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Predigt am 3. Sonntag in der Passionszeit (Okuli) - St. Michaelis

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<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong><br />

<strong>3.</strong><strong>Sonntag</strong> <strong>der</strong> <strong>Passionszeit</strong> <strong>Okuli</strong> 11. März 2012 1. Petrus 1, 18-21<br />

Im N<strong>am</strong>en des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.<br />

Liebe Geme<strong>in</strong>de,<br />

mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich mahnenden Satz aus dem 1. Petrusbrief beg<strong>in</strong>nt die Komplet,<br />

das letzte Gebet <strong>der</strong> Kirche <strong>am</strong> Ende e<strong>in</strong>es jeden Tages. Wenn die Nacht here<strong>in</strong>bricht,<br />

die immer als die Zeit des Unheils, und als Wirkraum von Dämonen und bösen<br />

Geistern gedeutet wurde, ruft <strong>der</strong> Verfasser des Petrusbriefes uns zu: „Seid nüchtern<br />

und wacht, denn euer Wi<strong>der</strong>sacher, <strong>der</strong> Teufel, geht umher wie e<strong>in</strong> brüllen<strong>der</strong> Löwe<br />

und sucht, wen er verschl<strong>in</strong>ge. Dem wi<strong>der</strong>steht fest im Glauben.“ H<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> Ihrem Gesangbuch,<br />

unter <strong>der</strong> Nummer 786 können Sie diese Worte nachlesen und täglich<br />

auch mit beten.<br />

Der Teufel wie e<strong>in</strong> brüllen<strong>der</strong>, Menschen fressen<strong>der</strong> Löwe - das ist e<strong>in</strong> fremdes Bild<br />

für e<strong>in</strong>en großstädtischen Mitteleuropäer und hat wenig Anhalt <strong>in</strong> unserem Leben –<br />

es sei denn, es würde übersetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bild, das wir kennten und verstehen könnten.<br />

An<strong>der</strong>s war es mit den Menschen d<strong>am</strong>als, als diese Worte aufgeschrieben wurden.<br />

Die Christen <strong>der</strong> ersten Generationen erfuhren sich e<strong>in</strong>erseits noch ganz konkret als<br />

Teil <strong>der</strong> Schöpfung Gottes, mannigfach gefährdet durch wilde Tiere, die ihnen an<br />

Kräften weit überlegen waren und vor denen sie sich beson<strong>der</strong>s nachts <strong>in</strong> Acht nehmen<br />

mussten.<br />

Im 104., dem großen Schöpfungspsalm, betet e<strong>in</strong> staunen<strong>der</strong> Mensch angesichts<br />

se<strong>in</strong>er von Gott geschaffenen und bejahten Umwelt : „Du machst F<strong>in</strong>sternis, dass es<br />

Nacht wird; da regen sich alle wilden Tiere, die jungen Löwen, die da brüllen nach<br />

Raub und ihre Speise suchen von Gott.“ Das ist das ganz natürliche Wirken <strong>der</strong><br />

Schöpfermacht Gottes, und dennoch macht es dem Menschen Angst.<br />

An<strong>der</strong>erseits waren es Menschen, die wie brüllende Löwen wüteten – auch <strong>am</strong> hellen<br />

Tage. Diktatoren und Verfolger, die F<strong>in</strong>sternis und Nacht verbreiteten und Unheil<br />


<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong> Seite 2<br />

…<br />

und Tod unter <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en Schar von Christenmenschen verursachten, wo sie nur<br />

konnten. O<strong>der</strong> solche Herrscher, die versuchten, mit allen Mitteln Christen von ihrem<br />

Weg abzubr<strong>in</strong>gen – zu umgarnen o<strong>der</strong> zu foltern, zu locken o<strong>der</strong> wegzusperren.<br />

Im Johannesevangelium wird Judas, <strong>der</strong> Jesus verraten hat, als e<strong>in</strong> Sohn <strong>der</strong> Nacht<br />

bezeichnet. Als Jesus mit se<strong>in</strong>en Jüngern beim Mahl zus<strong>am</strong>mensaß und davon<br />

sprach, dass e<strong>in</strong>er ihn verraten würde, <strong>der</strong> nämlich, dem er den Bissen reichen werde,<br />

fuhr gleich darauf <strong>der</strong> Satan <strong>in</strong> Judas, schreibt Johannes. Und weiter steht da<br />

geschrieben: „Als er nun den Bissen genommen hatte, g<strong>in</strong>g er alsbald h<strong>in</strong>aus. Und<br />

es war Nacht.“<br />

Wie e<strong>in</strong> brüllen<strong>der</strong> Löwe, doch gerade nicht laut, son<strong>der</strong>n schleichend geht Judas,<br />

se<strong>in</strong> teuflisch gelenktes Werk zu tun, Jesus zu verschl<strong>in</strong>gen um den Lohn e<strong>in</strong>iger Silberl<strong>in</strong>ge.<br />

„Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber o<strong>der</strong> Gold erlöst seid von eurem<br />

nichtigen Wandel nach <strong>der</strong> Väter Weise…“ Der Verfasser des Petrusbriefes bedient<br />

sich des Bildes vom Loskauf durch Geld, wie er d<strong>am</strong>als bei Sklaven üblich war.<br />

E<strong>in</strong>e bestimmte Summe Geldes war <strong>der</strong> Mensch wert, je nach E<strong>in</strong>satzmöglichkeit.<br />

War er e<strong>in</strong> Sklave im Angebot, wurden vor dem Handel Muskeln und Gebiss geprüft<br />

sowie <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>zustand <strong>der</strong> Ware Mensch. Es k<strong>am</strong> wohl auch vor, dass jemand<br />

aus re<strong>in</strong>er Menschenfreundlichkeit e<strong>in</strong>en Sklaven freikaufte. An<strong>der</strong>e schüttelten darüber<br />

den Kopf – so e<strong>in</strong>e Verschwendung von Geld und Potential.<br />

Das Wun<strong>der</strong> Mensch, das ebenfalls <strong>in</strong> den Psalmen besungen wird, nämlich wun<strong>der</strong>bar<br />

gemacht zu se<strong>in</strong> und nur wenig niedriger als Gott, wird nach e<strong>in</strong>em menschlichen<br />

Tauschwert gemessen, <strong>in</strong>flationsabhängig und mit erheblichem Werteverlust<br />

bei zunehmendem Alter – vor allem aber: nicht mehr als e<strong>in</strong> Geschöpf Gottes, als e<strong>in</strong><br />

geliebtes K<strong>in</strong>d Gottes, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> von Menschen zum Untermenschen degradiertes<br />

Wesen.<br />

„Ihr seid an<strong>der</strong>s“, ruft <strong>der</strong> Apostel den Christen zu, und <strong>in</strong> diesen Worten enthalten ist<br />

<strong>der</strong> geradezu kategorische Imperativ: „Seid an<strong>der</strong>s als die An<strong>der</strong>en! Zeigt <strong>der</strong> Welt,<br />

dass ihr Gebaren euch fremd ist!“ Geschenk und Verantwortung liegen hier dich nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und beschreiben e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil des Bundes, den Gott uns<br />

Menschen anbietet.<br />

Aber warum? – mögen wir zurückfragen. „Wegen eures Freikaufs „mit dem teuren<br />

Blut Christi als e<strong>in</strong>es unschuldigen und unbefleckten L<strong>am</strong>mes.“, schreibt <strong>der</strong> Verfas-<br />


<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong> Seite 3<br />

…<br />

ser des 1. Petrusbriefes. „Dadurch seid ihr losgekauft von aller Ungerechtigkeit und<br />

Sünde. Dar<strong>in</strong> seid ihr geheiligt. Erweist euch nun dieser Heiligung würdig.“<br />

Große und schwere Worte s<strong>in</strong>d das. Manchen Christen heute stockt schon beim Gedanken<br />

an das Bild vom geschlachteten L<strong>am</strong>m <strong>der</strong> Atem. Christe, du L<strong>am</strong>m Gottes –<br />

dieser Hymnus, <strong>der</strong> den im Sakr<strong>am</strong>ent des Altares gegenwärtigen gekreuzigten und<br />

auferstandenen Herrn anbetet und zugleich um se<strong>in</strong> Erbarmen und se<strong>in</strong>en Frieden<br />

anfleht, wird <strong>in</strong> nicht wenigen Geme<strong>in</strong>den gar nicht mehr gesungen. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige<br />

Opfertheologie sei nicht vermittelbar und nicht länger vertretbar, so wird argumentiert.<br />

