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Liest du mir was vor? Zaubern mit Kopf, Herz und Mund

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<strong>Liest</strong> <strong>du</strong> <strong>mir</strong> <strong>was</strong> <strong>vor</strong>? <strong>Zaubern</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kopf</strong>, <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> M<strong>und</strong><br />

73. Jahreskurse im Bistumshaus Schloss Hirschberg<br />

25.-28. Juli 2008<br />

Arbeitsgruppe: Vorlesen für Erwachsene<br />

„Vorlesen ist eine Kunst, die jeder kann, der die Ge<strong>du</strong>ld <strong>und</strong> die Muße aufbringt, sich auf<br />

die Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse seines jeweiligen Zuhörers einzustellen.“<br />

(Peter Schreiner in: Bücher zum Vorlesen)<br />

Während Vorlesen für Kinder in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist <strong>und</strong><br />

Leseförderung <strong>und</strong> Literaturver<strong>mit</strong>tlung nicht erst seit PISA große Beachtung zukommt,<br />

kennen wir das Vorlesen für Erwachsene fast nur aus Krankenhäusern <strong>und</strong> Altenheimen.<br />

Vorlesen für Kinder ist meist eng verknüpft <strong>mit</strong> Förderung von Fantasie, Kreativität, <strong>und</strong><br />

Lesefreude.<br />

Vorlesen für Erwachsene hat oft die Funktion, beim Zuhören zu entspannen, Kontakte zu<br />

schaffen, nicht-mobile Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen <strong>und</strong><br />

kranken Menschen ein wenig Zerstreuung <strong>und</strong> Ablenkung zu bieten.<br />

Vorlesen ist jedoch kein mechanischer Akt <strong>und</strong> wenn die Vorlesest<strong>und</strong>e beendet ist, wird<br />

das Buch zugeklappt <strong>und</strong> der Vorleser geht seines Weges.<br />

Einem anderen Menschen <strong>vor</strong>zulesen bedeutet, Beziehung zum anderen aufzunehmen,<br />

gemeinsam eine (fiktive) Geschichte zu erleben, zu erleiden, <strong>mit</strong>zufiebern. Das<br />

anschließende Gespräch über das Gelesene <strong>und</strong> Gehörte ist da<strong>mit</strong> mindestens ebenso<br />

wichtig wie das Vorlesen selbst.<br />

Lesen <strong>und</strong> Vorlesen kann man lernen <strong>und</strong> man muss keine Sprechausbil<strong>du</strong>ng haben, um<br />

jemandem <strong>vor</strong>zulesen.<br />

Was man sich als Vorleser aber <strong>vor</strong>her unbedingt bewusst machen muss ist, dass das<br />

Gehörte beim Gegenüber Emotionen, Gesprächsbedarf, Fragen auslösen kann, <strong>mit</strong> denen<br />

es umzugehen gilt. Dafür bedarf es Einfühlungsvermögen <strong>und</strong> die Bereitschaft, sich auf<br />

den Zuhörer einzulassen.<br />

Der richtigen Textauswahl kommt da<strong>mit</strong> eine wichtige Bedeutung zu.<br />

Textauswahl<br />

- Der Text muss dem Vorleser Spaß machen; er muss von dem Text überzeugt sein.<br />

- Die Bücher sollten nicht zu dick sein bzw. gut in Etappen gelesen werden können.<br />

- Gr<strong>und</strong>sätzlich eignet sich alles zum Vorlesen, <strong>was</strong> dem Gegenüber gefällt; auch<br />

Zeitungen, Kinderbücher, Gedichte, Kurzgeschichten, Sachliteratur,…<br />

Im Vorgespräch <strong>mit</strong> dem Zuhörer muss geklärt werden:<br />

- Was seine Vorlieben <strong>und</strong> Abneigungen sind<br />

- Ob es Tabuthemen (z.B. Tod, Krankheit, Krieg) <strong>und</strong> Lieblingsthemen (z.B. andere<br />

Länder, Biographien) gibt.<br />

- Ob er bestimmte Gattungen (z.B. Krimi, Fantasy, Märchen) be<strong>vor</strong>zugt/ablehnt.<br />

- Welche literarische Formen er mag/nicht mag (Kurzgeschichten, dialoglastige Romane,<br />

Briefromane,…).<br />

- Welche Titel er bereits gelesen hat <strong>und</strong> vielleicht noch einmal hören möchte.<br />

