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Druckluftsysteme in Industrie<br />
und Gewerbe.<br />
Ein Ratgeber zur systematischen energetischen Modernisierung.
Inhalt.<br />
1. Einführung in das Thema.<br />
1.1 Energieverbrauch und Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe<br />
1.2 Wo wird Druckluft eingesetzt?<br />
2. Optimierung von Druckluftsystemen.<br />
2.1 Erfassung des Ist-Zustands.<br />
2.2 Der Druck ist entscheidend.<br />
2.3 Anschlussstellen.<br />
3. Effiziente Druckluftnutzung: Verteilung, Aufbereitung, Erzeugung.<br />
3.1 Auslegung von Drucklufterzeugungsanlagen.<br />
3.2 Verteilung.<br />
3.2.1 Rohrleitung.<br />
3.2.2 Speicherung.<br />
3.3 Druckluftaufbereitung.<br />
3.3.1 Gründe für die Druckluftaufbereitung.<br />
3.3.2 Flüssigkeitsabscheidung.<br />
3.3.3 Drucklufttrocknung.<br />
3.3.4 Filtration.<br />
3.4 Drucklufterzeugung.<br />
3.4.1 Verdichterbauarten.<br />
4. Steuern und regeln.<br />
4.1 Diskontinuierliche Regelungen.<br />
4.2 Kontinuierliche Regelungen.<br />
4.3 Übergeordnete Steuerungen.<br />
5. Wärmeanfall und Wärmerückgewinnung.<br />
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<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
2
1. Einführung in das Thema.<br />
1.1 Energieverbrauch und Energieeffizienz<br />
in Industrie und Gewerbe<br />
Etwa ein Drittel des Endenergieverbrauchs in Deutschland –<br />
rund 700 TWh pro Jahr – entfällt auf die Industrie. Die zuletzt<br />
steigenden Energiepreise werden dabei für immer mehr Unternehmen<br />
zu einem spürbaren Kostenfaktor. Industrielle Querschnittstechnologien<br />
– wie Druckluft – oder Pumpensysteme –<br />
bieten branchenübergreifend noch große Energie- und damit<br />
Kosteneinsparpotenziale. Wie zahlreiche Beispiele aus der Praxis<br />
zeigen, sind diese Investitionen in der Regel hoch rentabel.<br />
Mit jährlich rund 16 TWh kommt Druckluft auf einen Anteil<br />
von ca. 7 Prozent am industriellen Stromverbrauch. Obwohl<br />
der Rohstoff „Luft“ in allen Unternehmen kostenfrei und in<br />
unbegrenzter Menge zur Verfügung steht, ist Druckluft ein kostenintensiver<br />
– und damit ein sehr wertvoller – Energieträger.<br />
Die Kosten entstehen hauptsächlich durch die Energie, die zur<br />
Verdichtung der angesaugten atmosphärischen Luft benötigt<br />
wird. Mit zunehmendem Druck und größerer Menge an benötigter<br />
Druckluft steigen die Bereitstellungskosten an.<br />
Der vorliegende Ratgeber zeigt Ihnen, wie Sie die Betriebsführung<br />
von Druckluftsystemen optimieren und damit den<br />
Energieverbrauch deutlich senken können. Dabei gilt: Der<br />
(Druckluft-) Verbraucher bestimmt die Kosten. Daher empfiehlt<br />
es sich, in einem ersten Schritt zunächst die druckluftnutzenden<br />
Verbraucher zu identifizieren und im Hinblick auf die<br />
Parameter Druck, Menge (an erforderlicher Druckluft) und<br />
Druckluftqualität zu bewerten. Danach können Sie die davorliegenden<br />
Systemkomponenten – Verteilung (Rohrnetz),<br />
Aufbereitung (Trocknen und Filtern) sowie Erzeugung (Kompressoren)<br />
– optimal auf die Verbraucher einstellen und das<br />
System als Ganzes optimieren.<br />
3 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
4
1.2 Wo wird Druckluft eingesetzt?<br />
Druckluft ist ein vielseitig verwendbarer Betriebsstoff. Die<br />
Vorteile von Druckluftanwendungen liegen in der Gefahrlosigkeit<br />
dieses Energieträgers, der Schnelligkeit und Präzision<br />
von Druckluftantrieben und der hohen Kraft bei gleichzeitig<br />
geringem Gewicht von Druckluftwerkzeugen.<br />
Aktivluft.<br />
Von Aktivluft ist die Rede, wenn Druckluft als Transportmedium<br />
genutzt wird. Aktuelle Anwendungsbeispiele sind der<br />
Schüttguttransport, das Hin- und Herschießen von Schiffchen<br />
bei Webmaschinen oder Einsätze bei der Luftlagerung.<br />
Am Beispiel der Luftlagerung lassen sich einige Vorteile der<br />
Druckluft gut aufzeigen. Laser zum Anvisieren von Geosatelliten<br />
z. B. müssen exakt ausgerichtet und automatisch nachgeführt<br />
werden. Um die nötige Präzision von ±1/3600 Grad zu<br />
erreichen, ist das optische System luftgelagert. Die Luftlager<br />
lassen völlig ruckfreie und stufenlose Teleskopbewegungen<br />
zu, sorgen für hohe Messgenauigkeit und schützen vor Vibrationen.<br />
Ohne Druckluft wären solche modernen Verfahren<br />
zur Erdvermessung kaum realisierbar.<br />
Abb. 1: PET-Flaschen<br />
Prozessluft.<br />
Ist die Druckluft direkt als Prozessmedium in bestimmte Verfahren<br />
eingebunden, spricht man von Prozessluft. Gängige<br />
Anwendungsbereiche sind Trocknungsprozesse, die Belüftung<br />
von Klärbecken oder Gärluft für Fermentationsprozesse.<br />
Arbeits- bzw. Energieluft.<br />
Arbeitsluft ist, neben Strom, das wichtigste Energieübertragungsmedium<br />
der Industrie. Seit Jahren weist die Pneumatik<br />
als wichtiges Anwendungsfeld für Druckluft zweistellige<br />
Wachstumsraten auf. Ohne Pneumatik ist ein automatisierter<br />
industrieller Fertigungsprozess heute kaum noch vorstellbar.<br />
Schnelligkeit, Präzision, Flexibilität und Miniaturisierung dieser<br />
Komponenten spielen dabei eine wichtige Rolle.<br />
Ohne Druckluft wäre ein Automatisierungsgrad, wie er heute<br />
für die Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen essenziell<br />
ist, nicht möglich.<br />
Eine weitere ganz besondere Eigenschaft von Druckluftgeräten<br />
ist die Einsatzmöglichkeit in Explosionsschutz-Bereichen.<br />
So sorgen beispielsweise Druckluft-Hebezeuge in Lackieranlagen<br />
dafür, dass keine Funken entstehen können.<br />
Industrielles Vakuum.<br />
Eng verwandt mit der Druckluft ist die industrielle Vakuumtechnik.<br />
Verschiedene Anwendungsfälle können mit Druckluft<br />
oder Vakuum abgedeckt werden. Mit industriellem Vakuum<br />
kann man, wie mit Druckluft, verpacken, trocknen, spannen,<br />
saugen, anheben, positionieren u. v. m. Immer mehr<br />
Branchen erkennen die Vorzüge von Vakuumapplikationen.<br />
Beispielhaft sei die Elektronikindustrie genannt, wo es in der<br />
Produktion auf höchste Präzision bei größtem Output ankommt.<br />
Im Sinne einer „clean production“ sorgen äußerst<br />
präzise, sehr kleine Vakuumpumpen unter Reinstraumbedingungen<br />
für das exakte Handling von Platinen und ihre Bestückung<br />
mit Mikrochips. Die gleichmäßige, geregelte Saugluft<br />
„greift“ den Chip und platziert ihn genau an der richtigen<br />
Stelle auf der Leiterplatte.<br />
5 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Druckbereiche.<br />
Wie in der Praxis üblich, beziehen sich alle hier genannten<br />
Druckangaben auf den Überdruck über dem atmosphärischen<br />
Druck. Der atmosphärische Druck resultiert aus<br />
der Luftsäule und beträgt nach ISO-Norm 1.013,25 hPa, entsprechend<br />
1,01325 bar. Eine Druckangabe von 1 bar bedeutet<br />
demnach einen Absolutdruck von 1 bar + 1,01325 bar =<br />
2,01325 bar a<br />
.<br />
Unterschiedliche Anwendungen erfordern verschiedene<br />
Drücke. In den seltensten Fällen ist es wirtschaftlich vertretbar,<br />
die gesamte Bedarfsmenge auf den höchsten benötigten<br />
Druck zu verdichten und anschließend den Druck für Anwendungen<br />
mit geringem Druckbedarf wieder zu reduzieren.<br />
Deshalb ist es nötig, die Druckbereiche zu kategorisieren und<br />
geeignete Druckluftsysteme einzusetzen.<br />
Vakuum- und Gebläseanwendungen.<br />
Dieser Bereich reicht vom Grobvakuum bis in den Überdruckbereich<br />
von etwa 1 bar. Mit Drehschieber- und Vakuumpumpen,<br />
Wälzkolben- und Seitenkanalgebläsen können diese<br />
Druckniveaus sehr wirtschaftlich erzeugt werden.<br />
Im Bereich des industriellen Vakuums kann mittels Druckluft<br />
Vakuum erzeugt werden. Aufgrund des hohen Energieeinsatzes<br />
zur Drucklufterzeugung sollte dies aber nur genutzt<br />
werden, wenn keine speziellen Vakuumpumpen eingesetzt<br />
werden können. Diese arbeiten nämlich mit einem Bruchteil<br />
des Energieeinsatzes.<br />
Niederdruckanwendungen.<br />
In Bereichen von 2 bis 2,5 bar Überdruck spricht man von<br />
Niederdruckanwendungen. Meistens werden hier rotierende<br />
Verdrängerkompressoren zur Erzeugung eingesetzt, für<br />
große Mengen auch Turbokompressoren.<br />
Ist eine Vielzahl von Niederdruckverbrauchern vorhanden, so<br />
ist es energetisch und wirtschaftlich sinnvoll, eine eigene Niederdruckversorgung<br />
zu installieren. Der Einsatz von Druckminderern,<br />
die ihre Luft aus einem Arbeitsdrucknetz mit z. B.<br />
7 bar erhalten, wird so vermieden.<br />
Abb. 2: Druckluftbetriebener Roboter<br />
Standarddruckanwendungen.<br />
Der Standarddruck pneumatischer Komponenten beträgt in<br />
fast allen Fällen 6,3 bar. Das bedeutet, dass z. B. die Kraft eines<br />
Haltezylinders bei 6,3 bar angegeben ist. Die Kraft errechnet<br />
sich durch das Produkt aus Druck mal Kolbenfläche. Wird eine<br />
größere Kraft benötigt, sollte nicht der Druck im Druckluftsystem<br />
erhöht, sondern ein größerer Zylinder gewählt werden,<br />
da der Durchmesser der Kolbenfläche in dieser Formel quadratisch<br />
eingeht. So wird sichergestellt, dass der Druck im Gesamtsystem<br />
nur wenig oberhalb der benötigten 6 bar liegt.<br />
Da das 6-bar-Arbeitsluftsystem am weitesten verbreitet ist,<br />
gibt es für diese Leistungsstufe eine Vielzahl von Anwendungen<br />
sowie Aufbereitungs- und Erzeugungskomponenten.<br />
Hochdruckanwendungen.<br />
Für den zwei- und dreistelligen bar-Bereich kommen für die<br />
Drucklufterzeugung oszillierende Verdrängerkompressoren<br />
wie Kolben- oder Membrankompressoren zum Einsatz. Bei<br />
großen Luftmengen können sich auch Radial-Turbokompressoren<br />
