Digitale Fotografie - Update Landschaften, Muster, Mach dein Bild, Porträts (Vorschau)
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ALS BONUS: GRATIS Digitalausgabe mit 50 FOTOPROJEKTEN S.146<br />
<strong>Digitale</strong><br />
GLOCKENBLUMEN S.52<br />
UPDATE<br />
WAS SIE FÜR PERFEKTE AUFNAHMEN WISSEN MÜSSEN<br />
Nr. 12/2014 Sep-Nov 2014<br />
Deutschland:<br />
EUR 9,99<br />
Österreich:<br />
EUR 11,-<br />
Schweiz:<br />
CHF 15,-<br />
LU/BE<br />
EUR 11,50<br />
LANDSCHAFTEN S. 104 MUSTER S. 116 MACH DEIN BILD S. 68 PORTRÄTS S. 34<br />
www.digitale-fotografi e-magazin.de
Willkommen...<br />
Liebe Leser und Fotografen!<br />
Herzlich Willkommen zum aktuellen „<strong>Digitale</strong> <strong>Fotografie</strong> - <strong>Update</strong>“. Zum<br />
Einstieg stellen wir wie üblich eine Auswahl eingesendeter Fotobeiträge im<br />
„Leserportfolio“ vor – ergänzt durch den umfangreichen „Schaukasten“ (ab<br />
Seite 28) und ausgewählte <strong>Bild</strong>besprechungen in der „Expertenmeinung“ (ab<br />
Seite 96).<br />
Nach einem Ausflug in die Welt der Werbefotografie folgen als weitere<br />
Schwerpunkte dieser Ausgabe originelle Aufnahmen von unter Wasser,<br />
Satellitenfotos von weit über der Erde sowie aktuelle Tipps zu den Klassikern<br />
der Landschafts- und Porträtfotografie. Passend dazu präsentieren wir die<br />
neuesten Kameras aus dem Hause Nikon sowie kompetente Beratung und<br />
praktische Anleitungen, damit Sie Schritt für Schritt ähnliche Ergebnisse erzielen<br />
können.<br />
Die Rubrik „Das kreative Auge“ verwöhnt Sie dieses Mal mit einigen<br />
besonders süßen und romantischen Ideen; anschließend laden wir Sie ein,<br />
die verborgenen „<strong>Muster</strong>“ dieser Welt und weitere, überraschende Fotomotive<br />
zu entdecken. Natürlich liefern wir zu allen Themen auch dieses Mal Tipps<br />
und Tricks zur Aufnahmetechnik, stellen geeignete Ausrüstung sowie<br />
unentbehrliches Zubehör vor. Entdecken Sie Ihre Möglichkeiten!<br />
Viel Spaß & Erfolg dabei wünscht das Team von „<strong>Digitale</strong> <strong>Fotografie</strong>“!<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER: Ultimate Guide Media<br />
REDAKTION INTERNATIONAL: Mark Bauer,<br />
Sarah Plater, Pete Davis, Terry Hope,<br />
Damien Lovegrove, Philip Nash, Pip, Ian<br />
Wood<br />
ART DIRECTOR: Tony Mullock<br />
FINANZDIREKTOR: Richard Layton<br />
DATENSCHUTZERKLÄRUNG<br />
Dieses MAGBOOK wird unter der Lizenz und<br />
mit der Erlaubnis von © Bright Publishing<br />
Limited herausgegeben. Alle Rechte an<br />
Material, Titel und Marke dieses Magazins<br />
sind Eigentum von Bright Publishing Limited<br />
und dürfen weder im Ganzen noch teilweise<br />
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Das Heft wurde mit großer Sorgfalt<br />
produziert. Der Verlag kann jedoch keine<br />
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dieser Ausgabe veröffentlicht wurden.<br />
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Am Klingenweg 10<br />
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BÜRO DEUTSCHLAND<br />
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LESERFRAGEN<br />
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DRUCK UND BINDUNG<br />
Quad/Graphics Europe Sp. z o. o.<br />
Drukarnia Wyszków<br />
ul. Pułtuska 120<br />
07-200 Wyszków, Polska<br />
www.quadgraphics.pl<br />
Das Papier, auf dem dieses<br />
Magazin gedruckt ist, besteht<br />
aus umweltverträglichen Fasern.
8<br />
SCHAUKASTEN
Inhalt<br />
8 PORTFOLIO<br />
Schattenspiele<br />
Lichter Moment<br />
Am Pier<br />
Blonde<br />
Grün und Gold<br />
Toskana<br />
Majestätisch<br />
Flavie<br />
14 EINSICHTEN DES PROFIS<br />
Wir sprechen mit Werbefotograf Frederic Schlosser<br />
aus Frankfurt über die Besonderheiten seiner<br />
Arbeitsausrüstung.<br />
16 EINDRUCKSVOLLE TIEFEN<br />
Unter Wasser liegt eine ganz besondere Welt, die viele<br />
von uns nie zu Gesicht bekommen.<br />
20 SCHNELLFEUER<br />
Die neue Nikon 1 V3 bietet eine schier unglaubliche<br />
Serienbildgeschwindigkeit.<br />
22 KUNST MIT SATELLITENFOTOS<br />
Eigentlich dienen sie wissenschaftlichen<br />
Zwecken, doch die NASA hat kürzlich drei ihrer<br />
Satelliten für künstlerische Fotos unseres Planeten<br />
zweckentfremdet.<br />
26 NIKON 1 J4<br />
Die vierte Auflage der Nikon 1 wurde weiter<br />
verbessert.<br />
28 SCHAUKASTEN<br />
Die besten <strong>Bild</strong>er unserer Leser<br />
45 HUNDE-PORTRÄTS<br />
Haben Sie einen Hund, der gerne spielt? Fotografin<br />
Elke Vogelsang zeigt Ihnen, wie Sie einfache und<br />
charaktervolle Studioporträts von ihm machen.<br />
48 PORTRÄTZUSCHNITT<br />
Fehlt Ihren <strong>Porträts</strong> der Pfiff, das gewisse Etwas?<br />
Caroline Schmidt zeigt Ihnen, wie Sie Ihren Fotos<br />
Dynamik verleihen, mit einfachen Techniken des<br />
<strong>Bild</strong>zuschnitts.<br />
52 GLOCKENBLUMENWALD<br />
Die Zeit, wenn die Farbenpracht ganzer Teppiche von<br />
Glockenblumen überall in der Natur auftaucht, gehört<br />
zu den schönsten des Jahres.<br />
56 MINIMALISTISCHE LANDSCHAFTEN<br />
Bei Landschaftsfotos soll normalerweise so viel wie<br />
möglich der Szenerie aufs Foto. Doch es geht auch<br />
anders.<br />
58 WELLENBEWEGUNG<br />
Helen Dixon ist auf dem Weg nach Porthcurno Beach<br />
in Cornwall, wo sie herausfinden will, wie man<br />
impressionistische <strong>Bild</strong>er einer Küste macht.<br />
60 KUNST MIT BLUMEN<br />
Farbiger Karton, Tageslicht und ein paar Blüten sind<br />
alles, was Sie benötigen, um attraktive Stillleben mit<br />
Blumen zu kreieren.<br />
62 ABGEHOBEN – ILLUSION DES SCHWEBENS<br />
Paradoxe, die Realität in Frage stellende Fotos sind<br />
einfacher zu kreieren, als man gemeinhin annimmt.<br />
64 BABYS IM SCHLAF<br />
Caroline Schmidt zeigt Ihnen, wie Sie die Kleinen ins<br />
rechte Licht setzen.<br />
68 VERKEHRSSPUREN<br />
Geben Sie Ihren Nachaufnahmen in der Stadt<br />
mehr Dynamik, indem Sie die Lichtspuren des<br />
Fahrzeugverkehrs einfangen.<br />
72 WILDBLUMEN MIT DEM TELEZOOM<br />
Lieben Sie Blumen? Erfahren Sie, wie Sie sie perfekt<br />
ins <strong>Bild</strong> setzen.<br />
28<br />
SCHAUKASTEN<br />
45<br />
HUNDE-PORTRÄTS<br />
68<br />
VERKEHRSSPUREN<br />
48<br />
PORTRÄTZUSCHNITT<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – UPDATE \ 005
Inhalt<br />
74 WALD IM NEBEL<br />
Es ist eine klassische Szene. Leser Robert Radomski verrät<br />
uns seine Tipps zum <strong>Fotografie</strong>ren von Dämmerungsstrahlen.<br />
76 SPRITZIGE FRUCHT<br />
Mit einfachen Schritten kreieren Sie ein anregendes Foto,<br />
dass Sie in Punkto Highspeed-<strong>Fotografie</strong> vielleicht auf den<br />
Geschmack bringt.<br />
78 DAS KREATIVE AUGE<br />
Zuckerpuppe Süßigkeiten I<br />
Liebesherz Süßigkeiten II<br />
Zuckerporträt Süßigkeiten III<br />
In der Bibliothek Gestempelte Erinnerungen<br />
Love Story Buch mit Herz<br />
91 FOTO-WORKSHOP<br />
Makrofotografie<br />
Nachtfotografie<br />
96 EXPERTENMEINUNG ZU MOTIVEN UNSERER LESER<br />
Southwold Pier<br />
Feldmaus<br />
104 LANDSCHAFTSFOTOGRAFIE<br />
Ausrüstung<br />
Ein großer Vorteil der Landschaftsfotografie ist, dass Sie keine<br />
teure Spezialausrüstung brauchen.<br />
<strong>Bild</strong>komposition<br />
Die <strong>Bild</strong>komposition liefert die Elemente für gute<br />
Landschaftsfotos, doch die Art und Weise, wie Sie diese<br />
Elemente arrangieren, sorgt für den Unterschied zwischen<br />
einem durchschnittlichen Foto oder einem kleinen Kunstwerk.<br />
116 MUSTER UND IHRE WIRKUNG<br />
Ganz gleich, wo wir uns befinden: Wir sind viel häufiger von<br />
<strong>Muster</strong>n umgeben als uns bewusst ist.<br />
118 URBANE MUSTER<br />
Unsere Städte demonstrieren eindrucksvoll unseren Hang zu<br />
regelmäßigen Strukturen. Sie müssen sie nur sehen.<br />
120 MUSTERHAUSHALT…<br />
Suchen, Finden und <strong>Fotografie</strong>ren von <strong>Muster</strong>n ist eine<br />
anregende, kreative Beschäftigung an einem verregneten<br />
Sonntag.<br />
122 MUSTER IN DER NATUR<br />
Ob im umfassenden Landschaftspanorama oder an kleineren<br />
Strukturen, <strong>Muster</strong> in der Natur sind leicht zu finden.<br />
124 NICHT ALLE TRAGEN UNIFORM<br />
Was als kleines, privates Projekt begann, wurde in Windeseile<br />
zur lokalen Sensation. Wir sprachen mit Brandon Cawood<br />
über Helden des Alltags.<br />
129 PREISWERTE AUSRÜSTUNG<br />
Studiohintergrund<br />
Filter-Sets<br />
141 FAMILIENFOTOS<br />
Hier finden Sie Inspiration und Ideen für attraktive<br />
Familienfotos, nicht das Übliche „im Halbkreis aufstellen“…<br />
147 MR AND MRS<br />
Seit knapp zwei Jahren verheiratet, tragen Graham und Alex<br />
nun einen ganz privaten Fotowettkampf aus.<br />
152 SCHWARZWEISSFILM-EFFEKT<br />
Simulieren Sie Ihren bevorzugten Schwarzweißfilm durch<br />
spezielle Einstellungen in Lightroom.<br />
154 FARBFILTER<br />
Erzeugen Sie interessante Filtereffekte mit Verläufen in<br />
Photoshop Elements.<br />
156 VSCO FILM LIGHTROOM PLUGIN<br />
Populär geworden durch die vielen Möglichkeiten der<br />
Filmsimulation, haben wir uns etwas genauer mit VSCO-Film<br />
beschäftigt.<br />
158 ETABLIEREN SIE IHREN WORKFLOW<br />
Haben Sie genug von unaufgeräumten Festplatten, von<br />
überflüssigen Duplikaten und nicht aufzufindenden <strong>Bild</strong>ern?<br />
Dann wird es Zeit, etwas zu unternehmen.<br />
96<br />
EXPERTENMEINUNG ZU<br />
MOTIVEN UNSERER LESER<br />
108<br />
LANDSCHAFTSFOTOGRAFIE<br />
141<br />
FAMILIENFOTOS<br />
116<br />
MUSTER UND IHRE<br />
WIRKUNG<br />
91<br />
FOTO-WORKSHOP<br />
006 / DIGITALE FOTOGRAFIE – UPDATE
78<br />
DAS KREATIVE AUGE<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – UPDATE \ 007
Portfolio<br />
Schattenspiele<br />
by Rob Scamp<br />
www.muddyslippers.co.uk<br />
„Eigentlich benutze ich fast immer das<br />
Weitwinkelobjektiv, wenn ich fotografiere. Diese<br />
Szene verlangte jedoch eine längere Brennweite,<br />
weil ich einen kleinen Bereich isolieren wollte. Die<br />
Lichtverhältnisse waren perfekt, und ich musste<br />
mich regelrecht losreißen von dem Anblick, um<br />
den Moment mit der Kamera festzuhalten.“<br />
Nikon D7000 mit Nikon 18–105mm f/3.5–5.6G ED VR<br />
Belichtung: 1/125 Sekunde bei Blende f/11 und ISO 100
Portfolio<br />
Lichter Moment<br />
Sebastien Gaborit<br />
www.500px.com/sebdowsphotography<br />
(Oben) „Diese Aufnahme entstand in La Rochelle,<br />
Frankreich. Ich war zunächst enttäuscht von den<br />
Lichtverhältnissen, doch dann kam die Sonne<br />
durch. Die Farben der Wolken waren<br />
wunderschön. Ich habe einen zehnstufigen<br />
Graufilter benutzt – den „Big Stopper“ – und<br />
mehrere Aufnahmen zusammenmontiert, um den<br />
Vordergrund aufzuhellen.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit EF 16–35mm f/2.8L II<br />
Belichtung: 92 Sekunden bei Blende f/16 und ISO 200<br />
Am Pier<br />
Sebastien Gaborit<br />
www.500px.com/sebdowsphotography<br />
(Rechts) „Auch dieses Foto stammt aus<br />
Frankreich, aus Pointe du Plomb. Die Sonne war<br />
gerade untergegangen und ich auf dem<br />
Heimweg, als ich an dem Pier vorbeikam. Viel<br />
Tageslicht war nicht mehr vorhanden, also<br />
machte ich ein paar Langzeitbelichtungen, die<br />
ich in der Nachbearbeitung zusammensetzte.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit EF 16–35mm f/2.8L II<br />
Belichtung: Mehrere Langzeitaufnahmen bei Blende f/16<br />
und ISO 200<br />
10 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Blonde<br />
Sean Tucker<br />
www.seantucker.photography<br />
(Oben) „Diese interessante Tapete gab einen<br />
hervorragenden Hintergrund ab. Brooke stellte<br />
sich einen Meter von der Wand entfernt auf; für<br />
die passende Beleuchtung benutzte ich das<br />
Blitzgerät in einer kleinen Softbox und einen<br />
kleinen Reflektor unterhalb der Kamera.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 50mm f/1.4<br />
Belichtung: 1/100 Sekunde bei Blende f/2.8 und ISO 100<br />
Grün und Gold<br />
Sean Tucker<br />
www.seantucker.photography<br />
(Rechts) „Hier benutzte ich einen Studioblitz in<br />
einer Softbox mit einem Meter Durchmesser und<br />
einen kleinen Reflektor, der zusätzlich das Kinn<br />
aufhellt. Der Glanz auf dem Haar entstand durch<br />
die tief stehende Sonne. Außerdem verwendete<br />
ich einen Graufilter der Stärke 0.9ND, um die<br />
gewünschte Schärfentiefe zu erhalten.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 85mm f/1.8<br />
Belichtung: 1/100Sekunde bei Blende f/2.5 (ISO 125)<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
11
Portfolio<br />
Toskana Aurel Manea<br />
www.aurelm.com<br />
(Oben) „Die Toskana kann man nur mit einem Teleobjektiv<br />
fotografieren. Ich war zwei Stunden vor Sonnenaufgang vor Ort und<br />
plante meine <strong>Bild</strong>komposition. Der Nebel verlieh der Szene mehr<br />
Tiefe, während die Sonne aufging.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 70–200mm f/4L IS USM<br />
Belichtung: 1/160 Sekunde bei Blende f/7.1 und ISO 100<br />
Majestätisch Aurel Manea<br />
www.aurelm.com<br />
(Unten) „Kirkjufell auf Island ist einer der schönsten Orte der Erde. Ich verbrachte<br />
eine Nacht dort und hoffte auf ein schönes Postkartenfoto am folgenden Tag; der<br />
über Nacht gefallene Schnee hatte das Land vollständig verwandelt.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Samyang 14mm f/2.8<br />
Belichtung 1/15 Sekunde bei Blende f/8 und ISO 100<br />
12 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Flavie<br />
Joan le Jan<br />
500px.com/Crapaud<br />
„Flavie hat so wunderschöne Augen, dass ich<br />
so nah wie möglich herangehen wollte. Ich<br />
bat sie, den Kopf etwas zu senken und direkt<br />
in die Kamera zu blicken, damit ein intensiver<br />
Augenkontakt entstand. In der<br />
Nachbearbeitung habe ich mit dem<br />
Gaußschen Weichzeichner ein wenig die<br />
Haut geglättet.“<br />
Canon EOS 6D mit Canon EF 135mm f/2L USM<br />
Belichtung: 1/320Sekunde bei Blende f/2.8 Und ISO 400<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
13
Einsichten des Profis<br />
FREDERIC SCHLOSSER<br />
WIR SPRACHEN MIT<br />
WERBEFOTOGRAF FREDERIC<br />
SCHLOSSER AUS FRANKFURT<br />
ÜBER DIE BESONDERHEITEN<br />
SEINER ARBEITSAUSRÜSTUNG.<br />
„Meine Auftragsarbeiten finden fast ausschließlich<br />
vor Ort statt, deswegen brauche ich leichtes,<br />
kompaktes und einfach auf- und abzubauendes<br />
Equipment. Das Ganze muss in den Kofferraum<br />
des Autos passen, doch das Traurige ist: Viele<br />
dieser Luxuskarossen, die ich fotografiere, haben<br />
einen lächerlich kleinen Kofferraum!<br />
Als Kamera habe ich mir kürzlich die neue Sony<br />
A7R zugelegt, vor allem deshalb, weil für das<br />
Gehäuse die Spitzen-Objektive von Zeiss zur<br />
Verfügung stehen. Was den Dynamikbereich, die<br />
Schärfe und die Auflösung dieser Kamera angeht,<br />
ist „unschlagbar“ die einzig passende<br />
Beschreibung. Die <strong>Bild</strong>er aus der A7R werden noch<br />
unglaublicher, wenn man die Größe der Kamera<br />
betrachtet, denn ich kann sie überall hin<br />
mitnehmen!<br />
Ich benutze nur ein einziges Objektiv, das Zeiss<br />
24–70mm f/2.8 Vario-Sonnar T* ZA, das mit dem<br />
Adapter LA-EA4 von Sony an die Kamera passt. Die<br />
Zeiss-Optik ist extrem scharf und bietet mir flexible<br />
Brennweiten – genau das, was ich für den Einsatz<br />
on Location brauche. Ich nehme die Autos immer<br />
im Kontext mit der Umgebung auf, die<br />
Brennweiten liegen zwischen 35 und 60<br />
Millimetern.<br />
Für die Beleuchtung verwende ich das neue<br />
Profoto B1 System, für mich das beste Lichtsystem,<br />
das ich je benutzt habe, und perfekt für die Arbeit<br />
vor Ort. Bei herkömmlichen Studioblitzgeräten<br />
sind immer die Stromkabel im Weg, die zu den<br />
Akkumulatoren oder den Generatoren führen.<br />
Beim B1 System sind die Akkus integriert und<br />
liefern genug Saft für 220 Aufnahmen mit voller<br />
Lichtleistung – kein Stolpern mehr über Kabel.<br />
„Ich habe das System neulich in St. Tropez für<br />
das Audi-Magazin benutzt. Mir schwebte ein<br />
Surfer vor, der seine Ausrüstung mit dem Audi S3<br />
zum Strand transportiert. Ich fand eine passende<br />
Am Set: Der Profoto Air Funkfernauslöser und das<br />
kabellose B1-System sind perfekt für die Arbeit vor Ort.<br />
Die Blitzleistung kann ich von der Kamera aus steuern,<br />
was die Setup- und Einstellzeiten auf ein Minimum<br />
beschränkt.<br />
Örtlichkeit und begann bei Sonnenaufgang, das<br />
Licht war also goldrichtig. Wenn man bei<br />
Sonnenaufgang arbeitet, hat man nur ein kleines<br />
Zeitfenster, bevor sich das Licht ändert. Dank des<br />
B1-Systems und der Profoto Air Funkfernauslöser<br />
konnte ich die Blitze fernsteuern; so arbeitet man<br />
schnell und effizient mit minimalem Setup. Das<br />
endgültige Foto besteht aus mehreren<br />
Aufnahmen, die aus verschiedenen Winkeln<br />
ausgeleuchtet wurden, jeweils mit und ohne<br />
Softbox. Die Tatsache, dass keine störenden Kabel<br />
im <strong>Bild</strong> zu sehen sind, bedeutet für mich schnellere<br />
Nachbearbeitung, sodass ich zum <strong>Fotografie</strong>ren<br />
mehr Zeit habe.<br />
Mein Stativ ist ein Manfrotto 190CXPRO3 aus<br />
14 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Einsichten des Profis \ Schnappschüsse<br />
Kohlefaser, ideal für die Reise, denn es ist leicht und<br />
kompakt. Der Rest meiner Ausrüstung besteht aus<br />
dem Apple Macbook Pro Retina und aus jeder<br />
Menge Akkus für die Kamera und das B1-System.<br />
Da viele meiner Fotos unterwegs entstehen, muss<br />
ich immer damit rechnen, noch kurz vor<br />
Sonnenuntergang eine perfekte Location zu<br />
finden – und dazu müssen die Akkus voll sein!<br />
Eine Requisite, die ich für das Audi-Projekt<br />
benutzt habe, gehört eher nicht zur normalen<br />
Fotoausrüstung: ein Blumenstrauß. Den hielt ich<br />
vor das Objektiv, um das Vordergrund-Bokeh zu<br />
erzeugen und dem <strong>Bild</strong> mehr Tiefe zu geben.“<br />
Weitere <strong>Bild</strong>er von Frederic Schlosser finden Sie<br />
auf www.fredericschlosser.de<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
15
16 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Kurz belichtet<br />
DAS NEUESTE AUS DER WELT DER FOTOGRAFIE<br />
EINDRUCKSVOLLE<br />
TIEFEN<br />
UNTER WASSER LIEGT EINE GANZ BESONDERE WELT, DIE VIELE VON UNS NIE ZU<br />
GESICHT BEKOMMEN WERDEN – ES SEI DENN, MAN SCHAUT SICH DIESE<br />
UNGLAUBLICHEN FOTOS AN, DIE UNS DIE GEWINNER DES FOTOWETTBEWERBS VON<br />
UNDERWATERPHOTOGRAPHY.COM FREUNDLICHERWEISE ZUR VERFÜGUNG<br />
GESTELLT HABEN.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
17
Kurz belichtet<br />
WETTBEWERBSERGEBNISSE<br />
D<br />
ie Gewinner des<br />
Unterwasserfotografie-Wettbewerbs<br />
2013/14 von Underwaterphotography.<br />
com stehen fest. Die preisgekrönten<br />
Fotos eröffnen eine ebenso vielfältige wie<br />
faszinierende Unterwasserwelt.<br />
Der jährlich stattfindende Fotowettbewerb ist<br />
einer der traditionsreichsten in diesem hoch<br />
spezialisierten Genre der <strong>Fotografie</strong>, und die<br />
begehrten Preise sind den wahren Meistern ihres<br />
Fachs vorbehalten. Trotzdem wurden die<br />
meisten der ausgewählten Fotos mit normalen<br />
digitalen Spiegelreflexkameras in<br />
Unterwassergehäusen aufgenommen, die<br />
überall erhältlich sind. Die Unterwasserfotografie<br />
steht also jedem offen.<br />
Der diesjährige Wettbewerb erbrachte fast<br />
8000 Einsendungen für 17 Kategorien, darunter<br />
Fotos von Schiffswracks, von farbenfrohen<br />
Bodenfressern und grinsenden weißen Haien;<br />
sogar Unterwasser aufgenommene Mode- und<br />
Porträtfotos wurden eingesandt.<br />
Nach ausgiebigen Beratungen wurde die auf<br />
den Cayman-Inseln lebende belgische<br />
Fotografin Ellen Cuylaerts schließlich zur<br />
Siegerin gekürt. Obwohl Ellen erst vor drei<br />
Jahren mit dem Tauchen begann, hat sie schon<br />
zahlreiche Preise abgeräumt, diesmal sogar in<br />
mehreren Kategorien. Sie ist ganz offensichtlich<br />
ein Naturtalent. Ihre Weitwinkelaufnahme einer<br />
Seekuh, die fragend in die Kamera schaut, hat die<br />
Preisrichter besonders beeindruckt und brachte<br />
ihr die Goldmedaille in der Kategorie<br />
„Süßwasser“.<br />
Der Betreiber von „Underwaterphotography.<br />
com“, Tal Mor, sagt über die Gewinnerin: „Es war<br />
eine nahezu einstimmige Wahl, die ihr den Titel<br />
als beste Unterwasserfotografin der Welt<br />
einbrachte. Es ist wirklich erstaunlich, in nur drei<br />
Jahren ein solches Niveau zu erreichen. Wie am<br />
Fließband lieferte sie umwerfende<br />
Unterwasserbilder für fast alle<br />
Wettbewerbskategorien.“<br />
Sie können Ellens Siegerfotos und alle<br />
anderen preisgekrönten Fotos auf<br />
www.underwaterphotography.com<br />
bewundern.<br />
Ellen Cuylaerts / Gesamtsiegerin<br />
Marjan Radovic / Silbermedaille / Tauchen mit Weitwinkel<br />
Helmy Hashim / Goldmedaille / Weitwinkel-Nahaufnahmen<br />
Nadya Kulagina / Goldmedaille / Tauchen mit Weitwinkel<br />
Doris Vierkötter / Silbermedaille / Makro-Nahaufnahme<br />
18 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 19
Kurz belichtet<br />
NEUE PRODUKTE<br />
SCHNELLFEUER<br />
DIE NEUE NIKON 1 V3 BIETET EIN SCHIER UNGLAUBLICHES<br />
SERIENBILD-TEMPO<br />
Seit einigen Wochen ist ein neues Modell der spiegellosen Nikon 1<br />
Systemkamera-Serie auf dem Markt: Die Nikon 1 V3, von Nikon selbst als „Master<br />
of Speed“ bezeichnet. Der Grund: ein extrem schneller Serienbildmodus von 20<br />
<strong>Bild</strong>ern pro Sekunde bei automatischem Autofokus und 60 <strong>Bild</strong>ern pro Sekunde<br />
ohne Autofokus. Es gibt derzeit keine schnellere Kamera als die V3. Sie kommt<br />
außerdem mit einem 18,4-Megapixel CMOS-Sensor im CX-Format, einem<br />
Empfindlichkeitsbereich zwischen ISO 160 und ISO 12800, WiFi, einem 3 Zoll LCD<br />
Touch Screen und 171 Autofokuspunkten, von denen 105 mit Phasenerkennung<br />
arbeiten. Verarbeitet werden die mit dieser Technologie produzierten <strong>Bild</strong>daten<br />
von einem kräftigen EXPEED 4A Prozessor.<br />
Passend zur Kamera gibt es auch eine Reihe neuen Zubehörs, das sich allerdings<br />
eher an professionelle Fotografen richtet. Dazu gehören der elektronische Sucher<br />
DF-N1000, der in den hauseigenen – also nicht standardkonformen – Zubehörschuh<br />
gesteckt wird, den ergonomischen Haltegriff GR-N1010, das SB-N7 Speedlight und<br />
schließlich der FT1-Objektivadapter, mit dem die eigentlich für die Nikon DSLRs gedachten<br />
Objektive auch an der V3 genutzt werden können. Der Straßenpreis für die V3 mit VR<br />
10-30mm f/3.5-5.6 PD-ZOOM Kit-Objektiv ist inzwischen auf etwa 750 € gesunken.<br />
(www.nikon.de)<br />
In Kürze...<br />
Frische Luft<br />
Giottos hat eine neue<br />
Modellreihe<br />
leichtgewichtiger Stative<br />
aufgelegt, die „Air Range“. Die<br />
Stative verfügen über die<br />
platzsparende, Y-förmige Mittelsäule, drei<br />
Modelle bieten auch eine 3D Mittelsäule,<br />
geeignet für Nahaufnahmen. Bei den Stativen<br />
haben die Kunden die Wahl zwischen den<br />
Materialien Aluminium und Kohlefaser. Das<br />
preiswerteste Modell liegt preislich bei etwa<br />
150 €. (http://shop.giottos.de)<br />
Ruck-<br />
Sack´n Roll…<br />
Neue reisefreundliche<br />
Rollkoffer von<br />
Lowepro: Die<br />
innovative Lowepro Roller<br />
X AW Serie umfasst drei<br />
Größen. Die Aufteilung ist sehr gut<br />
durchdacht: Das aus mehreren<br />
Abteilungen bestehende „Reserve<br />
Pack“ kann getrennt als eigenständiger<br />
Rucksack getragen werden. Die Preise<br />
beginnen bei etwa 270 €. Details bei<br />
www.lowepro.com<br />
Farbkick<br />
Neu: Das „Kick Light“<br />
von Colour<br />
Confidence im<br />
Hosentaschenformat: Es<br />
produziert<br />
beeindruckende 400 Lumen<br />
und mit einer mobilen App, die es gratis<br />
gibt, kann jede Farbe des<br />
Regensbogens eingestellt werden. Der<br />
Preis: ca. 160 €. (http://shop.<br />
colourconfidence.com/de)<br />
Ultra High Definition von Lumix<br />
Erst gab es Standard Definition, dann High Definition, jetzt haben wir Ultra<br />
High Definition, auch „4K“ genannt. Die neue Lumix MC-GH4 von<br />
Panasonic ist die neuste in der langen Reihe von Lumix Kameras<br />
und die erste, die Video außer in HD auch in voller<br />
4K-Auflösung aufnehmen kann. Natürlich macht sie auch<br />
Fotos, doch es ist klar, dass Panasonic die neue GH4 mit dem<br />
Blick auf die Videografie lanciert, weniger auf die <strong>Fotografie</strong>. Sie<br />
kommt mit einem 16,05-Megapixel Live MOS Sensor, 12 <strong>Bild</strong>ern<br />
pro Sekunde im Dauerbetrieb, 3 Zoll Klapp-Monitor, WiFi und NFC.<br />
Die Video-Funktionalität umfasst Focus Peaking und Luminance-<br />
Level Adjustment. Es gibt sogar ein anschließbares Interface, das<br />
zusätzliche Video-Aus- und Eingänge zur Verfügung stellt. Die<br />
Lumix GH4 kostet ab rund 1500 € mit 14-140mm f/3.5-5.6<br />
Kit-Objektiv. (www.panasonic.com/de)<br />
NX Mini<br />
Von Samsung gibt es ein neues,<br />
kleines Kameramodell mit<br />
Wechseloptik, das zugleich eine der<br />
kleinsten Systemkameras<br />
überhaupt darstellt. Die NX Mini ist<br />
superschlank, hat eine Auflösung<br />
von 20,5-Megapixel auf einem 1 Zoll<br />
BSI-CMOS Sensor, schafft sechs<br />
<strong>Bild</strong>er pro Sekunde im<br />
Serienbildmodus, bietet<br />
Verschlusszeiten ab 1/16000 Sekunde und<br />
einen 3 Zoll großen Touchscreen. Sie ist gerade einmal<br />
22,5mm dick und wiegt 158g ohne Objektiv. Der Winzling<br />
verfügt außerdem noch über WiFi, NFC und einen Akku, der<br />
angeblich 650 <strong>Bild</strong>er durchhalten soll, bevor er aufgeladen werden muss. Das<br />
Skurrilste aber ist wohl die „Wink-Shot“ Funktion, bei der durch ein Augenzwinkern der<br />
anvisierten Person der Auslöser betätigt wird. Soll angeblich gut sein für Selbstporträts.<br />
Nun ja. An Objektiven für das neue Modell gibt es drei neue „Mini-Lenses“ mit NX-M<br />
Bajonett – das 9mm f/3.5ED, das 9-27mm f/3.5-5.6ED OIS und das 17mm f/1.8 OIS.<br />
Weiterhin steht ein Adapter zur Verfügung, mit dem Objektive mit Standard-NX-<br />
Bajonett verwendet werden können. Der Preis für die Samsung NX Mini mit 9-27mm<br />
Objektiv liegt bei etwa 350 €.<br />
(www.samsung.com/de)<br />
20 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Deutschland:<br />
EUR 9,99<br />
Österreich:<br />
EUR 11,-<br />
Schweiz:<br />
CHF 15,-<br />
LU/BE<br />
EUR 11,50<br />
NEUER WEITWINKEL<br />
VON SAMYANG<br />
Samyang lässt verlauten, es werde demnächst ein neues<br />
Objektiv mit manueller Scharfeinstellung geben, das<br />
speziell zur Verwendung an spiegellosen APS-C-Format<br />
Kameras entwickelt worden sei. Das Samyang 12mm f/2<br />
NCS CS ist ein Weitwinkelobjektiv mit 98,9° Gesichtsfeld,<br />
einer schnellen maximalen Blende und braucht laut<br />
Samyang keinen Vergleich mit den besten zurzeit am<br />
Markt verfügbaren Objektiven zu scheuen. Die Daten<br />
klingen denn auch eindrucksvoll: 12 optische Elemente,<br />
angeordnet in 10 Baugruppen, davon eine hybride,<br />
asphärische Linse und drei Linsen, die aus extrem gering<br />
reflektierendem Glas hergestellt sind. Zusätzlich weist die<br />
Optik eine hochwertige Nano-Vergütung auf. Das<br />
Objektiv ist lieferbar mit Anschlüssen für die Systeme<br />
Canon M, Fujifilm X, Samsung NX, Sony E und für den<br />
Micro Four-Thirds Standard. Preise waren bei<br />
Redaktionsschluss noch nicht bekannt.<br />
(www.samyang.co.uk)<br />
Weitere Publikationen<br />
von Ultimate Guide<br />
Media rund ums<br />
<strong>Fotografie</strong>ren<br />
Ärger mit Getty Images<br />
Die Geschäftsleitung von Getty Images fährt offenbar eine radikale<br />
Kursänderung. Anders sind zwei drastische Entscheidungen der vergangenen<br />
Wochen kaum zu verstehen. Als erstes kam die Ankündigung, einen Großteil<br />
der Millionen gespeicherten <strong>Bild</strong>er den Nutzern in Zukunft kostenlos zur<br />
Verfügung zu stellen – aber bitte nur eingebettet in einen iFrame und auf gar<br />
keinen Fall für „gewerbliche bzw. geschäftliche Zwecke”, sondern<br />
ausschließlich zu „redaktionellen Zwecken”. Dazu stellt Getty den<br />
entsprechenden HTML-Code zu Verfügung, der einen Link auf die Getty-<br />
Website enthält. Der Grund für diese drastische Änderung der Geschäftspolitik<br />
von Getty sei es, Gelegenheitsnutzern der Getty-<strong>Bild</strong>er eine einfache, legale<br />
Möglichkeit zu bieten, die <strong>Bild</strong>er zu „teilen“ – was bisher illegal oder<br />
kostenpflichtig war. So viel Selbstlosigkeit kommt nicht überall gut an: Die<br />
Fotografen als Urheber der <strong>Bild</strong>er gehen ab sofort leer aus, wenn die zum<br />
Einbetten freigegebenen <strong>Bild</strong>er von Dritten genutzt werden, und haben keine<br />
Möglichkeit dies zu ändern.<br />
Die zweite Neuerung im Hause Getty ist die Beendigung der Vereinbarung<br />
mit der Foto-Sharing Plattform Flickr. In den vergangenen fünf Jahren konnten<br />
Flickr-Nutzer Getty den Zugang zu ihren <strong>Bild</strong>ern erlauben und ein kleine<br />
Entschädigung kassieren, falls Getty einen Käufer fand. Auch damit ist jetzt<br />
Schluss.<br />
Gehört all das zu einem neuen Getty-Masterplan? Man wird sehen. Es wäre<br />
jedoch keine Überraschung, wenn sehr bald in den iFrames der kostenlos<br />
eingebetteten <strong>Bild</strong>er die ersten Werbeanzeigen auftauchen – natürlich von<br />
Getty Images…<br />
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Nr. 20/2014 Aug-Okt 2014<br />
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DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
21
DAS NEUESTE AUS DER WELT DER FOTOGRAFIE<br />
KUNST MIT<br />
SATELLITENFOTOS<br />
EIGENTLICH DIENEN SIE WISSENSCHAFTLICHEN ZWECKEN, DOCH DIE<br />
NASA HAT KÜRZLICH DREI IHRER SATELLITEN FÜR KÜNSTLERISCHE<br />
FOTOS ZWECKENTFREMDET. DIESE BILDER KAMEN DABEI HERAUS.<br />
Mäandernder Mississippi: Kleine, blockförmige Umrisse von Städten,<br />
Getreidefeldern und Weideland umgeben die Flussbiegungen des Mississippi, des<br />
größten Flusses in Nordamerika. Zahllose Altwasserseen und vom Hauptstrom<br />
abgeschnittene Flussteile umgeben den Strom südlich von Memphis, Tennessee.
Kurz belichtet<br />
1<br />
KUNST MIT SATELLITENFOTOS<br />
S<br />
atelliten befinden sich in Umlaufbahnen hunderte Kilometer über<br />
unseren Köpfen und leisten unschätzbare Dienste, die wir oft für<br />
selbstverständlich halten. Sie ermöglichen Wettervorhersagen,<br />
Fernsehen, GPS-Navigation, Telefongespräche und nicht zuletzt das<br />
Internet. Für die Kunst wurden sie bisher nie eingesetzt, doch nun haben drei<br />
NASA-Satelliten – Landsat 7, ASTER und MODIS – Fotos zur Erde gefunkt, die im<br />
Rahmen des laufenden Projekts „Die Erde als Kunstwerk“ rein ästhetischen<br />
Zwecken dienen.<br />
Wolken, die den Gipfel des Mount Elgon in Afrika umgeben, sehen aus, als<br />
hätte jemand Mehl in die Landschaft gestreut, Bergrücken ziehen sich durch<br />
den Himalaya wie Adern durch einen Arm, und landwirtschaftliche Flächen<br />
bedecken die Erde wie eine vielfarbige Patchworkdecke. Die unglaublich<br />
farbenprächtigen <strong>Bild</strong>er entstanden durch die Verstärkung der verschiedenen<br />
Wellenlängen des Lichts, die von den Satelliten aufgenommen wurden. Obwohl<br />
diese Signale normalerweise nur für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden,<br />
machen ihre surrealen Farben die <strong>Bild</strong>er unbestreitbar zu Kunstwerken.<br />
Besuchen Sie www.eros.usgs.gov/imagegallery, um die <strong>Bild</strong>ersammlung vom<br />
Earth Resources Observation and Science (EROS) Center herunterzuladen.<br />
1) Mount Elgon: Wolken umgeben den Krater des Mount Elgon, eines erloschenen Vulkans an<br />
der Grenze zwischen Uganda und Kenia. Der einzeln stehende Vulkan besitzt einen der<br />
größten intakten Krater der Welt, der eine kesselförmige Senke bildet.<br />
2) Kahlschlag in Bolivien: Dieses <strong>Bild</strong> zeigt das Ausmaß der Abholzung des Regenwaldes im<br />
Amazonasbecken. Die Holzindustrie ließ breite Schneisen in den Wald schlagen, während<br />
Zuchtbetriebe große Flächen für ihre Herden gerodet haben. Die verbliebene, gesunde<br />
Vegetation erscheint rot in im <strong>Bild</strong>.<br />
3) West-Fjorde: Die West-Fjorde erzeugen eine ganze Reihe von Halbinseln in Islands<br />
Nordwesten. Obwohl diese Halbinseln weniger als ein Achtel der Landesfläche repräsentieren,<br />
machen ihre Umrisse über die Hälfte der gesamten isländischen Küstenlinie aus.<br />
4) Rocky-Mountain-Graben: Was aussieht wie ein leuchtend roter Pinselstrich, ist tatsächlich<br />
ein durch Wolken erzeugtes Farbenspiel in den kanadischen Rocky Mountains. Der Effekt<br />
entstand, weil Wolken die Strahlen der tief stehenden Sonne reflektierten.<br />
5) Halbinsel Kamtschatka: Die Ostseite von Russlands Kamtschatka-Halbinsel erstreckt sich<br />
westlich von Alaska in den Pazifischen Ozean. Vulkanisches Terrain ist unter schneebedeckten<br />
Gipfeln verborgen, von den Talgletschern bricht blaues Eis in die Küstengewässer.<br />
6) Yukon-Delta: Unzählige Seen, Sümpfe und Tümpel sind auf diesem Foto des Yukon-Deltas<br />
zu sehen. Die Flussarme des Deltas sehen aus wie Blutgefäße, die ein Organ versorgen.<br />
7) Himalaya: Hoch aufragende, schneebedeckte Gipfel und Bergrücken des östlichen<br />
Himalayas erzeugen ein unregelmäßiges, rotweißes <strong>Muster</strong> zwischen den großen Flüssen im<br />
Südwesten Chinas.<br />
8) Jordanien: Mäandernde Wadis formen ein dichtes, weit verzweigtes Netzwerk in der<br />
Wüstenlandschaft des südöstlichen Jordanien. Das arabische Wort „Wadi“ bezeichnet ein<br />
trockenes Flussbett, das nur dann Wasser führt, wenn der saisonale Regen gefallen ist.<br />
9) Garden City: Bewässerungssysteme erzeugten diese <strong>Muster</strong> in einem Getreideanbaugebiet<br />
in der Nähe von Garden City, Kansas. Die roten Kreise sind bewässerte Getreidefelder mit<br />
gesunder Vegetation, die hellen Kreise sind bereits abgeerntete Felder.<br />
10) Malaspina-Gletscher: Die Zunge des Malaspina-Gletschers, des größten Gletschers in<br />
Alaska. Der Malaspina liegt westlich der Yakutat Bay und bedeckt fast 3900 Quadratkilometer.<br />
3<br />
2<br />
4<br />
24 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
5 6<br />
7 8<br />
9 10<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
25
Kurz belichtet<br />
NEUE PRODUKTE<br />
NIKON 1 J4<br />
DIE VIERTE AUFLAGE DER NIKON 1 WURDE WEITER VERBESSERT<br />
Direkt nach der Nikon 1 V3 hat Nikon seine Produktreihe spiegelloser<br />
Systemkameras um ein weiteres Modell vergrößert, die Nikon 1 J4. Sie verfügt<br />
über den gleichen 18,4 Megapixel CMOS-Sensor wie die V3, auch über deren<br />
verbesserten Hybrid-Autofokus und einen Empfindlichkeitsbereich von ISO 160<br />
bis ISO 12800. Für die <strong>Bild</strong>datenverarbeitung sorgt der EXPEED 4A Prozessor. Es<br />
gibt 171 Autofokus-Punkte, von denen 105 nach dem Prinzip der<br />
Phasenunterscheidung arbeiten, was für schnelles, akkurates Scharfstellen sorgt.<br />
WiFi Funktionalität ist ebenso vorhanden wie ein LCD Touchscreen, der die<br />
Eingabe von Einstellungsdaten durch Wischen mit dem Finger erlaubt. Full HD<br />
Video ist bei Systemkameras wie der J4 heute selbstverständlich. Da die J4 nahezu<br />
alle technischen Komponenten der V3 an Bord hat, erreicht sie auch deren unglaubliche<br />
Serienbildraten – 20 <strong>Bild</strong>er pro Sekunde bei kontinuierlich verfolgendem Autofokus und<br />
60 <strong>Bild</strong>er pro Sekunde bei unveränderlicher Schärfeeinstellung.<br />
Die Nikon 1 J4 ist seit Juni im Handel, es gibt sie in den Farben Schwarz, Weiß, Silber<br />
und Orange. Das Gehäuse ist sowohl einzeln erhältlich, als auch mit dem 1 NIKKOR VR<br />
10–30mm f/3.5–5.6 PD-ZOOM Objektiv oder zusätzlich noch mit dem VR 30–110mm<br />
f/3.8–5.6. Der Preis beträgt etwa 580 € für das Gehäuse mit 10–30mm-Objektiv.<br />
(www.nikon.de)<br />
In Kürze...<br />
Ganz in<br />
Weiß…<br />
Soll Ihre DSLR sich<br />
von der Masse des<br />
Einheitsdesigns<br />
abheben? Dann ist die<br />
Canon EOS 100D in weiß<br />
vielleicht etwas für Sie. Sie kommt mit<br />
dem EF-S 18–55mm f/3.5–5.6 IS STM<br />
Objektiv und einem empfohlenen<br />
Verkaufspreis von 649 €. Vor Gebrauch<br />
Hände waschen…<br />
(www.canon.de)<br />
645D<br />
Nachfolger<br />
Hasselblad und Phase One<br />
dicht auf den Fersen, hat<br />
Pentax nun eine<br />
50-Megapixel<br />
Mittelformatkamera mit CMOS-<br />
Sensor im Markt, die 645Z. Sie verfügt über 11<br />
Autofokuspunkte und bietet als erste ihrer Art Full<br />
HD Video. Das Pentax 645Z Gehäuse kostet um die<br />
8000 € und ist seit Juli im Handel; mit 55mm f2.8<br />
Standardobjektiv liegt der Preis bei 9000 €.<br />
(www.ricoh-imaging.de)<br />
Russar neu<br />
erfunden<br />
Lo-Fi Spezialist<br />
Lomography hat eine<br />
aktuelle Version des<br />
legendären Russar MR-2<br />
Objektivs aus den 1950er Jahren<br />
im Angebot. Es bietet 20mm Brennweite und<br />
eine maximale Blende von f/5.6. Das<br />
Ultraweitwinkelobjektiv liefert scharfe, stark<br />
vignettierte <strong>Bild</strong>er. Das Lomography Russar<br />
MR-2 kommt mit L39- und M-Anschluss zum<br />
Preis von knapp 600 €. (www.lomography.com)<br />
KOMPAKTES NIKON<br />
SUPER-ZOOM<br />
Aus dem Hause Nikon gibt es ein neues,<br />
kompaktes Superzoom-Objektiv, das nur 500g<br />
wiegt. Das Nikkor AF-S DX 18–300mm f/3.5–<br />
6.3G ED VR deckt von der Weitwinkel- bis zur<br />
Tele-Ansicht fast alle benötigten<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitte ab, wodurch es zum idealen<br />
Reise-Zoom wird. Die maximale Blende liegt<br />
bei f/6.3, doch aufgrund des eingebauten<br />
<strong>Bild</strong>stabilisators sollte das kein Problem<br />
darstellen. Das Objektiv kostet etwa 700 €.<br />
(www.nikon.de)<br />
Lytro, die Zweite<br />
Als vor zwei Jahren die erste Lichtfeldkamera von Lytro<br />
auf den Markt kam, waren die Erwartungen an die neue<br />
3D-Technologie hoch – und wurden enttäuscht. Wie eine<br />
Kamera sah das Ding gar nicht erst aus und die<br />
Auflösung der <strong>Bild</strong>er war so niedrig, dass sie praktisch<br />
unbrauchbar waren. Im vergangenen Monat<br />
meldete sich Lytro nun aber mit seiner zweiten<br />
Lichtfeldkamera zurück, der Lytro Illum, die<br />
zunächst schon einmal wie eine „richtige“<br />
Kamera aussieht.<br />
Das Besondere an einer Lichtfeldkamera liegt<br />
darin, dass sie keine statischen <strong>Bild</strong>er speichert,<br />
sondern ähnlich wie ein Tomograph in der<br />
Radiologie einen gesamten dreidimensionalen<br />
Raumbereich. Dadurch lassen sich Schärfebereich<br />
und Perspektive auch noch nach der Aufnahme<br />
verändern. „Living Pictures“ nennt Lytro diese<br />
Funktionalität. Ermöglicht wird sie durch ein Linsensystem,<br />
das nicht nur Farbe und Intensität, sondern auch die Richtung der<br />
einfallenden Lichtstrahlen aufzeichnet. So ist bei der Auflösung des<br />
Sensors auch nicht von Megapixeln die Rede, sondern von „Megarays“<br />
– Mega-Strahlen also. Der Sensor der Lytro Illum löst 40 Megarays auf,<br />
was in der Praxis ein Ergebnis produziert, das mit einem herkömmlichen<br />
5 Megapixel-Foto vergleichbar ist, bei dem aber Schärfeebene und<br />
Perspektive naturgemäß nicht nachträglich veränderbar sind. Die Lytro<br />
Illum ist seit Juli im Handel und kostet rund 1600 €. (www.lytro.com)<br />
26 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
HOCHEMPFINDLICH<br />
Als Sony im vergangenen Jahr die Alpha 7 und Alpha 7R Systemkameras vorstellte, horchten Fotografen in der ganzen Welt<br />
auf. Nun bringt Sony ein weiteres Alpha 7 Modell, das sich an Videofilmer richtet, die Alpha 7S, die in 4K Technologie<br />
aufnimmt. Die Auflösung beträgt „nur“ 12,2 Megapixel, doch der Clou an dieser Kamera ist die Empfindlichkeit des Sensors.<br />
Sie beträgt bis zu schwindelerregenden ISO 409600. Da kann man dieser Kamera durchaus Nachtsichtfähigkeiten<br />
unterstellen. Die <strong>Bild</strong>frequenz bei 4K-Video beträgt 30 <strong>Bild</strong>er pro Sekunde – dazu muss allerdings ein externer Rekorder per<br />
HDMI angeschlossen werden. Bei Full HD liegt die <strong>Bild</strong>frequenz bei 60 <strong>Bild</strong>ern pro Sekunde und bei 720p-HD bei stolzen<br />
120 <strong>Bild</strong>ern pro Sekunde. Diese <strong>Bild</strong>datenflut wird vom hauseigenen Sony BIONZ X Prozessor verarbeitet. Ihre<br />
Eigenschaften machen die Alpha 7S zum Modell der Wahl für Videofilmer. Das Gehäuse ist für rund 2400 € erhältlich.<br />
(www.sony.de)<br />
Lightroom wird mobil<br />
Adobe kommt mit Lightroom mobile, einer<br />
Gratis App – allerdings nur für iPad-Nutzer und<br />
Adobe Creative Cloud Abonnenten. Nur im<br />
Zusammenspiel dieser beiden Plattformen<br />
funktioniert die App. Sie verfügt über die Smart<br />
Preview Funktion von Lightroom 5. So können,<br />
Sie auch unterwegs in Ihrem synchronisierten<br />
Lightroom-Katalog blättern, <strong>Bild</strong>er auswählen<br />
und einfache Korrekturen vornehmen. Die<br />
Änderungen werden mit Ihrem Katalog<br />
synchronisiert, so dass Sie auf dem heimischen<br />
Computer vorfinden, wenn Sie von der Reise<br />
zurück sind. (www.adobe.de)<br />
SIGMA PREISANKÜNDIGUNG<br />
Auch bei Sigma gibt es Neues, nämlich das bereits erwartete neue 50mm f/1.4<br />
DG HSM A-Art Objektiv. Es ist als Konkurrenz zum 3500 € teuren Zeiss Otus<br />
55mm f/1.4 Objektiv gedacht. Erste Tests haben gezeigt, dass das Sigma-<br />
Objektiv diesem Anspruch gerecht werden könnte, allerdings bei einem Preis<br />
von nur rund 1000 €. Es ist lieferbar für Canon, Sigma und Nikon Systeme. Der<br />
Preis liegt zwar mehr als doppelt so hoch wie das hauseigene Sigma 50mm<br />
f/1.4 EX DG HSM Objektiv, doch wenn es die Leistung der Zeiss-Konkurrenz<br />
erreicht, ist es trotzdem ein Sonderangebot. (www.sigma.de)<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
27
SCHAUKASTEN<br />
DIE BESTEN BILDER UNSERER LESER<br />
Christopher Wesser<br />
Alter: 26 / Beruf: Fotograf<br />
www.sandbox-photos.com<br />
Blumenmädchen: „Das Porträt einer Person zu fotografieren, die flach<br />
auf dem Rücken liegt, ist nicht so einfach wie es aussieht. Bei meinen<br />
ersten Versuchen stand ich direkt über dem Model, fühlte mich aber<br />
nicht wohl in dieser Position, wenn ich versuchte, durch den Sucher<br />
blickend meine <strong>Bild</strong>komposition zu machen. Nach einigen<br />
missglückten Versuchen probierte ich eine andere Aufnahmetechnik,<br />
die sich als sehr effizient erwies. Ich stellte mich einfach hinter den Kopf<br />
meines Models und fotografierte es „verkehrt herum“. Die LiveView-<br />
Funktion meiner Kamera tat ein Übriges, die Aufnahme zu erleichtern.<br />
Das Foto entstand übrigens am späten Nachmittag eines sonnigen<br />
Sommertags. Die Sonne war bereits hinter den Bäumen verschwunden,<br />
und es war kurz vor Einbruch der Dämmerung. Trotzdem reichte das<br />
verfügbare Licht aus, weil ich aufblendete und die Empfindlichkeit der<br />
Kamera auf ISO 200 einstellte. So entstand mit dem letzten Sonnenlicht<br />
des Tages ein sehr schönes Foto mit stark gerichtetem, seitlichem<br />
Lichteinfall. Da mein Model rothaarig ist, arbeitete ich den<br />
komplementären Rot-Grün-Kontrast heraus, damit das <strong>Bild</strong> einen etwas<br />
malerischen Effekt bekam.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 50mm f/1.4 USM .<br />
Belichtung: 1/400 Sekunde bei Blende f/2 und ISO 200.