- …<br />

SONJA LEBERT<br />

Rotenburstraße 9, 97084 Würzburg, sonja.lebert@freenet.de


Vorbereitender Umgang <strong>mit</strong> dem Text:<br />

- Text laut lesen <strong>und</strong> dabei die Zeit überprüfen (laut lesen dauert länger als stummes<br />

Lesen)<br />

- Überblick verschaffen: Worum geht es? Wer kommt <strong>vor</strong>? Fragen, Fremdwörter u.ä.<br />

klären<br />

- Überlegen: welche Bedeutung kann der Text für das Gegenüber haben?<br />

- Was kann der Text beim Gegenüber auslösen?<br />

- Welche Gesprächsansätze ergeben sich aus dem Text?<br />

Das Vorlesen<br />

- Im Raum sollte eine ruhige Atmosphäre herrschen <strong>und</strong> Störungen möglichst<br />

ausgeschlossen sein.<br />

- Der Vorleser setzt sich am besten gut sichtbar in Blickrichtung des Zuhörenden. Liegt<br />

der Zuhörer im Bett, so setzt er sich am besten neben das Bett. Wichtig ist, dass immer<br />

Augenkontakt bestehen kann.<br />

- Für den ersten Besuch sollten 60-90 Minuten eingeplant werden, um <strong>mit</strong>einander<br />

vertraut zu werden, die Lektürewünsche <strong>und</strong> den Ablauf zu klären.<br />

- Zur Vorlesest<strong>und</strong>e gehören immer Ankommen/Begrüßen, das Vorlesen, das Gespräch<br />

über das Gehörte, das Abschiednehmen, die Absprache über Termin <strong>und</strong> Buch.<br />

- Da man hört, ob der Vorleser bei „der Sache ist“ oder <strong>mit</strong> seinen Gedanken ganz<br />

woanders, sollte sich der Vorleser genug Zeit nehmen, anzukommen, eine gemütliche<br />

Leseposition zu finden <strong>und</strong> sich auf das Gegenüber einzustellen.<br />

Vorlesen für Menschen in besonderen Lebenssituationen in Abgrenzung zu<br />

Biblio- <strong>und</strong> Poesietherapie<br />

Bibliotherapie: Lesen <strong>und</strong> Verarbeiten von fertigen Texten<br />

Durch die Zuhilfenahme von Literatur sollen mehr oder minder belastende Erlebnisse <strong>und</strong><br />

Eindrücke verarbeitet werden. Der Einsatz von Lektüre erfolgt im Rahmen eines<br />

therapeutischen Prozesses, in einem bestimmten therapeutischen Setting <strong>und</strong> <strong>mit</strong><br />

bestimmten therapeutischen Zielsetzungen.<br />

Poesietherapie: Arbeit <strong>mit</strong> selbst geschriebenen Texten<br />

Durch die Arbeit <strong>mit</strong> (selbstgeschriebenen) Texten soll eine positive kognitive <strong>und</strong><br />

emotionale Veränderung bei psychisch oder körperlich Kranken oder bei Personen <strong>mit</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten erreicht werden.<br />

Nur psychotherapeutisch qualifizierte Personen sollten <strong>mit</strong> der Poesie- <strong>und</strong> Bibliotherapie<br />

arbeiten! Hierfür gibt es spezielle Aus- <strong>und</strong> Weiterbil<strong>du</strong>ngen.<br />

Quellen <strong>und</strong> Links:<br />

www.graue-Feder.de Schreibende Senioren publizieren hier ihre Biographien,<br />

Gedichte <strong>und</strong> Texte.<br />

www.stiftung-lesen.de Vorlesepaten, Praxistips, Literaturempfehlungen, uvm.<br />

Arbeitshilfe „Büchern Beine machen : Vorlesen im Besuchsdienst“. – Amt für<br />

Gemeindedienst in der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, Nürnberg<br />

Deutsches Ärzteblatt: Merten, Martina: Poesie- <strong>und</strong> Bibliotherapie: Nicht darauf<br />

vertrauen – nur hoffen, Dezember 2002, Seite 558<br />

Ehrenberger, Hilde: Lesen hilft leben. Fragen-lesen-antworten. Wien : Österreichischer<br />

B<strong>und</strong>esverlag, 1987<br />

SONJA LEBERT<br />

Rotenburstraße 9, 97084 Würzburg, sonja.lebert@freenet.de

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