rechnen. Nicht selten können wenige Hochdruckverbraucher<br />
sehr wirtschaftlich über das Standardnetz mit nachgeschalteten<br />
dezentralen Druckerhöhungskompressoren,<br />
sogenannten Boostern versorgt werden. Sowohl die Verbraucher<br />
als auch die Netze und Aufbereitungskomponenten<br />
weisen in Abhängigkeit des Betriebsdruckes deutlich höhere<br />
Wandstärken zur Verhinderung möglicher „Zerknalle“ auf.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
6
2. Optimierung von Druckluftsystemen.<br />
Bei der Optimierung bestehender Druckluftsysteme ist die<br />
Betrachtungsrichtung – vom Verbraucher zum Erzeuger<br />
hin – wichtig. Denn: Der Verbraucher bestimmt Druckniveau,<br />
Menge und Qualität der erforderlichen Druckluft.<br />
Alle davorliegenden Systemkomponenten (Erzeugung, Aufbereitung,<br />
Regelung, Speicher, Verteilung und ggf. Wärmerückgewinnung)<br />
sollen dabei ohne Beeinträchtigung dieser<br />
Parameter arbeiten.<br />
Erzeugung:<br />
Bei der Investition in Drucklufterzeuger empfiehlt es sich,<br />
den tatsächlichen Bedarf im Auge zu behalten. Vor der<br />
Auswahl gilt es daher alle Möglichkeiten zur Senkung des<br />
Druckluftbedarfs – Beispielsweise Anpassen des Systemdrucks<br />
an den Verbrauch, Minimierung von Druckverlusten<br />
im System – in der Planung zu berücksichtigen.<br />
Regeln und Speichern:<br />
Der Verbrauch an Druckluft ist in der Regel nicht konstant,<br />
sondern schwankt zyklisch mit dem Produktionsablauf.<br />
Mehrere kleine Kompressoren können mit Hilfe<br />
einer Druckbandregelung im Gegensatz zu wenigen<br />
großen Erzeugern flexibel kombiniert werden, um dem<br />
schwankenden Bedarf optimal zu folgen.<br />
Bei der Auswahl der Kompressoren sollte auf einen<br />
möglichst hohen Wirkungsgrad geachtet werden. Eine<br />
optimale Abdeckung des tatsächlichen Bedarfs lässt sich<br />
entweder durch einzelne Kompressoren mit drehzahlgeregeltem<br />
Antrieb oder durch mehrere, kleinere Kompressoren<br />
zur Abdeckung des Grund-, Mittel- und Spitzenlastverbrauchs<br />
erzielen.<br />
Um zu häufige Laständerungen an den Kompressoren<br />
zu vermeiden, bietet sich der Einsatz eines ausreichend<br />
großen Pufferspeichers an. Die Spitzenleistung<br />
der Druckluftanlage kann in diesem Fall geringer ausgelegt<br />
und die gesamte Anlage kleiner und kostengünstiger<br />
betrieben werden.<br />
Druckluftspeicher<br />
Ringleitung<br />
Anwendung<br />
Luftansaugung<br />
Aufbereitung<br />
Kompressor<br />
Verteilung:<br />
Bei der Verteilung der Druckluft von der Erzeugung zum<br />
Verbraucher entstehen oft erhebliche Verluste. Zu geringe<br />
Leitungsquerschnitte oder Rohrarmaturen wie<br />
90°-Krümmer verursachen hohe Druckverluste. Werden<br />
Druckverluste für das gesamte System dokumentiert,<br />
kann bei Abweichungen unmittelbar reagiert werden. In<br />
jedem Fall empfiehlt es sich, das System regelmäßig systematisch<br />
auf Leckagen hin zu untersuchen.<br />
Wärmerückgewinnung:<br />
Die bei der Erzeugung von Druckluft anfallende Wärme<br />
lässt sich zum Heizen und für weitere Prozesszwecke nutzen.<br />
Bis zu 90 Prozent der dem Kompressor zugeführten<br />
Energie kann als nutzbare Wärme zurückgewonnen werden.<br />
Maßnahmen zur Wärmerückgewinnung amortisieren<br />
sich in der Regel innerhalb von zwei Jahren. Danach<br />
steht die Wärme, von geringfügigen Wartungskosten abgesehen,<br />
kos tenlos zur Verfügung.<br />
7 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Planung und Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen.<br />
Stufenweises Vorgehen bei der Optimierung:<br />
Schritt 1: Ermitteln des Ist-Zustandes<br />
Schritt 2: Abschätzung von Verbesserungspotenzialen<br />
Schritt 3: Erarbeiten von Maßnahmenpaketen<br />
mit Bewertung.<br />
Schritt 4: Umsetzung ausgesuchter Maßnahmen<br />
Schritt 5: Sicherung des Erfolgs<br />
Neben der Minimierung von Kosten führt eine Optimierung<br />
der Drucklufterzeugung auch zu weiteren Verbesserungen,<br />
wie der Reduzierung oder Erweiterung von Produktionskapazitäten<br />
oder der Erhöhung der Verfügbarkeit von Anlagen.<br />
Verbesserungspotenziale erschließen sich<br />
durch einen Blick über den Tellerrand.<br />
Um herauszufinden, an welchen Stellen Optimierungspotenzial<br />
vorhanden ist, empfiehlt sich der Vergleich von Kennzahlen<br />
(„Benchmarking“). Unternehmen, die über mehrere Standorte<br />
mit ähnlicher Produktion verfügen, sollten die Chance zu<br />
einem internen Benchmarking nutzen. Entsprechende Vergleichsmöglichkeiten<br />
sind aber nicht immer vorhanden.<br />
In manchen Fällen werden die oben beschriebenen Untersuchungen<br />
bereits zu der Entscheidung führen, die Anlage<br />
durch einen Fachbetrieb oder einen Contractor optimieren zu<br />
lassen. In diesem Fall muss die Bestandsanlage nicht weiter in<br />
Eigenregie untersucht werden. Falls dies aber nicht der Fall ist,<br />
sollten die einzelnen Systemteile systematisch nach Verbesserungspotenzialen<br />
untersucht werden. Der Stand der Technik<br />
lässt sich durch das Einholen von Angeboten oder die Sichtung<br />
aktueller Kataloge mit aussagekräftigen und vergleichbaren<br />
technischen Daten ermitteln. Bei der Anfrage sollte betont<br />
werden, dass eine Minimierung der Energie- und Lebenszykluskosten<br />
im Vordergrund steht.<br />
Es sollten folgende Abschnitte getrennt untersucht werden:<br />
Arbeitsplätze und Verbraucher<br />
Druckluftverteilung<br />
Aufbereitung<br />
Erzeugung<br />
Systemabstimmung<br />
Dabei wird in umgekehrter Richtung des Druckluftstroms<br />
vorgegangen und bei den Druckluftverbrauchern begonnen.<br />
So wird eine Orientierung am tatsächlichen Bedarf möglich.<br />
Wenn z. B. bei den Verbrauchern festgestellt wird, dass diese<br />
auf dem falschen Druckniveau betrieben werden oder sich bei<br />
der Verteilung deutliche Einsparpotenziale ergeben, müssen<br />
bei der Untersuchung der Erzeugung und Aufbereitung andere<br />
Optionen und Leistungsparameter berücksichtigt werden.<br />
Hinweise zu üblichen Schwachstellen und möglichen<br />
Alternativen finden sich in den Abschnitten „Drucklufterzeugung“,<br />
„Wärmeanfall und Wärmerückgewinnung“, „Steuern<br />
und Regeln“, „Druckluftaufbereitung“ und „Rohrleitung“.<br />
Bei der Umsetzungsplanung bietet es sich an auch Gesamtkonzepte<br />
miteinander zu vergleichen. Auch wenn sich bereits<br />
durch viele Detailänderungen Einsparungen oder Verbesserungen<br />
erzielen lassen, ergeben sich die großen Energieeffizienzpotenziale<br />
meist erst dann, wenn man den Blick vom<br />
Detail löst und das System als Ganzes hinterfragt und mit Blick<br />
auf das Gesamtwirken der einzelnen Bestandteile optimiert.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
8
Wie lassen sich bestehende<br />
Druckluftsysteme optimieren?<br />
Die Optimierungspotenziale in bestehenden Druckluftsystemen<br />
sind erheblich. Dies hat viele Gründe. Zum einen hat sich<br />
der technische Standard der verfügbaren Ausrüstung in diesem<br />
Bereich über die Jahre verbessert, zum anderen haben sich<br />
die meisten Druckluftsysteme durch jahrelanges „ungeordnetes<br />
Wachstum“ der einzelnen Bestandteile vom Auslegungsoptimum<br />
entfernt.<br />
Ein Kernproblem ist die oftmals fehlende Kostentransparenz.<br />
Wenn die tatsächlichen Gesamtkosten der Druckluftnutzung<br />
weder den Endanwendern an den Arbeitsplätzen bekannt sind<br />
noch im betrieblichen Controlling richtig abgebildet werden,<br />
ist der finanzielle Anreiz für Optimierungsmaßnahmen gering.<br />
Daher sind organisatorische Maßnahmen mit der Zielsetzung,<br />
ein Kostenbewusstsein zu schaffen sowie ein kontinuierliches<br />
Druckluft-Management mindestens ebenso wichtig wie Optimierungsmaßnahmen<br />
an den Anlagen selbst. Eine ausschließlich<br />
technische Optimierung hat einen geringeren und möglicherweise<br />
nur kurzzeitigen Effekt.<br />
2.1 Erfassung des Ist-Zustands.<br />
Der erste Schritt zur Systemanalyse ist die Aufnahme von Anlagen-,<br />
Raum- und Rohrschemata. Mit Hilfe von Messtechnik<br />
werden die relevanten Parameter Druckniveau, Menge und<br />
Qualität ermittelt. Durch Aufzeichnung der Leistungsaufnahme<br />
der Verdichter (Last-/Leerlaufmessungen) können Lastprofile<br />
dargestellt werden, die in Abhängigkeit der Produktionsintensität<br />
Effizienzsteigerungen sichtbar werden lassen.<br />
Leckage-Raten lassen sich durch Messungen bei Betriebsruhe<br />
näherungsweise erfassen oder produktionsunabhängig durch<br />
eine Auswertung der Druckverläufe ermitteln. Druckmessungen<br />
können an verschiedenen Stellen des Netzes mittels<br />
synchronisierter Druckaufnehmer durchgeführt werden.<br />
Durch Eintragen der Druckwerte auf einer Zeitachse werden<br />
so die Druckabfälle sichtbar. Die Luftqualität ist schwieriger<br />
zu ermitteln. Während der Feuchtegehalt der Druckluft einfach<br />
an verschiedenen Abnahmestellen, z. B. an Kupplungen<br />
ermittelt werden kann, sind Staub und Ölmessungen komplexer<br />
und meist nicht einfach durchführbar. Ausgenommen<br />
davon ist sichtbarer Anfall von Korrosionsrückständen, z. B. in<br />
Schaugläsern der Wartungseinheiten.<br />
Drucklufteffizienz braucht<br />
Verantwortung und Transparenz.<br />
Um den Energieträger Druckluft dauerhaft effizient zu nutzen<br />
muss die Verantwortung dafür zentral gebündelt werden, etwa<br />
in der Person eines Druckluftbeauftragten der in einer techniknahen<br />
Abteilung angesiedelt ist und dem Unternehmens-<br />
Controlling berichtet. Technische Änderungen an den Verteilernetzen<br />
