fortsetzung fand. 1996 erschien der Mitschnitt<br />
des MTV UNPLUGGED-Konzertes,<br />
zehn Jahre später die Doppel-LP ALIVE!<br />
THE MILLENIUM CONCERT, die an Silvester<br />
1999 im kanadischen Vancouver mitgeschnitten<br />
wurde. Da sollte doch für jeden<br />
Rockfan etwas dabei sein ...<br />
(Universal, 1974–1998)<br />
us<br />
COCO SCHUMANN<br />
COCO ON VINYL<br />
Im Mai feierte Coco<br />
Schumann,<br />
einer<br />
der letzten lebenden<br />
deutschen<br />
Swinglegenden,<br />
seinen<br />
90. Geburtstag. Aus<br />
diesem Anlass veröffentlicht<br />
das Münchner Trikont-Label, das<br />
in den vergangenen Jahren ganz besonders<br />
Seite 44 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
Vinyl<br />
für die Wiederentdeckung des Gitarristen mit<br />
der bewegenden Lebensgeschichte (siehe die<br />
Rezension des Buches „I Got Rhythm” in<br />
dieser Ausgabe) gesorgt hat, nun erstmals<br />
seine Musik auch auf Vinyl. Die Anthologie<br />
COCO ON VINYL (mit eingelegter<br />
CD) deckt mehrere Jahrzehnte der Karriere<br />
des deutsch-jüdischen „Ghet<strong>to</strong>-Swingers”<br />
ab, der als einer der ersten Musiker in<br />
Deutschland eine E-Gitarre spielte. Auf Vinyl<br />
lässt sich Schumanns zwischen Django-<br />
Reinhardt-Kunstfertigkeit und entspanntem<br />
Easy-Listening-Jazz oszillierende Musik,<br />
darunter seine zarte Version von Gershwins<br />
“Summertime”, das experimentelle “Westwind”<br />
oder der schlüpfrige “Stripper Blues”,<br />
besonders stilvoll genießen.<br />
(Trikont/Indigo, 2014, 12/37:11) frs<br />
BOB DYLAN<br />
TIME OUT OF MIND<br />
Mit diesem Album<br />
läutete Bob Dylan<br />
Ende der 90er Jahre<br />
seinen aktuell immer<br />
noch<br />
andauernden<br />
Höhenflug ein. Dabei<br />
waren die einzelnen<br />
Songs, die er für TIME OUT OF MIND<br />
geschrieben hatte, für sich alleine gesehen<br />
gar nicht so sensationell. Oder anders gesagt,<br />
machte er eigentlich nichts anderes als<br />
all die Jahre zuvor, bediente sich bei altem<br />
Blues, an Folksongs aus aller Welt, an erdigem<br />
R&B. Zusammen mit Produzent Daniel<br />
Lanois transformierte er den Geist dieser<br />
Songs in seinen eigenen Kosmos, erschuf<br />
Neues, ohne das Alte zu vernachlässigen,<br />
wurde so wieder einmal zum Vorreiter, inspirierte<br />
junge Bands wie die Black Keys<br />
oder die White Stripes. Aufgrund der Spieldauer<br />
wurden die elf Songs des Originalalbums<br />
auf vier LP-Seiten verteilt, so dass<br />
jedem der Songs genügend Platz zur vollen<br />
Entfaltung zur Verfügung steht.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1997,<br />
11 Tracks) us<br />
GÖLÄ<br />
DIE SCHÖNSTEN<br />
MUNDART-BALLADEN<br />
Der<br />
Schweizer<br />
(nicht-nur)<br />
Berndütsch-Sänger<br />
Gölä<br />
schoss mit seinem<br />
jüngsten<br />
Album<br />
DIE<br />
SCHÖNSTEN<br />
MUNDART-BAL-<br />
LADEN<br />
– NASHVILLE AUFNAHMEN<br />
in Nullkommanix auf Platz 1 der Schweizer<br />
Charts. Gemeinsam mit Executive Producer<br />
Roland Fischer von Universal Schweiz hatte<br />
der Thuner ein cooles Projekt ausgeheckt:<br />
Er wählte aus seinem reichen Songfundus<br />
die besten Balladen aus und spielte sie in<br />
der US-Musikhauptstadt Nashville, Tennessee,<br />
neu ein. Die Zusammenarbeit mit den<br />
amerikanischen Top-Musikern ergab ein<br />
schlicht grandioses Album, von dem man<br />
sich beim Anhören wünscht, es würde nie<br />
aufhören. Die Vorstellung lässt einen schon<br />
schmunzeln: Wie die Instrumentalcracks<br />
beim Abhören der Gesangsspuren völlig<br />
verständnislos bleiben und sie trotzdem so<br />
selbstverständlich spielen, als hätten sie nie<br />
etwas anderes getan, als schwiizerdütsches<br />
Liedgut zu begleiten. Wer angesichts der<br />
Herkunft lauwarmes Countrygewimmer befürchtet,<br />
wird aufs Angenehmste enttäuscht.<br />
Denn da rockt es ganz herzhaft los, Gölä<br />
singt in Bestform, melodisch mitreißende<br />
Gitarrensoli sorgen für Gänsehautstimmung<br />
– und zubesterletzt bat der musikalische<br />
Au<strong>to</strong>didakt noch zwei Landsfrauen ans Gesangsmikro.<br />
Und so zählen “Nümm elei”<br />
im Duett mit Sandee und “We ig alleini bi”<br />
mit Coco Gfeller zu den allerstärksten Nummern<br />
auf einem bärenstarken Album. Oder<br />
Doppelalbum. Denn dank Roland Fischers<br />
Mut gibt es das Werk auch auf zwei Vinyl-<br />
LPs, strikt limitiert auf 500 Exemplare. Jedes<br />
einzelne davon hat Gölä persönlich signiert<br />
und nummeriert. Wenn das mal keine<br />
Sammlerstücke sind!<br />
(Universal, 2014, 2 LPs, 14 Tracks) lbr<br />
BOB MARLEY<br />
LEGEND<br />
1984, drei<br />
Jahre nach<br />
Bob Marleys<br />
Tod,<br />
erschien mit<br />
LEGEND<br />
ein Album,<br />
dass seinem Namen noch immer alle Ehre<br />
macht. Es dokumentiert Marleys Lebenswerk<br />
mit einer beispiellosen Songsammlung,<br />
stellt die Essenz des musikalischen Outputs<br />
des Reggaekünstlers dar. Neben der zeitlosen<br />
Klasse von Liedern wie “No Woman No<br />
Cry”, “Get Up Stand Up”, “One Love/People<br />
Get Ready”, “Exodus”, “Is This Love”,<br />
“Jamming” oder “Redemption Song” punktet<br />
die Jubiläumsausgabe zum 30. Jahrestag mit<br />
herrlich sattem Klang, der sich im Vergleich<br />
zur CD lange nicht so dünn anhört. Passend<br />
dazu auch das dreifarbige (gelb/rot/grün) Vinyl<br />
der beiden LPs, sowie das aufklappbare<br />
Cover. Als besonderen Bonus gibt es noch<br />
zwei bisher unveröffentlichte Aufnahmen<br />
von “Easy Skanking” und “Punky Reggae<br />
Party”, die beide erst kürzlich in Marleys Archiv<br />
entdeckt wurden.<br />
(Island/Universal, 1984, 16 Tracks) tk<br />
FRIPP & ENO<br />
NO PUSSY FOOTING +<br />
EVENING STAR<br />
Der Nicht-Musiker, ik Soundtüftler und Ex-<br />
Roxy-<strong>Music</strong>-Konzeptgestalter Brian Eno<br />
in Kooperation mit dem King-Crimson-<br />
Mastermind, Rock-Oberintellektuellen und<br />
-Avantgardisten Robert Fripp – was für eine<br />
Kombination. “The Heavenly <strong>Music</strong> Cooperation”<br />
heißt denn auch konsequent der<br />
Auftakt zu NO PUSSY FOOTING. Das blieb<br />
im Jahr 1973 im besten wie schlechtesten<br />
Sinne bemerkenswert: je eine LP-Seite lang<br />
Gesumse, Gewabere, Geflirre und Gesäusel,<br />
ohne erkennbare Struktur, ohne Anfang oder<br />
Ende – egal, wo man die Nadel aufsetzt.<br />
Soundscapes würde man das wohl neudeutsch<br />
nennen. Oder Ambient <strong>Music</strong>, für die<br />
Eno zu Recht als Vorbereiter gilt. Erstaunlich<br />
nur, was Eno aus dem damals doch recht beschränkten<br />
analogen Apparaten so rausholte,<br />
und wie Fripp haltlos vor sich hindudelte.<br />
Kommerziell ähnlich folgenlos ging zwei<br />
Jahre später der EVENING STAR auf und<br />
wieder unter. Belanglose Hintergrundbeschallung<br />
für die einen, mutiger Ausbruch<br />
aus Rockschablonen für die anderen. Die<br />
Fans bekommen mit diesen trotz weniger<br />
Knacker und Rillenlaufgeräuschen zu Beginn<br />
von STAR-Seite 2 (die auch nicht weiter<br />
stören, könnten ja zum Klangkonzept gehören)<br />
ordentlich gefertigten und glaubhaft<br />
abgespaced klingenden 200-Gramm-LPs die<br />
feinsten Versionen.<br />
(Opal/Universal, 1973 + 1975,<br />
2 + 5 Tracks) lbr<br />
ROY ORBISON<br />
IN DREAMS<br />
Schöner<br />
können<br />
Schnulzen<br />
nicht<br />
klingen. Mit dieser<br />
Stimme hätte Roy<br />
Orbison wahrscheinlich<br />
