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SANIEREN UND SPAREN - Sparkassenzeitung

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28<br />

FORUM<br />

Ist die Sparkassensprache<br />

Fonds, Produkte, Konditionen – Verbraucherschützer mahnen, Finanzinstitute informierten ihre Kunden<br />

1. Nicht ganz richtig. Wir<br />

haben Texte von Banken<br />

und Sparkassen untersucht,<br />

die sich an Kunden und<br />

an Journalisten als Mittler<br />

wendeten. Das Ergebnis: Es<br />

finden sich viele gute Texte,<br />

aber auch einige unverständliche.<br />

Kein Geldinstitut<br />

war über alle Textsorten<br />

hinweg brillant. Man merkt,<br />

dass es in den Unternehmen<br />

in der Regel keine einheitliche<br />

Text-Policy gibt. Aber<br />

Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />

schneiden<br />

unter dem Strich besser ab<br />

als Großbanken. Der Vorteil<br />

der Sparkassen ist wohl ihre<br />

Nähe zum Kunden, in Sparkassen-Filialen<br />

spricht man<br />

deren Sprache. Wo bei den<br />

Großbanken der Anteil an<br />

Anglizismen auffällt, ist es<br />

bei den Sparkassen ihr Hang<br />

zu Passivkonstruktionen.<br />

Diese sind typisch für eine<br />

Verwaltungssprache. Daran<br />

müsste vordringlich gearbeitet<br />

werden.<br />

2. Wenn Experten mit Experten<br />

sprechen, sollte man an<br />

die Verständlichkeit eines<br />

Textes andere Maßstäbe anlegen,<br />

als wenn Experten mit<br />

Laien reden. Diese beiden<br />

Kommunikationsformen gilt<br />

es zu unterscheiden. Erstellt<br />

etwa der Sparkassenverlag<br />

Broschüren, die sich an die<br />

Kommunikatoren innerhalb<br />

der Sparkassen richten, sind<br />

diese Texte anders zu bewerten,<br />

als die Beiträge für<br />

Broschüren, die sich an die<br />

Endkunden richten. Auch<br />

Akademiker schätzen es,<br />

wenn sie verständlich angesprochen<br />

werden. Trotz hoher<br />

formaler Bildung mögen<br />

sie es, wenn sie Botschaften<br />

schnell verstehen. Niemand liebt Schachtelsätze,<br />

unbekannte Fachbegriffe oder<br />

eine unübersichtliche Gliederung.<br />

3. Texte lassen sich verständlich schreiben,<br />

Produkte sich verständlich beschreiben.<br />

Gelingt das nicht, gibt es vielleicht<br />

ein Problem mit dem Produkt. Letztlich<br />

hat die Finanzkrise gezeigt, dass Bankberater<br />

mit dem Erläutern komplexer<br />

PRO<br />

„Kein Geldinstitut<br />

ist über<br />

alle Textsorten<br />

hinweg brillant.<br />

Man<br />

merkt, dass<br />

es keine einheitlichen<br />

Standards<br />

gibt.“<br />

Prof. Frank<br />

Brettschneider,<br />

Lehrstuhl für<br />

Kommunikationswissenschaft,<br />

Universität<br />

Hohenheim<br />

Produkte überfordert sein<br />

können. Ist das Produkt verständlich,<br />

gibt es in der Regel<br />

keine Kommunikationsprobleme.<br />

Entweder müssen<br />

komplizierte Produkte nur<br />

für entsprechend geeignete<br />

Zielgruppen angeboten<br />

werden oder sie müssen so<br />

transparent erklärt werden,<br />

dass jeder sie verstehen<br />

kann. Bei allen Anforderungen<br />

an Sparkassen gibt<br />

es aber auch eine Holschuld<br />

des Kunden. Nur sollte man<br />

ihm seine Hausaufgaben<br />

nicht unnötig erschweren.<br />

4. Verbraucherschützer erreichen<br />

manchmal mit guter<br />

Absicht Negatives. Die von<br />

ihnen vorgeschriebene Informationsflut<br />

ist oft kontraproduktiv.<br />

Positiv sind<br />

nicht Informationsmassen,<br />

sondern übersichtlich präsentierte<br />

Informationen. Das<br />

Verbraucherschutzministrium<br />

packt hingegen immer<br />

noch etwas dazu, sogar einzelne<br />

Formulierungen und<br />

Begriffe werden vorgeschrieben,<br />

so dass am Ende alles<br />

in einer Flut von Wörtern<br />

untergeht. Wenn man etwas<br />

verbessern will, gibt es zwei<br />

Wege: Entweder ringt man<br />

mit seinen Hausjuristen, bis<br />

der Text selbst rechtssicher<br />

und verständlich ist, oder<br />

man erstellt eine zusätzliche<br />

Kurzfassung, die nur relevante<br />

Punkte enthält. Diese<br />

werden in einer einfachen,<br />

nicht rechtlichen Sprache<br />

vorgestellt.<br />

5. Während der Bush-<br />

Administration produzierte<br />

das US-Verteidigungsministerium<br />

einige Texte für die<br />

Mitarbeiter tatsächlich in<br />

Comicform, damit sie richtig verstanden<br />

würden. Wenn es um Finanzprodukte<br />

geht, würde ich aber nicht in erster Linie<br />

mit Comics arbeiten. Aber wichtig sind<br />

Visualisierungen und gute Schaubilder<br />

sowie eine Sprache, die einfach, aber<br />

nicht banal sein muss. Wer für seine Zielgruppe<br />

Finanztexte schreiben will, sollte<br />

klare Sätze formulieren und Fremdworte<br />

meiden oder erklären. Selbst wenn man<br />

Sprechblasen unerwünscht: Gesetzliche<br />

Auflagen erschweren die Formulierung von<br />

Texten in der Finanzbranche. Dennoch<br />

müssen die Kundenberater ihre Kunden klar<br />

informieren. <br />

GRAFIK: OLIVER WEISS<br />

auch im Idealfall nicht alle Leser erreicht,<br />

gibt es doch viele Hürden, die man abbauen<br />

kann.<br />

6. Das kommt darauf an, auf welche Stufe<br />

man sich bewegt. Geht es darum, sprachlich<br />

ein wenig besser zu werden, kommt<br />

man ein Stück weiter, wenn die Mitarbeiter<br />

motiviert sind. Es fehlt ja nicht an Ratgebern<br />

von Profis wie Wolf Schneider. Ein<br />

solches Vorgehen ist aber nicht systematisch<br />

und abhängig von den jeweiligen<br />

Personen und ihrer Motivation. Will man<br />

systematisch vorgehen, ist externe Unterstützung<br />

sinnvoll. Beispielsweise bieten<br />

die Verbände gute Mustertexte an. Darüber<br />

hinaus kann man sich an externe Experten<br />

wenden oder auf softwarebasierte<br />

Lösungen zurückgreifen. Letztere bieten<br />

eine Art Rechtschreibprogramm für die<br />

Verständlichkeit: Ist ein Satz zu lang?<br />

Entspricht ein Begriff nicht dem Sprachgebrauch<br />

des Hauses? Darüber hinaus<br />

halte ich es für sinnvoll, Kunden über<br />

das Web 2.0 einzubinden und sie aufzufordern,<br />

unverständliche Passagen mitzuteilen.<br />

Was der Kunde nicht versteht,<br />

wird dann verständlicher formuliert. n<br />

S P A R K A S S E J U L I 2 0 1 1

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