und Abnahmestellen müssen immer in Abstimmung<br />
mit dem Druckluftbeauftragten erfolgen. Gerade auch bei Unternehmen<br />
mit verschiedenen Standorten ist es sinnvoll, eine<br />
übergeordnete Instanz zu schaffen, die Wissen ansammeln<br />
und Vergleiche („Benchmarking“) durchführen kann.<br />
Die Systemkosten sollten möglichst<br />
vollständig erfasst werden.<br />
Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Energieeffizienzmaßnahmen<br />
ist die Kenntnis der aktuellen Kostensituation<br />
unumgänglich. Die Ermittlung sollte auf Basis einer<br />
Lebenszykluskosten-Analyse erfolgen. Nach Ermittlung der<br />
gelieferten Druckluftmenge entsprechenden Drucks und<br />
definierter Qualität können spezifische Kosten – z. B. in Eurocent<br />
pro Normkubikmeter Druckluft – und entsprechend<br />
auch der spezifische Energieeinsatz errechnet werden.<br />
Um die Druckluftverbräuche und -kosten verursachergerecht<br />
zurechnen zu können, müssen sie getrennt nach Abteilungen<br />
bzw. Kostenträgern erfasst werden.<br />
Abb. 3: Messtechnik<br />
9 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Die Energiekosten werden anhand des Strombedarfs für<br />
Erzeugung und Aufbereitung ermittelt. Wird ein System<br />
zur Wärmerückgewinnung genutzt, so ist der Wert der genutzten<br />
Abwärme von den Energiekosten abzuziehen.<br />
Instandhaltungskosten lassen sich aus Werkstattberichten<br />
und Daten des Einkaufs ermitteln. Hierbei gilt es realistisch<br />
abzuschätzen, wie hoch der nicht dokumentierte Anteil ist.<br />
Falls keine internen Verrechnungssätze existieren, werden<br />
die Arbeitszeiten mit einem realistischen Stundensatz verrechnet,<br />
der sich an marktüblichen Stundensätzen orientiert.<br />
Produktionsausfallkosten sind ein weiterer wichtiger Faktor.<br />
Anhand der Produktionsausfallzeiten und der Störungsdokumentation,<br />
so vorhanden, ist der Einfluss zu niedrigen Druckes<br />
oder schlechter Druckluftqualität ermittelbar und über den<br />
resultierenden Produktionsausfall monetär bezifferbar.<br />
Die Installations- und Anschaffungskosten bestehender<br />
Anlagen sind für den Status quo relevant, weil die Kapitalkosten,<br />
die Kosten der Ersatzteilbevorratung oder mögliche<br />
Leasingkosten zur Ermittlung von Restlebensdauer oder<br />
Restwert für Vergleichsszenarien benötigt werden.<br />
Die Bedienungskosten müssen meist abgeschätzt werden,<br />
da in der Regel kein Personal ausschließlich für die Druckluftversorgung<br />
zuständig ist. Ist eine Abgrenzung zu den<br />
Instandhaltungskosten schwierig, so können diese Kostengruppen<br />
auch zusammengefasst werden.<br />
Für die Umweltkosten müssen ggf. die Entsorgungskosten<br />
des Kondensats oder ölverschmutzter Betriebsmittel angerechnet<br />
werden.<br />
Stilllegungskosten müssen erst ermittelt werden, wenn konkrete<br />
Szenarien untersucht werden.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
10
2.2 Der Druck ist entscheidend.<br />
Druckluftwerkzeuge sind für einen bestimmten Arbeitsdruck<br />
ausgelegt, üblicherweise 6,3 bar. Zu beachten ist, dass<br />
es sich dabei um Fließdruck handelt. Als Fließdruck wird der<br />
Betriebsdruck bezeichnet, der sich einstellt, wenn die Ventile<br />
geöffnet sind, d. h. das Medium fließt. Hiervon zu unterscheiden<br />
ist der statische Betriebsdruck, der sich am Manometer<br />
vor einem geschlossenen Ventil ablesen lässt. Der Fließdruck<br />
ist immer niedriger als der statische Betriebsdruck. Der Fließdruck<br />
kann z. B. durch ein beim Arbeiten vor das Werkzeug<br />
geschaltetes Manometer oder durch einen Werkzeugsimulator<br />
gemessen werden.<br />
Das Unterschreiten des optimalen Arbeitsdruckes führt zu einer<br />
verminderten Leistung des Werkzeugs. Die folgende Tabelle<br />
zeigt den Materialabtrag einer Winkelschleifmaschine<br />
in Abhängigkeit vom Arbeitsdruck:<br />
Arbeitsdruck<br />
Materialabtrag<br />
in % in bar in % in kg/h<br />
100 6,3 100 5,5<br />
92 5,8 82 4,5<br />
84 5,3 72 4<br />
Arbeitsdruck in bar Bohrzeit (Bsp.) in s<br />
6,3 2,0<br />
5,8 3,2<br />
Abb. 5: Arbeitsdruck im Verhältnis zur Bohrzeit<br />
Aus Abb. 5 kann entnommen werden, dass sich die reine Bohrzeit<br />
durch den geringeren Druck um 60 Prozent (!) erhöht. Dabei<br />
ist ein um 0,5 bar zu geringer Arbeitsdruck keineswegs die<br />
Ausnahme, sondern oft Realität. Im Fall des Bohrers würden<br />
sich die Kosten wie folgt erhöhen:<br />
bei<br />
verlängerte Bohrzeit 36 Minuten/Tag<br />
Arbeitskosten<br />
30€/h<br />
folgen pro Monat Mehrkosten für<br />
Arbeit 3.600,00€<br />
Abb. 6: Rechenbeispiel: Mehrkosten durch verlängerte Bohrzeit<br />
Abb. 4: Reduzierung der Produktivität mit<br />
abnehmendem Druck<br />
Das Beispiel zeigt, dass bereits ein um 0,5 bar zu niedriger Arbeitsdruck<br />
zu einer deutlichen, überproportionalen Senkung<br />
der Produktivität führt. Damit steigen nicht nur die Produktionskosten,<br />
sondern auch die Energiekosten. Zwar sinkt der<br />
Luftverbrauch pro Zeiteinheit, aber durch die längere Arbeitszeit<br />
erhöht sich der absolute Luftverbrauch pro Werkstück.<br />
Im Beispiel gehen wir davon aus, dass der reduzierte Fließdruck<br />
aus einer Einengung im Rohrnetz und/oder der Zuleitung<br />
zum Werkzeug resultiert. Die Ursachen dieser „fest eingebauten<br />
Drosseln“ werden im Folgenden beschrieben.<br />
Eine Verlängerung der Stückarbeitszeit<br />
erhöht die Gesamtkosten.<br />
Am Beispiel einer Bohrmaschine – wie in Abb. 7 dargestellt –<br />
soll der Einfluss eines zu geringen Fließdrucks an der Abnahmestelle<br />
auf die Gesamtkosten demonstriert werden.<br />
Abb. 7: Bohrmaschine mit Wartungseinheit und Zuleitung<br />
11 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
2.3 Anschlussstellen.<br />
Auf den letzten Metern zum Verbraucher, unabhängig ob<br />
Druckluftwerkzeug oder pneumatischer Aktor, entstehen oft<br />
die größten Verluste. Eine Ursache für die häufig ineffiziente Gestaltung<br />
der Anschlussstellen ist, dass diese nicht als Teil der Gesamtanlage<br />
konzipiert und optimiert wurden, sondern bei der<br />
Inbetriebnahme neuer Werkzeuge in kurzfristigen Aktionen<br />
dem Bedarf angepasst wurden. Eine Vielzahl unnötiger Kupplungen<br />
sowie ggf. auch falsche Schlauchdurchmesser können<br />
den Energieverbrauch in der Summe deutlich ansteigen lassen.<br />
Langer Schlauch – hohe Verluste.<br />
Die Druckverluste im Anschlussschlauch sind aufgrund von<br />
Strömungsumlenkungen und geringeren Durchmessern höher<br />
als in einer Rohrleitung der gleichen Länge. Daraus folgt,<br />
dass Schläuche möglichst kurz gehalten und auf die Verwendung<br />
von Spiralschläuchen, aufgrund ihrer großen Länge,<br />
verzichtet werden sollte; Spiralschläuche sind zu vermeiden.<br />
Auf passende Schlauchdurchmesser muss geachtet werden,<br />
da Übergänge von einem Durchmesser zum anderen besonders<br />
hohe Druckverluste erzeugen.<br />
Druckverlust erhöht die Anlagenkosten.<br />
Druckverluste an den Anschlussstellen bedeuten nicht nur<br />
zusätzliche Energiekosten. Wird der Druckverlust durch eine<br />
höhere Druckeinstellung am Kompressor ausgeglichen, steigen<br />
automatisch alle anderen Kostenarten, insbesondere<br />
auch die Instandhaltungskosten. Durch die höhere Belastung<br />
der Druckerzeugung und aller nachgeschalteten Stufen verringert<br />
sich die Lebensdauer, was langfristig zusätzliche Anschaffungs-<br />
und Installationskosten nach sich zieht. Werden<br />
vor einer Erneuerung der Drucklufterzeugung die Schwachstellen<br />
an den Arbeitsplätzen nicht behoben, muss der Kompressor<br />
größer als nötig dimensioniert werden.<br />
Alte Kupplungen schlucken Druck und Energie.<br />
Vor allem selbstentlüftende Schnellkupplungen – insbesondere<br />
jene aus Messing – verursachen Druckverluste (0,6–1,3 bar Fließdruck).<br />
Grund ist eine im Luftstrom liegende Absperrung. Moderne<br />
Schnellkupplungen reduzieren die Verluste (auf ca. 0,2<br />
bar) und machen sich innerhalb kürzester Zeit bezahlt. Sie sind<br />
häufig nach dem Prinzip eines Kugelhahns gebaut (s. Abb. 8)<br />
oder besitzen, bei Standardkupplungen mit Verschlusskörper,<br />
eine strömungsoptimierte Form. Bei der Auswahl von Kupplungen<br />
kann der Anbieter Informationen über den Druckverlust<br />
bei unterschiedlichen Durchströmungen liefern.<br />
Abb. 8: Moderne Schnellkupplung, Kugelhahnprinzip<br />
Nach der Optimierung ist vor der Optimierung.<br />
Selbst ein perfekt optimiertes System wird ineffizient, wenn es<br />
nicht den sich ändernden Anforderungen nachgeführt wird.<br />
Umbaumaßnahmen müssen koordiniert und die Effizienz<br />
überwacht werden. Dafür sind Kontrollmechanismen nötig.<br />
Das effiziente Nutzerverhalten kann durch entsprechende<br />
Aufklärung und eine verbrauchsnahe Volumenstromerfassung<br />
gefördert werden.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
12
3. Effiziente Druckluftnutzung:<br />
Verteilung, Aufbereitung, Erzeugung.<br />
Wie wird die Umgebungsluft zum<br />
hochwertigen Energieträger?<br />
Obwohl der Rohstoff Luft den Unternehmen unbegrenzt und<br />
kostenlos zur Verfügung steht, kostet Druckluft im Standarddruckbereich<br />
etwa 1,75 Cent pro Kubikmeter (keine hohen<br />
Qualitätsanforderungen) oder mehr als 3 Cent pro Kubikmeter<br />
bei hohen Qualitätsanforderungen. Die vielfältigen Vorteile,<br />
die pneumatische Aktoren und Druckluftwerkzeuge<br />
bieten, wiegen die relativ hohen Kosten auf, die in Summe<br />
durch Druckluftnutzung entstehen.<br />
Der Weg der Druckluft lässt sich in der traditionellen Betrachtungsweise<br />
