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Infos 87 - September 2010

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Nummer <strong>87</strong><br />

<strong>September</strong> <strong>2010</strong><br />

P. b. b. – GZ 02Z033610M<br />

Verlagspostamt: 4020 Linz<br />

Zutrauen<br />

Wertschätzung<br />

Selbstwert<br />

ju-can<br />

Das Jugendprojekt<br />

der Bischöflichen<br />

Arbeitslosenstiftung<br />

ju-can im Bild<br />

in der Werkstatt<br />

und beim<br />

Theaterworkshop<br />

www.arbeitslosenstiftung.at


Jugend ohne Arbeit<br />

Jugendarbeitslosigkeit genauer betrachtet<br />

lich, sie haben Kurse abgebrochen<br />

oder resigniert und ihre Suchaktivitäten<br />

eingestellt. Diese Jugendlichen<br />

brauchen eine individuelle Unterstützungsform,<br />

die auf ihre konkrete<br />

Lebensrealität eingeht.<br />

Lehrstellenrückgang und<br />

Facharbeitermangel<br />

In Österreich gibt es seit 1980 um<br />

ein Drittel weniger Lehrstellen: Von<br />

194.089 sank die Zahl auf 131.676 im<br />

Vorjahr. In Oberösterreich, wo österreichweit<br />

die meisten Lehrlinge ausgebildet<br />

werden, sieht es ein wenig<br />

besser aus, der Rückgang seit 1980<br />

ist etwa ein Fünftel. Nach dem Krisenjahr<br />

2009, steigt die Zahl der<br />

Lehrverträge nun wieder leicht an.<br />

Die Zahl der offenen Lehrstellen sinkt<br />

aber weiter. Bis zur demografisch<br />

bedingten Umkehrung – mehr Lehrstellen<br />

als -suchende – werden noch<br />

viele Jahre vergehen.<br />

Der Schwund an Lehrstellen lässt an<br />

den von einigen Betrieben beklagten<br />

Fachkräftemangel denken. Seit<br />

den späten 1970er Jahren wurden<br />

Lehrwerkstätten aus Kostengründen<br />

geschlossen. Die Fachkräfteausbildung<br />

verlagert sich immer mehr in<br />

die öffentliche Hand. Dank staatlicher<br />

Investitionen in die überbetriebliche<br />

Lehrlingsausbildung – etwa 9.000<br />

Plätze – konnte der Anstieg der<br />

Jugendarbeitslosigkeit zuletzt etwas<br />

gehemmt werden.<br />

Daniel Mühlböck, Landesjugendsekretär<br />

des ÖGB-OÖ befürchtet eine<br />

weitere Verschärfung der Jugendarbeitslosigkeit,<br />

da viele derzeit noch in<br />

Kurzschulungen sind. Zur Umsetzung<br />

der „Ausbildungsgarantie“ der Bundesregierung<br />

müssen noch viele Ausbildungsplätze<br />

geschaffen werden.<br />

In überbetrieblichen Lehrwerkstätten<br />

bekommen die Lehrlinge keine<br />

Lehrlingsentschädigung, sondern ein<br />

Taschengeld von 240 Euro. Mit einem<br />

solchen Betrag ist die Vorbereitung<br />

auf ein selbständiges Leben freilich<br />

nur schwer zu finanzieren.<br />

Hypothek<br />

Jugendarbeitslosigkeit<br />

Will der Einstieg in die Arbeitswelt<br />

nicht glücken, kann auch der Weg<br />

in ein selbstbestimmtes Leben mit<br />

Zukunftsperspektiven nur schwer ge-<br />

Die Phase der Jugend ist geprägt von<br />

Träumen und Hoffnungen. Sich selbst<br />

und den eigenen Weg zu finden und<br />

das Schmieden von Zukunftsplänen<br />

sind kennzeichnend. Ein guter Einstieg<br />

in die Arbeitswelt eröffnet<br />

Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten,<br />

nur bleibt dies einem Teil<br />

der jungen Menschen aufgrund des<br />

Mangels an geeigneten Ausbildungsplätzen<br />

verwehrt. Die Gründe dafür<br />

können auch in der Biografie der Jugendlichen<br />