auch das Telefonbuch<br />
seiner Heimatstadt<br />
t Wink, Texas, singen können, und<br />
es hätte akustisch beglückt. Optisch und<br />
intellektuell entsprach der zu kritischem<br />
Denken fähige Tenor und Brillenträger so<br />
gar nicht dem oberflächlichen US-Pop-<br />
Starklischee – und doch verkaufte er ab<br />
1960 Millionen Platten. Und das lag auch<br />
an hemmungslos sentimentalem Liedgut,<br />
das sein Produzent Fred Foster ebenso<br />
hemmungslos mit Streichereinheiten überzuckerte.<br />
Da bildete der 1963 in Nashville<br />
eingespielte Longplayer IN DREAMS<br />
keine Ausnahme, den die Original Recordings<br />
Group unter Mastering-Guru Bernie<br />
Grundman jetzt einreiht in die Phalanx<br />
„endgültiger” Versionen. Geradezu verschwendungssüchtig,<br />
aber klangfördernd<br />
auf zwei LPs gepresst, die noch dazu 45<br />
Mal pro Minute rotieren. Zwar wies das Besprechungsexemplar<br />
auf Seite D bei Titel<br />
2 einen für diese Firma völlig untypische<br />
Knacker auf, doch der Detailreichtum (inklusive<br />
mitrasseldem Snaredrum-Teppich),<br />
die fantastische Stimm abbildung und die<br />
jeden Tonabnehmer herausfordernde Dynamik<br />
machen auch rüde Rocker kurzfristig<br />
zu Schnulzenfans. Wenn denn Roy singt ...<br />
(ORG/Sieveking Sound, 1963,<br />
2 LPs 45 rpm, 10 Tracks) lbr<br />
ENNIO MORRICONE<br />
COLLECTED<br />
Natürlich ist es<br />
schlicht unmöglich,<br />
auf nur zwei LPs<br />
einen umfassenden<br />
Überblick über das<br />
Werk von Ennio Morricone<br />
zu bieten. Dennoch<br />
gelingt es COLLECTED mit einzelnen<br />
Beispielen aus seiner langen Karriere, die<br />
Vielfältigkeit des italienischen (Film-)Komponisten<br />
darzustellen. Noch dazu, wenn die<br />
ausgewählten Stücke so gut klingen wie auf<br />
diesen beiden dicken 180g-Vinylscheiben.<br />
Größtenteils gibt es dabei die Titeltracks aus<br />
bekannten Filme zu hören, wie “A Fistful Of<br />
Dollars”, “For A Few Dollars More”, “The<br />
Good, The Bad And The Ugly”, “Once Upon<br />
A Time In The West”, “The Man With The<br />
Harmonica”, “My Name Is Nobody”, “The<br />
Un<strong>to</strong>uchables” und “Cinema Paradiso”.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45
LP<br />
REVIEWS<br />
Viele dieser Melodien kennt man, doch auch<br />
diese Zusammenstellung überrascht wieder<br />
mit neuen Entdeckungen wie eine seiner<br />
jüngsten Kompositionen, das von Elisa Toffoli<br />
gesungene “Ancora Qui” aus dem Film<br />
„Django Unchained”.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2014, 2 LPs,<br />
34 Tracks) us<br />
KANSAS<br />
POINT OF NO RETURN<br />
Nach ihrem erfolgreichen<br />
LEFT-<br />
OVERTURE war<br />
die Erwartungshaltung<br />
für das nächste<br />
Kansas-Album<br />
hoch, doch wie<br />
Steve Walsh (voc, keys), Kerry Livgren<br />
(synth, p, g), Dave Hope (b), Robby<br />
Steinhardt (vio, voc), Rich Williams (g)<br />
und Phil Ehart (dr) mit diesem Druck<br />
umgingen, zeigte ihre Klasse. Mit POINT<br />
OF NO RETURN erschufen sie ein Album<br />
zwischen klassischem 70er-Jahre-<br />
Rock und verspieltem Prog-Rock, das<br />
noch heute regelmäßig in vielen Listen<br />
auftaucht, wenn die besten Alben eines<br />
Genres oder eines Zeitabschnittes gesucht<br />
werden. Auch der Mut, eine „Gitarren-<br />
Fingerübung” von Kerry Livgren mit<br />
einem esoterischen Text zu versehen und<br />
diesen Song “Dust In The Wind” zu nennen,<br />
machte sich mehr als bezahlt. Mit<br />
Platz 4 in den US-Charts war POINT OF<br />
NO RETURN das erfolgreichste Album<br />
von Kansas, ist bis heute rund vier Millionen<br />
Mal verkauft worden.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1977,<br />
10 Tracks) tk<br />
PETER, PAUL & MARY<br />
PETER, PAUL & MARY + IN THE<br />
WIND<br />
Obwohl oder weil es ein Re<strong>to</strong>rten-Trio<br />
t aus dem Kopf von Impressario und Produzent<br />
Albert Grossman war: Mary Travers,<br />
Peter Yarrow und Noel „Paul” S<strong>to</strong>okey<br />
brachten der Folkmusik Anfang der 60er<br />
Jahre den kommerziellen Durchbruch.<br />
Verdientermaßen. Die drei konnten wirklich<br />
singen, die Stimmen harmonierten<br />
wunderbar, die beiden Herren zupften ihre<br />
akustischen Instrumente kompetent – und<br />
sie ließen Popzutaten wie Streichersülze<br />
und Rhythm Section erst mal außen vor.<br />
Nur ein akustischer Bass stützte zeitweise<br />
nach unten ab. Das war der pure Folks<strong>to</strong>ff,<br />
aber aus dem muffigen Kneipendunst<br />
des Greenwich Vil lage in die luftigen Höhen<br />
professionellen Studiosounds geliftet.<br />
Das Debüt sowie das dritte Album – mit<br />
Liner-Notes und drei Songs von Bob Dylan<br />
– lassen auch heutige Hörer beglückt<br />
zurück, weil die hunderttausendfach an<br />
Lagerfeuern und bei Mädchenpartys von<br />
Hobbybarden zu Tode gequälten Song<br />
hier in klassischer Schönheit wieder aufleben.<br />
Die puristisch produzierten Scheiben<br />
waren auch schon immer begehrter S<strong>to</strong>ff<br />
für Audiophile, x-fach in diversen Formaten<br />
vorgelegt. Das Debütalbum liegt<br />
zum Beispiel auch auf Hybrid-SACD von<br />
Audio Fidelity vor, eine weitere Single-<br />
Layer-SACD-Edition von PETER, PAUL<br />
& MARY erschien in den USA bereits<br />
unter dem Titel IF I HAD A HAMMER<br />
(auf Top <strong>Music</strong>). Ähnlich unübersichtlich<br />
ist die silberne und schwarze Präsenz von<br />
IN THE WIND. Der unglaublich warme<br />
– hier passt das Klischee mal – und präsente,<br />
vorbildlich dynamische Klang<br />
(inklusive minimaler Übersteuerung bei<br />
wenigen Spitzen) dieser Pretiosen hat<br />
die Original Recordings Group nun in<br />
der wohl definitiven Fassung konserviert:<br />
auf vier schnell rotierenden LP-Seiten,<br />
mit nur drei Songs pro Seite. Für diesen<br />
Traumklang steht man da gerne mal öfter<br />
auf zum Wenden.<br />
(ORG/Sieveking Sound, 1962 + 1963,<br />
jeweils 2 LPs 45 rpm, 12 + 12 Tracks) lbr<br />
JAMES TAYLOR<br />
NEVER DIE YOUNG<br />
Fünf Jahre lang ließ<br />
sich James Taylor<br />
Mitte der 80er Jahre<br />
Zeit, um einen adäquaten<br />
Nachfolger<br />
für das erfolgreiche<br />
THAT’S WHY I’M<br />
HERE vorzulegen. Gänzlich verzichtete<br />
er auf dem 1988 veröffentlichten NEVER<br />
DIE YOUNG auf Cover-Versionen, hat<br />
alle zehn Tracks selbst oder co-geschrieben.<br />
Mit Kollegen wie Dan Dugmore<br />
(ban, pedalsteel), Leland Sklar (b), Mark<br />
O’Connor (vio), Michael Brecker (sax),<br />
Bill Payne (keys) sowie Rosemary Butler<br />
(voc) hatte Produzent Don Grolnick ein<br />
starkes Team zur Verfügung, so dass die<br />
Arrangements nicht das Problem waren.<br />
Eher schon das (aus heutiger Sicht) eher<br />
mittelmäßige Songwriting Taylors, der<br />
sich vom Zeitgeist der 80er so beeindrucken<br />
ließ, dass er über weite Strecken statt<br />
Singer/Songwriter-Folk immer den gleichen<br />
Eighties-Pop präsentierte, was unter<br />
dem Strich dann ziemlich eintönig klingt.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1988,<br />
10 Tracks) us<br />
KANOI<br />
FROM THE CITY TO THE STARS<br />
Immer wieder beeindruckend,<br />
mit<br />
welcher<br />
Leidenschaft<br />
und mit welcher<br />
Liebe zum<br />
Detail sich kleine<br />
Plattenfirmen<br />
um<br />
besondere Musik kümmern. Bestes Beispiel<br />
hierfür ist das Bochumer Label Clostridium<br />
Records. Dessen neueste LP watet<br />