in vier Schritte unterteilen: Erzeugung, Aufbereitung,<br />
Verteilung und Nutzung, wobei sich die ersten beiden<br />
teilweise überschneiden. Die wesentlichen Komponenten<br />
einer Drucklufterzeugungsanlage sind der Verdichter (Kompressor)<br />
und sein Antrieb. Hinzu kommen Kühl- und Schmiervorrichtungen,<br />
Öl- und Wasserabscheider, Ansaugluftfilter sowie<br />
Mess- und Regelvorrichtungen. Kompressoren werden oft<br />
als Gesamtsystem auf einem Rahmen vormontiert und sind<br />
lärm- und schwingungsgedämpft.<br />
An die Erzeugung schließen sich die Anlagen an, die die<br />
Druck luft auf die definierte Qualität hinsichtlich der Kriterien<br />
Feuchte-, Staub- und Ölgehalt behandeln. Drucklufterzeugung<br />
und Aufbereitung sind oft in einem speziellen Kompressorraum<br />
untergebracht, der auch Vorkehrungen zur Luftzufuhr<br />
und zum Wärmeabtransport enthält. Druckluftspeicher<br />
finden sich häufig in räumlicher Nähe des Kompressorenraums.<br />
Hinweise zur Dimensionierung der Druckluftspeicher<br />
finden sich im Abschnitt „Druckluftverteilung“.<br />
3.1 Auslegung von<br />
Drucklufterzeu gungsanlagen.<br />
Eine sorgfältige Planung minimiert die Systemkosten.<br />
Für den wirtschaftlichen Einsatz von Druckluft sind die folgenden<br />
Punkte besonders wichtig:<br />
Optimale Anpassung an den tatsächlichen Verbrauch<br />
Aufeinander abgestimmte Systemkomponenten und<br />
Gesamtsystembetrachtung<br />
Sorgfältige Wartung<br />
Der tatsächliche Verbrauch umfasst sowohl die benötigte<br />
Druckluftmenge inklusive aller nicht vermeidbaren Verluste<br />
als auch das richtige Druckniveau. Der kurz- und mittelfristige<br />
Verbrauch ist dabei die Basis, nicht langfristige Ausbauplanungen.<br />
Da die laufenden Kosten bis zu 80 Prozent der<br />
Lebenszykluskosten einer Druckluftanlage ausmachen, fallen<br />
spätere Erweiterungsmaßnahmen finanziell weniger ins Gewicht<br />
als die Kosten, die durch den Betrieb einer überdimensionierten<br />
Anlage verursacht werden.<br />
Bei der Auslegung des Druckluftsystems sind die Abhängigkeiten<br />
der Komponenten zu betrachten. Als Beispiel sei genannt,<br />
dass an einzelnen Verbrauchern ölfreie Druckluft benötigt<br />
wird. Werden beispielsweise ölgekühlte Kompressoren<br />
eingesetzt, so folgt zwangsläufig der Einsatz zusätzlicher Ölfilter<br />
oder -adsorber, die Druckverluste und Wartungskosten<br />
verursachen.<br />
Der Verbrauch ist keine fixe Größe.<br />
Die Ermittlung des Luftbedarfs kann mitunter eine schwierige<br />
Aufgabe sein. Er hängt vom Luftverbrauch der einzelnen<br />
Pneumatikaktoren, der Werkzeuge und ihren Einschaltzeiten<br />
ab. Hinzu kommen Leckagen, die zwischen 5, in Ausnahmefällen<br />
bis zu 50 Prozent des Gesamtluftverbrauchs ausmachen<br />
können. Sowohl die Leckraten als auch der Verbrauch<br />
an den Abnahmestellen hängen stark vom Druckniveau ab.<br />
Durch eine Leckage fließen bei einem bar höherem Druck<br />
ca. 12 Prozent mehr Luft. Neben dem durchschnittlichen Verbrauch<br />
ist für die Auslegung der Drucklufterzeugung auch<br />
die Spitzenlast relevant. Diese ergibt sich aus der Anlagendynamik<br />
und hängt von den Gleichzeitigkeitsfaktoren der Abnahmestellen<br />
und der Speicherkapazität ab.<br />
Abb. 9: Druckerzeugungseinheit<br />
Aufgrund der vielen Einflussgrößen kann der tatsächliche Bedarf<br />
nur durch Gesamtsystembetrachtungen für die verschiedenen<br />
Auslegungsalternativen ermittelt werden. Hierfür ist<br />
Fachwissen nötig. Etwas leichter ist es, wenn eine bestehende<br />
Anlage umgebaut wird, da man in diesem Fall Messungen<br />
vornehmen und auf Erfahrungswerte zurückgreifen kann.<br />
Vor der Umsetzung von Erweiterungsmaßnahmen muss geprüft<br />
werden, ob Verluste reduziert oder Druckluftverbraucher<br />
substituiert werden können.<br />
13 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Der Druck ist entscheidend.<br />
Der Betriebsdruck ist der entscheidende Auslegungsfaktor.<br />
Er beeinflusst die<br />
Produktivitätskosten<br />
Energiekosten<br />
Anschaffungskosten<br />
und aufgrund des vom Druck abhängigen Verschleißes auch die<br />
Instandhaltungskosten<br />
Produktionsausfallkosten<br />
Wie oben am Beispiel der Bohrmaschine dargestellt, sinkt die<br />
Produktivität bei zu niedrigerem Druck. Bei zu hohem Druck<br />
kommt es neben der gewünschten möglichen Produktivitätssteigerung<br />
aber auch zu ungewollten negativen Effekten, wie<br />
Verschleißsteigerung und erhöhtem Druckluftverbrauch. Maschinen<br />
und Anlagen sollten daher möglichst im Auslegungspunkt<br />
betrieben werden.<br />
Das Gesamtsystem birgt den Weg zum Optimum.<br />
Ähnlich wie für das einzelne Werkzeug betrachtet, stellen<br />
sich auch die Auswirkungen von Drucksteigerungen bzw.<br />
-absenkungen in Bezug auf die Gesamtanlage dar. Eine Reduzierung<br />
des Erzeugungsdruckes um 1 bar senkt die Energiekosten<br />
um ca. 9 Prozent. Die Leckagemenge sinkt bereits bei<br />
einem halben bar Druckabsenkung um ca. 6 Prozent. Auch<br />
die Wartungskos ten lassen sich durch eine Druckabsenkung<br />
ggf. reduzieren, wenn Sie nicht ausschließlich laufzeitabhängig<br />
sind.<br />
Während es aufgrund steigender Produktivitätskosten nicht<br />
sinnvoll ist, häufig benutzte Werkzeuge unterhalb ihres Auslegungsdruckes<br />
zu betreiben, kann dies für nur sporadisch<br />
oder kurzzeitig genutzte Werkzeuge durchaus akzeptabel<br />
sein, wenn sich dadurch der Druck des Systems insgesamt<br />
absenken lässt. Es ist mit Sicherheit unwirtschaftlich, den<br />
Gesamtanlagendruck durch einige wenige Werkzeuge mit<br />
erhöhtem Druckbedarf bestimmen zu lassen.<br />
Unterschiedliche Druckanforderungen können durch bestimmte<br />
Maßnahmen bei der Planung des Verteilungsnetzes<br />
kompensiert werden, wie dezentrale Druckerhöhungsanlagen<br />
für Arbeitsplätze, an denen kurzzeitig ein höherer Druck<br />
benötigt wird. Hier zeigt sich einmal mehr, dass eine systematische<br />
Vorgehensweise und eine Gesamtsystembetrachtung<br />
bei der Planung eines so wichtigen Betriebsmittels wie einer<br />
Druckluftanlage unumgänglich sind.<br />
Auch wenn der Bedarf in Form von Druck, Menge und Qualität<br />
der Ausgangspunkt für die Systemplanung ist, so ist er<br />
doch nicht der einzige Einflussfaktor auf die Lebenszykluskos<br />
ten. Ebenfalls entscheidend ist die Planung von<br />
Speicherkapazitäten<br />
Redundanzen<br />
Aufstellung und Verteilung<br />
3.2 Verteilung.<br />
Die Aufgabe der Druckluftverteilung, also des Abschnitts<br />
zwischen Aufbereitung und Druckluftanwendung, ist es, die<br />
Druckluft ohne Beeinträchtigung von Druckniveau, Menge<br />
und Qualität zu leiten. Druckluftleitungen müssen demnach<br />
ausreichend dimensioniert sowie weitestgehend leckagefrei<br />
sein und dürfen die Qualität der Druckluft nicht verschlechtern.<br />
Da Druckluftleitungen sehr langlebig sind, lohnt sich<br />
die Investition in qualitativ hochwertige Leitungen, z. B. indem<br />
rostfreie Werkstoffe eingesetzt werden.<br />
Kostenoptimierung.<br />
Druckluftnetze können, gerade weil sie oft lange Zeit nicht<br />
angepasst wurden, beachtliche Einsparpotenziale in sich<br />
bergen. Investitionen rentieren sich hier sehr schnell.<br />
Einsparpotenziale in der Druckluftverteilung werden wie<br />
folgt ermittelt:<br />
1. Messung der Luftqualität<br />
2. Messung von Leckage-Raten im Netz<br />
3. Messung von Druckabfällen<br />
Bei Vergleichen der Investitionskosten sind die Materialund<br />
Montagekosten der verschiedenen Rohrsysteme zu vergleichen.<br />
Bei der Wahl des Rohrmaterials und Leitungsquerschnitts<br />
sollte der individuelle Bedarfsfall mit seiner jeweiligen<br />
technischen Anforderung im Vordergrund stehen. Zu beach-<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
14
ten ist dabei, dass die Summe aus Material- und Montagekosten<br />
nicht allzuweit auseinander liegt, während die Folgekosten<br />
durch zu geringe Dimensionierung oder Korrosionsrückstände<br />
hoch sind.<br />
Entspricht die Luftqualität den Anforderungen?<br />
Für die Qualität der Druckluft ist neben der Art der Druckluftaufbereitung<br />
auch die Korrosionsfestigkeit des Leitungssystems<br />
entscheidend. Ölkohleablagerungen, Wasseranfall,<br />
Rost oder Zinkgeriesel mindern die Luftqualität gravierend.<br />
3.2.1 Die Rohrleitung.<br />
Durchmesser und Durchfluss bestimmen<br />
die Druckverluste.<br />
Gelegentlich werden auch heute noch bei der Planung von<br />
Druckluftnetzen energetische Gesichtspunkte außer Acht<br />
gelassen, oder die Netze stammen noch aus einer Zeit, in der<br />
die Energie preiswert und möglicherweise auch die Leistung<br />
der Druckluftanlage geringer war. Das Resultat sind in beiden<br />
Fällen zu enge Leitungsquerschnitte und dadurch zu hohe<br />
Druckverluste.<br />
Weist das System Leckagen auf?<br />
Durch Kurzzeitmessungen bei Betriebsruhe, z. B. durch Lastmessungen<br />
an den Kompressoren oder Langzeitmessungen<br />
bei der Produktion kann die Leckagemenge ermittelt werden.<br />
Sollen nur die meist geringen Leckagen im Rohrnetz ermittelt<br />
werden, so werden hierfür die Zugänge zu den Verbrauchern,<br />
Maschinen und Anlagen und Druckluftwerkzeugen<br />
abgesperrt. Durch die Vielzahl der kleinen und großen Leckagen<br />
in den Druckluftverbrauchern, ist die Leckagemenge im<br />
Gesamtsystem deutlich größer.<br />
Das Leitungsnetz gut dokumentieren.<br />
Damit der Druckluftverteilung die nötige Aufmerksamkeit<br />
zukommt, sollte das Leitungsnetz in ausreichender Form<br />
dokumentiert sein. Eine vollständige Dokumentation beinhaltet<br />