SCHAUKASTEN<br />
KOMMENTAR<br />
Eine ausgeprägte<br />
Vorstellungskraft, verbunden mit<br />
exzellenter Beherrschung der Kamera<br />
und der Beleuchtung, und nicht zuletzt<br />
der Einsatz seiner Requisiten sind die<br />
Gründe, warum Christophers Fotos<br />
so eindrucksvoll sind.<br />
Daniel Lezano<br />
Christopher Wesser (Forts.)<br />
Der amerikanische Traum: Bei diesem <strong>Bild</strong> ging es um reine Nostalgie. Wir<br />
liehen uns einen alten Ford Mustang und mein Model war im Stil der 1960er<br />
Jahre gekleidet. Eigentlich wollten wir in freiem Gelände bei Sonnenuntergang<br />
fotografieren, doch es regnete den ganzen Tag, deswegen mussten wir<br />
improvisieren. Wir fanden eine alte Fabrikhalle, doch die Lichtverhältnisse waren<br />
ungeeignet. Ich hatte zwei Blitzgeräte, eine Softbox und einen Beauty-Dish<br />
dabei und versuchte damit, das Beste aus der Situation zu machen. Eins der<br />
Blitzgeräte diente der Simulation des Sonnenuntergangs und schoss direkt ins<br />
Objektiv. Die Softbox wurde so gerichtet, dass der Blitz für ein weiches, natürlich<br />
wirkendes Aussehen des Gesichts sorgte.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 50mm f/1.2L USM<br />
Belichtung: 1/80 Sekunde bei Blende f/2.5 und ISO 1250<br />
Neben der Tanzfläche: „Dies war eine der schwierigsten Aufnahmen, die ich bisher<br />
gemacht habe. Wir brauchten eine ganze Weile, um herauszufinden, welches die richtige<br />
Menge an Konfetti war. Beim ersten Versuch warf mein Assistent den Inhalt einer ganzen<br />
Schüssel voller Konfetti in Richtung des Modells und das Ergebnis sah katastrophal aus. Viel<br />
später kamen wir zu der Erkenntnis, dass eine Hand voll Konfetti gerade richtig für den<br />
gewünschten Effekt war. Am besten warf man das Konfetti hoch in die Luft, so dass es auf<br />
das Model herunterrieselte. Nun bestand das Problem allerdings darin, eine Aufnahme<br />
zustande zu bringen, auf der kein Konfetti das Gesicht verdeckte. Ich hatte rechts ein<br />
Speedlight aufgebaut, das durch einen Brolly schoss. In der Nachbearbeitung erhöhte ich<br />
den Kontrast und fügte einen Cross-Processing Effekt hinzu.“<br />
Canon EOS 550D mit Sigma 30mm EX f/1.4<br />
Belichtung: 1/200 Sekunde bei Blende f/2 und ISO 800<br />
Der Himmel gehört uns: „Diese Aufnahme entstand bei einem<br />
Sonnenuntergang im Spätsommer, bei weichem, goldenem Licht.<br />
Ich versuchte, so viel Gegenlicht einzufangen wie möglich, um<br />
einen Eindruck von Leichtigkeit zu erzeugen. Eine solche Situation<br />
verlangt ein wenig Übung. Meine ersten Aufnahmen waren<br />
überbelichtet, doch ich lernte durch Versuch und Irrtum. Bei<br />
solchen Lichtverhältnissen blende ich zunächst so weit wie möglich<br />
auf. Ein verschwommener Hintergrund und wenig Schärfentiefe<br />
passen gut zum Gegenlicht und erzeugen hübsche Blendenflecke.<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 50mm f/1.4 USM<br />
Belichtung: 1/800 Sekunde bei Blende f/2.5 und ISO 50<br />
30 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Marianne Lim<br />
Alter: 31 / Beruf: Wissenschaftlerin<br />
www.everlookphotography.com<br />
Cool Cuillins: „An diesem Abend warteten wir an der Küste von Elgol auf der<br />
Insel Skye in Schottland auf einen spektakulären Sonnenuntergang. Die<br />
Wolken sahen vielversprechend aus, kooperierten jedoch nicht mit unseren<br />
Absichten, weil sie nicht direkt im Hintergrund über den Black Cuillins hingen.<br />
Ich entschloss mich trotzdem zu der Aufnahme, obwohl das Licht fast in<br />
einem Winkel von 90° von der Seite kam. Um den Vordergrund interessanter<br />
zu gestalten, nahm ich die farbigen Algen mit ins <strong>Bild</strong>. Ein Polfilter sorgte dafür,<br />
dass die unvermeidlichen Reflexionen unterdrückt wurden und ein weicher<br />
Verlaufsfilter sorgte für den Ausgleich des starken Kontrastunterschieds am<br />
Horizont. Ich belichtete das Foto anhand der korrekten Einstellungen für den<br />
Vordergrund, so dass die Berge unterbelichtet und nur als Silhouetten zu<br />
sehen sind. Die längere Belichtungszeit hatte außerdem den Effekt, das<br />
Wasser weicher erscheinen zu lassen.<br />
In der Nachbearbeitung verstärkte ich ein wenig den Kontrast, außerdem die<br />
Gelbtöne der Algen, um die dominierenden, kühlen Blautöne auszugleichen.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon 16–35mm f/2.8L USM II<br />
Belichtung: 20 Sekunden bei Blende f/16 und ISO 100<br />
.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
31
SCHAUKASTEN<br />
KOMMENTAR<br />
Früh aufzustehen und sich vor<br />
Ort einzufinden, wenn es draußen<br />
noch dunkel ist, braucht viel<br />
Selbstdisziplin. Diese<br />
atmosphärischen <strong>Bild</strong>er beweisen,<br />
dass sich die Mühe lohnt. Ich finde<br />
sie einfach hervorragend.<br />
Caroline Wilkinson<br />
Wayne Brittle<br />
Alter: 53 / Beruf: Brauereitechniker<br />
www.waynebrittlephotography.com<br />
Toskana bei Sonnenaufgang: „Ich fuhr mit einigen Freunden durch die<br />
Toskana, als sich uns plötzlich diese Aussicht bot. Mithilfe eines<br />
Sonnenkompasses fand ich heraus, dass es wahrscheinlich ein sehr guter Ort<br />
war, den Sonnenaufgang zu fotografieren. Als wir ein paar Tage später<br />
zurückkehrten, erwies es sich als schwierig, das intensive Licht mit der<br />
Landschaft auszubalancieren, selbst bei gleichzeitigem Einsatz eines 0.6NDund<br />
eines 0.9ND-Grauverlaufsfilters.<br />
Ich benutzte die herunterhängende Zweige eines Olivenbaums, um die<br />
Sonne teilweise zu verdecken und auch, um der Szene einen Rahmen zu<br />
geben. Urplötzlich passte alles zusammen, einschließlich der Mohnblumen<br />
im Vordergrund, deren Farben Gegenlicht sehr schön zur Geltung kommen.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 24–105mm f/4L IS USM<br />
Belichtung: 1/8 Sekunde bei Blende f/20 und ISO 100<br />
Morgendämmerung bei Watendlath: „Als ich in aller Herrgottsfrühe zu<br />
dieser abgelegenen Gegend in Cumbria unterwegs war, sah das Wetter nicht<br />
allzu vielversprechend aus. Doch als ich ankam, war das Wasser sehr ruhig<br />
und wirkte nahezu wie ein Spiegel.<br />
Die Boote gaben einen großartigen Vordergrund ab, doch die Szene wirkte<br />
etwas flach, weil es noch nicht hell genug war. Ich wartete, der Himmel klarte<br />
auf, und durch die Wolken fiel das Sonnenlicht und beleuchtete die Bäume<br />
am entfernt liegenden Ufer. So entstand das hier gezeigte <strong>Bild</strong>. Als ich meine<br />
Ausrüstung wieder zusammenpackte, war eine morgendliche Brise<br />
aufgekommen und die Spiegelungen im Wasser waren verschwunden, was<br />
die Szene vollständig veränderte.“<br />
Canon EOS 5D Mk III mit EF 17–40mm f/4L USM<br />
Belichtung: 1/8 Sekunde bei Blende f/16 und ISO 100<br />
Glockenblumenwald in der Morgendämmerung: „Es war dieser<br />
wunderschöne blaue Teppich von Glockenblumen, der mir auffiel, als ich<br />
nach einem Tag des <strong>Fotografie</strong>rens im Peak District wieder auf dem Heimweg<br />
war. Leider hatte ich keine Zeit mehr, doch ich wusste, ich musste hierhin<br />
zurückkehren, um dieses Motiv zu fotografieren. Ein paar Tage später<br />
herrschte geeignetes Wetter, es versprach sogar, etwas Morgennebel zu geben<br />
und ich wollte versuchen, in Richtung Osten fotografierend, die besondere<br />
Atmosphäre, die durch diese Situation entsteht, einzufangen. Der Nebel war<br />
sehr leicht und ich musste die Sonne teilweise hinter einem der Baumstämme<br />
verschwinden lassen, damit die Blendenflecke nicht überhand nahmen.”<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 24–105mm f/4L IS USM<br />
Belichtung: 1/20 Sekunde bei Blende f/11 und ISO 100<br />
32 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Raymond Salisbury<br />
Alter: 48 / Occupation: Beruf: Fotograf<br />
www.lighthousecreative.co.nz<br />
Leuchtturm: „Es war im Spätfrühling, als sich zu einem<br />
meiner bevorzugten Leuchttürme bei Castlepoint fuhr,<br />
gelegen an der Ostküste von Neuseelands nördlicher Insel.<br />
Ich benutzte einen weichen Verlaufsfilter, um den<br />
Dynamikumfang der Szene zu begrenzen. Starker Wind kam<br />
auf, und ich musste das Stativ mit beiden Händen festhalten,<br />
wobei ich einen Fernauslöser benutzte, um das Foto zu<br />
machen. Die Nachbearbeitung in Photoshop bestand nur aus<br />
Nachschärfen und Verstärken der gelben Farbtöne.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 17–40mm f/4L Objektiv.<br />
Belichtung: 1/60 Sekunde bei Blende f/11 und ISO 400.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
33
SCHAUKASTEN<br />
Anton Rothmund<br />
Alter: 36<br />
www.portraitphoto.ch<br />
Lena No 2: „Dieses <strong>Bild</strong> entstand an einem Tag mit bedecktem Himmel<br />
und besten Konditionen für Porträtfotos. Es war stark bewölkt und der<br />
Himmel verhielt sich wie eine gigantische, natürliche Softbox mit der<br />
Sonne als Lichtquelle. Ich benutzte eine weit offene Blende, um einen<br />
flachen Schärfentiefebereich zu bekommen und stellte präzise auf die<br />
Augen scharf. Ein weißer Reflektor, der das Licht von unten auf das<br />
Gesicht zurückwarf, ließ die Schatten auf dem Gesicht verschwinden<br />
und sorgte außerdem für hübsche Reflexionen des Lichts in den Augen.<br />
Bei der Nachbearbeitung retuschierte ich kleinere Hautunreinheiten<br />
und erhöhte den Kontrast der Augen; schließlich konvertierte ich das<br />
Foto in Schwarzweiß.“<br />
Nikon D4 mit Nikon AF-S 85mm f/1.4G<br />
Belichtung: 1/250 Sekunde bei Blende f/1.4 und ISO 100<br />
Maria Laura: „Ich habe das Mädchen eines Tages auf der Straße gesehen<br />
und sie einfach gefragt, ob ich sie fotografieren könne. Es war ihre erste<br />
professionelle Foto-Session, doch sie erwies sich als Naturtalent. Dieses<br />
<strong>Bild</strong> entstand an einem bewölkten Tag im Freien und ich benutzte nur<br />
das natürliche Tageslicht. Wieder hellte ein Reflektor die Schatten auf.<br />
Mir gefällt diese Arbeitstechnik denn sie führt zu sehr natürlichen<br />
aussehenden <strong>Bild</strong>ern.“<br />
Nikon D4 mit Nikon AF-S 85mm f/1.4G<br />
Belichtung 1/160 Sekunde bei Blende f/1.4 und ISO 100<br />
Tatjana No 1: „An diesem Nachmittag war das Sonnenlicht besonders<br />
intensiv, deshalb suchte ich einen schattigen Ort zum <strong>Fotografie</strong>ren.<br />
Wieder benutzte ich ausschließlich natürliches Licht, diesmal jedoch<br />
sogar ohne Reflektor. Wichtig bei solch ausdrucksstarken, intimen Fotos<br />
ist, dass das Model Ihnen vertraut. Dieses <strong>Bild</strong> bedurfte nur wenig<br />
Nachbearbeitung, bevor ich es in schwarzweiß konvertierte, um es<br />
zeitloser erscheinen zu lassen.“<br />
Nikon D3s mit Nikon AF-S 85mm f/1.4G<br />
Belichtung: 1/250 Sekunde bei Blende f/1.4 und ISO 400<br />
Tatjana No 2: „Für diese Aufnahme hatte ich ein hübsches Hotelzimmer<br />
gemietet. Ich fotografierte mit weit offener Blende, um einen attraktiven,<br />
flachen Schärfebereich zu bekommen, der zu dem High-Key-Stil des<br />
Fotos passt. Das Zimmer war hell und freundlich und ich benutzte einen<br />
großen California Sunbounce Reflektor, um die Schatten aufzuhellen.<br />
Auch dieses <strong>Bild</strong> bedurfte nur wenig Nachbearbeitung, weil Tatjana eine<br />
natürlichen schönen Teint hat.“<br />
Nikon D3s mit Nikon AF-S 85mm f/1.4G<br />
Belichtung: 1/250 Sekunde bei Blende f/1.4 und ISO 400<br />
34 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
KOMMENTAR<br />
Antons attraktive Models, sehr<br />
schönes natürliches Licht, ein<br />
Reflektor und natürlich seine<br />
ausgeprägten fotografischen<br />
Fähigkeiten sind das<br />
Geheimnis dieser<br />
großartigen Fotos.<br />
Jordan Butters<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
35
SCHAUKASTEN<br />
DIE BESTEN BILDER UNSERER LESER<br />
James Grant<br />
Alter: 25 / Beruf: IT Techniker<br />
www.jamesgphotography.co.uk<br />
Mam Tor Mist: „Diese Aufnahme entstand bei Sonnenaufgang an einem<br />
kalten Oktobermorgen. Die Bedingungen im Hope Valley waren erstklassig<br />
für die Nebelbildung. Schon am Tag zuvor war ich früh unterwegs<br />
gewesen, um einen Sonnenaufgang zu fotografieren. Ich war müde und<br />
wollte keinen langen Anmarsch absolvieren. So fand ich mich an dieser<br />
leicht zugänglichen und oft fotografierten Örtlichkeit wieder. Ich stieg<br />
etwas den Hügel hinauf, um einen erhöhten Standpunkt zu haben, baute<br />
mein Stativ auf und fotografierte mit Zeitautomatik bei Blende f/11, wobei<br />
ich einen Verlaufsfilter benutzte, um die Belichtung zwischen Vordergrund<br />
und Himmel auszubalancieren. Dieses <strong>Bild</strong> gehört zu den erfolgreichsten,<br />
die ich bisher gemacht habe.“<br />
Sony Alpha 77 mit Sony Carl Zeiss 16–80mm f/3.5–4.5<br />
Belichtung: 1/5 Sekunde bei Blende f/11 und ISO 50
SCHAUKASTEN<br />
KOMMENTAR<br />
Bellas <strong>Bild</strong>er sind einzigartig, nicht<br />
nur weil sie einen träumerischen<br />
Eindruck vermitteln, sondern auch<br />
wegen des Einsatzes der Farben. Sie<br />
hat definitiv ein Auge für Dinge,<br />
die gut zusammenpassen.<br />
Jordan Butters<br />
Bella Kotak<br />
Beruf: Architektin<br />
www.bellakotak.com<br />
Rosengeflüster: „Mein Model Rebecca und ich warteten fast eine Stunde, bevor<br />
ich mit dem Stand der Sonne am Himmel zufrieden war, so dass mir dieses <strong>Bild</strong><br />
gelang. Rebecca stellte sich zwischen die Rosen und als mir ihre Pose gefiel,<br />
brauchte ich nicht lange, um zu diesem Foto zukommen, denn Rebecca ist von<br />
Natur aus sehr ausdrucksstark. In der Nachbearbeitung retuschierte ich ihre<br />
Haut, nahm jedoch zuvor die Farbsättigung etwas zurück. Danach bedurfte es<br />
nur geringer Veränderungen an den Gradationskurven und der Farbbalance.<br />
Außerdem klonte ich noch ein paar zusätzliche Rosen ins <strong>Bild</strong>, um den<br />
Hintergrund interessanter zu machen.“<br />
Canon EOS 450D mit Canon EF 50mm f/1.4 USM<br />
Belichtung: 1/640 Sekunde bei Blende f/4.6 und ISO 400<br />
Perle am Wasser: „Dies ist das Porträt eines Mädchens namens Savannah. Ich<br />
mag es sehr, am Wasser zu fotografieren, weil seine Oberfläche so farbenfroh<br />
sein kann, dass ich es genieße, mit Photoshop an den Gradationskurven und der<br />
Farbbalance zu experimentieren. Ich schoss dieses <strong>Bild</strong> von oben, damit es ein<br />
wenig von der üblichen Perspektive abweicht. Savannah scheint entspannt zu<br />
sein. Ich nahm die Farbtönung an diesem <strong>Bild</strong> sehr sorgsam vor. Es war mir<br />
wichtig, dass die Farben ihrer Augen zu den Farben des Wassers passten, und<br />
mir gefällt es, die Farben in Photoshop selektiv zu steuern. Dazu benutze ich<br />
mehrere Ebenenmasken unterschiedlicher Deckkraft.“<br />
Canon EOS 5D Mk III mit Canon EF 24–70mm f/2.8L USM<br />
Belichtung: 1/250 Sekunde bei Blende f/3.5 und ISO 100<br />
Fee im Dschungel: „Ich machte dieses Foto am Ende eines wunderschönen<br />
warmen Sommers. Lydia Pankhurst – Freundin, Friseurin und Visagistin, mit der<br />
ich oft zusammenarbeite – und ich hatten schon mehrfach über ein<br />
farbenfrohes Porträt in einer dschungelähnlichen Umgebung gesprochen. Am<br />
Ende wählten wir ein großes Treibhaus, doch das war in gewisser Weise ein<br />
Wagnis, denn wir hatten keine Gelegenheit, die Örtlichkeit vor dem Fototermin<br />
zu besichtigen. Wir wussten also nicht, was uns erwarten würde und mein Herz<br />
machte einen Luftsprung, als ich die üppigen grünen Blätter und die<br />
farbenfrohen Blumen sah – es war eine traumhafte Kulisse. Der Himmel war<br />
bedeckt und so war das in das Treibhaus einfallende Licht hell und weich. Ich<br />
wollte auch einen weichen Hintergrund, also wählte ich eine weit offene<br />
Blende und eine hohe ISO-Empfindlichkeit.“<br />
Canon EOS 5D Mk III mit Canon EF 50mm f/1.4 USM<br />
Belichtung: 1/800 Sekunde bei Blende f/2.5 und ISO 50<br />
38 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Jon Gibbs<br />
Alter: 45 / Beruf: Fotograf und Galerist<br />
www.jon-gibbs.co.uk<br />
Glen Sligachan, Skye:„Als regelmäßiger Besucher von Skye<br />
hatte ich Glen Sligachan schon oft fotografiert, den Berg<br />
mit dem wolkenverhangenen Gipfel links im Hintergrund,<br />
doch nie war mir eine gute Aufnahme des Marsco<br />
gelungen. Dieses Mal aber bescherte mir die Dämmerung<br />
einen wunderbaren Himmel, und ich konzentrierte mich<br />
darauf, einen schönen Vordergrund zu finden, bei dem ich<br />
auch etwas Wasser aufnehmen konnte. Als ich den<br />
passenden Kamerastandort gefunden hatte, brauchte ich<br />
nur noch zu warten, bis die Wolkenformationen eine zu<br />
dem Motiv passende Hintergrundkulisse bildeten.“<br />
Canon EOS 5D Mk II and Zeiss 21mm f/2.8 Distagon T*<br />
Belichtung: 24 Sekunden bei Blende f/14 und ISO 100
SCHAUKASTEN<br />
KOMMENTAR<br />
Diese drei Landschaftsfotos sind<br />
sehr unterschiedlich, doch jedes<br />
einzelne weist eine exzellente<br />
<strong>Bild</strong>komposition und Aufnahmetechnik<br />
auf. Chris versteht es außerdem,<br />
Verlaufsfilter so einzusetzen, dass<br />
die Details am Himmel erhalten<br />
bleiben.y.<br />
Caroline Wilkinson<br />
Chris Jones<br />
Alter: 42 / Beruf: Fotograf und Grafikdesigner<br />
www.bluewaterphotography.co.uk<br />
Trevose Head Lighthouse: “„Ich hatte das Glück, ein paar Wochen in der<br />
Gegend von Padstow zu verbringen, wo ich diese Aufnahme des Trevose-<br />
Leuchtturms in Nord-Cornwall gemacht habe. Die Sonne war links im <strong>Bild</strong><br />
untergegangen und ich musste etwa 30 Minuten warten, bevor das Licht des<br />
Leuchtturms eingeschaltet wurde. Ich benutzte einen 0.9ND-Verlaufsfilter, um<br />
die Belichtung des Himmels zu korrigieren. Ich entschied mich für eine<br />
Verschlusszeit von 1 Sekunde, damit das Meer leicht verschwommen<br />
erscheinen würde. An dieser Stelle gibt es so viele <strong>Bild</strong>kompositionen zu<br />
entdecken, dass ich mit Sicherheit wiederkommen werde, wenn ich wieder in<br />
Cornwall bin. Ich denke an einen stürmischen Wintertag, das wäre fantastisch,<br />
wenn auch nicht einfach, was das <strong>Fotografie</strong>ren angeht.<br />
Nikon D800 mit NIKKOR AF-S 16–35mm f/4<br />
Belichtung: 1 Sekunde bei Blende f/9 und ISO 200<br />
Wunschbrunnen: „Dieses märchenhafte Motiv versteckt sich in der Nähe von<br />
Tintagel in Nord-Cornwall. Wir machten eine Familienwanderung durch das<br />
Waldgebiet entlang des Flussufers, als wir an diesen Wasserfall kamen.<br />
<strong>Fotografie</strong>ren ist ein bisschen schwierig hier, denn es liegt ein feiner Nebel in<br />
der Luft und man steht in mehrere Zentimeter tiefem Wasser. Ich baute mein<br />
Stativ auf ein paar Steinen auf, dadurch stand es einigermaßen stabil. Die<br />
Kamera musste ich ständig mit einem Tuch vor Spritzwasser schützen, auch<br />
das Objektiv musste nach jeder Aufnahme trocken gewischt werden. Dieses<br />
Foto besteht aus drei unterschiedlichen Aufnahmen, um die Details in den<br />
Schatten und den Lichtern abzubilden.“<br />
Nikon D800 mit NIKKOR AF-S 16–35mm f/4<br />
Belichtung: 8 Sekunden bei Blende f/8 und ISO 200<br />
Verwunschenes Schloss: „Das von Nebel umgebene Corfe Castle gehört auf<br />
die Motivliste jedes Fotografen und an diesem Morgen waren die<br />
Wetterbedingungen fantastisch. Es ist ein mystischer Ort, und ich habe das<br />
Glück, in der Nähe zu wohnen, doch das Erklettern des Hügels bringt mich<br />
jedes Mal schon ins Schwitzen, bevor ich das erste Foto gemacht habe. Ich<br />
fand einen Kamerastandpunkt, der mir gefiel, baute meine Kamera auf und<br />
wartete darauf, dass die Sonne den Nebel verdunsten lassen würde. Um den<br />
sehr hellen Bereich verdecken, an dem die Sonne durchbrach, benutzte ich<br />
einen 0.6ND- Verlaufsfilter und entschied mich für ein Hochformat, damit<br />
etwas mehr vom Himmel über dem Schloss zu sehen war.“<br />
Nikon D800 mit NIKKOR AF-S 50mm f/1.8G<br />
Belichtung: 1/15 Sekunde bei Blende f/13 und ISO 50<br />
40 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Marta Everest<br />
Alter: 41 / info@netschmiede24.de<br />
www.facebook.com/MartaEverestPhotography<br />
Landmädchen-Porträt: „Dieses Foto meiner Tochter habe ich mit<br />
nur einer einzigen Lichtquelle geschossen. Mir gefällt die Arbeit<br />
mit nur einer einzigen Leuchte, denn so kann ich <strong>Porträts</strong><br />
erzeugen, bei denen ich mit Licht und Schatten spiele, was den<br />
<strong>Bild</strong>ern einen künstlerischen Touch gibt. Bei diesem <strong>Bild</strong> habe ich<br />
einen Verlaufsfilter in Lightroom benutzt, um das Licht<br />
gleichmäßig zu verteilen und ein paar sehr dunkle Bereiche des<br />
<strong>Bild</strong>es aufzuhellen. Den Moment habe ich eingefangen, als meine<br />
Tochter Fernsehen schaute und ganz ruhig vor dem Gerät saß. Es<br />
sollte wie ein altes Porträtfoto aussehen, deswegen habe ich in<br />
Photoshop einen Mattfilter und eine Earl Grey Textur benutzt.“<br />
Nikon D7000 mit 85mm f/1.4G<br />
Belichtung: 1/160 Sekunde bei Blende f/2.8 und ISO 320
SCHAUKASTEN<br />
Krzysztof Browko<br />
Alter: 41 / Beruf: IT-Spezialist<br />
browko-photography.pl/<br />
Tal in der Toskana: „Für Landschaftsfotografen ist die Toskana ist eine<br />
paradiesische Region. Dieses <strong>Bild</strong> entstand ein paar Kilometer von Pienza, in<br />
Richtung San Quirico d’Orcia, mitten im Val di Orcia. In dieser Gegend finden Sie,<br />
wohin Sie auch schauen, ein Motiv, das es wert ist, fotografiert zu werden. Ein<br />
weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass die Sonne uns gegenüber aufging, wenn<br />
wir in Richtung Pienza schauten. In einer solchen Kulisse erwachen Fotos<br />
buchstäblich zum Leben. Ein paar Minuten nach Sonnenaufgang nimmt einem<br />
die Szenerie tatsächlich den Atem. Das Sonnenlicht beleuchtet die größeren<br />
Fragmente der Felder und macht die Umgebung durch ihren Detailreichtum<br />
hochinteressant.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 100–400mm f/4.5–5.6L IS USM<br />
Belichtung: 1/40 Sekunde bei Blende f/18 und ISO 100<br />
Ruinen: „Ende März bis Mitte April ist die beste Jahreszeit für einen Besuch in<br />
der Toskana. Dann kann man sich die Preise noch leisten und der Landstrich<br />
ist nicht von Touristen übervölkert. Um diese wellenförmigen Felder zu<br />
fotografieren, benutze ich immer ein Teleobjektiv. Eine lange Brennweite<br />
erlaubt es, interessante Fragmente des Geländes von ihrer Umgebung zu<br />
isolieren. Da ich eine hohe Schärfentiefe bevorzuge, benutze ich ein Stativ, um<br />
nicht zu verwackeln. Meistens mache ich eine Serie von drei <strong>Bild</strong>ern, jeweils<br />
mit einer Belichtungskorrektur von -1EV, 0EV und +1EV, damit ich den für die<br />
Nachbearbeitung benötigten Dynamikumfang bekomme.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 100–400mm f/4.5–5.6L IS USM<br />
Belichtung: 1/50 Sekunde bei Blende f/13 und ISO 100<br />
Strasse: „Mir gefallen interessante <strong>Bild</strong>kompositionen in der Landschaft.<br />
Dieser kleine Feldweg fiel mir auf, weil er das grüne Feld von dem<br />
gepflügten Acker auf der linken Seite im <strong>Bild</strong> trennt. Im Hintergrund sind<br />
unverkennbar wieder die wellenförmigen Felder der Toskana zu sehen.<br />
Es ist wirklich eine einzigartige Landschaft.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 100–400mm f/4.5–5.6L IS USM<br />
Belichtung: 1/4 Sekunde bei Blende f/18 und ISO 100<br />
Felder: „Die faszinierende, einzigartige Landschaft der Toskana liefert<br />
immer wieder hochinteressante <strong>Bild</strong>kompositionen. Oft kann man die<br />
Regeln der Landschaftsfotografie ignorieren – man braucht nicht immer<br />
einen dynamisch wirkenden Himmel und manchmal ist hartes direktes<br />
Licht dem weichen diffusen Licht vorzuziehen, denn es betont die<br />
wellenförmige Landschaft dieser Gegend.“<br />
Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 100–400mm f/4.5–5.6L IS USM<br />
Belichtung: 1/10 Sekunde bei Blende f/14 und ISO 100<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
43
FOTO-<br />
PRAXIS<br />
MIT EINFACHEN SCHRITTEN ZU BESSEREN BILDERN<br />
DIESE<br />
MOTIVE<br />
WARTEN<br />
AUF SIE…<br />
Haustiere: Brillante Tierporträts, ganz einfach<br />
<strong>Porträts</strong>: <strong>Bild</strong>kompositionen zum Ausprobieren
FOTO-<br />
PRAXIS<br />
HUNDE-PORTRÄTS<br />
HABEN SIE EINEN HUND, DER GERNE SPIELT? FOTOGRAFIN ELKE VOGELSANG ZEIGT IHNEN, WIE<br />
SIE EINFACHE UND DOCH CHARAKTERVOLLE STUDIOPORTRÄTS VON IHM MACHEN.<br />
KAMERA: CANON EOS 5D MK III / OBJEKTIV: CANON EF 24–70MM F/2.8 / BLITZGERÄT: ELINCHROM D-LITE 4 / SOFTWARE: LIGHTROOM/ELEMENTS<br />
BEKANNTE PROBLEME<br />
VERSCHLUSSZEIT: Beim Studioblitz müssen<br />
Sie berücksichtigen, dass die Verschlusszeit<br />
der Kamera von der Blitzsynchronzeit<br />
abhängt. Mit Verschlusszeiten zwischen 1/160<br />
und 1/250 Sekunde können Sie jedoch immer<br />
noch Bewegungsunschärfen einfangen,<br />
wenn Ihr Hund sich sehr schnell bewegt. Am<br />
besten arbeiten Sie mit einem Assistenten, der<br />
den Hund dirigiert und dessen<br />
Aufmerksamkeit auf sich zieht.<br />
DAS „MODEL“: Versuchen Sie, einen<br />
ausdrucksstarken Gesichtsausdruck des<br />
Hundes einzufangen. Wenn ein Hund<br />
gelangweilt, nervös oder ängstlich ist, wird<br />
dies auf dem <strong>Bild</strong> zu sehen sein. Gewöhnen<br />
Sie den Hund langsam an die Situation und<br />
geben Sie ihm Zeit, um die ungewohnte<br />
Umgebung zu erkunden, bevor Sie mit der<br />
Fotosession beginnen. Hunde sind<br />
neugierige Tiere. Ein gestresster, oder<br />
übermäßig aufgeregter Hund gibt kein<br />
gutes Modell ab; die Schlüssel zum Erfolg<br />
sind ruhige Atmosphäre und viel Geduld.<br />
DIE DETAILS: Hundewelpen sind fast<br />
eine Garantie für gute <strong>Bild</strong>er – wenn sie<br />
gestochen scharf sind. Oft sehe ich Fotos,<br />
auf denen der Hund eingetrocknetes<br />
Sekret in den Augenwinkeln hat. Sorgen<br />
Sie dafür, dass Augen und Fell sauber<br />
sind, bevor Sie mit den Fotos beginnen.
FOTO-<br />
PRAXIS<br />
Hundeporträts<br />
Hunde und <strong>Fotografie</strong> sind meine beiden Leidenschaften, und ich bin in der<br />
glücklichen Lage, beide kombinieren zu können. Was vor ein paar Jahren als Hobby<br />
begann, ist nun zu einem Vollzeitberuf geworden. Meine eigenen Hunde sind<br />
bereitwillige, geduldige Modelle, fremde Hunde sind leider selten gut trainiert. Doch mit<br />
Geduld und ein paar Tricks werden Sie auch von Ihrem Hund qualitativ hochwertige<br />
<strong>Porträts</strong> erzielen, ohne eine Profi-Ausrüstung zu benötigten. Ich selbst halte den Aufwand<br />
grundsätzlich so gering wie möglich: ein einfacher, grauer Hintergrund, ein<br />
Studioblitzgerät, keine Requisiten. So können Sie sich auf den Gesichtsausdruck des Tieres<br />
konzentrieren. Ich mag es wenn der Charakter eines Hundes auf dem Foto sichtbar wird.<br />
Für ein Hundeporträt brauchen Sie nicht viel Platz. Ein Wohnzimmer mit einer Wand als<br />
Hintergrund reicht aus. Mein ehemaliges Studio befand sich in einer kleinen<br />
Gartenlaube…<br />
Zum Aufbau und Test der Beleuchtung benutzen Sie ein „Double“ anstelle des Hundes.<br />
Eine in etwa der Größe des Tieres entsprechende Puppe erfüllt diesen Zweck. So verliert<br />
der Hund während des Setups der Beleuchtung nicht das Interesse an der Sache.<br />
Eine Brennweite von 85mm oder länger bei einem Vollformat-Sensor oder 50 mm<br />
beim APS-C Sensor wird Ihnen natürlich aussehende <strong>Porträts</strong> liefern. Bei <strong>Porträts</strong> von<br />
Menschen benutze ich nur selten ein Weitwinkelobjektiv, doch bei Hunden gefällt mir der<br />
witzige Gesichtsausdruck, der durch die leichte Verzerrung aufgrund der kurzen<br />
Brennweite hervorgerufen wird. Je näher Sie herangehen umso skurriler sieht das Porträt<br />
aus.<br />
100mm<br />
24mm<br />
BRENNWEITE: Die Wahl der Brennweite spielt eine entscheidende Rolle für den Gesamteindruck des<br />
Fotos. Längere Brennweiten sind vorteilhaft, um kleine Unzulänglichkeiten zu kaschieren. Kurze<br />
Brennweiten wirken bei Hunden oft attraktiver, weil die Verzerrung einen witzigen Aspekt ins <strong>Bild</strong> bringt.<br />
1<br />
SETUP: Wählen Sie einen neutralen Hintergrund und bauen Sie die Beleuchtung<br />
auf. Ich benutze eine große Puppe als Double für den Beleuchtungstest. Richten<br />
Sie die Leuchte so aus, dass der Lichtkegel schräg von oben auf die Vorderseite des<br />
Doubles fällt. Schalten Sie die Kamera in die manuelle Betriebsart und stellen Sie die<br />
Blitzsynchronisationszeit ein. Wählen Sie ISO 100, eine mittlere Blende und für den<br />
Weißabgleich die Einstellung „Blitz“. <strong>Mach</strong>en Sie ein Testfoto, um die angemessene<br />
Blitzleistung zu ermitteln.<br />
2<br />
DER HUND: Lassen Sie den Hund ins Studio und geben Sie ihm Zeit, alles zu<br />
untersuchen und zu beschnüffeln. Wenn Sie merken, dass der Hund entspannt<br />
ist, machen Sie ein paar Testaufnahmen, um festzustellen, ob er sich an das<br />
Blitzlicht gewöhnt. Das Fell des Tieres muss sauber sein. Wischen Sie außerdem<br />
eventuell vorhandenes Augensekret ab. Verabreichen Sie während all dieser<br />
Prozeduren zur Belohnung ab und zu einen Hundekuchen oder was das Tier sonst<br />
am liebsten mag. Kurz, tun Sie alles, damit sich das Tier wohlfühlt.<br />
3<br />
AUF AUGENHÖHE: Gehen Sie auf Augenhöhe. Manche Hunde setzen sich problemlos<br />
auf eine Kiste oder einen Schemel. Falls dies nicht klappt, müssen auch Sie hinunter<br />
auf alle Viere, bei kleineren Tieren vielleicht sogar auf den Bauch, um mit der Kamera auf<br />
Augenhöhe zu gelangen. Es kann passieren, dass der Hund das Interesse verliert und einen<br />
gelangweilten Gesichtsausdruck aufsetzt. Haben Sie Geduld, warten Sie ein paar Minuten<br />
und lassen Sie ihn tun, was er mag, bevor Sie ihn mit einer Leckerei wieder in Position<br />
locken.<br />
46 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
4<br />
MOTIVIEREN UND DIRIGIEREN: Halten Sie beispielsweise einen Hundekuchen direkt über<br />
das Objektiv, um die Aufmerksamkeit des Tieres darauf zu lenken. Manche Hunde reagieren<br />
auch auf Töne, versuchen Sie es mit Pfeifen oder Summen, wobei geringe Lautstärke eine bessere<br />
Wirkung hat. Hunde gewöhnen sich jedoch schnell an solche Tricks. Variieren Sie also Ihre Manöver,<br />
die Aufmerksamkeit des Tieres zu bekommen. Sie werden schnell herausfinden, was am besten<br />
funktioniert. Natürlich können Sie auch eine zweite Person bitten, in der Regel der Hundehalter, diesen<br />
Part zu übernehmen. Das hat den Vorteil, dass Sie sich besser aufs <strong>Fotografie</strong>ren konzentrieren können.
DES MENSCHEN BESTER FREUND<br />
Wenn Sie das <strong>Bild</strong> im Kasten haben,<br />
öffnen Sie es in Adobe Lightroom oder<br />
Photoshop und korrigieren Kontrast<br />
und Farbe. Im Idealfall sind <strong>Bild</strong>er unter<br />
Studiobedingungen schon perfekt,<br />
wenn Sie aus der Kamera kommen.<br />
Gegebenenfalls müssen Sie nur das eine<br />
oder andere Fellbüschel oder<br />
Augensekret herausklonen, das sich<br />
während der Session gebildet hat..<br />
Belichtung: 1/160 Sekunde bei Blende f/11 und ISO 200
FOTO-<br />
PRAXIS<br />
KAMERASTANDPUNKT<br />
Zur schnellen Änderung der<br />
Perspektive wechseln Sie den<br />
Kamerastandpunkt.<br />
Verabschieden Sie sich vom<br />
Kamerawinkel auf Augenhöhe<br />
und probieren Sie eine<br />
wesentlich höhere oder<br />
niedrigere Kameraposition.<br />
Wählen Sie außerdem einen<br />
unkonventionellen<br />
PORTRÄT-ZUSCHNITT<br />
FEHLT IHREN PORTRÄTS DAS GEWISSE ETWAS? CAROLINE SCHMIDT ZEIGT IHNEN, WIE SIE<br />
IHRE FOTOS DYNAMISCHER WERDEN, DURCH EINFACHE TRICKS BEIM BILDZUSCHNITT.<br />
KAMERA: NIKON D800 / OBJEKTIVE: NIKKOR 24–70MM F/2.8G UND NIKKOR 50MM F/1.4G
FOTO-<br />
PRAXIS<br />
WAS macht ein gutes Porträt aus? Je nach<br />
persönlichen Präferenzen, beispielsweise<br />
der Vorliebe für Augenkontakt oder<br />
High-Key-Beleuchtung, gibt es auf diese Frage viele<br />
Antworten. Ein konstanter Faktor ist jedoch die<br />
<strong>Bild</strong>komposition – ein falscher <strong>Bild</strong>ausschnitt oder<br />
eine fehlerhafte <strong>Bild</strong>komposition ruinieren ein Porträt,<br />
ganz gleich wie attraktiv das eigentliche Motiv sein<br />
mag.<br />
Als Basis für die <strong>Bild</strong>komposition haben wir die<br />
„Drittelregel“, die jeder ernsthafte Fotograf kennen<br />
muss: Um sie anzuwenden, legen sie den Fixpunkt<br />
– bei <strong>Porträts</strong> ist das oft der Augenbereich – auf einen<br />
der vier Schnittpunkte des Linienrasters. Haben Sie<br />
aber schon einmal vom „Goldenen Dreieck“ oder der<br />
„Goldenen Spirale“ gehört? Das erstere lässt sich für<br />
<strong>Porträts</strong> selten anwenden, es sei denn, der<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt enthält diagonale Linien. Die goldene<br />
Spirale hingegen kann nützlich sein, wenn sie mit<br />
einem kreativen <strong>Bild</strong>zuschnitt kombiniert wird. Es gibt<br />
sehr viele <strong>Bild</strong>ausschnitte für ein Porträt, durch die<br />
dessen Eindruck vollständig verändert werden kann:<br />
Querformat, Hochformat, eine dreiviertel Pose, ein<br />
enger, gesichtsbezogener Zuschnitt, die Liste ließe<br />
sich lange fortsetzen. Um Ihnen einige der Variationen<br />
zu demonstrieren, habe ich die zehn Jahre alte Erin<br />
Brittain fotografiert, wobei ich ein 50mm f/1.4 Objektiv<br />
und ein 24–70mm f/2.8 Objektiv benutzte, um den<br />
unterschiedlichen Einfluss von Brennweiten und<br />
Objektivtypen zu illustrieren. Manche Fotografen<br />
ziehen es vor, die prägenden <strong>Bild</strong>zuschnitte erst in der<br />
Nachbearbeitung vorzunehmen, aber ich versuche<br />
grundsätzlich, alles schon bei der Aufnahme so weit<br />
wie möglich richtig zu machen. Das ist nicht nur gute<br />
Praxis, sondern sorgt auch für bessere <strong>Bild</strong>qualität,<br />
bessere Perspektive und flachere Schärfentiefe.<br />
<strong>Bild</strong>zuschnitte in der Nachbearbeitung sollten nur zur<br />
Verbesserung der <strong>Bild</strong>komposition erfolgen, nicht zu<br />
deren grundsätzlicher Gestaltung.<br />
Ein Kopf-Schulter-Porträt ist die klassische Variante<br />
und daher immer eine sichere Option, sofern sie<br />
genug Platz um das Modell lassen. Wenn Sie das<br />
nächste Mal ein klassisches Porträt aufnehmen, gehen<br />
Sie ganz nah heran und positionieren die Augen im<br />
oberen Drittel des <strong>Bild</strong>ausschnitts. Der Kopf kann<br />
dabei teilweise abgeschnitten werden, z. B. am<br />
Haaransatz. Der Wechsel der Kamerahaltung vom<br />
Hochformat zum Querformat kann ein Motiv<br />
verbessern, lassen Sie dabei immer etwas Platz an<br />
einer Seite, um dem Blick Ihres Modells eine Richtung<br />
A<br />
B<br />
VARIATIONEN DES BILDAUSSCHNITTS: Wenn Sie das<br />
Gesicht von der Mitte (A) etwas nach außen verlegen (B) oder<br />
einen engeren <strong>Bild</strong>zuschnitt vornehmen und vom Hoch- ins<br />
Querformat wechseln, entstehen sehr unterschiedliche<br />
Variationen desselben Motivs.<br />
zu geben. Anhand der Regel der Goldenen Spirale<br />
können Sie auch ein halbes Gesicht aufnehmen,<br />
wobei die andere Hälfte abgeschnitten wird. Ich<br />
persönlich bevorzuge es, den <strong>Bild</strong>ausschnitt mit den<br />
Augen zu füllen, was bei sehr symmetrischen<br />
Gesichtern am besten funktioniert. Sie müssen die<br />
richtige Balance der <strong>Bild</strong>komposition finden. Das ist<br />
anfangs nicht leicht, doch wenn es Ihnen gelingt,<br />
entsteht ein geradezu magischer Effekt. Viel Spaß!<br />
GEEIGNETE OBJEKTIVE<br />
50mm f/1.4- oder 50mm f/1.8- Objektive sind ideal für<br />
Porträtaufnahmen. Ich benutze fast immer die 50 mm<br />
Brennweite. Manchmal jedoch verwende ich auch ein<br />
Zoom-Objektiv von 24–70mm f/2.8 oder 70–200mm<br />
f/2.8, denn die ergeben eine schmeichelhaftere<br />
Perspektive und komprimieren den Hintergrund,<br />
wodurch eine flachere Schärfentiefe erreicht wird.<br />
Diese Aufnahme entstand mit dem NIKKOR 24–70mm<br />
f/2.8G, weil ich einen engeren <strong>Bild</strong>zuschnitt wollte, das<br />
50 mm Objektiv die Gesichtszüge jedoch zu stark<br />
betont hätte. Nebenbei erlaubt ein Zoom-Objektiv eine<br />
größere Arbeitsentfernung.<br />
1<br />
2 3<br />
NÄHER HERAN<br />
1) Ein Standardporträt mit Kopf<br />
und Schultern ist brauchbar,<br />
aber nicht besonders kreativ.<br />
2) <strong>Fotografie</strong>ren Sie aus<br />
nächster Nähe und mit weit<br />
offener Blende, während der<br />
Sensor der Kamera parallel<br />
zum Gesicht ausgerichtet ist.<br />
So erhalten Sie eine attraktive<br />
Schärfentiefe.<br />
3) (Gegenüber) Der<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt muss nicht den<br />
gesamten Kopf zeigen: ein<br />
solcher <strong>Bild</strong>zuschnitt macht<br />
die Augen umso<br />
eindrucksvoller. Zoomen Sie<br />
so weit wie möglich ein, damit<br />
die Augen den <strong>Bild</strong>ausschnitt<br />
füllen.<br />
50 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
TIPPS ZUM<br />
BILDAUSSCHNITT<br />
Schneiden Sie an den Gelenken,<br />
nicht auf Gliedmaßen Wenden Sie im<br />
Zweifelsfall die Drittelregel an<br />
Nehmen Sie den <strong>Bild</strong>zuschnitt im<br />
Hinblick auf Balance und Symmetrie<br />
vor Die Stirn kann beschnitten<br />
werden Nehmen Sie die Regeln nicht<br />
zu ernst, sondern<br />
experimentieren Sie
MACH DEIN BILD<br />
Glockenblumenwald<br />
Die Zeit, wenn überall in der Natur die Farbenpracht<br />
ganzer Teppiche von Glockenblumen auftaucht,<br />
gehört zu den schönsten des Jahres. Ross Hoddinott<br />
verrät, wie Sie die besten Motive dieses Farbenspiels<br />
finden und fotografieren.<br />
Vom späten April bis Ende Mai blühen die<br />
Glockenblumen und geben Wäldern, Hecken,<br />
Flussufern und Gärten bunte Farbtupfer. Sie können<br />
in großer Zahl auftreten und sich zu einem<br />
veritablen, blau-violetten Teppich entwickeln – ein<br />
echtes Naturschauspiel! Für Fotografen gibt es in<br />
dieser Zeit kaum einen besseren Aufenthaltsort als in<br />
einem Waldgebiet mit Glockenblumen. Erfahren Sie<br />
hier, was Sie brauchen und wie Sie es anstellen, sie<br />
am besten zu fotografieren.<br />
FOTO: HELEN DIXON
GLOCKENBLUMENWALD
MACH DEIN BILD<br />
AUSRÜSTUNG: Nehmen Sie eine Auswahl von<br />
Objektiven mit, damit Sie für alle Eventualitäten gerüstet<br />
sind. Ein Weitwinkelobjektiv im Bereich von18 bis 35mm<br />
eignet sich am besten für den großen Überblick. Im<br />
Allgemeinen sind längere Brennweiten jedoch besser<br />
geeignet; ein Bereich zwischen 50 und 135mm verkürzt<br />
die Perspektive und betont Dichte, Farbe und damit den<br />
Gesamteindruck des Blumenteppichs. Längere<br />
Brennweiten eignen sich außerdem gut, um andere<br />
<strong>Bild</strong>elemente zu isolieren, beispielsweise einen Farn im<br />
Gegenlicht vor dem blauen Hintergrund der<br />
Glockenblumen. Ein Makroobjektiv oder anderes<br />
Makrozubehör ist nützlich, wenn Sie einzelne Exemplare<br />
isolieren wollen.<br />
Ein Stativ ist unerlässlich, denn die Lichtverhältnisse sind<br />
unter dem Blätterdach der Baumkronen eher schlecht.<br />
Wenn Sie aus der Hand fotografieren, riskieren Sie<br />
verwackelte Fotos. Graufilter und Verlaufsfilter sind nicht<br />
notwendig. Ein Polfilter ist jedoch nützlich, um Reflexionen<br />
vorzubeugen. Glänzende Blätter und nasse Vegetation<br />
können Spitzlichter erzeugen, die den Dynamikumfang<br />
der Kamera übersteigen. Mit dem Polfilter können Sie die<br />
natürliche Farbsättigung wiederherstellen, was ihre <strong>Bild</strong>er<br />
wesentlich eindrucksvoller macht.<br />
WANN? Glockenblumen blühen nur eine oder zwei<br />
Wochen; das Zeitfenster, das Ihnen zur Verfügung steht, ist<br />
also sehr klein. Anfang Mai ist meist die beste Zeit, doch<br />
dies hängt ab von den Temperaturen der vorhergehenden<br />
Monate. Besuchen Sie die infrage kommenden<br />
Waldgebiete regelmäßig von Mitte April an, dann können<br />
Sie den Wachstumsfortschritt der Blumen verfolgen.<br />
Früher Morgen und später Nachmittag sind die besten<br />
Zeiten für dieses Motiv. Das Sonnenlicht ist warm und<br />
weich und Sie können die durch die niedrig stehende<br />
Sonne gebildeten langen Schatten als Führungslinien<br />
benutzen. Das Licht der dazwischen liegenden Tageszeit<br />
kann hart und kontrastreich sein, was es erschwert,<br />
ausgebrannte Spitzlichter zu vermeiden.<br />
Wenn sie früh oder spät am Tag keine Zeit haben, warten<br />
Sie auf einen Tag mit bedecktem Himmel. Die<br />
Wolkendecke wirkt wie ein gigantischer Diffusor, der den<br />
Kontrast herabsetzt und es Ihnen ermöglicht, Farben und<br />
Details authentisch abzubilden. Das<br />
Belichtungsmeßsystem der Kamera sollte bei bedecktem<br />
Himmel keine Probleme haben, die korrekte Belichtung zu<br />
finden.<br />
BENUTZEN SIE EINEN FIXPUNKT: So eindrucksvoll ein<br />
mit Glockenblumen bestandenes Waldstück auch<br />
aussehen mag, Sie müssen trotzdem auf eine gute<br />
<strong>Bild</strong>komposition achten. Ein Wald ist tendenziell eine<br />
chaotische Umgebung, in der sich eine für den <strong>Bild</strong>aufbau<br />
geeignete Ordnung nicht leicht finden lässt. Halten Sie<br />
Ausschau nach einem dominierenden Fixpunkt, den Sie<br />
als Hilfsmittel für die <strong>Bild</strong>komposition benutzen können.<br />
Ein Fußweg, der sich durch den Glockenblumenteppich<br />
windet, eignet sich sehr gut, um ihren Fotos Richtung und<br />
Tiefe zu geben. Moosbewachsene Baumstümpfe,<br />
heruntergefallene Äste oder leuchtend grüne Farne sind<br />
weitere Objekte, die Sie entweder als<br />
Vordergrundelemente oder als Rahmen für ihre<br />
<strong>Bild</strong>komposition verwenden können.<br />
Nehmen Sie jedoch kein Unterholz ins <strong>Bild</strong>. Eine<br />
Ansammlung heruntergefallener Zweige oder toter<br />
Vegetation sind zu vermeiden, denn sie wirken ablenkend<br />
und mindern den Gesamteindruck Ihres <strong>Bild</strong>es.<br />
GEHEN SIE NAH HERAN: Wenn eine große<br />
Ansammlung von Glockenblumen sich vor ihnen<br />
ausbreitet, drängen sich die Benutzung des Weitwinkels<br />
und das <strong>Fotografie</strong>ren der Blumen im Kontext ihres<br />
Habitats förmlich auf. Denken Sie aber auch an einen<br />
wesentlich näher am Einzelobjekt gelegenen<br />
Kamerastandpunkt. Die Farben und die charakteristisch<br />
herabhängende Form der Glockenblumen machen sie<br />
auch für Nahaufnahmen zu einem guten Motiv. Halten Sie<br />
Ausschau nach einem Exemplar, das idealtypische<br />
Eigenschaften aufweist und das in einer Position wächst, in<br />
ROSS HODDINOTT<br />
TIPP!<br />
Passen Sie auf, wo Sie hintreten.<br />
Glockenblumen sind empfindliche<br />
Pflanzen, die es nicht mögen, wenn<br />
man auf sie tritt. Im Übrigen<br />
gehören sie in Deutschland zu den<br />
gefährdeten Arten. Verhalten Sie<br />
sich also entsprechend<br />
verantwortungsvoll.<br />
der Sie es isolieren können. Am besten geeignet ist dazu<br />
natürlich das Makroobjektiv, aber ein Nahfilter,<br />
Zwischenringe oder das lange Ende des Teleobjektivs tun<br />
es auch.<br />
Ein niedriger Kamerastandpunkt, das Objektiv parallel zur<br />
Pflanze ausgerichtet, wird normalerweise die besten <strong>Bild</strong>er<br />
liefern. Ein flacher Schärfentiefebereich nimmt die<br />
Umgebung des ausgesuchten Exemplars aus dem<br />
Schärfebereich heraus und leitet das Auge des Betrachters<br />
zum von Ihnen vorgesehenen Fixpunkt. Benutzen Sie<br />
deswegen eine relativ große Blende, etwa in der Gegend<br />
von f/5.6. Um hässliche Schatten an der Unterseite der<br />
Blumen zu vermeiden, werfen Sie etwas Licht mit einem<br />
Reflektor oder einer weißen Karte in den schattigen<br />
Bereich zurück.<br />
EIN ANDERER ANSATZ: Doch denken Sie auch an andere<br />
kreative Aufnahmetechniken und spielen Sie mit ihnen. Falls<br />
Ihre Kamera die Möglichkeit der Mehrfachbelichtung bietet,<br />
probieren Sie aus, wie Ihre Blume sich als Motiv macht,<br />
wenn Sie ein scharfes und ein unscharfes <strong>Bild</strong> von ihr<br />
aufnehmen. Der Effekt ist ähnlich dem, der entsteht, wenn<br />
Sie einen Weichzeichner verwenden und er eignet sich<br />
besonders für Szenen im Gegenlicht. Eine andere Idee<br />
könnte der Zoom-Burst sein: Ziehen Sie während der<br />
Belichtung den Zoomring der Kamera langsam in Richtung<br />
der Weitwinkeleinstellung des Objektivs auf. So entstehen<br />
surreale, aber eindrucksvollen <strong>Bild</strong>er. Auch das absichtliche<br />
Bewegen der Kamera während der Belichtung ist eine<br />
Aufnahmetechnik, mit deren Hilfe sie von Ihrem Objekt<br />
abstrahieren können. Benutzen Sie dazu eine Verschlusszeit<br />
54 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
GLOCKENBLUMENWALD<br />
Bewegung einfangen: Benutzen Sie eine<br />
lange Verschlusszeit, um die Bewegungen<br />
der Blüten und Blätter einzufangen.<br />
Gegebenenfalls ist ein Graufilter sinnvoll.<br />
von etwa einer Sekunde und Schwenken Sie die Kamera in<br />
einer einzigen fließenden Bewegung nach oben oder<br />
unten. Ein Stativ hilft dabei, die Schwenkbewegung exakt<br />
vertikal oder horizontal zu halten. Bei dieser<br />
Aufnahmetechnik werden Baumstämme kreativ<br />
verschwimmen und die Farben der Blumen werden<br />
betont.<br />
Diese Aufnahmetechniken beruhen stark auf Versuch und<br />
Irrtum. Unter Umständen brauchen Sie viele Versuche, um<br />
ein einziges zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. Die<br />
Effekte sind außerdem sehr subjektiv zu beurteilen.<br />
Entweder man mag sie, oder man mag sie nicht.<br />
Experimente haben jedoch noch nie geschadet und<br />
vielleicht sind Sie überrascht, wie gut solche Fotos wirken<br />
können.<br />
Glockenblumen sind für Schmetterlinge attraktiv,<br />
packen Sie deswegen auch ihr Makroobjektiv ein, damit<br />
sie ein paar Nahaufnahmen machen können.<br />
ROSS HODDINOTT<br />
Seien Sie kreativ: Absichtliches Bewegen der Kamera ist<br />
eine exzellente Aufnahmetechnik in der Umgebung eines<br />
farbenfrohen Waldgebiets.<br />
ROSS HODDINOTT<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
55
MACH DEIN BILD<br />
Lee Frost<br />
Kamera: Canon EOS 5D Mk III<br />
Objektiv: Canon EF 70-200mm f/4L IS USM<br />
Software: Nik Software Silver Efex Pro 2<br />
Wenn wir <strong>Landschaften</strong> fotografieren,<br />
benutzen wir Weitwinkelobjektive, um ein<br />
weiteres Gesichtsfeld zu bekommen und den<br />
Vordergrund mit interessanten <strong>Bild</strong>elementen<br />
zu füllen, die das Auge in die Szene einführen.<br />
Außerdem suchen wir uns einen Fixpunkt, um unserem Foto<br />
mehr Tiefe zu geben. Oder etwa nicht?<br />
Nun, nicht unbedingt. Eine ungeordnete <strong>Bild</strong>komposition<br />
kann verwirren, doch wenn Sie die überflüssigen Details<br />
beiseite lassen und sich auf das Wesentliche konzentrieren,<br />
werden Sie feststellen, dass wahre Meisterwerke nur wenige<br />
<strong>Bild</strong>elemente benötigen. Wenn Sie die <strong>Bild</strong>er von Fotografen<br />
wie Michael Kenna und Josef Hoflehner betrachten, werden<br />
Sie verstehen, was ich meine. Ein einzelner Baum auf einem<br />
Hügel kann unglaublich effektvoll sein, ebenso wie ein<br />
Fels in Wasser, oder ein Zaun, der sich in einer weitläufigen<br />
Winterlandschaft verliert.<br />
Um derart minimalistische Szenen zu fotografieren,<br />
brauchen Sie eine <strong>Bild</strong>komposition mit einem einzigen<br />
dominanten Element. Dann müssen Sie sich überlegen,<br />
wie Sie das am besten in Szene setzen. Der Schlüssel dazu<br />
besteht darin, den <strong>Bild</strong>ausschnitt nicht komplett auszufüllen,<br />
sondern absichtlich leeren Raum im <strong>Bild</strong> zu lassen. Neigen<br />
Sie die Kamera nach oben, so dass viel Himmel, aber nur<br />
wenig Landschaft zu sehen ist. Ein gleichmäßig bedeckter<br />
grauer Himmel, aber auch ein völlig klarer blauer Himmel<br />
ist ideal. Eine oder zwei Wolken stören auch nicht, doch<br />
viele einzelne Wolken erzeugen Unordnung – es sei<br />
denn, Sie benutzen einen zehnstufigen Verlaufsfilter, mit<br />
dem Sie die Wolken in weiche Streifen unterschiedlich<br />
abgestufter Farbtöne verwandeln. Wasser ist ein weiteres<br />
sehr gut geeignetes <strong>Bild</strong>element für minimalistische<br />
Landschaftsaufnahmen. Das ruhige Wasser von Seen und<br />
Teichen gibt einen gleichförmigen Hintergrund ab, vor dem<br />
Sie einfache Strukturen abbilden können – eine kleine Insel,<br />
ein einzelnes Boot am Steg, ein einzelner Baum nah am Ufer.<br />
Sich bewegendes Wasser, wie das Meer, kann durch eine<br />
Langzeitbelichtung „beruhigt“ werden, so dass statische<br />
<strong>Bild</strong>elemente wie Stege, Piers, Wellenbrecher und einzelne<br />
Felsen sich visuell stark abheben.<br />
Die Regeln der <strong>Fotografie</strong> besagen, wir sollen den<br />
gesamten <strong>Bild</strong>bereich nutzen und für eine dichte<br />
<strong>Bild</strong>komposition sorgen. Doch wenn Sie das tun,<br />
präsentieren Sie dem Betrachter die ganze Geschichte auf<br />
einmal. Wenn Sie jedoch leere Bereiche ins <strong>Bild</strong> nehmen<br />
und das <strong>Bild</strong> „atmen“ lassen, wecken Sie die Vorstellungskraft<br />
des Betrachters. Übrigens geben Fotos minimalistischer<br />
<strong>Landschaften</strong>, stark vergrößert, einen sehr schönen<br />
Wandschmuck ab.<br />
Minimalistische<br />
<strong>Landschaften</strong><br />
Bei Landschaftsfotos will man normalerweise möglichst viel von<br />
der Szenerie Im <strong>Bild</strong> haben. Es geht aber auch anders, denn<br />
manchmal ist weniger mehr. Lee Frost erklärt die Kunst, wie man<br />
große Leerflächen in Landschaftsfotos integriert.<br />
Umgebung erkunden Wenn Sie eine passende<br />
1Szene gefunden haben, überlegen Sie sich die<br />
möglichen <strong>Bild</strong>kompositionen und entscheiden sich<br />
für eine, die Ihren Vorstellungen am nächsten kommt.<br />
Ich arbeite dabei immer ohne Stativ, denn das spart<br />
Zeit. Ich wollte einen einzelnen Baum finden, den ich<br />
aus relativ kurzer Entfernung fotografieren wollte,<br />
doch dann entdeckte ich in einiger Entfernung diese<br />
Baumreihe und wählte stattdessen mein Telezoom.<br />
Setup Ich benutze fast immer ein Stativ,<br />
2wenn ich Landschaftsaufnahmen mache,<br />
denn es erleichtert die Feinarbeit an der<br />
<strong>Bild</strong>komposition und ich brauche mir ums<br />
Verwackeln keine Sorgen zu machen. In<br />
diesem Fall benutzte ich ein 70–200mm<br />
Zoom bei windigem Wetter, wodurch das<br />
Stativ sich erst recht als sehr nützlich erwies.<br />
Ausgelöst habe ich per Fernauslöser.<br />
Erste Aufnahmet Dies ist die Baumreihe, die ich ins Auge<br />
3gefasst hatte. Ich wählte die kürzeste Brennweite von<br />
70mm, denn damit hatte ich die ganze Reihe im <strong>Bild</strong> und<br />
dazu viel Himmel oberhalb davon. Es ist ein recht<br />
annehmbares <strong>Bild</strong> geworden und ich kann noch sehr viel<br />
Dramatik in den Himmel hinein bringen. Doch fällt das <strong>Bild</strong><br />
in die Kategorie „minimalistische Landschaft“? Eher nicht,<br />
denn es sind schlicht zu viele Bäume. Ich habe das <strong>Bild</strong> aber<br />
trotzdem behalten, denn mir gefällt die <strong>Bild</strong>komposition.<br />
56 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
MINIMALISTISCHE LANDSCHAFTEN<br />
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Eine einfache, trotzdem künstlerisch aufgenommene<br />
Landschaft. Die große, freie Fläche des Himmels gibt<br />
dem <strong>Bild</strong> seine Wirkung.<br />
Belichtung: 1/30 Sekunde bei Blende f/14 und ISO 100<br />
Zehnstufiger Graufilter oder nicht?<br />
Beim <strong>Fotografie</strong>ren minimalistischer<br />
<strong>Landschaften</strong> kann ein zehnstufiger<br />
Graufilter dafür sorgen, dass Bewegung in<br />
der Landschaft abgebildet wird, denn er<br />
bewirkt Verschlusszeiten von mehreren<br />
Minuten und länger. Ein mit vielen einzelnen<br />
Wolken bedeckter Himmel wird<br />
„aufgeräumt“, weil die Wolken als ineinander<br />
fließende Streifen abgebildet werden. Auch<br />
Wasser kann „beruhigt“ werden, wenn Sie<br />
eine Verschlusszeit zwischen einer und drei<br />
Minuten benutzen. Greifen Sie jedoch nicht<br />
automatisch zum zehnstufigen Graufilter,<br />
machen Sie sich vielmehr klar, was genau<br />
Sie erreichen wollen und entscheiden dann,<br />
ob der Graufilter den gewünschten Effekt<br />
erzeugt würde, oder nicht.<br />
Die Fotos unten veranschaulichen dies. Ich<br />
nahm an, der Himmel in dieser Szene würde<br />
per Graufilter verbessert werden, weil ich die<br />
Bewegung der Wolken am Himmel sehen<br />
konnte. Doch als ich die Raw-Dateien<br />
bearbeitete, sah ich, dass der beabsichtigte<br />
Streifeneffekt überhaupt nicht eingetreten<br />
war, vielmehr war der gesamte Himmel<br />
nahezu homogen geworden. Auch das<br />
sieht nicht schlecht aus, es war aber nicht<br />
das, was ich erreichen wollte.<br />
Himmel mit 90 Sekunden<br />
Verschlusszeit<br />
Himmel mit 1/200 Sekunde<br />
Verschlusszeit<br />
<strong>Bild</strong>komposition vereinfachen Wenn ich in die<br />
4Szene hineinzoome, kann ich einige wenige<br />
Bäume vor dem Himmel isolieren. Die Aufnahme<br />
sieht gut aus im Vollformat, würde aber im<br />
quadratischen Zuschnitt auch wirken. Der<br />
ausgewaschene Himmel gefällt mir allerdings<br />
weniger. Jetzt ist es zwar eine minimalistische<br />
Landschaftsaufnahme, doch für meinen<br />
Geschmack ein wenig zu minimalistisch.<br />
Verlaufsfilter benutzen Ein weicher Verlaufsfilter<br />
5der Stärke 0.9ND dunkelt den Himmel stark ab<br />