knietief im Psychedelic Rock, stammt<br />
von der österreichischen Band Kanoi und<br />
hört auf den Namen FROM THE CITY<br />
TO THE STARS. Limitiert auf 500 Exemplare,<br />
gibt es 200 x schwarzes, 200 x<br />
rot-schwarz-marmoriertes und 100 x fünffarbig<br />
gemustertes Vinyl, dazu noch ein<br />
Poster, mp3-Downloadcode sowie eine<br />
Leinentasche mit aufgedrucktem Covermotiv.<br />
Ebenso interessant wie die Gestaltung<br />
kommt die Musik dieser LP daher,<br />
zunächst führt einen ein krautrockiger,<br />
erster Track mit repetitiven Drums in die<br />
Irre, bevor es dann im Laufe des Albums<br />
immer psychedelischer wird. Sägende<br />
Fuzzgitarren, Pop-verliebte Zwischenspiele,<br />
öfter geht es auch mal in Richtung<br />
Space- oder Garagen-Rock. Alles in allem<br />
sehr abwechslungsreich, Langeweile<br />
kommt hier definitiv nicht auf.<br />
(www.clostridiumrecords.de, 2014,<br />
6 Tracks) us<br />
WALTER TROUT<br />
DEEP TROUT + THE OUTSIDER<br />
Gott sei idank khat tWalter Trout endlich die<br />
dringend benötigte Spenderleber transplantiert<br />
bekommen, laut Facebook-Einträgen<br />
seiner Frau erholt er sich gerade<br />
von diesem Eingriff, wird von Tag zu Tag<br />
kräftiger. Unterdessen geht die Wiederveröffentlichungsreihe<br />
zum 25-jährigen<br />
Jubiläum seiner Solokarriere weiter, die<br />
nächsten beiden Doppel-LPs sind DEEP<br />
TROUT sowie THE OUTSIDER. Das<br />
2005 veröffentlichte DEEP TROUT trägt<br />
den Untertitel „The Early Years Of Walter<br />
Trout”, präsentiert Stücke, die er Anfang<br />
der 90er in unterschiedlichen Konstellationen<br />
aufgenommen hat. 2008 erschien<br />
mit THE OUTSIDER ein Album, für das<br />
Trout alle Songs selbst verfasste und zusammen<br />
mit Sammy Avila (org), James<br />
Hutchinson (b) und Kenny Aronoff (dr)<br />
eingespielt wurden. Beide liefern klassischen,<br />
Gitarren-geprägten Blues-Rock,<br />
durch die Aufteilung auf je zwei Vinylscheiben<br />
kann der Sound im Vergleich zu<br />
den CDs deutlich zulegen.<br />
(Mascot/Rough Trade,<br />
2005 + 2008, 15 + 13 Tracks) tk<br />
THE THE<br />
SOUL MINING<br />
Letztes Jahr feierte<br />
SOUL MINING, das<br />
Debüt von The The,<br />
30-jähriges Jubiläum.<br />
Die Nachfrage<br />
nach einer Neuauflage<br />
auf Vinyl scheint<br />
laut Mastermind Matt Johnson so groß<br />
gewesen zu sein, dass beschlossen wurde,<br />
nun das über eine Million Mal verkaufte<br />
Album in einer neu remasterten und erweiterten<br />
Version als künstlerisch hochwertige<br />
Doppel-LP-Box zu veröffentlichen. Neben<br />
den via „Dubbed-From-Disc”-Technik<br />
bearbeiteten Originalen enthält sie eine<br />
zweite LP im Gatefold-Cover mit alternativen<br />
Aufnahmen, Remixes und zwei<br />
Non-Album-Songs. Zusätzlich umfasst die<br />
Box ein Poster mit einem längeren Text<br />
von Johnson zur Entstehung von SOUL<br />
MINING. Außerdem liegt ein Download-<br />
Code bei, mit dem man die optimierten<br />
Versionen herunterladen kann. Nicht nur<br />
der englische Guardian würdigt das Werk<br />
als eines der Alben, die man gehört haben<br />
muss, bevor man stirbt – zu Recht. Da ist<br />
natürlich zuerst an die einst auch in deutschen<br />
Discos gespielte Single “This Is The<br />
Vinyl<br />
Day” zu denken. Unter sämtlichen Stücken<br />
ragt aber die zweite Single-Auskopplung<br />
“Uncertain Smile” heraus, deren von Jools<br />
Holland eingespieltes Klaviersolo zum Äs<strong>the</strong>tischsten<br />
gehört, was die 80er-Jahre hervorgebracht<br />
haben. Das sind aber nur zwei<br />
namentlich genannte Stücke, die anderen,<br />
auch in den alternativen Ausgaben, stehen<br />
hier nur geringfügig nach.<br />
(Sony 2014, 7 + 6 Tracks)<br />
an<br />
FOUR TOPS<br />
REACH OUT<br />
Diese 1967 erschienene<br />
LP war eines<br />
der letzten Alben,<br />
die das Erfolgsteam<br />
Holland/Dozier/<br />
Holland bei Mo<strong>to</strong>wn<br />
produzierte, bevor<br />
es das Label aus Chicago im Streit um<br />
das liebe Geld verließ. Doch mit REACH<br />
OUT verhalf es den Four Tops noch einmal<br />
zu einem äußerst erfolgreichen Album,<br />
der Nummer-1-Hit “Reach Out I’ll<br />
Be There”, die Top-10-Singles “Standing<br />
In The Shadows Of Love” und “Bernadette”;<br />
für “7-Rooms Of Gloom”, den<br />
Tim-Hardin-Cover “If I Were A Carpenter”<br />
und “Walk Away Renée” von Left<br />
Banke reichte es immer noch für die<br />
Top 20. Stark auch die beiden Monkees-<br />
Songs “I’m A Believer” und “Last Train<br />
To Clarks ville” sowie “Cherish” von The<br />
Association. Auch klanglich überraschen<br />
diese alten Aufnahmen immer wieder,<br />
selbst nach fast 50 Jahren besticht das<br />
180g-Vinyl mit herrlicher Abstufung und<br />
unglaublicher Dynamik.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1967,<br />
12 Tracks) tk<br />
LEONARD COHEN<br />
LIVE IN LONDON<br />
Es war ein wahrlich<br />
außergewöhnlicher<br />
Abend, den Leonard<br />
Cohen seinen Fans<br />
im Juli 2008 in der<br />
Londoner O2 Arena<br />
bot. Ganz egal,<br />
ob man diesen Auftritt auf DVD, Blu-ray<br />
oder auf einer Doppel-CD genießt, die musikalische<br />
Größe dieses Künstlers bleibt<br />
enorm, Songs wie “Bird On The Wire”,<br />
“Who By Fire”, “Tower Of Song”, “Suzanne”,<br />
“So Long, Marianne”, “Sisters<br />
Of Mercy” und “Hallelujah”, noch dazu<br />
mit einer erlesenen, vielköpfigen Band im<br />
Rücken, LIVE IN LONDON gehört ohne<br />
Zweifel zu den größten Konzerterlebnissen<br />
der letzten Jahre. Auf drei schweren<br />
180g-Vinylscheiben sollte die Freude über<br />
das Hörerlebnis dann doch eigentlich in<br />
ungeahnte Höhen vors<strong>to</strong>ßen, doch scheint<br />
(zumindest beim Rezessionsexemplar)<br />
die Überspielung schiefgegangen zu sein.<br />
Deutliche Knackser, teilweise dumpfer<br />
(Gesangs-)Sound, Cohens Ansagen sind<br />
kaum verständlich. Der Vergleich zu CD<br />
und DVD zeigt, dass es auch klarer und<br />
besser geht, oder sollte so ein warmer Analogsound<br />
erzeugt werden? Am Ende bleibt<br />
es klasse Musik, klanglich allerdings mit<br />
Abstrichen ...<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2009,<br />
3 LPs, 26 Tracks) us<br />
Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
NATTEFROST<br />
DIFFERENT STAGES<br />
Kraftwerk<br />
meets<br />
Tangerine Dream, so<br />
hat ein Kritikerkollege<br />
diese Sammlung<br />
von Nattefrost-<br />
Live-Aufnahmen<br />
treffend beschrieben<br />
– und hätte durchaus noch Jean Michel<br />
Jarre oder Vangelis (und andeutungsweise<br />
Hawkwind) ergänzen können. Hinter<br />
Nattefrost verbirgt sich der norwegische<br />
Multi-Instrumentalist Björn Jeppesen.<br />
Auf DIFFERENT STAGES hat er diverse<br />
Live-Auftritte zwischen 2010 und 2012<br />
zusammengefasst, die Sireena nun in limitierter<br />
500er-Auflage auf 180g schwerem<br />
und durchsichtigem Vinyl präsentiert.<br />
Elektronische Musik mit dezentem Groove<br />
und beachtlichem Gespür für Melodien ist<br />
zu hören. Mal kompakt, mal mit Anlügen<br />
moderner Dance-<strong>Music</strong> wie bei “Transformation”.<br />
Insgesamt zeitlos, recht kraftvoll,<br />
atmosphärisch – nicht nur für Freunde des<br />
Genres und guten Klangs zu empfehlen.<br />
(Sireena/Broken Silence, 2014,<br />
8 Tracks) pro<br />
PINK FLOYD<br />
THE DIVISION BELL<br />
Wer die in den letzten Jahren veröffentlichten<br />
Vinyl-Reissues von WISH YOU WERE<br />