eine Beschreibung der Streckenabschnitte mit Durchmesser<br />
und Längen, eine Inventarisierung der wesentlichen<br />
Armaturen, Einbauten und Luftverbraucher, Messwerte für<br />
Druckverluste, Leckagemengen und Luftqualitäten sowie die<br />
Druckwerte an den Arbeitsplatzanschlüssen.<br />
Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Leckageursachen<br />
müssen auch die Anschlussdrücke an den Arbeitsplätzen überprüft<br />
werden. Ein Werkzeug, das 6,3 bar benötigt, aber mit 7<br />
oder 8 bar beaufschlagt wird, vergeudet Luft und damit Energie.<br />
Wie hoch ist der Druckabfall?<br />
Ein hoher Druckabfall kann durch zu enge Querschnitte entstehen.<br />
Bei „gewachsenen“ Netzen wurden im Laufe der Zeit<br />
immer mehr Verbraucher an immer längere Hauptleitungen<br />
angeschlossen, ohne dass diese den Anforderungen entsprechend<br />
neu dimensioniert wurden. Eventuell wurde sogar nur<br />
die Kompressorenleistung erhöht. Nach Vorlage der Diagnose<br />
sollte eine wirtschaftlich sinnvolle Sanierung geplant werden.<br />
Rohrinnendurchmesser<br />
Druckabfall Inves ti tions -<br />
kosten<br />
Energiekosten<br />
zur<br />
Kompensation<br />
des<br />
Druck ab falls<br />
90 mm 0,04 bar 10.000 € 175 € p.a.<br />
70 mm 0,2 bar 7.500 € 700 € p.a.<br />
50 mm 0,86 bar 3.000 € 3.815 € p.a.<br />
Abb. 10: Folgekosten durch zu geringe Durchmesserwahl 1<br />
Ein Druckluftnetz besteht aus folgenden Komponenten:<br />
Die Hauptleitung(en)<br />
Die Verteilerleitungen<br />
Die Anschlussleitungen<br />
Die Anschlüsse<br />
1<br />
Annahme: 4.000 Betriebsstunden pro Jahr, Strompreis 14 Cent/kWh<br />
Hinzu kommen zentrale und dezentrale Speicher, die in der<br />
Regel der Verteilung zugerechnet werden.<br />
15 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Die zuvor benannten Abhängigkeiten zwischen Druck und<br />
Produktivität an der Anlage oder am Werkzeug zeigt die<br />
folgende Abbildung.<br />
Fließdruck<br />
am Werkzeug<br />
(p e<br />
bar)<br />
Luft verbrauch<br />
%<br />
Maßnahme<br />
Abb. 11: Benennung der Rohrstücke<br />
Die Hauptleitung verbindet den Kompressor mit dem Verteilernetz.<br />
Sie sollte so dimensioniert werden, dass für zukünftige<br />
Erweiterungen Reserven vorhanden sind. Durch<br />
die Verteilerleitung(en) wird die Luft innerhalb eines Verbrauchsabschnitts<br />
verteilt. Sie können als Stich- oder Ringleitung<br />
oder auch als Ringleitung mit integrierten Stichleitungen<br />
ausgelegt werden. Es müssen genügend Kondensatableiter<br />
vorgesehen und auf ein Gefälle zu den Ableitern hin<br />
geachtet werden.<br />
Die Anschlussleitungen sind die Verbindungen zwischen Verteilung<br />
und Anlagenzapfstelle bzw. Maschinenarbeitsplatz.<br />
Die Anbindung der Anschlussleitung an die Verteilung sollte<br />
nach oben aus der Verteilung weggeführt werden, um zu vermeiden,<br />
dass Kondensat mit der Luft austritt. Das Anschlusszubehör<br />
gehört oft zu den kritischen Punkten eines Druckluftsystems<br />
und bedarf ebenfalls großer Aufmerksamkeit.<br />
Kupplungen, Schläuche, Spiralen und Wartungseinheiten<br />
führen häufig wegen falscher Auslegung zu großen Energieverlusten.<br />
Darüber hinaus finden sich hier auf engem Raum<br />
viele Verbindungen, die Leckagen aufweisen können.<br />
Für alle Abschnitte sind die Druckverluste getrennt zu erfassen.<br />
Bei gut ausgelegten Druckluftnetzen betragen die Verluste<br />
für jeden Leitungsabschnitt beispielsweise<br />
≤ 0,03 bar in der Hauptleitung<br />
≤ 0,03 bar in den Verteilerleitungen<br />
≤ 0,04 bar in den Anschlussleitungen<br />
≤ 0,3 bar beim Anschlusszubehör<br />
8,0 125 Regler Energievergeudung<br />
7,0 111<br />
drosseln<br />
6,3 100 optimale Leistung<br />
6,0 96<br />
überproportionaler<br />
5,0 77<br />
Druck<br />
Pro-<br />
4,0 61<br />
erhöhen duktivitäts-<br />
3,0 44<br />
rückgang<br />
Abb. 12: Beziehung zwischen Fließdruck und Luftverbrauch<br />
Leckagen verschwenden kontinuierlich Luft.<br />
Bei über Jahre gewachsenen Druckluftnetzen aus unterschiedlichen<br />
Werkstoffen, verschiedenen nicht optimalen Durchmessern,<br />
mehr oder weniger korrosionsbeständigen Materialien<br />
und unterschiedlichen Verbindungsarten kann es auch<br />
im Rohrleitungsnetz hohe Leckageraten geben, meist sind die<br />
undichten Stellen aber an den Maschinen und Anlagen zu finden.<br />
Abbildung 13 zeigt beispielhaft die anfallenden Energiekosten<br />
durch Leckagen.<br />
Lochdurchmesser<br />
in mm<br />
Luftverlust Energieverlust<br />
bei<br />
bei<br />
6 bar 12 bar<br />
(l/s) (l/s)<br />
6 bar 12 bar<br />
(kWh) (kWh)<br />
Kosten<br />
bei<br />
6 bar 12 bar<br />
(€/a) (€/a)<br />
1 1,2 1,8 0,3 1,0 168 560<br />
3 11,1 20,8 3,1 12,7 1.763 7.112<br />
5 30,9 58,5 8,3 33,7 4.648 18.872<br />
10 123,8 235,5 33,0 132,0 18.480 73.920<br />
Abb. 13: Jährliche Energiekosten durch Leckage 1 16<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.
Qualitätssicherung zahlt sich aus.<br />
Schmutz, Rost und Wasser können zu Produktionsausfällen,<br />
sowie steigenden Produktivitäts- und Wartungskosten führen.<br />
Speziell für Druckluftanwendungen entwickelte korrosions-<br />
und oxydationsfeste Rohrsysteme sorgen für eine hohe<br />
Druckluftqualität.<br />
3.2.2 Speicherung.<br />
Die Hauptaufgabe von Druckluftspeichern ist die Speicherung<br />
und kurzfristige Bereitstellung von Luftmengen. Durch Druckluftspeicher<br />
lässt sich die erforderliche Kompressorspitzenleistung<br />
reduzieren und dadurch die Drucklufterzeugung<br />
kleiner und kostengünstiger gestalten.<br />
Neben den zentralen Speichern können bei kurzzeitigen Spitzenlasten<br />
auch dezentrale Speicher direkt am Verbraucher<br />
eingesetzt werden.<br />
Speicherbehälter steigern die Wirtschaftlichkeit<br />
einer Druckluftstation.<br />
Druckluftspeicher sollten im Zweifel eher größer als kleiner<br />
ausgewählt werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass<br />
in Abhängigkeit des Druckinhaltsproduktes unterschiedliche<br />
Prüfintervalle gemäß EU-Druckbehälterverordnung zusätzliche<br />
Kosten verursachen. Der Einfluss der Speicherbehälter<br />
auf die Wirtschaftlichkeit einer Druckluftstation ist davon ab-<br />
hängig, wie groß der Druckverlust zwischen dem Druck messpunkt<br />
(Sollwert) der Steuerung und dem Ort der Druckluftspeicherung<br />
ist. Im Normalfall sollte er nicht größer als 0,1 bar sein.<br />
Kompressorleistung<br />
in kW<br />
7,5 30<br />
30 15<br />
111 8<br />
250 4<br />
V B<br />
= ˙V _______<br />
1· (x · x2 )<br />
z · ∆ p<br />
Gängiges Schaltspiel<br />
pro Stunde<br />
V B<br />
= Volumen des Druckluftbehälters (m 3 )<br />
˙V 1<br />
= Liefermenge des schaltenden Kompressors (m 3 /h)<br />
˙V 2<br />
= Spitzenverbrauch minus Durchschnittsverbrauch (m 3 /h)<br />
x = ˙V 2<br />
: ˙V 1<br />
= Auslastungsfaktor (m 3 /h)<br />
z = zulässiges Schaltspiel (1/h)<br />
∆ p = Druckdifferenz EIN/AUS (bar)<br />
z ≈ 45 für Schraubenkompressoren (Volllast, Leerlauf)<br />
ein „Daumenwert“ : (x · x 2 ) ≈ 0,25<br />
Abb. 14: Dimensionierung zentraler Druckluftspeicher<br />
Dezentraler Speicher.<br />
Der dezentrale Speicher dient häufig dazu, Druckluftverbraucher,<br />
die schlagartig große und kurzzeitige Verbräuche haben,<br />
mit Druckluft zu versorgen und dabei einen Druckeinbruch<br />
im restlichen Druckluftnetz zu verhindern. Er muss entsprechend<br />
der Laufzeit, dem Luftverbrauch und den erlaubten<br />
Druckschwankungen des dezentralen Verbrauchers ausgewählt<br />
werden.<br />
Zentrale Puffer verringern die Schalthäufigkeit<br />
von Kompressoren.<br />
Der zentrale Druckluftbehälter in einer Druckluftstation dient<br />
in erster Linie dazu, die Schalthäufigkeit von Kompressoren<br />
zu minimieren. Dies gilt allerdings heutzutage hauptsächlich<br />
für Druckluftsysteme, die keine oder zu kleine drehzahlgeregelte<br />
Kompressoren einsetzen. Darüber hinaus verhindert er<br />
zu große Druckschwankungen im Druckluftsys tem. Er sollte<br />
entsprechend den Berechnungsformeln in Abb. 14 ausgewählt<br />
werden. Die hier berechneten Werte sind Mindestgrößen.<br />
V B<br />
= ˙V _______<br />
1· (x · x2 )<br />
z · ∆ p<br />
Einsatz als:<br />
– Puffer bei kurzer, aber heftiger Druckluftentnahme<br />
– als Notaggregat bei Anlagenausfall<br />
V B<br />
= Volumen des Drukluftbehälters (m 3 )<br />
˙V = Luftverbrauch (m 3 /min)<br />
t = Zeit des Luftverbrauchs (min)<br />
∆ p = Druckdifferenz EIN/AUS (bar)<br />
Zu beachten:<br />
Kann nicht über längere Zeit den Kompressor ersetzen!<br />
Abb. 15: Dimensionierung dezentraler Druckluftspeicher<br />
17 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
3.3 Druckluftaufbereitung.<br />
3.3.1 Gründe für die Druckluftaufbereitung.<br />
Die Aufbereitung der komprimierten Luft dient der Sicherung<br />
der Produktqualität, der Schonung von Werkzeugen und Anlagen<br />
sowie der Gewährleistung von Umwelt- und Arbeitsplatzsicherheit.<br />
Luft kann eine Vielzahl von Stoffen enthalten,<br />
die ab einer gewissen Konzentration Schäden verursachen<br />
können. Typische „Schadstoffe“ in diesem Sinne sind:<br />
Feuchtigkeit (Wasser)<br />
Öl, Staub, Keime<br />
Salzkristalle<br />
Sonstige (klassische) Luftschadstoffe<br />
Feuchtigkeit ist bereits in der Umgebungsluft enthalten. Da<br />
komprimierte Luft aber weniger Wasser aufnehmen kann als<br />
entspannte, fällt das Wasser in Druckluftanlagen als Kondenswasser<br />
aus. Dabei kann es weitere Stäube und Schadstoffe an<br />
sich binden und eine aggressive Wirkung entfalten.<br />
3.3.2 Flüssigkeitsabscheidung.<br />
In den meisten Kompressoren wird die erzeugte Druckluft vor<br />