liegen.<br />

73.707 Menschen bis 24 Jahre waren<br />

in Österreich im Jahresdurchschnitt<br />

ohne Arbeits- oder Ausbildungsplatz.<br />

In Oberösterreich waren<br />

es 11.071. Ohne den vielen Initiati-ven<br />

von Politik und Sozialpartnern wären<br />

es noch viele mehr.<br />

Bei den unter 19-jährigen wird viel<br />

in Schulungen investiert. Zu den fast<br />

10.000 arbeitslos Gemeldeten – das<br />

ist eine Arbeitslosenquote von 5,1% –<br />

kommen fast 14.000 in Schulung dazu.<br />

Sie machen also eine Ausbildung<br />

oder suchen mit Hilfe von Bildungseinrichtungen<br />

eine Ausbildungs- oder<br />

Arbeitsstelle. ExpertInnen gehen davon<br />

aus, dass bei zusätzlicher Berücksichtigung<br />

der Lehrstellensuchenden<br />

bis zu 14% der Erwerbs-<br />

„Fähigen“ in dieser Altersgruppe eine<br />

Stelle suchen.<br />

Darüber hinaus, gibt es Jugendliche,<br />

die beim AMS nicht registriert sind; in<br />

Oberösterreich sind dies nach Schätzungen<br />

zwischen 500 und 1.000. Sie<br />

haben wenig bis keine Unterstützung<br />

der Eltern und kämpfen mit vielfältigen<br />

Problemen. Für den Umgang<br />

mit Enttäuschungen oder Aggressionen<br />

haben sie kaum geeignete<br />

Bewältigungsstrategien entwickelt.<br />

Die Suche nach einem Ausbildungsoder<br />

Arbeitsplatz war bisher vergeblingen.<br />

Schon alleine aus finanziellen<br />

Gründen können Jugendliche ohne<br />

Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht<br />

mit ihren erwerbstätigen Freunden<br />

mithalten. Eine eigene Wohnung, ein<br />

gesellschaftlich integriertes Leben<br />

oder die Gründung einer Familie<br />

sind ohne gesicherte Berufslaufbahn<br />

in weiter Ferne. So werden junge<br />

Menschen ohne Berufsausbildung<br />

angewiesen sein auf finanzielle Unterstützung<br />

und zu potentiellen BezieherInnen<br />

der Bedarfsorientierten<br />

Mindestsicherung.<br />

Noch schwerer als die finanzielle<br />

Misere wiegt der psychische Druck.<br />

Junge Menschen befinden sich in<br />

einer besonders sensiblen Lebensphase.<br />

Finden sie keinen Ausbildungs-<br />

oder Arbeitsplatz, bekommen<br />

viele von ihnen das Gefühl, keinen<br />

Platz in der Gesellschaft zu haben<br />

und nicht gebraucht zu werden. In<br />

einer Gesellschaft, in der Status und<br />

Ansehen primär über Erwerbsarbeit<br />

verteilt werden, erscheint Arbeitslosigkeit<br />

als Makel.<br />

Arbeitslosigkeit belastet schon Menschen<br />

schwer, die zuvor zumindest<br />

die Chance hatten, in der Arbeitswelt<br />

ihren Selbstwert und ihr Selbstbewusstsein<br />

auszubilden. Jugendliche<br />

ohne Erfolg bei der Arbeitssuche<br />

aber haben nicht einmal die Möglichkeit,<br />

ihre eigenen Perspektiven zu<br />

entwickeln.<br />

Was individuell belastet, stellt auch<br />

eine Hypothek für die Gesellschaft<br />

dar. Psychische Erkrankungen im<br />

Zusammenhang mit dem Arbeitsleben<br />

sind auch bei jungen Menschen<br />

im Vormarsch. Denn nicht nur Arbeit<br />

kann krank machen, sondern auch<br />

Arbeitslosigkeit.<br />

Um das Risiko der Arbeitslosigkeit<br />

zu reduzieren und die erforderlichen<br />

Fachkräfte für die zukünftige wirtschaftliche<br />

Entwicklung auszubilden,<br />

ist die Jugendausbildung eine<br />

ganz vordringliche Aufgabe unserer<br />

Gesellschaft.


