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Nr. 56 - Soziale Welt

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KULTUR<br />

13<br />

Goldlöckchen und die drei Bären<br />

Die gemütliche Hütte aber gehörte drei Bären, die vor dem<br />

Frühstück einen kleinen Spaziergang gemacht hatten. Als sie<br />

nach Hause zurückkehrten, merkten sie, dass da was nicht<br />

stimmte. „Wer hat von meinem Brei gegessen?“ brummte Papa<br />

Bär mit tiefer Stimme. „Und vom meinem?“ wollte Mutter Bär<br />

wissen. „Und wer hat meinen Brei ganz aufgegessen?“ fragte<br />

Baby Bär mit seinem kleinen Stimmchen und war sehr traurig,<br />

weil er ja nichts mehr zu essen hatte.<br />

Verärgert gingen die drei Bären ins Wohnzimmer. „Jemand<br />

hat auf meinem Stuhl gesessen!“ brummte Vater Bär und wurde<br />

ärgerlich. „Auch auf meinem!“, sagte Mutter Bär. „Und meinen<br />

Stuhl hat jemand ganz kaputt gemacht!“, sagte Baby Bär und<br />

fing an zu weinen.<br />

„Kommt mit“, sagte Vater Bär und man schlich die Treppe zum<br />

Schlafzimmer hinauf. „Jemand ist auf meinem Bett herumgesprungen!“<br />

sagte Vater Bär und war jetzt sehr ärgerlich. „Auch<br />

auf meinem Bett!“ sagte Mutter Bär. „In meinem Bett hat jemand<br />

geschlafen – du schaut mal, er ist noch drin!“ rief Baby Bär und<br />

zeigte mit der Pfote. Die Bären brummten bedrohlich.<br />

Da wachte Goldlöckchen auf. Sie sah die sehr böse blickenden<br />

Bären und sprang aus dem Bett und die Treppe hinunter. Dabei<br />

ging – knacks – das kleine Bettchen auch noch kaputt. Schwuppdiwupp<br />

war sie aus der Hütte in den Wald gerannt, nach bevor<br />

jemand „Wer ist denn das?“ sagen konnte.<br />

Mama Bär machte einen neuen Brei für Baby Bär und inzwischen<br />

zimmerte Vater Bär ein neues Stühlchen und ein neues<br />

Bett, ein bisschen größer als die alten Sachen, für Baby Bär. Baby<br />

Bär war nun satt und wieder fröhlich.<br />

Goldlöckchen wagte sich nie wieder in die Nähe der Bärenhütte.<br />

Aber ob sie danach brav und folgsam geworden ist oder weiter<br />

lieber spazieren ging, statt ihrer Mutter zu helfen, weiß man<br />

nicht. Den drei Bären war das jedenfalls egal.<br />

Von Robert Southey<br />

Gesetzmäßigkeit oder Schicksalsironie: ein Straßenmusiker in Frankfurt<br />

Ich habe ihn in einer Unterführung kennen<br />

gelernt. Er spielte Geige mit einem Musikrekorder.<br />

Er hat mich geboten, um seine<br />

Sachen aufzupassen, solange er im REWE<br />

sich einen Eistee holt. Danach habe ich ihn<br />

über Lieblingsorte der Musiker in Frankfurt<br />

gefragt. Es hat sich dabei herausgestellt, dass<br />

er aus der Ukraine kommt. Das Gespräch<br />

ging weiter, über die positiven und negativen<br />

Seiten des Lebens eines Straßenmusikers.<br />

Stellen Sie sich bitte vor. Woher kommen Sie,<br />

wo wohnen Sie?<br />

Ich heiße Igor. Ich komme aus der Ukraine<br />

und bin ukrainischer Bürger. Ich habe<br />

dort Berufsschule für Musik und Universität<br />

für die Kultur in Kiew absolviert. Ich habe<br />

noch nicht angefangen zu arbeiten. So muss<br />

ich jetzt auf der Straße arbeiten und davon<br />

leben.<br />

Wie alt sind Sie?<br />

Ich bin 39.<br />

Wo wohnen Sie?<br />

In Italien.<br />

Haben Sie eine Familie?<br />

Nein, ich bin allein.<br />

Wie sind sie nach Frankfurt gekommen?<br />

Als ich noch Student war, war es viel leichter<br />

mit Visen. Wir sind mit den Freunden<br />

einmal nach Frankfurt gekommen und seitdem<br />

ist das schon mittlerweile ein Brauch<br />

geworden. Einige von ihnen sind hier zum<br />

Arbeiten geblieben. Wir treffen uns manchmal<br />

hier..<br />