und gibt dem <strong>Bild</strong> eine bessere Atmosphäre. Der<br />
Verlaufsfilter war zu 3/4 nach unten in den Halter<br />
geschoben, so dass er den Himmel bis hinunter zu<br />
den Baumwipfeln abdunkelte. Auf diese Weise ist<br />
der <strong>Bild</strong>bereich der Baumreihe nicht durch den<br />
Filtereffekt betroffen und mir gefällt das helle Band,<br />
das dadurch im <strong>Bild</strong> erzeugt wird.<br />
In Schwarzweiß konvertieren Ich öffnete<br />
6das <strong>Bild</strong> in Silver Efex Pro und<br />
konvertierte es in Schwarzweiß. Ich<br />
verstärkte den Kontrast, um den Himmel<br />
noch weiter abzudunkeln. Dieses <strong>Bild</strong> zeigt<br />
definitiv eine minimalistische Landschaft.<br />
Ich habe an diesem Tag jedoch noch viel<br />
mehr Fotos gemacht und ich denke, es<br />
wird noch ein besseres darunter sein...<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
57
MACH DEIN BILD<br />
Wellenbewegung<br />
Helen Dixon besuchte den Porthcurno-Beach in<br />
Cornwall, um herauszufinden, wie man<br />
impressionistische <strong>Bild</strong>er an der Küste macht.<br />
Helen Dixon<br />
Kamera: Nikon D800E<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 70-200mm f/4G ED VR<br />
Eine Küste bietet dem Fotografen jede Menge <strong>Bild</strong>material.<br />
Frühmorgens können Sie erleben, wie die Sonne den Tag zum<br />
Leben erweckt, abends können Sie die letzten Sonnenstrahlen im<br />
Meer verschwinden sehen. An einem sonnigen Tag können Sie<br />
sommerliche Familienporträts fotografieren, bei bedecktem<br />
Himmel können Sie abstrakte Felsenkunst aufnehmen – kurz, die Zahl der<br />
Motive ist endlos, und das ist auch der Grund, warum sich so viele Fotografen<br />
an der Küste tummeln.<br />
Die Aufnahmetechnik, die ich Ihnen hier vorstellen möchte, bewegt sich<br />
etwas außerhalb der konventionellen <strong>Fotografie</strong> – falls es die überhaupt<br />
gibt – und durchbricht einige Konventionen, die in der Landschaftsfotografie<br />
üblicherweise gelten. Die mit dieser Technik erzielten Aufnahmen ähneln in<br />
gewisser Weise der impressionistischen Malerei, denn sie sind etwas abstrakt,<br />
enthalten Bewegung, und die brechenden Wellen wirken wie mit feinen<br />
Pinselstrichen gemalt. Sie müssen etwas experimentieren, denn hier bietet<br />
sich die Gelegenheit zu großartigen, abstrakten Fotos. Hohe Wellen sind der<br />
Schlüssel zum Erfolg dieser Aufnahmetechnik, warten Sie also einen Tag mit<br />
entsprechendem Wetter ab. Wenn viele Surfer draußen auf dem Wasser sind,<br />
herrschen mit Sicherheit die richtigen Bedingungen.<br />
Als Ausrüstung brauchen Sie nicht viel: nur Ihre Kamera und das Stativ, dazu<br />
ein paar Graufilter, die trotz der Helligkeit des Tages lange Verschlusszeiten<br />
erlauben. Falls Sie keinen Graufilter haben, tut es auch ein Polfilter, der den<br />
Lichteinfall bereits um zwei Blendenstufen reduziert. Kombiniert mit einer<br />
kleinen Blendenöffnung, sind damit lange Verschlusszeiten möglich.<br />
AUSRÜSTUNG:<br />
Graufilter gibt es in<br />
verschiedenen Stärken,<br />
von denen abhängt, wie<br />
viel Licht durchgelassen<br />
wird. Hersteller wie<br />
Cokin, Lee Filters und<br />
Hitech liefern Graufilter<br />
von höchster Qualität; es<br />
gibt jedoch Discount-<br />
Anbieter für das kleine<br />
Budget, die Filter von<br />
ordentlicher Qualität<br />
anbieten.<br />
Wellen beobachten Suchen Sie sich einen Küstenstrich, an dem Sie möglichst<br />
1zwei oder drei Wellenformationen gleichzeitig aufnehmen können und nehmen<br />
Sie sich die Zeit, herauszufinden, wo sich die Wellen brechen. Achten Sie auf die<br />
Windrichtung, idealerweise bläst er in Richtung Meer, falls nicht, werden Sie sich<br />
darauf einrichten müssen, ständig das Objektiv oder den Filter trocken zu wischen.<br />
<strong>Bild</strong>komposition Montieren Sie die mit dem Teleobjektiv versehene Kamera<br />
2auf das Stativ und zoomen Sie auf die Wellen ein – dank Teleobjektiv sind Sie<br />
in sicherer Entfernung und bekommen keine nassen Füße. Überprüfen Sie Ihre<br />
<strong>Bild</strong>komposition. Die sich brechenden Wellen sollten die Horizontlinie<br />
verdecken.<br />
58 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Belichtung: 0,6 Sekunden bei Blende f/20 und ISO 64<br />
Einstellungen Schalten Sie die Kamera<br />
3auf Blendenautomatik und wählen<br />
Sie eine Verschlusszeit zwischen 0,3 und<br />
0,8 Sekunden, je nach Größe und Wucht<br />
der ankommenden Wellen. Die<br />
Bewegung des Wassers sollte so<br />
eingefangen werden, dass die<br />
Oberflächenstruktur erkennbar bleibt.<br />
Nutzen Sie den Autofokus, um auf eine<br />
brechende Welle scharf zu stellen, bevor<br />
Sie die Schärfeeinstellung auf „manuell“<br />
schalten.<br />
Filter Ist Ihr <strong>Bild</strong><br />
4überbelichtet, müssen Sie<br />
Abblenden oder einen Graufilter<br />
benutzen – ggf. auch beides. In<br />
meinem Fall war es ein sehr<br />
heller Tag, also stellte ich den<br />
geringsten ISO-Wert ein, wählte<br />
Blende f/20 und montierte 2<br />
Graufilter der Stärken 0.6ND und<br />
0.9ND. Die Filter sorgten für eine<br />
Abblendung von weiteren 5<br />
Blendenstufen.<br />
Timing Beobachten Sie die Wellen eine Weile, bis Sie genau wissen, in welchem<br />
5Moment sie brechen. Drücken Sie den Auslöser, wenn der Wellenkamm zu<br />
kippen beginnt; meine Reaktion kam in diesem Fall einen Sekundenbruchteil zu<br />
spät. Sie werden einige Versuche brauchen, bis Sie die ideale Konstellation aller<br />
Umstände in einem <strong>Bild</strong> einfangen können. Es ist wie bei allen Fotomotiven:<br />
Geduld zahlt sich immer aus.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
59
MACH DEIN BILD<br />
Kunst mit Blumen<br />
Farbiger Karton, Tageslicht und ein paar Blüten – mehr brauchen<br />
Sie nicht, um attraktive Stillleben mit Blumen zu kreieren.<br />
Lee Frost<br />
Kamera: Canon EOS 5D Mk III<br />
Objektiv: Canon EF 50mm f/1.8 II<br />
Schlechtes Wetter gibt es oft genug auch im<br />
Sommer, doch das muss nicht bedeuten,<br />
dass wir nicht fotografieren. Die Motive<br />
werden andere sein, natürlich, doch gerade<br />
hier liegt die Chance, Ihre kreative Energie<br />
einzusetzen, indem Sie ein wenig mit der Stillleben-<br />
<strong>Fotografie</strong> experimentieren.<br />
Zugegeben, Stillleben gehören nicht zu den einfachsten<br />
Motiven in der <strong>Fotografie</strong>, hauptsächlich deswegen, weil<br />
sie jeden einzelnen Schritt des Prozesses steuern müssen,<br />
von der Auswahl der Requisiten und des Hintergrunds bis<br />
zum Arrangement des Motivs, der <strong>Bild</strong>komposition und<br />
der Beleuchtung. Doch wenn Sie sich ein klares Ziel setzen<br />
und die Dinge so einfach wie möglich halten, gibt es keinen<br />
Grund, warum nicht auch Ihnen großartige Stilllebenfotos<br />
gelingen sollten. Schließlich sind Sie kein blutiger Anfänger<br />
mehr, sonst hätten sie jetzt nicht dieses Magazin in der<br />
Hand.<br />
Blumen sind immer dankbare Objekte. Sie sind bunt,<br />
kommen in allen Formen und Größen vor und sind auch im<br />
örtlichen Supermarkt in genügender Auswahl erhältlich.<br />
So kam ich eines verregneten Nachmittags mit<br />
ein paar Tulpensträußen und ein paar Bögen bunten<br />
Kartons unterm Arm nach Hause. Ich wollte ein<br />
Stillleben produzieren, das ohne künstliche Beleuchtung<br />
aufgenommen werden sollte und es sollte anspruchsvoll<br />
und qualitativ gut genug sein, um es mir an die Wand zu<br />
hängen.<br />
Zunächst hatte ich keine genaue Vorstellung, was<br />
ich zu erreichen versuchen wollte und so ließen denn<br />
meine ersten Versuche sehr viel zu wünschen übrig. Doch<br />
wenn man erst einmal mit einem solchen kleinen Projekt<br />
begonnen hat, ist es immer wieder überraschend, wie sich<br />
die Dinge entwickeln. Wenn das erste gute Foto im Kasten<br />
ist, folgen ihm noch etliche andere nach. Es empfiehlt sich,<br />
sich nicht nur vorzustellen, wie Sie das Motiv für die Kamera<br />
arrangieren können, sondern auch darüber nachzudenken,<br />
was damit später während der Nachbearbeitung<br />
geschehen könnte. Dies berücksichtigend, kommen Sie<br />
zu anderen Ansätzen bei der <strong>Bild</strong>komposition und der<br />
Beleuchtung. Ein großer Vorteil des <strong>Fotografie</strong>rens von<br />
Stillleben besteht darin, dass Sie ein paar Aufnahmen<br />
machen können, die Dateien bearbeiten und anschließend<br />
zu Ihrem Motiv zurückkehren und gezielte Verbesserungen<br />
vornehmen können.<br />
Diese Aufnahmen entstanden auf dem Fußboden<br />
des Esszimmers. Ich hatte störende Möbel beiseite<br />
geschoben und mein Setup befand sich direkt an der<br />
Terrassentür, durch die weiches Tageslicht hereinfiel, das<br />
mir ausreichende Beleuchtung lieferte.<br />
Requisiten Ich hatte rote und weiße Tulpen<br />
1 gewählt, um sowohl farbenfrohe als auch<br />
subtilere Motive zusammenzustellen. Auch die<br />
Wahl der Farben der als Hintergrund<br />
dienenden Kartonbögen hatte ich<br />
entsprechend getroffen: Blau, Grün und Violett<br />
als leuchtende Farben sowie Weiß und Creme<br />
als gedecktere Töne.<br />
Setup Montieren Sie die Kamera auf ein Stativ<br />
2 und schließen Sie einen Fernauslöser an. Ein<br />
Standard-Zoomobjektiv oder 50mm-<br />
Normalobjektiv sind gleichermaßen geeignet.<br />
Eventuell brauchen Sie einen Reflektor, um<br />
Schatten aufzuhellen. Schalten Sie die Kamera<br />
auf Zeitautomatik und wählen Sie Blende f/8<br />
oder f/11.<br />
Erste Aufnahme Falls Sie sich zu Beginn<br />
3 noch nicht im Klaren sind, wie das<br />
endgültige Foto aussehen soll, ordnen Sie<br />
die Blüten vorsichtig und auf<br />
unterschiedliche Weise an, ohne sie zu<br />
beschädigen. Probieren Sie verschiedene<br />
Farbkombinationen aus; mein erster<br />
Versuch sah noch etwas langweilig aus…<br />
<strong>Bild</strong>komposition variieren Probieren Sie verschiedene<br />
4 <strong>Bild</strong>kompositionen und Hintergrundfarben aus. Rot<br />
kontrastiert stark mit Blau und Grün, während weiße<br />
Tulpen auf dem cremefarbenen Hintergrund einen völlig<br />
anderen Effekt hervorrufen. Das von einem bedeckten<br />
Himmel erzeugte Tageslicht liefert die perfekte<br />
Beleuchtung und ein Reflektor gegenüber dem Fenster<br />
verteilt das Licht gleichmäßig im Bereich des Motivs.<br />
Nachbearbeitung Sie können die Farben im<br />
5 wesentlichen so lassen wie sie sind, doch wenn Sie<br />
ein Programm wie Nik Colour Efex Pro, Silver Efex Pro<br />
oder Analogue Efex Pro haben, lohnt es sich, einige<br />
der vordefinierten Einstellungen zu testen und<br />
festzustellen, ob Ihr Motiv dadurch attraktiver wird. Sie<br />
können beispielsweise eine Rahmen hinzufügen oder<br />
es in Schwarzweiß konvertieren.<br />
60 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Mein Foto erhielt den letzten Schliff<br />
durch den „Wet Plate Effect“ der<br />
Software Analog Efex Pro von Nik.<br />
Belichtung: 1 Sekunde bei Blende f/11<br />
<strong>Fotografie</strong>ren mit dem Smartphone<br />
Wie wäre es mit einem Schnellschuss?<br />
Lassen Sie die DSLR zu Hause und greifen Sie zu<br />
Ihrem Smartphone. Heutzutage gibt es hunderte<br />
Foto-Apps, mit denen sich Stillleben-Motive<br />
hervorragend realisieren lassen. Sie funktionieren<br />
so schnell, einfach und effizient, dass ich mich<br />
manchmal frage, warum ich mich mit der<br />
klobigen DSLR abgebe. „Hipstamatic“ gehört zu<br />
meinen bevorzugten iPhone-Apps, doch ich<br />
benutze auch „Snapseed“. Damit kann ich mit den<br />
<strong>Bild</strong>ern herumspielen, die ich mit der iPhone<br />
Kamera aufgenommen habe, und kreative Effekte<br />
hinzufügen, ohne mich an den Computer zu<br />
setzen – alles auf dem Smartphone!<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
61
MACH DEIN BILD<br />
Abgehoben – Illusion des Schwebens<br />
Paradoxe <strong>Bild</strong>er, die die Realität in Frage stellen, sind einfacher zu kreieren als man allgemein annimmt. Dani Diamond<br />
plaudert über die Tricks, mit denen solche <strong>Bild</strong>er entstehen, hier am Beispiel des freien Schwebens im Raum.<br />
Dani Diamond<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 16-35mm f/4G<br />
Software: Photoshop CS6<br />
Als ich das erste Mal das Foto eines<br />
schwebenden Menschen sah, habe ich es<br />
minutenlang voller Erstaunen angestarrt. Wir<br />
war völlig unklar, wie das <strong>Bild</strong> entstanden<br />
war, doch es erzählte eine faszinierende<br />
Geschichte, surreal, magisch und inspirierend. Ich musste<br />
unbedingt herausfinden, wie man so etwas fertig bringt, um<br />
es selbst zu probieren.<br />
Seit der Erfindung der <strong>Fotografie</strong> haben Fotografen<br />
immer Wege gefunden, die Realität zu leicht zu korrigieren,<br />
stark abzuändern und sogar eigene Realitäten zu schaffen.<br />
Schwebeeffekte sind in der konzeptuellen und in der<br />
Werbefotografie sehr populär und wenn Sie richtig<br />
eingesetzt werden, erzeugen sie beim Betrachter eine<br />
kaum stillbare Neugier.<br />
Interessant am Schwebeeffekt ist, dass er der<br />
menschlichen Erfahrung extrem zuwiderläuft und dass<br />
deswegen der Rest des <strong>Bild</strong>es, was die <strong>Bild</strong>komposition<br />
betrifft, kaum noch eine Rolle spielt. Wenn Sie diese<br />
Aufnahmetechnik in einer Alltagsszene verwenden, dürfen<br />
Sie sicher sein, ein <strong>Bild</strong> zu erzeugen, das den Betrachter<br />
so schnell nicht wieder loslässt. Wie aber funktioniert das?<br />
Seile? Aufwändige Bühnentechnik? Oder wird hier einfach<br />
eine fallende Person kurz vor dem Aufprall auf den Boden<br />
fotografiert? Nichts von alledem – alles was es braucht, sind<br />
ein bisschen Vorstellungskraft, Planung und grundlegende<br />
Fähigkeiten der <strong>Bild</strong>bearbeitung. Der Trick besteht darin,<br />
zwei <strong>Bild</strong>er derselben Szene zusammenzuführen – eines<br />
mit der „schwebenden“ Person und eines ohne die Person.<br />
Aus jedem der beiden <strong>Bild</strong>er werden entscheidende<br />
<strong>Bild</strong>elemente herausretuschiert, so dass der Betrachter<br />
nicht die tatsächliche Szene zu sehen bekommt. Besorgen<br />
Sie sich also das richtige „Medium“ und die erforderlichen<br />
Requisiten, und auch Sie werden die Schwerkraft<br />
Setup Um das Ganze möglichst einfach zu halten, empfehle ich Ihnen, ausschließlich<br />
1mit Umgebungslicht zu arbeiten. So treten die wenigsten Probleme mit<br />
unerwünschten Schatten und wetterbedingten Änderungen der Lichtverhältnisse auf.<br />
Während die Kamera auf einem stabilen Stativ sitzt, lassen Sie in der <strong>Bild</strong>komposition<br />
genug Raum um ihr „Medium“, damit der Schwebeeffekt optimal zur Geltung kommt.<br />
Ein tiefer Kamerawinkel kann den Effekt noch betonen.<br />
2<br />
Das Model positionieren Ihr Medium ist über einen Stuhl drapiert, der für den<br />
nötigen Abstand zum Boden sorgt. Die Pose des Models muss so natürlich<br />
wie möglich aussehen, sonst leidet der Effekt stark. Haar und Kleidung müssen<br />
das Model scheinbar umfließen, sorgen Sie also dafür, dass die Konturen des<br />
Stuhls nicht in der Kleidung erkennbar sind. Ich habe zusätzlich eine kleine Kiste<br />
benutzt, auf der das Model einen Fuß abstützen konnte.<br />
Kameraeinstellungen Wählen Sie die Zeitautomatik und einen dem Licht<br />
3angemessenen Weißabgleich. Stellen Sie scharf, verriegeln diese Einstellung und<br />
machen eine Testaufnahme. <strong>Fotografie</strong>ren Sie unterschiedliche Posen Ihres Models<br />
und wählen Sie die am besten gelungene aus. Ihr „Medium“ kann nun entlassen<br />
werden. Notieren Sie die Kameraeinstellungen und entfernen Sie die benutzten<br />
Requisiten. Nun haben Sie eine leere Szene vor sich.<br />
Die leere Szene fotografieren Ohne die Kamera zu bewegen,<br />
4schalten Sie in die manuelle Betriebsart, nehmen die notierten<br />
Kameraeinstellungen vor und fotografieren die leere Szene.<br />
Entscheidend ist, dass Lichtverhältnisse, Belichtung und<br />
Weißabgleich exakt dem Foto entsprechen, auf dem das schwebende<br />
„Medium“ aufgenommen wurde.<br />
62 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
SCHWEBENDES PORTRÄT<br />
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Noch etwas Feinarbeit,<br />
und es ist vollbracht –<br />
eine klassische<br />
Fotoillusion in nur<br />
wenigen Minuten.<br />
<strong>Bild</strong>er kombinieren Importieren Sie beide <strong>Bild</strong>er in Photoshop. Zuerst öffnen<br />
5Sie das „Medium-<strong>Bild</strong>“, gehen auf „Auswählen > Alles auswählen“ und<br />
anschließend auf „Bearbeiten > Kopieren“. Dann öffnen Sie das <strong>Bild</strong> mit der leeren<br />
Szene und wählen „Bearbeiten > Einfügen“, um das <strong>Bild</strong> mit dem „Medium“<br />
darüber zu legen. Dann wählen Sie „Ebene > Ebenenmaske > Alle einblenden“,<br />
um der Medium-Ebene eine Ebenenmaske hinzuzufügen.<br />
Den Stuhl wegretuschieren Wählen Sie das Pinselwerkzeug mit Schwarz als<br />
6Vordergrundfarbe und übermalen Sie die Maske, um den Stuhl zu entfernen.<br />
Benutzen Sie das Zoom-Werkzeug und bearbeiten Sie mit einem harten Pinsel die<br />
Kanten des Mediums. Anschließend nutzen Sie einen weichen Pinsel mit<br />
geringerer Deckkraft, um Schatten des Haars am Boden zu entfernen. Solche<br />
Kleinigkeiten sind entscheidend für die Illusion.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
63
MACH DEIN BILD<br />
SCHLAFENDE BABYS<br />
Babys im Schlaf<br />
Caroline Schmidt zeigt Ihnen, wie Sie die Kleinsten ins richtige<br />
Licht setzen – mit Einfallsreichtum und dem Licht eines<br />
Smartphones…
MACH DEIN BILD<br />
SCHLAFENDE BABYS<br />
Caroline Schmidt<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv: NIKKOR 50mm f/1.8<br />
Zubehör: Apple iPhone oder iPad<br />
Sind Sie bereit für eine verdeckte<br />
Operation? Sie müssen sich<br />
einschleichen und eine ruhige Hand<br />
haben, doch die Fotos sind es wert.<br />
Babys sind selten leise und entspannt,<br />
doch wenn Sie abends endlich schlafen, lassen ihre<br />
engelsgleichen Gesichter auch den chaotischsten<br />
Tag der Eltern vergessen.<br />
Wenn Sie sie in den ersten Stunden ihres<br />
Nachtschlafs fotografieren, wenn der Schlaf<br />
am tiefsten ist, sind Sie auf der sicheren Seite,<br />
denn Sie können sie recht einfach wieder in den<br />
Schlaf lullen, falls sie durch ihre Aktionen mit<br />
der Kamera aufwachen sollten. Falls ihr Baby in<br />
einem Gitterbett schläft, können die Aufnahmen<br />
schwieriger werden, weil die Stäbe eventuell im<br />
Weg sind, doch hier ist Ihre Kreativität gefordert.<br />
Wenn Sie ein helleres <strong>Bild</strong> bevorzugen, versuchen<br />
Sie, Ihr Baby während einem der auch tagsüber<br />
gehaltenen Schläfchen im Licht eines großen<br />
Fensters abzubilden. Die Aufnahmetechnik, die ich<br />
Ihnen hier vorstellen möchte, funktioniert jedoch<br />
am besten im Dunkeln. Ihr Smartphone oder iPad<br />
wird die einzige Lichtquelle sein.<br />
Benutzen Sie kein Blitzgerät, denn der Lichtblitz<br />
ruiniert unweigerlich die gewünschte Atmosphäre<br />
des <strong>Bild</strong>es, außerdem ist die Gefahr sehr hoch, dass<br />
ihr Baby aufwachen wird. Das konstante Licht einer<br />
Tischlampe könnte zwar funktionieren, doch Sie<br />
können deren Helligkeit in der Regel nicht steuern<br />
und Sie müssten in der Nähe einer Steckdose sein.<br />
SETUP: Der Einsatz eines Stativs wäre die beste<br />
Lösung, doch nur dann, wenn Sie es extrem leise<br />
aufbauen und bewegen können. Andernfalls<br />
halten Sie sich eisern an die Reziprok-Regel –<br />
keine kürzere Verschlusszeit als der Wert der<br />
Objektivbrennweite, bei einem 50mm-Objektiv<br />
beträgt die kürzeste Verschlusszeit demnach1/50<br />
Sekunde. Richten Sie Ihre Lichtquelle in einem<br />
Winkel von 45° auf das Gesicht, damit Schatten<br />
unter den Augen vermieden werden. Die Stärke<br />
des Lichts eines Smartphones lässt sich regulieren.<br />
Erinnern Sie sich: je kleiner eine Lichtquelle ist und<br />
je näher sie sich am Motiv befindet, umso stärker<br />
der Lichtabfall auf dem Motiv und umso höher der<br />
Kontrast.<br />
BELICHTUNG UND SCHÄRFE: Wählen Sie die<br />
Zeitautomatik und die größte verfügbare Blende,<br />
denn Sie brauchen alles Licht, das vorhanden<br />
ist. Setzen Sie den ISO-Wert so weit herauf,<br />
dass sie eine Verschlusszeit erreichen, mit der<br />
Sie verwacklungsfrei aus der Hand schießen<br />
können. Das mag ein wenig <strong>Bild</strong>rauschen<br />
erzeugen, doch diese Art Fotos sind gut zur<br />
Schwarzweiß-Konvertierung geeignet. Stellen Sie<br />
per Einzelpunkt-Autofokus auf die Augenwimpern<br />
scharf. Falls Ihre Kamera aufgrund der schlechten<br />
Lichtverhältnissen nicht scharfstellen kann, richten<br />
Sie Ihre Lichtquelle auf den Schärfepunkt, oder<br />
stellen Sie die Schärfe manuell ein.<br />
Checkliste<br />
Ruhe Schalten Sie möglichst alle Geräusche aus<br />
Planen: Die Bekleidung des Babys sollte in neutralen<br />
Farben sein, die nicht vom Gesicht ablenken.<br />
Licht: Benutzen Sie eine App wie Softbox Pro oder<br />
eine weiße Internetseite, um eine möglichst helle<br />
Lichtquelle zu erzeugen.<br />
Keine Modifikationen: Versuchen Sie nicht, den<br />
Schnuller oder Spielzeug zu entfernen, sonst könnte das<br />
Baby aufwachen.<br />
Ideen zum Ausprobieren<br />
1) Bett einbeziehen: Treten Sie<br />
etwas vom Bett zurück und platzieren<br />
Sie ein iPad im Winkel von 45° zum<br />
Gesicht des Babys, natürlich außerhalb<br />
des <strong>Bild</strong>ausschnitts. Die Distanz und<br />
im Vergleich zum Smartphone<br />
größere Lichtquelle bewirken einen<br />
größeren Lichtkegel mit weicherem<br />
Helligkeitsabfall. Stellen Sie mit der<br />
größten Blende auf die Augen scharf,<br />
sodass die Gitterstäbe verschwimmen.<br />
Kameraposition wechseln:<br />
Probieren Sie unterschiedliche<br />
Kamerapositionen aus, um den besten<br />
Winkel herauszufinden. Dies kann<br />
problematisch sein, wenn es sich um<br />
ein Gitterbett handelt, doch mit der<br />
größten Blende kann es funktionieren.<br />
2) Gehen Sie auf Augenhöhe und<br />
fotografieren Sie das Gesicht direkt,<br />
wobei die geschlossenen Augenlieder<br />
sichtbar sein müssen.<br />
3) Nutzen Sie die Gitterstäbe als<br />
Führungslinien, während Sie<br />
mindestens Blende f/2.8 eingestellt<br />
haben.<br />
4) Positionieren Sie die Kamera ganz<br />
vorsichtig innerhalb des Gitterbetts.<br />
1<br />
3<br />
2<br />
4<br />
66 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Die Aufnahme des Babygesichts in weichem Licht ist eine<br />
der schönsten Erinnerungen an diesen wunderbar<br />
friedlichen Moment.<br />
EBelichtung: 1/40 Sekunde bei Blende f/1.4 und ISO 1000
MACH DEIN BILD<br />
Verkehrsspuren<br />
Geben Sie Ihren nächtlichen Aufnahmen in der Großstadt<br />
mehr Dynamik, indem Sie die Leuchtspuren des<br />
Fahrzeugverkehrs ins <strong>Bild</strong> nehmen. Dabei entstehen großartige<br />
Fotos, und es ist einfacher als Sie denken. Lee Frost zeigt Ihnen,<br />
wie es geht.
VERKEHRSSPUREN
MACH DEIN BILD<br />
VERKEHRSSPUREN<br />
Lee Frost<br />
Kamera: Canon EOS 5D Mk III<br />
Objektiv: Canon EF 17-40mm f/4L USM<br />
Software: Photoshop CC<br />
Eine Stadt in der Nacht ist eine<br />
hervorragende Kulisse zum <strong>Fotografie</strong>ren<br />
und es gibt kaum etwas, das ich mehr<br />
genieße, als nach Sonnenuntergang mit<br />
Stativ und Kamera loszuziehen und das<br />
nächtliche Treiben zu fotografieren.<br />
Zu meinen bevorzugten Aufnahmetechniken gehört es,<br />
mit Langzeitbelichtungen die Leuchtspuren einzufangen<br />
die auf einer verkehrsreichen Straße von den<br />
vorbeifahrenden Fahrzeugen hinterlassen werden. Die<br />
Autos, LKWs und Busse selbst sind nicht zu sehen, weil sie<br />
sich bewegen, doch deren Scheinwerfer und<br />
Heckleuchten erzeugen leuchtende rote und weiße<br />
Linien, die sich durch die Szene ziehen und ihr Farbe<br />
geben.<br />
Die Aufnahme solcher <strong>Bild</strong>er ist jahreszeitunabhängig,<br />
ganz gleich, ob bei ruhigem Wetter, oder ob es regnet<br />
oder schneit. Kurz nach einem Regen sind solche Motive<br />
sogar besonders attraktiv, weil die Straßen noch nass sind<br />
und die Reflexionen der Lichter im nassen Asphalt das<br />
<strong>Bild</strong> noch attraktiver machen.<br />
Der optimale Kamerastandort für diese Art Fotos ist<br />
neben einer verkehrsreichen Straße oder über Ihr auf einer<br />
Brücke. Landstraßen, die in sanften Biegungen zum<br />
Horizont hin verlaufen, sind ebenfalls geeignet, wenn<br />
genügend Verkehr herrscht, dessen Lichter durch die<br />
Dunkelheit mäandern. Wenn Sie in einem bebauten<br />
Gebiet fotografieren, können Sie Strukturen mit ins Motiv<br />
nehmen, die von Flutlicht angestrahlt werden,<br />
beispielsweise eine Brücke, ein Denkmal oder ein<br />
bekanntes Gebäude, denn wenn Sie nur die Leuchtspuren<br />
des Verkehrs und den Himmel im <strong>Bild</strong> haben,<br />
wird das <strong>Bild</strong> ziemlich leer aus sehen.<br />
Ich habe eine klassische Ansicht der<br />
Westminster Bridge in London gewählt<br />
und zwar während des<br />
Feierabendverkehrs an einem<br />
Freitagabend. Im Hintergrund sind die<br />
Houses of Parliament zu sehen.<br />
Wenn Sie Ihre <strong>Bild</strong>komposition<br />
gemacht haben und die Kamera bereit ist,<br />
brauchen Sie nur zu warten bis die<br />
Lichtverhältnisse sich ausreichend<br />
verschlechtert haben, so dass die Lichter des sich<br />
bewegenden Verkehrs gut hervortreten. Dann beginnen<br />
sie zu fotografieren. Wählen Sie ISO 100 und eine Blende<br />
von f/11 oder f/16. Mit diesen Werten sollten Sie eine<br />
Verschlusszeit von 20–30 Sekunden erhalten, genug, jede<br />
Menge Leuchtspuren aufzunehmen, während sich der<br />
Verkehr die Straße entlang bewegt. Ich habe die<br />
Zeitautomatik benutzt, damit die Kamera die richtige<br />
Belichtung für die Szene errechnete. Das funktioniert bis<br />
zu einer maximalen Verschlusszeit von 30 Sekunden. Die<br />
Zeitautomatik hat außerdem den Vorteil, dass sich die<br />
Verschlusszeit mit zunehmender Dunkelheit automatisch<br />
anpasst, denn es wird schnell dunkler in der<br />
Abenddämmerung. Darüber hinaus können Sie die<br />
Belichtungskorrektur benutzen, falls die <strong>Bild</strong>er zu hell oder<br />
zu dunkel werden sollten und sie ihre Aufnahme<br />
wiederholen müssen.<br />
Sie können allerdings die Kamera auch<br />
TIPP<br />
in den B-Modus schalten, in dem Sie den<br />
Verschluss so lange offen halten<br />
können, wie Sie wollen. Falls die<br />
automatisch generierten<br />
Verschlusszeiten 30 Sekunden<br />
übersteigen würden, müssen Sie<br />
ohnehin den B-Modus benutzen. Ein<br />
Vorteil des B-Modus besteht darin, dass<br />
Attraktivität.<br />
Sie die Belichtung „anhalten“ können, wenn<br />
zu wenig Verkehr herrscht, indem Sie eine<br />
Karte aus Karton oder einfach die Hand vor das<br />
Objektiv halten, wobei der Verschluss geöffnet bleibt. Ist<br />
der Verkehr wieder ausreichend dicht, geben sie das<br />
Objektiv wieder frei, und die Belichtung wird fortgesetzt.<br />
Bei gleichmäßigem Verkehrsfluss wird diese Prozedur<br />
nicht notwendig sein, fließt der Verkehr aber in Intervallen,<br />
beispielsweise hinter einer Ampelkreuzung, ist sie sehr<br />
hilfreich.<br />
Die blaue Stunde<br />
Beginnen Sie mit den<br />
Aufnahmen, sobald die<br />
Sonne verschwunden ist.<br />
Wenn Sie zu lange warten,<br />
wird der Himmel zu dunkel<br />
und das Motiv verliert an<br />
Vorbereitung Seien Sie rechtzeitig vor Ort um<br />
1einen guten Kamerastandpunkt zu sichern und<br />
Zeit genug für Ihr Setup zu haben. Die beste Zeit für<br />
die Aufnahmen ist die des Zwielichts, wenn noch<br />
Farbe am Himmel zu sehen ist und noch genug<br />
reflektierendes Umgebungslicht vorhanden ist, das<br />
die Schatten aufhellt. Es muss jedoch schon dunkel<br />
genug sein, dass die künstliche Beleuchtung sich<br />
gut abhebt.<br />
Setup Montieren Sie die Kamera auf das Stativ,<br />
2schließen Sie einen Fernauslöser an und<br />
blenden Sie das Objektiv auf f/11 oder f/16 ab, um<br />
viel Schärfentiefe zu bekommen. Wählen Sie ISO<br />
100, so erhalten Sie eine Verschlusszeit von 20–30<br />
Sekunden, wodurch der fließende Verkehr als<br />
Leuchtspur aufgenommen wird. Benutzen Sie ein<br />
Weitwinkel, um möglichst viele weitere Elemente<br />
der Szenerie ins <strong>Bild</strong> zu bekommen.<br />
Aufpassen! Ein Standpunkt dicht an einer Straße mit<br />
3fließendem Verkehr kann gefährlich sein, seien Sie also<br />
entsprechend vorsichtig. Halten Sie einen respektvollen<br />
Sicherheitsabstand zum Fahrbahnrand, denn Stativ und Kamera<br />
können in der Dämmerung aus einem fahrenden Fahrzeug<br />
heraus leicht übersehen werden, besonders wenn beide<br />
schwarz sind. Dann wäre Ihre schöne Ausrüstung dahin – ganz<br />
abgesehen davon, dass sie vielleicht sogar wegen gefährlichen<br />
Eingriffs in den Straßenverkehr belangt werden könnten.<br />
Timing Achten Sie darauf, dass sie dann auslösen, wenn der<br />
4Verkehr stetig durch die Szene fließt und dicht genug ist. Mein<br />
erster Versuch misslang, weil die Ampel einer in der Nähe<br />
befindlichen Kreuzung gerade für den Teil des Verkehrs, den ich<br />
fotografieren wollte, auf Rot geschaltet hatte.<br />
Schnell arbeiten Nach ein paar Versuchen werden sie herausgefunden haben, wie es gemacht<br />
5wird. Eine Verschlusszeit von 20–30 Sekunden reicht normalerweise aus, um Leuchtspuren<br />
von genügender Dichte in den Kasten zu bekommen. Vorbeifahrende Busse und LKWs werden<br />
höher über den Asphalt ziehende Lichtstreifen erzeugen, wodurch das <strong>Bild</strong> noch attraktiver wird.<br />
Die Zeit des Zwielichts dauert nicht sehr lange, arbeiten Sie also schnell und effizient, damit Sie so<br />
viele Fotos wie möglich in dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster unterbringen können.<br />
70 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Das Ergebnis ist eine dynamische, nächtliche<br />
Großstadtszene.<br />
Belichtung: 30 Sekunden bei Blende f/16 und ISO 50
MACH DEIN BILD<br />
BLUMEN<br />
Wildblumen mit dem Telezoom<br />
Lieben Sie Blumen? Erfahren Sie, wie Sie sie perfekt ins <strong>Bild</strong> setzen.<br />
Caroline Schmidt<br />
Kamera: Nikon D7100<br />
Objektiv: Tamron 70-300mm f/4-5.6Di LD<br />
Frühling und Sommer bringen eine<br />
unüberschaubare Vielfalt an<br />
Blumenmotiven und zahllose<br />
Möglichkeiten, wie sie am besten<br />
aufgenommen werden. Von den<br />
Schneeglöckchen im Februar und März, den<br />
Glockenblumen und Buschwindröschen im Frühling bis<br />
hin zum Meer der roten Mohnblumen im Sommer, es ist<br />
die Zeit in der Blumenliebhaber Ihre Kamera immer bei<br />
sich haben. Es sind übrigens nicht nur Weitwinkel- und<br />
Makroobjektiv, die sich für Blumenmotive eignen,<br />
sondern es gibt auch einen hübschen Trick, mit dem das<br />
Teleobjektiv zum Einsatz kommen kann.<br />
Ein 200mm oder 300mm Telezoom kann kleine,<br />
entfernte Objekte vergrößern; manche dieser Objektive,<br />
wie beispielsweise das Tamron 70–300mm f/4–5.6Di<br />
LD Macro, bieten sogar eine Makro-Funktionalität, die<br />
im Verhältnis 1:2 abbildet, so dass Sie den <strong>Bild</strong>ausschnitt<br />
tatsächlich auch mit den feineren Details ausfüllen<br />
können. Das Schöne am Telezoom ist nicht nur seine<br />
starke Vergrößerung, sondern auch die Kompression<br />
der Perspektive, wodurch der Hintergrund näher zu<br />
rücken scheint und die Schärfentiefe flacher wird. Der<br />
Effekt ist als perspektivische Verkürzung bekannt und<br />
ist umso ausgeprägter, je länger die Brennweite ist.<br />
Kameras mit APS-C Sensor bescheren dem Fotografen<br />
einen besonders schönen Vergrößerungsfaktor. So<br />
liefert beispielsweise ein 300mm Objektiv an einer<br />
Nikon D7100 das Äquivalent von 450mm Brennweite,<br />
bezogen auf das Kleinbildformat.<br />
Damit Ihr Objekt wirklich isoliert wird und von einem<br />
unscharfen Bokeh umgeben ist, wählen Sie die Blende<br />
so groß wie möglich, was bedeutet, je „schneller“ ihr<br />
Objektiv ist, umso besser. Zoomobjektive mit einer<br />
Setup<br />
konstanten Blende von f/2.8 sind allerdings extrem<br />
teuer, deswegen beschreiben wir Ihnen hier, wie<br />
Sie auch mit bescheideneren Alternativen zum Ziel<br />
kommen. Bei der Motivsuche halten Sie Ausschau nach<br />
mit Blumen oder Gas dicht bewachsenen Arealen. Das<br />
Augenmerk des Betrachters soll auf die Blume Ihrer<br />
Wahl gerichtet werden, beschränken Sie deswegen<br />
ablenkende Faktoren auf ein Minimum, indem Sie<br />
einen Vordergrund mit ähnlicher Farbtönung wählen.<br />
Das Gegenlicht der tief stehenden Abendsonne<br />
kann dem <strong>Bild</strong> mehr Tiefe geben, besonders dann,<br />
wenn ein goldener Glanz auf den Umrissen der Blüte<br />
liegt. Weiches, indirektes Sonnenlicht ist die andere<br />
Alternative, ganz gleich, ob die Diffusität durch eine<br />
Wolkendecke erzeugt wird oder durch die Wahl eines<br />
im Schatten befindlichen Kamerastandorts. Seien<br />
Sie jedoch vorsichtig mit direktem Licht, denn zu viel<br />
Kontrast ist kontraproduktiv für ein Motiv, das von der<br />
Weichzeichnung seiner Umgebung profitieren soll.<br />
Setup: Wenn Sie mit einer Brennweite von 200–300<br />
mm aus der Hand schießen, brauchen Sie eine<br />
Verschlusszeit von 1/200 bis 1/300 Sekunde, damit<br />
nichts verwackelt. Bei guten Lichtverhältnissen oder<br />
wenn Sie mit weit offener Blende von f/2.8 fotografieren,<br />
Einstellungen<br />
sollte das kein Problem sein, doch meistens werden sie<br />
ein Stativ oder wenigstens ein Einbeinstativ brauchen.<br />
Falls Sie Ihr Objekt „auf Augenhöhe“ fotografieren<br />
wollen, benutzen Sie einen Bohnensack, um die Kamera<br />
zu fixieren. Wenn Sie im Gegenlicht arbeiten und<br />
Blendenflecke ausschließen wollen, benutzen Sie die<br />
Gegenlichtblende.<br />
Einstellungen: Wenn das Motiv sich im Gegenlicht<br />
befindet, was bei mir der Fall war, schalten Sie die<br />
Kamera auf Punktmessung, damit der Sensor nicht zum<br />
Unterbelichten verleitet wird. Stellen Sie außerdem die<br />
Zeitautomatik und den Einzelpunkt Autofokus ein. Das<br />
Zentrum Ihres Motivs muss gestochen scharf sein. Jetzt<br />
zoomen Sie auf maximale Brennweite ein und machen<br />
ihre <strong>Bild</strong>komposition. Bei den meisten Objektiven wird<br />
sich die maximal mögliche Blende ändern, wenn Sie die<br />
Brennweite erhöhen. Um den Effekt der flachen<br />
Schärfentiefe zu maximieren, stellen Sie die<br />
größtmögliche Blende ein. Mein Tamron-Objektiv gibt<br />
mir bei 300 mm noch eine maximale Blende von f/5.6.<br />
Wenn ich eine Blume in mittlerer Entfernung anvisiere,<br />
bedeutet das einen ausreichenden Grad an Unschärfe<br />
davor und dahinter.<br />
Worauf Sie achten sollten…<br />
Brennweite: Bei 70 mm und der dabei maximalen<br />
Blende von f/4 isoliert das Objektiv kein einzelnes<br />
Objekt, sondern erzeugt eine dünne Schärfeebene im<br />
mittleren Entfernungsbereich. Zoomen Sie das Objektiv<br />
auf maximale Brennweite.<br />
Blende: Dieses Foto wurde mit 300mm Brennweite<br />
aufgenommen, doch mit Blende f/16, wodurch ein zu<br />
großer Teil der Szene scharf abgebildet wurde und sich die<br />
erwünschte Weichzeichnung und Isolierung eines einzigen<br />
Objekts nicht einstellen konnte. Benutzen Sie deswegen immer<br />
die größte Blende.<br />
Entfernung: Auch wenn Sie eine weit offene<br />
Blende benutzen, sollten Sie mit den<br />
Entfernungen zwischen Kamera und Motiv und Motiv<br />
und Hintergrund experimentieren, damit Sie ihren<br />
schmalen Schärfentiefebereich optimieren können.<br />
72 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Probieren Sie unterschiedliche <strong>Bild</strong>kompositionen und<br />
Entfernungen zwischen Kamera und Motiv, bis Sie die<br />
Balance zwischen Schärfe und Weichzeichnung gefunden<br />
haben. Ihre Schärfeebene wird sehr kurz sein, deshalb<br />
müssen Sie äußerst präzise scharfstellen.<br />
Belichtung: 1/500 Sekunde bei Blende f/5.6 und ISO 640
MACH DEIN BILD<br />
Location<br />
Ein Wald mit gleichmäßigem<br />
Baumabstand ist ideal; wenn der<br />
Wald zu dicht ist, fällt nicht genug<br />
Licht hindurch und die<br />
Dämmerungsstrahlen bleiben<br />
unsichtbar. Vom Waldrand sollte es<br />
freie Sicht auf den östlichen<br />
Horizont geben; ein Gewässer in<br />
der Nähe erhöht die Chance für<br />
Morgennebel.<br />
Bedingungen<br />
Die Luft muss feucht oder staubig<br />
sein, damit die<br />
Dämmerungsstrahlen sichtbar<br />
werden. Morgennebel ist ideal –<br />
verfolgen Sie die Wettervorhersage<br />
und warten Sie auf eine einem<br />
warmen Tag folgende kalte, ruhige<br />
Nacht. Leichter Nebel ist am<br />
besten; dichterer Nebel<br />
verschlechtert die<br />
Lichtverhältnisse.<br />
<strong>Bild</strong>komposition<br />
<strong>Fotografie</strong>ren Sie ins Gegenlicht,<br />
aber vermeiden Sie Blendenflecke.<br />
Lassen Sie die Sonne außerhalb des<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitts oder verbergen Sie<br />
sie hinter einem Baumstamm.<br />
Vermeiden Sie dichtes Unterholz;<br />
stattdessen machen sich ein wenig<br />
Gras oder ein bemooster<br />
Felsbrocken gut im Dämmerlicht.<br />
WALD IM NEBEL<br />
Es ist eine klassische Szene. Leser Robert Radomski verrät uns seine Tipps<br />
zum <strong>Fotografie</strong>ren von Dämmerungsstrahlen…
Technik<br />
Verwenden Sie ein mittelgroßes<br />
Zoomobjektiv mit 18-55mm<br />
Brennweite. Eine mittlere<br />
Blendenöffnung gibt die<br />
angemessene Schärfentiefe und ein<br />
Stativ verhindert Verwackeln. Stellen<br />
Sie den kleinsten ISO-Wert ein, um<br />
maximale <strong>Bild</strong>qualität zu bekommen,<br />
und stellen Sie auf einen Punkt am<br />
Ende des ersten Drittels der Szene<br />
scharf, vom Kamerastandpunkt aus<br />
gesehen. So erhalten Sie optimale<br />
<strong>Bild</strong>schärfe.<br />
Timing<br />
Der Effekt ist am ausgeprägtesten<br />
in der Stunde nach<br />
Sonnenaufgang, wenn die tief<br />
stehende Sonne lange<br />
Baumschatten erzeugt. Sollte der<br />
Nebel noch zu dicht sein, haben<br />
Sie etwas Geduld. Die letzten<br />
Minuten, bevor er sich auflöst,<br />
bieten die schönste Stimmung.<br />
Belichtung<br />
Wenn Sie das Foto um etwa<br />
-1EV unterbelichten, wird der<br />
Effekt auf dem Foto verstärkt.<br />
Wenn Sie in die Sonne<br />
fotografieren, wird die Kamera<br />
automatisch unterbelichten;<br />
wenn sie seitlich steht,<br />
kompensieren Sie dies mit<br />
etwas negativer<br />
Belichtungskorrektur.
MACH DEIN BILD<br />
Spritzige Frucht<br />
In einfachen Schritten kreieren Sie ein anregendes<br />
Foto, dass Sie in Punkto Highspeed-<strong>Fotografie</strong><br />
vielleicht auf den Geschmack bringt.<br />
Jordan Butters<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 24-70mm f/2.8G ED<br />
Blitzgerät: Yongnuo Speedlite YN560-II<br />
Ein Wort vorab: Die Highspeed-<strong>Fotografie</strong> gehört zu den anspruchsvolleren<br />
Unternehmungen für Hobbyfotografen. Wir alle kennen die äußerst<br />
eindrucksvollen Fotos von extrem schnellen Objekten, zu deren Produktion<br />
komplizierte Auslösemechanismen, Computer und andere Gerätschaften<br />
zum präzisen Timing erforderlich sind. Solche Ausrüstung bedeutet eine<br />
ernsthafte Investition, ganz abgesehen davon dass die professionellen Fotografen solcher<br />
<strong>Bild</strong>er über sehr gute Kenntnisse und lange Erfahrung verfügen.<br />
Gleichwohl können Sie sich an der Highspeed-<strong>Fotografie</strong> versuchen, auch wenn Sie nur<br />
über eine Standard-Fotoausrüstung verfügen, zu der allerdings ein Elektronenblitzgerät<br />
gehören sollte. Weiter brauchen Sie nur ein kleines Aquarium und ein paar Erdbeeren vom<br />
Wochenmarkt – es müssen natürlich keine Erdbeeren sein, alles was einen kleinen Platscher<br />
macht, funktioniert genauso. Und so geht’s:<br />
HIGHSPEED-SCHNAPPSCHUSS<br />
Aquarium aufbauen Stellen Sie das Aquarium auf einen großen<br />
1Tisch, damit es von allen Seiten frei zugänglich ist. Säubern Sie<br />
das Aquarium innen und außen mit Glasreiniger. Danach füllen Sie<br />
es zur Hälfte mit Wasser.<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt Montieren Sie die Kamera auf ein Stativ und benutzen Sie ein<br />
2Objektiv mit einer Brennweite zwischen 50 und 150 mm, um den<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt festzulegen. Schließen Sie einen Fernauslöser an, denn er<br />
erleichtert es Ihnen, gleichzeitig die Frucht fallen zu lassen und auszulösen.<br />
Kamera- und Blitzeinstellungen Zur Synchronisation von Kamera und Blitz benutzen<br />
3Sie entweder ein drahtloses System oder ein Synchronisationskabel. Positionieren Sie<br />
das Blitzgerät seitlich vom Aquarium und stellen Sie 1/16 seiner maximalen Blitzleistung<br />
ein. Die Kamera schalten Sie in die manuelle Betriebsart und stellen Blende 13, ISO 100 und<br />
die passende Verschlusszeit ein – in meinem Fall war es1/200 Sekunde.<br />
Kein Reflektor<br />
mit Reflektor<br />
Reflektor Halten Sie eine Erdbeere über die Wasseroberfläche und machen Sie ein<br />
4Testfoto. Bei mir war die Erdbeere auf der dem Blitz abgewandten Seite zu dunkel,<br />
deswegen habe ich eine weiße Styroporplatte senkrecht auf der dem Blitzgerät<br />
gegenüberliegenden Seite des Aquariums aufgestellt. Sie diente als Reflektor für den<br />
Blitz.<br />
Schärfe Tauchen Sie einen Bleistift mit der Spitze in der Mitte des Aquariums<br />
5ins Wasser, stellen mit dem Einzelpunkt-Autofokus darauf scharf und<br />
speichern diese Einstellung. Für das Foto muss die Erdbeere genau an der Stelle<br />
ins Wasser fallen, an der sie zuvor die Bleistiftspitze eingetaucht hatten.<br />
76 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Das fertige <strong>Bild</strong><br />
Ein erfrischendes Highspeed-Motiv, das schnell und<br />
einfach aufzunehmen ist.<br />
Belichtung: 1/200 Sekunde bei Blende f/13 und ISO 100)<br />
Nachbearbeitung<br />
Timing Nun lassen sie eine Erdbeere ins Wasser fallen. Lösen Sie genau in dem<br />
6Moment aus, wenn sie auf die Wasseroberfläche auftrifft. Wischen Sie nach<br />
jeder Aufnahme die durch das Eintauchen der Frucht entstandenen Wasserspritzer<br />
von den Innenseiten des Aquariums ab. Vermutlich werden Sie mehrere<br />
Aufnahmen brauchen, bis ein wirklich gutes Foto dabei herauskommt.<br />
Aufräumen Öffnen Sie das <strong>Bild</strong> in<br />
7Photoshop oder Photoshop Elements<br />
und beginnen Sie die Nachbearbeitung<br />
mit dem Entfernen etwaiger Flecke auf<br />
dem Glas und von möglicherweise im<br />
Wasser vorhandenen Partikeln. Falls Sie<br />
einen schwarzen Hintergrund verwendet<br />
haben, können Sie dazu einfach das<br />
Pinselwerkzeug mit der Vordergrundfarbe<br />
„Weiß“ benutzen.<br />
Kontrast und Tonwerte verbessern<br />
8contrast Stellen Sie per<br />
Tonwertkorrektur den Kontrast ein,<br />
indem Sie in der Ebenenpalette auf<br />
die entsprechende Schaltfläche<br />
klicken und stellen Sie die Schwarzund<br />
Grau-Regler ihren Vorstellungen<br />
gemäß ein.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
77
DasKreative Creative Eye Auge<br />
ZUCKERPUPPE…<br />
Paul Ward<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv NIKKOR AF-S 70-200mm f/2.8G<br />
Software: Photoshop CS5<br />
An Tagen wie diesem gibt es keinen<br />
schöneren Beruf für mich. Das Thema<br />
meines kleinen Projekts heißt<br />
„Süßigkeiten“, was bedeutet dass ich nicht<br />
nur ein schönes Foto produzieren kann,<br />
sondern mich zwischendurch an herrlichem Konfekt<br />
delektieren werde – was könnte schöner sein!<br />
Meine Idee zur Umsetzung des Themas kam mir<br />
recht schnell; sie war inspiriert durch ein Foto, das ich<br />
irgendwo online gesehen hatte, und auf dem eine<br />
Visagistin Zuckerstreusel benutzte, um das Gesicht eines<br />
Models zu dekorieren. Ich wollte etwas Ähnliches<br />
gestalten.<br />
Als erstes besuchte ich deshalb einen Süßwarenladen,<br />
um die idealen Requisiten auszusuchen. Größere<br />
Objekte waren ausgeschlossen, ich musste mich auf<br />
kleinere Süßigkeiten konzentrieren. Nachdem ich meine<br />
Wahl getroffen hatte, nahm ich noch eine Packung<br />
Konfekt hinzu. Ein Stück davon sollte im Mund meines<br />
Models zu sehen sein, doch auch für den Rest hatte ich<br />
bereits eine genaue Vorstellung, was damit geschehen<br />
würde…<br />
Zurück im Studio rief ich Gemma an, ein Model, mit<br />
dem ich regelmäßig zusammenarbeite, außerdem Karen<br />
Hegarty, eine Visagistin, auf deren professionelles<br />
Handwerk ich mich ebenfalls verlassen konnte. Nach<br />
ihrem Eintreffen gab ich einen kurzen Überblick über<br />
mein Vorhaben und wir entwickelten und verwarfen<br />
etliche Motivideen, bis wir uns auf eine<br />
Gesichtsdekoration mit hunderten kleiner Zuckerstreusel<br />
einigten, akzentuiert durch ein ebenfalls mit<br />
Zuckerstreuseln bedecktes, rundes Stück Aniskonfekt,<br />
das Gemma zwischen den Lippen halten würde.<br />
Karen machte sich daran, Gemmas Gesicht zu<br />
präparieren, indem Sie Lippenstift, der als Klebemittel<br />
diente, auf Lippen und Gesicht auftrug. Dann kamen die<br />
Zuckerstreusel, jeder einzeln von Hand aufgedrückt. Es<br />
war eine zeitraubende Angelegenheit, doch am Ende<br />
hatte sich der Aufwand gelohnt, und ich konnte es kaum<br />
erwarten, mit dem <strong>Fotografie</strong>ren zu beginnen, als das<br />
Make-up fertig war. Ich baute drei Leuchten in einer Ecke<br />
meines Studios vor einer weißen Ziegelwand auf: als<br />
erstes einen Studioblitz ohne Lichtformer auf dem<br />
Boden, der nach oben gerichtet und auf volle Leistung<br />
eingestellt wurde. Er würde die weiße Wand ausbleichen<br />
und den High-Key-Effekt erzielen, den ich erreichen<br />
wollte. Die anderen beiden Leuchten erhielten<br />
Softboxen. Eine wurde oberhalb der Kamera angebracht<br />
und nach unten auf Gemma gerichtet, die andere<br />
unterhalb der Kamera und nach oben gerichtet. Die<br />
obere Leuchte diente als Hauptlicht, während die untere<br />
auf sehr geringe Leistung eingestellt wurde, so dass sie<br />
fast nur den Effekt eines Reflektors hatte, um die Schatten<br />
aufzuhellen. Hauptelemente des Motivs soll die<br />
Süßigkeiten sein, deswegen montierte ich einen<br />
Zwischenring zwischen Kamera und meinem<br />
70-200mm f/2.8 Objektiv. Zwischenringe reduzieren die<br />
minimale Arbeitsentfernung eines Objektivs und liefern<br />
ein größeres <strong>Bild</strong> auf den Sensor, ohne dass man längere<br />
Brennweiten verwenden müsste. Sie werden oft in der<br />
Makrofotografie eingesetzt, doch ich benutze sie auch<br />
bei Porträtaufnahmen, wenn ich feinere Details abbilden<br />
möchte. Nach einigen Testaufnahmen und dem<br />
Ermitteln der richtigen Blitzleistung und der passende<br />
Belichtung versuchten wir eine Reihe unterschiedlicher<br />
<strong>Bild</strong>kompositionen. Dieser unkonventionelle<br />
Ganz oben: Visagistin Karen<br />
Hegarty brachte Hunderte<br />
Zuckerstreusel einzeln auf<br />
Gemmas Gesicht auf, wobei<br />
Lippenstift als Klebemittel<br />
diente.<br />
Oben: Zur Ausleuchtung des<br />
Motivs benutzte ich zwei<br />
Softboxen. Die größere diente<br />
als Hauptlicht, die kleinere<br />
– unten angebracht –<br />
lediglich zum Aufhellen der<br />
Schatten.<br />
Rechts: Wir probierten<br />
mehrere Ideen mit<br />
unterschiedlichen<br />
Süßigkeiten aus, auch mit<br />
Schokolade, doch die erste<br />
Idee erwies sich als die beste.<br />
<strong>Bild</strong>zuschnitt von Gemmas Gesicht gefiel mir auf Anhieb<br />
am besten. Er erinnerte mich an ein klassisches Vogue<br />
Titelbild von Erwin Blumenfield, weil nur die Lippen und<br />
nur ein Auge zu sehen waren. Es war ein einfacher,<br />
aufgeräumter <strong>Bild</strong>zuschnitt, der genau zu dem Stil<br />
passte, der mir vorschwebte.<br />
In der Nachbearbeitung nahm ich die grundlegenden<br />
Korrekturen an der Raw-Datei in Adobe Camera Raw vor,<br />
die jedoch nur aus Belichtungskorrektur und Korrektur<br />
des Weißabgleichs bestanden.<br />
In Photoshops nahm ich anschließend die<br />
Farbsättigung aus dem gesamten <strong>Bild</strong> heraus, bevor ich<br />
mit dem Protokollpinsel die Farbe in ausgewählte<br />
Bereiche zurückbrachte – Augen, Lippen und Make-up.<br />
So erhielt das <strong>Bild</strong> eine saubere, frische Ästhetik. Dann fiel<br />
mir auf, dass Gemmas braune Augen nicht zum Make-up<br />
passten. Ich brachte also einen Bereich mit weicher Kante<br />
um die Iris herum an und benutzte das Farbbalance-<br />
Werkzeug, um die Augenfarbe passend abzuändern. Ein<br />
hübsches Violett passte genau zu den Süßigkeiten. Zum<br />
Schluss wählte ich das Kopierstempelwerkzeug und<br />
entfernte einige der Zuckerstreusel füllte, jedoch einige<br />
Lücken an Stellen, an denen sie während der Aufnahmen<br />
nicht haften geblieben waren.<br />
Mir gefällt das Endergebnis sehr gut, nicht zuletzt<br />
deswegen, weil ich noch eine nette Auswahl an<br />
„Requisiten“ übrig hatte, über die wir drei uns hermachen<br />
konnten…<br />
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79
DasKreative Creative Eye Auge<br />
LIEBESHERZ<br />
Ross Hoddinott<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv NIKKOR 200mm f/4D ED-IF AF Micro<br />
Software: Lightroom 5<br />
Natürlich fotografiere ich gern und weil<br />
ich drei kleine Kinder habe, habe ich<br />
mich zwangsläufig auch zum<br />
Fachmann für Süßigkeiten entwickelt.<br />
Insofern gefiel mir die Idee zu einem<br />
Foto mit dem Thema „Süßigkeiten“ auf Anhieb. Also<br />
durchforstete ich das Süßwarenregal des lokalen<br />
Supermarkts und fand auch schnell das Passende:<br />
Liebesherzen. Ich stellte mir vor, ich würde ein paar<br />
Nahaufnahmen machen, wobei ich auf<br />
unterschiedliche Worte scharfstellen könnte. Ich<br />
kaufte fünf Pakete – an Objekten für mein Motiv sollte<br />
kein Mangel herrschen, selbst wenn einige gar nicht<br />
erst vor der Kamera landen, sondern gleich ihrer<br />
originalen Zweckbestimmung zugeführt werden<br />
würden.<br />
Wieder Zuhause schüttete ich die Liebesherzen auf<br />
einen Teller. Die Botschaften, die sie trugen, haben sich<br />
seit meiner Kindheit stark verändert, jedenfalls kann<br />
ich mich an Aufforderungen wie „Schick mir eine SMS“<br />
nicht erinnern. Nach einigem Nachdenken schien mir<br />
das Wort „Love Heart“ für mein Projekt am besten<br />
geeignet. Ich drehte alle Herzen auf dem Teller mit der<br />
Rückseite nach oben, so dass die Schrift nicht zu sehen<br />
war. Das ergab einen aufgeräumten, weniger<br />
ablenkenden Hintergrund. Dann legte ich das Herz mit<br />
den Worten „Love Heart“ oben drauf, so dass dessen<br />
Botschaft lesbar war. Nun stellte ich den Teller mit den<br />
Süßigkeiten auf einen Kaffeetisch in der Nähe eines<br />
großen Fensters. Das einfallende Tageslicht genügte<br />
für eine gute Ausleuchtung meines Motivs. Ich wählte<br />
ein 200mm Makroobjektiv und montierte die Kamera<br />
auf das Stativ, dass ich nahe dem Tisch aufstellte. Um<br />
die Worte des Herzens stark hervortreten zu lassen,<br />
wählte ich eine weit offene Blende der Größe f/4. Die<br />
sich daraus ergebende geringe Schärfentiefe würde<br />
alle anderen Herzen unscharf abbilden. Obwohl das<br />
Setup und der Aufbau des Motivs kaum einfacher<br />
Oben und rechts: Ich probierte verschiedene<br />
<strong>Bild</strong>kompositionen aus, bevor ich mich für eine<br />
entschied (<strong>Bild</strong> gegenüber).<br />
gestaltet werden konnten, sahen die <strong>Bild</strong>er sehr gut<br />
aus. Trotzdem war das den Mittelpunkt des Motivs<br />
bildende Herz für meinen Geschmack nicht<br />
prominent genug erkennbar, deshalb arrangierte ich<br />
die darunter liegenden Herzen in Form einer Pyramide<br />
und legte das Herz mit dem sichtbaren Schriftzug<br />
oben auf deren Spitze.<br />
Nun hatte ich mehr Möglichkeiten für die<br />
<strong>Bild</strong>komposition, denn durch den größeren Abstand<br />
zwischen Fixpunkt und Hintergrund konnte ich mit<br />
verschiedenen Schärfentiefen experimentieren. Ich<br />
probierte sowohl das Hoch-, als auch das Querformat,<br />
wobei sich das Hochformat als ansprechender erwies.<br />
Blende f/4 ergab eine extrem geringe Schärfentiefe,<br />
deswegen musste die Schärfe sehr präzise per<br />
LiveView eingestellt werden. Doch nach einigen<br />
Aufnahmen merkte ich, dass die Schärfentiefe zu<br />
gering war – die Form der im Hintergrund<br />
befindlichen Herzen war kaum noch zu erkennen.<br />
Links: Mit dem LiveView stellte ich manuell auf die<br />
Worte des Herzens scharf.<br />
Oben: Das Aufeinanderstapeln der Süßigkeiten sorgte<br />
für ausreichende Trennung zwischen dem<br />
Schärfepunkt und den restlichen Objekten im<br />
Hintergrund.<br />
Also probierte ich es mit Blende f/8, und diese<br />
Einstellung traf den Nagel auf den Kopf. Sie gab mir<br />
genau die richtige Schärfe, wobei der Schärfebereich<br />
immer noch gering genug war, die Worte zum<br />
Zentrum des Motivs zu machen, doch groß genug, um<br />
die Form all der anderen Herzen erkennen zu lassen.<br />
In Lightroom nahm ich ein paar Korrekturen an<br />
Kontrast und Farbsättigung vor, und ich hatte mein<br />
Foto fertig. Nun gab es nichts mehr zu tun, außer mir<br />
die Süßigkeiten einzuverleiben…<br />
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81
DasKreative Creative Eye Auge<br />
ZUCKERPORTRÄT<br />
Catherine MacBride<br />
Kamera: Nikon D7100<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 50mm f/1.4G<br />