dem Austritt aus dem Kompressor auf etwas erhöhte Raumtemperatur<br />
abgekühlt. Durch diese Abkühlung im Nachkühler<br />
entsteht Kondensat, das neben dem bereits vorhandenen<br />
Kondensat abgeschieden wird. Der folgende Aufbereitungsschritt<br />
in einem Druckluftsystem ist die weitere Abscheidung<br />
von Kondensat in der Druckluft. Hierzu wird am Kompressoraustritt<br />
ein Zyklonabscheider oder ein Druckbehälter installiert.<br />
Der Zyklonabscheider nutzt die Massenträgheit zur Abscheidung,<br />
indem er die Luft in eine wirbelartige Drehbewegung<br />
versetzt. Bei einem Druckluftbehälter haben die Wassertröpfchen<br />
Zeit zum Boden zu schweben. Beide Systeme verbessern<br />
die Leistungsfähigkeit der Druckluftaufbereitung, da<br />
erhebliche Mengen an Flüssigkeit bereits hier abgeschieden<br />
werden. Sie ersetzen aber keine Drucklufttrocknung, da nach<br />
diesen Abscheidern die Druckluft zu 100 Prozent mit Wasserdampf<br />
gesättigt ist und durch jede weitere Abkühlung Wasser<br />
in flüssiger Form anfallen kann.<br />
Öl wird durch öleinspritzgekühlte Kompressoren in die Luft<br />
eingetragen, kann aber auch schon in der angesaugten Umgebungsluft<br />
enthalten sein.<br />
Stäube und Schadstoffe entstammen der Atmosphäre. Durch<br />
die Kompression erhöht sich ihre volumenbezogene Konzentration.<br />
Die Antwort auf die Frage, welche Konzentrationen<br />
schädlich sind, hängt stark vom Anwendungsfall ab und sollte<br />
unbedingt bei der Planung einer Aufbereitungsanlage geklärt<br />
werden.<br />
Die Kosten der Druckluftaufbereitung resultieren sowohl aus<br />
dem Energieeinsatz zum Betrieb als auch aus dem über den<br />
Aufbereitungskomponenten beim Durchströmen entstehenden<br />
Druckverlust. Der Druckverlust muss als höherer Ausgangsdruck<br />
an den Kompressoren ausgeglichen werden und<br />
erhöht dadurch auch die Energiekosten.<br />
Aus diesem Grunde sollte immer genau so viel Druckluftaufbereitung<br />
wie nötig und so wenig wie möglich eingesetzt<br />
werden. Benötigen einzelne Verbraucher eine bessere Druckluftqualität<br />
als die Mehrzahl, so kann es sinnvoll und kostengünstig<br />
sein, für diese erhöhten Qualitätsanforderungen eine<br />
sog. Endstellenaufbereitung am Verbraucher einzusetzen.<br />
Kondensatableiter schleusen Flüssigkeit<br />
aus dem System.<br />
Das bei Verdichtung, Vorabscheidung sowie bei der Trocknung<br />
anfallende Kondensat muss kontinuierlich aus dem<br />
Druckluftsystem entfernt werden. Kondensat kann zu starken<br />
Korrosionsschäden im Leitungsnetz sowie bei den nachgeschalteten<br />
Prozessen führen. Aus ölfreien Kompressoren<br />
stammendes Kondensat ist aufgrund der höheren Temperaturen<br />
der Verdichter geringfügig sauer, d. h. es wirkt leicht<br />
wie eine Säure. Kondensat aus öleingespritzten Kompressoren<br />
ist eher basisch.<br />
Die Aufgabe der Kondensatableitung übernehmen automatische<br />
Kondensatabscheider. Dabei gibt es verschiedene<br />
Bauarten, die sich durch die Funktionsweise und Kosten<br />
unterscheiden:<br />
Schwimmerkondensatableiter funktionieren mechanisch.<br />
Das Kondensat sammelt sich in einem kleinen Druckbehälter.<br />
Abhängig vom Füllstand wird durch einen Schwimmer ein<br />
Ventil geöffnet. Schwimmerkondensatableiter sind günstig,<br />
aber schmutzempfindlich. Ein verschmutzter Schwimmerableiter<br />
kann dauerhaft undicht sein und wie eine Leckage wirken.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
18
Zeitgesteuerte Ventile öffnen in einem einstellbaren<br />
Zeitinter vall. Sie sind auch in Hochdruckausführung erhältlich.<br />
Da das Ventil aber unabhängig vom wirklichen Kondensatanfall<br />
immer eine gewisse Zeit offen geschaltet sein<br />
kann, können Druckluftmengen entweichen, und nicht nur<br />
Kondensat. Dies kann hohe Druckluftverluste verursachen.<br />
Bei niveaugeregelten Ableitern misst ein Füllstandsgrenzwert-Geber<br />
die im Kondensatableiter vorhandene Kondensatmenge.<br />
Beim Erreichen des oberen Füllstandswerts öffnet<br />
sich ein Ventil. Das Kondensat entweicht, bis der untere Füllstand<br />
erreicht ist und das Ventil wieder schließt. Diese Systeme<br />
haben zwar höhere Anschaffungskosten, durch geringe<br />
Druckluftverluste ermöglichen sie jedoch Einsparungen gegenüber<br />
den anderen Kondensatableitern.<br />
Abb. 17: Statisches Öl-Wasser-Trennsystem<br />
Statische Öl-Wasser-Trennsysteme<br />
lassen die Zeit für sich arbeiten.<br />
Bei diesem Verfahren wird das Kondensat in einem Trennbehälter<br />
einer definierten Verweilzeit ausgesetzt. Die<br />
leichteren Ölbestandteile steigen auf und setzen sich an<br />
der Oberfläche ab.<br />
Abb. 16: Niveaugeregelter Ableiter<br />
Emulsion-Spaltanlagen auf Adsorptionsbasis.<br />
Bei diesem Verfahren wird dem vorgereinigten Kondensat ein<br />
Reaktionstrennmittel auf Tonerdebasis zugefügt. Im Trennmittel<br />
enthaltene Elektrolyte brechen die Öl-Wasser-Bindung<br />
auf und spalten somit die Emulsion. Die Ölsubstanzen und<br />
sonstigen Bestandteile des Kondensats werden von der Tonerde<br />
adsorbiert und aus dem Wasser ausfiltriert. Das Wasser<br />
wird ohne eine weitere Filtration dem Abwassersystem zugeführt.<br />
Der entstandene Reststoff muss entsorgt werden.<br />
Das Kondensat ist umweltgefährdender Abfall.<br />
Im Kondensat aus Druckluftanlagen mischen sich Luftschadstoffe<br />
mit Kühl- und Schmiermitteln aus den Kompressoren.<br />
Aus diesem Grunde ist Kompressorenkondensat ein besonders<br />
überwachungsbedürftiger Abfall im Sinne des Gesetzgebers.<br />
Für die Aufbereitung der Kondensate stellt der Gesetzgeber<br />
zwei Möglichkeiten zur Wahl: entweder die sachgerechte Entsorgung<br />
durch legitimierte Fachfirmen oder eine Aufbereitung<br />
vor Ort mit geeigneter und zugelassener Kondensataufbereitungstechnik.<br />
Die Kosten der Kondensatentsorgung sind<br />
den Umweltkosten zuzurechnen.<br />
Kondensate liegen entweder als disperses Öl-Wasser-Gemisch<br />
oder als stabile Emulsion vor. In einer Dispersion ist das Öl in<br />
Tröpfchenform im Wasser verteilt. Das Gemisch kann mechanisch<br />
getrennt werden. Bei einer Emulsion sind die Tröpfchen<br />
noch feiner. Dadurch ist die Mischung noch stabiler. Meistens<br />
sind zur Trennung einer Emulsion weitere Stoffe oder biologische<br />
bzw. chemische Prozesse nötig. In der Praxis haben sich<br />
die im Folgenden beschriebenen Verfahren durchgesetzt.<br />
Ultrafilter halten das Öl zurück.<br />
Bei der Ultrafiltration wird das Kondensat im Kreislauf unter<br />
Druck durch eine Membran mit definierter Porenweite filtriert.<br />
Dabei werden die Ölbestandteile zurückgehalten und aufkonzentriert,<br />
während das Wasser gereinigt wird. Das Wasser wird<br />
auch hier ohne eine weitere Filtration dem Abwassersystem zugeführt.<br />
Das Emulsionskonzentrat wird als Abfall entsorgt.<br />
In jedem Fall sollte beim Kauf von Geräten und Austauschteilen<br />
auf die bauaufsichtliche Zulassung geachtet werden, da<br />
ansonsten eine kostspielige Einzelabnahme der Geräte durch<br />
die örtlichen Behörden durchgeführt werden muss.<br />
3.3.3 Drucklufttrocknung.<br />
Verlässt die komprimierte Luft den Kompressor, so ist sie<br />
trotz Flüssigkeitsabscheidung zu 100 Prozent mit Wasserdampf<br />
gesättigt.<br />
Zur Vermeidung von Kondensatbildung im Netz und an den<br />
Verbrauchern muss die Luft noch weiter getrocknet werden –<br />
wie weit, hängt von der Druckluftanwendung ab. Luft kann in<br />
19 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Abhängigkeit der jeweiligen Temperatur nur einen begrenzten<br />
Anteil an Wasserdampf beinhalten. Wird bei 100 Prozent<br />
Luftfeuchte die Temperatur reduziert, bildet sich Kondensat.<br />
Die Temperatur, bei der aus der Luft Kondensat ausfällt, wird<br />
auch Taupunkttemperatur genannt. Der Taupunkt ist die<br />
Temperatur, bei der das Luft-/Dampfgemisch mit dem jeweiligen<br />
Mischungsverhältnis gerade zu 100 Prozent gesättigt ist.<br />
In der Drucklufttechnik wird der Trocknungsgrad der Druckluft<br />
durch die Taupunkttemperaturen definiert.<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten Trocknungsverfahren<br />
vorgestellt, die die Druckluftfeuchte auf die Anforderungen<br />
der Verbraucher einstellen.<br />
Druckluft gekühlt. Hier fallen bereits ca. 70 Prozent des anfallenden<br />
Wasserdampfs aus. In der zweiten Phase durchströmt<br />
die Druckluft einen Kältemittel-/Luft-Wärmeübertrager. Hier<br />
wird das Kondensat weiter bis auf den geforderten Drucktaupunkt<br />
abgekühlt. Der Kondensatabscheider ist dem Wärmeübertragersystem<br />
nachgeschaltet. Hier wird das Kondensat<br />
von der Druckluft getrennt.<br />
Integrierte Wärmeübertragersysteme, die Luft-/Luft-Wärmeübertrager,<br />
Kältemittel-/Luft-Wärmeübertrager und Kondensatabscheider<br />
in einer Baukomponente vereinen, sind aufgrund<br />
niedrigerer Differenzdrücke gegenüber einer Einzelverrohrung<br />
energieeffizienter.<br />
Kältetrocknung.<br />
Mit sinkender Temperatur verringert sich die Fähigkeit der<br />
Druckluft, Wasser in dampfförmiger Form zu speichern. Bei<br />
fallender Temperatur kondensiert Wasserdampf zu Wasser.<br />
Im Kälte-Drucklufttrockner wird die Druckluft in einem Wärmeübertragersystem<br />
gekühlt. Wasser- und Öldampf werden<br />
durch Kondensation, Öltröpfchen durch Koagulation und<br />
Koalition entzogen. Dies bedeutet, dass sich die feinen Tröpfchen<br />
und Aerosole zu größeren Tröpfchen zusammenschließen<br />
und dann zusammen mit dem Wasser aus dem System abgeleitet<br />
werden. Da die Kondensation an sog. Keimen beginnt,<br />