Es ist zu blutig, zu graus<strong>am</strong>, zu sehr von e<strong>in</strong>em Gott her gedacht, <strong>der</strong> zur Versöhnung<br />

se<strong>in</strong>es Zornes e<strong>in</strong> unschuldiges Opfer braucht.<br />

Ich er<strong>in</strong>nere selbst mit e<strong>in</strong>igem Grausen e<strong>in</strong>en Karfreitag auf <strong>der</strong> griechischen Insel<br />

Korfu, wo mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>St</strong>adt vor fast jedem Haus e<strong>in</strong> ganz erbärmlich blökendes<br />

L<strong>am</strong>m mit e<strong>in</strong>em groben <strong>St</strong>rick festgebunden war, das den Tod vor Augen hatte. Es<br />

brauchte e<strong>in</strong>ige Überw<strong>in</strong>dung, an Ostern das L<strong>am</strong>mfleisch zu essen, das uns überall<br />

als Zeichen <strong>der</strong> Freude über die Auferstehung Jesu Christi angeboten wurde.<br />

Aber ist nicht gerade dieses Bild auch e<strong>in</strong> zutiefst symbolisches – im Blick auf die<br />

Heilsgeschichte, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel aufgeschrieben steht; im Blick auch auf Freiwilligkeit<br />

im Leiden und <strong>St</strong>ellvertretung?<br />

Das L<strong>am</strong>m und se<strong>in</strong> Blut: die Pfosten <strong>der</strong> Häuser, <strong>in</strong> denen die Israeliten <strong>in</strong> Ägypten<br />

wohnten, waren auf Gottes Anordnung h<strong>in</strong> d<strong>am</strong>it bestrichen worden – als Zeichen<br />

dafür, dass <strong>in</strong> diesen Häusern alles Leben bewahrt würde <strong>in</strong> jener Nacht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Herr wie e<strong>in</strong> brüllen<strong>der</strong> Löwe Gericht halten wollte über die Götter Ägyptens und alle<br />

Erstgeburt <strong>der</strong> Ägypter tötete; <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht vor dem großen Aufbruch <strong>in</strong> die Freiheit,<br />

<strong>der</strong> zugleich e<strong>in</strong> Aufbruch war <strong>in</strong> die Fremde, die nun Heimat werden sollte für Israel<br />

und gelobtes Land genannt wurde.<br />

Das L<strong>am</strong>m und se<strong>in</strong> Blut: „Als er gemartert wurde, litt er doch willig und tat se<strong>in</strong>en<br />

Mund nicht auf wie e<strong>in</strong> L<strong>am</strong>m, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie e<strong>in</strong> Schaf,<br />

das verstummt vor se<strong>in</strong>em Scherer…“ So schrieb Jesaja Jahrhun<strong>der</strong>te, bevor <strong>der</strong><br />

Erstgeborene Marias, <strong>der</strong> Sohn Gottes, als den ihn <strong>der</strong> heidnische Hauptmann bezeugte<br />

und bekannte, <strong>am</strong> Kreuz auf Golgatha getötet wurde, <strong>der</strong> Sündlose für die<br />

Sün<strong>der</strong>, wie es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em heutigen Gebet heißt.<br />

Der erste Petrusbrief begründet das An<strong>der</strong>sse<strong>in</strong> und Fremdse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Christen <strong>in</strong> dieser<br />

Welt mit dem Opfer des unschuldigen L<strong>am</strong>mes <strong>am</strong> Kreuz als e<strong>in</strong>e grandiose<br />


<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong> Seite 4<br />

…<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Heilsgeschichte, die e<strong>in</strong>mündet <strong>in</strong> das Ziel und die <strong>St</strong>unde Gottes:<br />

<strong>der</strong> Aufbruch aus dem Sklavenhaus Ägypten <strong>in</strong> die Freiheit war <strong>der</strong> erste große<br />

Schritt Gottes für se<strong>in</strong> Volk. Das Opfer des Gottesl<strong>am</strong>mes <strong>am</strong> Kreuz bedeutet den<br />

nächsten und entscheidenden Schritt, und schenkt noch mehr: es kauft jeden Menschen<br />

frei aus dem Schicksal <strong>der</strong> Vergänglichkeit, das über diese Welt und alles Leben<br />

auf ihr verhängt ist; es erlöst ihn vom brüllendsten aller Löwen: dem Tod, <strong>der</strong> <strong>am</strong><br />