Software: Adobe Photoshop CC<br />
Ein Foto zum Thema Süßigkeiten?<br />
Nichts leichter als das! Sofort kehrten<br />
die Kindheitserinnerungen zurück,<br />
wenn ich mir für ein gutes<br />
Schulzeugnis im Süßwarenladen um<br />
die Ecke aussuchen durfte, was ich wollte. Für<br />
dieses Thema brauchte ich vor allem Süßigkeiten,<br />
also ging ich zuerst meine Requisiten beschaffen.<br />
War ich erst von Süßigkeiten umgeben, würde<br />
mir zwangsläufig die richtige Idee kommen.<br />
Angesichts der Vielzahl von Optionen, ein<br />
Motiv zu kreieren, fiel es mir sehr schwer, mich<br />
zwischen einem Stillleben-Arrangement und<br />
einem Porträt mit Süßigkeiten in den Farben des<br />
Regenbogens zu entscheiden. Am Ende sollte es<br />
dann das Porträt sein, wobei die nicht<br />
verwendeten Süßigkeiten als „Bezahlung“ für<br />
mein Model dienen würden. Irgendwo hatte ich<br />
einmal das Porträt eines Mädchens gesehen,<br />
dessen Lippen mit Zuckerperlen bedeckt waren,<br />
doch um dies nicht zu wiederholen, sollte mein<br />
Model ein Junge sein, und er würde einen „Bart“<br />
aus Zuckerwatte bekommen. Zusätzlich würde<br />
er eine alte 3D-Kinobrille tragen, die mit bunten<br />
Zuckerstreuseln beklebt werden sollte.<br />
Als Erstes präparierte ich die Brille. Ich<br />
entfernte die Folien aus dem Rahmen, besprühte<br />
ihn von außen mit Sprühkleber und drückte ihn<br />
anschließend in einen flachen Teller, der mit<br />
Zuckerstreuseln gefüllt war. Als ich ihn wieder<br />
heraus nahm, war seine Vorderseite vollständig<br />
mit Zuckerstreuseln bedeckt. Dann brachte ich<br />
den Bart aus Zuckerwatte am Gesicht an. Wer<br />
einmal Zuckerwatte gegessen hat, weiß, dass<br />
schon ein einziger Tropfen Wasser Sie sehr<br />
klebrig macht. Auf diese Weise hielt der „Bart“ am<br />
Gesicht des Jungen. Das aufbringen der<br />
Zuckerwatte darf nur mit sehr wenig Druck<br />
geschehen, sonst wird sie hart und Klumpig.<br />
Außerdem musste ich schnell vorgehen, weil die<br />
Zuckerwatte um den Bereich der aus Mund und<br />
Nase austretenden feuchten Atemluft zu<br />
schmelzen begann. Aus diesem Grund musste<br />
die fototechnische Seite des kleinen Projekts<br />
schon bereit sein, wenn das Model präpariert<br />
war.<br />
Meine Beleuchtung bestand aus einer<br />
einzelnen Lampe mit einer 6500K<br />
Tageslichtbirne. Außerdem kam ein silberner<br />
Reflektor zum Einsatz, der deren Licht auf den<br />
Bart zurückwerfen sollte. Es sollte keine harten<br />
Schatten geben, deswegen versuchte ich, den<br />
Kontrast so gering wie möglich zu halten. Ich<br />
montierte ein 50mm f/1.4 Objektiv und<br />
schraubte die Kamera auf das Stativ. Ich schalte<br />
in die manuelle Betriebsart, wählte ISO 640 und<br />
Blende f/8, um zwar das Model scharf, den<br />
Hintergrund aber weicher abzubilden; meine<br />
Verschlusszeit war 1/250 Sekunde. Nach einigen<br />
Aufnahmen merkte ich, dass die Brille das Motiv<br />
zu stark dominierte, deswegen wanderte sie in<br />
den V-Ausschnitt des Pullovers meines Models,<br />
so dass sie zwar immer noch zu sehen ist,<br />
jedoch weniger Aufmerksamkeit auf sich zieht.<br />
Im Uhrzeigersinn von oben links: Der Rahmen wurde<br />
mit Sprühkleber behandelt, bevor ich ihn in die<br />
Zuckerstreusel drückte. Der „Bart“ wurde von Hand aus<br />
Zuckerwatte geformt und mit ein paar Tropfen Wasser<br />
auf das Gesicht geklebt. Die Beleuchtung bestand aus<br />
einer einzigen Tageslichtbirne und einem silbernen<br />
Reflektor, um harte Schatten zu vermeiden.<br />
Als ich das <strong>Bild</strong> im Kasten hatte, sagte ich dem<br />
Model, es könne nun seinen Bart essen – das<br />
kommt wahrhaftig nicht alle Tage vor!<br />
Ich öffnete das <strong>Bild</strong> in Photoshop und<br />
retuschierte mit Kopierstempel und<br />
Reparaturpinsel einige „unaufgeräumt“ wirkende<br />
Areale des Bartes, außerdem nahm ich kleinere<br />
Korrekturen an Farbsättigung, Kontrast und<br />
Gradationskurven vor. Nun war das <strong>Bild</strong> fertig,<br />
und just zur selben Zeit war auch der Bart ab…<br />
82 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
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83
DasKreative Creative Eye Auge<br />
IN DER LEIHBÜCHEREI<br />
Catherine MacBride<br />
Kamera: Nikon D7100<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 18-105mm<br />
Software: Adobe Photoshop CC<br />
Nicht zum ersten Mal überrascht es mich,<br />
dass die scheinbar einfachsten Themen<br />
– „Bücher“ in diesem Fall – bei mir oft eine<br />
hartnäckige Blockade gegen gute Ideen<br />
erzeugen.<br />
Ich bin ein passionierter Bücherwurm und mache<br />
regelmäßig Fotos zu dem Thema, doch dieses Mal<br />
wollte mir einfach nichts einfallen. Kurz bevor ich wohl<br />
den Versuch aufgegeben hätte, vor meinem leeren<br />
Notizbuch sitzend, etwas Sinnvolles zu Papier zu<br />
bringen, ging ich ans Regal, um wahllos ein paar Bücher<br />
herauszugreifen, in der Hoffnung, dadurch eine<br />
zündende Idee zu bekommen. Wieder Fehlanzeige.<br />
Also setzte ich mich wieder vor mein Notizbuch und<br />
verfiel in Tagträumereien, aus denen sich vielleicht<br />
etwas ergeben würde. Dabei fiel mir eine Filmszene ein,<br />
in der ein Buch in einer Leihbücherei gestempelt wurde.<br />
Die Sequenz war aus der Vogelperspektive gedreht<br />
worden und die Farben und das Setup hatten mir sehr<br />
gut gefallen, weil sie Kindheitserinnerungen an die Zeit<br />
zurückbrachten, als jedes Buch, das man auslieh, mit<br />
einem Datumsstempel versehen wurde, der anzeigte,<br />
wann das Buch spätestens zurückgegeben werden<br />
musste. Warum sollte ich nicht dieses Motiv<br />
fotografieren, das ähnlich nostalgische Erinnerungen<br />
erzeugen könnte, wie der Film?<br />
Obwohl es sich um ein sehr einfaches Setup und ein<br />
einfaches Foto handelt, bestand das damit<br />
einhergehende Problem darin, jene Gegenstände zu<br />
finden, die ich brauchte, um dem <strong>Bild</strong> dieses Feeling der<br />
1970er Jahre zu geben. Dazu brauchte ich einen hellen,<br />
Oben links: Mein Sohn stellte seine Hände für das <strong>Bild</strong> zur<br />
Verfügung, und ich schoss senkrecht von oben, wobei mir der<br />
LiveView die <strong>Bild</strong>komposition erleichterte.<br />
Links: Ein alter Bücherei-Leihschein und ein Datumsstempel<br />
geben dem Foto seine Authentizität.<br />
Gegenüber: In Photoshop erhielt der „Schreibtisch“ seine<br />
Retro-Erscheinung; eine Ebenenmaske diente mir zur<br />
Bearbeitung der Hände.<br />
rötlichen Hintergrund aus gealtertem Kiefernholz, den<br />
ich auf dem Dachboden in Form einer alten<br />
Spielzeugkiste fand. Weiter brauchte ich einen<br />
altmodischen Datumsstempel, ein Stempelkissen aus<br />
derselben Zeit und einen Bücherei-Leihschein, den ich<br />
mir von einem Freund ausleihen konnte, der ein<br />
Antiquariat betreibt. Ein abgenutztes Buch mit<br />
vergilbten Seiten fand ich in Form eines alten<br />
Briefmarkenalbums. Das war zwar nicht perfekt, weil<br />
der typische Plastikumschlag der Leihbüchereien jener<br />
Zeit fehlte, aber so hatte ich wenigstens keine Probleme<br />
mit Reflexionen.<br />
Als Erstes machte ich mich über den Leihschein her,<br />
den ich mit einer Serie unterschiedlicher<br />
84 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
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Datumsangaben stempelte, so als sei das Buch viele<br />
Male ausgeliehen worden. Die Anordnung der Stempel<br />
erfolgte bewusst unordentlich, denn nach meiner<br />
Erinnerung war das Rückgabedatum eines bestimmten<br />
Buches nie in dem Stempelabdruck zu finden, der gut<br />
zu lesen war. Als ich fertig war, legte ich den Leihschein<br />
in die Mitte der ersten Seite des offenen Buchs und<br />
platzierte Stempelkissen und Datumsstempel daneben.<br />
Nun, da ich meine Requisiten zusammen hatte, bat<br />
ich meinen Sohn, den Schreibtisch der „Ausleihe“ zu<br />
besetzen, was er gerne tat, auch wenn nur seine Arme<br />
auf dem Foto zu sehen waren. Meine Beleuchtung<br />
bestand aus einer einzigen Lampe mit einer 6500K<br />
Tageslichtbirne, denn ich wollte eine gleichmäßige<br />
Beleuchtung. Ich brachte noch einen weißen Brolly an<br />
der Lampe an und griff mir die Kamera, auf die ich<br />
ein18–105mm Objektiv montierte. Ich schaltete in die<br />
manuelle Betriebsart, wählte ISO 640, Blende f/9 und<br />
eine Verschlusszeit von 1/400 Sekunde. Ich benutzte<br />
kein Stativ, sondern stellte mich direkt über das Motiv<br />
und machte meine <strong>Bild</strong>komposition mithilfe von<br />
LiveView. Mein improvisierter Büchereischreibtisch war<br />
nicht so breit wie ich ihn gerne gehabt hätte, deswegen<br />
musste der <strong>Bild</strong>ausschnitt etwas enger erfolgen. Mein<br />
Sohn bewegte seine Hände aber in die richtige Position,<br />
und so fand ich eine zufriedenstellende<br />
<strong>Bild</strong>komposition.<br />
Ich öffnete das gelungenste <strong>Bild</strong> in Photoshop und<br />
begann mit der Retusche, wobei ich einige Flecken auf<br />
dem „Schreibtisch“ entfernte und den leicht rötlichen<br />
Farbton des Kiefernholzes etwas intensivierte, um den<br />
nostalgischen Touch zu verstärken. Mit einer<br />
Ebenenmaske gab ich der Haut an den Händen eine<br />
etwas gefälligere Oberflächenbeschaffenheit und<br />
reduzierte die Deckkraft, bis das Ergebnis in Ordnung<br />
war. Ich justierte außerdem die Farbbalance, wobei ich<br />
mich etwas in Richtung Cyan und Magenta bewegte.<br />
Dem Leihschein fügte ich noch die Worte „Creative Eye<br />
Library“ hinzu, und das war es auch schon. Fertig. Das<br />
<strong>Bild</strong> sah zwar ziemlich anders aus, als ich es mir zunächst<br />
vorgestellt hatte, doch das nostalgische Gefühl, das ich<br />
transportieren wollte, ist immer noch da.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
85
DasKreative Creative Eye Auge<br />
LOVE STORY<br />
Jordan Butters<br />
Kamera: Nikon D5300<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 18-105mm f/3.5-5.6<br />
Software: Lightroom 4 & Photoshop CS5<br />
Ein Foto zum Thema „Bücher“ sollte<br />
eigentlich nicht besonders schwierig<br />
sein, also stellte ich mir die<br />
zusätzliche Aufgabe, ein <strong>Bild</strong> mit<br />
minimaler digitaler Nachbearbeitung<br />
und <strong>Bild</strong>manipulation zu produzieren. Im Internet<br />
fand ich etliche inspirierende <strong>Bild</strong>er von Büchern,<br />
die um die Köpfe der Leser herum schwirrten,<br />
und Motive, in denen die Figuren eines Romans<br />
zum Leben erwachten und in die reale Welt<br />
eingriffen. Alles sehr eindrucksvoll, aber nicht<br />
praktikabel, weil das <strong>Bild</strong> ausschließlich in der<br />
Kamera entstehen sollte.<br />
Auf der Suche nach Inspiration fielen mir auch<br />
mehrere <strong>Bild</strong>er zum Thema „Bücher“ von meiner<br />
Kollegin Catherine MacBride in die Hände, alle<br />
sehr spannend und mit viel handwerklichem<br />
Aufwand perfekt mit der Kamera in Szene gesetzt.<br />
Mir wurde klar, dass ich da nicht mithalten konnte,<br />
weil meine handwerklichen Fähigkeiten gegen<br />
Null tendieren. Ich musste mein Motiv also<br />
äußerst einfach gestalten, um Erfolg zu haben.<br />
Nichtsdestotrotz waren meine Recherchen<br />
erfolgreich, und ich entwickelte die Idee zu einer<br />
„Love Story“. Das Formen von Herzen aus den<br />
Seiten eines Buches ist zwar keine ganz neue<br />
Idee, aber ein perfektes Beispiel dafür, dass man<br />
den Blick nicht weit schweifen lassen muss, um<br />
das Potenzial für ein gutes Foto zu erkennen.<br />
Als Erstes musste ich zwei Seiten des Buches in<br />
Herzform fixieren, was leichter gesagt als getan<br />
war, wie sich herausstellte. Ich probierte alles aus,<br />
was mir einfiel, um die Seiten in Position zu<br />
halten, einschließlich Klebstoff, Büroklammern,<br />
Heftklammern oder Festhalten der Seiten mit der<br />
Hand, doch jede dieser Methoden würde auf dem<br />
<strong>Bild</strong> zu sehen sein. Ich fand die Lösung schließlich<br />
in Form eines kleinen Streifens doppelseitigen<br />
Teppich-Klebebands, der, wenn er geschickt<br />
angebracht wurde, die Seiten in Position hielt,<br />
jedoch selbst nicht sichtbar war. Nachdem die<br />
grundsätzliche Form gefunden war, begann ich<br />
mit dem <strong>Bild</strong>aufbau. Ich benutzte ein 18-105 mm<br />
Zoomobjektiv und probierte eine Reihe<br />
unterschiedlicher Winkel und Standpunkte, bevor<br />
ich die am besten wirkende <strong>Bild</strong>komposition fand,<br />
indem ich so nah heranging, dass die Kanten der<br />
Buchseiten fast das Objektiv berührten.<br />
Ich benutzte die Weitwinkeleinstellung des<br />
Objektivs, wodurch mir die Stoßkante der beiden<br />
Buchseiten in der Fadenheftung als Führungslinie<br />
diente, die den Blick des Betrachters zu der<br />
herzförmigen Öffnung an der Oberkante der<br />
Buchseiten leiten würde. Dieser Blickwinkel<br />
wurde erreicht, indem ich die mir zugewandte<br />
Kante des Buchrückens auf eine kleine Schachtel<br />
legte und nur noch die gegenüberliegende<br />
Buchkante auf der Tischplatte auflag, wodurch<br />
das Buch nun in einem flachen Winkel nach oben<br />
geneigt war. Die Herzform wurde durch eine in<br />
das Buch eingelegte Streichholzschachtel am<br />
Umkippen gehindert. Als Nächstes baute ich<br />
einen Studioblitz in einer Strip-Softbox auf und<br />
richtete ihn von oben auf mein Arrangement,<br />
damit den Kanten meiner Herzform ein hübsches<br />
Glanzlicht entstehen würde. Ich stellte das<br />
Blitzgerät auf halbe Leistung ein und wählte an<br />
der Kamera die Blitzsynchronisationszeit von<br />
einer 1/200 Sekunde. Blende f/10 und ISO 100<br />
sorgten für adäquate Schärfentiefe – die obersten<br />
Textzeilen der Seiten sollten erkennbar bleiben.<br />
Eine Testaufnahme ergab, dass der Blitz durch die<br />
Seiten schoss, wodurch deren Text überbelichtet<br />
Ganz oben links: Ein<br />
schmales Stück<br />
Teppichklebeband hielt die<br />
Buchseiten so zusammen,<br />
dass die Herzform entstand.<br />
Ganz oben rechts: Ein kleiner<br />
Bogen schwarzer Karton<br />
diente dazu, den Blitz<br />
ausschließlich auf die Kanten<br />
der herzförmig gebogenen<br />
Buchseiten fallen zu lassen.<br />
Oben innen: Ich stellte die<br />
Blitzsynchronzeit von 1/200<br />
Sekunde und ISO 100 ein.<br />
Blende f/10 ergab genau die<br />
richtige Schärfentiefe.<br />
Links: Der LiveView und ein<br />
dreh- und schwenkbarer<br />
Kameramonitor schonen den<br />
Rücken, wenn man aus tiefen<br />
Positionen fotografiert.<br />
wurde, doch weniger Blitzleistung hätte den<br />
Glanzeffekt an den Kanten der Buchseiten<br />
zunichte gemacht. Also benutzte ich einen<br />
kleinen Bogen schwarzen Kartons, um den<br />
Lichtblitz daran zu hindern mehr als nur die<br />
Kanten der Buchseiten zu erreichen, wodurch die<br />
Überbelichtung kompensiert wurde, ohne den<br />
Effekt des Glanzlichts zu gefährden. Mit dem<br />
LiveView stellte ich manuell auf die oberste Zeile<br />
der Seiten scharf, schaltete auf „Manuell<br />
Scharfstellen“ und machte mein Foto.<br />
Obwohl ich Photoshop eigentlich nicht hatte<br />
verwenden wollen, profitierte das <strong>Bild</strong> schließlich<br />
doch von einigen wenigen Korrekturen. Ich fügte<br />
als erstes eine Gradationskurven-<br />
Einstellungsebene hinzu, mit deren Hilfe ich den<br />
Kontrast leicht verstärkte. Dann fügte ich eine<br />
zweite Gradationskurven-Ebene hinzu und<br />
passte die blauen, grünen und roten Kanäle<br />
separat an. Zum Schluss schärfte ich das gesamte<br />
Foto etwas nach, und mein <strong>Bild</strong> war fertig – ein<br />
kreatives Werk, das fast ausschließlich mit der<br />
Kamera entstanden war. Zeit, die Füße<br />
hochzulegen und ein gutes Buch zur Hand zu<br />
nehmen…<br />
86 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
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DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
87
DasKreative Creative Eye Auge<br />
Links und unten: Ein<br />
Setup mit drei Kerzen<br />
und dem iPad als<br />
Aufhelllicht reichte<br />
aus, um die Bücher im<br />
Low-Key-Stil zu<br />
beleuchten. Mithilfe<br />
des Histogramms<br />
stellte ich sicher, dass<br />
die Tonwerte<br />
gleichmäßig verteilt<br />
waren.<br />
Rechts: Zum Schluss<br />
legte ich noch den<br />
Füllhalter oben auf den<br />
Bücherstapel, um eine<br />
weitere Komponente<br />
des Schreibens in das<br />
Motiv zu bringen.<br />
Ganz unten: Zuvor<br />
hatte ich noch andere<br />
Requisiten ausprobiert.<br />
LESEN BEI KERZENLICHT<br />
Caroline Schmidt<br />
Kamera: Nikon D7100<br />
Objektiv: NIKKOR AF-S 50mm f/1.4G<br />
Software: Adobe Photoshop CS4<br />
Wenn mich ein Buch wirklich fesselt, komme<br />
ich nicht mehr davon los, bis ich auf der<br />
letzten Seite angelangt bin. Das Leben macht<br />
eine Pause, vor der Waschmaschine stapelt<br />
sich die Wäsche und die Familie steigt auf<br />
Selbstversorgung um. Meine Welt ist identisch geworden mit<br />
der, die in den Seiten des Buches ausgebreitet wird.<br />
Andere Bücherwürmer kennen diese Erfahrung,<br />
insbesondere die, die von den klassischen<br />
Abenteuerromanen nicht genug bekommen können, seien<br />
sie von Robert Louis Stevenson, Karl May oder Mark Twain.<br />
Es gibt nur eine einzige Art, wie man den nostalgischen<br />
Geruch solcher bibliophiler Schätze, das Gefühl des<br />
Berührens der verwitterten Ledereinbände und die<br />
berühmten Texte dieser der Autoren adäquat genießen<br />
kann: bei Kerzenlicht – denn sie wurden auch bei<br />
Kerzenlicht geschrieben. Es hat etwas Herzerwärmendes,<br />
ein Buch bei Kerzenschein zu lesen, besonders wenn es sich<br />
um einen Klassiker handelt, der lange vor der<br />
Elektrifizierung unseres Alltags geschrieben worden ist;<br />
man spürt einen Hauch von der Inspiration des Autors und<br />
bekommt ein Gefühl für jene Tage vergangener Zeiten.<br />
Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich das<br />
Thema meiner Aufgabenstellung erfuhr – „Bücher“. Doch all<br />
das in einem Foto auszudrücken, ist nicht ganz einfach.<br />
Zuerst dachte ich daran, eine Frau in einem Lehnstuhl<br />
abzubilden, eine Tasse Kaffee in Reichweite und einen<br />
Klassiker in Händen, die gesamte Szenerie durch Kerzen in<br />
gedämpftes Licht getaucht. Meine zweite Idee war, einen<br />
Stapel Klassiker zu fotografieren, beleuchtet durch<br />
Kerzenlicht, der die Nostalgie dieser Literatur aus sich selbst<br />
heraus verströmen sollte. Die zweite Idee ist technisch<br />
wesentlich anspruchsvoller – das war der Hauptgrund,<br />
warum ich mich dafür entschied.<br />
Nun ist es gar nicht einfach, alte Bücher zu finden, solche<br />
mit Leinen- oder Ledereinband und Fadenheftung,<br />
womöglich noch mit Goldschnitt. Sie verstecken sich in den<br />
altehrwürdigen Universitätsbibliotheken, in Antiquariaten<br />
oder in den staubigen Bücherregalen von Großeltern. Mein<br />
zentrales <strong>Bild</strong>element war eine alte Schulausgabe von „Das<br />
verlorene Paradies“ von John Milton die, auf zwei anderen,<br />
antiquarischen Bänden liegt, deren Titel jedoch nicht zu<br />
erkennen sind. Ein Holztisch diente mir als Hintergrund und<br />
eine Laterne mit Kerze als Beleuchtung. Bei der<br />
<strong>Bild</strong>komposition für ein Stillleben können Sie Stunden damit<br />
verbringen, die <strong>Bild</strong>elemente präzise zu platzieren,<br />
Blickwinkel zu korrigieren und Areale zu auszuleuchten,<br />
ohne dass Sie Ihre eigenen Ansprüche zufriedenstellen<br />
würden. Doch es gibt nur wenig Spielraum für Fehler, denn<br />
der Erfolg eines solchen Fotos steht und fällt mit den kleinen<br />
Details. Ich hatte mich für drei Bücher entschieden, weil eine<br />
ungerade Anzahl Objekte grundsätzlich besser aussieht und<br />
ich hatte noch ein paar weitere Requisiten parat,<br />
beispielsweise einen altmodischen Tintenfüllhalter. Ich hatte<br />
bewusst Bücher ausgewählt, die einen attraktiven<br />
Buchrücken, eine goldfarbene Buchrückenverzierung und<br />
einen Goldschnitt hatten, denn daran würde sich das<br />
Kerzenlicht reflektieren und dem <strong>Bild</strong> eine zwar<br />
wahrnehmbare, aber kaum greifbare Dimension der<br />
Vergangenheit geben. Ich versuchte unterschiedliche<br />
Kamerastandpunkte und Blickwinkel und änderte die<br />
Position der Bücher und der Kerzen um die Laterne herum,<br />
die als mir Hauptlicht diente. Irgendwann gefiel mir die<br />
Anordnung und ich hatte meinen grundsätzlichen<br />
<strong>Bild</strong>aufbau gefunden.<br />
Kerzenlicht ist nicht einfach zu steuern, weil es schnell<br />
kitschig wirken kann, und dann ist jegliche Atmosphäre<br />
dahin. Ich schaltete das elektrische Licht aus und veränderte<br />
die Positionen der Kerzen so, dass möglichst wenig Schatten<br />
zu sehen waren. Der Schattenwurf an der rechten Seite war<br />
jedoch so intensiv, dass ich mein iPad mit der Softbox Pro<br />
App und einem orangefarbenen Filter als schwache<br />
Lichtquelle zum Aufhellen benutzte. Die Lichtverhältnisse<br />
waren insgesamt naturgemäß sehr schlecht und da ich das<br />
<strong>Bild</strong>rauschen minimieren wollte, stellte ich ISO 100 ein und<br />
löste die Kamera auf dem Stativ per Selbstauslöser aus. Ich<br />
begann mit der Zeitautomatik, das Belichtungssystem war<br />
auf Mehrfeldmessung eingestellt und überprüfte anhand<br />
dieser Aufnahme die Schärfentiefe. Es erwies sich, dass die<br />
besten <strong>Bild</strong>er mit Blende f/4 oder einer noch größeren<br />
Blende gelangen, weil dadurch die Kerzenflammen<br />
verschwammen und weicher wurden. Dabei litt jedoch die<br />
Schärfe im Vordergrund. Nachdem ich meinen Blendenwert<br />
gefunden hatte, schaltete ich die Kamera in die manuelle<br />
Betriebsart, denn ich wollte das <strong>Bild</strong> bewusst unterbelichten,<br />
um die beabsichtigte Atmosphäre zu erreichen. Ich stellte die<br />
Blende ein, nahm eine Spotmessung auf einem mittleren<br />
Farbton vor, und stellte die Verschlusszeit entsprechend ein.<br />
Kerzenlicht sorgt für einen warmen, rötlichen Farbstich,<br />
deswegen stellte ich den Weißabgleich anfangs auf die<br />
Voreinstellung „Glühbirne“ ein. Die Farbbalance ließ sich<br />
jedoch durch einen der Situation angepassten Weißabgleich<br />
besser steuern.<br />
Mit Photoshop blieb nur noch wenig zu tun, weil ich nach<br />
gutem Brauch schon alles bei der Aufnahme so gut wie<br />
möglich eingerichtet hatte. Es war eine kleine Korrektur an den<br />
Gradationskurven erforderlich, um mehr Details in die<br />
verbliebenen Schatten zu bringen. Außerdem erhöhte ich die<br />
Sättigung der roten Farbtöne ein wenig, um dem <strong>Bild</strong> noch<br />
mehr Wärme zu geben.<br />
88 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
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DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
89
Einzigartige <strong>Bild</strong>er,<br />
wohin man sieht<br />
Auch 2014 schlagen die vielen Fotoausstellungen auf der photokina<br />
einen beeindruckenden Bogen von Fotodokumentationen und<br />
Fotodesign, bis hin zum Fotojournalismus und der Fotokunst. Im<br />
Folgenden geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die<br />
Highlights in diesem Jahr.<br />
Der Internationale Naturfoto-Wettbewerb<br />
„Glanzlichter“ ist einer der größten und<br />
renommiertesten deutschen Naturfoto-<br />
Wettbewerbe, der seit 1999 ausgeschrieben wird.<br />
Er steht unter der Schirmherrschaft des<br />
Bundesumweltministeriums und unter dem<br />
Patronat des DVF. Die ausgestellten<br />
Gewinnerbilder dokumentieren den hohen<br />
Standard der Naturfotografie und sind gleichzeitig<br />
ein Appell an uns alle, sich für den Schutz und die<br />
Bewahrung der Natur einzusetzen. Für Besucher<br />
besonders interessant: Die Glanzlichter-<br />
Ausstellung wird von den<br />
Wettbewerbs-Veranstaltern persönlich betreut. Sie<br />
stehen für Fragen zur Verfügung, bieten täglich<br />
Führungen durch die Ausstellung an und geben<br />
dabei Hintergrundinformationen zu den jeweiligen<br />
<strong>Bild</strong>ern.<br />
Im Rahmen der photokina präsentiert National<br />
Geographic Deutschland eine Auswahl der besten<br />
<strong>Fotografie</strong>n aus der 125-jährigen Geschichte des<br />
legendären Magazins. Die Ausstellung, bestehend<br />
aus 55 außergewöhnlichen <strong>Bild</strong>ern, spiegelt die<br />
wichtigsten Expeditionen und Reportagen des<br />
Magazins der National Geographic Society wider<br />
– von der Gründung im Jahr 1888 bis heute.<br />
Das International Photographic Council (IPC),<br />
eine mit den Vereinten Nationen verbundene<br />
Nichtregierungsorganisation, präsentiert mit „We<br />
the Peoples” gemeinsam mit dem Department of<br />
Public Information der Vereinten Nationen erneut<br />
eine UN-Fotoausstellung auf der photokina.<br />
„We the Peoples” (Wir, die Völker) sind die ersten<br />
Worte der Charta der Vereinten Nationen. Die<br />
Ausstellung wird von Lifetouch Inc., dem weltweit<br />
größten Unternehmen im Bereich der<br />
Porträtfotografie gesponsert und kuratiert.<br />
Unter dem Titel „Kinder. Die Gegenwart der<br />
Zukunft“ präsentieren Unicef Deutschland und das<br />
Magazin ‚Geo‘ die besten Fotos und Reportagen<br />
aus dem internationalen Wettbewerb „UNICEF-<br />
Foto des Jahres“ 2012 und 2013. 25 Fotografen aus<br />
16 Nationen tragen mit exzellenten Reportagen<br />
und <strong>Fotografie</strong>n zu dieser thematisch wie<br />
fotografisch vielfältigen Ausstellung bei.<br />
Die <strong>Bild</strong>erausstellung „A Fallen Angel“ der Japan<br />
Camera Industry Institute Ausstellung zeigt Fotos<br />
aus dem Erstlingswerk des berühmten Japanischen<br />
Fotografen Yoshihiro Tatsuki, die er im Alter von 27<br />
Jahren aufgenommen hat. Es gab kein konkretes<br />
Thema, sondern nur einfache Monochrom-<br />
<strong>Fotografie</strong>n in ihrer reinsten Form mit einem sich<br />
frei bewegenden Mädchen. Die Werke begeistern<br />
noch heute durch ihre einzigartige Ästhetik und<br />
<strong>Bild</strong>sprache.<br />
Superlative sind angesagt, wenn es um Europas<br />
größten Fotowettbewerb Blende geht. Seit<br />
nunmehr fast 40 Jahren demonstriert „Blende“ mit<br />
seinen <strong>Bild</strong>ern den Enthusiasmus der<br />
teilnehmenden Amateurfotografen. Ihre<br />
Aufnahmen bereichern auch in 2014 die photokina<br />
nachhaltig und verdienen ohne Wenn und Aber<br />
allesamt das respektvolle Prädikat „staunenswert“.<br />
Gute, ja sehenswerte <strong>Fotografie</strong>n aus zwei<br />
Jahrgängen „Blende“ erwarten die photokina-<br />
Besucher auf dem Mittelboulevard der photokina.<br />
Ein <strong>Bild</strong>ermeer aus über 40.000 <strong>Fotografie</strong>n - von<br />
den Anfängen der <strong>Fotografie</strong> bis heute - präsentiert<br />
sich den photokina-Besuchern in der Passage 4/5<br />
mit der Gemeinschaftsaktion „Der größte<br />
Photoglobus der Welt“ auf nahezu 500<br />
Quadratmetern in der Passage 4/5. Die international<br />
ausgelegte Gemeinschaftsaktion „Der größte<br />
Photoglobus der Welt“, die alles bisher<br />
Dagewesene in den Schatten stellt, hatte mit dem<br />
Jubiläum „175 Jahre <strong>Fotografie</strong>“ sowie dem<br />
photokina-Jahr 2014 weltweit aufgerufen, auf dem<br />
deutsch- und englischsprachigen Portal unter dem<br />
Motto „175 Years of PhotoMoments“ diese<br />
einzigartige <strong>Bild</strong>erreise entstehen zu lassen.<br />
Foto- und Mediendesign-Studenten des IFAG!<br />
Institut für Angewandte Gestaltung setzen für ihre<br />
<strong>Bild</strong>er viele neue Präsentationsmöglichkeiten ein –<br />
von neuen LED-Panels, neuen<br />
<strong>Bild</strong>trägermaterialien, verschwimmende Grenzen<br />
zwischen <strong>Fotografie</strong> und Film bis hin zu interaktiven<br />
Fotos. Unter der Leitung von Uli Kreifels und<br />
Thomas Hilbig entsteht auf der photokina 2014 eine<br />
in Form und Inhalt sehr außergewöhnliche und<br />
inspirierende Ausstellung. Während der Messe wird<br />
Uli Kreifels auch Workshops anbieten, um die<br />
verwendeten Techniken zu erklären und zu zeigen,<br />
wie man sie in der eigenen Arbeit anwenden kann.<br />
Um eine ganz besondere Ausstellung geht es bei<br />
„Butterfly“ vom Umweltfotofestival Horizonte<br />
Zingst. Es handelt sich um eine Outdoor<br />
Ausstellung vor dem Sü<strong>dein</strong>gang der Messe, die<br />
beeindruckende <strong>Bild</strong>er filigraner Schmetterlinge<br />
zeigt. Und so groß und so schön sind<br />
Schmetterlinge noch nie fotografisch dargestellt<br />
worden. Der Fotograf Jan Michael Hosan hat sich<br />
ans Werk gemacht und mit einer speziell<br />
ausgetüftelten Beleuchtungstechnik die Farben der<br />
zarten Geschöpfe zum Leuchten gebracht. Hosan<br />
hielt die Lebendigkeit der Schmetterlinge im<br />
„Garten der Schmetterlinge“ von Schloss Sayn<br />
fotografisch fest. Die spektakuläre XXL-Ausstellung<br />
kommt direkt vom vom Umweltfotofestival<br />
„Horizonte Zingst“ nach Köln zur photokina.
FOTO-<br />
WORKSHOP<br />
UNSERE EXPERTEN VERHELFEN IHNEN ZU BESSEREN FOTOS<br />
Praxiskurs: Makrofotografie<br />
FOTOGRAF ROSS HODDINOTT UND DIGITALE-FOTOGRAFIE-LESER COLIN BOUCHER<br />
ERLÄUTERN GRUNDLAGEN UND TRICKS FÜR DIE MAKROFOTOGRAFIE IN DER NATUR.
FOTO-<br />
WORKSHOP<br />
Expert tuition<br />
Colin Boucher<br />
Colin Boucher ist enthusiastischer<br />
Amateurfotograf der besonders von<br />
der Natur- und von der<br />
Landschaftsfotografie fasziniert ist.<br />
Ausrüstung: Nachdem er über Jahre<br />
hinweg eine Olympus E-330 benutzte, wechselte er<br />
zu einem Spiegelreflex-System. Er verwendet heute<br />
eine Nikon D610 mit NIKKOR 105mm f/2.8 Micro<br />
Objektiv, ferner ein Giotto 8245 Stativ mit Manfrotto<br />
410 junior Stativkopf und einen Nikon MC-DC2<br />
Kabelfernauslöser.<br />
Ross Hoddinott<br />
Ross Hoddinott ist Berufsfotograf,<br />
spezialisiert auf Natur-, Landschaftsund<br />
Makrofotos. Er ist Autor mehrerer<br />
Bücher, unter anderem über digitale<br />
Makrofotografie außerdem hat er<br />
bereits etliche Preise gewonnen.<br />
Ausrüstung: Er verwendet eine Nikon D800 mit<br />
NIKKOR 200mm f/2.8 Micro Objektiv, ein Gitzo<br />
GT3541LS Stativ mit Manfrotto 405 Stativkopf und<br />
einen Nikon MC-36 Fernauslöser.<br />
B<br />
uschwindröschen sind wunderschöne Blumen<br />
und sie gehören zu den ersten, die im Frühling<br />
zu blühen beginnen. Oftmals bilden sie dichte,<br />
großflächige Blumenteppiche, denen passionierte<br />
Naturfotografen nicht widerstehen können.<br />
Colins Originalfoto wurde bei abgeschirmtem<br />
Sonnenlicht aufgenommen. Er verwendete ein 105mm-<br />
Makroobjektiv, die Kamera war auf dem Stativ montiert.<br />
Er selbst sagt über sein <strong>Bild</strong>: „Ich mag Nahaufnahmen in<br />
freier Natur, besonders Blumen. Dieses <strong>Bild</strong> ist zwar ganz<br />
schön, aber ich würde es gerne besser machen. Ich<br />
denke, Ross wird mir sagen, ich hätte viel näher heran<br />
gehen müssen, doch wie kann ich es noch auf andere<br />
Weise verbessern?“<br />
„Collins <strong>Bild</strong> ist gar nicht übel, doch es gibt einige<br />
Kernbereiche, in denen es verbessert werden kann.<br />
Der steile Blickwinkel lässt das Motiv sehr flach<br />
aussehen, zweidimensional; bei Blumen ist ein<br />
niedrigerer Kamerastandpunkt oft besser, denn er<br />
gibt dem <strong>Bild</strong> mehr Tiefe, macht es also<br />
dreidimensional. Außerdem hilft ein einfacher<br />
Hintergrund, das eigentliche Motiv aus seiner<br />
Umgebung hervorzuheben. Benutzen Sie<br />
deswegen eine große Blende etwa im Bereich von<br />
f/2.8–f/5.6, um einen entsprechend flachen<br />
Schärfentiefebereich zu erzeugen. Daran werden<br />
wir arbeiten müssen. Die Aufnahme kann weiter<br />
verbessert werden, einfach in dem die Kamera<br />
COLINS ORIGINALFOTO<br />
Oben: Das von Colin zur Besprechung eingesandte<br />
Originalbild.<br />
Unten: Ross und Colin bereiten ihre Ausrüstung vor.<br />
Rechts: Colin ist bereit, während Ross das Liveview-<strong>Bild</strong><br />
kontrolliert und Tipps zur Blendeneinstellung gibt.<br />
Unten rechts: Ross und Colin prüfen die aktuelle<br />
Belichtung.<br />
näher an das Objekt heran gebracht wird. Es gibt viel<br />
zu viel leeren Raum im <strong>Bild</strong>ausschnitt. Bei einigen<br />
Motiven ist das zwar erwünscht, doch hier ist er fehl<br />
am Platz. Ziel unserer kleinen Lehrstunde ist es,<br />
Colin dazu zu bringen, näher an sein Motiv<br />
heranzugehen, damit er eine individuelle Blume<br />
isolieren kann. Außerdem muss er seinen<br />
Kamerastandpunkt ändern, damit das <strong>Bild</strong> mehr<br />
Tiefe bekommt.“<br />
SETUP DER KAMERA<br />
„Bei Nahaufnahmen ist die Schärfentiefe entscheidend,<br />
deswegen empfehle ich Colin, die Zeitautomatik oder<br />
die manuelle Betriebsart der Kamera zu verwenden,<br />
wobei das Belichtungsmeßsystem auf<br />
Mehrfeldmessung eingestellt sein sollte. Nach<br />
Überprüfen des <strong>Bild</strong>es und des Histogramms auf dem<br />
Kameramonitor können notwendige Anpassungen mit<br />
der Belichtungskorrektur vorgenommen werden.<br />
Autofokussysteme kapitulieren oft bei<br />
Makroaufnahmen, besonders bei schlechtem Licht<br />
oder geringem Kontrast. Ich empfehle deswegen,<br />
manuell scharfzustellen und den LiveView zu<br />
benutzen. Mit dem LiveView kann man den Bereich, auf<br />
den scharfgestellt werden soll, vergrößern. Auf diese<br />
Weise kann Colin präziser scharfstellen. Es ist<br />
unerlässlich, ein Stativ zu benutzen, um Verwackeln zu<br />
vermeiden. Fernauslöser oder Selbstauslöser<br />
reduzieren das Verwacklungsrisiko weiter. Da die<br />
meisten Blütenblätter von Blumen transparent sind,<br />
eignen sie sich sehr gut für eine Beleuchtung im<br />
Gegenlicht, wobei das Gegenlicht die Leuchtkraft der<br />
Farben verstärkt und Umrisse und Formen besser<br />
erkennbar macht. Doch auch bei bedecktem Himmel<br />
lassen sich sehr schöne Blumenfotos machen. Ein<br />
kleiner Reflektor ist hilfreich, denn er kann benutzt<br />
werden, um etwas Licht auf die Blüte zurückzuwerfen,<br />
damit etwaige Schatten aufgehellt werden.“<br />
HALTEN SIE DIE BILDKOMPOSITION<br />
EINFACH<br />
„Bei Nahaufnahmen gilt: je einfacher die<br />
<strong>Bild</strong>komposition, desto besser. Finden Sie ein<br />
geeignetes Motiv und positionieren Sie die Kamera<br />
so, dass keine unerwünschten Objekte im<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt sind. Die Wahl der Blende kann
Image tutor<br />
f/16 f/3.5<br />
Oben: Eine kürzere Arbeitsentfernung erlaubt Colin die<br />
Aufnahme eines sehr schönen Fotos auf „Augenhöhe“ mit<br />
der Blume.<br />
Links: Dasselbe Motiv, aufgenommen mit<br />
unterschiedlichen Blendenöffnungen.<br />
Unten: Der LiveView sorgt für akkurates Scharfstellen.<br />
zusätzlich helfen, Ablenkungen zu vermeiden,<br />
indem ein flacher Schärfentiefebereich erzeugt<br />
wird. Wir überlegten, einen Polfilter zu benutzen,<br />
um die Farbsättigung zu erhöhen, doch aufgrund<br />
der schlechten Lichtverhältnisse und weil keinerlei<br />
Reflexionen im Motiv vorhanden waren, war sein<br />
Effekt nur minimal. Statt des Polfilters entschieden<br />
wir uns deswegen für eine Mehrfachbelichtung,<br />
um einen kreativen Effekte hinzuzufügen.<br />
Wir fanden beide jeweils nur eine einzige<br />
Blume in einer geeigneten Umgebung, insofern<br />
war die Ausgangssituation für Colin alles andere<br />
als vorteilhaft gewesen. Er wird seine neu<br />
erlernten Fertigkeiten hoffentlich an anderen<br />
Blumen praktizieren und einüben und nächstes<br />
Jahr wird er erneut Gelegenheit haben, die<br />
wunderschönen, aber kurzlebigen<br />
Buschwindröschen ins <strong>Bild</strong> zu setzen.“<br />
DAS WESENTLICHE:<br />
NAHAUFNAHMEN<br />
Verwackeln vermeiden durch Einsatz von Stativ<br />
und Fernauslöser.<br />
Nutzen Sie den LiveView zum präzisen<br />
Scharfstellen.<br />
Erhöhen Sie an windigen Tagen den ISO-Wert,<br />
um Bewegungsunschärfen zu vermeiden.<br />
Halten Sie genug Abstand zwischen Blume und<br />
Hintergrund, damit die kurze Schärfentiefe zur<br />
Geltung kommt.<br />
Nutzen Sie eine Blende von f/5.6 bis f/8, um den<br />
richtigen Schärfebereich zu erzeugen.<br />
COLINS URTEIL<br />
„Mir hat es gut gefallen, und die Zeit mit Ross war<br />
sehr lehrreich. Ich habe gelernt, näher an das<br />
Motiv heran zu gehen und die <strong>Bild</strong>komposition<br />
so einfach wie möglich zu halten. Ich gehe nun<br />
ganz anders an die Blumen heran und<br />
konzentriere mich stärker auf die Auswahl des<br />
Motivs, auf den Kamerastandpunkt und die<br />
<strong>Bild</strong>komposition. Ich werde auf jeden Fall mit<br />
Mehrfachbelichtungen experimentieren, denn<br />
Sie haben das Potenzial für wirklich kreative<br />
Aufnahmen.“<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
93
FOTO-<br />
WORKSHOP<br />
PIER IN BRIGHTON<br />
Jonathan Mullett<br />
Canon EOS 1000D mit EF-S 18–55mm f/3.5–5.6<br />
Belichtung: 20 Sekunden bei Blende f/13 und ISO 100<br />
Die Nachtfotografie kann großartige Fotos<br />
hervorbringen. Für Jonathan hat es sich definitiv<br />
gelohnt, bei Dunkelheit mit der Kamera loszuziehen.<br />
Während des Übergangs vom Tag zur Nacht ist der<br />
Himmel von einem tiefen, prachtvollen Blau, und die<br />
im Meer und im nassen Sand gespiegelte, warm<br />
kontrastierende künstliche Beleuchtung sieht<br />
hinreißend aus. Schade, dass Meer und Sand den<br />
Vordergrund nicht ganz ausfüllen, aber der Strand in<br />
Brighton besteht fast überall aus Kies. Man könnte<br />
versuchen, einen größeren Teil des Vordergrunds<br />
wegzuschneiden und ein Panoramafoto aus dem<br />
Warum es funktioniert:<br />
Großartige, kontrastierende Farben<br />
Gute Belichtung, perfektes Timing<br />
Die Reflexionen im nassen Sand könnten<br />
kaum besser sein<br />
94 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Expertenmeinung<br />
ICH SEHE DICH<br />
Natalie Sleeman<br />
Canon EOS 60D mit Tamron SP 70–300mm f/4–5.6<br />
Belichtung: 1/640 Sekunde bei Blende f/8 und ISO 100<br />
Was die <strong>Bild</strong>komposition betrifft, hat Natalie ein<br />
großartiges Foto abgeliefert. Die Eule ist nach<br />
der Drittelregel positioniert und der Hintergrund<br />
gibt dem Vogel den Kontext mit seiner<br />
Umgebung. Der Schärfentiefebereich ist flach<br />
und somit ist das Waldgebiet unscharf, damit es<br />
nicht vom eigentlichen Motiv ablenkt. Auch der<br />
Augenkontakt ist sehr gut gelungen.<br />
WILDLIFE-EXPERTE Ross Hoddinott<br />
Ich mag Natalies <strong>Bild</strong>komposition und die<br />
Positionierung der Eule. Der Hintergrund ist<br />
erkennbar, doch ausreichend verwischt,<br />
damit er nicht ablenkt. Leider ist das Licht<br />
etwas flach; Abendlicht hätte dem Gefieder der Eule<br />
einen Glanz gegeben, der das <strong>Bild</strong> perfekt gemacht hätte.<br />
KROKUS<br />
Teresa Williams<br />
Pentax K-r mit Sigma AF 50mm f/2.8EX DG Makroobjektiv<br />
Belichtung: 1/125 Sekunde bei Blende f/4 und ISO 100<br />
Dies ist ein sehr attraktives Foto. Theresa hat die Farben<br />
des Krokus in all ihrer Intensität und Leuchtkraft in<br />
weichem, diffusem Licht eingefangen. Der flache<br />
Kamerawinkel, kombiniert mit einer weit offenen<br />
Blende sorgte für einen flachen Schärfentiefebereich,<br />
der den Blick des Betrachters auf die sich im<br />
Schärfebereich befindliche Blume lenkt. Doch sie ist<br />
vielleicht ein bisschen zu zentral im <strong>Bild</strong>ausschnitt. Läge<br />
der Fixpunkt etwas mehr links, so dass der größte Teil<br />
der Blumen sich rechts von ihm befände und<br />
unterschiedlich scharf abgebildet wäre, hätte sich eine<br />
ausdrucksstärkere <strong>Bild</strong>komposition ergeben.<br />
Warum es funktioniert:<br />
Attraktiv weiches und diffuses Licht<br />
Weit offene Blende, um den Fokus zu kontrollieren<br />
Intensiv leuchtende Farben, sehr gut<br />
aufgenommen<br />
SHINE ON<br />
Danny Birrell<br />
Canon EOS 40D mit Tamron SP 17–50mm f/2.8<br />
Haida Pro II Slim zehnstufiger Graufilter und Hitech 0.6ND harter<br />
Verlaufsfilter.<br />
Belichtung: 122 Sekunden bei Blende f/11 Und ISO 100<br />
Danny hat mit seiner Langzeitbelichtung einen<br />
brillanten Effekt erzielt, der das Meer in geheimnisvollen<br />
Nebel verwandelt. Es sieht fantastisch aus, geradezu<br />
mystisch. Eine interessante Szene mit schönen,<br />
gedeckten Tönen, doch die <strong>Bild</strong>komposition könnte<br />
verbessert werden. Der große Felsen auf der linken Seite<br />
dominiert den <strong>Bild</strong>ausschnitt; und obwohl Achse und<br />
Räder prinzipiell gut ins Motiv passen, wirken sie als<br />
Fixpunkt eher deplatziert. Die Aufnahme ist weder ein<br />
Detailfoto, noch ist der Blickwinkel weit genug, um die<br />
gesamte Szenerie darzustellen. Vielleicht hätte ein<br />
Blickwinkel besser funktioniert, der das Motiv als<br />
zentralen Teil seiner Umgebung zeigt, doch das hängt<br />
natürlich davon ab, ob die Umgebung interessant<br />
genug ist.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
95
Expertenmeinungen<br />
RATSCHLÄGE FÜR BESSERE FOTOS<br />
UNSERE<br />
EXPERTEN<br />
DANIEL LEZANO<br />
Seit etlichen Jahren<br />
ständiges<br />
Jurymitglied<br />
mehrerer nationaler<br />
Fotowettbewerbe.<br />
ROSS HODDINOTT<br />
Fotograf und<br />
Buchautor,<br />
spezialisiert auf<br />
Natur-, Makro- und<br />
Landschaftsfotos<br />
LEE FROST<br />
Seit mehreren<br />
Jahren Fotograf<br />
und Buchautor<br />
JORDAN<br />
BUTTERS<br />
Motorsport-<br />
Fanatiker und<br />
Photoshop-Experte.<br />
SOUTHWOLD PIER<br />
Grant Bush<br />
Kamera: Sony Alpha 77<br />
Objektiv: Tokina ATX PRO 11-16mm f/2.8<br />
Belichtung: Five seconds at f/2.8 (ISO 100)<br />
Grant: „Ich wollte den Pier im Mondlicht<br />
aufnehmen und gleichzeitig die<br />
Bewegung des Wassers zeigen – ein<br />
trickreicher Balanceakt, denn ich durfte<br />
einerseits die Lichter des Piers und den<br />
Mond nicht überbelichten und wollte andererseits das<br />
Wasser und die Details im Schatten unter dem Pier<br />
erkennbar darstellen.“<br />
ROSS HODDINOTT: Dass ist auf den ersten<br />
Blick ein gut aussehendes Foto. Obwohl im<br />
Mondlicht aufgenommen, sieht der Himmel<br />
noch sehr blau aus und die Wolken sind sehr<br />
hell. Man könnte denken, es sei ein Bei Tag<br />
aufgenommenes Foto, das stark unterbelichtet<br />
wurde. Ich finde aber den Kamerablickwinkel<br />
sehr unvorteilhaft. Er ist zu stark am Pier<br />
ausgerichtet, was dazu führt, dass die ohnehin<br />
vorhandene Verzerrung durch das<br />
Weitwinkelobjektiv noch verstärkt wird. Hätte<br />
sich die Kamera weiter links vom Pier befunden,<br />
wäre ein größerer Teil von ihm im <strong>Bild</strong> gewesen<br />
und die Länge der Struktur hätte das Auge<br />
besser von rechts nach links ins <strong>Bild</strong> geführt.<br />
Stattdessen führt der Pier das Auge direkt ins<br />
Zentrum des <strong>Bild</strong>ausschnitts und der Betrachter<br />
muss sich förmlich zwingen, auch die linke Seite<br />
des <strong>Bild</strong>es wahrzunehmen. Der<br />
Wasserstandsanzeiger, der links im <strong>Bild</strong> aufragt,<br />
lenkt ab und aufgrund der weit offenen Blende<br />
ist die Schärfentiefe nicht groß genug, um den<br />
Vordergrund scharf ausreichend scharf<br />
abzubilden. Trotzdem meine Anerkennung für<br />
Grant, denn er hat versucht, eine andere<br />
Perspektive für das Motiv von Southwold zu<br />
finden, und das bei Nacht. Individualität und<br />
Experimentierfreude sind ganz wichtig in der<br />
<strong>Fotografie</strong> und obwohl ich dieses spezielle <strong>Bild</strong><br />
mit gemischten Gefühlen betrachte, denke ich,<br />
Grant wird mit seiner innovativen Einstellung<br />
bald sehr gute Landschaftsaufnahmen<br />
abliefern.<br />
Urteil: Der Kamerastandpunkt ist zu nah am<br />
Pier. Die Verzerrung lenkt ab und der Pier<br />
führt abrupt ins Zentrum des <strong>Bild</strong>es, anstatt<br />
von behutsam von rechts nach links.<br />
LEE FROST: Ich halte sehr viel davon, wenn<br />
Fotografen Neues versuchen und Grenzen<br />
überschreiten wollen. Das ist Grant hier sicherlich<br />
gelungen. Wir haben alle schon<br />
Nachtaufnahmen von Piers gesehen, doch diese<br />
hier durchbricht die Norm, hauptsächlich wegen<br />
❝<br />
Mir gefällt der silbrige<br />
Schimmer des Mondlichts auf<br />
dem Meer und der warme Glanz SPIEGELN!<br />
am Strand, verursacht durch die<br />
Beleuchtung des Piers. LEE FROST<br />
❞<br />
des Vollmonds am Himmel. Deswegen ist das ein<br />
großartiges <strong>Bild</strong>. Mir gefällt der silbrige Schimmer<br />
des Mondlichts auf dem Meer und der warme<br />
Glanz am Strand, verursacht durch die<br />
Beleuchtung des Piers. Auch ist genügend Detail<br />
an der Unterseite des Piers vorhanden, während<br />
die Wärme der Beleuchtung gut mit dem tiefen<br />
Blau des Himmels kontrastiert. Die<br />
<strong>Bild</strong>komposition ist gut und das<br />
Weitwinkelobjektiv ist geschickt eingesetzt, um<br />
die Perspektive zu erweitern. Außerdem bildet<br />
der Pier eine mächtige Diagonale, die das Auge<br />
in die Szene führt.<br />
Ich würde das <strong>Bild</strong> allerdings spiegeln, weil es<br />
grundsätzlich besser ist, wenn die Führungslinie<br />
von der linken Seite ins <strong>Bild</strong> kommt. Vielleicht<br />
hätte Grant das Foto einfach von der anderen<br />
Seite des Piers schießen können, aber dann wäre<br />
wohl der Mond verdeckt gewesen. Das Timing<br />
der Aufnahme ist gut, denn der Mond ist klar zu<br />
erkennen. Wäre er durch eine Wolke verdeckt<br />
gewesen, hätte es auch die Spiegelung im<br />
Wasser nicht gegeben und der gesamte Himmel<br />
wäre dunkler gewesen.<br />
Urteil: Eine Nachtaufnahme mit viel<br />
Dramatik, perfektioniert durch den<br />
Vollmond.<br />
Nachbearbeitung<br />
Wir betrachten <strong>Bild</strong>er von links nach<br />
rechts, genau so, wie wir die Sätze eines<br />
Textes lesen. Deswegen wird Grants<br />
Foto qualitativ verbessert, wenn es<br />
gespiegelt wird, denn dadurch kommt<br />
der Pier von links nach rechts ins <strong>Bild</strong>.<br />
Nichts ist leichter als das mit Photoshop<br />
oder Photoshop Elements: Klicken Sie<br />
einfach auf „<strong>Bild</strong>> <strong>Bild</strong>drehung><br />
Arbeitsfläche horizontal spiegeln“.<br />
Achten Sie allerdings darauf, ob<br />
Buchstaben oder Zahlen in Ihrem <strong>Bild</strong><br />
zu sehen sind, denn auch die würden<br />
gespiegelt, und der Betrachter würde<br />
das Spiel durchschauen. In einem<br />
solchen Fall bleibt Ihnen nichts anderes<br />
übrig, als Buchstaben und Zahlen<br />
selektiv „zurückzuspiegeln“, falls der<br />
Hintergrund das zulässt, oder sie ganz<br />
zu entfernen.<br />
96 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
SEEJUNGFERN<br />
Helen Clarke<br />
Kamera: Canon EOS 350D<br />
Objektiv: Tamron 90mm f/2.8 Macro<br />
Belichtung: 1/160sec at f/6.3 (ISO 200)<br />
Helen: Ich finde kleine Insekten<br />
interessant; auf einem Makrofoto<br />
entwickeln sie ihren eigenen<br />
Charakter. Es werden Details sichtbar,<br />
die mit bloßem Auge nie erkennbar<br />
wären, wie hier die unterschiedlichen Farben der<br />
Körper, die in diesem Fall sogar<br />
Komplementärfarben sind.<br />
ROSS HODDINOTT: Das ist eine wirklich<br />
hübsche Nahaufnahme. Mir gefallen Seejungfern<br />
auch ganz besonders gut. Doch es sind<br />
eigensinnige Kreaturen, die sich immer genau dann<br />
davon machen, wenn ich gerade den Auslöser<br />
drücken will. In diesem Fall jedoch waren sie<br />
offenbar zu beschäftigt miteinander.<br />
Helen ist nah herangegangen und konnte die<br />
Kamera fast perfekt parallel zu den Körpern<br />
positionieren, um eine natürliche Perspektive zu<br />
erhalten und den verfügbaren Schärfebereich zu<br />
maximieren. Bei Blende f/6.3 und einer derart<br />
starken Vergrößerung ist die Schärfentiefe sehr<br />
gering, doch die Köpfe und Körper beider Tiere sind<br />
scharf abgebildet und nur die Flügel des Männchens<br />
wandern etwas aus dem Schärfebereich heraus,<br />
was in diesem Fall der Qualität des Fotos aber<br />
keinen Abbruch tut. Technisch ist das Foto sehr gut<br />
gemacht. Es gibt ein paar ablenkende, unscharfe<br />
Grashalme im Hintergrund, aber ich glaube nicht,<br />
dass Helen daran hätte irgendetwas ändern<br />
können. Eine andere Kameraposition oder eine<br />
größere Blende hätten die Schärfe der Seejungfern<br />
wahrscheinlich stark beeinträchtigt. Ich wäre<br />
versucht, das <strong>Bild</strong> etwas enger zu zuschneiden,<br />
wodurch weniger unscharfe Grashalme zu sehen<br />
wären.<br />
Urteil: Ein sehr gutes Makrofoto. Der<br />
Kamerastandpunkt ist goldrichtig und das <strong>Bild</strong> ist<br />
sehr detailreich. Das einzig Nachteilige sind die<br />
paar unscharfen Grashalme im Hintergrund.<br />
DANIEL LEZANO: Ich bin fast immer beeindruckt<br />
von Makroaufnahmen, einerseits weil man auf<br />
ihnen Dinge erkennen kann, die wir mit dem bloßen<br />
Auge nicht erfassen können, doch auch, weil es viel<br />
Geduld und Können erfordert, sich so nah an<br />
scheue Kreaturen heranzumachen, die sich jeden<br />
Moment davon machen können. Helens Foto ist ein<br />
großartiges Beispiel dafür. Gut, die beiden<br />
Seejungfern waren dabei, sich zu paaren, wodurch<br />
die „Fluchtgefahr“ natürlich herabgesetzt war, aber<br />
nur bis zu einer gewissen Grenze.<br />
Der Kamerastandpunkt war entscheidend, denn sie<br />
musste die Seejungfern vor einem klaren<br />
Hintergrund abbilden und gleichzeitig darauf<br />
achten, dass die Körper exakt in der Schärfeebene<br />
lagen. Außer bei den Flügeln, die leicht unscharf<br />
sind, ist Helen das gelungen. Die Farben sind frisch<br />
und treten sehr schön hervor, die Körper sind<br />
gestochen scharf und der Detailreichtum des Fotos<br />
ist fantastisch. Auch das Licht war perfekt – hell aber<br />
weich. Alles in allem glaube ich nicht, dass Helen<br />
dieses Foto hätte verbessern können.<br />
Urteil: Ein fantastisches Makrofoto.<br />
❝<br />
Helen ist nah<br />
herangegangen und konnte die<br />
Kamera fast perfekt parallel zu<br />
den Körpern positionieren.<br />
❞<br />
ROSS HODDINOTT<br />
Fototricks<br />
UNKONVENTIONELLER BILDZUSCHNITT<br />
Scheuen Sie sich nicht, mit unkonventionellen <strong>Bild</strong>zuschnitten<br />
zu experimentieren, wenn es für das Motiv vorteilhaft sein<br />
könnte. Manchmal ist weniger mehr. Sie können nicht nur<br />
unerwünschte Hintergrundelemente aus dem <strong>Bild</strong> heraus<br />
nehmen, sondern auch die Aufmerksamkeit des Betrachters auf<br />
die feineren Details lenken, weil durch einen engeren<br />
<strong>Bild</strong>zuschnitt zwangsläufig eine Vergrößerung des Motivs eintritt.<br />
Das Beispiel rechts zeigt dies deutlich – nur eine der sich<br />
paarenden Seejungfern ist vollständig sichtbar, doch das <strong>Bild</strong> ist<br />
trotzdem beeindruckend.<br />
ROSS HODDINOTT<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
97
Expertenmeinungen<br />
PEVENSEY BAY<br />
Paul Harrison<br />
Kamera: Pentax K5<br />
Objektiv: 13mm<br />
Belichtung: 1.4 seconds at f/22 (ISO 200)<br />
Paul: „Ich habe ein Weitwinkelobjektiv<br />
verwendet, um die Buhne als<br />
Führungslinie in die Szene hinein zu<br />
nutzen. Den Verschluss habe ich nur<br />
wenig länger als eine Sekunde geöffnet,<br />
um die Wasseroberfläche verschwimmen zu lassen.”<br />
LEE FROST: Das ist ein schönes einfaches <strong>Bild</strong>, voller<br />
Atmosphäre und es fängt die Stimmung der Szene sehr<br />
schön ein. Es sieht aus wie bei Alnmouth Beach in<br />
Northumberland, aber solche verwitterten alten Buhnen<br />
gibt es überall an der Küste, also könnte es auch überall<br />
sein. Die Buhne ist der Schlüssel für diese <strong>Bild</strong>komposition.<br />
Sie bildet eine starke Führungslinie und trägt das Auge von<br />
links unten in das <strong>Bild</strong> hinein, also genau so, wie wir ein <strong>Bild</strong><br />
normalerweise zu betrachten beginnen. Der warme<br />
Widerschein auf der Buhne verstärkt die natürliche Farbe<br />
des Holzes und hebt es vom weichen Grün des Meeres ab.<br />
Es freut mich, dass Paul eine lange Verschlusszeit gewählt<br />
hat, um die Meeresoberfläche zu verwischen, doch nicht<br />
so lang, dass sie milchig geworden wäre. Das ist geradezu<br />
eine Masche geworden heutzutage, deswegen ist es<br />
wohltuend, die Oberflächenbeschaffenheit des Wassers<br />
erkennen zu können.<br />
Auch die <strong>Bild</strong>komposition geht in Ordnung, denn wir<br />
können noch etwas vom Strand erkennen und das ist<br />
besser, als wenn nur Meerwasser im Vordergrund zu sehen<br />
wäre. Die Steine haben schöne unterschiedliche Farben<br />
und geben der Szene ein extra Detail. Der Himmel über<br />
dem Horizont ist perfekt – ein wunderschönes Blau,<br />
durchzogen von warmen violetten Tönen, verursacht<br />
durch die untergehende Sonne. Alles in allem eine schöne<br />
Szene in perfektem Licht. Die einzige Änderung, die ich<br />
vorgenommen hätte, wäre eine leichte Korrektur der<br />
Spitzlichter gewesen, um das <strong>Bild</strong> heller und intensiv<br />
leuchtender zu machen. Aber abgesehen davon ist dies ein<br />
<strong>Bild</strong>, das man an die Wand hängen könnte.<br />
Urteil: Eine Szene mit viel Atmosphäre, sehr gut<br />
eingefangen.<br />
ROSS HODDINOTT: Ich mag solche <strong>Bild</strong>er von der<br />
Küste – die Bewegung, die Einfachheit und der farbige<br />
Himmel wirken hier sehr gut zusammen. Alte Holzbuhnen<br />
geben immer ein sehr schönes <strong>Bild</strong>element ab. Ihr<br />
