Rede von Gabriele Nußberger, Vorsitzende der ... - Stadt Frechen
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Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen<br />
im Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Frechen</strong><br />
Fraktionsvorsitzende<br />
<strong>Gabriele</strong> <strong>Nußberger</strong><br />
Haushaltsrede am 17.Dezember 2013<br />
Es gilt das gesprochene Wort.<br />
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,<br />
meine Damen und Herren des Rates, <strong>der</strong> Verwaltung und <strong>der</strong> Bürgerschaft,<br />
Sie hören heute die letzten Haushaltsreden in dieser Wahlperiode. Knapp 5 Jahre haben wir in<br />
dieser Konstellation um die besten Entscheidungen für unsere <strong>Stadt</strong> gerungen.<br />
Ich werde nicht nur den vorliegenden Haushaltsentwurf beleuchten, son<strong>der</strong>n auch Bezug<br />
nehmen auf das vergangene Jahr.<br />
Vorerst danken wir Grüne allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die uns mit wertvollen<br />
Hinweisen und Vorschlägen im vergangenen Jahr unterstützt haben. Bürgerinitiativen wie<br />
zum Beispiel das „Aktionsbündnis für eine Gesamtschule“ und die Lokale Agenda investieren<br />
viel Zeit und Kraft, um wichtige Themen in <strong>Frechen</strong> voranzubringen. Durch ihr persönliches<br />
Engagement ist die Politik fest in <strong>der</strong> Bevölkerung verankert.<br />
Die Fraktion B 90 / Die Grünen hat sich ausführlich mit dem Haushaltsentwurf 2014 befasst<br />
und zahlreiche Än<strong>der</strong>ungsanträge gestellt.<br />
Auch in diesem Jahr fasse ich mich kurz. Die meisten unserer Anliegen, werte Kolleginnen<br />
und Kollegen, diskutieren wir bereits seit Jahren erfolglos. An <strong>der</strong>en Wichtigkeit und<br />
Dringlichkeit hat sich aber nichts geän<strong>der</strong>t. Und wir stehen weiter für sie ein!<br />
Zum Doppelhaushalt:<br />
Sehr geehrter Herr Meier, für die Jahre 2013/14 wollten Sie einen Doppelhaushalt<br />
verabschieden lassen, was allerdings vor 9 Monaten keine Mehrheit fand. Nun war ja <strong>der</strong> Plan<br />
für 2014 schon in den Grundzügen vorgefertigt in <strong>der</strong> Schublade, <strong>der</strong> Rat kann endlich einmal<br />
wie<strong>der</strong> im Dezember einen Haushalt beraten und verabschieden und nicht erst im März. Eine<br />
deutliche Verbesserung gegenüber den letzten Jahren. Wie die neuesten Entwicklungen
zeigen – ich denke an erfreuliche Steuernachzahlungen und an den unerfreulichen Solidarpakt<br />
NRW -, wäre <strong>der</strong> Plan 2014 des Doppelhaushaltes Makulatur gewesen.<br />
Über Steuernachzahlungen in beträchtlicher Höhe freuen sich natürlich alle, da ist sich <strong>der</strong><br />
Rat einig. Beim Solidarpakt, den lei<strong>der</strong> auch die Grünen im Landtag beschlossen haben,<br />
