Jahresbericht 2007 - Stiftung Mercator
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Ich hatte die Erwartung, dass sich Verbindungen zwischen den deutschen und türkischen<br />
Stipendiaten ergeben. Diese sind größtenteils erfüllt. Ich weiß aus persönlichen<br />
Gesprächen, dass nicht nur zwischen den Teilnehmern des Bundespräsident Johannes<br />
Rau Programms Kontakte geknüpft worden sind. Darüber hinaus wurden bei Gastaufenthalten<br />
kollegiale Freundschaften begonnen, die über die Teilnehmer hinaus Redaktionen<br />
die Möglichkeit des Austauschs gegeben haben. Das Netzwerk ist noch sehr<br />
jung und damit im Aufbau. Aber die ersten Erfahrungen zeigen, dass der eingeschlagene<br />
Weg richtig ist.<br />
Warum ist das Projekt aus Ihrer Sicht besonders für die Entwicklung interkultureller<br />
Kompetenzen wichtig? Können Sie konkrete Beispiele nennen?<br />
Eine anatolische Weisheit besagt: Wer Angst vor den Wölfen habe, solle kein Schafhirte<br />
werden. Wer Angst vor anderen Kulturen, Traditionen oder Religionen als den<br />
eigenen hat, sollte kein Journalist werden. Ein Journalist muss die aktive Auseinandersetzung<br />
suchen, was die Entwicklung interkultureller Kompetenzen voraussetzt. Wie<br />
soll ein deutscher Journalist zum Beispiel in seiner täglichen Arbeit dieses oder jenes<br />
Ereignis im Zusammenhang mit Einwanderern aus der Türkei oder im Zusammenhang<br />
mit der Türkei bewerten, wenn er weder das Land noch die Kultur der Menschen, um<br />
die es geht, kennt? Gleiches gilt auch für türkische Journalisten. Sie können viel zutreffender<br />
berichten und kommentieren, wenn sie Deutschland und Deutsche persönlich<br />
gesehen und kennengelernt haben.<br />
Erhan Merttürk von RBB Radio Multukulti Türkisch als Teilnehmer des diesjährigen<br />
Austauschprogramms war für zwei Monate Gastjournalist bei CNN Türk und ist<br />
jetzt Berlin-Korrespondent dieses Senders. Das ist deshalb wichtig, weil er als „erfahrener<br />
Berliner“ über Ereignisse und Entwicklungen zutreffend berichten wird und nicht<br />
auf der Basis von Klischees und Vorurteilen wie so mancher aus der Türkei entsandte<br />
Korrespondent.<br />
Ein anderes Beispiel ist, dass die türkische Teilnehmerin Emine Deniz Sahin nach<br />
ihrem Gastaufenthalt bei n-tv in Köln jetzt für die deutschsprachige Redaktion beim<br />
türkischen Staatsrundfunk TRT in Ankara arbeitet. Dort kann sie sehr wohl zur<br />
Abrundung korrekter Bilder über Deutschland und Deutsche beitragen.<br />
Von den deutschen Stipendiaten weiß ich, dass das Leben in Istanbul in einer<br />
Wohngemeinschaft sich nicht von den Sorgen, Problemen oder Vorteilen einer Wohngemeinschaft<br />
in Deutschland unterscheidet. Da wurden viele Ängste im Vorfeld bezüglich<br />
des Zusammenlebens mit türkischen Mitbewohnern als unbegründet entlarvt und<br />
schnell abgebaut.<br />
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