ju-can<br />

Bisher haben bei „ju-can“ 17 Jugendliche<br />

zwischen 16 und 20 Jahren<br />

– neun Mädchen und acht Burschen –<br />

begonnen. Bis <strong>September</strong> haben<br />

bereits acht von ihnen eine Lehroder<br />

Arbeitsstelle gefunden. In ihrer<br />

Persönlichkeit haben die Jugendlichen<br />

zum Teil gewaltige Fortschritte<br />

gemacht und beginnen, ihre Stärken<br />

zu erkennen.<br />

Nach drei Viertel des Projektzeitraumes<br />

ziehen die beiden Jugendtrainerinnen,<br />

die mit hohem persönlichen<br />

Engagement arbeiten, Bilanz.<br />

Die Jugendlichen haben intensiv<br />

zusammen gearbeitet, Theaterwork-<br />

„Ich kann, wenn es<br />

mir jemand zutraut!“<br />

Neue Modelle für die<br />

Arbeitsweltintegration<br />

Jugendliche, die bisher vergeblich<br />

einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz<br />

suchten, brauchen gezielte Unterstützung.<br />

Kommen zur beruflichen<br />

Perspektivenlosigkeit auch noch psychische<br />

oder familiäre Belastungen,<br />

können dies junge Menschen kaum<br />

alleine bewältigen. Seit Jänner <strong>2010</strong><br />

begleitet die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung<br />

mit ihrem Modellprojekt<br />

„ju-can“ diese jungen Menschen<br />

auf dem Weg in die Arbeitswelt. Da<br />

die meisten von ihnen schon etliche<br />

Absagen und Zurückweisungen<br />

erfahren oder resigniert haben,<br />

brauchte es einige Zeit, bis sie Vertrauen<br />

fassen konnten.<br />

Die Grundhaltung bei „ju-can“ ist deshalb<br />

jene des Ver- und des Zutrauens.<br />

„Du kannst was“ – so kann man den<br />

Namen „ju-can“ erklären. Bei „ju-can“<br />

bekommen sie die Zeit, um sich auch<br />

selbst etwas zuzutrauen. So werden<br />

sie gestärkt für die Arbeitswelt.<br />

Das Modellprojekt ist ganzheitlich:<br />

Es umfasst alle Lebensaspekte der<br />

Jugendlichen und hat Persönlichkeitsbildung<br />

und Entwicklung beruflicher<br />

Perspektiven zum Ziel. Das<br />

Modell ist bedürfnisorientiert: Für<br />

Hindernisse und Engpässe, die bisher<br />

der Arbeitsweltintegration im Wege<br />

standen, werden geeignete Lösungswege<br />

gesucht. „ju-can“ ist niederschwellig:<br />

Die Begleitung beruht<br />

auf Empathie und Wertschätzung,<br />

die Freiwilligkeit bei der Teilnahme<br />

erzeugte ein tragfähiges Klima der<br />

Zusammenarbeit.<br />

Zwischenbilanz<br />

shops und Wildnistage erlebt, sich<br />

mit Berufsbildern auseinandergesetzt,<br />

offen Stellen recherchiert und<br />

tolle Bewerbungsunterlagen erstellt<br />

und verschickt. In der Gruppe gab es<br />

Konflikte, aber auch viele Erfolgserlebnisse.<br />

Im Laufe des Projekts muss ein<br />

Umzug in neue Räumlichkeiten verkraftet<br />

werden, das verunsichert die<br />

Jugendlichen und belastet die Betreuerinnen.<br />

Zu wenig Zeit ist oft für Einzelcoaching<br />

oder für Vernetzung mit<br />

anderen Betreuungseinrichtungen.<br />

„Was es braucht, ist den individuellen<br />

Bedürfnissen noch intensiver<br />

nachgehen zu können. Die Fähigkeiten<br />