gehen wir mit Ihnen, werte Damen und Herren des gesamten Rates, gemeinsam den gleichen<br />
Weg, nämlich den Klageweg.<br />
Für uns stellt die Solidarumlage kein geeignetes Mittel dar, die prekäre Haushaltslage vieler<br />
Kommunen nachhaltig zu verbessern: Solange weiter <strong>von</strong> Bund und Land ständig neue<br />
Gesetze und Regelungen auf die Städte und Gemeinden herabregnen, <strong>der</strong>en Finanzierung<br />
dann zum Teil o<strong>der</strong> gänzlich an diesen hängen bleibt, werden sich die Kommunen um keine<br />
nachhaltige Haushaltssanierung bemühen.<br />
Eine Umverteilung <strong>von</strong> Schulden zwischen den Kommunen ist ein völlig unzureichendes<br />
Steuerungsinstrument. Es sendet falsche Signale aus an diejenige, die in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zum Teil mit Investitionen und Prestigeprojekten allzu sorglos umgegangen sind, und es<br />
bestraft jene, die sich vorsorglich sparsam verhalten haben.<br />
Zum Fahrradverkehr:<br />
Leidiges Thema, das Sie, meine Damen und Herren, die Augen rollen lässt. Aber die<br />
Fahrrä<strong>der</strong> werden beim Rollen behin<strong>der</strong>t. Der Knoten Dürener Str. / Neuer Weg ist ein gutes<br />
Beispiel: nagelneu, teuer und trotzdem nicht gut, obwohl die Radverkehrsbelange <strong>von</strong> uns in<br />
den entsprechenden Ausschusssitzungen immer wie<strong>der</strong> thematisiert wurden.<br />
Fast durchweg gibt es hohe Bordsteinkanten, fast durchweg wird <strong>der</strong> Radverkehr<br />
unnötigerweise über Mittelinseln anstatt auf Fahrbahnniveau geführt, zum Teil fehlt die<br />
Radverkehrsführung völlig o<strong>der</strong> endet schlichtweg auf dem Gehweg. Auch die Endhaltestelle<br />
<strong>der</strong> Linie 7 ist für den Radverkehr schlecht zu erreichen.<br />
Hier wird <strong>der</strong> Stellenwert des Radverkehrs in <strong>Frechen</strong> deutlich: Gegenüber dem Autoverkehr<br />
genießt er keine Priorität und darf diesen möglichst nicht stören.<br />
Die beschlossene Rad- und Fußwegeverbindung zwischen Grube Carl und <strong>der</strong> Realschule<br />
wird seit 4 Jahren geschoben, bis heute ist sie nicht fertig.<br />
Seit Jahren for<strong>der</strong>n wir eine Fahrradbeauftragte. Denn <strong>der</strong> Radverkehr wird nur dann attraktiv,<br />
wenn er vernünftig geplant werden kann. In 2014 sollen nun alle Radverkehrsanlagen (vulgo<br />
Radwege) überprüft werden, ob sie <strong>der</strong> Straßenverkehrsordnung entsprechen. Ein ganzes<br />
Jahr? Mängellisten und Verbesserungsvorschläge gab es doch schon mehrfach, aber zur<br />
Umsetzung scheitert es an gutem Willen. Stattdessen gibt es neue Drängelgitter und<br />
Behin<strong>der</strong>ungen des Fahrrad- und Fußverkehrs (siehe Dr. Tusch-Str. / Alte Str.). Das schafft<br />
Hin<strong>der</strong>nisse, statt sie zu beheben. Wir for<strong>der</strong>n Lösungen statt neuer Probleme.