HERE und DARK SIDE OF THE MOON<br />
in seinem Plattenschrank stehen hat, der<br />
kennt den Qualitätsanspruch, der bei Pink<br />
Floyd für die Überspielung von den originalen<br />
Analogbändern besteht. Oder besser<br />
gesagt, er kennt das Ergebnis. Ein Ergebnis,<br />
dass einen auch bei der jetzt veröffentlichten<br />
2-LP-Version von THE DIVISION BELL<br />
sprachlos macht. Mit welcher Wucht hier die<br />
Bässe für Druck sorgen, mit welch Zar<strong>the</strong>it<br />
gleichzeitig feinste Höhen abgebildet werden<br />
– egal ob laut oder leise, hier scheint eine<br />
Steigerung fast nicht mehr möglich zu sein.<br />
Natürlich hat sich an der künstlerischen Einordnung<br />
dieses bislang letzten Pink-Floyd-<br />
Albums nichts geändert, wer es vor 20 Jahren<br />
schon als überflüssige Selbstkopie sah,<br />
wird dies auch heute noch tun, alle anderen<br />
werden THE DIVISION BELL weiterhin<br />
lieben – besonders wenn es so überragend<br />
klingt wie in dieser Ausführung.<br />
(Parlophone/Warner, 1994, 11 Tracks) us<br />
ROGER McGUINN<br />
CARDIFF ROSE<br />
Zwei Dinge prägen<br />
dieses Solo-Album<br />
von Roger McGuinn<br />
aus dem Jahr 1976:<br />
einmal seine Teilnahme<br />
an der bunt<br />
chaotischen „Rolling<br />
Thunder Revue” Bob Dylans ein Jahr zuvor,<br />
einmal der neu aufkommende Punk-<br />
Rock. Denn eigentlich war die Stilbreite,<br />
die Produzent Mick Ronson – der ebenso<br />
ein Jahr zuvor mit Dylan unterwegs war –<br />
und McGuinn auf CARDIFF ROSE anboten,<br />
viel zu weit für ein homogenes Album.<br />
Traditioneller Folk, Shantys, Songs von<br />
Bob Dylan, Joni Mitchell und Kris Kris<strong>to</strong>fferson,<br />
dazu krachender Punk-infizierter<br />
Rock’n’Roll, das kann nicht funktionieren.<br />
Denkt man, doch die Klasse von McGuinn<br />
und Ronson – unterstützt von Dave Mansfield<br />
(g, banjo, viol, keys), Rob S<strong>to</strong>ner (b)<br />
und Howie Wyeth (dr) – führt dazu, dass<br />
die Zusammenstellung der Songs durchaus<br />
passt, dass es ein unsichtbares Band gibt,<br />
das die einzelnen Tracks zusammenhält.<br />
Auch klanglich spielt das 180g-Vinylalbum<br />
in der ersten Klasse, gegenüber der<br />
ursprünglichen CD-Version klingen die<br />
Songs druckvoller.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1976,<br />
9 Tracks) us<br />
SOPHIE’S EARTHQUAKE<br />
SOPHIE’S EARTHQUAKE<br />
Dickflüssig und zäh,<br />
wie<br />
pechschwarzes<br />
Rohöl, so quellen die<br />
Töne dieser dunkelroten<br />
Vinylscheibe<br />
aus den Boxen. Nur<br />
behutsam nimmt das<br />
erste Songmonster namens “Pressure Soul”<br />
Fahrt auf, über s<strong>to</strong>ischen Bass und Schlagzeug<br />
legen sich langsam dicke Sounds, erzeugt<br />
von einer verzerrten S<strong>to</strong>ner-Gitarre.<br />
Unentrinnbar steigert sich diese Spirale<br />
bis zum kakofonischen Chaos, scheinen<br />
alle Mauern einzustürzen. Auch die beiden<br />
anderen Tracks gehorchen diesem fremdartigen<br />
Muster, auch hier kann man dem Sog<br />
dieser Musik nur schwer entrinnen. Auch<br />
die Covergestaltung dieser Veröffentlichung<br />
zeigt, dass SOPHIE’S EARTHQUA-<br />
KE der gleichnamigen Band alles andere als<br />
Massenware ist. Für Adansonia Records –<br />
ein kleiner unabhängiger Musikverlag und<br />
Konzertveranstalter – ist diese LP erst die<br />
zweite Veröffentlichung, doch die ebenso<br />
liebevolle wie hochwertige Verpackung<br />
und ein musikalischer Inhalt, der schon auf<br />
Grund seiner Radikalität fesselt, zeigen,<br />
dass man hier auf dem richtigen Weg ist.<br />
(Adansonia Records, 2013, 3 Tracks) tk<br />
ROY ORBISON<br />
THE SUN YEARS 1956–58<br />
Da gibt es gar keine<br />
großen<br />
Diskussionen,<br />
wer die frühe<br />
Zeit, sprich die Sun-<br />
Jahre, von Roy Orbison<br />
auf einer Platte<br />
versammelt<br />
haben<br />
möchte, THE SUN YEARS 1956–58 bietet<br />
genau dies. Produziert von Sun-Records-<br />
Boss Sam Phillips, klingen diese Lieder<br />
heute noch unglaublich gut, für das Remastering<br />
standen die Spezialisten von Bear Family<br />
Pate. Zusätzlich zu den bekannten Hits<br />
wie “Ooby Dooby”, “Rock House”, “I Was<br />
A Fool” oder “A True Love Goodbye” bietet<br />
diese 180g-Vinylveröffentlichung auch<br />
zahlreiche Alternativversionen, viele Erstabmischungen,<br />
die nie den Weg auf eine<br />
Single fanden, dazu ein bisher unveröffentlichter,<br />
alternativer Mix von “The Clown”<br />
sowie zwei unterschiedliche Demos von<br />
“Claudette”, bei denen nur Gesang und Gitarre<br />
zu hören sind. Klasse!<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2014,<br />
28 Tracks) us<br />
BLUE ÖYSTER CULT<br />
AGENTS OF FORTUNE<br />
Mit “(Don’t Fear)<br />
The Reaper”, das in<br />
den USA bis auf #12<br />
in den Singlecharts<br />
kletterte, warf das<br />
1976 veröffentlichte<br />
AGENTS OF FOR-<br />
TUNE den größten Hit für Blue Öyster<br />
Cult ab. In Sog dieses Hits (mit massivem<br />
Radio-Airplay) brachte es auch das Album<br />
bis auf #29 in den Billboard-Charts, was<br />
wiederum zur Folge hatte, dass die Tourneen<br />
der Band in immer größere Hallen<br />
verlegt werden mussten. Programmatisch<br />
auch der Opener der LP, “This Ain’t The<br />
Summer Of Love”, nach Meinung des<br />
Rezensenten immer noch eines der besten<br />
Hard-Rockstücke aller Zeiten. Schade nur,<br />
dass dieses Niveau nicht durchgehend<br />
aufrecht gehalten wurde. Mit Patti Smith<br />
hatten Blue Öyster Cult prominente Hilfe<br />
bei den Texten, in “The Revenge Of Vera<br />
Gemini” ist sie zusätzlich am Gesang zu<br />
hören. Mit Licht und Schatten ist und<br />
bleibt AGENTS OF FORTUNE eine solide<br />
Geschichte, trotzdem eine LP, die in keiner<br />
vernünftigen Rocksammlung fehlen sollte.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1976, 9 Tracks) tk<br />
FREEDOM<br />
FREEDOM<br />
Die selbst betitelte<br />
Scheibe war 1970<br />
das dritte Opus der<br />
von Bobby Harrison<br />
(voc, dr, Ex-Procol<br />
Harum) gegründeten<br />
Band. Nach einer<br />
Umbesetzung mit Roger Saunders (g) und<br />
Walter Monagham (b) als Powertrio unterwegs,<br />
stimmten Freedom darauf Blues-<br />
Rockiges an, samt Westcoast-Einflüssen,<br />
dezentem Psychedelic Touch und Boogieneigungen.<br />
Aus ihrer “Oh Pretty Woman”-<br />
Version sind Cream-Einflüsse herauszuhören.<br />
Das Trio überzeugt im Rückblick, auch<br />
wenn es nicht gerade fair war, “Dirty Water”<br />
der Standells zu übernehmen, in “Frustrated<br />
Woman” umzubenennen und sich die<br />
Au<strong>to</strong>rencredits zuzuschreiben. Was auf der<br />
2000er CD-Neuauflage noch übernommen<br />
wurde, ist auf der von Sireena gewohnt<br />
überzeugend gefertigten Vinylversion<br />
(180g, weißes Vinyl, limitiert) jetzt zumindest<br />
auf der Coverrückseite zurechtgerückt.<br />
(Sireena/Broken Silence, 1970,<br />
8 Tracks) pro<br />
CHICKEN SHACK<br />
O.K. KEN?<br />
Neben Ten Years<br />
After und Fleetwood<br />
Mac gehörten Chicken<br />
Shack Ende der<br />
60er Jahre zur Speerspitze<br />
des britischen<br />
Blues-Rock. Hauptakteur<br />
war Gitarrist i t und Sänger Stan Webb,<br />
der sowohl den Großteil der Songs von O.K.<br />
KEN? geschrieben hat als auch den Haupt-<br />
Vinyl<br />
job am Mikrofon übernahm. Drei Songs<br />
wurden von Christine Perfect geschrieben<br />
und gesungen, es war ihr letztes Album bei<br />