werden auch Stäube durch die Drucklufttrocknung abgeführt.<br />
Kälte-Drucklufttrockner sind heute in Druckluftnetzen Stand<br />
der Technik und für viele Anwendungsfälle das wirtschaftlichste<br />
Verfahren zur Trocknung der Druckluft. Mit Kältetrocknern<br />
werden Drucktaupunkte von +2 bis +3°C erreicht. Kühlt<br />
die Druckluft unter den Drucktaupunkt ab, z. B. in kalten Wintern<br />
bei außenliegenden nicht geheizten Rohrleitungen, kann<br />
auch dann noch Kondensat bzw. sogar Eis im Netz entstehen.<br />
Abb. 19: Wärmeübertrager mit integriertem Kondensatabscheider<br />
(Demister)<br />
Abb. 18: Funktionsweise der Kältetrockner<br />
Im Interesse einer hohen Energieausnutzung ist die Kälte-<br />
Drucklufttrocknung in zwei Phasen unterteilt. In der ersten<br />
Phase wird die warme, einströmende Druckluft im Luft-/Luft-<br />
Wärmeübertrager durch die bereits gekühlte, austretende<br />
In Adsorptionstrocknern wird der<br />
Dampf an ein Trockenmittel gebunden.<br />
Adsorptionstrockner entziehen der Druckluft die mitgeführte<br />
Feuchtigkeit durch ein Trockenmittel („Adsorbens“). Der<br />
Dampf lagert sich an der Oberfläche des Adsorbens an. Durch<br />
die Aufkonzentrierung geht das Wasser in den flüssigen Zustand<br />
über. Während in einem ersten Behälter die Adsorption<br />
stattfindet, erfolgt zeitgleich in einem zweiten Behälter die<br />
Regeneration, also die Trocknung des Adsorptionsmittels zur<br />
Wiederverwertung.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
20
Mit Adsorptionstrocknern werden Drucktaupunkte zwischen<br />
–20°C und –70°C erreicht. Für die Regeneration stehen unterschiedliche<br />
Verfahren zur Verfügung. Abhängig von der Art,<br />
wie Adsorbens und Adsorbat (die adsorbierte Flüssigkeit) wieder<br />
getrennt werden, spricht man von kalt- oder warmregenerierenden<br />
Adsorptionstrocknern.<br />
Abb. 20: Kaltregeneration<br />
Bei der Warmregeneration wird erwärmte Umgebungsluft<br />
oder erwärmte Luft aus dem Druckluftsystem durch das Adsorbens<br />
geleitet. Wird zur Erwärmung eine elektrische Heizung<br />
benutzt, sind die Energiekosten hoch. Da bei der Druckluftverdichtung<br />
ohnehin große Wärmemengen anfallen, ist eine<br />
Wärmerückgewinnungsanlage oft die wirtschaftlichere Alternative.<br />
Bei ölfreien Kompressoren kann auch die sehr heiße<br />
Druckluft zur Regeneration genutzt werden. Dieses „Heat of<br />
Compression“-Prinzip bietet wirtschaftliche Vorteile, wenn die<br />
Ansprüche an die Ölfreiheit und den Taupunkt hoch sind. Eine<br />
weitere Variante der Warmregeneration ist die Gebläse- oder<br />
Vakuumpumpenregeneration. Hier fördert ein Gebläse Umgebungsluft<br />
durch die Heizung und das Trockenmittelbett bzw.<br />
eine hochtemperaturtaugliche Vakuumpumpe saugt die über<br />
ein Heizregister erwärmte Außenluft über dem Adsorptionsmittel<br />
ab. Nach der Heizphase wird mit Umgebungsluft und<br />
Druckluft gekühlt. Die Nutzung von Umgebungsluft zur Kühlung<br />
reduziert den Druckluftverbrauch, ist aber nur möglich,<br />
wenn die Luftfeuchtigkeit gering ist.<br />
Bei der Kaltregeneration wird ein Teil der bereits getrockneten<br />
Druckluft durch das zu regenerierende Adsorbens geleitet<br />
und aus dem System abgeblasen. Dabei wird die Flüssigkeit<br />
mitgerissen. Den wegen der einfachen Technik geringen Investitionskosten<br />
für diese Aufbereitungsanlage steht ein hoher<br />
Druckluftverbrauch gegenüber, der aufgrund des höheren<br />
Leistungsbedarfs höhere Investitions-, Wartungs- und Energiekosten<br />
bei der Drucklufterzeugung zur Folge hat.<br />
Abb. 21: Warmregeneration<br />
Eine Steuerung kann die Druckluftaufbereitung<br />
optimieren.<br />
Alle kalt oder warm regenerierten Adsorptionstrockner sind<br />
mit einer zeitabhängigen Steuerung ausgerüstet.<br />
Eine gute Ergänzung ist die beladungsabhängige Steuerung.<br />
Am Trockneraustritt registriert ein Sensor die Änderung des<br />
Drucktaupunkts. Er passt den Zyklus des Trockners automatisch<br />
an die Lastsituation an. Die beladungsabhängige Steuerung<br />
kompensiert mögliche Teillastsituationen und reduziert<br />
Betriebskosten.<br />
In Membrantrocknern wird „die Luft aus dem Dampf<br />
gefiltert“, da die Luft zurückgehalten wird und das<br />
Wasser die Membran passiert.<br />
Der Membrantrockner ist eine Ergänzung und Alternative zu<br />
den angestammten Kälte- und Adsorptionstrocknern, vor allem<br />
für geringere Volumenströme. Endstellentrockner bei kleinen<br />
Druckluftmengen, nicht kontinuierlichem Betrieb oder<br />
Anwendungen ohne elektrische Energie, hat sich der Membrantrockner<br />
bewährt. Herzstück dieser Membrantrockner<br />
sind Polymer-Hohlfasermembranen. Diese Membrane haben<br />
keine Poren, so dass die Luft zurückgehalten wird, während der<br />
Dampf sich im Membranmaterial löst und durch dieses hindurch<br />
diffundiert.<br />
21 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
3.3.4 Filtration.<br />
Im Gegensatz zur Membrantrocknung, die zur Abtrennung<br />
des Wasserdampfs dient, werden bei der Filtration echte Filterstufen<br />
eingesetzt, um Verunreinigungen aus der Luft zu<br />
entfernen. In diesem Fall wird die Luft durch den Filter geschickt<br />
und die Verunreinigungen werden zurückgehalten.<br />
Zu den Verunreinigungen zählen hauptsächlich der Ölnebel<br />
von ölgeschmierten bzw. öleinspritzgekühlten Kompressoren<br />
sowie Stäube und Kohlenwasserstoffe aus der Umgebungsluft,<br />
die in der Druckluft in konzentrierter Form enthalten sind.<br />
Zur Gewährleistung der heute benötigten Druckluftqualität<br />
gilt der Grundsatz: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“.<br />
Hier ist aufgezeigt, welche Energiekosten vom Kompressor<br />
verursacht werden, um den durch ein Filter verursachten<br />
Druckabfall auszugleichen. Es wurden ein Strompreis von 14<br />
Cent pro Kilowattstunde und 6.000 Betriebsstunden pro Jahr<br />
angenommen. Für jedes bar Druckabfall wurde ein zusätzlicher<br />
Energiebedarf von acht Prozent angesetzt. Die zusätzlichen<br />
Energiekosten können mehrere Tausend Euro pro Jahr<br />
betragen und die Anschaffungs- bzw. Austauschkosten des<br />
Elements bei weitem überschreiten. Durch die Wahl des richtigen<br />
Filters können folglich erhebliche Einsparungen erzielt<br />
werden.<br />
Ebenfalls bedeutend ist der rechtzeitige Austausch von mit<br />
Schmutz beladenen und somit im Differenzdruck gestiegenen<br />
Filterelementen. Wie in Abb. 22 ersichtlich, steigt der<br />
Differenzdruck eines neuen Filterelements zunächst sehr<br />
langsam an.<br />
Je länger das Element in Betrieb ist, desto schneller steigt der<br />
Differenzdruck. Bei einem Nichtwechsel übersteigen die Kosten<br />
zur Deckung des zusätzlichen Differenzdrucks den Preis<br />
eines Austauschelements mitunter um ein Vielfaches.<br />
Abb. 22: Anstieg des Druckverlusts über einen Filter während<br />
der Nutzungsdauer<br />
Im Filter entsteht durch die Durchströmung ein Druckverlust.<br />
Geschwindigkeitsenergie wird in Wärmeenergie durch<br />
Reibung umgesetzt. Dieser Druckverlust am Filter ist von<br />
dem Kompressor zu überwinden. Dabei gilt folgende Regel:<br />
Dabei ist zu beachten, dass die meisten Angaben des Differenzdruckes<br />
über dem Filter im sog. „unbeladenen“ Zustand von<br />
den Herstellern mitgeteilt werden. Dieser Zustand ist aber<br />
sofort nach der Inbetriebnahme uninteressant, da das Filterelement<br />
sofort benetzt, also beladen wird. Zum Vergleich von<br />
Filtern gleicher Filtrationsklasse muss daher der benetzte Zustand<br />
verglichen werden.<br />
In der Regel gilt:<br />
Wechsel der Filterelemente mindestens einmal pro Jahr,<br />
spätestens bei einem Differenzdruck von 0,35 bar.<br />
Ausgenommen von dieser Regel sind Aktivkohlefilterelemente.<br />
Je höher der Filtrationsgrad,<br />
desto höher der Differenzdruck.<br />
Das bedeutet: Je besser die Reinheit der gefilterten Luft, desto<br />
mehr Energie muss der vorgeschaltete Kompressor aufbringen.<br />
Welche Einsparpotenziale damit verbunden sind, zeigt Abb. 23.<br />
11 kW<br />
22 kW<br />
30 kW<br />
45 kW<br />
75 kW<br />
110 kW<br />
Dort gilt die Regel:<br />
Standzeit der Elemente max. 1.500 Betriebsstunden bzw.<br />
3 Monate, abhängig von der Eintrittstemperatur und<br />
dem Ölgehalt mitunter sogar deutlich geringer.<br />
Schließlich bleibt der Punkt der Betriebssicherheit eines Filters<br />
zu beachten. Diese hängt primär von der Qualität der eingesetzten<br />
Werkstoffe, der Qualität der Herstellung und den<br />
konstruktiven Eigenschaften des Filters ab. Hier ist individuell<br />
der Aufbau der Filter zu bewerten. Abstriche bei der Betriebssicherheit<br />
bedeuten zusätzliche Qualitäts-, Wartungs- sowie<br />
gegebenenfalls auch Stillstands- und Produktivitätskosten.<br />
Abb. 23: Energiekosten durch Druckabfall 1<br />
1<br />
Annahme: 6.000 Betriebsstunden pro Jahr, Strompreis 14 Cent/kWh<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
22
3.4 Drucklufterzeugung.<br />
Der theoretische Energiebedarf für die Verdichtung ist abhängig<br />
vom Ansaug- und Enddruck („Verdichtungsverhältnis“)<br />
und der Art der Zustandsänderung. Die theoretisch<br />
ideale isotherme Verdichtung erfordert den geringsten Arbeitsaufwand.<br />
Isotherm bedeutet, dass sich die Temperatur<br />
des verdichteten Gases bei der Verdichtung nicht verändert.<br />
In realen Anlagen ist dies nicht möglich, aber natürlich wird<br />
versucht, bei der Konstruktion von Verdichtern diesem Idealprozess<br />
durch gute Kühlung möglichst nahe zu kommen.<br />
In der Praxis sind die theoretischen Werte nicht erreichbar,<br />