verwittertes, gealtertes Äußeres verweist auf die<br />
Jahrzehnte, die sie dem an der Küste nagenden Meer<br />
ausgesetzt war. Dadurch bekommt das <strong>Bild</strong> Charakter. Paul<br />
hat die Buhne sehr gut positioniert, indem er die<br />
<strong>Bild</strong>komposition so vorgenommen hat dass sie von unten<br />
links in den <strong>Bild</strong>ausschnitt ragt und das Auge des<br />
Betrachters ohne Umschweife in die Szene führt. Auch die<br />
Proportionen des <strong>Bild</strong>es gefallen mir. Bei so viel Farbe und<br />
interessanten Details am Himmel überrascht es mich nicht,<br />
dass Paul den Himmel in seinem <strong>Bild</strong> dominieren ließ.<br />
Ich würde an dem <strong>Bild</strong> nur sehr wenig verändern, aber ich<br />
überlege mir, ob man die Bewegung des Wassers nicht<br />
etwas besser hätte einfangen können. Die Belichtungszeit<br />
von etwas mehr als einer Sekunde ist genau richtig, um die<br />
Oberflächenbeschaffenheit des Wassers darzustellen,<br />
doch in diesem Fall hätte Paul sein Timing so bemessen<br />
können, dass eine größere Welle abgebildet worden wäre,<br />
wie sie gerade über den Steinstrand wieder abfließt. Da<br />
hätte man lange Wasserströme sehen können, die ins Meer<br />
zurück fließen. Alles in allem jedoch ein sehr hübsches <strong>Bild</strong>.<br />
Urteil: Ein attraktives Foto von der Küste, das seine<br />
Attraktivität aus seiner Einfachheit bezieht. Die<br />
<strong>Bild</strong>komposition ist gut, doch vielleicht hätte man<br />
etwas interessantere Wasserbewegungen einfangen<br />
können.<br />
Fototricks<br />
FÜHRUNGSLINIEN<br />
Landschaftsfotografen verwenden in ihren<br />
<strong>Bild</strong>ern sehr häufig Führungslinien, genau wie<br />
Paul es hier getan hat. Sie können dominierende<br />
Objekte sein, so wie diese Buhne hier, doch es<br />
kann sich auch um implizite Linien handeln,<br />
beispielsweise Felsen, die eine Reihe bilden, oder<br />
ein Rinnsal von sich zurückziehendem Wasser.<br />
Sie dienen dazu, das Auge des Betrachters in die<br />
Szene hineinzuführen und gehören deswegen<br />
zu den wichtigsten Instrumenten der<br />
<strong>Bild</strong>komposition. Sie können mit ihnen genau<br />
steuern, worauf der Betrachter zuerst achten<br />
wird und in welcher Reihenfolge er sein<br />
Augenmerk auf die anderen <strong>Bild</strong>elemente lenkt.<br />
❝<br />
Die Buhne ist der Schlüssel für<br />
diese <strong>Bild</strong>komposition. Sie bildet<br />
eine starke Führungslinie und<br />
trägt das Auge von links unten in<br />
das <strong>Bild</strong> hinein.<br />
❞<br />
LEE FROST<br />
ROSS HODDINOTT<br />
98 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
IN DER ERG-CHEBBI WÜSTE<br />
Sasa Huzjak<br />
Kamera: Nikon D300S<br />
Objektiv: Nikkor AF-S 18-200mm f/3.5-5.6G<br />
Belichtung 1/100sec at f/8 (ISO 2500)<br />
Sasa: „Dieses Foto zeigt eine Szene in der<br />
Erg-Chebbi Wüste in Marokko. Ich stand<br />
auf der höchsten Düne der Umgebung<br />
und wartete auf den Sonnenuntergang,<br />
als diese Kamelkarawane in einiger<br />
Entfernung unter mir vorbei zog. Ich ergriff die<br />
Gelegenheit beim Schopf und machte das <strong>Bild</strong>.”<br />
LEE FROST: <strong>Bild</strong>elemente, die dem Betrachter einen<br />
Maßstab vermitteln, entscheiden oft über Erfolg oder<br />
Misserfolg eines Landschaftsfotos. Hier haben wir ein<br />
perfektes Beispiel dafür, wie eindrucksvoll ein solcher<br />
Maßstab wirken kann. Wir wissen in etwa, wie groß ein<br />
Mensch ist und wir haben auch eine einigermaßen<br />
richtige Vorstellung davon, wie groß ein Kamel ist –<br />
und Kamele sind ziemlich groß! Wenn wir also diese<br />
Szene betrachten, wissen wir sofort, dass die<br />
Kamelreiter weit weg sein müssen und dass die<br />
Dünenlandschaft, die sie durchqueren, sehr weitläufig<br />
sein muss. Es ist ein sehr einfaches Konzept, doch was<br />
dieses <strong>Bild</strong> so interessant macht, sind seine<br />
Implikationen von weitem Land, von Wildheit und von<br />
Abenteuer.<br />
Es sieht sehr schön aus, wie die wellenförmigen<br />
Sanddünen sich in der Distanz verlieren, während die<br />
Karawane eine sinusförmige Linie auf der Sanddüne<br />
bildet. Die hellblauen Djellabas der Kamelführer<br />
kontrastieren mit dem gelben Sand und obwohl die<br />
Gestalten so klein sind, heben Sie sich gut erkennbar<br />
von der Umgebung ab. Schade nur, dass so viele<br />
Grasbüschel in den Dünen wachsen, denn sie<br />
unterbrechen deren weichen Schwung und lassen das<br />
<strong>Bild</strong> ein wenig „unordentlich“ aussehen, doch es gibt<br />
Dinge, die ein Fotograf eben nicht ändern kann. Die<br />
Farbe des Sandes ist ein wenig verwaschen, doch<br />
durch minimale Einstellungen der Tonwertkorrektur<br />
lässt sich dieses Problem auf einfache Weise lösen und<br />
die Dünen könnten einen Farbton bekommen, der<br />
mehr ins Orange tendiert.<br />
Urteil: Sehr guter Einsatz von <strong>Bild</strong>elementen als<br />
Maßstab, ein insgesamt sehr gelungenes, schönes<br />
Foto.<br />
ROSS HODDINOTT: Dass ist ein <strong>Bild</strong> mit enormem<br />
Potenzial. Ich denke, die Wahl der Brennweite und die<br />
<strong>Bild</strong>komposition treffen den Nagel auf den Kopf.<br />
Indem die Karawane im unteren Teil des <strong>Bild</strong>es<br />
positioniert ist und der obere Teil eine wellenförmigen<br />
Düne nach der anderen zeigt, ist Sasa eine ganz<br />
hervorragende <strong>Bild</strong>komposition gelungen, mit einem<br />
wundervollen Gefühl für Maßstab und Kontext. Leider<br />
war das Licht nicht optimal. Können Sie sich vorstellen,<br />
wie eindrucksvoll diese Aufnahme wäre mit seitlicher<br />
Beleuchtung durch die niedrig stehende Sonne und<br />
mit langen dunklen Schatten, die die Wahrnehmung<br />
von Tiefe noch verstärkt hätten?<br />
Leider können wir am Wetter nichts ändern und Sasa<br />
hat das Beste aus der Gelegenheit gemacht. Ich wäre<br />
jedoch versucht, das Foto noch einmal zu bearbeiten<br />
und ihm ein wenig mehr Kontrast zu geben.<br />
Angesichts der Einfachheit der <strong>Bild</strong>komposition würde<br />
ich mir auch anschauen, wie das <strong>Bild</strong> nach einer<br />
Konvertierung in Schwarzweiß wirkt.<br />
Urteil: Eine ganz besondere <strong>Bild</strong>komposition mit<br />
feinem Sinn für Raum und Kontext. Aufgrund des<br />
nicht optimalen Lichts würde ich dem Motiv<br />
Schatten hinzufügen oder das <strong>Bild</strong> in Schwarzweiß<br />
konvertieren.<br />
Nachbearbeitung<br />
TRAUEN SIE SICH!<br />
Sasas <strong>Bild</strong> ist wirklich etwas Besonderes, doch es<br />
kann noch verbessert werden durch ein paar<br />
einfache Eingriffe in der Nachbearbeitung. Durch<br />
Erhöhen des Kontrasts mithilfe von<br />
Tonwertkorrekturen wären die Wellenformen der<br />
Sanddünen deutlicher geworden und auch die<br />
Farbsättigung hätte erhöht werden können, so<br />
dass das <strong>Bild</strong> geradezu ins Auge springen würde.<br />
❝<br />
Indem die Karawane im unteren<br />
Teil des <strong>Bild</strong>es positioniert ist und<br />
der obere Teil eine wellenförmige<br />
Düne nach der anderen zeigt, ist<br />
Sasa eine ganz hervorragende<br />
<strong>Bild</strong>komposition gelungen, mit<br />
einem wundervollen Gefühl für<br />
Maßstab und Kontext.<br />
❞<br />
ROSS HODDINOTT<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
99
Expertenmeinungen<br />
RATSCHLÄGE FÜR BESSERE FOTOS<br />
UNSERE<br />
EXPERTEN<br />
DANIEL LEZANO<br />
Seit etlichen Jahren<br />
ständiges<br />
Jurymitglied<br />
mehrerer nationaler<br />
Fotowettbewerbe.<br />
ROSS HODDINOTT<br />
Fotograf und<br />
Buchautor,<br />
spezialisiert auf<br />
Natur-, Makro- und<br />
Landschaftsfotos<br />
LEE FROST<br />
Seit mehreren<br />
Jahren Fotograf<br />
und Buchautor<br />
JORDAN<br />
BUTTERS<br />
Motorsport-<br />
Fanatiker und<br />
Photoshop-Experte.<br />
FELDMAUS<br />
Daniel Goldsmith<br />
Kamera: Canon EOS 60D<br />
Objektiv: EF 100-400mm f/4.5-5.6L IS USM<br />
Belichtung: 1/640sec at f/5.6 (ISO 500)<br />
Daniel: „Dieses Foto entstand in einem<br />
Naturreservat. Mir gefällt das Zufällige<br />
an der Wildlife-<strong>Fotografie</strong>. Sie ist immer<br />
für eine Überraschung gut, wie in<br />
diesem Fall, als mir dieser kleine<br />
Akrobat vor die Linse kam.“<br />
ROSS HODDINOTT: Mäuse „in freier<br />
Wildbahn“ zu fotografieren, ist wirklich nicht<br />
einfach. Daniel muss viel Geduld und Glück<br />
gehabt haben, um dieses Foto einzufangen.<br />
Mir gefallen die subtile Beleuchtung, der<br />
dunkle, saubere Hintergrund und der<br />
fragende Blick des kleinen Nagers. Das <strong>Bild</strong> ist<br />
gestochen scharf, die Details des Fells und<br />
der Schnurrbart sind gut zu erkennen. Man<br />
hat den Eindruck, man brauche nur die Hand<br />
auszustrecken, um die Maus streicheln zu<br />
können. Auch technisch ist es eine gute<br />
Aufnahme. Vielleicht sollte links der Maus ein<br />
bisschen mehr Platz im <strong>Bild</strong> sein. So wie es<br />
jetzt aussieht, bin ich nicht sicher, ob ich der<br />
Blickrichtung des Tieres folgen soll oder<br />
nicht. Ich hätte auch gerne etwas mehr Platz<br />
im unteren Teil des <strong>Bild</strong>es gehabt, damit der<br />
Schwanz der Maus komplett im <strong>Bild</strong> ist.<br />
Trotzdem ist das ein sehr hübsches<br />
Naturfoto.<br />
Urteil: Ein sehr schönes Foto eines<br />
äußerst anspruchsvollen Motivs. Mir<br />
gefallen das Licht und die einfache<br />
<strong>Bild</strong>komposition. Ich meine jedoch, links<br />
im <strong>Bild</strong> müsste mehr freie Fläche sein,<br />
zugunsten einer ausgeglichenen<br />
<strong>Bild</strong>komposition<br />
LEE FROST: Mir gefällt das <strong>Bild</strong>, denn es<br />
hat Charakter. Daniel hat eine fantastische<br />
Pose und den witzigen Gesichtsausdruck<br />
der Maus nahezu perfekt eingefangen. Man<br />
kann nachvollziehen dass sich die Maus<br />
umschaut und überlegt, was sie als Nächstes<br />
anstellen soll. Die Beleuchtung ist<br />
ausgezeichnet, sie hebt den Schnurrbart<br />
hervor und sorgt für einen leichten Glanz<br />
des Auges. Vor dem dunklen Hintergrund<br />
hebt sich die Maus sehr schön ab, so dass<br />
man die feinsten Details im Fell erkennen<br />
kann. Das Tier wirkt absolut real, als könne<br />
man die Hand ausstrecken und es anfassen.<br />
Das Foto ist genau dort scharf, wo es scharf<br />
sein muss, nämlich auf dem Gesicht der<br />
❝<br />
Das <strong>Bild</strong> ist gestochen<br />
scharf, die Details des Fells<br />
AUF<br />
und der Schnurrbart sind<br />
gut zu erkennen. Man hat<br />
den Eindruck, man<br />
brauche nur die Hand<br />
auszustrecken, um die<br />
Maus streicheln zu<br />
können Auch technisch<br />
ist es eine gute<br />
Aufnahme. ROSS HODDINOTT<br />
❞<br />
Maus als zentralem <strong>Bild</strong>element. Auch die<br />
Belichtung ist perfekt, und die<br />
<strong>Bild</strong>komposition mit der Maus im<br />
Mittelpunkt gut ausgeglichen. Solche<br />
Aufnahmen sind keineswegs einfach,<br />
obwohl man es dem <strong>Bild</strong> nicht ansieht, denn<br />
kleine Tiere bewegen sich sehr schnell und<br />
unvorhersehbar. Insofern ist Daniel ein<br />
großartiges Foto gelungen. Er hat ein<br />
Telezoom benutzt, um die Maus schön groß<br />
in den <strong>Bild</strong>ausschnitt zu bekommen. Hut ab.<br />
Urteil: Ein schönes Foto mit<br />
humoristischem Einschlag<br />
Kameratricks<br />
DIE SCHÄRFE ACHTEN<br />
Kleine, flinke Tiere sind sehr schwer<br />
zu fotografieren, weil es extrem<br />
schwierig ist, die Schärfe richtig<br />
einzustellen – ganz besonders, wenn<br />
man es mit einem so kurzen<br />
Schärfebereich zu tun hat wie ihn<br />
Tele- und Makroobjektive<br />
typischerweise liefern.<br />
Benutzen Sie für solche Motive den<br />
Einzelpunkt-Autofokus, mit dem Sie<br />
auf die Augen des Tieres scharfstellen.<br />
Zoomen Sie nach der Aufnahme das<br />
Auge auf dem Kameramonitor heran,<br />
um zu überprüfen, ob es scharf<br />
abgebildet wurde.<br />
100 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
JUBILEE TOWER<br />
Graham Butterworth<br />
Kamera: Canon EOS 5D Mk III<br />
Objektiv: Canon EF 24-105mm f/4L IS USM<br />
Belichtung: 1/125sec at f/5.6 (ISO 400)<br />
Graham: „Für dieses Foto habe ich einen<br />
hohen ISO-Wert gewählt, damit ich aus der<br />
Hand schießen konnte. Der zwischen den<br />
Wolken sichtbare blaue Himmel sah<br />
großartig aus und wird von der<br />
bedrohlichen schwarzen Wolke direkt über<br />
dem Turm kontrastiert. Ich habe den Feldweg als<br />
Führungslinie den Hügel hinauf zum Turm benutzt. In<br />
der Nachbearbeitung habe ich den oberen Teil des <strong>Bild</strong>es<br />
mit dem Verlaufswerkzeug abgedunkelt und insgesamt<br />
die Leuchtkraft der Farben verstärkt. Doch der Verlauf hat<br />
dadurch natürlich auch den Turm selbst abgedunkelt,<br />
deswegen habe ich ihn mit dem Pinselwerkzeug wieder<br />
etwas aufgehellt.“<br />
ROSS HODDINOTT: Die <strong>Bild</strong>komposition ist für mich<br />
einwandfrei gelungen: Der Feldweg führt das Auge in die<br />
Szene und balanciert den dominierenden Turm visuell<br />
aus; zudem ist der Himmel sehr attraktiv.<br />
Was dem <strong>Bild</strong> allerdings fehlt, von Graham natürlich nicht<br />
beeinflussbar, ist das richtige Licht. Das Foto sieht etwas<br />
flach und deswegen leblos aus. Es ist definitiv ein Ort, den<br />
man bei besseren Lichtverhältnissen erneut aufsuchen<br />
sollte. Ich würde es im Spätsommer versuchen, weil dann<br />
auch das Heidekraut blüht, hier links unten im <strong>Bild</strong>.<br />
Technisch betrachtet, kann man erkennen, wo Graham<br />
den Turm mit dem Pinselwerkzeug aufgehellt hat. Ein<br />
etwas subtilerer Umgang mit dem Werkzeug und eine<br />
weichere Kante hätten das vermeiden können. Weil hier<br />
so viele Details in den Oberflächen zu erkennen sind,<br />
würde dem Foto wahrscheinlich eine Konvertierung nach<br />
Schwarzweiß gut tun.<br />
Urteil: Graham hat hier eine sehr gute<br />
<strong>Bild</strong>komposition gefunden; leider verhinderten die<br />
schlechten Lichtverhältnisse, dass dieses Motiv sein<br />
volles Potenzial entfalten konnte.<br />
Nachbearbeitung<br />
WEICHE KANTENÜBERGÄNGE<br />
Wenn Sie das Pinselwerkzeug entlang einer<br />
harten Kante benutzen, müssen Sie besonders<br />
sorgfältig vorgehen. Ansonsten entstehen Halos,<br />
wie es Graham hier passiert ist. Benutzen Sie<br />
weiche, graduelle Kantenübergänge und<br />
zoomen Sie so weit wie möglich ein, bevor sie<br />
die Retusche vornehmen. Das ist die bewährte<br />
Methode, um dieses Problem zu vermeiden.<br />
LEE FROST: Mir hat die Dramatik in Grahams Foto auf<br />
Anhieb gefallen. Es hat einen dunklen Himmel von<br />
düsterer Stimmung, dessen Bedrohlichkeit er in der<br />
Nachbearbeitung noch verstärkt hat. Der Feldweg mit<br />
seinen beiden parallel verlaufenden Spurrinnen ist eine<br />
sehr schöne Führungslinie aus dem Vordergrund hinauf<br />
zum Turm. Der Turm selbst ist das zentrale <strong>Bild</strong>element<br />
und sieht vor dem aufgewühlten Himmel fantastisch aus.<br />
Das Hochformat war selbstverständlich das einzig<br />
Mögliche hier, auch wenn ich der Auffassung bin, dass ein<br />
Fixpunkt eher ins rechte, nicht ins linke obere Drittel gehört,<br />
weil das menschliche Auge ein <strong>Bild</strong> von links unten nach<br />
rechts oben betrachtet. Doch dieses Motiv ist eine der<br />
sprichwörtlichen Ausnahmen, die die Regel bestätigen.<br />
Grahams <strong>Bild</strong>komposition ist die einzig richtige hier, weil<br />
sie das Beste aus den vorhandenen <strong>Bild</strong>elementen macht.<br />
Das fehlende Sonnenlicht verstärkt eher die Wirkung der<br />
<strong>Bild</strong>komposition und ist insofern kein Nachteil, sondern<br />
sorgt für die greifbar angespannte Atmosphäre.<br />
Das Foto ist ein exzellenter Kandidat für die Konvertierung<br />
in Schwarzweiß. Dadurch würde das Motiv noch<br />
dramatischer wirken, denn es gewinnt seine<br />
❝ Grahams<br />
<strong>Bild</strong>komposition ist hier<br />
optimal, weil sie das Beste<br />
aus den vorhandenen<br />
<strong>Bild</strong>elementen macht.<br />
❞<br />
LEE FROST<br />
Ausdrucksstärke durch die hohen Kontrastunterschiede,<br />
nicht durch die Farben selbst. Diese dunklen kräftigen Töne<br />
würden ihre Wirkung als Graustufen noch besser entfalten<br />
und die Szene würde etwas Surreales bekommen.<br />
Außerdem hätte man in der Nachbearbeitung mehr<br />
Freiheiten, die Stimmung des <strong>Bild</strong>es zu beeinflussen. Ich bin<br />
ein großer Freund dramatischer Schwarzweißbilder,<br />
deswegen würde ich es so machen.<br />
Urteil: Ein ausdruckstarkes Foto, das vielleicht in<br />
Schwarzweiß seine Wirkung noch intensiver entfalten<br />
könnte.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 101
Expertenmeinungen<br />
HADRIANSWALL<br />
Dan Thwaites<br />
Kamera: Nikon D3100<br />
Objektiv Nikon AF-S 18-55mm f/3.5-5.6G VR<br />
Belichtung: One second at f/13 (ISO 100)<br />
Dan : „Dieses <strong>Bild</strong> entstand 20 Minuten<br />
nach einem sehr enttäuschenden<br />
Sonnenaufgang, als die Sonne aus den<br />
Wolken hervor kam und die antike<br />
Grenzbefestigung beleuchtete. Ich<br />
habe einen Graufilter und ein Stativ benutzt.“<br />
ROSS HODDINOTT: Dan ist hier eine Aufnahme<br />
mit sehr schöner seitlicher Beleuchtung gelungen.<br />
Es ist ein sehr warmes <strong>Bild</strong> und lebt von der<br />
Kombination der angestrahlten Mauer mit dem<br />
stimmungsvollen morgendlichen Himmel. Ich<br />
würde nicht viel an dem <strong>Bild</strong> verändern. Der<br />
Kamerastandpunkt ist prinzipiell in Ordnung, denn<br />
der Wall führt das Auge von links unten ins <strong>Bild</strong><br />
hinein. Die Kombination von Licht und Schatten<br />
erzeugt viel Tiefe. Ein etwas höherer<br />
Kamerastandpunkt wäre vielleicht sinnvoll gewesen,<br />
denn dann wäre die Trennung zwischen dem Wall<br />
und dem kleinen Wäldchen sowie der darunter<br />
liegenden Landschaft besser zur Geltung<br />
gekommen. So, wie es jetzt ist, liegt der Horizont fast<br />
genau in der Mitte und der Himmel dominiert.<br />
Trotzdem ein wunderschönes <strong>Bild</strong>, handwerklich<br />
sehr gut gemacht..<br />
Urteil: Sehr schöne seitliche Beleuchtung und ein<br />
wundervoller Himmel. Eventuell hätte das<br />
Querformat eine etwas ausdrucksstärkere<br />
<strong>Bild</strong>komposition ergeben.<br />
LEE FROST: Ich kenne die Gegend sehr gut, auch<br />
diese besondere Stelle. Es ist der Abschnitt des<br />
Hadrianswalls, der am besten erhalten ist und der<br />
meiner Meinung nach am fotogensten ist. Die<br />
Landschaft dort ist zwar zerklüftet, besteht aber aus<br />
wellenförmigen Hügeln, durch die sich der Wall wie<br />
eine Schlange hindurch windet, eine kurvige Linie,<br />
der das Auge folgt. Dan hat Glück gehabt mit dem<br />
Licht, denn das ist in dieser Gegend keine<br />
Selbstverständlichkeit.<br />
Mein erster Eindruck des Fotos war, dass es sich nur<br />
um einen Teil des gesamten <strong>Bild</strong>es handelt. Es wirkt<br />
ein wenig so, als habe Dan den mittleren Bereich aus<br />
der originalen <strong>Bild</strong>komposition ausgeschnitten,<br />
deswegen ist der Wall für mich in einen Ausschnitt<br />
hineingequetscht, der zu klein ist. Ich würde gerne<br />
mehr davon sehen, so dass das Auge durch die<br />
Szene wandern kann, doch in Dans <strong>Bild</strong>komposition<br />
ist das nicht möglich. Ich sehe den Wall im<br />
Vordergrund, dann verschwindet er in der Senke,<br />
bevor er weit entfernt wieder auftaucht, wo er<br />
natürlich viel kleiner ist, was bedeutet, das ein großer<br />
Abschnitt des Walls nicht sichtbar ist.<br />
Ich wäre ein wenig weiter in die Szene<br />
hineingegangen, so dass ich den Wall den Hügel<br />
hinunter hätte verfolgen können und ich hätte die<br />
Szene im Querformat aufgenommen, damit im<br />
Vordergrund mehr von dem Wall sichtbar gewesen<br />
wäre. Das hätte weniger Himmel im <strong>Bild</strong> bedeutet,<br />
und die Sonne wäre rechts oben im <strong>Bild</strong> sichtbar<br />
gewesen. Ich denke, der nicht sichtbare Himmel<br />
rechts des <strong>Bild</strong>randes hätte besser gewirkt, und es<br />
wäre insofern eine bessere <strong>Bild</strong>komposition<br />
gewesen.<br />
Urteil: Herrliches Licht, eine großartige Szene<br />
aber die <strong>Bild</strong>komposition ist misslungen.<br />
❝<br />
Ein etwas höherer Kamerastandpunkt wäre vielleicht sinnvoll gewesen denn,<br />
dann wäre die Trennung zwischen dem Fall und dem kleinen Wäldchen sowie der<br />
darunter liegenden Landschaft besser zur Geltung gekommen. ROSS HODDINOTT<br />
❞<br />
Kameratricks<br />
HOCH- ODER QUERFORMAT?<br />
Diese Entscheidung ist manchmal nicht leicht.<br />
Deswegen ist oft zu beobachten, dass<br />
Fotografen zuerst im Querformat schießen,<br />
dann die Kamera drehen und dasselbe Motiv<br />
noch einmal im Hochformat fotografieren. In<br />
diesem Fall sind beide Experten der Auffassung,<br />
dass das Querformat dieser Szene besser<br />
gerecht geworden wäre. Die Weite des<br />
Himmels fügt der Szene nichts Besonderes<br />
hinzu, deswegen hätte das Querformat mehr<br />
von dem Bauwerk gezeigt, und auch die von<br />
der Sonne angestrahlten Wolkenformationen<br />
jenseits des rechten <strong>Bild</strong>rands wären<br />
vollständig sichtbar gewesen. Dennoch lässt<br />
sich das <strong>Bild</strong> verbessern, indem man es<br />
quadratisch zuschneidet. Dadurch gewinnt die<br />
<strong>Bild</strong>komposition.<br />
102 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
BUACHAILLE<br />
ETIVE MOR<br />
Ross Barclay<br />
Kamera: Nikon D800<br />
Objektiv: Nikon AF-S 24-70mm f/2.8G ED<br />
Belichtung: One second at f/16 (ISO 100)<br />
Ross: „Dieses <strong>Bild</strong> entstand bei einem<br />
Wochenendausflug einer Gruppe von<br />
Hobbyfotografen. Wir kamen vor<br />
Sonnenaufgang beim Buachaille Etive Mor<br />
an, fanden unseren Kamerastandpunkt<br />
und warteten auf das Licht. Es war nicht<br />
der spektakulärste Sonnenaufgang, doch man konnte die<br />
Nebelbank am Fuß des Berges sehr schön ins <strong>Bild</strong><br />
nehmen. Ich habe einen weichen 0.9ND<br />
Grauverlaufsfilter benutzt um sowohl den Himmel, als<br />
auch den Vordergrund korrekt zu belichten.<br />
LEE FROST: Auch dies ist eine bekannte Szenerie.<br />
Das Hauptmotiv, der eindrucksvolle Gipfel des<br />
Buachaille Etive Mor ist unverkennbar – es dürfte<br />
der wohl bekannteste Berg Schottlands sein. Ross<br />
und seine Kollegen haben Glück gehabt, dass der<br />
Nebel über dem Rannoch Moor hing, denn seine<br />
helle Farbe trennt den dunklen Berg sehr schön von<br />
der übrigen Landschaft. Mir gefällt auch, dass der<br />
Berg zentral im <strong>Bild</strong>ausschnitt liegt, denn das führt<br />
zu einer ausgewogenen <strong>Bild</strong>komposition;<br />
außerdem hat er eine Kameraposition gewählt, in<br />
der der einzelne Baum den Berg nicht verdeckt. Der<br />
Baum fügt sich gut ein in die <strong>Bild</strong>komposition, denn<br />
er durchbricht die durch die braune Landschaft im<br />
mittleren <strong>Bild</strong>abschnitt gezogene horizontale Linie.<br />
Der Vordergrund allerdings gefällt mir nicht. Ich<br />
kenne die Örtlichkeit selbst ganz genau und man<br />
kann einen fantastischen Vordergrund ins <strong>Bild</strong><br />
nehmen, an einer Stelle, an der Fluss einen Bogen<br />
um ein paar Felsen machen muss. Der kleine<br />
Wasserfall unten rechts im <strong>Bild</strong> hätte einen sehr<br />
schönen Vordergrund abgeben können, wenn<br />
Ross näher herangegangen wäre und ihn<br />
vollständig ins <strong>Bild</strong> genommen hätte. Doch aus<br />
dieser größeren Entfernung verliert er sich<br />
zwischen den Felsen. Das untere Ende des<br />
Wasserfalls abzuschneiden, war ein Kardinalfehler,<br />
der das <strong>Bild</strong> falsch aufgebaut und hastig<br />
aufgenommen erscheinen lässt.<br />
Urteil: Eine großartige Szene in einer leider<br />
misslungenen <strong>Bild</strong>komposition.<br />
DANIEL LEZANO: Das sieht mir nach ganz<br />
besonderen Wetterverhältnissen aus. Solche<br />
Postkarten-Kulissen wie der Buachaille Etive Mor<br />
sind inzwischen so oft fotografiert worden, dass ein<br />
<strong>Bild</strong>, das aus der Masse herausragen soll, unter ganz<br />
besonderen Umständen fotografiert werden muss.<br />
Das ist Ross hier zweifellos gelungen. Der Nebel<br />
gibt der Szene Atmosphäre, während die eisigen<br />
Felsen die kalte, winterliche Atmosphäre spürbar<br />
machen.<br />
Es ist ein schönes <strong>Bild</strong>, wirkt jedoch im unteren<br />
Bereich des <strong>Bild</strong>ausschnitts zu überfüllt. Ich hätte<br />
den Wasserfall unten rechts ins <strong>Bild</strong> genommen<br />
und um ihn herum etwas Platz gelassen. Man sieht<br />
häufig Fotos vom Buachaille Etive Mor im<br />
Hochformat, und ich überlege mir, ob das nicht in<br />
diesem Fall besser gewesen wäre. Die dann von<br />
links ins <strong>Bild</strong> hineinragenden Zweige des einzelnen<br />
Baumes hätte ich wegretuschiert.<br />
Urteil: Ein schönes <strong>Bild</strong> eines bekannten<br />
Postkartenmotivs. Ein etwas weiterer<br />
Blickwinkel hätte die Wirkung des Vordergrunds<br />
mit den Felsen und dem Fluss vielleicht<br />
verbessert.<br />
Kameratricks<br />
BILDKOMPOSITION<br />
Die Wettersituation war hier anscheinend perfekt.<br />
Doch diese Aufnahme des Buachaille Etive Mor<br />
hätte von einer stärkeren <strong>Bild</strong>komposition<br />
profitiert. Der kleine Wasserfall unten rechts im<br />
<strong>Bild</strong> schreit geradezu danach, im Vordergrund<br />
eine zentrale Rolle zu spielen. Wäre Ross sehr nah<br />
herangegangen, hätte er den Wasserfall betonen<br />
können und das senkrecht herabstürzende<br />
Wasser hätte als Führungslinie dienen können,<br />
die den Blick des Betrachters nach oben zum<br />
verschneiten Gipfel des Berges gelenkt hätte.<br />
❝<br />
Ich kenne die Örtlichkeit selbst<br />
genau gut und man kann einen<br />
fantastischen Vordergrund ins<br />
<strong>Bild</strong> nehmen, an einer Stelle, an<br />
der Fluss einen Bogen um ein paar<br />
Felsen machen muss. LEE FROST<br />
❞<br />
ADAM BURTON<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 103
GRUNDLAGEN: SO FOTOGRAFIEREN SIE<br />
LANDSCHAFTEN<br />
Die Landschaftsfotografie ist die wohl populärste Form der <strong>Fotografie</strong>, wenn man sie nach der Art ihrer Motive unterteilt. Es ist kaum<br />
möglich, angesichts einer wunderbaren Landschaft unbeeindruckt zu bleiben, und viele Hobby-Fotografen haben ihre ersten<br />
Gehversuche in der Landschaftsfotografie gemacht.<br />
Zu ihrer Popularität trägt sicher bei, dass sie nicht besonders schwer zu erlernen ist. Die technische Seite ist sogar ziemlich einfach, denn<br />
eine umfangreiche Ausrüstung ist nicht notwendig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der aufmerksamen Beobachtung und der bewussten<br />
Wahrnehmung der Welt, die Sie umgibt. Wenn Sie daraus eine attraktive <strong>Bild</strong>komposition ableiten können, ist bereits ein entscheidender<br />
Schritt getan. Ein anderer, ebenso bedeutsamer Schritt ist allerdings etwas profaner: Besorgen Sie sich den lautesten Wecker, den Sie<br />
kriegen können, damit Sie auch in den frühesten Morgenstunden den Weg aus dem Bett finden! Denn nur so werden Sie im besten Licht<br />
des Tages fotografieren können.<br />
Und nun lassen Sie sich von den folgenden Seiten zu großartigen Landschaftsfotos inspirieren!<br />
FOTOS: LEE FROST
FOTOPRAXIS<br />
Ausrüstung für die Landschaftsfotografie<br />
Ein großer Vorteil der Landschaftsfotografie ist, dass Sie keine teure<br />
Spezialausrüstung brauchen. Sport- und Wildlife-Fotografen hingegen<br />
brauchen starke Tele- und Makroobjektive, um hochwertige<br />
Aufnahmen zu erzielen. Die Ausrüstung des Landschaftsfotografen<br />
stellt geringere Ansprüche, ist leichter zu transportieren und somit<br />
überall verfügbar.<br />
1) OBJEKTIVE<br />
Die Nummer Eins ist das Weitwinkelobjektiv. Es hat<br />
nicht nur ein größeres Gesichtsfeld als das<br />
menschliche Auge, sondern es kann die Perspektive<br />
erweitern, so dass nahe Objekte größer wirken und<br />
das <strong>Bild</strong> dominieren, während entfernte Objekte<br />
unverhältnismäßig kleiner erscheinen. Die<br />
Schärfentiefe ist sehr groß, deswegen ist es recht<br />
einfach, eine Szene von vorn bis hinten scharf zu<br />
bekommen.<br />
Brennweiten zwischen 24 und 28mm (16 bis<br />
18mm bei APS-C Sensoren) sind ideal, denn sie geben<br />
Ihnen alle Vorteile des Weitwinkels, ohne jedoch eine<br />
Szene so weit auseinanderzuziehen, dass eine „leere“<br />
<strong>Bild</strong>komposition entsteht. Doch auch Brennweiten bis<br />
hinunter zu 16mm (10 bis 12mm bei APS-C) können<br />
sehr effektvolle Fotos erzeugen, wenn Sie sie richtig<br />
einsetzen, denn perspektivische Verzerrung und<br />
Schärfentiefe sind extrem groß.<br />
Mittlere Brennweiten im Bereich von 50–80mm<br />
(35 bis 50mm bei APS-C) sind gut geeignet, um<br />
Details abzubilden, denn Sie können Ihre Objekte<br />
formatfüllend heranholen. Die Perspektive ist weniger<br />
verzerrt, deswegen liefern diese Brennweiten<br />
realitätsnähere Fotos ohne übertriebene Effekte.<br />
Teleobjektive sind gefragt, wenn Sie einen Teil<br />
einer Szene isolieren oder die Perspektive einer Szene<br />
komprimieren wollen, so dass die <strong>Bild</strong>elemente<br />
dichter beieinander zu sein scheinen als es tatsächlich<br />
der Fall ist. Weit entfernte Hügel und die Baumreihen<br />
einer Allee sind Beispiele dafür. Brennweiten<br />
zwischen 70 und 200mm (100 bis 300mm bei APS-C)<br />
sind mehr als ausreichend.<br />
2) STATIV UND STATIVKOPF<br />
Die Bedeutung eines qualitativ hochwertigen Stativs wird<br />
immer wieder unterschätzt. Rein praktisch gesehen, sorgt<br />
es für verwacklungsfreie Fotos. Deswegen können Sie<br />
niedrige ISO-Werte einstellen und dadurch die<br />
<strong>Bild</strong>qualität optimieren, oder lange Verschlusszeiten<br />
nutzen, um bestimmte Effekte zu erreichen. Sie können<br />
stark abblenden, um die Schärfentiefe zu maximieren,<br />
und schließlich auch bei schlechten Lichtverhältnissen<br />
fotografieren, ohne sich um Verwacklungen sorgen zu<br />
müssen.<br />
Ist die Kamera einmal auf dem Stativ montiert, ist ihre<br />
Position fixiert. Sie können in Ruhe alle Vorbereitungen<br />
für die Aufnahme treffen, Filter anbringen, scharfstellen<br />
und auf das richtige Licht warten, bevor Sie auslösen. Die<br />
Arbeit mit Stativ verlangsamt den gesamten Prozess des<br />
<strong>Fotografie</strong>rens, deswegen verbringen Sie automatisch<br />
mehr Zeit mit der <strong>Bild</strong>komposition und Sie machen sich<br />
mehr Gedanken über eine spezifische Aufnahme. Auf<br />
lange Sicht führt all das zu einem besseren intuitiven<br />
Verständnis dessen, was bei bestimmten Motiven<br />
funktioniert und was nicht, sodass Sie bessere Fotos<br />
machen.<br />
Wählen Sie ein Stativ, das zwar stabil, aber nicht zu<br />
schwer ist. Kohlefaser ist das geeignete Material; unter<br />
Landschaftsfotografen sind die Hersteller Manfrotto,<br />
Gitzo und Giottos am beliebtesten. Mit dem Stativ allein<br />
ist es jedoch noch nicht getan, Sie brauchen außerdem<br />
einen qualitativ hochwertigen Stativkopf. Kugelköpfe sind<br />
beliebt, weil sie kompakt, stabil und einfach zu benutzen<br />
sind. Bewährt haben sich Stativköpfe der Hersteller<br />
Manfrotto, Giottos, FLM, Kirk, Benro, Indura, Arca Swiss<br />
und „Really Right Stuff“.<br />
3) FILTER<br />
Filter spielen eine wichtige Rolle in der<br />
Landschaftsfotografie, ganz gleich, was man ihnen<br />
im örtlichen Fotoclub auch erzählen mag. Falls Sie<br />
also bis jetzt noch keine Filter besitzen, schreiben<br />
Sie sie oben auf Ihre Einkaufsliste. Für die<br />
Landschaftsfotografie brauchen Sie drei prinzipiell<br />
unterschiedliche Filtertypen: Grauverlaufsfilter,<br />
Graufilter und Polfilter.<br />
Filtersysteme, die auf einem Einschubrahmen<br />
basieren, sind am vielseitigsten, denn mit ihnen<br />
können Sie alle drei Filtertypen kombinieren – das<br />
kann durchaus einmal notwendig sein.<br />
Filtersysteme gibt es in allen Preissegmenten, von<br />
sehr preiswerten No-Name-Brands bis hin zu<br />
renommierten Herstellern wie Cokin, Hitech und<br />
Lee Filters, für die man allerdings tiefer in die<br />
Tasche greifen muss.<br />
Der Filterhalter muss groß genug sein, um auch<br />
auf ihr Weitwinkelobjektiv mit dem größten<br />
Blickfeld zu passen, Zusätzlich brauchen Sie einen<br />
Haltering, der gegebenenfalls einen Polfilter<br />
aufnimmt, weiterhin sind Filteradapterringe für die<br />
einzelnen Objektive notwendig, und wenn Sie Ihre<br />
Filter effizient vor Kratzern schützen wollen,<br />
benötigen Sie noch ein entsprechendes Etui mit<br />
mehreren weich gepolsterten Fächern für die<br />
Filter. Um die Frontlinse Ihres Objektivs vor<br />
Kratzern zu schützen, besorgen Sie sich einen<br />
UV-Filter von allerhöchster Qualität, damit das<br />
durch den Filterhalter etwas gesteigerte Risiko der<br />
Vignettierung bei Weitwinkelobjektiven so gering<br />
wie möglich bleibt.<br />
4) FERNAUSLÖSER<br />
Schon die geringste Erschütterung der Kamera<br />
beeinträchtigt die <strong>Bild</strong>schärfe, selbst das bloße<br />
Drücken des Auslösers. Mit einem Fernauslöser<br />
können Sie Ihre <strong>Bild</strong>er schießen, ohne die Kamera<br />
berühren zu müssen. Fernauslöser gibt es<br />
kabelgebunden oder drahtlos. Es muss übrigens<br />
kein teures Originalzubehör sein; preiswerte<br />
Geräte erfüllen denselben Zweck<br />
5) FOTORUCKSACK<br />
Welche Ausrüstung Sie auch benutzen, um<br />
<strong>Landschaften</strong> zu fotografieren, Sie müssen Sie mit<br />
sich herumtragen. Deshalb sollten Sie in einen<br />
guten Fotorucksack investieren, der Ihnen die<br />
Aufgabe so leicht wie möglich macht und Ihre<br />
Ausrüstung vor den Elementen schützt. Alle in<br />
diesem Marktsegment bekannten Marken liefern<br />
gut geeignete Modelle; in diesem Zusammenhang<br />
sind Lowepro, Tamrac, Think Tank und Kata zu<br />
nennen. Der Rucksack selbst braucht nicht<br />
wasserdicht zu sein, er sollte aber über eine<br />
wasserdichte Hülle verfügen, die bei Bedarf<br />
übergezogen werden kann. Das Gurtzeug sollte<br />
breit und gut gepolstert sein und über einen<br />
Hüftgürtel verfügen; die Aufteilung der einzelnen<br />
Fächer für die unterschiedlichen<br />
Ausrüstungsgegenstände sollte verstellbar sein.<br />
6) FUNKTIONELLE KLEIDUNG<br />
Wenn Sie einen ganzen Tag im Gelände<br />
verbringen, sollten Sie es so komfortabel wie<br />
möglich machen. Bei warmem Wetter reichen ein<br />
paar Cargo Pants und leichte Wanderstiefel; falls<br />
Sie von einem Regenschauer überrascht werden<br />
oder der Wind auffrischt, hilft eine Fleece- oder<br />
wasserdichte Windjacke. Im Frühling und im<br />
Herbst gibt es Tage, die morgens noch sehr kalt,<br />
mittags aber heiß sein können. Packen Sie deshalb<br />
auch eine Mütze und Handschuhe ein. Kleiden Sie<br />
sich nach dem Zwiebelprinzip, indem Sie mehrere<br />
Lagen dünner Kleidung übereinander anlegen, die<br />
Sie jeweils ausziehen können, wenn es wärmer<br />
wird. Im Winter sollten Sie sich unbedingt nach<br />
diesem Prinzip kleiden, denn die Luftschichten<br />
zwischen den einzelnen Kleidungsstücken<br />
isolieren gegen die Kälte. Tragen Sie eine warme<br />
Mütze, um den Kopf warm zu halten und den<br />
Verlust von Körperwärme zu reduzieren,<br />
außerdem Handschuhe und<br />
Thermounterwäsche. Eine Goretex-Jacke und<br />
-Hose schützen Sie vor Regen, Schnee und Wind.<br />
So bleiben sie warm und trocken. Je komfortabler<br />
Sie eingepackt sind, desto besser werden Sie sich<br />
auf das <strong>Fotografie</strong>ren konzentrieren.<br />
106 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
1<br />
6<br />
4<br />
2<br />
3<br />
5<br />
ROSS HODDINOTT<br />
Empfohlene Ausrüstung für jedes Budget<br />
FÜR EINSTEIGER<br />
Sie haben eine Einsteiger-DSLR mit einem<br />
18–55mm Zoomobjektiv. Das kleine Ende des<br />
Objektivs ist eine ideale Brennweite, mit der sie die<br />
<strong>Bild</strong>komposition für Weitwinkel-Szenerien üben<br />
können. Dabei werden sie schnell merken, ob<br />
ihnen die Landschaftsfotografie überhaupt zusagt,<br />
bevor Sie Geld für andere, teure Objektive<br />
ausgeben. Weiter brauchen Sie Filter – ein paar<br />
Grauverlaufsfilter, einen Polfilter und einen oder<br />
zwei Graufilter. Die Cokin P-Serie ist für Einsteiger<br />
gut geeignet, denn sie bietet einen Kompromiss<br />
zwischen Größe, Qualität, und Kosten. Das<br />
komplette Set einschließlich des Filterhalters und<br />
eines Adapterrings kostet um die 150 €. Falls Ihnen<br />
das zu viel ist, lassen Sie den Polfilter weg und Sie<br />
enden mit etwa 80 €.<br />
Es gibt billigere Stative, doch ein Modell wie das<br />
Manfrotto MK393-H für etwa 70 € fixiert Ihre<br />
Kamera stabil und wird sie nicht ruinieren. Einen<br />
No-Name Fernauslöser gibt es bei eBay für unter<br />
10 € und ein Rucksack wie der Vanguard BIIN 37 für<br />
unter 50 € vervollständigen Ihre Ausrüstung.<br />
FÜR FORTGESCHRITTENE<br />
Sie haben Spaß an der Landschaftsfotografie gefunden und<br />
wollen nun Ihren kreativen Horizont erweitern, wozu Sie<br />
allerdings zunächst Ihre Ausrüstung erweitern müssen.<br />
Vielleicht ist es nun an der Zeit, Ihr Kit-Objektiv für ein<br />
qualitativ hochwertigeres Objektiv in Zahlung zu geben.<br />
Empfehlenswert sind beispielsweise das Sigma 18–50mm<br />
f/2.8, das Canon 15–85mm f/3.5–5.6 IS und das Nikkor<br />
16–85mm f/3.5–4.5G VR ED. Was die Filter betrifft, sollten<br />
Sie sich einmal die Produktlinie von Hitech ansehen, da gibt<br />
es beispielsweise ein „85mm ND Master Kit“, bestehend aus<br />
drei Grauverlaufsfiltern, drei Graufiltern, einem Filterhalter<br />
aus Metall und einem Adapterring. Das Ganze kostet etwa<br />
130 €. Weiter brauchen Sie noch einen Polfilter; qualitativ<br />
hochwertige Modelle liefern z. B. Hoya, Heliopan und<br />
Tiffen. Wenn Sie mit Langzeitaufnahmen experimentieren<br />
wollen, nehmen Sie noch den Hitech ProStop IRND 3.0 für<br />
etwa 100 € in ihr Sortiment. Ein stärkeres Stativ bekommen<br />
Sie in Form des Manfrotto 293 mit Kugelkopf und<br />
Schnellverschluss und ein größerer Fotorucksack wie der<br />
Lowepro Fastpack 200 hält Ihre Ausrüstung sicher und hat<br />
darüber hinaus noch genug Platz für ein paar Stullen und<br />
eine Wasserflasche.<br />
FÜR SEMI-PROFIS<br />
Wir wollen annehmen, Sie haben eine gute<br />
APS-C DSLR und ein qualitativ hochwertiges<br />
Standard-Zoomobjektiv. Dann ist es nun Zeit,<br />
sich ein Weitwinkel-Zoom zuzulegen, etwa in<br />
Gestalt des Canon EF-S 10–22mm f/3.5–4.5<br />
USM, des Nikkor 10–24mm f/3.5–4.5G AF-S,<br />
oder des Sigma 10–20mm f/3.5 EX DC HSM.<br />
Wenn es um ein neues Telezoom geht, ziehen<br />
Sie das Canon EF 70–200mm f/4 IS USM, das<br />
Nikkor AF-S 70–200mm f/4G ED VR oder das<br />
Sigma 70–200mm f/2.8 EX DG OS HSM in<br />
Betracht. Sie werden auch ein 100mm Filter-Set<br />
brauchen. Das Hitech 100 mit drei<br />
Grauverlaufsfiltern, Metall-Filterhalter und<br />
Weitwinkel-Adapter kostet etwa 300 €. Das<br />
Äquivalent von Lee Filters schlägt mit ca. 500 €<br />
zu Buche.<br />
Zum Stativ: In diesem Segment schlagen wir<br />
das Giottos Vitruvian VGRN8255 mit MH5400-<br />
652 Kugelkopf, oder das Manfrotto 055CXPRO3<br />
mit 496RC2 Kugelkopf vor.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 107
FOTOPRAXIS<br />
<strong>Bild</strong>komposition<br />
Die <strong>Bild</strong>komposition liefert die Elemente für gute<br />
Landschaftsfotos, doch die Art und Weise, wie Sie diese<br />
Elemente arrangieren, sorgt für den Unterschied<br />
zwischen einem durchschnittlichen Foto und einem<br />
kleinen Kunstwerk.<br />
Wenn Sie mit Weitwinkelobjektiv fotografieren, was<br />
oft der Fall sein wird, beziehen Sie attraktive Objekte des<br />
Vordergrunds in Ihre <strong>Bild</strong>komposition ein, die das Auge in<br />
die Szene leiten und dem <strong>Bild</strong> den Eindruck von Tiefe und<br />
Maßstab geben. Es gibt viele Objekte in der Landschaft,<br />
die zu diesem Zweck benutzt werden können,<br />
beispielsweise ein Felsen, ein Weg, Wellen am<br />
Sandstrand, Blumen im Feld, ein Bach und so weiter. Je<br />
näher und tiefer Sie an Vordergrundelemente<br />
herangehen, umso größer und dominanter werden sie<br />
auf dem Foto erscheinen; und je weiter das Gesichtsfeld<br />
des Objektivs, umso stärker ist dieser Effekt.<br />
Auch die Drittelregel kann genutzt werden, um eine<br />
ausgeglichene <strong>Bild</strong>komposition zu erreichen. Dies<br />
geschieht, indem das Sucherbild in ein Raster aus zwei<br />
imaginären horizontalen und vertikalen Linien eingeteilt<br />
wird. Der Hauptfixpunkt Ihres <strong>Bild</strong>es sollte auf einem der<br />
vier Schnittpunkte der sich im 90°-Winkel<br />
überschneidenden Linien liegen. Normalerweise wirkt es<br />
besser, wenn einer der Schnittpunkte rechts im <strong>Bild</strong><br />
verwendet wird. Die beiden horizontal verlaufenden<br />
Linien können auch dazu verwendet werden, den<br />
Horizont zu positionieren. Wenn Sie ihn auf die obere<br />
Linie legen, betonen Sie den Vordergrund; legen Sie ihn<br />
auf die untere Linie, betonen Sie den Himmel. Benutzen<br />
Sie dieses Verhältnis von 2:1 für Himmel und<br />
Vordergrund, dann sind Sie immer auf der richtigen Seite.<br />
Linien in der Landschaft sollten in die <strong>Bild</strong>komposition<br />
einbezogen werden, da sie die <strong>Bild</strong>wirkung enorm<br />
verstärken. Horizontale Linien strahlen Ruhe und Weite<br />
aus – gewissermaßen als visuelles „Echo“ des Horizonts.<br />
Vertikale Linien hingegen, z. B. von Baumstämmen,<br />
Schatten und anderen Elementen, erzeugen den<br />
Eindruck von Aktivität, insbesondere wenn Sie im<br />
Rechts: Nutzen Sie landschaftliche Strukturen, um eine<br />
Szene einzurahmen und ihr Tiefe zu geben.<br />
Unten: Führungslinien dienen als Instrument, das Auge<br />
des Betrachters in die Szene hinein und zum Fixpunkt zu<br />
leiten.<br />
Hochformat fotografieren. Noch stärker wirken diagonale<br />
Linien, weil Sie das Auge durch das <strong>Bild</strong> leiten. Die Wirkung<br />
ist am stärksten, wenn Sie von links unten nach rechts oben<br />
verlaufen. Es sind jedoch die konvergierenden Linien, die<br />
die größte Wirkung erzeugen. Beispiele dafür sind<br />
Ackerfurchen in einem gepflügten Feld, Wege, Flüsse,<br />
Straßen, die Baumreihen einer Allee und Zäune. Weil<br />
parallele Linien aufeinander zuzulaufen scheinen, führen<br />
sie das Auge in die Szene hinein und vermitteln Distanz und<br />
Tiefe. Sie können diesen Konvergenzeffekt verstärken,<br />
indem Sie ein Weitwinkelobjektiv benutzen und auch den<br />
Fluchtpunkt ins <strong>Bild</strong> nehmen, an dem die Linien<br />
zusammenzutreffen scheinen.<br />
Eine weitere bewährte Methode der <strong>Bild</strong>komposition<br />
besteht darin, Ihre Szene einzurahmen. Rahmen verbessern<br />
eine <strong>Bild</strong>komposition ebenfalls dadurch, dass das Auge zu<br />
einem Fixpunkt in der Szene geführt wird. Denken Sie<br />
beispielsweise an einen Garten, den Sie durch einen<br />
gemauerten Torbogen hindurch fotografieren, der als<br />
Rahmen dient, oder an eine hügelige Landschaft, die aus<br />
dem Fenster eines alten Gemäuers heraus aufgenommen<br />
wird. Bäume und Blattwerk können ebenfalls als natürliche<br />
Rahmen benutzt werden. Die überhängenden Zweige<br />
eines Baumes eignen sich dazu sehr gut.<br />
Wenn wir <strong>Landschaften</strong> fotografieren, tendieren wir<br />
dazu, das Querformat zu benutzen, im Englischen heißt es<br />
108 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
LANDSCHAFTSFOTOGRAFIE<br />
Lee Frost: Die vorhandene Kulisse optimal nutzen<br />
1 2<br />
3 4<br />
deswegen einfach „Landscape“. Landschaftsaufnahmen<br />
im Hochformat – im Englischen „Portrait“ – sind jedoch<br />
oft dynamischer, weil das Auge einen weiteren Weg von<br />
links unten nach rechts oben im <strong>Bild</strong> zurücklegen muss,<br />
um die gesamte Szene aufzunehmen. Sie können<br />
außerdem die vertikalen Linien besser nutzen, der<br />
Vordergrund kommt besser zur Geltung und Perspektive<br />
und Maßstab sind deutlicher erkennbar.<br />
Wenn Sie erst einmal die Grundprinzipien der<br />
<strong>Bild</strong>komposition in der Landschaft intuitiv anwenden<br />
können, werden Sie automatisch beginnen, Ihren<br />
eigenen Stil und Sichtweise auf <strong>Landschaften</strong> zu<br />
entwickeln. Oft ist zu hören, man solle den Horizont aus<br />
dem Zentrum des <strong>Bild</strong>ausschnitts heraushalten.<br />
Manchmal ist aber genau das der beste Platz für den<br />
Horizont, beispielsweise, wenn Sie eine Szene und deren<br />
Spiegelung im Wasser fotografieren wollen. Dasselbe gilt<br />
für den Fixpunkt. Die Drittelregel verlangt, man solle ihn<br />
aus dem Zentrum des <strong>Bild</strong>ausschnitts heraushalten;<br />
doch wenn Sie ihn bewusst genau hinein verlegen,<br />
können Sie je nach Motiv hochinteressante Fotos<br />
produzieren, besonders wenn der Fixpunkt von leerem<br />
Raum umgeben ist. Generell sollten Sie sich nicht daran<br />
stören, wenn eine für Ihr Empfinden gute<br />
<strong>Bild</strong>komposition gegen die Standardregeln verstößt.<br />
Regeln müssen eben manchmal gebrochen werden.<br />
Viele Landschaftsfotografen haben ihren eigenen Stil<br />
entwickelt und weichen von ihm nicht mehr ab, weil<br />
sie die Prozeduren genau kennen und kein Risiko<br />
eingehen wollen. Ich ziehe allerdings grundsätzlich<br />
unterschiedliche Ideen und Arbeitstechniken in<br />
Betracht, um aus jeder gegebenen Situation das Beste<br />
machen zu können, ganz gleich, um welche Art<br />
Szenerie oder um welche Wetterbedingungen es sich<br />
handelt. Ich stelle mir oft vor, man hätte mir die Augen<br />
verbunden und mich mit meiner Kameraausrüstung an<br />
einem mir völlig unbekannten Ort ausgesetzt und<br />
würde mich erst am späten Abend wieder abholen. Ich<br />
würde mit Sicherheit ein paar annehmbare Fotos<br />
zeigen können. Vielleicht bin ich deswegen eher ein<br />
Generalist und kein Spezialist auf einem bestimmten<br />
Gebiet, aber das bedeutet andererseits, dass ich kaum<br />
jemals einen Ort verlassen werde, ohne ein paar Fotos<br />
im Kasten zu haben.<br />
Ich fotografiere grundsätzlich in Farbe, aber nicht<br />
alle Lichtverhältnisse und schon gar nicht jedes Wetter<br />
sind geeignet, um gute Farbfotos zu produzieren. Wenn<br />
die Wolken sich verdunkeln und ein Sturm aufkommt,<br />
packe ich trotzdem nicht zusammen sondern bleibe<br />
vor Ort. Unter den genannten Bedingungen werde ich<br />
weiterhin Farbfotos schießen, die ich aber später nach<br />
Schwarzweiß konvertiere. Das weiche Licht eines<br />
trüben Tages kann sehr schöne<br />
Schwarzweißaufnahmen ermöglichen, während ein<br />
dunkler, dramatisch aufgewühlter Himmel noch<br />
verstärkt werden kann, indem alle Farbe aus dem Foto<br />
herausgenommen wird. Schwarzweiß ist schon ein<br />
Schritt weg von der Realität, deswegen kann man<br />
durchaus in der Nachbearbeitung ein paar Tricks aus<br />
dem Hut zaubern, um die Dinge noch dramatischer<br />
aussehen zu lassen, als sie tatsächlich gewesen sind<br />
– wer wird schon danach fragen?<br />
Da wir gerade von Schwarzweiß sprechen – es gibt<br />
noch eine andere Aufnahmetechnik, die ich sehr oft<br />
benutze, besonders bei Küstenlandschaften. Dazu<br />
benutze ich einen „Big Stopper“, das ist ein zehnstufiger<br />
Verlaufsfilter. Er verlängert die Belichtungszeit eines<br />
Fotos extrem, was dazu führt, dass die in einer Szene<br />
vorhandene Bewegung aufgezeichnet wird. Ein<br />
dunkler, wolkenverhangener Himmel schafft die besten<br />
Voraussetzungen für diese Aufnahmetechnik.<br />
Vorbeiziehende Wolken werden als unterschiedlich<br />
eingefärbte Streifen am Himmel abgebildet, sich<br />
bewegendes Wasser hingegen erhält ein milchiges<br />
Aussehen. Wogende Kornfelder und sich im Wind<br />
biegende Bäume verschwimmen ebenfalls sehr schön<br />
und kontrastieren mit den stationären <strong>Bild</strong>elementen.<br />
Wenn sich also das nächste Mal die Lichtverhältnisse<br />
rapide verschlechtern, und keine guten Farbfotos mehr<br />
möglich sind, denken Sie unkonventionell. Das<br />
<strong>Fotografie</strong>ren von Details ist immer eine gute<br />
Möglichkeit. „Je schlechter das Licht, desto kleiner Ihre<br />
Objekte“ kann hier als Faustregel gelten. Es funktioniert,<br />
glauben Sie mir. Ein farbloser Sommerhimmel kann<br />
sterbenslangweilig sein, doch anstatt zu versuchen ihn<br />
aus dem <strong>Bild</strong>ausschnitt auszuschließen, nutzen Sie die<br />
leere Fläche kreativ und machen eine simple<br />
<strong>Bild</strong>komposition mit einem einzigen <strong>Bild</strong>element.<br />
Klassische Beispiele dafür sind der einzelne Baum<br />
mitten auf einem Feld und das einsame Boot an einem<br />
verlassenen Strand.<br />
Eine weitere Möglichkeit ist die Infrarotfotografie. Ob<br />
Sie eine umgebaute DSLR dazu verwenden, wie ich es<br />
tue, oder einen Infrarotfilter, darauf kommt es weniger<br />
an. Jedenfalls ist es sehr schwer, kein gutes Infrarotfoto<br />
zu machen, der Effekt ist einfach zu ungewohnt. An<br />
wolkenlosen, sonnigen Tagen, wenn das Licht hart ist<br />
und die Landschaft wie ein Pfannkuchen aussieht<br />
– dann ist es Zeit für Infrarot. Das gilt aber auch für Tage,<br />
die grau und farblos sind.<br />
Diese <strong>Bild</strong>er hier, alle aufgenommen bei Dungeness<br />
an der Küste von Kent, geben Ihnen eine Vorstellung<br />
dessen, was möglich ist, wenn Sie nach einem lange<br />
geplanten Trip vor Ort ankommen und wenn das<br />
Wetter dort völlig anders ist, als Sie erwartet haben.<br />
1) Wenn das Wetter nicht mitspielt, konvertieren Sie Ihr<br />
<strong>Bild</strong> in Schwarzweiß. Das gibt ihm eine besondere<br />
Stimmung und lässt Einzelheiten von Oberflächen besser<br />
hervortreten. So entstehen auch bei schlechtem Wetter<br />
gute <strong>Bild</strong>er.<br />
2) Meistens sollte der <strong>Bild</strong>ausschnitt gefüllt werden; doch<br />
gestaltungstechnisch funktioniert es auch, wenn Sie<br />
weite Bereiche leer lassen. Versuchen Sie es an einem<br />
dunstigen Sommertag oder bei bedecktem Himmel.<br />
3) Probieren Sie etwas Neues! Normalerweise sind mit<br />
Weitwinkel aufgenommene Landschaftsfotos von vorne<br />
bis hinten scharf. Doch das ist kein Naturgesetz. Brechen<br />
Sie ruhig auch einmal die Regeln der <strong>Bild</strong>komposition!<br />
4) Gerade bei schlechtem Wetter ermöglicht ein<br />
zehnstufiger Graufilter beeindruckend kunstvolle <strong>Bild</strong>er.<br />
Auch die Effekte von Infrarotaufnahmen sind weitgehend<br />
wetterunabhängig.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
109
FOTOPRAXIS<br />
Schärfe<br />
Die <strong>Bild</strong>qualität ist in der klassischen Landschaftsfotografie<br />
von allergrößter Bedeutung. Das ist der Grund, warum<br />
manche Profis sehr teure Mittelformatkameras benutzen. Je<br />
größer das Original, umso besser die Qualität.<br />
Deswegen brauchen Sie nicht gleich Ihre APS-C-DSLR<br />
bei eBay zu inserieren – die Qualität eines APS-C Sensors ist<br />
extrem hoch. Doch wenn Sie das Beste aus Ihrer Kamera<br />
herausholen und Landschaftsfotos von optimaler Qualität<br />
machen wollen, dann befolgen Sie einfach ein paar simple<br />
Grundregeln.<br />
Das eigentlich Selbstverständliche zuerst: Halten Sie Ihre<br />
Objektive und Filter sauber. Staub, Fingerabdrücke und<br />
Kratzer vermindern die <strong>Bild</strong>qualität. Überprüfen Sie auch<br />
regelmäßig den Sensor der Kamera, besonders wenn Sie<br />
feststellen, dass Sie immer häufiger viele kleine<br />
Unreinheiten aus Ihren Fotos herausklonen müssen.<br />
Wenn Sie aus der Hand fotografieren, achten Sie auf die<br />
Verschlusszeit – alles unterhalb von 1/60 Sekunde bringt Sie<br />
in die Gefahrenzone des Verwackelns. Um das zu<br />
vermeiden, können Sie die ISO-Empfindlichkeit<br />
heraufsetzen oder eine kürzere Verschlusszeit benutzen.<br />
Doch je höher Sie die ISO Empfindlichkeit einstellen, umso<br />
mehr leidet die <strong>Bild</strong>qualität. Lassen Sie sie bei ISO 100 oder<br />
ISO 200 und montieren Sie die Kamera auf ein Stativ, falls<br />
die Verschlusszeiten mit diesen Einstellungen zu lang<br />
werden. Es gibt Landschaftsfotografen, die grundsätzlich<br />
überhaupt nicht fotografieren, solange die Kamera nicht auf<br />
dem Stativ sitzt.<br />
Wie und worauf Sie scharfstellen, ist ebenfalls von<br />
entscheidender Bedeutung. Um die Schärfentiefe zu<br />
maximieren, müssen Sie steuern, worauf das Objektiv<br />
scharfgestellt ist. Dies ist leichter, wenn Sie manuell<br />
scharfstellen, denn Sie können die Kamera auf das Stativ<br />
montieren, Ihre <strong>Bild</strong>komposition machen und dann das<br />
Objektiv auf eine bestimmte Entfernung einstellen. Um dies<br />
mit dem Autofokus zu erreichen, müssen Sie entweder ein<br />
Objekt finden, das exakt in der richtigen Entfernung liegt,<br />
oder Sie müssen den Einzelpunkt-Autofokus verwenden,<br />
die Schärfe verriegeln und die <strong>Bild</strong>komposition erneut<br />
vornehmen – eine Menge Arbeit im Vergleich zur<br />
manuellen Scharfeinstellung. Im Übrigen brauchen Sie sich<br />
auch keine Sorgen zu machen, dass der Autofokus<br />