Chicken Shack, später sollte sie als Christine<br />
McVie bei Fleetwood Mac zu Weltruhm<br />
gelangen. Andy Sylvester (b) und Dave<br />
Bidwell (dr) sorgten für die Bluesrhythmen,<br />
die hier ebenso wie bei ihrem Debüt äußerst<br />
traditionell daherkamen. Purer Chicago-<br />
Blues, Trompeten und Saxofone satt, dazu<br />
Webbs Gitarre, mehr brauchte man damals<br />
nicht, um das nach au<strong>the</strong>ntischem Blues<br />
lechzende Publikum zu begeistern. Der verdiente<br />
Lohn war ein Platz in den britischen<br />
Top 10, so hoch kletterte keine andere LP<br />
von Chicken Shack.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1969,<br />
11 Tracks) us<br />
SUZANNE VEGA<br />
SOLITUDE STANDING<br />
Mit diesem, ihrem<br />
zweiten Album gelang<br />
Suzanne Vega<br />
1987 der Durchbruch.<br />
Vor allem<br />
“Luka”, bei dem die<br />
optimistisch<br />
fröhliche<br />
Melodie im krassen Gegensatz zum<br />
ernsten Thema Kindesmissbrauch steht,<br />
wurde zu ihrem größten Hit, kletterte bis<br />
auf den dritten Platz der Billboard Charts.<br />
Ein ganz besonderes Eigenleben entwickelte<br />
das schon 1981 geschriebene A-<br />
Capella-Stück “Tom’s Diner”. 1990 verwendeten<br />
die Rapper DNA Vegas Gesang,<br />
ohne dass sie die Rechte dafür hatten, doch<br />
statt die Rapper zu verklagen, kaufte Vegas<br />
Plattenfirma kurzerhand die DNA-Version<br />
und veröffentlichte sie selbst. Der enorme<br />
Erfolg – Deutschland #1, Schweiz und Österreich<br />
#2, UK und USA #5 – gab dieser<br />
unkonventionellen Vorgehensweise Recht.<br />
Da auch der Rest der Songs von SOLI-<br />
TUDE STANDING ein Wiederhören verdient<br />
hat, kommt die 180g-Vinylwiederveröffentlichung<br />
genau zur rechten Zeit.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1987,<br />
11 Tracks) tk<br />
DAVE MASON<br />
IT’S LIKE YOU NEVER LEFT<br />
Nach einem langwierigen<br />
Rechtsstreit<br />
landete Dave Mason<br />
1973 bei Columbia<br />
Records, wo er mit<br />
IT’S LIKE YOU NE-<br />
VER LEFT eine von<br />
Kritikern hochgelobte h LP veröffentlichte,<br />
die kommerziell gesehen allerdings völlig<br />
unterging. Für die Aufnahmesessions nutzte<br />
der ehemalige Traffic-Musiker seine guten<br />
Verbindungen, die er sich mit Arbeiten für<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n, Cass Elliott, Joe Cocker, David<br />
Crosby oder Leon Russell erworben hatte,<br />
und konnte so namhafte Kollegen wie Graham<br />
Nash, George Harrison und Stevie Wonder<br />
für die Studio-Arbeit gewinnen. Doch<br />
warum das Album beim Publikum durchfiel,<br />
lag nicht an der Klasse der Musiker, sondern<br />
am unausgegorenen Stilmix, den Mason<br />
darauf präsentierte. Latino-Rock, Gitarren-<br />
Funk, Jazz-Rock à la Traffic, das war am<br />
Ende dann doch zu viel auf einmal ...<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1973,<br />
10 Tracks) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47
Ausgabe Nr. 10<br />
kult!<br />
Kommen Sie<br />
mit auf einen<br />
weiteren Trip<br />
in die goldene<br />
Vergangenheit<br />
Alle Hefte zu bestellen<br />
im Shop Seite 63<br />
oder unter:<br />
www.goodtimes-magazin.de<br />
CD<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
JOE BONAMASSA<br />
TOUR DE FORCE – LIVE IN<br />
LONDON<br />
Vor ein paar Monaten gab es Joe Bonamassas<br />
Eintauchen in die eigene His<strong>to</strong>rie<br />
schon auf DVD, jetzt folgt die Umsetzung<br />
auf vier Doppel-CDs. Seinen Siegeszug<br />
in Europa machte der US-Blues-Rocker<br />
anschaulich, als er im März 2013 binnen<br />
weniger Tage in vier Londoner Venues<br />
unterschiedlicher Größe mit wechselndem<br />
Personal und Programm unter dem Mot<strong>to</strong><br />
„Tour De Force” gastierte. Wie in seinen<br />
frühen Tagen war Bonamassa in Triobesetzung<br />
im Borderline-Club zu erleben<br />
– kraftvoll abgehend mit Songs aus den<br />
Anfangszeiten. Im Shepherd’s Bush Empire<br />
waren dann Bläser (und Keyboards)<br />
dabei, um das Bluesset adäquat umzusetzen<br />
und das Backing für den Meistergitarristen<br />
zu liefern. Kurzzeitig akustisch<br />
ging es im Hammersmith Apollo zu Sache,<br />
ehe gerockt wurde. Ähnliches gilt für die<br />
Rückkehr in die Royal Albert Hall mit allen<br />
Beteiligten der London-Tour und dem<br />
furiosen Finale. Warum DVDs und CDs<br />
nicht gleich zusammen veröffentlicht wurden?<br />
Hat wohl geschäftspolitische Gründe.<br />
Musikalisch gibt es jedenfalls nichts zu<br />
mäkeln, zumal sich die Überschneidungen<br />
in Grenzen halten.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2014,<br />
9/52:01, 5/36:41, 8/47:53,<br />
7/54:04, 11/55:44, 7/60:39,<br />
13/66:13, 7/64:16) pro<br />
THE BLACK KEYS<br />
TURN BLUE<br />
Dan Auerbach &<br />
Patrick Carney sind<br />
auf dem besten<br />
Wege, sich bei den<br />
stilbildenden Gruppen<br />
dieses Jahrzehnts<br />
mit an die<br />
Spitze zu setzen. Indie-Bluesfeeling ist<br />
noch immer die Basis ihrer Musik, aber<br />
die Verfeinerungstendenzen der letzten<br />
Alben setzen sich bei TURN BLUE fort,<br />
indem Keyboards- und Syn<strong>the</strong>sizertöne<br />
mehr Platz bekommen, streckenweise<br />
sogar das Gesamtklangbild dominieren.<br />
Denn das Schlagzeug bollert und treibt<br />
gehörig an, und die durchaus auch psychorockigen<br />
Songs bleiben einprägsam, sind<br />
melodisch sehr sorgfältig ausgefeilt und<br />
im besten Sinne radiotauglich produziert<br />
worden. Besonders anhand der besten<br />
Lieder wie “Weight Of Love”, “Fever”,<br />
“In Our Prime” und “Bullet In The Brain”<br />
wird deutlich, dass der weiter entwickelte<br />
Sound der Black Keys insgesamt epischer<br />
und abwechslungsreicher ist, so bei der<br />
großen Mehrheit klar besser ankommt.<br />
TURN BLUE ist ihr erstes Nr.-1-Album in<br />
den USA, und auch hier zu Lande gelang<br />
das Vorpreschen in die Top Ten! Alte Fans<br />
werden vielleicht ein wenig den frühen<br />
Garagenzeiten nachtrauern, aber sie können<br />
sich damit trösten, dass noch immer<br />
gilt: The Blues never dies!<br />
(Nonesuch/Warner, 2014, 11/45:14) hjg<br />
B.B. & THE BLUES SHACKS<br />
BUSINESSMEN<br />
Mit neuem Drummer und Unterstützung<br />
einer dreiköpfigen Horn Section live in<br />
einem Wiener Studio eingespielt, präsentiert<br />
das Hildesheimer Retroquintett auf<br />
seiner nunmehr siebten Produktion für<br />
das Bremer CrossCut-Label 15 Songs, die<br />
bis auf Chicago-Bluesmann John Brims’<br />
”It Was A Dream” komplett aus der Feder<br />
der Brüder Andreas (g) und Michael Arlt<br />
(voc, harp) stammen. Dabei bleibt man<br />
auch im Jahr des 25-jährigen Bandjubiläums<br />
dem bewährten Soundmix aus klassischem<br />
elektrischem Blues, R&B und<br />
Sixties-Soul treu, der hier durch den Bläsersupport<br />
hinsichtlich Klangfarbe wie<br />
-fülle noch eine stimmige Erweiterung<br />
erfährt. Eine rundum gelungene handgemachte<br />
Bluesscheibe aus deutschen<br />
Landen, mit der sich die Shacks auch im<br />
internationalen Vergleich mehr als sehen<br />
– bzw. hören – lassen können.<br />
(CrossCut/inakustik, 2014,<br />
15/55:42) ms<br />
THE ROYAL SOUTHERN<br />
BROTHERHOOD<br />
HEARTSOULBLOOD<br />
Das neue Album<br />
der Genre<br />
übergreifenden<br />
schwarz-weißen<br />
Haudegenband<br />
bestätigt<br />
aufs<br />
Nachdrücklichste,<br />
dass intensives i Touren eine zuvor ohnehin<br />