der TeilnehmerInnen sind unterschiedlich,<br />

das macht Gruppenarbeit<br />

manchmal schwierig“, sagt Iris<br />

Schwarzmayr.<br />

„Erfreulich sind die Entwicklungsschritte<br />

der TeilnehmerInnen. Sie<br />

konnten das Beziehungsangebot annehmen<br />

und die Verbindlichkeit des<br />

Angebotenen respektieren. Sie handeln<br />

heute mit mehr Eigenverantwortung,<br />

ihre Selbstwahrnehmung und<br />

ihr Selbstwert konnten gestärkt werden.<br />

Dadurch wurde ihr Handlungsspielraum<br />

weiter“, meint Barbara<br />

Ecker-Derflinger. Das Schöne an „jucan“<br />

ist, dass wir individuelle Wege<br />

gehen können – aber manche Situationen<br />

können wir nicht lösen. Wenn<br />

TeilnehmerInnen von den Eltern im<br />

Stich gelassen werden, kann „ju-can“<br />

diese nicht ersetzen.<br />

Der Bedarf an niederschwelligen Angeboten<br />

wie „ju-can“ ist groß. Viele<br />

BewerberInnen konnten nicht aufgenommen<br />

werden.<br />

Für die<br />

Finanzierung im nächsten<br />

Jahr haben wir erst für einen Teil der<br />

Gesamtkosten Förderungen in Aussicht,<br />

wir hoffen auf die Zusagen weiterer<br />

öffentlicher Stellen.<br />

HERZLICHE EINLADUNG<br />

Tagung der Bischöflichen<br />

Arbeitslosenstiftung<br />

22. Oktober, 10.00 Uhr,<br />

Wissensturm, Linz<br />

„Keinen Job zu finden, ist eine der<br />

größten Zukunftsängste der heutigen<br />

Jugend“, meint Beate Großegger<br />

vom Institut für Jugendkulturforschung<br />

in Wien, eine Referentin<br />

bei der Tagung. Großegger beschäftigt<br />

sich mit Resilienzforschung. Sie<br />

plädiert für Respekt und für eine<br />

Zusammenarbeit von Bildungsarbeit<br />

und Sozialarbeit. Dies ist auch<br />

der Ansatz von „ju-can“.<br />

Werner Leixnering, Leiter der Jugendpsychiatrie<br />

der Landesnervenklinik<br />

in Linz, auch ein Referent bei<br />

der Tagung, sieht die Jugend als<br />

eine Zeit voller Bruchstellen. Krisen<br />

sind auch wichtige Wendepunkte.<br />

Aber, „was für viele junge Menschen<br />

bewältigbar ist (Schul- oder<br />

Wohnortwechsel, Konflikte) ist für<br />

manche junge Menschen zu viel.“<br />

Sie brauchen ganzheitliche Unterstützung:<br />

„Vertrauen, Mut und<br />

Sicherheit sind der Kitt von Bruchstellen<br />

im Jugendalter.“<br />

Besonderer Dank der Pfarre St. Florian und der<br />

OÖ Goldhaubengemeinschaft für die großzügigen Spenden.<br />

Arbeitslose Jugendliche brauchen<br />

dringend Ihre Unterstützung.<br />

Wir bitten um Ihre Spende an die<br />

Bischöfliche Arbeitslosenstiftung<br />

mit beiliegendem Zahlschein oder direkt<br />

Konto Nr.: 10.653.210, VKB-Bank BLZ 18.600


Mindestsicherung wird<br />

Minisicherung<br />

Ab 1. <strong>September</strong> sollte die bedarfsorientierte<br />

Mindestsicherung in ganz<br />

Österreich in Kraft treten und die Sozialhilfe<br />

ersetzen. OberösterreicherInnen<br />

müssen sich noch bis 1. Jänner<br />

gedulden. Die konkrete Umsetzung<br />

erfolgt von Bundesland zu Bundesland<br />

unterschiedlich. Was ursprünglich<br />

als Fortschritt zur Armutsverringerung<br />