„hilfreich“ mitdenkt und unbemerkt auf einen neuen Punkt<br />
scharfstellt, der nicht erwünscht war und somit Ihre<br />
Aufnahme ruiniert. Stellen Sie also manuell scharf, und Sie<br />
können sicher sein, dass die Kamera die Einstellungen<br />
beibehalten wird, selbst wenn es eine halbe Stunde dauern<br />
sollte, bis die gewünschten Lichtverhältnisse eintreten.<br />
Der wichtigste Faktor, der die Qualität eines<br />
Landschaftsfotos bestimmt, ist die Schärfentiefe. Sie sorgt<br />
dafür, dass Ihre Szene von vorn bis hinten gestochen scharf<br />
aufgenommen wird. Ein leicht unscharfer Vordergrund wird<br />
Sie genauso ärgern wie ein unscharfer Hintergrund,<br />
machen Sie sich also vertraut mit der Prozedur, wie Sie den<br />
Schärfebereich steuern und wie Sie die Schärfentiefe<br />
maximieren.<br />
Blende f/22 und die Schärfe auf unendlich – das scheint<br />
die adäquate Lösung zu sein oder? Mit Weitwinkelobjektiv<br />
funktioniert das sogar öfter, als die meisten Experten<br />
erwarten würden. Tatsächlich aber leidet die<br />
Abbildungsqualität jedes Objektivs bei kleinster Blende<br />
unter Diffraktionen, die die <strong>Bild</strong>qualität reduzieren. Ein<br />
HYPERFOKALE ENTFERNUNG FÜR VOLLFORMAT-DSLRS<br />
16mm 20mm 24mm 28mm 35mm 50mm 100mm 135mm 200mm 300mm<br />
f/2.8 3.2m 5.0m 7.0m 10m 15m 31m 123m 225m 495m 1110m<br />
f/4 2.2m 3.5m 5.0m 7.0m 10.5m 21.5m 87m 157m 345m 775m<br />
f/5.6 1.6m 2.5m 3.6m 5.0m 7.5m 15.5m 62m 112m 245m 555m<br />
f/8 1.1m 1.7m 2.5m 3.5m 5.5m 11m 43m 79m 173m 388m<br />
f/11 0.8m 1.3m 1.8m 2.5m 4.0m 8.0m 31m 57m 125m 282m<br />
f/16 0.6m 0.9m 1.3m 1.7m 2.7m 5.5m 22m 39m 86m 195m<br />
f/22 0.4m 0.6m 0.9m 1.3m 2.0m 4.0m 16m 29m 65m 140m<br />
f/32 0.3m 0.5m 0.6m 0.9m 1.4m 2.7m 11m 20m 43m 97m<br />
HYPERFOKALE ENTFERNUNG FÜR DSLRS MIT FORMATFAKTOR 1,5 (NIKON, SONY, PENTAX)<br />
16mm 20mm 24mm 28mm 35mm 50mm 100mm 135mm 200mm 300mm<br />
f/2.8 5.0m 7.5m 11m 14m 23m 47m 188m 345m 750m 1690m<br />
f/4 3.4m 5.3m 7.5m 10.5m 16m 33m 132m 240m 525m 1185m<br />
f/5.6 2.4m 3.8m 5.5m 7.5m 11.5m 23.5m 94m 170m 375m 845m<br />
f/8 1.7m 2.7m 3.8m 5.2m 8.0m 16.5m 66m 120m 265m 590m<br />
f/11 1.2m 1.9m 2.3m 3.8m 5.9m 12.0m 48m 87m 192m 430m<br />
f/16 0.9m 1.3m 1.9m 2.5m 4.0m 8.5m 33m 60m 132m 295m<br />
f/22 0.6m 1.0m 1.4m 1.9m 3.0m 6.0m 24m 44m 96m 215m<br />
f/32 0.4m 0.7m 1.0m 1.3m 2.0m 4.2m 16.5m 30m 66m 150m<br />
HYPERFOKALE ENTFERNUNG FÜR DSLRS MIT FORMATFAKTOR 1,6 (CANON)<br />
16mm 20mm 24mm 28mm 35mm 50mm 100mm 135mm 200mm 300mm<br />
f/2.8 5.0m 8.0m 11.5m 15.5m 24.5m 50m 199m 360m 795m 1785m<br />
f/4 3.6m 5.6m 8.0m 11m 17m 35m 140m 255m 555m 1250m<br />
f/5.6 2.6m 4.0m 5.7m 7.8m 12m 25m 99m 180m 397m 895m<br />
f/8 1.8m 2.8m 4.0m 5.5m 8.5m 17.5m 69.5m 127m 278m 625m<br />
f/11 1.3m 2.0m 2.9m 4.0m 6.2m 13m 50m 92m 202m 455m<br />
f/16 0.9m 1.4m 2.0m 2.8m 4.3m 8.7m 35m 63m 139m 312m<br />
f/22 0.7m 1.0m 1.5m 2.0m 3.0m 6.5m 25.5m 46m 101m 230m<br />
f/32 0.5m 0.7m 1.0m 1.4m 2.2m 4.4m 17.5m 32m 70m 156m<br />
Objektiv bildet Blendenbereich von f/8 bis f/11 am besten ab.<br />
Vielleicht bekommen Sie keine von vorn bis hinten<br />
durchgehende Schärfe mit dieser Einstellung, aber die<br />
Schärfentiefe hängt nicht nur von der Blendeneinstellung ab.<br />
Die Lösung des Problems besteht in der Einstellung der<br />
hyperfokalen Entfernung. Das ist eine simple Aufnahmetechnik,<br />
mit deren Hilfe Sie die Schärfentiefe genau an eine bestimmte<br />
Szene anpassen, wobei Sie es jedoch vermeiden, eine kleinere<br />
Blende einstellen zu müssen als unbedingt notwendig. So<br />
bekommen Sie eine durchgehende <strong>Bild</strong>schärfe, verbunden mit<br />
der optimalen Abbildungsqualität Ihres Objektivs.<br />
Das Einstellen der hyperfokalen Entfernung bedeutet, dass<br />
Sie auf einen bestimmten Punkt Ihrer Szene scharfstellen,<br />
dessen Position abhängig ist von der verwendeten Brennweite<br />
Ihres Objektivs und von der eingestellten Blende. Wenn Sie eine<br />
Festbrennweite verwenden und manuell scharf einstellen,<br />
können Sie die Schärfentiefenskala oben auf dem Objektivtubus<br />
verwenden, um die hyperfokale Entfernung zu finden. Wenn Sie<br />
jedoch ein Zoomobjektiv mit Autofokus benutzen, benötigen<br />
Sie eine Tabelle der hyperfokalen Entfernungen für gegebene<br />
Brennweiten und Blenden. Wählen Sie zuerst die für Ihre Kamera<br />
passende Tabelle, dann suchen Sie die Brennweite, die Sie<br />
benutzen und den Blendenwert, den Sie einstellen wollen. Im<br />
Schnittpunkt der entsprechenden Spalte und der<br />
110 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Oben: Die richtig eingestellte hyperfokale Entfernung<br />
gibt Ihnen von vorn bis hinten scharfe <strong>Bild</strong>er.<br />
Rechts: Detailreiche Szenen müssen gestochen scharf<br />
sein, sonst ist das <strong>Bild</strong> verdorben.<br />
entsprechenden Zeile finden Sie die einzustellende hyperfokale<br />
Entfernung. Wenn Sie diesen Wert einstellen, erstreckt sich die<br />
Schärfentiefe von der Hälfte dieser Entfernung bis unendlich. Ein<br />
Beispiel: wenn Sie eine Canon DSLR mit 28mm Brennweite und<br />
Blende f/11 benutzen, dann beträgt die hyperfokale Entfernung 4m.<br />
Stellen Sie diese Entfernung ein, bekommen Sie eine Schärfentiefe<br />
von 2m bis unendlich.<br />
Falls Sie sich nicht sicher sind, wie viel Schärfentiefe Sie<br />
benötigen, stellen Sie auf das Objekt am nächsten vor der Kamera<br />
scharf und lesen die Entfernung auf dem Objektivtubus ab. Dann<br />
können Sie wieder die Tabelle der hyperfokalen Entfernung zur<br />
Hand nehmen und herausfinden, welche Blende Sie brauchen, um<br />
eine ausreichende Schärfentiefe zu erzeugen. Beispiel: Wenn Ihre<br />
Entfernungsmessung des Objekts 3m ergibt und Sie eine 35mm<br />
Brennweite an einer Vollformatkamera benutzen, müssen Sie die<br />
Blende auf eine hyperfokale Entfernung von 6m einstellen, sodass<br />
sich die Schärfezone von der halben hyperfokalen Distanz 3m bis<br />
Unendlich erstreckt. In diesem Fall ist f/8 der am nächsten liegende<br />
Blendenwert, um eine hyperfokale Entfernung von 5,5m zu<br />
erhalten, also eine Schärfentiefe von 2,75m bis Unendlich.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 111
Filter<br />
FOTOPRAXIS<br />
Viele Fotografen verwenden heute überhaupt keine Filter mehr, doch<br />
in der Landschaftsfotografie spielen Sie nach wie vor eine große Rolle.<br />
Man kann filterähnliche Effekte auch in der Nachbearbeitung erzeugen,<br />
doch wenn Sie Ihre Zeit lieber mit <strong>Fotografie</strong>ren statt am Computer<br />
verbringen wollen, ist es leichter und weniger zeitaufwändig, mit Filtern<br />
zu arbeiten und Ihre Aufnahmen schon mit der Kamera so gut wie<br />
möglich zu gestalten. Es gibt nur noch drei Typen von Filtern, mit<br />
denen Sie sich beschäftigen müssen, doch die werden Sie<br />
wahrscheinlich ständig verwenden. Es ist heute äußerst selten, dass ein<br />
Landschaftsfoto ohne Filter gemacht wird. Im Folgenden finden Sie<br />
einen Überblick über die benötigten Filter und ihre Verwendung.<br />
GRAUVERLAUFSFILTER<br />
Grauverlaufsfilter sind im obersten Bereich der oberen Hälfte stark grau<br />
eingefärbt, wobei die Intensität des Graus nach unten hin abnimmt, bis der<br />
Filter, beginnend mit der Oberkante seiner unteren Hälfte keinerlei<br />
Graufärbung mehr aufweist, sondern vollständig transparent ist. Mit diesen<br />
Filtern steuern Sie den Kontrast zwischen dem hellen Himmel unter der<br />
dunkleren, darunter liegenden Landschaft. Wenn Sie eine für die<br />
Lichtverhältnisse der Landschaft passende Belichtung einstellen, wird der<br />
Himmel darüber ebenfalls richtig belichtet, weil die obere, dunkle Hälfte des<br />
Graufilters seine im Vergleich zu Landschaft extreme Helligkeit unterdrückt.<br />
Um diese Helligkeitsunterschiede in jeder Situation ausgleichen zu<br />
können, gibt es Verlaufsfilter mit unterschiedlichen Stärken. Der Schwächste<br />
dieser Filter (0.3ND) dunkelt den Himmel um nur eine Blendenstufe ab,<br />
deswegen ist er in den meisten Situationen zu schwach. Die beste Wahl für<br />
den täglichen Einsatz ist ein Filter der Stärke 0.6ND, der bereits um zwei<br />
Blendenstufen abdunkelt. Ein Filter mit 0.9ND sorgt für eine Differenz von drei<br />
Blendenstufen und eignet sich besonders bei großen<br />
Helligkeitsunterschieden zwischen Horizont und Vordergrund, also für die<br />
Morgen- und Abenddämmerung. Falls notwendig, können Sie zwei<br />
Grauverlaufsfilter zusammen benutzen, doch wenn Sie drei Blendenstufen<br />
überschreiten, besteht die Gefahr, dass der Effekt zu stark wird, deswegen ist<br />
Vorsicht angebracht. Es gibt „weiche“ und „harte“ Grauverlaufsfilter. Diese<br />
Attribute beziehen sich darauf, wie breit die Zone des Verlaufs von völliger<br />
Transparenz bis zum dunkelsten Grau ist. Weiche Verlaufsfilter haben einen<br />
breiteren Übergang und eignen sich deswegen für Horizonte, die keine<br />
gleichförmige Linie bilden. Harte Grauverlaufsfilter hingegen erzeugen einen<br />
gleichmäßigeren Effekt.<br />
Entscheidend bei der Benutzung von Grauverlaufsfiltern ist die<br />
Ausrichtung der Verlaufszone. Es passiert leicht, dass man den Filter zu weit<br />
unten in seiner Halterung positioniert, so dass er zwar wie gewünscht den<br />
Himmel, aber – nicht gewünscht – auch einen Teil der Landschaft abdunkelt.<br />
Um das zu vermeiden, benutzen Sie den LiveView Ihrer Kamera – Sie werden<br />
sehen, wie der Himmel dunkler wird, je weiter Sie den Filter nach unten<br />
schieben. Wenn die dunkle Zone den Horizont erreicht, ist der Filter richtig<br />
positioniert. Es ist sinnvoll, den Verlaufsfilter in seine Halterung zu schieben,<br />
bevor Sie die Belichtungsmessung vornehmen, denn der Filter gleicht<br />
Kontraste aus und erleichtert dem Belichtungsmeßsystem Ihrer Kamera die<br />
korrekte Belichtung.<br />
POLFILTER<br />
Wenn Sie auf <strong>Bild</strong>er mit gesättigten Farben, tiefblauem Himmel und äußerster<br />
Klarheit ohne störende Reflexionen Wert legen, werden Sie den Polfilter bald<br />
nicht mehr missen wollen. An einem sonnigen Tag ist es der Polfilter, der für<br />
wirklich brillante Fotos sorgt, doch auch bei schlechteren Lichtverhältnissen,<br />
in einem Wald beispielsweise, unterdrückt er die Reflexionen auf dem<br />
Blattwerk, so dass Farben intensiv zur Geltung kommen. Auch wenn Sie einen<br />
Wasserfall oder einen Fluss fotografieren, erweist er sich als nützlich, weil er die<br />
Spiegelungen des Wassers und die Lichtreflexionen auf nassen Felsen<br />
eliminiert. Außerdem können Sie das bewegte Wasser leicht verwischen, weil<br />
der Polfilter um zwei Blendenstufen abblendet, so dass beispielsweise aus ¼<br />
Sekunde eine ganze Sekunde wird.<br />
Der Effekt des Polfilters wird dadurch gesteuert, dass Sie ihn in seiner<br />
Halterung drehen, während Sie durch den Sucher schauen. Sie sehen die<br />
Veränderungen, die er während der Drehung bewirkt und wenn Ihnen gefällt,<br />
was Sie sehen, hören Sie auf zu drehen. Die Sonne befindet sich idealerweise<br />
seitlich der Kamera, so bekommen Sie den maximalen Effekt – einen strahlend<br />
blauen Himmel und keine störenden Reflexionen in der Landschaft. Kaufen<br />
Sie einen Polfilter, der Teil eines modularen Filtersystems ist, wie es<br />
beispielsweise von Lee, Hitech und Cokin angeboten wird. So können Sie den<br />
Polfilter mit einem Grauverlaufsfilter oder einem einfachem Graufilter<br />
kombinieren, falls nötig.<br />
112 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
GRAUFILTER<br />
Lange Verschlusszeiten können die in einer Szene vorhandenen<br />
Bewegungen einfangen. Um jedoch bei hellem Tageslicht zu<br />
langen Verschlusszeit zu gelangen, brauchen Sie den Graufilter.<br />
Während Grauverlaufsfilter nur einen Teil des <strong>Bild</strong>es beeinflussen,<br />
wirkt sich der homogene Graufilter auf das gesamte <strong>Bild</strong> aus.<br />
Deswegen können Sie durch die unterschiedliche Dichte der<br />
einzelnen Graufilter die Verschlusszeiten recht präzise in<br />
vorhersehbarer Weise verlängern. Ein schwächerer Graufilter der<br />
Stärke 0.6ND entspricht der Abdunkelung um zwei Blendenstufen,<br />
0.9ND ist das Äquivalent für drei Blendenstufen und 1.2ND<br />
entspricht vier Blendenstufen.<br />
Sie können diese Filter auch kombinieren, wenn einer allein nicht<br />
ausreichen sollte; die Stärken 0.6ND und 0.9ND addieren sich zu<br />
fünf Blendenstufen, was in der Praxis bedeutet, dass aus einer<br />
Verschlusszeit von 1/8 Sekunde 4 Sekunden werden. Wenn Sie<br />
jedoch Verschlusszeiten von mehreren Minuten benötigen, und<br />
das bei normalem Tageslicht, damit Sie Wasser in einen milchigen<br />
Nebel verwandeln können und am Himmel vorbeiziehende<br />
Wolken in weiche Streifen, dann benötigen Sie einen zehnstufigen<br />
Graufilter wie den „Big Stopper“ von Lee, den Hitech Prostop 10<br />
oder den B+W ND 110 3.0. Diese Filter sind derart dunkel, dass Sie<br />
nicht hindurchschauen können, doch sie liefern Ihnen, richtig<br />
eingesetzt, ganz bemerkenswerte, surreale Effekte.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 113
FOTOPRAXIS<br />
LANDSCHAFTSFOTOGRAFIE<br />
Licht in der<br />
Landschaft<br />
Auch wenn wir das Thema „Licht“ hier zuletzt<br />
besprechen, ist es die allerwichtigste Einflussgröße<br />
für ein gutes <strong>Bild</strong>. Das vorhandene Licht definiert<br />
die Atmosphäre und den Charakter einer Szene<br />
– und demzufolge auch, welche Stimmung diese<br />
bei uns erzeugt. Licht kann atmosphärisch,<br />
dramatisch, warm, kalt, hart oder weich sein. All<br />
diese Eigenschaften und möglichen<br />
Kombinationen haben einen enormen Effekt auf<br />
die Wirkung eines Landschaftsfotos.<br />
Die Qualität des Lichts ändert sich sehr im<br />
Verlauf des Tages, vom Moment des Beginns der<br />
Morgendämmerung bis zu dem Moment, wenn<br />
das Zwielicht der Abenddämmerung endgültig<br />
durch die Nacht verdrängt wird. Auch<br />
Wetteränderungen sorgen für zahllose Variationen<br />
der Lichtverhältnisse. Dieselbe Landschaft sieht an<br />
einem sonnigen Sommervormittag vollständig<br />
anders aus als einem stürmischen<br />
Herbstnachmittag, an dem die Sonne nur ab und<br />
zu durch eine bedrohliche Wolkendecke scheint. Es<br />
sind diese Variationen, die die<br />
Landschaftsfotografie so interessant und<br />
lohnenswert machen. Angenommen, das Wetter<br />
an einem gegebenen Tag ist gut, dann herrschen<br />
die besten Lichtverhältnisse in der ersten Stunde<br />
nach Sonnenaufgang und in der letzten Stunde vor<br />
Sonnenuntergang. Zu diesen Zeiten steht die<br />
Sonne so tief am Himmel, dass sie lange Schatten<br />
erzeugt, die die Oberflächenbeschaffenheit und die<br />
Form der <strong>Bild</strong>elemente betonen. Das Licht ist<br />
außerdem sehr warm, was die Landschaft zum<br />
Leben zu erwecken scheint, doch das gilt leider nur<br />
für die ersten Minuten nach Sonnenaufgang und<br />
für die letzten Minuten vor Sonnenuntergang.<br />
Der Grund, warum wir in der Einleitung über<br />
einen Wecker gesprochen haben, der möglichst<br />
viel Lärm machen sollte, ist der, dass Sie mit den<br />
Hühnern aufstehen müssen, um im Sommer von<br />
dem frühen Morgenlicht profitieren zu können.<br />
Seien Sie 30–40 Minuten vor Sonnenaufgang vor<br />
Ort, damit Sie das Glühen der Morgendämmerung<br />
vor Sonnenaufgang einfangen können. Das<br />
funktioniert besonders gut am Meer, weil die<br />
prächtigen Farben des Himmels sich in ihm<br />
spiegeln werden. Nachdem die Sonne<br />
aufgegangen ist, müssen Sie schnell agieren um die<br />
Zeit des goldenen Lichts am besten zu nutzen.<br />
Wenn Sie Glück haben, können Sie tief liegende<br />
Nebelschwaden vor die Kamera bekommen, doch<br />
die Sonne wird sie schnell verdunsten lassen;<br />
suchen Sie deswegen nicht zu lange nach Ihrem<br />
Motiv herum, sondern fangen Sie an, zu<br />
fotografieren. Etwa eine Stunde nach<br />
Sonnenaufgang steht die Sonne bereits hoch am<br />
Himmel, und dann haben Sie sich Ihr Frühstück<br />
verdient. Bei klarem, sonnigem Wetter können Sie<br />
die nächsten Stunden damit verbringen, neue<br />
Örtlichkeiten auszukundschaften, denn zum<br />
<strong>Fotografie</strong>ren ist das Licht zu hart und zu flach,<br />
ganz besonders im Sommer. Wenn Wolken die<br />
Sonne verdecken, könnten Sie Detailfotos machen,<br />
die von dem weicheren Licht profitieren.<br />
Um die Zeit am besten zu nutzen, ist es immer<br />
gut, einige grob vorfabrizierte Ideen und<br />
Aufnahmetechniken im Ärmel zu haben, dann<br />
können Sie den ganzen Tag fotografieren, ganz<br />
gleich, wie sich das Wetter entwickeln mag. Hartes<br />
Sonnenlicht passt überhaupt nicht zur<br />
Oben: <strong>Fotografie</strong>ren Sie in der Goldenen Stunde und fangen<br />
Sie lange, weiche Schatten ein, die die Details der <strong>Bild</strong>elemente<br />
hervorbringen.<br />
Rechts: Bleiben Sie auch noch nach Sonnenuntergang vor Ort;<br />
oft können Sie fantastische Farbenspiele am Himmel erleben.<br />
konventionellen Landschaftsfotografie, jedoch sehr<br />
gut zur Infrarotfotografie. Sie könnten sich<br />
beispielsweise einen Infrarotfilter zulegen und<br />
diese besondere Art der <strong>Bild</strong>gestaltung<br />
ausprobieren. Graue Tage mit vollständig<br />
bedecktem Himmel sind nicht ideal für<br />
Farbaufnahmen – es sei denn Sie machen<br />
Detailfotos – doch solches Wetter ist ideal für<br />
Schwarzweißfotos. Das gilt auch für<br />
Langzeitbelichtungen von <strong>Bild</strong>ern an der Küste, die<br />
mit einem zehnstufigen Graufilter aufgenommen<br />
werden. Wenn Sie sich einen solchen Filter zulegen,<br />
haben Sie die Möglichkeit, auch bei<br />
allerschlechtestem Wetter hervorragende Fotos zu<br />
machen und Ihre knapp bemessene Zeit zu nutzen.<br />
Am späten Nachmittag sinkt die Sonne schnell<br />
und die Lichtverhältnisse werden wieder besser.<br />
Die letzte Stunde vor Sonnenuntergang ist neben<br />
der ersten Stunde nach Sonnenaufgang die beste<br />
des Tages und wenn Sie ohnehin schon unterwegs<br />
sind, lohnt es sich, darauf zu warten. Das Licht wird<br />
gegen Ende des Tages wärmer als zu Beginn,<br />
besonders wenn es ein sonniger Tag war. Lange<br />
Schatten geben Ihren <strong>Bild</strong>elementen detailreiche<br />
Oberflächenstrukturen und erzeugen einen<br />
starken Eindruck von Tiefe. Diese Tageszeit eignet<br />
sich besonders gut für Küstenlandschaften, denn<br />
die tief stehende Sonne verleiht Ihren<br />
<strong>Bild</strong>elementen einen sanften, warmen Glanz. Wenn<br />
die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist,<br />
ändern sich die Lichtverhältnisse nochmals<br />
dramatisch, und demzufolge auch die Landschaft.<br />
Kontraste werden weicher, weil das Sonnenlicht<br />
am Himmel reflektiert wird. Geben Sie nicht der<br />
Versuchung nach, schon einzupacken, sondern<br />
warten Sie noch 10–15 Minuten, und Sie erleben<br />
vielleicht eine wundervolle Farbenpracht am<br />
Himmel, dessen Wolken dunkelrot, orange und<br />
violett glühen, weil sie von der unter dem Horizont<br />
verschwundenen Sonne angestrahlt werden. Mit<br />
einem dreistufigen Verlaufsfilter können Sie die<br />
Landschaft korrekt belichten und trotzdem die<br />
Farbenpracht und all die Details am Himmel<br />
bewahren. Es lohnt sich, vor Ort zu bleiben, bis die<br />
Farben endgültig verschwunden sind.<br />
Lichtrichtung<br />
Die Richtung, aus der das Licht auf die Landschaft<br />
fällt, spielt eine große Rolle für deren Erscheinung<br />
und die Stimmung die es erzeugt. Frontales Licht<br />
– wenn Sie die Sonne im Rücken haben – sorgt<br />
auf den ersten Blick für einen schönen Eindruck,<br />
fotografisch gesehen ist es jedoch nicht besonders<br />
attraktiv, weil die Schatten in Blickrichtung<br />
verlaufen, was dazu führt, dass die Landschaft auf<br />
dem Foto flach aussieht. Wenn allerdings die<br />
Sonne niedrig am Himmel steht und die<br />
Landschaft in ihr goldenes Licht taucht, kann die<br />
fehlende Tiefe verschmerzt werden, weil das<br />
fantastische Licht dieses Manko ausgleicht.<br />
Seitliche Beleuchtung, wenn die Sonne in<br />
einem Winkel von etwa 90° zur Kamera steht, ist<br />
trotzdem besser, weil dann die Schatten zum<br />
integralen Teil der <strong>Bild</strong>komposition werden,<br />
Details von Oberflächen hervorbringen und der<br />
gesamten Szene Tiefe geben. Der Effekt tritt<br />
wieder am stärksten auf, wenn die Sonne sehr<br />
niedrig steht und die Schatten lang und nicht sehr<br />
intensiv sind.<br />
Eine weitere Option besteht darin, ins<br />
Gegenlicht zu fotografieren. Fotos vom<br />
Sonnenaufgang und Sonnenuntergang werden<br />
auf diese Weise geschossen, denn der<br />
farbenprächtigste Bereich ist immer in der Nähe<br />
der Sonne. Auch Nebel kann sich sehr gut<br />
einfügen in ein solches <strong>Bild</strong>, denn das durch den<br />
Nebel dringende Licht erzeugt eine faszinierende<br />
Atmosphäre.<br />
114 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
MUSTER UND IHRE WIRKUNG<br />
MUSTER
Ganz gleich, wo wir uns befinden: Wir sind viel häufiger von <strong>Muster</strong>n umgeben als uns<br />
bewusst ist. Wenn Sie sich aufmerksam umschauen, können Sie nahezu in jeder<br />
Umgebung ein <strong>Muster</strong> erkennen. Richtig ins <strong>Bild</strong> gesetzt, können solche <strong>Muster</strong> Ihren<br />
Aufnahmen besondere, grafische Elemente hinzufügen oder sogar eine Geschichte<br />
erzählen. <strong>Muster</strong> geben einem <strong>Bild</strong> Struktur, sie leiten das Auge des Betrachters durch<br />
das <strong>Bild</strong> und sorgen für Aufmerksamkeit.<br />
Sollten Sie dennoch einmal an einem Ort fotografieren, an dem weit und breit kein<br />
<strong>Muster</strong> zu erkennen ist, machen Sie einfach selbst eines! Beliebige Objekte können<br />
<strong>Muster</strong> bilden, sei es in Form oder Farbe, so lange sich bestimmte Elemente mehr oder<br />
weniger regelmäßig und oft genug wiederholen. <strong>Muster</strong> bringen etwas Ordnung in<br />
eine chaotische Welt…<br />
FOTO: CATHERINE MACBRIDE
FOTOPRAXIS<br />
Urbane <strong>Muster</strong><br />
Wir empfehlen Ihnen, ständig eine Kamera dabei<br />
zu haben, denn nur so können Sie jede sich<br />
bietende Gelegenheit zu einem guten Foto<br />
wahrnehmen. Insbesondere Städte sind wahre<br />
Spielwiesen für Fotografen mit wachem Blick; auf<br />
Schritt und Tritt finden sich <strong>Muster</strong>, aus denen sich<br />
kleine Kunstwerke komponieren lassen.<br />
Besonders für diesen Zweck geeignet sind die<br />
Kameras von Smartphones und kleine<br />
Kompaktkameras, da sie problemlos überall hin<br />
mitgenommen werden können. <strong>Muster</strong> finden<br />
sich nicht nur in Wänden und Gebäudeformen:<br />
Von hohen Standpunkten kann man erkennen,<br />
dass ganze Städte nach bestimmten <strong>Muster</strong>n<br />
angelegt sind.<br />
Schauen Sie nach unten, werden Sie überall<br />
<strong>Muster</strong> am Boden entdecken, vom<br />
Kopfsteinpflaster der Straßen in den Altstädten bis<br />
hin zu den schachbrettartig angeordneten Fliesen<br />
auf städtischen Plätzen. <strong>Muster</strong> am Boden<br />
kommen am besten zur Geltung, wenn Sie Ihr<br />
Motiv aus einem tiefen Kamerawinkel<br />
fotografieren, sodass der Betrachter den Linien<br />
des <strong>Muster</strong>s bis zum Hauptmotiv folgen kann.<br />
Manchmal sind <strong>Muster</strong> erst bei Sonnenschein zu<br />
erkennen, wenn Objekte einen Schattenwurf<br />
erzeugen, der das <strong>Muster</strong> erst sichtbar macht. In<br />
den Großstädten gibt es noch mehr<br />
Möglichkeiten: Die regelmäßigen Struktur der<br />
Glasfassade eines in den Himmel aufragenden<br />
Wolkenkratzers führt das Auge des Betrachters<br />
direkt ganz nach oben ins <strong>Bild</strong>.<br />
Entscheidend bei dieser Art der <strong>Fotografie</strong> ist<br />
der <strong>Bild</strong>ausschnitt, und sie haben dabei mehrere<br />
Möglichkeiten. Sie können beispielsweise ein<br />
<strong>Muster</strong> vollständig isolieren, indem Sie den<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt komplett damit ausfüllen, ohne<br />
dass irgendetwas anderes zu sehen wäre. Das<br />
kann einem <strong>Bild</strong> eine starke Dynamik verleihen,<br />
doch oft wird das <strong>Bild</strong> dadurch sehr abstrakt<br />
wirken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die<br />
Regelmäßigkeit des <strong>Muster</strong>s aufzubrechen, indem<br />
Sie ein Objekt hinzufügen, beispielsweise ein<br />
dunkelrot gefärbtes Herbstblatt auf einem<br />
Kopfsteinpflaster. So bekommt das <strong>Muster</strong> einen<br />
Kontext und der Betrachter bekommt eine<br />
Vorstellung von dessen Umgebung. Wenn Sie die<br />
gesamte kopfsteingepflasterte Straße<br />
fotografieren, kann auch ein einzelner<br />
vorbeigehender Mensch dazu dienen, das <strong>Muster</strong><br />
aufzubrechen.<br />
<strong>Muster</strong> brauchen nicht immer frontal<br />
fotografiert zu werden. Aus einem Winkel heraus<br />
ergibt sich oft ein völlig anderes Aussehen, denken<br />
Sie nur daran, eine kleinere Blende zu benutzen,<br />
um die Schärfentiefe zu maximieren.<br />
Oben: In der Architektur sind überall starke Formen und<br />
Linien zu finden – schauen Sie sich nur um!<br />
Unten und links: Der <strong>Bild</strong>ausschnitt legt fest, wie abstrakt<br />
oder wie umgebungsbezogen ihr Foto wirken wird.<br />
CATHERINE MACBRIDE<br />
CATHERINE MACBRIDE<br />
118 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
MUSTER<br />
Urbane <strong>Muster</strong>: Ideen zum Ausprobieren...<br />
WEGE UND STRASSEN<br />
Kopfsteinpflaster und vielfältige <strong>Muster</strong> auf<br />
Gehwegen und Plätzen – eine Stadt ist<br />
durchzogen von zahllosen <strong>Muster</strong>n. Achten<br />
Sie auch auf Fahrbahnmarkierungen und<br />
starke Linien, die sich schneiden,<br />
beispielsweise Straßenbahnschienen.<br />
Nehmen Sie einen einzelnen Passanten mit<br />
ins <strong>Bild</strong>, damit der Betrachter sich an ihm<br />
als Maßstab orientieren kann.<br />
FENSTER<br />
Die zahllosen Reihen von Fenstern in<br />
den Glasfassaden der Wolkenkratzer<br />
sind ein perfektes Beispiel für<br />
architektonische <strong>Muster</strong>. Verzerrung<br />
kann zum Problem werden, wenn Sie<br />
gerade Linien frontal fotografieren,<br />
doch das kann in der Nachbearbeitung<br />
behoben werden.<br />
SCHAUEN SIE NACH OBEN<br />
Die Gebäude moderner Großstädte<br />
streben gen Himmel. Folgen Sie dieser<br />
Richtung und denken Sie<br />
unkonventionell: Spiralförmige<br />
Treppenhäuser sind ein hervorragendes<br />
Architektur-Motiv, auch wenn die<br />
Lichtverhältnisse in der Regel nicht<br />
optimal sind. Falls Ihre ruhige Hand<br />
nicht ausreicht, haben Sie ja ein Stativ…<br />
SCHATTEN<br />
Üben Sie sich darin, durch Licht<br />
erzeugte <strong>Muster</strong> zu erkennen. Seitlich<br />
durch eine Säulenreihe fallendes<br />
Sonnenlicht kann auf dem Boden ein<br />
<strong>Muster</strong> erzeugen, das an eine<br />
Klaviertastatur erinnert. Schatten in<br />
einem Treppenhaus bestehen meist aus<br />
starken Linien und Formen, die nach<br />
innen und außen ragen.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 119
FOTO-PRAXIS<br />
MUSTER<br />
<strong>Muster</strong>haushalt…<br />
Suchen, Finden und <strong>Fotografie</strong>ren von <strong>Muster</strong>n ist eine<br />
anregende, kreative Beschäftigung an einem verregneten<br />
Sonntag. Das glauben Sie nicht? Probieren Sie es aus und<br />
lassen Sie sich überraschen…<br />
Jeder Haushalt steckt voller gemusterter Strukturen:<br />
von den Tapeten an den Wänden über Möbeloberflächen<br />
bis hin zu Vorhängen, um nur die Augenfälligsten zu<br />
nennen. Weiter gibt es Tischdecken, glänzendes,<br />
gemustertes Papier, in das wir Geschenke einwickeln und<br />
wenn Sie jetzt einmal an sich selbst herunter schauen,<br />
besteht eine recht große Wahrscheinlichkeit, dass Sie<br />
mindestens ein Kleidungsstück an sich haben, das<br />
gemustert ist. Doch nun zum Wesentlichen:<br />
Ein <strong>Muster</strong> in einem Foto kann den pfiffigen Farbtupfer<br />
setzen, der das <strong>Bild</strong> erst attraktiv macht. Stellen Sie sich<br />
dazu das Foto zweier „nackter“ Hände vor, die eine<br />
dampfende Tasse Kaffee umfassen. Nun stellen Sie sich<br />
die Szene erneut vor, diesmal allerdings mit dem kleinen<br />
Unterschied, das die die Tasse umfassenden Hände in<br />
knallrot und weiß gemusterten Wollfäustlingen stecken.<br />
Gemusterte Tapeten können einen hervorragenden<br />
Hintergrund für Porträtfotos abgeben – die porträtierte<br />
Person sollte Kleidung mit ähnlichem oder stark<br />
kontrastierendem <strong>Muster</strong> tragen, um den Effekt zu<br />
erhöhen. Teller stehen aufeinander gestapelt im<br />
Küchenschrank und Tassen und Becher bilden<br />
interessante <strong>Muster</strong>, wenn Sie sie herausnehmen und<br />
phantasievoll auf einer ebenen Fläche aufreihen.<br />
<strong>Fotografie</strong>ren Sie sie mit von der Kamera entkoppeltem<br />
Blitz, um Schatten zu erzeugen, die dem vorhandenen<br />
<strong>Muster</strong> eine weitere Dimension geben.<br />
Räumen Sie die Küchenschubladen leer und<br />
arrangieren Sie das Besteck auf einem einfarbigen<br />
Hintergrund. In Photoshop können Sie weiter spielen,<br />
indem Sie ein Foto spiegeln und beide <strong>Bild</strong>er<br />
zusammenführen, um zusätzliche Symmetrie zu<br />
erzeugen. Unterschätzen Sie die Bedeutung von Farben<br />
nicht, wenn Sie Ihre Objekte arrangieren. Arbeiten Sie mit<br />
Farbabstufungen, beispielsweise von einem dunklen Rot<br />
bis zu hellem Orange. Der geschickte Einsatz von Farben<br />
macht aus einem Motiv viel mehr als die Summe seiner<br />
Teile.<br />
Oben rechts: Leuchtende Farben helfen dabei, einfache<br />
<strong>Muster</strong> zu verstärken.<br />
Rechts: Spiegeln Sie ein Arrangement in Photoshop, um<br />
das <strong>Muster</strong> zu betonen.<br />
CATHERINE MACBRIDE CATHERINE MACBRIDE<br />
<strong>Muster</strong> im Haushalt: Ideen zum Ausprobieren...<br />
TEPPICHE UND VORHÄNGE<br />
<strong>Muster</strong> in Textilien können attraktive<br />
Motive sein. Das <strong>Muster</strong> füllt den<br />
gesamten <strong>Bild</strong>ausschnitt und kann<br />
dem <strong>Bild</strong> Struktur und viel Farbe<br />
geben.<br />
FRUCHTIGE MAKROFOTOS<br />
Finden Sie sich wiederholende<br />
Strukturen in Fruchtfleisch oder<br />
Gemüse, an der Schnittfläche<br />
einer Orange oder den Sektionen<br />
einen Blumenkohls. Solche<br />
<strong>Muster</strong> ergeben schöne<br />
Makrofotos.<br />
KLEIDUNG<br />
Gemusterte Kleidung verhilft einem<br />
Foto zu „Persönlichkeit“, selbst wenn<br />
die tragende Person nicht erkennbar<br />
ist. Gestreifte Socken, Wollmützen<br />
und Gummistiefel bringen lustige<br />
Elemente ins <strong>Bild</strong>, besonders bei<br />
Kinderfotos..<br />
ABSTRAKTIONEN<br />
Ihre Wohnung ist voll davon, Sie<br />
müssen nur lernen, sie zu sehen.<br />
Betrachten Sie Alltägliches aus<br />
neuer Perspektive, beispielsweise<br />
bunte Plastik-Trinkhalme aus der<br />
Nähe, Buntstifte oder<br />
Wassertropfen.<br />
120 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Ganz unten…<br />
Echtholzfußböden und Parketts sehen<br />
fantastisch aus, wenn PATTERNS Sie von oben<br />
fotografiert werden. Eine Requisite als<br />
Stillleben macht das Motiv noch interessanter.
FOTOPRAXIS<br />
MUSTER<br />
<strong>Muster</strong> in<br />
der Natur<br />
Ob im weitwinkligen Landschaftspanorama oder in<br />
kleineren Strukturen – <strong>Muster</strong> sind in der Natur leicht<br />
zu finden.<br />
Eine Möglichkeit, <strong>Muster</strong> in Ihrem gewählten Motiv<br />
zu erkennen, besteht darin, die Szene aus<br />
verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. In<br />
weitläufigen Szenen sind <strong>Muster</strong> zu finden,<br />
beispielsweise die Ackerfurchen eines gepflügten<br />
Feldes oder gleichmäßig gepflanzte Baumreihen. Oft<br />
sind solche <strong>Muster</strong> besser zu erkennen, wenn Sie von<br />
einem erhöhten Standpunkt auf die Szene blicken,<br />
halten Sie also danach Ausschau, wenn Sie sich an<br />
einem hoch gelegenen Aussichtspunkt befinden.<br />
Ein Telezoom eignet sich am besten, um solche<br />
<strong>Muster</strong> in der Landschaft aus ihrer Umgebung<br />
hervortreten zu lassen. <strong>Muster</strong> finden sich auch in den<br />
winzigen Details der Natur, beispielsweise die<br />
Verästelungen, die im Blatt eines Baumes sichtbar sind.<br />
Farne sind ein anderes Beispiel für <strong>Muster</strong> in der Natur,<br />
ebenso wie ein im Morgentau glitzerndes Spinnennetz<br />
– ein fotografischer Klassiker. Betrachten Sie auch die<br />
Tiere; nicht nur Ihre Farben können starke <strong>Muster</strong><br />
erkennen lassen, sondern auch der Blick auf Details wie<br />
sich überlappende Vogelfedern, oder die Schuppen<br />
eines Reptils, die die Komplexität der Natur erahnen<br />
lassen. Ein Besuch im Zoo gibt Ihnen die Gelegenheit,<br />
exotischere, tierische <strong>Muster</strong> zu fotografieren, seien es<br />
Zebras, Leoparden oder Schlangen – sie alle sind<br />
gleichermaßen gut geeignete Kandidaten.<br />
<strong>Muster</strong> ergeben sich oft auch dann, wenn mehrere<br />
Objekte zusammen gruppiert sind, beispielsweise ein<br />
fliegender Gänseschwarm oder die Kiesel am Strand.<br />
Für solche Motive ist der <strong>Bild</strong>ausschnitt entscheidend;<br />
wenn Sie ihn ganz mit dem <strong>Muster</strong> ausfüllen, ergibt<br />
sich fast immer ein gutes Foto. Achten Sie aber darauf,<br />
dass die übrigen <strong>Bild</strong>elemente nicht von Ihrem <strong>Muster</strong><br />
ablenken.<br />
Oben: Die geometrischen Formen von Spinnennetzen<br />
sind ein Klassiker unter den <strong>Muster</strong>n der Natur.<br />
Rechts: Aus nächster Nähe betrachtet, bilden die<br />
Kapillaren eines Blattes ein abstraktes <strong>Muster</strong>.<br />
Ganz rechts: Farne können chaotisch wirken, doch von<br />
Hand geglättet und mit passender <strong>Bild</strong>komposition<br />
ergeben sie starke <strong>Muster</strong>.<br />
Natürliche <strong>Muster</strong>: Ideen zum Ausprobieren<br />
ROSS HODDINOTT<br />
CATHERINE MACBRIDE<br />
ROSS HODDINOTT<br />
BÄUME<br />
Aus der Nähe betrachtet kann<br />
Baumrinde großartige, natürliche<br />
<strong>Muster</strong> aufweisen, ebenso wie die<br />
konzentrischen Kreise an der<br />
Schnittfläche eines gefällten Baumes.<br />
Suchen Sie auch nach <strong>Muster</strong>n in<br />
größerer Distanz; häufig sind Straßen<br />
und Felder von regelmäßigen<br />
Baumreihen gesäumt, im Gegensatz<br />
zu dem Chaos natürlicher Gehölze.<br />
AM BODEN<br />
Schauen Sie nach unten. Direkt zu<br />
ihren Füßen finden sich oft großartige<br />
<strong>Muster</strong>, besonders wenn Sie in der<br />
Nähe der Küste wohnen. Die<br />
wellenförmigen Formen im Sand, die<br />
bei Ebbe sichtbar werden, sehen<br />
fantastisch aus, wenn sie von der tief<br />
stehenden Sonne beleuchtet werden<br />
und auch die an den Strand gespielten<br />
runden Kiesel bieten viel Potenzial.<br />
LANDSCHAFTEN<br />
Gerade gepflügte Ackerfurchen formen ebenso<br />
starke <strong>Muster</strong> wie Reihen von Getreide oder<br />
Blumen, wenn sie aus unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln betrachtet werden. Wenn Sie auf<br />
Augenhöhe fotografieren, benutzen Sie einen<br />
Weitwinkel oder ein Standard Zoom, damit die<br />
Linien zusammenlaufen. Von einem höheren<br />
Standpunkt aus benutzen Sie ein Teleobjektiv,<br />
um vorhandene <strong>Muster</strong> aus ihrer Umgebung<br />
hervorzuheben.<br />
DETAILS AUS DER NÄHE<br />
Nirgendwo finden Sie mehr natürliche <strong>Muster</strong><br />
als auf der Makro-Ebene. Gehen Sie also nah<br />
heran. Die Kapillaren eines Blattes sind ein<br />
gutes Motiv für den Anfang. <strong>Fotografie</strong>ren Sie<br />
sie frontal im Gegenlicht, damit sie gut<br />
hervortreten. Sie können das Blatt auch so<br />
halten, dass dessen Ebene nahezu parallel zur<br />
Objektivachse verläuft. Dann können Sie je<br />
nach Blendeneinstellung entweder das<br />
gesamte Objekt oder nur ausgewählte Teile<br />
davon scharf abbilden..<br />
122 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Schattenspiele<br />
Suchen Sie auch nach <strong>Muster</strong>n, die durch<br />
Lichteinfall entstehen. PATTERNS<br />
Das Licht einer tief<br />
stehenden Sonne erzeugt lange Schatten,<br />
die <strong>Muster</strong> formen können.<br />
FOTO: ROSS HODDINOTT
Fotoprojekt<br />
1 1<br />
HELDEN TRAGEN<br />
KEINE CAPES…<br />
WAS ALS KLEINES, PRIVATES PROJEKT BEGANN, WURDE IN WINDESEILE<br />
ZUR LOKALEN SENSATION. WIR SPRACHEN MIT BRANDON CAWOOD<br />
ÜBER HELDEN DES ALLTAGS.<br />
„Als Kind war ich besessen von<br />
diesen Superhelden. Ich hatte all<br />
diese Action-Figuren, die Poster, und<br />
natürlich wollte ich selbst einer<br />
werden, wenn ich groß war –<br />
natürlich Batman, denn der war der<br />
coolste von allen.“<br />
Brandon Cawood wurde nicht Batman, doch seine<br />
Begeisterung für die Superhelden hat er immer noch.<br />
Heute ist er 30 und arbeitet als Werbefotograf im<br />
Bundesstaat Georgia in den USA sogar mit ihnen<br />
zusammen, nur tragen sie keine Capes wie Batman<br />
oder Superman. Als Brandon 2010 als Fotograf begann,<br />
fotografierte er alles und jedes: Hochzeiten, Familien,<br />
und – für ihn am wichtigsten – lokale Musik-Bands. „So<br />
kam ich zur Werbefotografie, und das war die<br />
Grundlage für mein Unternehmen ‚Flash Light<br />
Productions’, erklärt er. „Es fasziniert mich, dass man<br />
eine kleine lokale Band genauso fotografieren kann wie<br />
die bekanntesten Bands der Welt. Mein Ziel war es, sie<br />
aussehen zu lassen wie weltweite Berühmtheiten.“<br />
Daraus entstand die Idee, Menschen des Alltags zu<br />
fotografieren und deren Rolle überlebensgroß in<br />
geradezu epischem Ausmaß zu präsentieren. „Ich war<br />
immer inspiriert vom Stil der Kino-Werbeplakate für<br />
große Hollywood-Filme. Ich übertrug diesen Stil auf<br />
lokale Institutionen zum Schutz der Bevölkerung, wie<br />
Feuerwehr, Polizei, medizinische Rettungskräfte, alle, zu<br />
deren Aufgaben es unter anderen gehört, als erste am<br />
Ort des Geschehens einzutreffen. So entstanden einige<br />
ziemlich verrückte <strong>Bild</strong>serien: reale Menschen, die reale<br />
Aufgaben erledigen, jedoch dargestellt in einer Weise,<br />
die sie wie Superhelden aussehen lässt. Es sind jene<br />
Frauen und Männer, die für andere ihr Leben riskieren,<br />
aber niemals etwas von dem Ruhm und dem Glamour<br />
zu spüren bekommen, die für Superman und Batman<br />
selbstverständlich sind, wenn auch nur im Comic. So<br />
begann das Projekt „Helden tragen keine Capes…“.<br />
Nun machte sich Brandon daran, die Idee<br />
umzusetzen, wobei er sich auf die kleine Welt seiner<br />
Heimatstadt Dalton in Georgia konzentrierte. Die<br />
Startphase war am schwierigsten. „Das Projekt wäre fast<br />
nicht zustande gekommen“, erinnert sich Brandon.<br />
„Zunächst benutzte ich die üblichen<br />
Kommunikationskanäle und hielt mich an die<br />
hierarchischen Strukturen der Organisationen, die ich<br />
ansprechen musste. Doch es führte zu nichts. Ich war<br />
aber überzeugt, mit nur einem einzigen erfolgreichen<br />
<strong>Bild</strong> auch andere die Entscheidungsträger überzeugen<br />
zu können, an dem Projekt teilzunehmen. So versuchte<br />
ich es über Social-Media. Ich hatte eine alte Freundin,<br />
deren Verlobter bei der Feuerwehr war. „Ich hab´ dich“<br />
war das erste <strong>Bild</strong> der Serie. Von da an konnte ich etwas<br />
Greifbares vorzeigen und es war plötzlich kein Problem<br />
mehr, weitere Foto-Sessions zu arrangieren. Es dauerte<br />
nicht lange, und die Institutionen begannen nun, mich<br />
anzurufen, weil sie an dem Projekt teilhaben wollten.“<br />
Als das Räderwerk einmal in Gang gekommen war,<br />
merkte Brandon, dass sein kleines persönliches Projekt<br />
„Helden tragen keine Capes…“ auch einer größeren<br />
Sache dienen könnte. „Nur für mein eigenes Portfolio zu<br />
fotografieren, reichte mir nicht mehr. Ich war immer<br />
überzeugt davon, dass man eine eigene Fähigkeit wenn<br />
möglich auch anderen zugute kommen lassen sollte.<br />
Deswegen wollte ich die <strong>Bild</strong>er in einem Kalender<br />
zusammenbringen. Alles in allem sammelten wir 6000<br />
$ für ein Stipendium an der hier in Dalton befindlichen<br />
‚Creative Arts Guild’ ein.“<br />
1) Festgenagelt: „Die Beamten und das Einsatzfahrzeugs wurden mit drei<br />
Paul-C-Bluff-Einstein-Strobes fotografiert. Die Lichteffekte kamen in der<br />
Nachbearbeitung dazu.”<br />
2) K9: „Die Posen von Hundeführer und Hund gleichzeitig richtig<br />
einzufangen, war unmöglich, deswegen habe ich sie getrennt fotografiert.<br />
3) Alles wird gut: „Das war die einzige Foto-Session, die durch einen<br />
eingehenden Notruf unterbrochen wurde…“<br />
Wenn man sich die <strong>Bild</strong>er anschaut, könnte man<br />
meinen, dahinter habe ein riesiges Team mit einem<br />
ebensolchen Budget gestanden, doch dem ist nicht so.<br />
„Ein Produktionsteam gab es überhaupt nicht, die<br />
Menschen, die auf den <strong>Bild</strong>ern zu sehen sind, üben<br />
diese Berufe tatsächlich aus – mit Ausnahme der<br />
Kriminellen natürlich, die auf einigen der <strong>Bild</strong>er zu<br />
sehen sind. Sogar meine Verlobte und<br />
Geschäftspartnerin Whitney ist auf ein paar Fotos zu<br />
sehen.<br />
Diese Art Fotos erfordert sehr viel Planung doch<br />
124 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Brandon Cawood<br />
2 3<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 125
Fotoprojekt<br />
1<br />
3<br />
1<br />
2<br />
❝<br />
HELDEN TRAGEN KEINE<br />
CAPES…“ HAT MEINE<br />
ERWARTUNGEN WEIT<br />
ÜBERTROFFEN, SOWOHL<br />
WAS DEN ERFOLG ALS AUCH<br />
WAS MEINE BERUFLICHEN<br />
ZUKUNFTSAUSSICHTEN<br />
ANGEHT.<br />
❞<br />
2<br />
angesichts unseres Budgets mussten wir mit dem<br />
zurecht kommen, was wir hatten. Das <strong>Bild</strong> des Tauchers<br />
beispielsweise entstand nicht etwa unter Wasser,<br />
sondern der „Taucher“ wurde von zwei Stühlen in der<br />
Position gehalten die auf dem <strong>Bild</strong> zu sehen ist. Die<br />
Unterwasserelemente der Szene wurden Zuhause durch<br />
ein kleines Aquarium hindurch fotografiert…“<br />
Es ist der plastische, stark übertriebene Stil der Darstellung<br />
von „Helden tragen keine Capes…“, der das Projekt von<br />
anderen unterscheidet und erst in der Nachbearbeitung<br />
werden die <strong>Bild</strong>er wirklich zum Leben erweckt, wie<br />
Brandon erklärt: „Es sind alles Fotomontagen, die aus<br />
20–40 Einzelbildern bestehen. Das ist arbeitsintensiv<br />
– jedes <strong>Bild</strong> braucht zwischen fünf und 25 Stunden in der<br />
Nachbearbeitung, je nachdem, wie viele<br />
unterschiedliche <strong>Bild</strong>elemente zusammengeführt<br />
werden müssen. Ich mache die gesamte<br />
Nachbearbeitung selbst – das Knowhow habe ich mir<br />
selbst beigebracht. Mein Stil besteht zum Großteil in dem<br />
animierten Aussehen und ich lasse mich stark von der<br />
Stimmung und der Tonalität von Kinofilmen<br />
beeinflussen. Ich bin auch ein großer Bewunderer von<br />
Werbefotografen wie Dave Hill, Tim Tadder und Joel<br />
Grimes; auch sie inspirieren mich für meine eigenen<br />
Arbeiten. Mittlerweile ist das Projekt ein großer Erfolg<br />
geworden, dank des Internets auch außerhalb von<br />
Dalton. „Doch die Unterstützung des Projekts in Dalton<br />
war die treibende Kraft. Es bedeutete sehr viel für die<br />
Mitarbeiter der betreffenden Organisationen und deren<br />
Familien. Diese Berufsgruppen sind noch nie auf diese<br />
Art und Weise dargestellt worden, jedenfalls nicht dort,<br />
wo ich herkomme.“<br />
Darüber hinaus hat dieses ambitionierte Projekt Brandon<br />
den Weg geebnet, mehr von dem zu fotografieren, was<br />
er persönlich genießt und sich selbst immer neuen<br />
Herausforderungen als Fotograf zu stellen, was zu<br />
weiteren persönlichen Projekten führt.<br />
„ Diese Arbeit ist nicht nur deswegen von Bedeutung,<br />
weil sie den Leuten zeigt, wozu du fähig bist, sondern<br />
auch, weil sie zu mehr Aufgaben derselben Art führt.<br />
Unbeabsichtigt habe ich mich in einer Art Nische<br />
wiedergefunden – inzwischen werde ich von<br />
Unternehmen angeheuert, die im weitesten Sinn im<br />
Bereich „Öffentliche Sicherheit“ tätig sind, aber auch<br />
direkt von der Polizei. Ich fotografiere kommerzielle<br />
126 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Brandon Cawood<br />
1) Aus dem Bearcat ins Getümmel: „Die Beamten des<br />
SWAT-Teams wurden einzeln fotografiert und später<br />
ins <strong>Bild</strong> montiert.“<br />
2) Beweissicherung: „Erst habe ich den Taucher auf<br />
dem Stuhl fotografiert, dann die anderen Elemente<br />
durch ein Aquarium.“<br />
3) Ich hab dich: „Das erste <strong>Bild</strong> der Serie. Der<br />
Feuerwehrmann saß auf der Ladefläche meines<br />
Kleinlasters, so kam ich nah und vor allem tief genug<br />
heran, um in diesem Winkel fotografieren zu können.<br />
Die Flammen kamen später dazu.“<br />
Werbekampagnen und so wie es aussieht, werde ich<br />
auch in Zukunft ähnliche Projekte durchführen. „Helden<br />
tragen keine Capes…“ hat meine Erwartungen weit<br />
übertroffen, sowohl was den Erfolg angeht, als auch was<br />
meine beruflichen Zukunftsaussichten angeht. Das<br />
Projekt hat in mir eine Leidenschaft geweckt, öffentliches<br />
Bewusstsein für bestimmte Sachverhalte herzustellen.<br />
Die zusätzlichen Aufträge, die sich daraus ergeben, sind<br />
natürlich auch sehr angenehm, aber es ist nicht<br />
selbstverständlich, einen Job zu finden, den man selbst<br />
gerne tut und der von anderen nicht nur materiell<br />
honoriert wird.“<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 127
115 Teilnehmer beim größten<br />
deutschen Fotofestival<br />
in Berlin und Potsdam<br />
115 Museen, Kulturinstitutionen, Galerien, Projekträume, Botschaften und Fotoschulen präsentieren<br />
diesen Herbst 128 Ausstellungen in Berlin und Potsdam beim größten deutschen Fotofestival. Zum<br />
diesjährigen Thema „Umbrüche und Utopien. Das andere Europa“ hat die Jury aus 170<br />
Bewerbungen eine vielversprechende Auswahl getroffen.<br />
Neben Frank Wagner (Kurator des Europäischen Monats<br />
der <strong>Fotografie</strong> Berlin) gehörten der Jury Maren<br />
Lübbke-Tidow (Autorin, Kritikerin, Kuratorin, Camera<br />
Austria, Graz/Berlin), Katia Reich (Kuratorin, Berlin),<br />
Christiane Stahl (Leiterin der Alfred Ehrhardt Stiftung,<br />
Berlin) und Hubertus von Amelunxen (Autor und Kurator,<br />
Präsident der European Graduate School, Schweiz,<br />
Mitglied der Akademie der Künste, Berlin) an.<br />
STATEMENT DER JURY<br />
„Die Vielzahl und Qualität der Einreichungen war<br />
beeindruckend. Das diesjährige Thema führte zu einer<br />
Fülle von sehr unterschiedlichen Ausstellungsprojekten,<br />
die die Dimensionen von Raum, Zeit, Tradition und<br />
Veränderung in Berlin, Europa und weltweit verhandeln.<br />
Große Bedeutung wird den Themen ‚Grenze und<br />
Grenzerfahrung‘ beigemessen. Auffällig sind die vielen<br />
Ausstellungskonzepte, die Mittel- und Osteuropa aus<br />
unterschiedlichsten Perspektiven ins Visier nehmen oder<br />
die Flüchtlingsproblematik und Einwanderungspolitik<br />
kritisch abbilden.<br />
Für die Bewertung der einzelnen Projekte und<br />
Präsentationen waren folgende Kriterien<br />
ausschlaggebend: die inhaltliche und thematische<br />
Relevanz, die historischen Facetten des Themas und der<br />
künstlerisch prägnante Umgang mit der <strong>Fotografie</strong>. Die<br />
Auswahl spiegelt prägnant die thematische, aber auch<br />
die institutionelle und konzeptionelle Vielfalt: Die<br />
Formate reichen von großangelegten Ausstellungen im<br />
Außenraum und großen Museumspräsentationen, über<br />
oft bestechende und experimentelle Einzel- und<br />
Gruppenpräsentationen in Galerien und Projekträumen,<br />
Kulturämtern und Botschaften, bis hin zu<br />
partizipatorischen und gemeinschaftlichen Projekten<br />
und zur kreativen Beteiligung der zahlreichen<br />
Fotoschulen Berlins.<br />
Auf diese Weise gelingt ein Überblick über das<br />
fotografische künstlerische Schaffen der letzten 100<br />
Jahre, wobei sich gleichzeitig aktuelle Einblicke in unsere<br />
Zeit, ihre Schattierungen, Problemfelder und Visionen<br />
eindrucksvoll erschließen.“<br />
TEILNEHMER 2014<br />
25books // A trans // a|e GALERIE Angelika Euchner //<br />
absolutplus galerie // aff Galerie // Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
// alte feuerwache. projektraum // Atelier für <strong>Fotografie</strong> //<br />
Atelier Soldina // Bauhaus-Archiv. Museum für Gestaltung<br />
// BEST-Sabel <strong>Bild</strong>ungszentrum // Bezirksamt Neukölln zu<br />
Berlin // Bezirksamt Spandau von Berlin // Botschaft der<br />
Republik Chile in Deutschland // Botschaft der Republik<br />
Litauen in Berlin // Botschaft von Irland // Botschaft von<br />
Luxemburg // BrotfabrikGalerie // Berliner Technische<br />
Kunsthochschule // CAMERA WORK // C/O Berlin //<br />
Carpentier Galerie // Club der Polnischen Versager //<br />
Collection Regard // Collegium Hungaricum Berlin // Das<br />
Foto Image Factory // DAS VERBORGENE MUSEUM //<br />
Dencker + Schneider // Deutsches Kinder- und<br />
Jugendfilmzentrum // Deutsch-Russisches Museum<br />
Berlin-Karlshorst // Ethnologisches Museum // exp12/<br />
exposure twelve // f/16 Schule für <strong>Fotografie</strong> // FHXB<br />
Friedrichshain-Kreuzberg Museum // FOG Platform //<br />
format.B Fotografenkollektiv // Fotomarathon Berlin //<br />
Fotoschule Berlin // Freundeskreis Willy-Brandt-Haus //<br />
Galerie Albrecht // Galerie argus fotokunst // Galerie<br />
carlier | gebauer // Galerie Gondwana // Galerie<br />
Jarmuschek + Partner // Galerie Kai Dikhas // Galerie<br />
Kornfeld // Galerie KunstBüroBerlin // Galerie Laura Mars //<br />
Galerie Listros // Galerie Mönch // Galerie Pankow //<br />
Galerie Seitz & Partner // Galerie Springer Berlin // Galerie<br />
WAGNER + PARTNER // Galerie zone B // Gallery Taik<br />
Persons // Gestalten Space // Gesellschaft für<br />
Humanistische <strong>Fotografie</strong> // Grundemark Nilsson Gallery<br />
// Grundstücksgesellschaft Franz Mehring Platz 1 // HAUS<br />
am KLEISTPARK // Haus am Lützowplatz // Helmut<br />
Newton Stiftung // Hochschule für Gestaltung Offenbach<br />
// imago fotokunst // Industriesalon Schöneweide e.V. //<br />
Institut français Berlin // ifa-Galerie Berlin // InteriorDAsein<br />
– Berlin Projektraum // Italienisches Kulturinstitut Berlin //<br />
Jörg Maaß Kunsthandel // Kehrer Berlin Galerie //<br />
Kominek Gallery // Kommunale Galerie Berlin //<br />
Kommunale Galerien Tempelhof-Schöneberg //<br />
Kulturring in Berlin e.V. – Fotogalerie Friedrichshain //<br />
Kunstamt Reinickendorf // Kunststiftung Poll //<br />
Lette-Verein // Loock Galerie // Loris – Galerie für<br />
zeitgenössische Kunst // Louis@Nicéphore Fotopioniere //<br />
Martin-Gropius-Bau // Meinblau Projektraum // Mitte<br />
Museum // Movement for Galleries Berlin // Mühlenhaupt<br />
Museum Berlin Kreuzberg/Browse Gallery // Museum für<br />
<strong>Fotografie</strong>, SMB // Museum Köpenick // Museum Pankow<br />
// Neue Schule für <strong>Fotografie</strong> Berlin // n-ost – Netzwerk<br />
für Osteuropa Berichterstattung // only photography //<br />
Ostkreuzschule für <strong>Fotografie</strong> // pavlov’s dog – Raum für<br />
<strong>Fotografie</strong> // Petra Rietz Salon Galerie // Pflüger68 //<br />
Photocentrum am Wassertorplatz // PHOTO EDITION<br />
BERLIN // // Podbielski Contemporary // Polnisches<br />
Institut Berlin // Projektraum PhotoWerkBerlin // RAUM<br />
FÜR ZWECKFREIHEIT // Savoy Hotel Berlin // Scotty<br />
Enterprises // Sprechsaal // Staatsgalerie Prenzlauer Berg //<br />
Stiftung Stadtmuseum Berlin // Stiftung Starke // Strahler<br />
– Raum für <strong>Fotografie</strong> // Valand Academy //<br />
WHITECONCEPTS by Nicole F. Loeser // Wander Atelier //<br />
world in a room – Projektraum für <strong>Fotografie</strong> // WW48<br />
Studio<br />
ERÖFFNUNGSWOCHENENDE IM<br />
MARTIN-GROPIUS-BAU<br />
Neben den über die ganze Stadt verteilten Ausstellungen<br />
gibt es die gemeinsame Ausstellung „Memory Lab: The<br />
Sentimental Turn“ der Partnerstädte Berlin, Bratislava,<br />
Budapest, Ljubljana, Luxemburg, Paris und Wien. Sie wird<br />
im ersten Obergeschoss des Martin-Gropius-Baus<br />
gezeigt und gemeinsam mit dem 6. MdF Berlin am 16.<br />
Oktober 2014 eröffnet. Zu sehen ist sie bis zum 15.<br />
Dezember 2014 – der Eintritt ist frei! Zum<br />
Eröffnungswochenende 16.-19. Oktober ist zudem ein<br />
vielfältiges und spannendes Programm mit<br />
internationalen Gästen, darunter die US-amerikanische<br />
Fotografin Nan Goldin, geplant.<br />
KATALOG<br />
Der begleitende Festivalkatalog (deutsch/englisch, 256<br />
Seiten) erscheint Anfang Oktober im Kehrer Verlag/<br />
Heidelberg und ist zu einem Preis von 8,00 € bei<br />
Kulturprojekte Berlin und den beteiligten Institutionen<br />
erhältlich. In den vergangenen fünf Festivalausgaben<br />
präsentierten stets mehr als 100 Institutionen – Museen,<br />
Kulturinstitutionen, Galerien, Projekträume, Botschaften<br />
und Fotoschulen – in einem internationalen Rahmen<br />
Ausstellungen und Veranstaltungen zu historischer und<br />
zeitgenössischer <strong>Fotografie</strong>.