Kreuz von Golgatha besiegt wurde.<br />

Fortan kann darum diese Welt dem, <strong>der</strong> Anteil hat <strong>am</strong> Sieg dieses L<strong>am</strong>mes, nur noch<br />

Fremde se<strong>in</strong>. Wer Christus nachfolgt, blickt auf zu ihm, dem Gekreuzigten und Auferstandenen,<br />

und macht sich auf den Weg h<strong>in</strong> zur zukünftigen <strong>St</strong>adt, dem himmlischen<br />

Jerusalem. Es ist e<strong>in</strong> Weg, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Menschenleben lang dauert; e<strong>in</strong> Weg durch diese<br />

Welt, <strong>der</strong> darum immer wie<strong>der</strong> Vergewisserung braucht; Wüsten kennt und manchmal<br />

auch fruchtbare Täler, <strong>der</strong> Verlockungen ausgesetzt ist, sich mit <strong>der</strong> Welt geme<strong>in</strong><br />

zu machen o<strong>der</strong> brüllenden Löwen zum Opfer zu werden, die Erlösung versprechen<br />

und <strong>in</strong> Wirklichkeit Abhängigkeit o<strong>der</strong> höchstens Selbsterlösung me<strong>in</strong>en.<br />

„Ihr seid an<strong>der</strong>s, weil Gott euch erwählt hat, weil Gott euch geheiligt hat, an diesem<br />

wun<strong>der</strong>baren Geschenk teilzuhaben. Heiligt darum jeden Tag auf eurem Weg; heiligt<br />

das Fest und heiligt den Alltag.“ Das ist die <strong>Predigt</strong> des 1. Petrusbriefes. Hier liegt <strong>der</strong><br />

Grund für den Appell zur Wachs<strong>am</strong>keit und Nüchternheit.<br />

Das ist unser Schatz, wahrlich kostbarer als Silber und Gold. Wir haben – um mit<br />

Paulus zu sprechen – als Maßstab das Wort vom Kreuz. Wir haben dieses Wort, das<br />

Gottes Wahrheit und se<strong>in</strong>en Willen für uns offenbart. Täglich liegt es bereit, von uns<br />

gelesen zu werden, um immer tiefer zu verstehen, dass sich unser Wert daran misst,<br />

was Gott selbst für uns getan hat durch se<strong>in</strong>en Sohn. Wir s<strong>in</strong>d wertvoll <strong>in</strong> Gottes Augen,<br />

wert gehalten <strong>in</strong> Gottes Herzen und darum muss sich ke<strong>in</strong> glauben<strong>der</strong> Mensch<br />

auf dem Weg se<strong>in</strong>es Lebens verstellen o<strong>der</strong> verkleiden, muss sich niemand verrenken<br />

o<strong>der</strong> selbst befreien o<strong>der</strong> erlösen wollen.<br />

Das hört sich wun<strong>der</strong>bar an, und wird doch sehr schnell und immer wie<strong>der</strong> vergessen,<br />

wird übersehen und vernachlässigt: Ke<strong>in</strong>e Zeit, zu viel zu tun, ke<strong>in</strong>e Ruhe, ke<strong>in</strong>e<br />

Lust, passt jetzt nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Lebensentwurf, ist mir fremd, sagt mir nichts, religiöses<br />

Gerede. Wissen Sie, wie me<strong>in</strong> Alltag aussieht?<br />

„Ihr wisst“, schreibt <strong>der</strong> Apostel im ersten Petrusbrief. Und: „Ihr könnt euren Alltag<br />

aus dem Glauben heraus selbst bestimmen.“<br />


<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong> Seite 5<br />

…<br />

Wissen wir wirklich? Ahnen wir es wenigstens noch? „Nichtiger Wandel“ – was soll<br />

das se<strong>in</strong> – me<strong>in</strong> Leben etwa? Wer wagt es, so etwas zu behaupten, sich <strong>der</strong>art e<strong>in</strong>zumischen<br />

<strong>in</strong> me<strong>in</strong>e Belange? Der autonome Mensch macht sich gerade im Wi<strong>der</strong>spruch.<br />

Nichtig ist jenes Leben, das durch diese Welt wandelt, so, als gelten Gottes<br />

Wort und Gottes Geschichte mit den Menschen nicht ganz konkret auch mir, als<br />

brauchte <strong>der</strong> Mensch nur sich; als wären <strong>der</strong> Auszug Israels aus <strong>der</strong> Sklaverei <strong>in</strong> die<br />

