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Ein Lastwagen voller Klagen - Ssma.de

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Süd<strong>de</strong>utsche Zeitung vom 30.12.2010<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Lastwagen</strong> <strong>voller</strong> <strong>Klagen</strong><br />

1200 Anleger von Medienfonds wollen von <strong>de</strong>n Banken und <strong>de</strong>n Anbietern ihr<br />

Geld zurück<br />

Von Hannah Wilhelm<br />

München - Da kommt Präsi<strong>de</strong>nt Gerhard Mützel vom Landgericht München I schon höchst<br />

selbst in die Eiseskälte vor <strong>de</strong>n Justizpalast, um sich das anzusehen. Über 1000 Aktenordner<br />

und <strong>Klagen</strong>, angeliefert in einem blauen Lkw aus Berlin. „Das hatten wir tatsächlich noch<br />

nie, so viele <strong>Klagen</strong> auf einmal", sagt er und lächelt amüsiert. Überraschend amüsiert<br />

eigentlich, <strong>de</strong>nn diese Akten be<strong>de</strong>uten verdammt viel Arbeit für seine Richter.<br />

Es geht um ein Thema, das die Justiz seit Jahren beschäftigt und weiter beschäftigen wird: die<br />

unseligen Medienfonds. Unselig vor allem für die Anleger, die einst ihr Geld in diese<br />

Finanzprodukte steckten. Wohl je<strong>de</strong>r Anleger dürfte das Investment mittlerweile bereuen,<br />

wenn nicht gar verfluchen. Deshalb klagen so viele, sie wollen ihr Geld zurück. Basta.<br />

Geschlossene Fondsanteile sind keine Wertpapiere wie Aktien, son<strong>de</strong>rn direkte Beteiligungen<br />

- mit einem entsprechend hohen unternehmerischen Risiko. Dem Anleger gehört ein Teil<br />

eines Schiffes, einer Immobilie, eines Windrads - o<strong>de</strong>r eben an einer Filmproduktion.<br />

Medienfonds sammeln also Geld von Anlegern ein und finanzierte davon die Produktion von<br />

mehreren Filmen.<br />

Verkauft wur<strong>de</strong>n sie En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r neunziger Jahre bis 2005 als Steuersparmo<strong>de</strong>lle für<br />

Vermögen<strong>de</strong>. Vereinfacht gesagt be<strong>de</strong>utet das: Die Anleger konnten die Anfangsverluste aus<br />

diesem Produkt bei ihrer Steuer geltend machen, also ihre Steuerlast enorm drücken. Und<br />

nun? Nun bringen die Fonds nicht nur keine Rendite. Und das selbst die, die Kassenerfolge<br />

wie „Herr <strong>de</strong>r Ringe 3" produziert haben. Nein, noch schlimmer: Die Finanzbehör<strong>de</strong>n haben<br />

zahlreichen Fonds, die damals mit einer Kapitalgarantie geworben hatten, im Nachhinein die<br />

steuerlichen Vorteile aberkannt. Deshalb bekamen zahlreiche Anleger Post - eine saftige<br />

Steuernachfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Finanzamtes. Mit sechs Prozent Strafzinsen pro Jahr. Das wird für<br />

viele verdammt teuer. Es wird ein Milliar<strong>de</strong>nbetrag sein, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Staat da kassieren wird.<br />

Dass es Ärger mit <strong>de</strong>n Fonds geben könnte, <strong>de</strong>utete sich erstmals 2007 an, als die Behör<strong>de</strong>n<br />

mitteilten, dass sie vorerst die Steuererklärungen <strong>de</strong>r Anleger nicht bearbeiten wer<strong>de</strong>n, da es<br />

Zweifel an <strong>de</strong>r steuerlichen Konzeption <strong>de</strong>r Fonds gebe. Deshalb ist Rechtsanwalt Wolfgang<br />

Schirp also nun extra an diesem kalten Dezembertag 2010 mit <strong>de</strong>m Lkw von Berlin<br />

gekommen, <strong>de</strong>nn zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres könnte die Verjährung drohen - drei Jahre, nach<strong>de</strong>m<br />

die Anleger Kenntnis von <strong>de</strong>m Problem erlangt haben.<br />

Insgesamt sind in diesen Fällen 90 000 Anleger betroffen, die einst für insgesamt zehn<br />

Milliar<strong>de</strong>n Euro Anteile von 40 Fonds gekauft haben. Für 1200 von ihnen klagt Schirp nun -<br />

gegen die Banken, die die Anteile verkauft und finanziert haben, und gegen die<br />

Fondsanbieter. Weil die einen die Anleger besser hätten beraten und die an<strong>de</strong>ren die Fonds<br />

besser hätten konstruieren müssen, so seine Argumente. Es geht um einen Streitwert von 200<br />

Millionen. Eigentlich wolle er gar nicht klagen, sagt er, während er <strong>de</strong>n Justizbeamten dabei


hilft, die Akten in das Gericht zu beför<strong>de</strong>rn. <strong>Ein</strong> Vergleich mit Banken und Fondsanbietern<br />

wäre ihm lieber. Deshalb hat er wohl auch die Medien zur Aktenübergabe gela<strong>de</strong>n. Um<br />

Druck aufzubauen.<br />

Im Übrigen: Hinter <strong>de</strong>n Anbietern, die Schirp verklagt, steht nicht irgendwer. Nein, es sind<br />

mal wie<strong>de</strong>r die Lan<strong>de</strong>sbanken: die BayemLB, die Lan<strong>de</strong>sbank Hessen-Thüringen, die<br />

NordLB und die Lan<strong>de</strong>sbank Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.

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