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Studiohintergrund<br />
Wirtschaftlich steht es zurzeit nicht zum Besten. Auch wenn Ihre Begeisterung für die <strong>Fotografie</strong> kaum abgenommen haben<br />
dürfte, ist Ihr Budget zur Anschaffung neuer Ausrüstung höchstwahrscheinlich eher schmaler geworden. Neue, teure<br />
Objektive oder das neueste DSLR-Modell mit noch höherer Auflösung stehen deswegen bei den wenigsten von uns auf der<br />
Einkaufsliste. Gleichwohl gibt es viele Hersteller, die uns versprechen, sie würden unsere kreativen Möglichkeiten mit neuen,<br />
preisgünstigen Produkten verbessern. Die extrem niedrigen Preise für solches Zubehör sagen jedoch nichts über die Qualität<br />
aus. Kann das überhaupt etwas taugen? Wir haben einige dieser Produkte für Sie ausprobiert, um herauszufinden, was von<br />
den vollmundigen Versprechungen zu halten ist..<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 129
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Tom Calton<br />
Budget: 50€<br />
Studiohintergrund<br />
Nun haben Sie also in eine neue<br />
Studiobeleuchtung investiert und brauchen<br />
nur noch einen einfachen Hintergrund, um ihr<br />
Heimstudio aufzubauen. Der Hintergrund der<br />
Wahl für die meisten Profifotografen besteht<br />
aus einer großen Papierrolle, die auf beliebige<br />
Länge abgerollt werden kann und auf diese<br />
Weise eine tadellose, homogene Fläche liefert.<br />
Diese Rollen gibt es in einer großen Auswahl<br />
von Farben und Größen. Doch da sie aus Papier<br />
sind, knittert die abgerollte Fläche nach<br />
mehrmaliger Benutzung und wird deswegen<br />
einfach abgeschnitten. Dann wird die<br />
benötigte Länge für den Hintergrund erneut<br />
abgerollt, und das Spiel beginnt von vorn. So<br />
weit so gut. Der Nachteil daran ist natürlich der,<br />
dass eine solche Rolle nur eine begrenzte<br />
Länge hat und deswegen irgendwann ersetzt<br />
werden muss. Ein übliches Maß beispielsweise<br />
ist 1,35 x 11m zum Preis von etwa 40 €+<br />
Versandkosten; auf die Dauer also eine teure<br />
Angelegenheit. Mit der Rolle allein ist es jedoch<br />
nicht getan. Sie brauchen zusätzlich eine<br />
Halterung, die die recht schwere Papierrolle<br />
zuverlässig an Ort und Stelle fixiert. Eine solche<br />
Konstruktion kostet zwischen 70 und 250 €.<br />
Derartige Kosten veranlassten uns dazu, eine<br />
andere, ebenso funktionelle aber preiswertere<br />
Lösung zu suchen.<br />
Zum Preis von knapp unter 50 € inklusive<br />
Versand gibt es diese Studiohalterung von PMS,<br />
die aus zwei Ständern, einer<br />
zusammensteckbaren Traverse, die zwischen<br />
die beiden Ständer montiert wird, und drei<br />
verschiedenen Hintergründen in den Farben<br />
Weiß, Schwarz und Grün besteht. Alles<br />
zusammen kommt in einer praktischen<br />
Tragetasche, die die Konstruktion in<br />
zusammengelegtem Zustand einfach<br />
transportierbar macht. Die Ständer sind<br />
einigermaßen solide konstruiert – wenn Sie<br />
allerdings auf volle Höhe ausgezogen sind, ist<br />
das Ganze doch etwas wackelig. Sie lassen sich<br />
außerdem nicht auf die Höhe von etwa 2<br />
Metern ausziehen, wie wir eigentlich gehofft<br />
hatten. Die Hintergründe selbst haben eine<br />
Fläche von 1,6 x 3m, also genau die benötigte<br />
Länge und Breite für Ganzkörperporträts, es sei<br />
denn Ihr Model ist wesentlich größer als 1,80m.<br />
Die Hintergründe waren in der<br />
Originalverpackung in Plastikbeuteln sauber<br />
zusammengefaltet, doch Sie waren stark<br />
verknittert, was keinen idealen Zustand für<br />
einen sauberen Hintergrund darstellt. Unser<br />
erster Gedanke war natürlich, die Falten<br />
einfach auszubügeln, doch da es sich um eine<br />
Art Plastikmaterial handelt, ähnlich dem jener<br />
einmal verwendbaren Tischtücher,<br />
befürchteten wir, dass es beim Bügeln<br />
schmelzen würde. Also legten wir ein Tuch<br />
über den Hintergrund bevor wir ihn mit dem<br />
auf geringste Hitze eingestellten Bügeleisen<br />
attackierten. Doch nach wenigen Minuten war<br />
klar, dass die Falten nicht verschwinden<br />
würden. Also mussten wir die Hintergründe so<br />
verwenden, wie sie waren.<br />
Für den eigentlichen Test begannen wir mit<br />
dem weißen Hintergrund. Doch die unzähligen<br />
Falten in dem Material zwangen uns dazu, zwei<br />
Studioleuchten jeweils von rechts und links<br />
direkt auf den Hintergrund zu richten, damit er<br />
derart überbelichtet wurde, dass er als einziges<br />
großes Spitzlicht ausbrennen würde; auch eine<br />
Methode, ein homogenes Weiß zu erzeugen...<br />
Eine dritte Leuchte diente der Ausleuchtung<br />
des Models. Wir mussten bei diesem Setup<br />
darauf achten, dass die Helligkeit der hinteren<br />
Studioleuchten nicht zu groß eingestellt wurde,<br />
denn das hätte Halos an den Konturen des<br />
Models erzeugt. Als wir das Licht richtig<br />
eingestellt hatten, bekamen wir einige sehr<br />
schöne Schulter-Kopf- und ein paar Dreiviertel-<br />
Körperporträts. Ganzkörperporträts erwiesen<br />
sich jedoch als Problem, weil der Abschnitt des<br />
Hintergrunds, der auf dem Boden lag, nicht so<br />
stark ausgebleicht werden konnte, wie der Teil,<br />
der senkrecht herabhing. Die Details der Füße<br />
des Models wären vollständig verloren<br />
gegangen, ganz abgesehen von der Tatsache,<br />
dass wir zwei weitere Studioleuchten<br />
zusätzlich zu den dreien gebraucht hätten, die<br />
wir bereits benutzten.<br />
Als nächstes war der schwarze Hintergrund<br />
an der Reihe, der sich als der beste von den<br />
Dreien erwies. Er war zwar genauso mit Falten<br />
übersät wie die beiden anderen, doch da die<br />
Farbe Schwarz darauf fallendes Licht nahezu<br />
vollständig absorbiert, waren diese Falten auf<br />
den Fotos praktisch unsichtbar, besonders<br />
natürlich bei gedämpftem Licht. Wir benutzten<br />
dasselbe Setup aus drei Leuchten, dass wir<br />
schon bei dem weißen Hintergrund eingesetzt<br />
Oben: Zwei Ständer, eine zusammensteckbare Traverse,<br />
drei unterschiedliche Hintergründe und eine<br />
Tragetasche sind in dem Set enthalten.<br />
Rechts: Wir bevorzugten den schwarzen Hintergrund,<br />
weil an ihm die Falten am wenigsten sichtbar sind.<br />
Unsere Wahl für das kleine Budget<br />
PMS Photo Studio Ständer<br />
Preis: ca. 50 €<br />
Maximale Breite und Höhe: 2 x 2m<br />
Ständerkonstruktion:<br />
Aluminiumlegierung; 2 x 2m Ständer<br />
und 3 x 0,76m Traverse<br />
Hintergründe: Textilverbundstoff –<br />
Schwarz, Grün und Weiß<br />
Mitgeliefert: Tragetasche<br />
Besteht aus zwei Ständern, einer<br />
maximal 2,10m langen Traverse, sowie<br />
drei Hintergründen der Maße 1,6 x 3m.<br />
130 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Studiohintergrund<br />
Schwarz<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
131
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Studiohintergrund<br />
Andere preiswerte Optionen<br />
Photo Studio 3 x 2m Background-Kit<br />
Preis: ca. 70€<br />
Visit: www.ebay.co.uk<br />
Im Gegensatz zu dem von uns getesteten<br />
Set mit den<br />
Hintergründen aus<br />
Verbundtextilien<br />
bestehen die<br />
Hintergründe dieses<br />
Sets aus 100%<br />
Baumwolle,<br />
weswegen die<br />
zwangsläufig durch die Verpackung<br />
entstehenden Falten einfach ausgebügelt<br />
werden können; außerdem sind die<br />
Hintergründe waschbar. Sie werden an<br />
einer 3 x 2m messenden<br />
Teleskopständerkonstruktion befestigt;<br />
auch hier wird eine Tasche zum<br />
komfortablen Transport mitgeliefert.<br />
Hätten wir noch einmal die Wahl, würden<br />
wir dieses Set definitiv dem von uns<br />
getesteten vorziehen.<br />
Weißes Blatt<br />
hatten, mit dem Unterschied, dass die beiden<br />
äußeren Leuchten nunmehr nach innen<br />
gedreht wurden, damit wir das Haar unseres<br />
Models direkt beleuchten konnten. Da das Haar<br />
dunkelbraun ist, befürchteten wir, dass es sich<br />
in dem schwarzen Hintergrund verlieren<br />
würde; die zusätzlichen Leuchten sorgten aber<br />
für einen schönen Glanz auf dem Haar, der es<br />
vom Hintergrund abhob. Wir mussten<br />
allerdings sicherstellen, dass das Licht dieser<br />
beiden Leuchten nicht auf den Hintergrund<br />
fiel, denn das hätte die Falten hervorgebracht<br />
und den ansonsten perfekten schwarzen<br />
Hintergrund ruiniert. Nachträglich betrachtet,<br />
funktionierte dieses Setup überraschend gut<br />
und es gelangen uns einige sehr schöne<br />
Low-Key-Fotos.<br />
Blieb noch der grüne Hintergrund. Auf den<br />
ersten Blick sieht er aus, als würde man ihn nur<br />
für das alljährliche Familien-Weihnachtsfoto<br />
gebrauchen können. Doch er ist in dem Set<br />
Grünes Blatt<br />
enthalten, weil er als Green-Screen gedacht ist.<br />
Das bedeutet, Sie können ein Foto Ihres Motivs<br />
vor dem grünen Hintergrund machen und<br />
diesen später in Photoshop problemlos durch<br />
jeden anderen Hintergrund Ihrer Wahl<br />
ersetzen. In der Praxis jedoch gab es wieder das<br />
Problem der Falten, die es extrem schwierig<br />
machten, den Hintergrund auf einem Foto<br />
homogen aussehen zu lassen. Deswegen war<br />
die Prozedur in Photoshop keineswegs so<br />
einfach, wie Sie bei einem faltenlosen<br />
Hintergrund zweifellos gewesen wäre.<br />
Insgesamt gesehen besteht der große<br />
Nachteil dieses preiswerten Hintergrund-Sets<br />
darin, dass man die Falten in dem verwendeten<br />
Material schlicht nicht loswerden kann. Wäre<br />
das möglich, würden wir es empfehlen. So wie<br />
die Dinge liegen, können wir Ihnen jedoch nur<br />
ans Herz legen, mehr Geld zu investieren und<br />
dafür ein Produkt zu erhalten, das Ihren<br />
berechtigten Erwartungen entspricht.<br />
Lastolite ‚Knitted Curtain’<br />
Preis: ca. 100€<br />
Dieser Hintergrund<br />
besteht aus einem<br />
Stretch-Material, das<br />
über einen passenden<br />
Rahmen gespannt<br />
wird, wodurch<br />
etwaige Falten sofort<br />
verschwinden. Der Hintergrund ist bei 40°<br />
in der Waschmaschine waschbar. Er<br />
kommt in einer ganzen Reihe<br />
unterschiedlicher Farben, zu denen weiß,<br />
schwarz und grau gehören und es gibt ihn<br />
in zwei Größen: 3 x 3,5m oder 3 x 7m. Das<br />
Spannrahmensystem wird separat<br />
verkauft.<br />
Lastolite ‘Superwhite Vinyl’<br />
2,75 x 6m<br />
Preis: ca. 220€<br />
Dieser große<br />
Studiohintergrund<br />
besteht aus<br />
strapazierfähigem<br />
Vinyl. Der Vorteil<br />
besteht darin, dass<br />
Vinyl etwa 12-mal<br />
länger hält, als der traditionelle<br />
Hintergrund aus Papier von der Rolle. Die<br />
Oberfläche kann feucht abgewischt<br />
werden, um Schmutz und Fußabdrücke zu<br />
entfernen. Die Rolle ist 2,75m breit, 6m<br />
lang und es gibt sie in den Farben weiß,<br />
schwarz und grau. Ein Ständer ist nicht<br />
dabei, er muss separat gekauft werden.<br />
Oben und oben links: Durch Ausbleichen des<br />
weißen Hintergrunds sind die Falten nicht<br />
sichtbar.<br />
Oben rechts: Der grüne Hintergrund ist als<br />
Hollywood-Green-Screen gedacht.<br />
132 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Filter-Sets<br />
<strong>Fotografie</strong>ren gilt allgemein als teures Hobby. Inzwischen gibt es jedoch eine ständig wachsende<br />
Zahl von Herstellern, die darauf spezialisiert sind, preiswertes Fotozubehör anzubieten. Damit ist es<br />
heute möglich, wichtiges Zubehör zu einem Bruchteil des Preises zu kaufen, den man noch vor<br />
wenigen Jahren hätte bezahlen müssen. Dies gilt natürlich auch für Filter.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 133
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Lee Frost<br />
Budget: 30€<br />
Filter-Sets<br />
Die Verbreitung und der Gebrauch von Filtern<br />
erreichten ihren Höhepunkt in den 1980er<br />
Jahren, als die ausgezeichnete Cokin-<br />
Modellreihe auf den Markt kam. Aufgrund der<br />
Digitalfotografie ging die Zahl der Filtertypen auf<br />
dem Markt zwar merklich zurück, doch einige<br />
Filter sind immer noch unverzichtbar; zu diesen<br />
zählt der Polfilter. Er reduziert die Menge des in<br />
das Objektiv einfallenden polarisierten Lichts,<br />
sodass blauer Himmel blauer und graue Wolken<br />
grauer werden. Er eliminiert oder reduziert<br />
zumindest Spiegelungen an Oberflächen wie<br />
Wasser, Glas und nicht metallischen Oberflächen,<br />
sodass die Farbsättigung erhöht und der Kontrast<br />
verstärkt wird. Der Polfilter ist bei sonnigem<br />
Wetter in der Landschaftsfotografie unersetzlich.<br />
Da er den Lichteinfall um zwei Blendenstufen<br />
reduziert, lässt sich auch als Graufilter benutzen.<br />
Ein anderer Filter, der nicht aussterben wird, ist<br />
der gute alte UV-Filter. Er wurde eigentlich dazu<br />
entwickelt, den kalten Blaustich zu neutralisieren,<br />
der sich in direktem Sonnenlicht unter blauem<br />
Himmel oder in großen Höhen ergibt, wo der<br />
Anteil des ultravioletten Lichts höher ist. Er sorgt<br />
für klarere <strong>Bild</strong>er. Wenn Sie oft in den Bergen<br />
fotografieren, sollten Sie definitiv einen UV-Filter<br />
verwenden, auch wenn sein praktischer Nutzen<br />
heute ansonsten meist nur noch darin besteht,<br />
die Frontlinse des Objektivs vor Beschädigungen<br />
zu schützen. Ich habe es erlebt, dass ein<br />
Kamerastativ in starkem Wind umgeblasen<br />
wurde und die Kamera mit dem Objektiv frontal<br />
auf den steinigen Untergrund knallte, wobei es<br />
nur dem UV-Filter zu verdanken war, das die<br />
Frontlinse des Objektivs heil blieb. Außerdem ist<br />
es viel einfacher und sicherer, Wassertropfen und<br />
Nebel von einem klaren Filter zu wischen als von<br />
einem Objektiv. Im Übrigen kann ein<br />
beschädigter UV-Filter für ein Taschengeld<br />
ersetzt werden, die Frontlinse eines teuren<br />
Objektivs jedoch nicht. Grauverlaufsfilter sind<br />
Pflicht in der Landschaftsfotografie, denn mit<br />
ihnen dunkeln sie den Himmel ab, damit er nicht<br />
überbelichtet, während Sie den Vordergrund<br />
korrekt belichten. Wenn Sie den Himmel bis zu<br />
dem Punkt überbelichten, das ganze Bereiche<br />
ausbrennen, gibt es in der Nachbearbeitung<br />
nichts mehr zu retten, ganz einfach weil nichts<br />
mehr da ist, das gerettet werden könnte. Wenn<br />
Sie hingegen einen Grauverlaufsfilter verwenden,<br />
entstehen erst gar keine Spitzlichter, die<br />
ausbrennen könnten.<br />
Ohne UV-Filter<br />
Oben: An einem der seltenen Sonnentage war<br />
ich am Strand, um den Polfilter zu testen.<br />
Rechts: Die Polarisation war erstaunlich gut,<br />
sogar bei extremen Winkelaufnahmen.<br />
Unten: UV-Filter liefern in den meisten Fällen<br />
keine sichtbare Verbesserung der <strong>Bild</strong>qualität.<br />
Die drei genannten Filtertypen werden von<br />
etlichen Herstellern angeboten, wobei die<br />
bekanntesten für Ihre Produkte am meisten Geld<br />
verlangen. Polfilter sind am teuersten; Sie können<br />
ohne weiteres 150 € für einen einzigen Polfilter<br />
mit 77mm Filtergewinde ausgeben. Das muss<br />
jedoch nicht sein, wenn Sie sich das nicht leisten<br />
wollen oder können. Ich habe beispielsweise<br />
online ein Set von vier 77mm Schraubfiltern für<br />
weniger als 30 € entdeckt und aus purer Neugier<br />
eins bestellt. Die Marke heißt „Borwin“. Nie<br />
gehört? – Genau, ich auch nicht. Das Set besteht<br />
aus einem Polfilter, einem UV-Filter und einem<br />
Verlaufsfilter und es kommt in einem schönen<br />
gepolsterten Etui mit vier Taschen, fertig zum<br />
Einpacken in den Fotorucksack. Angesichts der<br />
Tatsache, dass allein ein Polfilter ohne weiteres<br />
das Dreifache des gesamten Sets kosten kann,<br />
war ich ziemlich neugierig, wie sich meine<br />
Neuerwerbung in der Praxis bewähren würde<br />
und da es ein sonniger Tag war, an dem die<br />
Lieferung ankam, machte ich mich sofort auf, um<br />
sie auszuprobieren – durchaus in der Erwartung,<br />
enttäuscht zu werden. An einem sonnigen Tag<br />
mit blauem Himmel sind Polfilter in ihrem<br />
Element, besonders dann, wenn weiße<br />
Federwolken am Himmel sind, weil die sich stark<br />
von dem Blau des Himmels abheben, das durch<br />
den Polfilter noch verstärkt wird.<br />
Mit UV-Filter<br />
Unsere Wahl für das kleine Budget<br />
Borwin Digital Filter-Set<br />
Price: £19<br />
Preis: unter 30 €<br />
Größe: 77mm Gewinde (alle gängigen<br />
Durchmesser verfügbar)<br />
Konstruktion: Optisches Harz (Filter)<br />
und Aluminium (Halterung)<br />
Gelieferte Filter: Polfilter,<br />
Grauverlaufsfilter, UV-Filter und<br />
Weichzeichnungsfilter<br />
Mitgeliefert: Etui für alle 4 Filter<br />
Größe: 205 x 100mm (Etui)<br />
Gewicht: 127g (Etui mit allen vier Filtern)<br />
Falls Sie Objektive mit unterschiedlichen<br />
Filtergewinden benutzen, benötigen Sie<br />
zusätzlich einen Satz Adapterringe, um<br />
die 77mm Filter an kleineren<br />
Filtergewinden zu montieren.<br />
Um den stärksten Effekt zu erzeugen, sollte die<br />
Sonne etwa in einem Winkel von 90° zur Kamera<br />
stehen, dann nämlich fotografieren Sie den<br />
Bereich des Himmels, der den meisten Anteil<br />
polarisierten Lichts enthält. Drehen Sie den Filter<br />
langsam in seiner Halterung, bis Sie mit dem<br />
Effekt zufrieden sind. Mit dem Borwin-Polfilter<br />
konnte ich den Effekt sehr schön erkennen, und<br />
er ließ sich leicht und geschmeidig in seiner<br />
Halterung drehen. Ich habe am Wasser<br />
fotografiert, und es gab eine Spiegelung der<br />
Szene an der Wasseroberfläche. Man<br />
134 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Preiswerte Filter-Sets<br />
Mit Polfilter<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
135
PREISWERTE<br />
AUSRÜSTUNG<br />
Ohne Polfilter<br />
Mit Weichzeichnungsfilter<br />
muss präzise arbeiten, wenn man einerseits das<br />
Blau des Himmels verstärken will, andererseits<br />
aber auch die Spiegelung ins <strong>Bild</strong> bekommen<br />
möchte, sonst verschwindet die Spiegelung bei<br />
dem Versuch, den Himmel zu polarisieren. Doch<br />
ich hatte keine Probleme, beide Effekte<br />
gleichzeitig zu erreichen.<br />
Ich war durchaus beeindruckt. Angesichts des<br />
Preises hatte ich minderwertige Qualität<br />
erwartet, doch anhand des Vergleichs der beiden<br />
<strong>Bild</strong>er ist erkennbar, dass der Polfilter seine<br />
Funktion einwandfrei erfüllt. Ich hatte den Filter<br />
auf einem Canon 17–40mm Zoomobjektiv bei<br />
17mm Brennweite an einer Vollformat-Kamera,<br />
und es gibt nicht das geringste Anzeichen von<br />
Vignettierung – eine gute Nachricht für die<br />
Freunde von Weitwinkeln. Selbst wenn ich gegen<br />
die Sonne fotografierte, hielten sich die<br />
Blendenflecke in erträglichem Rahmen. Die für<br />
Weitwinkelaufnahmen typische, ungleiche<br />
Polarisierung ist ebenfalls gering – oft ist nämlich<br />
eine Seite des Himmels dunkler als die andere,<br />
wenn man ein Weitwinkelobjektiv in Verbindung<br />
mit einem Polfilter benutzt. So weit, so gut...<br />
Als Nächstes wandte ich mich dem<br />
Grauverlaufsfilter zu. Ich bin an Grauverlaufsfilter<br />
gewöhnt, die in eine Halterung gesteckt werden.<br />
Ein Verlaufsfilter, der auf das Objektiv geschraubt<br />
wird, kann zwangsläufig nicht so vielseitig sein,<br />
weil man den Verlaufsbereich im Verhältnis zum<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt nicht verändern kann. Anders<br />
gesagt, ein Grauverlaufsfilter zum Aufschrauben<br />
gibt Ihnen vor, wohin Sie den Horizont legen<br />
müssen, und das schränkt ihre Möglichkeiten bei<br />
der <strong>Bild</strong>komposition stark ein. Der Borwin-<br />
Grauverlaufsfilter ist so ausgelegt, dass der<br />
Verlauf etwa 40 % des oberen <strong>Bild</strong>bereichs<br />
einnimmt, also etwas weniger als die Hälfte, was<br />
durchaus in Ordnung geht. Er ist jedoch nicht<br />
besonders intensiv und er hat einen weichen<br />
Verlauf; ich schätze, er dunkelt weniger als 1,5<br />
Blendenstufen ab. Das bedeutet, dass er nicht<br />
sehr effektiv sein kann, er wird nur dann seinen<br />
Dienst tun, wenn der Unterschied zwischen<br />
Himmel und der darunter liegenden Landschaft<br />
nicht größer als eine oder zwei Blendenstufen ist.<br />
Ich habe den Filter benutzt, als ich in der<br />
Abenddämmerung an der Küste fotografierte,<br />
und er funktionierte gut, weil der Himmel sich im<br />
Wasser spiegelte und der Vordergrund deswegen<br />
nicht viel dunkler als der Himmel war. Bei hellem<br />
Himmel und unbeleuchtetem Vordergrund ist<br />
dieser Grauverlaufsfilter jedoch definitiv nicht<br />
stark genug. Trotzdem kann er das auftreten von<br />
Spitzlichtern verhindern. So können Sie den<br />
Himmel wenigstens in der Nachbearbeitung<br />
abdunkeln. Der Filter ist auch dann geeignet,<br />
wenn Sie beispielsweise eine sich im Wasser<br />
spiegelnde Szene im Vordergrund Ihrer<br />
<strong>Bild</strong>komposition haben.<br />
Dann können Sie die Szene und den Himmel<br />
mit diesem Filter abdunkeln und so die<br />
Ausgewogenheit von Original und Spiegelung<br />
herstellen. Für solche Effekte braucht es nur einen<br />
schwachen Verlaufsfilter.<br />
UV-Filter benutze ich nicht, weil ich fast immer<br />
entweder einen Polfilter, einen Grauverlaufsfilter,<br />
oder einen Graufilter vor dem Objektiv habe, die<br />
einen mechanischen Schutz vor Beschädigung<br />
der Frontlinse bieten. Viele Fotografen arbeiten<br />
allerdings viel weniger mit Filtern als ich, und so<br />
hat der UV-Filter durchaus seine Berechtigung.<br />
Was die <strong>Bild</strong>qualität angeht werden Sie keinen<br />
Unterschied feststellen, ob sie mit oder ohne<br />
Oben: Der Effekt des Weichzeichnungsfilters ist nicht<br />
jedermanns Sache, doch wenn man ihn verwendet, braucht<br />
man sich in der Nachbearbeitung nicht mehr um den Effekt<br />
zu kümmern.<br />
Rechts: Dem Borwin Grauverlaufsfilter fehlt für die meisten<br />
Aufnahmesituationen genügend Stärke, er kann jedoch das<br />
Ausbrennen von Spitzlichtern verhindern, so dass deren<br />
Details in der Nachbearbeitung gerettet werden können.<br />
Filtertipps<br />
Filter sind optische Instrumente, die pfleglich<br />
behandelt werden wollen. Halten Sie sie immer<br />
sauber, denn sonst leidet die <strong>Bild</strong>qualität; dies gilt<br />
insbesondere für preiswerte Filter.<br />
Ist ein Filter verkratzt oder anderweitig<br />
abgenutzt, ersetzen Sie ihn durch einen neuen, um<br />
weiterhin optimale <strong>Bild</strong>qualität zu gewährleisten.<br />
Bewahren Sie Ihre Filter grundsätzlich in<br />
einem schützenden Etui auf, um das Risiko von<br />
Beschädigungen zu reduzieren.<br />
Um in einer engen Fototasche Platz zu sparen,<br />
können Sie alle Filter zusammenschrauben und<br />
den gesamten Filterblock in ein schützendes Tuch<br />
einwickeln.<br />
UV-Filter eignen sich gut, um die Frontlinse<br />
eines Objektivs vor mechanischer Beschädigung<br />
zu schützen.<br />
Falls Sie mehr als zwei Filter gleichzeitig an<br />
einem Weitwinkelobjektiv benutzen, müssen<br />
Sie sich des Risikos der Vignettierung bewusst<br />
sein, weil die Filterhalterungen in den Ecken des<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitts den Lichteinfall reduzieren. Wenn<br />
Sie einen UV-Filter vor dem Objektiv haben,<br />
entfernen Sie ihn, bevor Sie einen anderen Filter<br />
benutzen.<br />
Je mehr Filter Sie gleichzeitig benutzen, umso<br />
mehr leidet die <strong>Bild</strong>qualität. Benutzen Sie nur<br />
dann zwei oder mehr Filter, wenn es unbedingt<br />
notwendig ist.<br />
136 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
Preiswerte Filter-Sets<br />
Mit Grauverlaufsfilter<br />
Andere preiswerte Optionen<br />
Es gibt heute viele preiswerte Filter– eine<br />
Suche bei Amazon oder eBay wird Ihnen<br />
Dutzende Alternativen liefern. Sie sind in<br />
allen gängigen Gewindegrößen erhältlich,<br />
einzeln oder in Sets, so dass Sie sich Ihre<br />
eigene Kollektion zusammenstellen<br />
können, die genau Ihren Anforderungen<br />
entspricht.<br />
Polaroid Optics 4-teiliges Filterset<br />
Preis: ca. 20 €<br />
Dieses Set enthält einen<br />
UV-Filter, einen Polfilter,<br />
einen Warm-Up-Filter<br />
und einen FL-Filter, den<br />
man bei<br />
Innenaufnahmen von<br />
Räumen verwenden<br />
kann, die mit<br />
Leuchtstoffröhren<br />
beleuchtet werden. Lieferbar für<br />
Filtergewinde von 37–77 mm<br />
Durchmesser. Pol- und UV-Filter sind<br />
sinnvoll, doch der FL-Filter ist überflüssig,<br />
denn die Anpassung der Kamera an die<br />
Farbtemperatur des Lichts erfolgt heute<br />
über den Weißabgleich. Auch der Effekt<br />
des Warm-Up-Filters, der die<br />
Farbtemperatur wärmerer Töne<br />
verändert, kann gezielter in der<br />
Nachbearbeitung erreicht werden.<br />
BPS 77mm FLD+UV+Polfilterset<br />
Preis: ca. 10€<br />
Das sieht nach einem<br />
Schnäppchen aus,<br />
angesichts des<br />
enthaltenen Polfilters.<br />
Wir haben die Filter<br />
jedoch nicht getestet,<br />
also können wir über<br />
deren Qualität keine<br />
Aussage machen. Wie bei<br />
dem oben beschriebenen<br />
Polaroid-Set ist auch hier der FLD-Filter<br />
überflüssig. Auch diese Filter sind in<br />
verschiedenen Gewindegrößen<br />
erhältlich.<br />
UV-Filter fotografieren – mit einer Ausnahme:<br />
Wenn Sie direkt ins Gegenlicht der Sonne<br />
fotografieren, reduziert der UV-Filter die Zahl und<br />
die Intensität von Blendenflecken.<br />
Nun zum Weichzeichnungsfilter. In den Tagen<br />
des Zelluloidfilms habe ich diese Art Filter oft<br />
benutzt, um bestimmten Aufnahmen einen<br />
stimmungsvollen Glanz zu verleihen, doch heute<br />
braucht man solche Effekte nicht mehr mit der<br />
Kamera zu erzeugen, denn dafür gibt es<br />
Photoshop oder Voreinstellungen in<br />
Programmen wie Colour Efex Pro. Deswegen ist<br />
ein Weichzeichnungsfilter heutzutage eigentlich<br />
überflüssig, und ich bin mir nicht sicher, warum<br />
er überhaupt in diesem Set enthalten ist. An<br />
seiner Stelle wäre ein schlichter Graufilter viel<br />
nützlicher gewesen. Doch sei’s drum, wenn man<br />
schon dafür bezahlt hat, kann man ihn auch<br />
benutzen, dachte ich mir; und tatsächlich, der<br />
Effekt gefiel mir. Die <strong>Bild</strong>er bekommen einen<br />
ganz besonderen, diffusen Glanz, den Sie steuern<br />
können, indem sie die Blendenöffnung<br />
verstellen. Je größer die Blende, desto stärker der<br />
Effekt, je kleiner die Blende desto schwächer der<br />
Effekt. Bei Blende f/4 ist die Weichzeichnung<br />
demnach stärker erkennbar als bei Blende f/11.<br />
Der Filter eignet sich gut für <strong>Porträts</strong>, Akt-Studien,<br />
Stillleben, Glamourfotos, <strong>Landschaften</strong> – kurz, für<br />
jedes Motiv, dessen Atmosphäre durch eine<br />
Weichzeichnung verbessert werden würde.<br />
Optisch bewegen sich diese Filter nicht auf dem<br />
Qualitätsniveau von Hoya, Tiffen, oder B+W, doch<br />
sie sind keineswegs schlecht. Ich war überrascht,<br />
wie scharf die Fotos waren und auch die<br />
Farbbalance ist schön ausgeglichen. Der Polfilter<br />
tendiert ein wenig zur Kälte, aber das tun viele<br />
Polfilter, auch solche, die wesentlich mehr kosten<br />
als dieses komplette Kit. Selbst wenn alle anderen<br />
Filter schlicht unbrauchbar gewesen wären, allein<br />
der Polfilter rechtfertigt bereits den Preis.<br />
Wenn Sie allerdings eine Vollformat DSLR<br />
verwenden und die entsprechenden<br />
hochkarätigen Objektive dazu, dann macht es<br />
allerdings wenig Sinn, diese Filter einzusetzen,<br />
denn Sie würden die <strong>Bild</strong>qualität nach unten<br />
ziehen. Wenn Sie aber erst kurze Zeit<br />
fotografieren, ein DSLR-Einstiegsmodell mit<br />
Kit-Objektiv benutzen und eine preiswerte<br />
XCSource 77mm ND2-,<br />
ND4- und ND8-Filter<br />
Preis: unter 10€<br />
Hier handelt es sich um<br />
ein reines Graufilter-Set.<br />
Die Filter dunkeln<br />
jeweils um eine, zwei<br />
oder drei Blendenstufen<br />
ab. Wenn Sie sie<br />
zusammen verwenden,<br />
können Sie den Lichteinfall um<br />
sechs Blendenstufen reduzieren. Solche<br />
Filter sind gut geeignet, um bewegtes<br />
Wasser zu fotografieren. Im Preis<br />
enthalten sind ein Etui und ein<br />
Reinigungstuch, mehrere<br />
Filtergewindegrößen sind lieferbar.<br />
Lösung suchen, um sich mit den wesentlichen<br />
Filtern vertraut zu machen, dann ist dieses<br />
Borwin-Kit genau das Richtige für Sie. Für unter<br />
30 € bekommen Sie einen exzellenten<br />
Gegenwert für Ihr Geld, und Sie werden von den<br />
<strong>Bild</strong>ern, die Sie damit machen, nicht enttäuscht<br />
sein.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE<br />
137
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Stattdessen zeigt Ihnen Profi Brett Harkness<br />
am Beispiel einer Familie, die einen<br />
Nachmittag am Strand verbringt, wie er<br />
Familienfotos schießt.<br />
FOTOS: BRETT<br />
HARKNESS / TEXT:<br />
DANIEL LEZANO
Familienalbum<br />
Die meisten Erklärungen, wie man <strong>Porträts</strong><br />
fotografiert, befassen sich damit, wie<br />
man eine einzelne Person aufnimmt, nur<br />
selten aber wird erklärt, wie man eine<br />
ganze Gruppe am besten porträtiert. Der<br />
Schlüssel zu guten Familienfotos liegt in der Interaktion<br />
der Beteiligten untereinander. Deswegen sollten Sie sich<br />
zuerst und hauptsächlich darüber Gedanken machen.<br />
Es ist nicht sinnvoll, eine hübsche Familienszene<br />
simulieren zu wollen, wenn es keinerlei<br />
Kommunikation in der Gruppe gibt. Doch zuallererst<br />
müssen Sie dafür sorgen, dass alle Beteiligten gelassen<br />
und entspannt sind. Ich beginne damit, dass ich sie dazu<br />
bringe, auf einen bestimmten hinter mir liegenden<br />
Punkt zu schauen, anstatt direkt in die Kamera. Das wirkt<br />
viel natürlicher, als wenn alle mit mehr oder weniger<br />
künstlich aufgesetztem, freundlichem Gesicht in die<br />
Kamera gucken.<br />
Familienfotos können Sie überall machen – im Haus, im<br />
Garten, im Park oder in der Stadt – es gibt keine Kulisse,<br />
die nicht passen würde.<br />
Die meisten Familien sind nicht sehr oft am Strand,<br />
deswegen werden die Kinder garantiert bester<br />
Laune sein und gerne für die Kamera<br />
posieren.<br />
In diesem Fall verhielt es sich jedoch so,<br />
dass Familie Ashwell in Nord-Wales an<br />
der Küste lebt; trotzdem wurde der<br />
Vorschlag, die Foto-Session am<br />
Strand stattfinden zu lassen, mit<br />
Begeisterung aufgenommen. Am<br />
Strand zu fotografieren, ist jedoch<br />
nicht ganz einfach, denn es ist sehr<br />
hell, es gibt keinen Schatten und Alle<br />
sind dem Wind ausgesetzt. Doch das helle<br />
Tageslicht lässt sich steuern; der geschickte<br />
Einsatz von zusätzlichem Blitz sorgt dafür, dass sehr<br />
schöne Familienbilder in der freien Natur entstehen.<br />
Dazu müssen Sie die Elemente einer Szene<br />
herauspicken, die Sie zu Ihrem Vorteil nutzen können.<br />
Haben sie ein Auge auf mögliche Führungslinien, wie<br />
Buhnen, Dünen oder hölzerne Zäune.<br />
Regie und Dynamik<br />
Wie Sie die Posen für Ihre Aufnahmen dirigieren, hängt<br />
vom Alter der Kinder ab. Manchmal können Sie einfache<br />
Regieanweisungen geben, die auch ohne weiteres befolgt<br />
werden, manchmal jedoch müssen die Eltern behutsam<br />
auf ein Kind einwirken, um die gewünschte<br />
Gruppenaufstellung zu bekommen.<br />
Es funktioniert meistens sehr gut, wenn alle eine<br />
bestimmte Person anschauen – und das ist nicht der<br />
Fotograf – also sage ich Ihnen, sie sollen Daddy ansehen;<br />
das tun sie in der Regel auch sofort und alle beginnen zu<br />
lachen. Lachen entspannt…<br />
Ich bin kein Freund von straffer Regie, ich denke die<br />
Stimmung ist am besten, je entspannter die Familie ist; den<br />
Benutzte Ausrüstung<br />
Canon EOS-1Ds Mk III<br />
Canon EF 50mm f/1.2L<br />
Canon EF 70–200mm f/2.8L<br />
Calumet Genesis Flash mit Softbox<br />
Elinchrom Ranger RX mit Softbox<br />
Lastolite TriGrip Sunfire/Soft silver<br />
Pocket Wizard Plus III Fernauslöser<br />
Lexar 16GB 300x CF<br />
Speicherkarten<br />
3<br />
Unterschied kann ich an meinen <strong>Bild</strong>ern sehen. Halten Sie<br />
alles so einfach wie möglich, realistisch und auf keinen Fall<br />
zu sehr gestellt. Ich lasse die Leute möglichst das tun, was<br />
ihnen selbst in den Sinn kommt, und wenn ich etwas sehe,<br />
dass sehr gut zur Situation passt, dann nutze ich das sofort<br />
aus. Wenn Sie Menschen etwas tun lassen, dass sie nicht<br />
gewohnt sind, kommt kein natürlich wirkendes Foto dabei<br />
heraus. Am wichtigsten ist – man kann es nicht oft genug<br />
betonen – eine entspannte Atmosphäre und wenn ich<br />
dennoch eine Anweisung geben muss, gebe ich sie erst<br />
unmittelbar vor der Aufnahme. Im Übrigen müssen Sie<br />
schnell arbeiten, es dürfen keine Pausen der Untätigkeit<br />
entstehen, und Sie müssen eine genaue Vorstellung von<br />
der Art der Fotos haben, die Sie produzieren wollen. Wenn<br />
Sie einmal den Faden verlieren, bitten Sie die Familie<br />
2<br />
1 und 2) Erleichtern Sie sich die<br />
<strong>Bild</strong>komposition, indem Sie die<br />
Familienmitglieder so<br />
positionieren, dass die Köpfe ein<br />
Dreieck bilden, wobei die Eltern<br />
hinten stehen.<br />
3) Brett ging nah heran mit<br />
seinem 50mm-Standardobjektiv,<br />
das er fast während der gesamten<br />
Session benutzte.<br />
4) <strong>Mach</strong>en Sie auch ein paar<br />
Aufnahmen der Kinder ohne die<br />
Eltern. Die Kinder, eingewickelt in<br />
eine Decke, gaben ein großartiges<br />
Motiv ab. Die Szene wurde mit<br />
einem transportablen<br />
Studioblitzkopf in einer Softbox<br />
beleuchtet, die in einem Winkel<br />
von 45° nach unten gerichtet war.<br />
einfach, sich an den Händen zu fassen und in eine<br />
bestimmte Richtung zu laufen – wobei Sie sie fotografieren.<br />
Das gibt Ihnen Zeit, über etwas Neues nachzudenken,<br />
ohne dass den Betroffenen auffallen würde, dass Sie einen<br />
„Hänger“ hatten.<br />
Dreiecke sind die Schlüssel zur <strong>Bild</strong>komposition<br />
Ich sorge dafür, dass die zu fotografierende Familie immer<br />
eng beisammen ist. Ich versuche gern ein „Nicht lächeln“<br />
Foto, auf dem ihre Köpfe sehr nah beieinander sind, das<br />
sieht hübsch aus und unterscheidet sich von dem Einerlei<br />
der Fotos mit Dauerlächeln.<br />
Denken Sie an die Dreieckform – lassen Sie die<br />
Personen sich versetzt aufstellen, sich auf eine Bank, einen<br />
1<br />
142 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
„Je weniger Sie mit<br />
Regieanweisungen eingreifen,<br />
desto größer ist der Spaß an der<br />
Sache; und je mehr Interaktion<br />
innerhalb der Familie, umso<br />
besser das Ergebnis.”<br />
4
Familienalbum<br />
1<br />
1) Die Köpfe eng zusammen und ohne strahlendes Lächeln,<br />
eignen sich Fotos wie dieses zum Konvertieren in Schwarzweiß.<br />
Dadurch bekommt es eine andere Dimension. Ein <strong>Bild</strong>, auf dem<br />
die Kinder ernst und nahezu erwachsen aussehen, kommt bei den<br />
Eltern immer gut an.<br />
2) Ich achte darauf, dass entweder alle Lächeln, oder niemand,<br />
sonst gibt es gegensätzliche Gesichtsausdrücke, und das erzeugt<br />
unerwünschte Spannung. Ansonsten sollten Eltern und Kinder<br />
möglichst tun, was Ihnen in den Sinn kommt, denn dann sehen<br />
die Fotos garantiert natürlich aus.<br />
2<br />
Baumstumpf oder auf Treppenstufen setzen. Versuchen<br />
Sie, die Einzelpersonen in unterschiedlichen Ebenen<br />
anzuordnen, anstatt sie frontal von vorn zu fotografieren.<br />
Denken Sie in Dreiecken – stellen Sie das größere Elternteil<br />
nach hinten, das andere in die Mitte und die Kinder seitlich<br />
von Ihnen auf. Diese Anordnung im Dreieck wirkt am<br />
besten, wenn die Gruppe steht oder sitzt. Wenn Sie läuft,<br />
funktioniert es nicht, dann sollten sie einfach in einer Linie<br />
nebeneinander gehen.<br />
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die <strong>Bild</strong>komposition<br />
für eine Gruppe vorzunehmen und es kommt nicht so sehr<br />
darauf an, welche <strong>Bild</strong>komposition Sie verwenden, solange<br />
Sie die Familie eng zusammenhalten und die Köpfe so<br />
anordnen, dass sie die Punkte eines Dreiecks bilden.<br />
Was die technische Seite angeht, stellen Sie bei<br />
Familienfotos auf die am weitesten vorn stehende Person<br />
scharf und wählen eine angemessene Blende. Wenn ich<br />
eine längere Brennweite verwende, achte ich darauf, dass<br />
ich wenigstens mit Blende f/6.3 oder kleiner arbeite, damit<br />
ich ausreichend Schärfentiefe für die Gruppe bekomme.<br />
Bei dem Foto, auf dem die Familie auf den Treppenstufen<br />
sitzt, bin ich von drei Ebenen ausgegangen und habe<br />
Blende f/8 gewählt. Je nach Lichtverhältnissen müssen Sie<br />
jedoch den ISO-Wert heraufsetzen, um eine solche Blende<br />
zu erreichen und trotzdem noch aus der Hand<br />
fotografieren zu können. Auf diese Weise bekommen Sie<br />
die Schärfentiefe, die Sie brauchen. Trotzdem wird der<br />
Hintergrund weich abgebildet. Über die Position von<br />
Armen und Beinen mache ich mir kaum Gedanken, denn<br />
die meisten Menschen sitzen von Natur aus in einer<br />
entspannten Position. Das ist eher ein Thema, wenn Sie ein<br />
Paar fotografieren, nicht bei einer Familie.<br />
Die Kunst der Beleuchtung<br />
Am Strand gibt es in aller Regel keinen Unterschlupf,<br />
deswegen müssen Sie sich überlegen, wie Sie das Licht<br />
steuern. An sonnigen Tagen lasse ich die Leute in die Sonne<br />
schauen und benutze ein schnelles Objektiv, mit dem ich<br />
die Spitzlichter unter Kontrolle halte, indem ich eine weit<br />
offene Blende und sehr kurze Verschlusszeiten benutze. Bei<br />
dieser Aufnahmetechnik lasse ich die einzelnen Personen<br />
von mir wegschauen, weil das besser aussieht. Wenn sie das<br />
Gesicht aus der Sonne drehen, sind Ober- und Rückseite<br />
des Kopfes in direktem Licht, deswegen messe ich zur<br />
Ermittlung der Belichtung die mittleren Farbtöne im<br />
Gesicht. Es kann zwar zu ausgebrannten Spitzlichtern<br />
kommen, doch die Leichtigkeit der Strandatmosphäre mit<br />
trotzdem starken Kontrasten entschädigt dafür. Bei<br />
Tageslicht benutze ich meistens die Zeitautomatik oder die<br />
Programmautomatik. An diesem Nachmittag habe ich fast<br />
ausschließlich die Zeitautomatik benutzt, weil ich das<br />
50mm f/1.2 Standardobjektiv mit weit offener Blende<br />
verwendet habe.<br />
Ein Blitzgerät ist auf vielfältige Weise einsetzbar. Sie können<br />
es auf der Kamera verwenden, ich benutze es jedoch lieber<br />
von der Kamera entkoppelt und mit höchster Leistung,<br />
damit der Blitz heller ist als das Umgebungslicht, was zu<br />
starken Kontrasten und mehr Dramatik in den <strong>Bild</strong>ern führt.<br />
Ist es bewölkt, tut es ein normales Elektronenblitzgerät,<br />
doch in direktem Sonnenlicht brauchen Sie mehr Leistung,<br />
deswegen ist ein tragbares Studioblitzgerät die bessere<br />
Option. Wenn Sie Schatten erzeugen möchten, darf der Blitz<br />
zwangsläufig nicht auf der Kamera montiert sein, hier<br />
erweist sich ein drahtloser Fernauslöser als sehr<br />
komfortabel. Richten Sie das Blitzgerät im Winkel von 45°<br />
auf die Gruppe, das gibt den Gesichtern Konturen, im<br />
Gegensatz zum frontalen Blitz, der die Gesichter flach<br />
aussehen lässt.<br />
Ich schalte sowohl die Kamera als auch das Blitzgerät in die<br />
manuelle Betriebsart und mache ein paar Testfotos, anhand<br />
von deren Aussehen ich die Blitzleistung anpasse. Ziel ist es,<br />
die Umgebung der Gruppe stark unterzubelichten damit<br />
der Hintergrund dunkel ist, wobei der Blitz ausschließlich für<br />
die richtige Belichtung der Gruppe gedacht ist. Falls Sie<br />
diese Aufnahmetechnik selbst noch nicht ausprobiert<br />
haben sollten – am einfachsten geht es folgendermaßen:<br />
144 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
„Sie müssen schnell arbeiten, es dürfen keine<br />
Pausen der Untätigkeit entstehen und Sie<br />
müssen eine genaue Vorstellung von der Art<br />
der Fotos haben, die Sie produzieren wollen.”<br />
3<br />
Schalten Sie die Programmautomatik der Kamera ein,<br />
richten Sie sie in den Himmel und stellen Sie die<br />
Blitzsynchronisationszeit ein. Merken Sie sich die sich<br />
daraus ergebende Blendeneinstellung. Nun schalten Sie die<br />
Kamera in die manuelle Betriebsart und stellen wieder die<br />
Blitzsynchronisationszeit und den gemerkten Blendenwert<br />
ein. <strong>Mach</strong>en Sie ein paar Testaufnahmen und regeln Sie die<br />
Blitzleistung, bis Ihre Gruppe korrekt belichtet wird. Die<br />
Werte 1/200 Sekunde und Blende f/16 oder f/22 sind ein<br />
guter Ausgangspunkt, oft genug werden Sie nichts weiter<br />
nachregeln müssen.<br />
Ein Tag, der in Erinnerung bleibt<br />
Beim <strong>Fotografie</strong>ren einer Familie geht es zwar auch um die<br />
Fotos – selbstverständlich – doch im Mittelpunkt steht, was<br />
3) Ich versuche immer eine Szene zu fotografieren, in<br />
der die ganze Familie ausschließlich durch den Blitz<br />
ausgeleuchtet wird.<br />
4 und 5) Aufnahmen mit der ganzen Familie beim<br />
Spaziergang sind immer populär. Seien Sie innovativ<br />
bei ihrer <strong>Bild</strong>komposition.<br />
wir dabei tun und welche Erfahrungen wir dabei machen.<br />
Tom Ashwell hat dies am Tag nach der Foto-Session sehr<br />
schön auf Facebook zusammengefasst, als er schrieb:<br />
„Gestern ist mir klar geworden, dass es nicht die<br />
Einstellungen sind, die man an der Kamera vornimmt, oder<br />
die Knöpfe, die man drückt, sondern es ist der Mensch<br />
hinter der Kamera, der die Familie auf den <strong>Bild</strong>ern lebendig<br />
werden lässt. Vielen Dank, ich bin wirklich beeindruckt.“<br />
4<br />
5<br />
Fragen und Antworten zu Familienfotos<br />
Wie lange soll ich fotografieren?<br />
Das hängt von den Kindern ab – sie werden ganz klar<br />
signalisieren, wenn sie genug haben. Ich fange immer<br />
mit <strong>Bild</strong>ern der Kinder an, um sie auf meine Seite zu<br />
ziehen – wir haben Spaß miteinander, machen viel<br />
Blödsinn und genießen den Tag. Die Familienfotos<br />
kommen später, wenn ich weiß, dass ich bereits ein paar<br />
großartige <strong>Bild</strong>er der Kinder im Kasten habe.<br />
Welche <strong>Bild</strong>er sind am besten zum Konvertieren in<br />
Schwarzweiß geeignet?<br />
Schwarzweiß macht sich weniger gut bei starken<br />
Kontrasten. Wenn ich bei „flachem Licht“ fotografiere,<br />
wenn also die Sonne hinter den Wolken steht und das<br />
Licht schön diffus ist, dann mache ich meine „Steckt die<br />
Köpfe zusammen“ Familienfotos, auf denen sie sich<br />
anschauen, lachen, lächeln oder auch ernstere Gesichter<br />
machen. Dieser Abschnitt der Session liefert immer gute<br />
Schwarzweiß-Familienbilder.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 145
PORTRÄT<br />
OUTDOOR<br />
OUTDOOR<br />
INDOOR<br />
PORTRÄT<br />
KREATIV<br />
Gratis Download<br />
INHALT<br />
50<br />
103 PORTRÄT AN EINEM REGENTAG<br />
Fotoprojekte<br />
28 MAGISCHER NEBEL<br />
3 Editorial<br />
6 Outdoor<br />
Lassen Sie sich inspirieren von den Motiven der<br />
freien Natur<br />
08 WASSERMOTIVE IM WALD Faszinierende<br />
Wasserspiele der Natur<br />
12 SONNENUNTERGANG IM MEER Klassisches<br />
Motiv, immer wieder schön<br />
16 STRANDSCHÖNHEITEN Motive gescha fen<br />
durch Ebbe und Flut<br />
20 VORBOTEN DES FRÜHLINGS Osterglocken<br />
24 LAVENDEL Duftende Motive<br />
26 BÄUME, KREATIV UNSCHARF Und sie<br />
bewegen sich doch …<br />
28 MAGISCHER NEBEL Aufnahmen im Nebel<br />
haben etwas Rätselhaftes<br />
30 ABSTRAKTE EISMUSTER Warm anziehen!<br />
33 FARBENFROHE KRABBELTIERE Insekten und<br />
Blumen<br />
36 FOTOS MIT GEFIEDERTEN FREUNDEN Wildlife<br />
an der Hintertür<br />
40 FOTOSPASS AUF DEM JAHRMARKT <strong>Bild</strong>er<br />
vo ler Bewegung und Licht<br />
44 FEUERWERK UND FOTOGRAFIE Gegensätze<br />
ziehen sich an<br />
46 Indoor<br />
Auch in den eigenen vier Wänden können<br />
faszinierende Fotos entstehen<br />
48 POLAR EXPRESS Farbeffekte durch zweifache<br />
Polarisierung<br />
53 FRUCHTIGES MAKRO Farbenfrohes Sti leben<br />
56 HUNDEPORTRÄTS AM FENSTER Haustiere als<br />
geduldige Models<br />
58 BLÜTENPRACHT Der Frühling ist da<br />
61 ABSTRAKTE FOTOS GANZ EINFACH Farbiges<br />
Papier als Motiv<br />
65 HERBSTZEITLOS Goldener Oktober im Frühling<br />
68 FARBEXPLOSIONEN Kunstvo le Objekte mit<br />
Lebensmi telfarben<br />
71 SOMMERLICHES STILLLEBEN Zitrusfrüchte im<br />
Gegenlicht<br />
74 REGENBOGENTROPFEN Einfache Ideen sind<br />
oft die besten<br />
76 Porträt<br />
Geschickt eingesetzte Kunstlichtque len sorgen<br />
für bri lante Fotos<br />
78 BABY-PORTRÄTS Tipps und Tricks zur<br />
Aufnahmetechnik<br />
82 PORTRÄTS IM REGEN Ein Regenschauer kann<br />
ein Glücksfa l sein<br />
87 BILDER ZUM FÜRCHTEN Frankenstein Junior<br />
91 BADEWANNENPORTRÄTS Badewanne als<br />
Softbox<br />
94 ACHTUNG, ES KIPPT I lusionen mit der Kamera<br />
97 KREATIVE PORTRÄTS MIT BLITZFOLIEN<br />
132 LEBENDIGE ERINNERUNGEN<br />
Farbiges Licht in besonderer Kulisse<br />
100 DER DROSTE-EFFEKT Eine grafische<br />
Rekursion<br />
103 PORTRÄT AN EINEM REGENTAG Grau in Grau<br />
doch stimmungsvo l<br />
107 MAGISCHE METAMORPHOSE<br />
Ungewöhnliches Selbstporträt<br />
111 GESTALTEN DURCH „FREELENSING“<br />
Verschobene Schärfeebene<br />
114 Kreativ<br />
Werden Sie innovativ durch kreative Ideen<br />
116 ACTION! Darste len schne ler Bewegung<br />
durch <strong>Bild</strong>sequenzen<br />
121 ABSTRAKTE ARCHITEKTUR Hochhäuser<br />
einmal anders<br />
124 STILLLEBEN MIT FALSCHEN SCHATTEN<br />
Surreale Motive<br />
126 MENSCHEN DER GROSSSTADT Inspirierende<br />
Langzeitbelichtung<br />
128 SCHATTENSPIELE Aufnahmetechnik für<br />
besondere Anlässe<br />
130 EINS PLUS EINS MACHT - EINS Ein ganz<br />
spezie les Porträt<br />
132 LEBENDIGE ERINNERUNGEN <strong>Bild</strong> im <strong>Bild</strong><br />
134 RETRO-REFRAKTIONEN Gebrochenes Licht<br />
exakt gesteuert<br />
136 ERFRISCHEND GUT Fotos im Stil von<br />
Werbeanzeigen<br />
138 Photoshop<br />
Verändern Sie Ihre Fotos mit diesen verblü fenden<br />
Photoshop-E fekten<br />
140 PANORAMA AUS EINZELBILDERN Die<br />
umfassende Perspektive<br />
144 RAW-DATEI NACH SCHWARZWEISS<br />
KONVERTIEREN Back to the Roots…<br />
146 SCHWARZWEISSFOTOS KOLORIEREN Ein<br />
Farbton macht die Stimmung<br />
148 KREATIVES STREULICHT Manchmal sind<br />
Blendenflecke erwünscht<br />
150 SEPIA - ALTER EFFEKT MIT NEUER TECHNIK<br />
Nostalgischer Touch<br />
152 FARBEN VERTAUSCHEN Simpel aber e fektvo l<br />
154 ES WAR EINMAL EIN FOTOAPPARAT<br />
Nostalgische <strong>Bild</strong>e fekte<br />
156 FOTOMOSAIK <strong>Bild</strong>chen sta t Steinchen…<br />
158 KUNSTVOLLE RAUCHZEICHEN Rauch schadet<br />
nicht immer<br />
160 TRIPTYCHON Aus eins mach drei<br />
61 ABSTRAKTE FOTOS GANZ EINFACH<br />
44 FEUERWERK UND FOTOGRAFIE<br />
46 Indoor-Projekte 50 Fotoprojekte<br />