schon klar überdurchschnittliche Gruppe<br />
zur Weltklasseformation machen kann.<br />
Cyril Neville, Mike Zi<strong>to</strong>, Devon Allman,<br />
Charlie Woo<strong>to</strong>n und Yonrico Scott veranstalten<br />
nach einer Tournee durch über 20<br />
Länder ein kreatives Tauziehen mit den<br />
Musikrichtungen, die ihren Stil beeinflussen,<br />
egal ob das nun Funk, Soul, der gute<br />
alte Zeitlos-Blues oder südstaatlicher<br />
Hard Rock sind. Dies ist kein Album,<br />
das als Hintergrundmusik in Sitzungssälen<br />
gespielt wird, sondern der saftigste<br />
Blues, der augenblicklich vorstellbar ist.<br />
Der Opener “World Blues” zeigt die Bro<strong>the</strong>rhood<br />
gleich auf Betriebstemperatur,<br />
und es folgen mehrheitlich grandios-raue<br />
Songs mit wühlendem Bass (“Here It Is”),<br />
fantastisch lodernden Gitarren (“Ritual”)<br />
und heißen Schleichermelodien (“Callous”).<br />
Die Balladenfreunde kommen bei<br />
“She’s My Lady” und “Takes A Village”<br />
auf ihre Kosten, während “Love And<br />
Peace” eine himmlische Hymne ist. Und<br />
“Rock And Roll” wäre in einer besseren<br />
Welt garantiert ein Nummer-Eins-Hit!<br />
(Ruf/inakustik, 2014,<br />
12/53:12) hjg<br />
YANA BIBB<br />
NOT A MINUTE LATE<br />
Sie hat die Musik in den Genen, schließlich<br />
ist sie die Enkelin von Leon Bibb und<br />
die Tochter von Eric Bibb. Doch im Gegensatz<br />
zu den beiden bewegt sich Yana<br />
Bibb als Sängerin weniger auf Folk- und<br />
Bluespfaden, sondern ist im Jazz daheim.<br />
Die klanglichen Vorlagen ihrer Altvorderen<br />
sind allenfalls in Spurenelementen<br />
herauszuhören, auch wenn sich Yana Bibb<br />
ebenfalls auf akustisches Instrumentarium<br />
stützt. Das reichert sie – unter Produktionsregie<br />
des Vaters, der zudem ein paar<br />
Songs beisteuerte – auch mal mit einem<br />
Cello und sonstigen Streichern an. Die<br />
Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
zum Teil selbst verfassten Songs gehen<br />
in ihren intimen Fassungen ins Ohr und<br />
setzen sich fest, nicht zuletzt wegen der<br />
mal fragilen, mal dynamisch loslegenden<br />
Stimme Bibbs. Ein starkes Debüt, bei<br />
dem auch der Opa einmal mitsang.<br />
(Dixiefrog/H’Art, 2014,<br />
10/41:11) pro<br />
CROW BLACK CHICKEN<br />
RUMBLE SHAKE<br />
Dass in irischen<br />
Adern auch texanisches<br />
Blut<br />
fließen kann, das<br />
bewiesen Christy<br />
O’Hanlon (g,<br />
voc),<br />
Stephen<br />
McGrath (b) und Gev Barrett (dr) vor<br />
zwei Jahren mit ihrem hochgelobten Debüt<br />
ELECTRIC SOUP. Knochentrockener,<br />
elektrischer Blues, schnörkellos konsequent<br />
auf den Punkt gespielt, das war das<br />
Erfolgsrezept von Crow Black Chicken,<br />
und damit punktet auch ihr jetzt veröffentlichter<br />
Nachfolger RUMBLE SHAKE.<br />
Was den Aufnahmen in den Dubliner Westland<br />
Studios sicher gut getan hat, waren die<br />
letzten zwei Jahre, in denen das Bluestrio<br />
fast ununterbrochen auf Tour war. Stark<br />
auch, dass sie sich fast durchgehend auf<br />
selbst geschriebenes Songmaterial stützen<br />
können, nur “Jessie Mae” stammt aus der<br />
Feder von Ray Wylie Hubbard, der bei diesem<br />
Titel auch als Gast zu hören ist. Für<br />
weitere Farbtupfer sorgen dann noch Mark<br />
Walsh (lapsteel), Christian Volkman (harp)<br />
und Stephen Parker (keys).<br />
(Just For Kicks, 2014, 10/40:28) us<br />
BLUES PILLS<br />
BLUES PILLS<br />
Dass erdiger Blues-Rock, wie ihn in den<br />
70er Jahren Bands wie Cream, (Peter<br />
Greens) Fleetwood Mac und Led Zeppelin<br />
im Programm hatten, von einer neuen, jungen<br />
Musikergeneration wieder aufgenommen<br />
wird, dafür gibt es mit Acts wie den<br />
Black Keys, den White Stripes oder dem<br />
John Butler Trio genügend Beispiele. Die<br />
Nächsten in dieser Reihe dürften die 2011<br />
ins Leben gerufenen Blues Pills sein, deren<br />
selbst betiteltes Debüt Ende Juli in die Läden<br />
kommt. Die vielen Vorschusslorbeeren<br />
beruhen ebenso auf ihren bisherigen Auftritten<br />
bei diversen Festivals wie auch auf<br />
ihren drei bisher veröffentlichten EPs. Was<br />
die Schwedin Elin Larsson (voc), der Franzose<br />
Dorian Sorriaux (g) sowie die beiden<br />
Amerikaner Zack Anderson (b) und Cory<br />
Berry (dr) auf BLUES PILLS abliefern ist<br />
auf den ersten Blick auch gar nichts Neues.<br />
Doch ihre unverbrauchte und frische Art,<br />
Soul mit Blues und Rock’n’Roll zu vermengen,<br />
ihre unverhohlen zum Ausdruck<br />
gebrachte Leidenschaft, ihr Timing, zur<br />
richtigen Zeit das Richtige zu tun, das hebt<br />
sie weit über den Durchschnitt hinaus und<br />
lässt auf eine große Karriere hoffen.<br />
(Nuclear Blast/Warner, 2014, 10/42:49) tk<br />
DIAZPORA<br />
STEP UP<br />
Auf dem Cover sind die Mitglieder der Hamburger<br />
Combo Diazpora wie ein Sportteam<br />
in Trikots abgebildet. Eine schweißtreibende<br />
Sache ist ihr in die Beine gehender Funk al-
CD<br />
REVIEWS<br />
lemal. Die acht Studio- und Livemusiker haben<br />
sich in der Szene längst einen Namen als<br />
Groovemeister gemacht und mit namhaften<br />
Künstlern wie Samy Deluxe, Gregory Porter,<br />
Lew Soloff (Blood Sweat & Tears), Joe<br />
Bataan und Ferris MC zusammengearbeitet.<br />
Auf ihrem neuen Studio-Album STEP UP<br />
begrüßen sie u.a. den Saxofonisten Pee Wee<br />
Ellis von James Browns legendären J.B.’s als<br />
Gastmusiker und laufen insgesamt zu Hochform<br />
auf. Gekonnt verschachteln sie Synkopen,<br />
legen locker leicht eine Second Line<br />
– Raw Funk at its best! Selbst Cover-Songs<br />
wie “Sunshine Of Your Love” (Cream) und<br />
“Brea<strong>the</strong>” (The Prodigy) sind vor einer Funkifizierung<br />
nicht sicher. 8:0 für den Groove!<br />
(Minor <strong>Music</strong>/inakustik, 2014,<br />
16/59:04) frs<br />
RAY CHARLES<br />
KING OF COOL – THE GENIUS<br />
OF RAY CHARLES<br />
Anlässlich<br />
des<br />
zehnten<br />
Todestages<br />
von „Bro<strong>the</strong>r<br />
Ray”<br />
präsentiert<br />
diese<br />
3-CD-Box<br />
70 Titel, die zwischen<br />
1952 und<br />
1963 überwiegend auf Atlantic Records<br />
erschienen, ergänzt um drei erstmals 2005<br />
veröffentlichte Überbleibsel von Studiosessions<br />
aus jenen Tagen. Den Auftakt<br />
macht dabei mit ”Mess Around” Charles’<br />
erste Hitsingle für Atlantic aus dem Jahr<br />
1953, gefolgt von der Pro<strong>to</strong>-Soulnummer<br />
”I’ve Got A Woman”, die ihm zwei Jahre<br />
darauf seine erste Top-Platzierung in den<br />
US-R&B-Charts bescheren sollte und hier<br />
wie ansonsten noch ”What’d I Say” zudem<br />
in einer Liveversion enthalten ist. Darüber<br />
hinaus gibt es neben weniger bekanntem<br />
Songmaterial weitere Charles-Klassiker<br />
wie ”Hallelujah I Love Her So” oder seine<br />
ABC-Erfolge ”Georgia On My Mind”, ”Hit<br />
The Road Jack” und ”Unchain My Heart”,<br />
die allesamt in erfreulich hoher Soundqualität<br />
daherkommen; insbesondere für Musikfans,<br />
die mit dem Werk des „Genius” weniger<br />
vertraut sind, wären allerdings über<br />
Tracklist und Release-Daten hinausgehende<br />
Infos im Booklet wünschenswert gewesen.<br />
(Atlantic/Warner, 2014, 3 CDs,<br />
25/77:02, 25/79:22, 23/74:18) ms<br />
GREYHOUND GEORGE<br />
CLEANING UP<br />
Seit über 30 Jahren ist Jürgen Schildmann<br />
nun schon dem Blues treu, als Greyhound<br />
George hat der Musiker aus Bielefeld mit<br />