Freiheit und das Opfer Gottes <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Sohn auf Golgatha ferne Geschehnisse und<br />

Geschichten ohne jede Bedeutung für unser Leben und unser <strong>St</strong>erben, unsere Ethik<br />

und unser Verhalten.<br />

„Ihr wisst“ – und was?<br />

Dem Geschenk <strong>der</strong> Gnade Gottes auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en steht e<strong>in</strong>e Aufgabe auf unserer Seite<br />

gegenüber. Es soll an uns erkennbar se<strong>in</strong>, dass wir zu Christus gehören. Dazu gehört<br />

die nüchterne E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> unsere Fehlbarkeit und zugleich das Vertrauen, trotz<br />

unserer Fehlern und Sünden von Gott geliebt zu se<strong>in</strong>. Dazu gehört, die Freiheit im<br />

Leben mit den Geboten Gottes vor Augen zu genießen, weil er <strong>am</strong> Ende Rechenschaft<br />

von uns for<strong>der</strong>n wird im Blick auf unsere Worte und Taten. Dazu gehört, manchem<br />

Trend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt zu wi<strong>der</strong>sprechen und sich nicht anzupassen, <strong>in</strong>dem man still<br />

und ruhig se<strong>in</strong> Leben lebt und unauffällig und privat se<strong>in</strong>e Religion praktiziert und<br />

nicht spricht vom An<strong>der</strong>sse<strong>in</strong> und nicht wirbt dafür.<br />

Christus ist <strong>in</strong> diese Welt gekommen und hat sie <strong>in</strong> den Tagen se<strong>in</strong>es irdischen Dase<strong>in</strong>s<br />

punktuell erkennbar verän<strong>der</strong>t – immer im Blick auf das anbrechende Reich<br />

Gottes. „Was ihr hier an diesem Beispiel seht – an diesem geheilten Kranken, an<br />

diesem gesättigten Hungrigen, an diesem Gebrochenen, dem e<strong>in</strong> Wort des Trostes,<br />

<strong>der</strong> Vergebung Gottes und <strong>der</strong> Ermutigung zugesprochen wurde – das weist euch<br />

auf euren Weg <strong>in</strong>s gelobte Land.“<br />

So zu leben, das selbst zu tun, ist nicht nur unsere Aufgabe als Antwort auf die Gnade<br />

Gottes. Das ist es allemal. Es ist zugleich e<strong>in</strong>e gewaltige Herausfor<strong>der</strong>ung. Denn<br />

wir leben <strong>in</strong> dieser Welt, die uns zu verschl<strong>in</strong>gen droht, die uns e<strong>in</strong> rasantes Tempo<br />

abfor<strong>der</strong>t und kaum zur Ruhe kommen lässt; die uns ermutigt, den Augenblick zu<br />

pflücken – jeden Augenblick – aber ke<strong>in</strong>en Raum und ke<strong>in</strong>e Zeit mehr erübrigen will,<br />

<strong>in</strong>nezuhalten und hochzusehen zu Christus; die Erfolge for<strong>der</strong>t und ungnädig mit<br />

Versagen umgeht; die das E<strong>in</strong>halten ihrer Gesetzmäßigkeiten und Moden verlangt,<br />

Gehors<strong>am</strong> gegen Gott h<strong>in</strong>gegen als unzeitgemäß o<strong>der</strong> gar absurd ansieht.<br />


<strong>Predigt</strong>en – von Hauptpastor Alexan<strong>der</strong> Rö<strong>der</strong> Seite 6<br />

…<br />

Der Verfasser des ersten Petrusbriefes lässt ke<strong>in</strong>e Kompromisse gelten. Christse<strong>in</strong><br />

for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Entscheidung, die den Menschen mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt dieser Welt entfremdet.<br />

Christse<strong>in</strong> for<strong>der</strong>t Treue gegen Gott und den Glauben, dass Gott unser Leben<br />

schon erlöst hat – <strong>am</strong> Kreuz, im Leiden, durch den eigenen Tod – im Bild des unschuldigen<br />

und unbefleckten L<strong>am</strong>mes.<br />

„Ihr wisst“. Ja, wir wissen es. Hilf, Herr, gegen das Vergessen.<br />

Und <strong>der</strong> Friede Gottes, <strong>der</strong> höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und<br />

S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> Christus Jesus.<br />

Amen.

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