26 BÄUME, KREATIV UNSCHARF 40 FOTOSPASS AUF DEM JAHRMARKT 12 SONNENUNTERGANG IM MEER<br />
OUTDOOR<br />
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76 Indoor-Projekte 50 Fotoprojekte<br />
50 Fotoprojekte Stillleben 77<br />
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Fotowettbewerb Challenge<br />
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Mrs Ainge…<br />
18 MONATE VERHEIRATET, TRAGEN GRAHAM UND ALEX EINEN GANZ<br />
PRIVATEN FOTOWETTBEWERB AUS. DIE IDEE DAZU HATTEN WIR,<br />
WEIL BEIDE UNTER ANDEREM GERNE WILDLIFE-FOTOS MACHEN.<br />
SCHIEDSRICHTER IST ROSS HODDINOTT.<br />
Graham Ainge<br />
Alter: 61<br />
Ausrüstung: Nikon D600, NIKKOR<br />
24–70mm, 70–200mm, 50mm,<br />
105mm Micro, TC14E & SB-700.<br />
<strong>Fotografie</strong>rt alles und jeden, meist<br />
aber Reisen und Wildlife<br />
Alex Ainge<br />
Alter: 55<br />
Ausrüstung: Nikon D7100,<br />
NIKKOR 24–70mm & 70–<br />
200mm.<br />
<strong>Fotografie</strong>rt vorzugsweise<br />
Wildlife und Outdoor, greift aber<br />
auch jedes andere<br />
Thema auf
Fotowettbewerb<br />
4<br />
1 2 3<br />
Für dieses kleine Projekt baten wir Graham<br />
und Alex Ainge, sich durch die<br />
Bearbeitung von drei Fotothemen aus<br />
dem Bereich „Wildlife“ miteinander zu<br />
messen. Wer die meisten Einzelaufgaben am<br />
besten löst, hat gewonnen – ganz einfach also.<br />
Damit alles mit rechten Dingen zugeht, agieren<br />
beide unter den Augen unseres wachsamen<br />
Schiedsrichters, Ross Hoddinott.<br />
Graham ist enthusiastischer Amateurfotograf,<br />
der vor einem Jahr in Rente gegangen ist und<br />
nun viel mehr Zeit für die <strong>Fotografie</strong> hat. Obwohl<br />
weniger erfahren, ist auch Alex eine<br />
ambitionierte Fotografin. Unser Wettbewerb<br />
findet statt im West Country Wildlife Center in<br />
Devon, einem weitläufigen Naturreservat, aus<br />
dem die Tiere zwar nicht heraus können, in dem<br />
man sie aber in ihrer natürlichen Umgebung<br />
fotografieren kann. Leider spielte das Wetter<br />
nicht mit, doch das Wildlife Center ist zu großen<br />
Teilen überdacht, um kleinere Tiere vor den<br />
Elementen zu schützen. Die schlechten<br />
Lichtverhältnisse werden den beiden<br />
Kontrahenten es jedoch nicht leicht machen,<br />
kreative Fotos abzuliefern.<br />
Beide benutzen eine Nikon D7100 und zwei<br />
hochwertige Objektive: ein NIKKOR 18–300mm<br />
Superzoom und das 105mm f/2.8 Micro Objektiv.<br />
AUFGABE 1: Eule<br />
Die Schärfe muss auf den Augen der Eule liegen<br />
Der Hintergrund soll einfach und diffus sein<br />
Es muss freien Raum geben, der Kontext und Maßstab<br />
liefert<br />
Als Erstes soll eine kleine Eule fotografiert werden, ein sehr<br />
fotogenes Tier. Ein Tierpfleger setzt die Eule in ein großes<br />
Astloch eines verwitterten, toten Baumstamms, eine<br />
hervorragende Requisite, die völlig natürlich aussieht. Nach<br />
wenigen Sekunden hört man nur noch die Geräusche von<br />
Grahams und Alexs Kameras. Aufgrund der schlechten<br />
Lichtverhältnisse schlage ich vor, die ISO-Empfindlichkeit auf<br />
400 oder 800 heraufzusetzen, damit die Kamera eine<br />
adäquate Verschlusszeit erzeugt. Auch wenn sich die Eule<br />
kaum bewegt, wollen wir das Risiko des Verwackelns<br />
vermeiden.<br />
Alex ist zunächst nervös. Ich will nur minimal Einfluss<br />
nehmen während unseres kleinen Wettkampfs, doch als ich<br />
ihre ersten <strong>Bild</strong>er sehe, befürchte ich, ihr Kamerawinkel war<br />
zu steil, denn sie hat den weißen Himmel im Hintergrund,<br />
was steril und unnatürlich aussieht. Ich schlage eine<br />
Perspektive vor, in der sie den Hintergrund mit unscharfem<br />
Gras oder Blattwerk füllen kann, wodurch Ihre <strong>Bild</strong>er sofort<br />
viel besser wirken. Beide benutzen das lange Ende des<br />
NIKKOR 18–300mm f/3.5–6.3 G VR, und beide machten<br />
schöne, formatfüllende Fotos. Die Frontalansicht der Eule ist<br />
sehr gut, doch auch ein seitlicher Blickwinkel ergibt ein gutes<br />
Foto, weil es das Profil des Vogels zeigt. Um eine andere<br />
1, 2 und 3) Bei der Arbeit: Alex and Graham nahmen sich Zeit, um<br />
unterschiedliche Blickwinkel und <strong>Bild</strong>kompositionen<br />
auszuprobieren – Zeit zu haben und einigermaßen kontrollierbare<br />
Aufnahmesituationen gehören zu den Vorteilen, wenn man in<br />
einem organisierten Naturreservat fotografiert.<br />
4) Alexs bestes Foto: Eine starke <strong>Bild</strong>komposition – der Freiraum<br />
vor dem Gesicht der Eule lässt ihre Blickrichtung erkennen. Der<br />
Blickkontakt ist jedoch nicht so stark wie auf Grahams Foto.<br />
(Rechts) Grahams bestes Foto: Sehr schöner Einsatz des Freiraums<br />
– die Positionierung der Eule oben rechts liefert eine starke,<br />
interessante <strong>Bild</strong>komposition. Wir haben einen Gewinner.<br />
Perspektive zu bekommen, ermutige ich beide, die Brennweite<br />
auf etwa 200mm zurückzunehmen, um freien Raum ins <strong>Bild</strong> zu<br />
bekommen. Eine dicht gedrängte <strong>Bild</strong>komposition erzeugt zwar<br />
einen starken Eindruck, doch der freie Raum ermöglicht es, dem<br />
Blick des Tieres zu folgen und sorgt für einen Maßstab. Es ist<br />
immer gut, wenn man den Blickkontakt herstellen kann,<br />
besonders hier, weil diese Eule so leuchtende Augen und einen<br />
durchdringenden Blick hat.<br />
Damit ist die erste Aufgabe erledigt, und die beiden<br />
Kontrahenten liefern sich ein freundliches Geplänkel darüber,<br />
was der andere alles falsch gemacht habe, schließlich sind sie im<br />
Wettbewerb miteinander. Nachdem ich mir die <strong>Bild</strong>er<br />
angeschaut habe, komme ich zu einem knappen<br />
Ergebnis, aber Graham geht in<br />
Führung.<br />
PUNKTESTAND: Graham - Alex 1- 0<br />
148 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 149
Fotowettbewerb<br />
1<br />
AUFGABE 2: Zwergmaus<br />
Es soll eine einzige Maus fotografiert werden – zwei<br />
oder mehr Tiere scharf abzubilden, ist bei den<br />
schlechten Lichtverhältnissen sehr schwer<br />
Es soll eine schnelle Dauerbildserie geschossen<br />
werden<br />
Es sollen das Hoch- und das Querformat verwendet<br />
werden<br />
Nachdem die Eule in ihre Voliere zurückgebracht<br />
worden war, wandten wir uns der Feldmaus zu – die<br />
beiden hätte man aus nahe liegenden Gründen nicht<br />
allein lassen dürfen… Eine Handvoll Mäuse wurde in ein<br />
großes, nach oben offenes Terrarium gesetzt. Das<br />
Terrarium enthielt in seiner natürlichen Umgebung auch<br />
etliche Getreidehalme, auf denen die Mäuse<br />
herumklettern konnten. Nach der praktisch<br />
bewegungslosen Eule stellten die flinken,<br />
quicklebendigen Nager eine wirkliche Herausforderung<br />
dar: Beide, Graham und Alex hatten zunächst Probleme,<br />
überhaupt scharfe Fotos zu bekommen. Ich schlug vor,<br />
das Objektiv zu wechseln und nun das NIKKOR 105mm<br />
f/2.8G Micro Objektiv zu benutzen. Damit bekommt man<br />
die Mäuse viel besser – weil größer – ins <strong>Bild</strong>, und die<br />
Schnelligkeit des Objektivs ist eine zusätzliche Hilfe. Ich<br />
warnte Graham und Alex jedoch, dass die Schärfentiefe<br />
2<br />
1 und 2) Versuch und Irrtum: Es bedurfte etwas Übung und<br />
Ausdauer, doch nach einer Weile machten beide ein paar<br />
großartige, gestochen scharfe Nahaufnahmen.<br />
3) Grahams bestes Foto: die Schärfentiefe ist hier sehr gering<br />
und Graham hat Nase und Schnurrbart betont. Die vertikale<br />
<strong>Bild</strong>komposition passt zu den nach oben weisenden<br />
Kornhalmen.<br />
Oben) Alexs bestes Foto: Hier gefällt mir besonders, wie Alex<br />
die Halme benutzt hat, um den kleinen Nager einzurahmen.<br />
Der Hintergrund ist schön diffus und unscharf. Ein<br />
eindeutiges Gewinner-Foto.<br />
extrem klein sein würde. Deswegen mussten sie sehr<br />
präzise scharfstellen. Ich empfahl, lange Dauerbildserien<br />
zu schießen, um die Chancen auf scharfe <strong>Bild</strong>er mit guter<br />
<strong>Bild</strong>komposition zu verbessern.<br />
Bei der Durchsicht ihrer <strong>Bild</strong>er beklagte sich Alex, dass die<br />
meisten Ihrer Versuche nur unscharfe Ergebnisse<br />
zustande gebracht hatten. Ich versicherte ihr, dass<br />
angesichts der schlechten Lichtverhältnisse und der<br />
Hyperaktivität der Tiere ihre Erfolgsquote gar nicht viel<br />
höher sein könnte, es komme jetzt vielmehr darauf an,<br />
weiterzumachen und nicht aufzugeben. Graham<br />
bemerkte, nach zunehmender Gewöhnung an das<br />
Motiv könne er inzwischen besser vorhersehen, was die<br />
3<br />
Maus als nächstes tun würde und entsprechend<br />
reagieren. Bald hatten beide einige gute Fotos im Kasten,<br />
vielleicht auch, weil sich inzwischen der<br />
Konkurrenzdruck zwischen den beiden sichtbar<br />
aufbaute.<br />
PUNKTESTAND: Graham - Alex 1- 1<br />
150 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
1<br />
AUFGABE 3: Fuchs<br />
Die Vielseitigkeit des Zooms soll genutzt werden<br />
– Kürzere Brennweiten für Aufnahmen des Tieres in<br />
seiner Umgebung, Lange Brennweiten für <strong>Porträts</strong><br />
Der Kamerastandpunkt soll tief liegen, und es soll<br />
durch die Vordergrund-Vegetation fotografiert werden,<br />
um intime, natürlich wirkende Fotos zu erhalten.<br />
Das Verhalten des Tieres soll dargestellt werden<br />
Das Licht war zwar immer noch langweilig und kein<br />
bisschen inspirierend, doch der Regen hatte endlich<br />
aufgehört, und das gab uns die Gelegenheit, im Freien<br />
zu fotografieren und ein größeres Tier als Motiv zu<br />
wählen. Graham und Alex montierten wieder ihre<br />
NIKKOR 18–300mm f/3.5–6.3 G VR Objektive, um die<br />
Reichweite und Flexibilität zu bekommen, die Sie für die<br />
nächste Aufgabe brauchen würden. Trotz des nassen<br />
Grases sollten Sie aus der Froschperspektive<br />
fotografieren, um einen natürlich wirkenden<br />
Blickwinkel auf das Tier zu ermöglichen. Der Fuchs<br />
benahm sich wie ein professionelles Model. Es war<br />
Fütterungszeit, und der Tierpfleger warf das Futter an<br />
die Stelle, auf die Graham und Alex ihre Objektive<br />
gerichtet hatten. Flexibilität und Reichweite des Zooms<br />
erwiesen sich als ideal. Wenn der Fuchs nah heran kam,<br />
konnten sie auf die kürzeren Brennweiten<br />
zurückgreifen und die dadurch größere Schärfentiefe<br />
erlaubte es, große Teile der Umgebung mit ins <strong>Bild</strong> zu<br />
holen, wodurch mehr Tiefe entstand. Graham machte<br />
einige sehr schöne Aufnahmen des rennenden<br />
Fuchses. Alex hatte Probleme, die Action einzufangen<br />
– ihre kalten Finger waren dabei nicht hilfreich.<br />
Trotzdem gelangen Ihr ein paar schöne<br />
Nahaufnahmen und ein Foto, auf dem sich der Fuchs<br />
die Lefzen leckt. Solche Einzelheiten machen aus<br />
einem guten Porträt ein hervorragendes Porträt.<br />
1) Runter: Der Blickwinkel nah am Boden sorgt für eine<br />
natürliche Perspektive.<br />
2) Alexs bestes Foto: Obwohl sie zunächst mit Problemen zu<br />
kämpfen hatte, gelang Alex dieses entscheidende Foto: ein<br />
wunderschönes <strong>Bild</strong> des Fuchses in seiner Umgebung mit<br />
perfektem Timing.<br />
3) Grahams bestes Foto: Dies ist eine sehr gute<br />
<strong>Bild</strong>komposition, mit dem Fuchs relativ klein im<br />
<strong>Bild</strong>ausschnitt, wie er von links nach rechts durch das <strong>Bild</strong><br />
rennt. Ein sehr schönes Action-Foto.<br />
MR UND MRS AINGE – DIE<br />
ENTSCHEIDUNG<br />
Die Speicherkarten waren voll und es war ein<br />
ereignisreicher Tag gewesen. Beide, Graham und<br />
Alex, haben sich angesichts der fotografischen<br />
Herausforderungen und des schlechten Wetters<br />
großartig geschlagen. Doch es können nicht beide<br />
gewinnen, und nachdem Alex<br />
zwei Runden für sich verbucht<br />
hat, ist sie die Gewinnerin.<br />
PUNKTESTAND: Graham - Alex 1- 2<br />
2<br />
3<br />
Die Ausrüstung<br />
Um Chancengleichheit zu gewährleisten, benutzten<br />
Graham und Alex die gleiche Ausrüstung. Mit ihrer<br />
hohen Auflösung von 24,1 Megapixeln, einer<br />
Serienbildgeschwindigkeit von 6 <strong>Bild</strong>ern pro Sekunde,<br />
einem Autofokussystem mit 51 Schärfepunkten und<br />
eindrucksvollem Dynamikumfang war die Nikon<br />
D7100 eine ausgezeichnete Wahl. Der<br />
Vergrößerungsfaktor des APS-C Sensors trug das<br />
Seinige zu den formatfüllenden Motiven bei.<br />
In der Tierfotografie braucht man eine Vielzahl<br />
unterschiedlicher Brennweiten, um sowohl <strong>Porträts</strong><br />
als auch Tiere in ihrer Umwelt abbilden zu können.<br />
Deswegen ist ein Zoomobjektiv die beste Wahl. Das<br />
NIKKOR AF-S DX 18–300mm f/3.5–6.3G ED VR war<br />
deshalb ideal für diese Aufgabe, denn damit konnten<br />
Graham und Alex den <strong>Bild</strong>ausschnitt schnell wechseln<br />
und an die unterschiedlichen Motive und das<br />
unterschiedliche Tierverhalten anpassen. Das geringe<br />
Gewicht und das kompakte Design des Objektivs<br />
machen es sehr einfach zu handhaben, so dass es die<br />
Spontaneität des Fotografen nicht behindert. Auch der<br />
hervorragende <strong>Bild</strong>stabilisator erwies sich als hilfreich,<br />
weil die Verschlusszeiten aufgrund der schlechten<br />
Lichtverhältnisse doch recht niedrig waren. Als zweites<br />
Objektiv wurde das NIKKOR AF-S VR 105mm f/2.8G<br />
Micro Objektiv benutzt. Seine Makrofähigkeiten und<br />
die hervorragende <strong>Bild</strong>qualität machten es zur ersten<br />
Wahl, als es darum ging, die kleine Feldmaus<br />
aufzunehmen.<br />
Oben Alex und Grahams Ausrüstung bestand aus der im<br />
mittleren Leistungsbereich liegenden Nikon D7100 und dem<br />
NIKKOR AF-S DX 18–300mm f/3.5–6.3G ED VR Superzoom.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 151
Effekte<br />
/ Schwarzweiß mit Lightroom<br />
Schwarzweißfilm-Effekt<br />
SIMULIEREN SIE IHREN BEVORZUGTEN SCHWARZWEISSFILM DURCH SPEZIELLE EINSTELLUNGEN IN LIGHTROOM.<br />
BBeim Betrachten eines Fotos ist leicht<br />
festzustellen, ob es aus einer Datei stammt<br />
oder von einem Analogfilm. Puristen würden<br />
ihnen erzählen, dass ein Film ein gewisses „Feeling“<br />
transportiere, das den Unterschied erkennen lässt.<br />
Tatsache ist natürlich, dass ein Film spezifische<br />
Abbildungsmerkmale aufweist, die in einer <strong>Bild</strong>datei<br />
so nicht vorhanden sind, etwa die Art des Kontrasts,<br />
die Tonalität und die sogenannte Körnung. Lernen<br />
Sie diese Charakteristiken zu erkennen und zu<br />
manipulieren, um Ihren Digitalaufnahmen eine<br />
überzeugende Filmästhetik zu verleihen.<br />
Die unten aufgeführten Schritte sind kein<br />
Königsweg und können einfach abgewandelt<br />
werden, um unterschiedliche Filmtypen zu<br />
simulieren. Am besten besorgen Sie sich ein paar<br />
<strong>Bild</strong>er, die mit dem Film aufgenommen wurden, den<br />
Sie simulieren wollen, als Referenz. Für dieses Tutorial<br />
simulieren wir den Kodak T-MAX 3200, ein klassischer<br />
Schwarzweißfilm mit mittlerem Kontrast und grober<br />
Körnung.<br />
Der Ilford HP5 Plus 400 ist ein klassischer<br />
Schwarzweißfilm mit hohem Kontrast und<br />
feiner Körnung, dessen Effekt Sie durch einfache<br />
Einstellungen simulieren können. Setzen Sie den<br />
Kontrast auf +100, den Schwarzpunkt auf 0% und<br />
ändern Sie die Körnung auf die Werte „Stärke“ 20,<br />
„Größe“ 40 und „Unregelmäßigkeit“ 0.<br />
Nachdem Sie diese Werte eingegeben haben,<br />
speichern Sie sie für den künftigen Gebrauch<br />
als eigene Vorgabe unter dem Namen „Ilford<br />
HP5 Plus 400“. Wenn Sie sie das nächste<br />
Mal benutzen wollen, klicken Sie einfach in<br />
der Vorgaben-Palette darauf, dann werden<br />
Ihre Änderungen automatisch auf das <strong>Bild</strong><br />
angewendet.<br />
1KONTRAST: Bei im Entwickeln-Modul ausgewähltem <strong>Bild</strong> benutzen Sie<br />
den Kontrastregler rechts unter „Grun<strong>dein</strong>stellungen“, um den Kontrast zu<br />
erhöhen. Die Stärke hängt vom vorhandenen Kontrast im Originalbild ab, doch<br />
sie kann jederzeit vor dem Speichern geändert werden. Beginnen Sie mit +75 als<br />
Ausgangspunkt.<br />
2KONVERTIEREN: Das Konvertieren des <strong>Bild</strong>es nach Schwarzweiß erfolgt<br />
durch einen einzigen Mausklick auf die Schaltfläche „Schwarzweiß“ in der<br />
Grun<strong>dein</strong>stellungen-Palette. Der Effekt kann angepasst werden in der Palette<br />
„HSL / Farbe / S/W“. Übertreiben Sie ihn aber nicht, sonst verlieren sie die subtileren<br />
Grautonabstufungen.<br />
3SCHATTENKONTRAST ENTFERNEN: In der unteren rechten Ecke der<br />
Gradationskurven-Palette klicken Sie auf die Schaltfläche „Punktkurve“. Ziehen Sie<br />
anschließend den Punkt in der unteren linken Ecke der Grafik gerade nach oben, wie hier<br />
gezeigt. Der Betrag wird oben links in der Ecke angezeigt – ich habe 11% eingestellt. Das<br />
reduziert den Schattenkontrast und gibt dem <strong>Bild</strong> eine matte Oberfläche.<br />
4FILMKÖRNUNG: Nun öffnen Sie die Effekte-Palette und verstärken die<br />
Körnung des <strong>Bild</strong>es; die Stärke hängt vom persönlichen Geschmack ab. Da<br />
ich hier den etwas extremen Kodak T-MAX 3200 Film simulieren wollte, habe<br />
ich eine grobe Körnung erzeugt, indem ich „Betrag“ auf 45, „Größe“ auf 82 und<br />
„Unregelmäßigkeit“ auf 100 setzte.<br />
152 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
ALTE ZEITEN<br />
In nur wenigen Schritten können Sie<br />
einfache Film-Effekte erzeugen, die<br />
Ihrem Foto ein klassischnostalgisches<br />
„Feeling“ geben.<br />
Probieren Sie es einmal an eigenen<br />
Farbbildern aus.
Effekte<br />
/ Photoshop Elements<br />
Farbfilter<br />
ERZEUGEN SIE MIT PHOTOSHOP ELEMENTS INTERESSANTE FILTEREFFEKTE DURCH FARBVERLÄUFE.<br />
Hätte Ihnen jemand vor 20 Jahren erklärt, wir würden heute in der Lage sein,<br />
hochauflösende Digitalfotos zu machen, die man sich sofort nach der<br />
Aufnahme auf einem in der Kamera eingebauten <strong>Bild</strong>schirm anschauen kann,<br />
frei von Artefakten und anderen <strong>Bild</strong>fehlern, hätten Sie das wohl kaum geglaubt. Hätte<br />
man ihnen vor 20 Jahren dann noch erklärt, es werde heute einen Trend geben, die<br />
Unzulänglichkeiten der Filmfotografie bewusst digital zu reproduzieren, dann hätten<br />
sie wahrscheinlich am Verstand dieses Propheten gezweifelt.<br />
For Elements 12 users, this effect is best recreated in Expert mode, Der Effekt, den<br />
wir hier erzeugen wollen, ist zwar keine direkte Analogfilm-Simulation, doch er<br />
erlaubt Ihnen Filtereffekte zu erzeugen, die zurzeit durch Apps wie Instagram<br />
populär sind. Anwender von Photoshop Elements 12 erzeugen den Effekt am besten<br />
im Expertenmodus, der weitere Einstellmöglichkeiten bietet. Diese Schritte lassen<br />
sich auch mit früheren Versionen von Photoshop Elements und mit Photoshop CS<br />
und CC durchführen.<br />
FARBWECHSEL<br />
Gefallen Ihnen die Farben nicht? Doppelklicken<br />
Sie, je nach verwendeter Software-Version, auf das<br />
Verlaufssymbol in der Ebenenpalette, um die<br />
Verlaufsoptionen zu öffnen und die Einstellungen<br />
entsprechend Ihrem Geschmack vorzunehmen.<br />
Sie können den Effekt auch anwenden, indem Sie<br />
die Füllmethode oder die Deckkraft der jeweiligen<br />
Ebene anpassen. Auch das Justieren der<br />
Kontrastfarben funktioniert gut, beispielsweise bei<br />
Blau und Orange, Rot und Grün sowie Violett und<br />
Gelb. Für einen sehr ausgeprägten Effekt wählen<br />
Sie leuchtende Farben, für einen subtileren<br />
Ausdruck wählen Sie gedeckte Farbtöne.<br />
1SETUP: Im Editor von Elements sorgen<br />
Sie zunächst dafür, dass die Ebenenpalette<br />
angezeigt wird, indem Sie auf „Fenster > Ebenen“<br />
klicken. Ändern Sie die Vordergrundfarbe in<br />
ein helles Gelb, dann klicken Sie oben in der<br />
Ebenenpalette auf die Schaltfläche „Neue Füll- oder<br />
Einstellungsebene“. Wählen Sie „Verlauf“ aus der<br />
Liste, und es öffnen sich die Verlaufsoptionen.<br />
2ERSTER FARBVERLAUF: Ändern Sie den Winkel<br />
des Verlaufs so, dass der Verlauf sich aus einer der<br />
oberen Ecken des <strong>Bild</strong>es in das <strong>Bild</strong> hinein erstreckt.<br />
Wenn möglich, folgen Sie der Richtung des Lichteinfalls.<br />
Doppelklicken Sie auf das Verlaufssymbol und wählen<br />
Sie den Verlauf „Vordergrund nach Transparent“. Klicken<br />
Sie auf „OK“. Ändern Sie die Füllmethode dieses Verlaufs<br />
in der Ebenenpalette auf „Überlagern“.<br />
3ZWEITER FARBVERLAUF: Wählen Sie die<br />
Hintergrundebene aus der Ebenenpalette, ändern<br />
die Vordergrundfarbe auf Dunkelblau und erzeugen eine<br />
weitere Verlaufsebene, wie in Schritt 2. Dieser Verlauf muss<br />
in die entgegengesetzte Richtung des ersten Verlaufs<br />
weisen. Klicken Sie auf „OK“. Ändern Sie die Füllmethode<br />
dieser Verlaufsebene auf „Negativ multiplizieren“ und<br />
senken Sie die Deckkraft – 45 % ist ein guter Wert.<br />
4TONWERTKORREKTUREN: Klicken Sie wie gehabt auf<br />
die Schaltfläche „Neue Füll- oder Einstellungsebene“,<br />
doch dieses Mal wählen Sie „Tonwertkorrektur“. Stellen Sie<br />
den Regler für Schwarz in der Tonwertkorrekturpalette<br />
auf einen Wert von etwa 20. Dann klicken Sie in der<br />
Ebenenpalette auf die Schaltfläche „Neue Einstellungsebene“<br />
und erzeugen eine leere Ebene. Wählen Sie das rechteckige<br />
Auswahlwerkzeug aus der Werkzeugleiste.<br />
5EIN „LICHTLECK“: Zeichnen Sie in der<br />
Nähe der Ecke des gelben Verlaufs ein hohes<br />
schmales Rechteck, wie oben gezeigt. Nehmen<br />
Sie das Verlaufswerkzeug aus der Werkzeugleiste<br />
und wählen einen Verlauf von hellem Gelb zu<br />
transparent. Ziehen Sie den Verlauf so in das<br />
<strong>Bild</strong>, dass er oben beginnt und sich nach unten<br />
fortsetzt.<br />
6LICHTLECK EINSTELLEN: Dieser Verlauf wirkt sich nur<br />
innerhalb des ausgewählten Rechtecks aus. So entsteht<br />
unser Lichtleck-Effekt. Gehen Sie auf „Auswahl > Auswahl<br />
aufheben“. Dann ändern Sie die Füllmethode dieser Ebene<br />
in der Ebenenpalette auf „Strahlendes Licht“. Zum Schluss<br />
gehen Sie auf „Filter > Weichzeichnungsfilter > Gaußscher<br />
Weichzeichner“, den Sie auf einen Bereich von etwa 20 Pixel<br />
anwenden, um den Effekt zu vervollständigen.<br />
154 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
NOSTALGISCH INSPIRIERT<br />
Der fertige Effekt kann so ausgeprägt oder<br />
so subtil sein, wie Sie es wünschen.<br />
Ändern Sie einfach die Deckkraft der<br />
Verlaufsebene, um ihn Ihrem Geschmack<br />
anzupassen.
Effekte<br />
/ VSCO Film<br />
VSCO Film Lightroom Plugin<br />
DAS VSCO LIGHTROOM PLUGIN IST POPULÄR GEWORDEN DURCH DIE VIELEN MÖGLICHKEITEN DER<br />
FILMSIMULATION, GRUND GENUG FÜR UNS, ES ETWAS GENAUER UNTER DIE LUPE ZU NEHMEN.<br />
N<br />
icht erst, seitdem sich die Digitalfotografie<br />
endgültig durchgesetzt hat, versuchen<br />
Fotografen, ihre <strong>Bild</strong>er so aussehen zu lassen, als<br />
seien sie auf Film aufgenommen worden. Seit kurzem<br />
hat sich die Filmsimulation jedoch zu einem<br />
regelrechten Trend entwickelt. Das Unternehmen Cue<br />
Visual Supply Co, oder kurz VSCO, hat diesen Trend<br />
offenbar rechtzeitig erkannt und sich zum Spezialisten<br />
für die Simulation klassischen Filmmaterials entwickelt.<br />
Die VSCO Film Lightroom Plugins, fünf an der Zahl, für<br />
jeweils knapp unter 100 €, bieten eine Ein-Klick-<br />
Funktionalität zur Verbesserung Ihrer <strong>Bild</strong>er per<br />
Filmsimulation. Die Plugins erfreuen sich besonders bei<br />
Hochzeits- und Lifestyle-Fotografen großer Beliebtheit,<br />
denn damit können sie schnell und einfach Hunderte<br />
von Fotos bearbeiten.<br />
Aufgrund der Vielzahl von zu berücksichtigenden<br />
Variablen bei solchen Filmeffekten gibt es naturgemäß<br />
nicht „den“ richtigen Look für eine Filmsimulation,<br />
sondern für jede Simulation können unterschiedliche<br />
Feineinstellungen vorgenommen werden. Beispielsweise<br />
bietet die Voreinstellung „Kodak Portra 160“ eine exakte<br />
Reproduktion dieses Films, während ein Minuszeichen (-)<br />
auf eine abgeschwächte Version des Filmeffekts hinweist,<br />
ein Pluszeichen (+) hingegen auf eine stärkere Version.<br />
Zwei Pluszeichen (++) stehen für eine stark übertriebene<br />
Version des Effekts. Manche Filme haben auch High<br />
Contrast (HC) Versionen, die sich sehr gut für die<br />
Porträtfotografie eignen, weil sie den Kontrast verstärken,<br />
die Farbtöne der Haut jedoch beibehalten. Die VSCO<br />
Filmsimulationen werden am besten mit Raw-Dateien<br />
verwendet, denn deren Einstellungen berücksichtigen<br />
die verwendete Kamera. Sie können sie jedoch auch mit<br />
Dateien im JPEG-Format benutzen.<br />
1 BASIS-<br />
KORREKTUREN<br />
Wenn die VSCO-Plugins<br />
installiert sind, nehmen Sie<br />
zuerst Anpassungen an<br />
Belichtung und Weißabgleich<br />
sowie eine Objektivkorrektur<br />
vor. Die Film-Simulationen<br />
haben unterschiedliche<br />
Auswirkungen auf die<br />
Belichtung und können<br />
außerdem Farbstiche<br />
verursachen, so dass später<br />
gegebenenfalls weitere<br />
Korrekturen nötig sind.<br />
3 FEIN-<br />
EINSTELLUNG<br />
Ich habe mich für die Fuji<br />
400H Simulation<br />
entschieden, doch mir war<br />
die Körnung ein wenig zu<br />
stark. In einem solchen Fall<br />
scrollen Sie nach unten zum<br />
VSCO Toolkit und wählen die<br />
Voreinstellung für die<br />
Körnung. Weitere Parameter<br />
können mit dem Toolkit oder<br />
mit den Standardreglern<br />
rechts eingestellt werden.<br />
AUCH FÜR<br />
SMARTPHONES<br />
Wenn Sie die<br />
Filmsimulationen auch<br />
auf dem Smartphone<br />
einsetzen wollen,<br />
benutzen Sie die VSCO<br />
Cam Mobile App. Sie<br />
bietet zwar nicht<br />
denselben Umfang an<br />
Simulationen wie VSCO Film, doch auch hier gibt es viele<br />
Voreinstellungen, aus denen Sie auswählen können,<br />
außerdem, viele nützliche Werkzeuge zur <strong>Bild</strong>bearbeitung.<br />
Die App kann kostenlos heruntergeladen werden, doch das<br />
extra Filter-Pack muss bezahlt werden. Sie finden VSCO<br />
Cam im Apple App Store oder bei Google Play.<br />
(http://www.vsco.co/vscocam)<br />
2<br />
VOREINSTELLUNG<br />
WÄHLEN<br />
Aus den Voreinstellungen an der<br />
linken Seite wählen Sie den<br />
Ordner Ihres Kameraherstellers;<br />
ist der Hersteller nicht aufgeführt,<br />
wählen Sie den Standardordner.<br />
Dann wählen Sie Ihren Film aus,<br />
und die <strong>Vorschau</strong> wird<br />
aktualisiert. Wählen Sie beliebig<br />
viele Filme aus, die Einstellungen<br />
werden zurückgesetzt, bevor die<br />
nächste Voreinstellung<br />
angewendet wird.<br />
4<br />
INDIVIDUELLE<br />
EINSTELLUNGEN<br />
VSCO Film enthält zusätzliche<br />
Pinselvoreinstellungen, die Zeit<br />
sparen. Klicken Sie auf den<br />
Korrekturpinsel, um die Palette<br />
auf der rechten Seite zu öffnen,<br />
und wählen Sie die jeweilige<br />
Korrektur aus dem Effekt-Menü.<br />
Die Einstellungen zur<br />
Nachbelichtung und zum<br />
Abwedeln sind besonders<br />
nützlich, um die Belichtung<br />
selektiv anzupassen.<br />
FÜNF POPULÄRE<br />
FILMSIMULATIONEN<br />
1) Kodak Portra 400 (VSCO Film 01)<br />
Ein farbenfroher Film für gut ausgeleuchtete <strong>Porträts</strong>, der<br />
fantastische Hauttöne und viel Farbsättigung bringt.<br />
2) Ilford HP5 (VSCO Film 01)<br />
Ein Schwarzweiß-Film mit mittlerem Kontrast, feiner Körnung<br />
und hoher Schärfe. Geeignet für kontrastreiche Beleuchtung.<br />
3) Fuji Velvia 50 (VSCO Film 04)<br />
Satte, leuchtende Farben und starker Kontrast.<br />
Geeignet für farbenfrohe <strong>Landschaften</strong>.<br />
156 DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE
BEARBEITET IN VSCO<br />
ORIGINALFOTO<br />
4) Fuji FP-100c (VSCO Film 03)<br />
Ein Film mit mittlerem Kontrast, der schöne, leuchtende Spitzlichter<br />
produziert. Gut geeignet für <strong>Porträts</strong> in natürlichem Licht.<br />
5) Kodak T-MAX 3200 (VSCO Film 01)<br />
Starker Kontrast, detailreich und starke Körnung. Ein<br />
etwas extremer Film, der unverkennbar ist.<br />
Der VSCO-Effekt: Manche Filme haben stärkere<br />
Effekte als andere, doch die subtilen<br />
Simulationen sind oft angenehmer. Die Farbund<br />
Farbton-Änderungen von VSCO bleiben<br />
sehr nah an der Filmcharakteristik.<br />
ALTERNATIVEN<br />
Nik Analog Efex Pro<br />
Erforderliche Software: Photoshop/Elements/<br />
Lightroom/Aperture<br />
Teil der Nik Kollektion, die noch weitere Software<br />
umfasst, einschließlich des ausgezeichneten<br />
Color Efex Pro und Silver Efex Pro.<br />
http://www.niksoftware.com<br />
Alienskin Exposure 5<br />
Erforderliche Software: Photoshop/Elements/<br />
Lightroom/Aperture/Standalone<br />
Bietet eine große Auswahl von Farb- und<br />
Schwarzweißfilm-Simulationen, außerdem einige<br />
Kino-Effekte. Auch bei Alienskin orientiert sich die<br />
Körnung am jeweiligen Originalfilm.<br />
http://www.alienskin.com<br />
DxO FilmPack<br />
Erforderliche Software: Standalone/Photoshop/<br />
Elements/Lightroom/Aperture/DxO Optics Pro<br />
Enthält bis zu 27 Schwarzweißfilme, 39 Farbfilme<br />
und 39 Designer-Voreinstellungen, außerdem<br />
viele weitere nützliche Werkzeuge.<br />
http://www.dxo.com<br />
XeL 2.0 Color<br />
Erforderliche Software: Lightroom<br />
Weniger bekannt, doch XeL bietet eine<br />
beeindruckende Zahl unterschiedlicher<br />
Filmsimulationen. Die Voreinstellungen<br />
unterscheiden nach Farbe, Farbton und Körnung,<br />
so dass Sie diese Parameter selektiv anwenden<br />
können.<br />
http://www.x-equals.com/blog/<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE - UPDATE 157
ETABLIEREN SIE<br />
IHREN<br />
WORKFLOW<br />
HABEN SIE GENUG VON UNAUFGERÄUMTEN FESTPLATTEN, VON ÜBERFLÜSSIGEN DUPLIKATEN UND NICHT<br />
AUFZUFINDENDEN BILDERN? DANN WIRD ES ZEIT, ETWAS ZU UNTERNEHMEN. ERFAHREN SIE, WIE SIE IHRE BILDER IN<br />
DREI EINFACHEN SCHRITTEN ORGANISIEREN UND ARCHIVIEREN.<br />
Text: CAROLINE SCHMIDT<br />
D<br />
enken Sie an ein bestimmtes <strong>Bild</strong>, das<br />
sie vor ein paar Jahren gemacht<br />
haben. Haben Sie´s? Gut; und jetzt<br />
holen Sie es sich in weniger als 2<br />
Minuten auf den <strong>Bild</strong>schirm. Wenn Sie<br />
das können, brauchen Sie nicht weiter zu lesen. Sie<br />
würden nur ihre Zeit verschwenden, denn sie<br />
könnten hier nichts Neues erfahren. Doch die<br />
anderen 99% von Ihnen sollten diesen Beitrag<br />
aufmerksam lesen, und möglichst sogar danach<br />
handeln.<br />
Man sollte eigentlich annehmen dürfen, dass wir<br />
ein <strong>Bild</strong> jederzeit finden, dass wir es niemals<br />
versehentlich überschreiben und dass wir<br />
selbstverständlich ein sicheres Backup von allen<br />
unseren <strong>Bild</strong>ern auf einer externen Festplatte haben<br />
– haben wir aber nicht. Die meisten von uns<br />
verwalten nur recht und schlecht ein System des<br />
organisierten Chaos. Wir wissen also, das <strong>Bild</strong> liegt<br />
vielleicht irgendwo auf der externen 2-Terabyte-<br />
Festplatte und würden wir es vielleicht sogar<br />
finden, wenn wir eine Woche Zeit hätten.<br />
Doch wer wollte uns dafür tadeln? Wir sind<br />
Fotografen und fotografieren lieber, statt zu<br />
sortieren. Doch angesichts von Speicherkarten<br />
immer höherer Kapazität und billiger Festplatten im<br />
Terabyte-Bereich ist es gar kein Wunder, dass wir<br />
nicht mehr durchfinden.<br />
Ich behaupte, dass es den meisten von uns so<br />
geht, dass wir unsere <strong>Bild</strong>er von der Speicherkarte<br />
ziehen und irgendwo auf der Festplatte ablegen, um<br />
sie schnell unterwegs zu bearbeiten, in der besten<br />
Absicht, sie später zuhause ordentlich zu<br />
organisieren; das machen wir aber nicht. Ehe wir<br />
uns versehen, erscheinen dann auf dem <strong>Bild</strong>schirm<br />
jede Menge Ordner mit Namen, die aus einer<br />
obskuren Buchstaben-Ziffern-Kombination<br />
bestehen, verteilt auf mindestens drei verschiedene<br />
Festplatten. Jede Woche nehmen wir uns<br />
wenigstens einmal vor, das Chaos zu beenden und<br />
eine ordentliche Struktur hineinzubringen. Kommt<br />
Ihnen das bekannt vor?<br />
Profis können es sich nicht erlauben, <strong>Bild</strong>er zu<br />
verlegen, zu riskieren, <strong>Bild</strong>er zu überschreiben oder<br />
wertvolle Zeit zu verlieren auf der Suche nach den<br />
Fotos eines Kunden. Sie brauchen einen<br />
narrensicheren Workflow, der strikt eingehalten<br />
werden muss. Ambitionierte Hobbyfotografen<br />
sollten sich nicht anders verhalten, denn die Masse<br />
der produzierten <strong>Bild</strong>er kann ähnlich groß sein.<br />
1) SCHON BEI DER AUFNAHME ANFANGEN<br />
Ein strukturierter Workflow sollte bei der Kamera beginnen, nicht am Computer. Dafür zu sorgen,<br />
dass Ihre <strong>Bild</strong>er einen korrekten Datumsstempel bekommen, ist der erste Schritt zur Organisation<br />
Ihrer Fotos. Die Dinge werden viel einfacher, wenn Sie Dateien chronologisch durchsuchen können.<br />
Sie können außerdem Geotags hinzufügen, die Informationen bereitstellen über den Ort, an dem<br />
das Foto aufgenommen wurde. Und schließlich können Sie die Struktur der Dateinamen, die ihre<br />
Kamera vergibt, individualisieren. Letzteres ist besonders nützlich, wenn Sie <strong>Bild</strong>er von<br />
verschiedenen Kameras identifizieren wollen; in diesem Fall können Sie beispielsweise den<br />
Dateinamen mit „EOS650“ oder „D800“ beginnen lassen.
TIPP<br />
Damit nicht die Gefahr<br />
besteht, dass Ihre<br />
Festplatten nahezu<br />
gleichzeitig den Geist<br />
aufgeben, kaufen Sie sie im<br />
Abstand von einigen<br />
Monaten.
Foto-Workflow<br />
2) BILDARCHIV-SOFTWARE<br />
Ein Workflow, der seinen Namen verdient, erfordert ein<br />
Computerprogramm, das Ihnen hilft, Ihre Fotos zu sortieren,<br />
zu suchen und zu archivieren. Gute Programme richten<br />
einen Katalog ein, durch den sie blättern können und sie<br />
zeigen auch RAW-Dateien an, ohne jedoch das Original zu<br />
verändern. Adobe Lightroom ist beispielsweise eine gute<br />
Wahl. Adobe Photoshop Elements und Apples Aperture 3<br />
bieten ähnliche Funktionalitäten zu geringerem Preis.<br />
Die wesentlichen Werkzeuge, die Sie brauchen, dienen<br />
dazu, ganze Gruppen von <strong>Bild</strong>ern per Stapelverarbeitung<br />
umzubenennen, deren Metadaten zu bearbeiten und sie<br />
mit Schlagworten zu versehen, wenn Sie sie von der Kamera<br />
herunterladen. Außerdem muss es eine Such- und<br />
Sortierfunktion geben, am besten in Form eines<br />
Bewertungs-, oder Etikettierungssystems. Außerdem muss<br />
eine Archivierungsfunktion vorhanden sein und <strong>Bild</strong>er<br />
müssen zur Übernahme in andere Programme exportiert<br />
werden können. Nicht zuletzt muss die Möglichkeit<br />
bestehen, sie an Onlinedienste wie Facebook etc. zu<br />
verschicken.<br />
Falls Sie kein individuelles System der Namensvergabe in<br />
der Kamera eingerichtet haben, werden Sie einen Namen<br />
wählen wollen, der den Inhalt des <strong>Bild</strong>es repräsentiert. Wenn<br />
dann die Software die <strong>Bild</strong>dateien importiert, sind diese<br />
bereits mit sinnvollen Dateinamen und fortlaufenden<br />
Nummern versehen. Das Einbetten von Metadaten,<br />
3) SPEICHERN UND SICHERN<br />
Wenn Sie Ihre <strong>Bild</strong>er erst einmal organisiert haben,<br />
werden Sie Backups erzeugen wollen. Am<br />
einfachsten ist das mit einer externen Festplatte,<br />
doch das reicht nicht aus, die Sicherheit Ihrer Daten<br />
zu garantieren, besonders dann nicht, wenn Sie<br />
<strong>Bild</strong>er von Ihrem Computer löschen, um dessen<br />
Leistung zu optimieren. Externe Festplatten haben<br />
tendenziell eine kürzere Lebensdauer als interne<br />
Festplatten. Wenn Sie sich also auf eine einzige<br />
externe Festplatte verlassen, spielen sie Russisches<br />
Roulette. Abgesehen von Festplattenfehlern gibt es<br />
Stromausfälle, Viren, Würmer, Wasserschäden,<br />
Feuer, Diebstahl etc. Sie sollten deswegen<br />
mindestens zwei identische Backups an<br />
unterschiedlichen Orten des Hauses verwahren,<br />
besser noch in unterschiedlichen Häusern.<br />
1-Terabyte-Festplatten gibt es inzwischen für 50 €,<br />
RAID ODER NAS?<br />
RAID steht für „Redundant Array of<br />
Independent Disks“, auf Deutsch: „Redundante<br />
Anordnung unabhängiger Festplatten“. Bei<br />
einem RAID-System handelt es sich um einen<br />
Verbund mehrerer Festplatten, in dem die<br />
Daten auf mindestens zwei Festplatten<br />
„gespiegelt“ werden. Bei Ausfall einer Festplatte<br />
kann diese im laufenden Betrieb gegen eine<br />
identische, neue Festplatte ausgetauscht<br />
werden, worauf automatisch die erneute<br />
Spiegelung der Daten erfolgt.<br />
NAS steht für „Network Attached Storage“ und<br />
bedeutet demnach „Netzwerkgebundener<br />
Speicher“. Ein NAS-Speicher kann ebenfalls<br />
mehrere Festplatten in einem externen<br />
Gehäuse enthalten, besitzt jedoch eine eigene<br />
IP-Adresse und stellt deswegen alle<br />
Zugriffsmöglichkeiten aktueller Computer-<br />
Netzwerktechnik zur Verfügung.<br />
Schlagworten und Copyright-Informationen erleichtert<br />
nicht nur die Suche nach <strong>Bild</strong>ern, sondern schützt auch ihr<br />
Urheberrecht, falls Sie sie online stellen. Sie können Ihr<br />
System so einrichten, dass Ihre Copyright-Information beim<br />
Import automatisch hinzugefügt wird, falls Sie nicht schon<br />
Ihre Kamera entsprechend eingestellt haben. Die<br />
Schlagworte müssen Sie jedem Foto manuell hinzufügen,<br />
daran führt kein Weg vorbei. Mit Lightroom können Sie<br />
Unterkataloge anlegen, was Ihnen die Möglichkeit gibt,<br />
<strong>Bild</strong>er aus verschiedenen Alben in themenorientierten<br />
Ordnern unterzubringen, oder Sie nach ähnlichen<br />
Bewertungskriterien zu sortieren, um die Suche zu<br />
erleichtern. Im Übrigen sollten Sie Ihr System so einrichten,<br />
dass Datensicherungen automatisch generiert und auf<br />
einer externen Festplatte gespeichert werden.<br />
daran wird es also kaum scheitern.<br />
Natürlich können Sie Ihr Backup ab manuell durch<br />
„Ziehen und Ablegen“ mit der Maus erzeugen, doch<br />
sie machen sich das Leben wesentlich einfacher mit<br />
einer Software, die ein per USB angeschlossenes<br />
externes Backup-Laufwerk automatisch auf dem<br />
neuesten Stand hält. Doch wie stellen Sie sicher,<br />
dass das zweite, geklonte Backup immer dieselben<br />
Dateien enthält? Indem Sie sie synchronisieren.<br />
Programme wie „FreeFileSync“, „Robocopy“ und<br />
„Toucan Portable“ laufen unter Windows, während<br />
„SuperDuper“ und „Carbon Copy Clone“ unter<br />
Apple-Betriebssystemen laufen.<br />
Sie können die Festplatten auch mit Ihrem<br />
Cloud-Speicher synchronisieren, der seinerseits<br />
wiederum mit mehreren Festplatten an<br />
unterschiedlichen Standorten synchronisiert<br />
werden kann. Eine sicherere Option ist jedoch, ihr<br />
Klon-Laufwerk manuell durch Kopieren vom<br />
Original-Backup-Laufwerk auf dem neuesten Stand<br />
zu halten. Diese Methode ist vorzuziehen, denn<br />
dadurch können sie die Integrität Ihrer<br />
Datensicherungen selbst steuern. Andererseits<br />
kostet dies Zeit und Sie haben eventuell zeitliche<br />
Lücken zwischen ihren Backups, es sei denn Sie<br />
machen es täglich.<br />
Zwei Backups sind gut, drei sind besser. Manche<br />
Fotografen benutzen eine dritte Festplatte oder<br />
speichern Ihre Dateien und <strong>Bild</strong>ersammlungen auf<br />
CD oder DVD, eine Methode, die allerdings auf<br />
Dauer recht teuer werden kann und nicht sehr<br />
sicher ist – wir alle kennen DVDs, auf die wir nicht<br />
mehr zugreifen können. Der Online-Cloud-Speicher<br />
ist definitiv sicherer. Provider wie „Just Cloud“, „SOS<br />
Online Backup“ und „MyPCBackup“ bieten<br />
automatisches Archivieren und die Synchronisation<br />
mit Ihren anderen Speichermedien.<br />
Manche PC-Backup-Software klont und archiviert<br />
die gesamte Festplatte, während andere Ihnen die<br />
Möglichkeit gibt, einzelne Ordner und sogar<br />
BILDVERWALTUNG „VON HAND“<br />
Wenn Sie keine <strong>Bild</strong>archiv Software verwenden wollen,<br />
sollten Sie sicherstellen, dass Sie ein praktikables<br />
Ablagesystem haben, außerdem eine funktionierende<br />
Datensicherungsprozedur. Sie könnten beispielsweise<br />
eine Reihe von Ordnern einrichten, beginnend mit Jahr<br />
und Monat und innerhalb des Monats weitere<br />
Unterordner nach Themenbereichen erzeugen.<br />
Innerhalb der einzelnen Ordner sollte es vier weitere<br />
Ordner geben, die Sie mit „Orignale“, „In Arbeit“,<br />
„Bearbeitet“ und „Web“ bezeichnen. Wenn Sie Ihre <strong>Bild</strong>er<br />
von der Speicherkarte herunterladen, sollten Sie sie<br />
grundsätzlich im Ordner „Originale“ speichern, der von<br />
nun an nicht mehr angetastet wird. Er dient als Archiv.<br />
Nun können Sie die einzelnen <strong>Bild</strong>er zuordnen, je<br />
nachdem ob Sie sie bearbeiten wollen, oder nicht. Dazu<br />
dient der Ordner „In Arbeit“, in dem die PSD-Dateien<br />
gespeichert werden. Wenn ein <strong>Bild</strong> fertig bearbeitet ist,<br />
speichern Sie es als JPEG oder TIFF im Ordner<br />
„Bearbeitet“. Der Web-Ordner ist für solche <strong>Bild</strong>er, die<br />
Sie mit Wasserzeichen versehen und deren Größe Sie<br />
zum Bloggen, für „Social Media“ und Ihre Website<br />
verändern wollen. Halten Sie Ihr System grundsätzlich<br />
so einfach wie möglich und ordnen Sie Ihre <strong>Bild</strong>er in die<br />
richtigen Ordner ein, sobald Sie sie von der Kamera<br />
herunterladen.<br />
einzelne Dateien zu selektieren. Beim Cloud-<br />
Speicher besteht immer das Risiko, dass Ihre Daten<br />
gehackt werden oder dass das Unternehmen<br />
schlicht zumacht. Deswegen empfehlen wir ein<br />
System mehrerer voneinander unabhängiger<br />
Datensicherungslösungen parallel zu betreiben.<br />
Wenn die dazu nötigen Prozeduren erst einmal zur<br />
Routine geworden sind, stellen Sie zeitlich keine<br />
hohe Belastung dar, doch Sie haben dann ein<br />
narrensicheres System, Ihre wichtigen <strong>Bild</strong>dateien<br />
zu schützen. Also zögern Sie nicht länger, fangen Sie<br />
heute damit an.<br />
CHECKLISTE<br />
Benutzen Sie eine zuverlässige<br />
<strong>Bild</strong>verwaltungssoftware<br />
Entwickeln Sie ein Ablagesystem, an das Sie sich<br />
halten<br />
Betreiben Sie mehrere verschiedene Backup-<br />
Systeme<br />
Vergeben Sie beim <strong>Bild</strong>import individuelle<br />
Dateinamen und Metadaten<br />
Automatisieren Sie Ihr Backup-System oder<br />
führen Sie täglich manuelle Backups durch
BJORN THOMASSEN<br />
Belichtungsreihen schießen<br />
Ob Sie die graue Karte benutzen oder nicht: Unter<br />
problematischen Lichtverhältnissen ist es ratsam,<br />
eine Belichtungsreihe aus Einzelbildern zu<br />
schießen, die die Belichtungskorrektur oder die<br />
AEB-Funktion der Kamera mit einem Intervall von<br />
+/-1 Schritt verwendet. So können Sie sicher sein,<br />
dass wenigstens eine der Aufnahmen richtig<br />
belichtet wird.<br />
So benutzen Sie die graue/weiße Karte zur<br />
Belichtungsmessung und zum Weißabgleich<br />
Szenen mit starkem Gegenlicht können zu Belichtungsfehlern führen. Wenn Sie eine graue Karte benutzen,<br />
umgehen Sie dieses Problem. Die 18-Prozent-Graukarte ist ein Hilfsmittel zur richtigen Belichtung. Beide Karten<br />
können auch zum Einstellen eines situationsbezogenen Weißabgleichs eingesetzt werden. Wie auf den Karten<br />
gemessen wird, hängt von Ihrer Kamera ab – dies müssen Sie also im Handbuch nachschlagen.<br />
DIGITALKAMERAS GREIFEN AUF recht komplizierte Belichtungsmessverfahren<br />
zurück, um unterschiedlichen Lichtverhältnissen gerecht werden zu können.<br />
Diese Verfahren gehen jedoch alle von der Annahme aus, dass der gemessene<br />
Bereich ein mittlerer Farbton ist, 18 Prozent Grau, um genau zu sein. Das ist der<br />
Farbton, der sich ergibt, würde man alle dunklen, hellen und mittleren Farbtöne<br />
vermischen. Er ist die Basis aller Messmethoden, und diese funktionieren<br />
überraschend gut. Doch bei Szenen, die insgesamt wesentlich heller oder<br />
dunkler als der Durchschnitt sind, kann das Meßsystem der Kamera dazu<br />
„verleitet“ werden, über- oder unterzubelichten, weil sich für solche Szenen ein<br />
anderer Mittelwert als 18 Prozent ergibt.<br />
Da die Kamerameßsysteme jedoch auf die 18 Prozent kalibriert<br />
sind, müssen Sie die Belichtungsmessungen entsprechend den real<br />
herrschenden Bedingungen anpassen. Das geschieht entweder durch die<br />
Belichtungskompensation, den AE-Lock Knopf oder durch Messen eines<br />
Bereichs der Szene, der einen mittleren Farbton, idealerweise 18 Prozent<br />
Perfekte Messungen<br />
Szenen mit starkem Gegenlicht<br />
können zu Belichtungsfehlern<br />
führen. Wenn Sie eine graue Karte<br />
benutzen, umgehen Sie dieses<br />
Problem.<br />
Grau, aufweist. Und nun, Sie ahnen es bereits, kommt unsere graue Karte ins<br />
Spiel. Sie ist ganz einfach zu benutzen: Entscheidend ist, dass Sie sie in einem<br />
Bereich platzieren, der sehr ähnlich beleuchtet ist, wie das zu fotografierende<br />
Motiv. Legen Sie sie also nicht in den Schatten, wenn Ihr Motiv sich im<br />
grellen Sonnenlicht befindet. Achten Sie außerdem darauf, dass die Karte den<br />
Messbereich ausfüllt, deshalb sollten Sie hier zur Punktmessung greifen.<br />
Nun können sie entweder die Belichtung mit der AE-Lock Funktion der Kamera<br />
speichern, oder Sie merken sich die gemessenen Werte, schalten auf manuellen<br />
Betrieb und stellen diese Werte von Hand ein. Wenn das Licht sich jedoch<br />
ständig ändert, durch vorüberziehende Wolken beispielsweise, ist die manuelle<br />
Methode ungeeignet. Auf der Karte sind Referenzlinien für den Autofokus<br />
aufgedruckt, damit die Kamera das Objektiv leichter darauf fokussieren kann.<br />
Die Scharfeinstellung muss jedoch nicht absolut korrekt sein. Graue und<br />
weiße Karte können beide auch verwendet werden, um einen den aktuellen<br />
Lichtverhältnissen genau angepassten Weißabgleich durchzuführen.<br />
1 EINSTIEG:<br />
Wenn Sie <strong>Porträts</strong> bei Gegenlicht fotografieren,<br />
geben Sie der Person die graue Karte in die Hand und<br />
bitten Sie sie, die Karte möglichst senkrecht in<br />
Richtung Kamera zu halten.<br />
MESSEN SIE DIE BELICHTUNG<br />
2Achten Sie darauf, dass der Messbereich von der<br />
grauen Karte ausgefüllt ist. Wir haben in diesem Fall<br />
zur Punktmessung gegriffen. Speichern Sie die<br />
Belichtung mit der AE-Lock Funktion.<br />
BILDKOMPOSITION UND SCHUSS<br />
3Mit den gespeicherten Belichtungsmessdaten<br />
machen Sie nun Ihre <strong>Bild</strong>komposition und lösen aus.<br />
Wenn Sie die Belichtung nun auf dem Monitor der<br />
Kamera überprüfen, sollte sie genau richtig sein.
GRAUKARTE<br />
<strong>Digitale</strong><br />
WEISSABGLEICHKARTE<br />
<strong>Digitale</strong>