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Das Schweizer Fachmagazin für das Gesundheitswesen - jetzt abonnieren unter www.arztspitalpflege.ch - Ausgabe 3/2014.
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gesundheitspolitik<br />
Gesundheitswesen eine innovative Zusammenarbeitskultur<br />
entwickelt hat.<br />
Man spürt einen echten regionalen<br />
«Teamgeist».<br />
Wir arbeiten und kämpfen auch dafür –<br />
es ist tatsächlich ein dauernder Kampf.<br />
Die Mentalitäten sind nicht sehr verschieden,<br />
Ärzte sind grundsätzlich vom Naturell<br />
her Individualisten. Man sucht sie<br />
nach solchen Kriterien aus, ihren Stärken,<br />
Leistungen zu erbringen, ihre medizinische<br />
Kompetenz. Sie nachher in einer<br />
«Kooperationslogik» arbeiten zu lassen,<br />
ist eine echt schwierige Aufgabe. Wenn<br />
sie sich aber einmal integriert haben, sind<br />
sie für immer drin, sie sind sozusagen<br />
«konvertiert» und glauben und leben<br />
auch ein für alle Mal diese Kooperationskultur.<br />
Bis es aber so weit ist, braucht es<br />
durchaus auch einen gewissen Druck.<br />
Wir sind zurzeit in einer guten Phase. Unsere<br />
Kosten sind vergleichsweise vernünftig,<br />
wir sind im Benchmark und stabil. Wir<br />
haben starke Rekrutierungen von renommierten<br />
und prominenten Spezialisten<br />
realisieren können, wie die Professoren<br />
Prêtre, Coucos, Bourhis, Mooser, (Genomik)<br />
oder Pantaleo, starke Figuren, die<br />
auch intensiv mit der EPFL (École polytechnique<br />
fédérale de Lausanne) vernetzt<br />
sind. Und wir versuchen, mit Genf nicht<br />
in einem harten Konkurrenzwettbewerb<br />
zu stehen, sondern zumindest in den<br />
grossen Achsen echt zu kooperieren.<br />
Was ist die Rolle der Politik und des<br />
Staatsrats?<br />
Dafür ist eine starke Politik erforderlich.<br />
Wir hatten gewisse «Fieberschübe», als<br />
wir beispielsweise im Bereich Kinderherzchirurgie<br />
die Zusammenarbeit zwischen<br />
Genf und der Waadt forderten und sich<br />
gewisse Ärzte nicht verstanden. Nach einem<br />
gewissen Druck seitens der Staatsräte<br />
war der Spuk nach zehn Tagen vorbei.<br />
Wenn man zu weit von der Alltagsrealität<br />
entfernt ist, im Äther der Strategie und zu<br />
weit von der konkreten Dossiers und den<br />
Problemen, funktioniert die Führungsrolle<br />
nicht.<br />
Ich befürworte im öffentlichen Bereich<br />
politische Autorität, die dem Volk gegenüber<br />
Rechenschaft ablegt. Wir benötigen<br />
dafür nicht nur strategische Autorität,<br />
Policlinique médicale universitaire (PMU).<br />
sondern direkten Einfluss bei Krisen und<br />
Schwierigkeiten. Sonst bleibt die Strategie<br />
in der Luft.<br />
Der Generaldirektor des CHUV hat eine<br />
starke Autonomie, beim Budget, beim<br />
Engagement von Mitarbeitern, das Gesetz<br />
gibt ihm diese Entscheidungsbefugnis.<br />
Er ist mir als Staatsrat direkt unterstellt,<br />
ich sehe ihn persönlich jede Woche,<br />
wir telefonieren jeden zweiten Tag für<br />
dringende Fragen, es ist eine einfache,<br />
direkte und klare Beziehung.<br />
In Genf ist die Struktur nicht genau gleich,<br />
die HUG sind eine eigene Rechtspersönlichkeit<br />
mit einem Verwaltungsrat, es ist<br />
eine Dreier- resp. eine Viererbeziehung,<br />
weil auch noch die medizinische Fakultät<br />
der Universität Genf im Boot ist. Aber es<br />
funktioniert auch gut.<br />
Im Kanton Waadt haben wir einen Rat<br />
gebildet, in dem der Rektor der Universität<br />
und der Generaldirektor des CHUV<br />
Einsitz haben. Der Rektor der UNIL (Université<br />
de Lausanne) hat umfassende<br />
Kompetenzen z. B. bei der Nominierung<br />
von Professoren, die er allein ernennen<br />
kann. Es sind diese Strukturen, die es dem<br />
Rektor der Universität und dem Generaldirektor<br />
CHUV ermöglichen, eine kohärente<br />
Politik zu machen und rasche Personalentscheidungen<br />
gerade bei wichtigen<br />
Berufungen zu fällen – und nicht<br />
zwei Jahre auf ein O.K. zum Beispiel einer<br />
Fakultät mit verschiedenen Kommissionen<br />
und Entscheidungssstufen warten zu<br />
müssen, weil dann meistens die Kandidaten<br />
weg sind! Dann muss man aber auch<br />
Glück haben, dass die Berufenen den Erwartungen<br />
entsprechen.<br />
Sie befürworten sinnvolle Kooperation<br />
statt Konkurrenz um jeden Preis.<br />
In der aktuellen Debatte, wo es oft darum<br />
geht, Spitäler in eine Konkurrenzsituation<br />
zu bringen, sind diese Kooperation und dieser<br />
Teamgeist ganz bestimmt ein echter<br />
Fortschritt. Bei der Knappheit der Ressourcen<br />
ist es doch umso wichtiger, auf Kooperation<br />
statt auf Konkurrenz zu setzen. Das<br />
ist manchmal durchaus schwierig.<br />
Wenn Spitäler in einer reinen Konkurrenzsituation<br />
sind, dann gehen z. B. die Spezialisten<br />
ihren Kollegen in anderen Universitätsspitälern<br />
nicht zu Hilfe, auch wenn<br />
sie dazu aufgefordert werden, wie es<br />
früher in der Herzchirurgie der Fall war.<br />
Professor Von Segesser, Vorgänger von<br />
Professor Prêtre, hat mir geschildert, dass<br />
ihn gelegentlich Kollegen aus anderen<br />
Spitälern mitten in der Nacht anriefen,<br />
weil nur er eine ganz bestimmte Operationstechnik<br />
beherrschte – und natürlich<br />
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