Dass <strong>Frechen</strong> einen Radschnellweg <strong>von</strong> Köln erhalten soll, ist eine wun<strong>der</strong>bare Perspektive.<br />
Aber wir befürchten, dass die Trasse in <strong>der</strong> Radverkehrswüste <strong>Frechen</strong> verendet. Herr Meier,<br />
auch hier sind Sie gefor<strong>der</strong>t, das Wegenetz mit Sachverstand fortzuführen.<br />
Zur Linie 7:<br />
Die zusätzlichen Nachtfahrten an Freitagen und Samstagen sind ein Meilenstein in <strong>der</strong><br />
Geschichte des ÖPNV in <strong>Frechen</strong>. Es hat ja lange genug gedauert, bis Sie, werte Kolleginnen<br />
und Kollegen, die Wichtigkeit erkannt haben. Unsere Fraktion hegte schon Hoffnungen, dass<br />
<strong>der</strong> ÖPNV ab sofort einen größeren Stellenwert bei Ihnen eingenommen hätte. Weit gefehlt:<br />
Es ist ein Unding, dass werktäglich neun Bahnen bei Haus Vorst enden – und dies auch noch<br />
im Berufsverkehr. Wir wollen, dass diese neun Bahnen bis nach <strong>Frechen</strong>-Benzelrath<br />
durchfahren, und somit das Angebot spürbar verbessern.<br />
Zum Landesentwicklungsplan:<br />
Endlich könnte die Kommune ihren verbindlichen Anteil zum Klimaschutz leisten, jegliches<br />
Handeln <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> müsste umweltfreundlicher werden.<br />
Die Einsprüche <strong>der</strong> <strong>Frechen</strong>er Verwaltung zu dem neuen Landesentwicklungsplan zeigen,<br />
dass Sie, Herr Bürgermeister, die eventuellen Konsequenzen nicht in Kauf nehmen möchten.<br />
Alle Beteiligte – Bürgermeister, Rat und Verwaltung - müssten nach neuen Lösungen suchen,<br />
ausgetretene Pfade verlassen.<br />
Das Baulückenkataster zum Beispiel ist für die Innenstadt erfolglos erstellt worden. Aber nun<br />
sind wir im Rat gefor<strong>der</strong>t, neue Anreize zu suchen, damit die innerstädtischen Baulücken<br />
geschlossen werden. Die Verdichtung im Innenraum hat Vorrang vor Zersiedelung und<br />
Siedlung auf <strong>der</strong> grünen Wiese. Mit dem Neubaugebiet Ammerstraße setzen Sie dem Beton<br />
ein weiteres Denkmal und versiegeln wertvolle Flächen. Wir sollten alles daran setzen, unsere<br />
noch verbliebenen Freiräume und Grünflächen zu schützen.<br />
Zur Gesamtschule:<br />
Wir sind überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen unseren Kin<strong>der</strong>n eine optimale<br />
För<strong>der</strong>ung bietet.<br />
Eine Neuausrichtung <strong>der</strong> Schullandschaft ist mehr als überfällig. Während unsere<br />
Nachbarkommunen mit <strong>der</strong> Gründung <strong>von</strong> Gesamtschulen den verän<strong>der</strong>ten gesellschaftlichen<br />
Bedingungen Rechnung tragen, halten Sie hier mit aller Macht am überkommenen<br />
dreigliedrigen Schulsystem fest und verhin<strong>der</strong>n eine Gesamtschule.
Die <strong>Stadt</strong> verschläft diese Entwicklung und gerät zunehmend ins bildungspolitische Abseits.<br />
Hier wollen wir gegensteuern.<br />
Währenddessen blieb auch die Nattlerstudie folgenlos. Der Sanierungsstau an den Schulen<br />
nimmt nicht ab. Unser Vorschlag, die Sanierungen gleich in Bezug zu setzen zu einer<br />
Umgestaltung Richtung Gesamtschule, wurde abgelehnt.<br />
Zur Inklusion:<br />
an Schulen und Kitas und als Querschnittsaufgabe in allen Lebensbereichen<br />
„Es ist ein Thema, das die Zustimmung aller erfor<strong>der</strong>t und deshalb gesamtgesellschaftliche<br />
Bedeutung besitzt. Einen wichtigen Meilenstein markiert die UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention,<br />
die in Deutschland im Jahr 2009 in Kraft trat. Damit sind die For<strong>der</strong>ungen des<br />