gedacht war, wird stark reduziert<br />

und auch in Misskredit gebracht.<br />

Die Mindestsicherung beträgt 558<br />

Euro für Einzelpersonen sowie 837<br />

Euro für Paare. Dazu kommen maximal<br />

186 Euro bzw. 279 Euro für Paare<br />

für Wohnkosten; somit beträgt sie<br />

maximal 744 Euro für Alleinstehende<br />

bzw. Alleinerziehende.<br />

Die Höhe der Beträge und die nur<br />

zwölfmalige Auszahlung sind unzureichend,<br />

das verdient nur die Bezeichnung<br />

Minisicherung. Die Armutsgefährdungsschwelle<br />

in Österreich<br />

liegt bei 951 Euro für Einzelpersonen.<br />

„Der Wohnkostenanteil liegt weit<br />

unter den tatsächlichen anfallenden<br />

Kosten“, meint die ARGE für Obdach-<br />

Wechsel im Kollegium der<br />

Bischöflichen Arbeitslosenstiftung<br />

Dr. Roman Obrovski, Landesgeschäftsführer<br />

des AMS, ist seit der<br />

Gründung der Stiftung im Jahre<br />

19<strong>87</strong> dem Kollegium mit Rat und<br />

Tat zur Seite gestanden. Danke für<br />

die Unterstützung und so manche<br />

wertvolle Tipps.<br />

Birgit Gerstorfer,<br />

die neue Landesgeschäftsführerin<br />

des<br />

AMS wird nun in<br />

beratender Funktion<br />

dem Kollegium<br />

angehören, herzlich<br />

willkommen.<br />

Mag. Siegfried Primetshofer, Finanzkammerdirektor,<br />

ist mit seiner<br />

Pensionierung nach sechsjähriger<br />

Mitarbeit aus dem Kollegium ausgeschieden,<br />

besten Dank für deine<br />

Unterstützung.<br />

An seiner Stelle vertritt<br />

nun dankenswerter<br />

Weise Mag.<br />

Reinhold Prinz,<br />

Diözesanökonom,<br />

die Diözesanfinanzkammer<br />

im Kollegium.<br />

lose und fordert weiterhin die Auszahlung<br />

der Wohnbeihilfe zusätzlich, damit<br />

eigenständiges Wohnen gewährleistet<br />

wird.<br />

In Oberösterreich liegen derzeit Sozialhilfe<br />

und Wohnzuschuss über dem<br />

Betrag der Mindestsicherung, es wird<br />

hier also eine „Verbesserungszulage“<br />

geben. Die angekündigte 13malige<br />

Auszahlung ist höchst nötig, aber noch<br />

nicht beschlossen.<br />

„Es ist fast paradox und zynisch<br />

gegenüber den Betroffenen, dass wir<br />

nun schon froh sein müssen, dass es<br />

zu keinen Verschlechterungen gegenüber<br />

dem derzeitigen sozialen Sicherungssystem<br />

kommt“, sagte Mathias<br />

Mühlberger, Direktor der Caritas OÖ<br />

im Juli <strong>2010</strong>. In Oberösterreich waren<br />

im Jahr 2007 laut offiziellem Armutsbericht<br />

114.000 Menschen, also 8,1<br />

Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet.<br />

Rund 70.000 leben in manifester<br />

Armut.<br />

Ein wesentliches Ziel der Mindestsicherung<br />

ist die stärkere Anbindung arbeitsmarktferner<br />

Personengruppen<br />

an den Arbeitsmarkt. BezieherInnen<br />

sind gesetzlich verpflichtet, Arbeit anzunehmen.<br />

Iris Woltran von der AK OÖ<br />

warnt vor Verschärfungen der Zumutbarkeitskriterien<br />

und vor „neuen<br />

sozialen Härten, indem zuviel Druck<br />

ausgeübt wird, damit unter allen Umständen<br />

eine Arbeitsmarktintegration<br />