CLEANING UP nun wieder ein neues Album<br />
vorgelegt. Dabei hat er diesen Albumtitel<br />
ganz bewusst ausgesucht, hat auf alles<br />
störende (Produktions-)Beiwerk verzichtet,<br />
alle Titel – teilweise im Duo mit Andy<br />
Grünet an der Mundharmonika – wurden<br />
live im Studio eingespielt. Zwölf der fünfzehn<br />
Lieder hat er selbst geschrieben, dazu<br />
gibt es mit “Black Cat Bone” (Dave “Snaker”<br />
Ray), “Mystery Train” (Junior Parker)<br />
und “Hellhound On My Trail” (Robert<br />
Johnson) drei Cover-Versionen zu hören.<br />
Die Art und Weise, wie Schildmann seine<br />
eigenen Songs sowie diese Vorlagen interpretiert,<br />
ist purer klassischer Sou<strong>the</strong>rn-<br />
Blues, wunderschöner Gitarrensound – die<br />
verwendeten Instrumente stammen bis auf<br />
eine Ausnahme aus den 30er Jahren des 20.<br />
Jahrhunderts –, herrliche, dazu passende<br />
Mundharmonika, knarziger Gesang, kurzum:<br />
zeitlos guter Blues!<br />
(Rock Werk Records,<br />
2014, 15/58:25) tk<br />
KENNY „BLUES BOSS”<br />
WAYNE<br />
ROLLIN’ WITH THE BLUES<br />
BOSS<br />
Kenny Wayne Spruell,<br />
so der bürgerliche<br />
Name des „Blues<br />
Boss”, präsentiert<br />
auf seinem aktuellen<br />
Album elf Songs aus<br />
eigener Feder, bei<br />
deren Aufnahme er sich für je einen Track<br />
der Unterstützung der frisch gebackenen<br />
„Koko Taylor Award”-Gewinnerin Diunna<br />
Greenleaf (voc) sowie des Akustikbluesers<br />
Eric Bibb (voc, g) versichern konnte, die allerdings<br />
nicht im Studio in Vancouver präsent<br />
waren, sondern ihre Parts andernorts<br />
einspielten. Dabei macht der mittlerweile<br />
69-jährige Wahl-Kanadier, der hier außer<br />
in die Klaviertasten gelegentlich auch in<br />
die von klassischen Retro-Keyboards wie<br />
Hammondorgel oder Fender Rhodes greift,<br />
auch gesanglich eine gute Figur und legt<br />
alles in allem ein schön unaufgeregt groovendes<br />
Alterswerk vor, bei dem allein die<br />
recht kurz gehaltene Spieldauer negativ zu<br />
Buche schlägt.<br />
(DixieFrog/H’Art, 2014,<br />
11/37:49) ms<br />
JAMES BROWN<br />
JAMES BROWN & HIS FAMOUS<br />
FLAMES TOUR THE U.S.A. /<br />
JAMES BROWN PRESENTS<br />
HIS BAND FEATURING NIGHT<br />
TRAIN<br />
Diese digital remasterte Reissue-CD vereint<br />
zwei LPs von James Brown aus den<br />
Jahren 1961 und 1962, ergänzt um fünf<br />
Bonus-Tracks aus eben jenen Tagen, als<br />
dem späteren „Godfa<strong>the</strong>r Of Soul” noch<br />
nicht der ganz große Durchbruch gelungen<br />
war. Auch wenn der Titel des ersten Albums<br />
anderes suggerieren könnte, handelt es sich<br />
dabei in beiden Fällen um Studioproduktionen,<br />
die im Übrigen – bei einem Sänger<br />
vom Kaliber Browns nicht unbedingt zu<br />
erwarten – mehrheitlich mit Instrumentals<br />
aufwarten. Insgesamt reflektiert das Songmaterial<br />
zum einen Browns musikalische<br />
Wurzeln, lässt aber bei einem Song wie<br />
dem auch als Single veröffentlichten ”Mashed<br />
Pota<strong>to</strong>es U.S.A.” zugleich erahnen,<br />
wohin die Reise im weiteren Verlauf der<br />
Dekade gehen würde. Abgerundet wird das<br />
Ganze durch ein informatives 16-seitiges<br />
Booklet.<br />
(Soul Jam/inakustik, 1961/1962,<br />
28/74:41) ms<br />
KING OF THE WORLD<br />
KING OF THE WORLD<br />
Aus den Niederlanden stammt dieses 2012<br />
formierte Bluesquartett, dessen Mitglieder<br />
für eingefleischten Bluesfans sicher keine<br />
Unbekannten sind: Gitarrist Erwin Java<br />
dürfte man von seiner Band Cuby & The<br />
Blizzards oder von seinen Kooperationen<br />
mit Jan Akkerman, Larry Carl oder Herman<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
Brood kennen, Sänger und Bassist Ruud<br />
Weber war mit Snowy White unterwegs.<br />
Auch Govert van der Kolm, der Mann an<br />
der Hammondorgel, konnte sich schon bei<br />
Acts wie Coco Mon<strong>to</strong>ya, Matt Schofield<br />
und Mike Welch bewähren, Schlagzeuger<br />
Fokke de Jong spielte lange Jahre für die<br />
niederländische Dialektband Normaal. Mit<br />
ihren elf selbst verfassten Songs – für den<br />
Hidden Track bedienen sie sich bei Bob<br />
Dylan – zeigen sie eindrucksvoll, mit wie<br />
viel Gefühl man heutzutage den Blues<br />
spielen kann, dass sich vielstimmige Harmonien,<br />
fett groovender Sound und singende<br />
Slidegitarre nicht ausschließen, dass<br />
dies zusammen richtig guten, elektrischen<br />
Blues-Rock ergeben kann.<br />
(King Of The World/H’Art,<br />
2014, 11/46:52) tk<br />
LUCKY PETERSON<br />
I’M BACK AGAIN<br />
Das belgische Blues-<br />
Boulevard-Label ist<br />
dafür bekannt, dass<br />
es neben eigenen<br />
Produktionen gerne<br />
auch quasi umetikettierte<br />
Reissues auf<br />
den Markt bringt. So auch im vorliegenden<br />
Fall, stammen sämtliche Tracks dieses Albums<br />
doch von der bereits 2012 als Doppel-CD<br />
bzw. DVD/CD-Set erschienenen<br />
Produktion LIVE AT THE 55 ARTS CLUB<br />
BERLIN, wobei man hier exakt jene Hälfte<br />
der Titel der Originalveröffentlichung auswählte,<br />
bei denen Petersons singende Ehefrau<br />
Tamara nicht mit von der Partie war.<br />
Diese elf Songs zeigen den Sänger, Organisten<br />
und Gitarristen, der in dem Schöneberger<br />
Kellerclub von seiner dreiköpfigen<br />
Tourband begleitet wurde, in bester Spiellaune<br />
und unterstreichen somit – wie auch<br />
sein aktuelles Studio-Album THE SON<br />
OF A BLUESMAN –, dass nach überwundenen<br />
Drogenproblemen wieder mit Peterson<br />
zu rechnen ist.<br />
(Blues Boulevard/H’Art, 2014,<br />
11/73:09) ms<br />
REVEREND RUSTY<br />
STRUGGLE<br />
Nach<br />
nunmehr<br />
fünf Jahren der<br />
stillen Studio-Arbeit<br />
melden sich<br />
Reverend Rusty<br />
zurück. Rusty<br />
S<strong>to</strong>ne führt uns<br />
mit STRUGGLE<br />
zurück zu Blues, wie<br />
nur er ihn schreiben kann. Inspiriert vom<br />
echten Leben erzählen er und seine Kollegen<br />
Al Wood und Mr. C.P. in 13 Songs<br />
kleine und große Geschichten, mal mit<br />
vielen und in zwei Instrumentalnummern<br />
auch mal ganz ohne Worte. Die Entstehung<br />
von STRUGGLE sei tatsächlich ein<br />
Kampf gewesen, verrät Rusty S<strong>to</strong>ne. Die<br />
Platte erfuhr viel mehr Liebe und Zeit und<br />
sorgte gleichzeitig für mehr Kummer und<br />
Tränen, als sein Vorgänger. Das Ergebnis<br />
sind griffige Gitarren und stilistische Ausflüge<br />
mit Heimkehr. „Life is a beautiful<br />
Struggle” („Das Leben ist ein wunder-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 4/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 49
CD<br />
REVIEWS<br />
schöner Kampf”) schließt das Booklet,<br />
und genau das hört man, die Freude am<br />
Kampf um die Entstehung dieses Albums.<br />
(Rev S<strong>to</strong>ne <strong>Music</strong>/Galileo <strong>Music</strong><br />
Communication, 2014, 13/57:00) pk<br />
ERIC BIBB<br />
IN 50 SONGS<br />
200 Minuten Musik pur, 50 Songs, die<br />
zwischen Blues und Folk in unterschiedlichsten<br />
Facetten changieren, all das liefert<br />
Eric Bibb auf seiner gelungenen Drei-CD-<br />
Werkschau. Über zwei Dutzend Alben<br />
hat der Wahl-Europäer aus New York seit<br />
1972 veröffentlicht, abgedeckt ist hier der<br />
Zeitraum zwischen 1999 und 2014. “Wayfaring<br />
Stranger”, “Shingle By Shingle”<br />
und “Needed Time” nahm er eigens hierfür<br />
gelungen neu auf. Höhepunkte herauszuheben,<br />
ist nahezu unmöglich, da Bibb<br />