internationalen Übereinkommens rechtlich verankert. Das reicht allerdings nicht aus. Um<br />
Denken und Handeln zu verän<strong>der</strong>n, bedarf es weitaus mehr. Es muss auch jedem bewusst<br />
sein, wie wichtig Inklusion für das gesellschaftliche Miteinan<strong>der</strong> ist. Sie kann nur dann<br />
gelingen, wenn möglichst viele Menschen erkennen, dass gelebte Inklusion den Alltag<br />
bereichert.“ Das war ein Zitat <strong>der</strong> webside <strong>von</strong> „Aktion Mensch“.<br />
Meine Damen und Herren des Rates, Sie übernehmen erst Verantwortung, wenn kleinräumige<br />
Gesetze erlassen wurden, auf keinen Fall freiwillig und nicht vorausschauend. Hier wird <strong>der</strong><br />
Handlungsdruck steigen.<br />
Unserer For<strong>der</strong>ung nach einem Inklusionsbeauftragten und einem Runden Tisch als<br />
Beratungsgremium stimmten Sie nicht zu. Wir wünschen uns ein klares Bekenntnis zur<br />
Inklusion und erwarten, dass die <strong>Stadt</strong> eine Vorbildfunktion einnimmt.<br />
Zur Schulsozialarbeit:<br />
Die Schulsozialarbeit an <strong>der</strong> Schnittstelle <strong>der</strong> beiden Systeme Jugendhilfe und Schule hat sich<br />
in den vergangenen zwei Jahren im Katalog <strong>der</strong> sozialpädagogischen Angebote des<br />
Jugendamtes gut etabliert. Es ist ein flächendeckendes Projekt innerhalb <strong>der</strong> <strong>Frechen</strong>er<br />
Schullandschaft entstanden, <strong>von</strong> dem jede einzelne Schule bzw. <strong>der</strong>en Schülerinnen und<br />
Schüler sowie die Elternschaft profitieren können.<br />
Die Finanzierung aus Projektmitteln des Bundes endet jedoch im August 2014 mit dem<br />
Ablauf des Schuljahres 2013/14.<br />
Um das Projekt konzeptionell und finanziell für das gesamte Jahr 2014 sicherzustellen, haben<br />
Sie endlich einmal unserem Antrag zugestimmt, einen Betrag <strong>von</strong> 80.000 Euro in den<br />
Haushalt 2014 einzustellen. Wir erwarten, dass Sie mit uns gemeinsam diese Arbeit, auch<br />
über das kommende Jahr hinaus, langfristig sichern. Dank ist Ihnen <strong>von</strong> allen Betroffenen<br />
sicher.
Zur Kultur:<br />
In diesem Jahr wurden die Gebührensatzungen <strong>der</strong> VHS und <strong>der</strong> Musikschule neu gefasst, das<br />
heißt Gebührenerhöhungen für die Nutzerinnen und Nutzer. Wir nahmen dies zum Anlass, die<br />
Honorare <strong>der</strong> Dozentinnen und Dozenten zu beleuchten. Seit Jahren wurden die Honorare<br />
nicht angehoben, während tariflich Beschäftigte im Hause eine Lohnsteigerung erhalten.<br />
Man bedenke, dass die freiberuflichen DozentInnen Fahrtkosten und Sozialbeiträge komplett<br />
selbst aufbringen müssen. Die positive Entscheidung zur Anhebung <strong>der</strong> Honorare im HPFA<br />
ist eine kleine Anerkennung <strong>der</strong> wichtigen Unterrichtstätigkeit.<br />
Zur Grundsteuer B:<br />
Die Verwaltung stellte uns mehrere Kalkulationen vor, wie sich <strong>der</strong> Haushalt verän<strong>der</strong>t, wenn<br />
wir die Grundsteuer B anheben. Die Fraktion B 90 / Die Grünen ist <strong>der</strong> Ansicht, dass eine<br />
Anhebung zur Zeit nicht notwendig ist.<br />
Nach reiflicher Überlegung wiegen die vorgenannten Punkte – trotz <strong>der</strong> zwei kleinen<br />
Lichtblicke – so schwer, dass die Fraktion B 90 / Die Grünen im Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Frechen</strong> den<br />
Haushalt 2014 ablehnt.<br />
Zusammenfassend stelle ich fest, dass <strong>der</strong> Rat vorausschauen<strong>der</strong> und innovativer handeln<br />
müsste, um den Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zeit gerecht zu werden.