erfolgt.“<br />

Das Reformvorhaben der Bundesregierung,<br />

das sie als aktiven Beitrag<br />

zur Bekämpfung der Armut bezeichnet,<br />

verblasst zusehends. Die E-Card<br />

für alle, die einheitliche Regelung<br />

für Vermögensverwertung, mehr<br />

Rechtsicherheit durch ein eigenes<br />

Verfahrensrecht und der fast gänzliche<br />

Verzicht auf Rückforderun-gen<br />

könnten noch als kleine Verbesserungen<br />

gewertet werden.<br />

Besorgniserregend ist der Missbrauchsverdacht,<br />

der bei dieser dringend<br />

notwendigen Leistung immer<br />

wieder geäußert wird. Das zuständige<br />

Sozialministerium muss fortwährend<br />

die Missbrauchssicherheit betonen.<br />

Statt Drohungen gegen Arme,<br />

sind wirksame Hilfe und ein guter<br />

Arbeitsplatz erforderlich. Statt Entsolidarisierung<br />

und gegeneinander ausspielen,<br />

brauchen wir eine Stärkung<br />

des gesellschaftlichen Zusammenhalts.<br />

Gegenstimme<br />

Im Wiener Wahlkampf forderte Frau<br />

Christine Marek, eine „Arbeitspflicht“<br />

für BezieherInnen der Mindestsicherung:<br />

Wer sechs Monate<br />

keine Arbeit findet, soll zu gemeinnütziger<br />

Arbeit verpflichtet werden.<br />

Sie spricht von einer „Keule gegen<br />

sozialen Missbrauch“. Das sei eine<br />

„starke Motivation für Arbeitsuchende,<br />

sich entsprechend zu bemühen“.<br />

Hier wird den Opfern unseres Wirtschaftssystem,<br />

den hunderttausenden<br />

Menschen, für die wir keinen<br />

Arbeitsplatz haben, schuldhaftes<br />

Verhalten unterstellt. Es ist Aufgabe<br />

der Politik für Rahmenbedingungen<br />

zu sorgen, damit es genügend<br />

Arbeitsplätze für alle gibt, von<br />

denen auch gut zu leben ist. Aus<br />

sozialethischer Sicht ist die Verpflichtung<br />

zur Arbeitsaufnahme unter<br />

Androhung des Entzuges der<br />

für die Existenz notwendigen Mittel<br />

abzulehnen (ksoe). Begriffe wie<br />

„sozialen Hängematte“ oder „Trampolin<br />

zurück in den Arbeitsmarkt“<br />

sind die Kennzeichen des Missbrauchsverdachts.<br />

Der damit suggerierte<br />

Verdacht, arme Menschen<br />

würden solche Leistung primär<br />

missbrauchen, ist zutiefst menschenunwürdig.<br />

Arbeitssuchende Menschen,<br />

die nichts lieber als einen<br />

guten Arbeitsplatz hätten, mit ei-ner<br />

Keule zu drohen – als ob sie arbeitsscheu<br />

wären – ist eine Demütigung.<br />

Christian Winkler<br />

Medieninhaber und Herausgeber:<br />

Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese Linz,<br />

Kapuzinerstraße 38, 4020 Linz<br />

Tel. 0 73 2 / 78 13 70, Fax: DW -4<br />

E-Mail: arbeitslosenstiftung@dioezese-linz.at<br />

Internet: www.arbeitslosenstiftung.at<br />

Redaktion: Christian Winkler, Kurt Rohrhofer,<br />

Dominika Meindl<br />

Namentlich gekennzeichnete Artikel entsprechen<br />

nicht notwendigerweise der Meinung der Redaktion<br />

und des Herausgebers.<br />

Blattlinie: Informationsorgan der Bischöflichen<br />

Arbeitslosenstiftung<br />

Herstellerin: Diözesandruckerei Pastoralamt

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