praktisch nie schwächelte. Im Gegenteil:<br />
Sein feinfühliges Gitarrenspiel (Fingerpicking!),<br />
der samtige Gesang und starkes<br />
Songwriting faszinieren immer wieder<br />
von Neuem. Bibb (mittlerweile 62) versteht<br />
es einfach, unaufdringlich zu wirken<br />
und doch in seinen Bann zu ziehen – und<br />
seine jeweiligen Begleiter geschmackvoll<br />
wie effizient auszuwählen und einzusetzen.<br />
Zum Kennenlernen ein perfektes wie<br />
preiswertes Paket.<br />
(Dixiefrog/H’Art, 2014,<br />
18/70:39, 16/68:35, 16/58:57) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DANCING BY MYSELF: LOST IN<br />
NORTHERN SOUL<br />
In<br />
Großbritannien<br />
ist der so genannte<br />
Nor<strong>the</strong>rn Soul immer<br />
noch aktuell,<br />
was auch an einer<br />
nicht zu unterschätzenden<br />
Clubszene<br />
liegen mag, die diese Musik aus den<br />
Sechzigern nach wie vor am Leben hält.<br />
Damals bestimmten tanzbare Rhythmen,<br />
Saxofone, Orgeln und schnittige Melodien<br />
die Veranstaltungsorte, in denen sich<br />
Teenager auf der Suche nach einer eigenen<br />
Identität drängelten. Das exquisite<br />
Righteous Label (hat kürzlich erst die<br />
Zusammenstellung LOOSE LIPS MIGHT<br />
SINK SHIPS auf den Markt gebracht)<br />
kompiliert meist weniger bekannte, aber<br />
dennoch musikalisch hochwertige Acts<br />
wie The Vibrations, Billy Gales, Bobby<br />
Parker und The Knockouts (mit einer originellem<br />
Fassung von “Fever”). Hier darf<br />
sich der Hörer auf eine spannende Zeitreise<br />
einstellen, auch wenn nicht alle Titel<br />
optimal klingen. Das achtseitige Booklet<br />
enthält Liner-Notes von Dave Henderson,<br />
die leider recht spärlich ausfallen.<br />
(Righteous/Rough Trade, 2014,<br />
26/60:59) at<br />
ley, besser bekannt als Big Bill Broonzy<br />
(1893–1958), bietet neben dem Klassiker<br />
“Key To The Highway” eine Fülle<br />
weiterer Hochkaräter wie “All By Myself”,<br />
“Stuff That Called Money”, “Just A<br />
Dream” oder “Sou<strong>the</strong>rn Flood Blues”, die<br />
sich die Brüder zueigen gemacht haben,<br />
adäquat unterstützt durch den Pianisten<br />
Gene Taylor und die sich abwechselnden<br />
Rhythmusgruppen Bob Glaub/Don Heffing<strong>to</strong>n<br />
und Brad Fordham/Lisa Pankratz.<br />
Die Alvins verfügen nicht gerade über<br />
klassisch-bluesige Stimmen, aber es ist<br />
ja nicht verboten, trotzdem den Blues zu<br />
singen, wenn man ihn in sich spürt. Dave<br />
& Phil griffen zum naheliegenden Kunstgriff<br />
der Verfremdung Richtung Country<br />
und Roots-Rock und schufen dadurch ein<br />
ganz herrliches Album zwischen saftigem<br />
Vollgas-Rock, formstrengen Zwölftaktern<br />
und semi-akustischen Delikatessen,<br />
die mit jederzeit hörbarem Enthusiasmus<br />
eingespielt wurden. An den famosen Resultaten<br />
herumnörgelnde Puristen machen<br />
einen Fehler!<br />
(Yep Roc/Cargo, 2014, 12/42:45) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
LEGENDEN DES SOUL<br />
Analog zur „Zeit”-<br />
Edition „Legenden<br />
Des Jazz” widmet<br />
sich diese Veröffentlichung<br />
aus dem<br />
Hamburger Verlagshaus<br />
auf 15 CDs je<br />
einem At Act, dessen musikalischer Output<br />
einer der unterschiedlichen Facetten jenes<br />
Genres zugerechnet werden kann,<br />
das als eine Syn<strong>the</strong>se von Gospelmusik<br />
und säkularem R&B entstand, wie sie<br />
exemplarisch in Ray Charles’ Fifties-<br />
Klassiker ”I’ve Got A Woman” ihren<br />
Ausdruck fand. Dem „Genius” ist denn<br />
auch gleich die erste CD der Box gewidmet,<br />
die allerdings nicht seine klassischen<br />
Aufnahmen für Atlantic Records enthält,<br />
sondern solche, die er in den 1960ern für<br />
ABC einspielte. Weitergeht es mit Sam<br />
Cooke sowie dem „Godfa<strong>the</strong>r Of Soul”,<br />
James Brown, bevor mit Marvin Gaye<br />
der erste Mo<strong>to</strong>wn-Künstler und mit der<br />
Soul-Blueslady Denise LaSalle die erste<br />
der zwei hier vertretenen weiblichen Acts<br />
gefeatured werden. Mit Otis Redding und<br />
Isaac Hayes folgen sodann die beiden<br />
wohl bedeutendsten Stax-Musiker, die<br />
zugleich als einzige in dieser Edition das<br />
stilbildende Label aus der Südstaatenmetropole<br />
Memphis repräsentieren, dessen<br />
Bedeutung dafür im Begleitbuch durch einen<br />
Extratext mit dem Titel „Willkommen<br />
in Soulsville” gewürdigt wird. Deutlich<br />
umfangreicher ist der Pop-affine Sound<br />
von Berry Gordys Detroiter Hit-Schmiede<br />
Mo<strong>to</strong>wn vertreten, und zwar neben Marvin<br />
Gaye gleich noch mit (Little) Stevie<br />
Wonder, den Four Tops, Smokey Robinson<br />
& The Miracles, den Temptations,<br />
den Supremes sowie Michael Jackson<br />
bzw. den Jackson 5. Vollendet wird der<br />
Reigen schließlich durch Aufnahmen der<br />
O’Jays sowie aus Curtis Mayfields frühen<br />
Jahren mit den Impressions. Wie immer<br />
bei derartigen Editionen lässt sich auch<br />
hier nicht nur über die Songauswahl, sondern<br />
ebenso über die der Künstler/-innen<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
trefflich streiten, kommt Musiker/-innen<br />
wie Aretha Franklin, Wilson Pickett und<br />
anderen mehr der Legendenstatus doch<br />
mindestens genauso zu wie den weiter<br />
oben Genannten. Dies war auch den Herausgebern<br />
bewusst, die mit dem Hinweis<br />
darauf, dass jede Auswahl zu Verzicht<br />
zwinge, erst gar keinen Anspruch<br />
auf Vollständigkeit erheben, sondern das<br />
Ganze vielmehr als „eine Einladung” verstanden<br />
wissen wollen, „die Welt des Soul<br />
zu entdecken”. Als Reiseführer auf dieser<br />
musikalischen Entdeckungs<strong>to</strong>ur wird<br />
einem dabei das bereits erwähnte, gut 200<br />
Seiten starke Begleitbuch mit Porträts<br />
der einzelnen Musiker/innen und Bands<br />
sowie ausgewählten „Zeit”-Artikeln mit<br />
auf den Weg gegeben, das allerdings ausschließlich<br />
bei Bestellung des Gesamtpakets<br />
im „Zeit”-Shop erhältlich ist, wohingegen<br />
die 15 CDs im Schallplattenhandel<br />
wiederum nur einzeln erworben werden<br />
können.<br />
(Universal, 2014, 15 CDs +<br />
Begleitbuch)<br />
ms<br />
MILLIE JACKSON<br />
LOVING ARMS – THE SOUL<br />
COUNTRY ALBUM<br />
Nicht umsonst gilt<br />
Millie Jackson zu<br />
den<br />
ausgesprochen<br />
erotischen<br />
Sängerinnen<br />
Amerikas,<br />
die sich auch nicht<br />
scheut, schon in<br />
Songtiteln zu verraten, worum es ihr geht:<br />
“Angel In Your Arms”, “If You’re Not Back<br />
In Love By Monday”, “I Can’t S<strong>to</strong>p Loving<br />
You”, “Loving Arms”, “I Still Love You<br />
(You Still Love Me)”, “Black Bitch Crazy”<br />
... Dank überragender Stimme und hochdifferenziertem<br />
Phrasierungsvermögen gelingen<br />
ihr regelmäßig höllisch swingende<br />
Songs, die abwechselnd kraftstrotzend,<br />
elektrisierend, prickelnd oder sexy schleichend<br />
daherkommen. Sie erweist sich bei<br />
“You Needed Me” und “You Never Cross<br />
My Mind” zudem als ideale Partnerin für<br />
den elegant-rauchigen Isaac Hayes. Unter<br />
diesen Voraussetzungen hatte Millie Jackson<br />
auch keine Probleme, die Grenze zwischen<br />
Soulterri<strong>to</strong>rium und Countryland zu<br />
überschreiten, um dort passende Songs aus<br />
den Werkstätten von Don Gibson, Kenny<br />
Rogers, Kris Kris<strong>to</strong>fferson oder Mac Davis<br />
aufzuspüren. Die Genreverschmelzung ist<br />