Warum haben Sie sich entschlossen, auf der<br />

Straße zu spielen? Wie war Ihr erster Auftritt?<br />

Als ich Student war, fiel es mir leichter,<br />

sich auf die Straße zu stellen. Jetzt habe ich<br />

manchmal Schwierigkeiten damit. Ich musste<br />

damals meine Fahrkarten und Visen abarbeiten,<br />

mit denen ich hierher gekommen<br />

bin.<br />

Also hatten Sie materielle und nicht geistige<br />

Gründe, um auf die Straße zu gehen?<br />

Um auf die Straße zu gehen, motiviert<br />

nicht das Geistige, sondern das Materielle.<br />

Erst später lernt man das Materielle mit dem<br />

Geistigen zu vereinbaren. Das ist notwendig,<br />

wenn man weder sich noch die anderen verstören<br />

will.<br />

Welche Ortsteile von Frankfurt sind für die<br />

Straßenmusiker am interessantesten?<br />

Beliebt sind die Orte, wo die Menschen<br />

langsam laufen. Sie können die Musiker gut<br />

hören und die Musik kann ihre Herzen erreichen.<br />

Die akustischen Musikinstrumente,<br />

wie z.B. Geige und Violine, lassen sich z.B.<br />

neben dem Buchgeschäft auf dem Römer gut<br />

hören.<br />

Sie wollen wahrscheinlich ihre Geheimnisse<br />

nicht ausplaudern, weil dann jemand anderer<br />

ihren Platz besetzen kann.<br />

Die Regeln der Stadt Frankfurt besagen, es<br />

sei nur erlaubt, für je eine Stunde Musik zu<br />

spielen. Deswegen kann jeder dran kommen.<br />

Das ist mit der Rücksicht auf die Ruhe der<br />

Einwohner festgelegt. Es wurden früher viersprachige<br />

Büchlein an die Straßenmusiker<br />

verteilt. In den Unterführungen ist übrigens<br />

die Zeit nicht limitiert.<br />

Woher kommen am Häufigsten die Leute<br />

nach Frankfurt, um zu spielen?<br />

Aus ganzer <strong>Welt</strong>, auch Amerikaner, Spanier.<br />

Sie sprechen kaum Deutsch, haben Sie aber<br />

Italienisch gelernt?<br />

Auch nicht.<br />

Fällt es einem Musiker schwerer, eine<br />

fremde Sprache zu lernen?<br />

Das hängt von der Gabe ab. Ich habe einfach<br />

kein Talent dafür. Einige von den Musikern,<br />

die mit mir gekommen sind, haben die<br />

Sprache gelernt und haben nach dem Konservatorium<br />

andere Berufe realisiert.<br />

Sie wollen sich aber nicht umqualifizieren?<br />

Es ist einfach schon zu spät für mich.<br />

Vielleicht hält Sie etwas Innerliches davon<br />

zurück? Meinen Sie vielleicht, dass die Kunst<br />

eine höhere Mission hat?<br />

Man gewöhnt sich einfach an das Leben.<br />

Daran, dass über einem keiner steht und man<br />

versucht, jegliche Hierarchie zu vermeiden.<br />

Bis zu welchem Alter kann man ein solches<br />

Leben führen?<br />

Ich kenne einen Gitarristen aus Lettland.<br />

Er sagt: Er habe es kaum abwarten können,<br />

bis meine Kinder groß geworden sind. Jetzt<br />

kann er auf die Straße gehen und spielen. Er<br />

ist über 60. Er wohnt im Süden von Italien.<br />

Wie gefällt Ihnen das Publikum in Frankfurt?<br />

Frankfurt ist eine gute Stadt. Die Einwohner<br />

sind musikalisch erzogen und lieben Musik.<br />

Bilder und Interviewe<br />

Yevheniya Genova<br />

Musik wird störend oft empfunden...<br />

dieweil sie mit Menschen verbunden<br />

sind, die oft genug am Rande<br />

der Gesellschaft und darüber hinaus<br />

leben (müssen). Man könnte<br />

mal aus dem Ausland lernen: In<br />

der Pariser Metro sind Straßenmusiker<br />

erlaubt – wenn sie ein<br />

Casting bestehen und der Bettelei<br />

abschwören. So werden die Hörmuscheln<br />

nicht über anstrengt<br />

und die Benutzer der Metro nicht<br />

belästigt. RMF, wäre das nicht mal<br />

eine Idee für euch?

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