da der Verdichtungsvorgang mit Verlusten behaftet ist. Gute<br />
Druckluftverdichter zeichnen sich durch einen Leistungsbedarf<br />
aus, der 45 Prozent über dem theoretischen Optimum<br />
bei der adiabaten (real, mit Temperaturänderung) Verdichtung<br />
liegt. Die Verdichtungsleistung wird z. B. als spezifische<br />
Leistung in Kilowatt pro Kubikmeter Luft und Minute angegeben.<br />
Für den Standarddruckbereich (7 bis 8 bar Überdruck)<br />
sind 7,5 kW installierte Elektromotorenleistung pro<br />
Kubikmeter Druckluft pro Minute ein guter Wert. Mit zunehmender<br />
Motorengröße nimmt der spezifische Leistungsbedarf<br />
in der Regel ab. Nach Abb. 24 kann die Effizienz der<br />
Drucklufterzeugung grob beurteilt werden.<br />
3.4.1 Verdichterbauarten.<br />
Die Auswahl ist groß, aber nicht beliebig.<br />
Für die Komprimierung der Luft steht eine Vielzahl verschiedener<br />
Verdichter zur Verfügung. Jede Bauart hat ihre<br />
Daseins berechtigung und bestimmte Anwendungsfälle, für<br />
die sie besonders gut geeignet ist. Anhand der drei Parameter<br />
Druck, Menge und Qualität kann in einer ersten Betrachtung<br />
die Vielzahl der möglichen Entscheidungskombinationen<br />
ein gegrenzt werden.<br />
Da der weit überwiegende Anteil der Kosten im Betrieb anfallen,<br />
gilt ein besonderes Augenmerk den Energiekosten,<br />
Instandhaltungskosten sowie der Verfügbarkeit und damit<br />
den Produktionsausfallkosten. Als nachrangig stellen sich<br />
bei dieser Betrachtung dann häufig die Anschaffungskosten<br />
und Installationskosten bei den Gesamtsystem-Lebenszy kluskos<br />
ten heraus.<br />
Kompressoren unterscheiden sich in Wirkprinzip,<br />
Stufenzahl sowie Kühlung und Schmierung.<br />
Grundsätzlich lassen sich die Kompressoren nach ihrem Verdichtungsprinzip<br />
in zwei Klassen unterteilen, nämlich in Strömungs-<br />
und in Verdrängermaschinen.<br />
Typische Strömungsmaschinen sind Turbokompressoren,<br />
wie z. B. Axial- und Radialkompressoren. Sie übertragen ihre<br />
Energie durch rotierende Laufräder auf das Gas. Strömungsmaschinen<br />
zeichnen sich durch einen kontinuierlichen Luftstrom<br />
aus, der bei steigendem Gegendruck abnimmt.<br />
Verdrängermaschinen sind z. B. Hubkolbenkompressoren oder<br />
Schraubenkompressoren. Sie arbeiten ähnlich wie Verdrängerpumpen,<br />
in denen das eingeschlossene Flüssigkeitsvolumen<br />
mechanisch verdrängt und in eine Umgebung mit höherem<br />
Druckniveau ausgeschoben wird. Im Gegensatz zu inkompressiblen<br />
Flüssigkeiten wird jedoch das Gas dabei komprimiert.<br />
Abb. 24: Spezifischer Leistungsbedarf<br />
bei der Drucklufterzeugung<br />
1. Ein Arbeitspunkt in diesem Bereich bedeutet einen<br />
schlechten Wirkungsgrad.<br />
2. Ein Arbeitspunkt in diesem Bereich bedeutet einen<br />
guten Wirkungsgrad.<br />
3. Ein Arbeitspunkt in diesem Bereich wäre zwar theoretisch<br />
möglich, ist aber nicht erreichbar (isotherme Verdichtung).<br />
4. Ein Arbeitspunkt in diesem Bereich ist physikalisch<br />
unmöglich.<br />
Kompressoren nach dem Verdrängerprinzip zeichnen sich<br />
dadurch aus, dass der Luftstrom weitgehend unabhängig<br />
vom Gegendruck ist und nur durch die Frequenz ihres Antriebs<br />
beeinflusst wird. Sie lassen sich noch einmal unterteilen<br />
in oszillierende Kompressoren, wie z. B. Hubkolben- oder<br />
Membranverdichter und rotierende, wie Schrauben- oder<br />
Drehkolbenkompressoren.<br />
Umgekehrt können die spezifischen Angaben auch in kWh<br />
pro Kubikmeter umgerechnet werden. Bei Standarddruck (s.<br />
oben) von 7 bis 8 bar Überdruck werden ca. 7,5 kW elektrische<br />
Motorleistung benötigt, um 1 Normkubikmeter Druckluft<br />
pro Minute zu erzeugen. In einer Stunde sind dies demnach<br />
60 Kubikmeter und die Leistungsaufnahme aus dem Stromnetz<br />
beträgt 7,5 kWh. Für 60 Normkubikmeter werden 7,5<br />
kWh benötigt, d. h. für einen Normkubikmeter werden 7,5<br />
kWh/60 m 3 = 0,125 kWh/m 3 elektrischer Energie eingesetzt.<br />
Abb. 25: Verdichterbauarten<br />
23 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Kolbenkompressoren.<br />
Kolbenkompressoren arbeiten nach demselben Prinzip wie<br />
Fahrradpumpen. Der Kolben saugt während des Abwärtshubs<br />
Luft aus der Atmosphäre und schiebt diese beim Aufwärtshub<br />
auf die Druckseite des Kompressors. Ein Saug- und ein Druckventil<br />
regeln dabei die Flussrichtung. Für hohe Volumenströme<br />
werden Kolbenkompressoren mehrzylindrisch und für<br />
hohe Drücke mehrstufig ausgeführt. Typische Einsatzfelder<br />
sind Anlagen, bei denen nur kleine Volumenströme bei hohen<br />
Drücken gebraucht werden.<br />
Turbokompressoren<br />
Turbokompressoren verdichten die Luft, indem sie zunächst<br />
über schnell drehende Laufräder kinetische Energie übertragen,<br />
die dann in den Statoren durch Strömungsumlenkung<br />
in statischen Druck umgewandelt wird. Es gibt unterschiedliche<br />
Laufradformen. Bei Radialläufern wird der Luftstrom<br />
in radialer Richtung beschleunigt, bei Axialläufern in axialer<br />
Richtung.<br />
Die Laufradbauform entscheidet über das Verhältnis von Volumenstrom<br />
zum Gegendruck. Radialkompressoren passen<br />
sich steigendem Gegendruck sehr stark durch eine Reduzierung<br />
des Volumenstroms an, Sie sind die häufiger anzutreffende<br />
Form der Turboverdichter. Üblich sind 2- bis 4-stufige<br />
Kompressoren mit einer Wasserkühlung zwischen jeder Stufe<br />
sowie einem Nachkühler und Kondenswasserabscheider. Radialkompressoren<br />
können ein sehr weites Feld von Drücken<br />
und Volumenströmen abdecken. Sie werden tendenziell eher<br />
bei größeren Förderströmen eingesetzt als Kompressoren<br />
nach dem Verdrängerprinzip. Axiale Verdichter kommen nur<br />
bei sehr großen Luftströmen zum Einsatz, wo sie besonders<br />
effizient arbeiten.<br />
Abb. 26: Anwendungsfelder der verschiedenen<br />
Verdichtungsbauarten<br />
Kompressoren einer Bauart unterscheiden sich auch noch dadurch,<br />
ob sie ein- oder mehrstufig ausgeführt sind, mit oder<br />
ohne Zwischenkühlung arbeiten, Schmier- und Kühlmittel<br />
wie Wasser oder Öl in den Verdichtungsprozess eingespritzt<br />
werden oder sie kühlmittelarm bzw. kühlmittelfrei arbeiten.<br />
Von diesen Konstruktionsvarianten hängt auch ab, welche<br />
Aufbereitungskomponenten benötigt werden, um die definierte<br />
Druckluftqualität zu erzeugen.<br />
Turbokompressoren arbeiten schmiermittelfrei. Da es sich um<br />
sehr schnell drehende Maschinen handelt, ist eine sorgfältige<br />
Überwachung und fachgerechte Instandhaltung wichtig. Eine<br />
Vibrationsüberwachung auf den Wellen ist empfehlenswert.<br />
Doppelt wirkende Kolbenkompressoren haben zwei Kammern.<br />
Sie saugen und komprimieren parallel bei jeder Hubrichtung.<br />
Mehrstufig und wassergekühlt werden sie in gro ßen Anlagen<br />
eingesetzt und gehören zu den effizientesten Verdichtern<br />
überhaupt. Sie können bei ungenügender Kap selung Lärm<br />
und Schwingungen übertragen.<br />
Schraubenkompressoren.<br />
Schraubenkompressoren schieben die Luft zwischen zwei<br />
parallelen Drehkolben entlang ihres „Gewindes“, wobei der<br />
zur Verfügung stehende Raum nach und nach verringert<br />
wird. Zur Schmierung und vor allem zum Wärmeabtransport<br />
wird oft Öl oder Wasser als Kühlschmiermittel in die<br />
Luft eingespritzt. Solche einspritzgekühlten Schraubenkompressoren<br />
verdichten einstufig bis auf 15 bar und zweistufig<br />
bis auf 20 bar Höchstdruck.<br />
Bei ölfrei verdichtenden Schraubenkompressoren sind die beiden<br />
Läufer spielfrei gelagert und werden durch ein außerhalb<br />
des Kompressionsraums angebrachtes Synchrongetriebe angetrieben,<br />
damit sie sich nicht berühren. Sie arbeiten einstufig<br />
bis 3 bar und zweistufig mit Zwischenkühlung bis 10,5 bar.<br />
Schraubenkompressoren sind sehr weit verbreitet und für<br />
eine Vielzahl unterschiedlicher Druck- und Volumenstromstufen<br />
erhältlich. Sie zeichnen sich durch geringere Anschaffungskosten,<br />
geringere Wartungskosten gegenüber Turbokompressoren<br />
und aufgrund ihrer geringen Größe und niedrigen<br />
Gewichts auch durch verhältnismäßig niedrige Installationskosten<br />
aus.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
24
4. Steuern und regeln.<br />
Regel- und Steuervorrichtungen in einer Druckluftanlage sorgen<br />
dafür, dass die Druckluft immer in ausreichender Menge<br />
und Qualität und auf dem richtigen Druckniveau zur Verfügung<br />
steht. Übergeordnete Steuerungen können darüber hinaus<br />
den Prozess so optimieren, dass dabei möglichst geringe<br />
Kosten entstehen.<br />
Regelungen haben eine Rückkopplung,<br />
Steuerungen nicht.<br />
Von einer Regelung spricht man, wenn kontinuierlich gemessen<br />
wird, inwieweit der vorgegebene Regelwert tatsächlich<br />
erreicht ist und aus der Abweichung automatisch ein Signal<br />
für die Änderung eines Stellgliedes errechnet wird. „Stellglieder“<br />
sind z. B. Ventile, Motorleistungen oder auch nur einfache<br />
An/Aus-Schaltungen. Die Berechnung der Stellgröße erfolgt<br />
in der Regel durch mathematische Funktionen, die nur<br />
die Regelabweichung als Eingang benutzen. Durch die kontinuierliche<br />
Messung wird sofort bzw. nach einer kurzen Reaktionszeit<br />
erkannt, welche Auswirkung der Eingriff hatte und<br />
daraus abgeleitet, welcher Schritt als nächstes nötig ist.<br />
Eine Steuerung hingegen hat keine kontinuierliche Rückkopp -<br />
lung. Die Steuereingriffe werden von außen vorgegeben –<br />
entweder durch einen Bediener oder durch ein Programm,<br />
das z. B. dafür sorgt, dass in der Mittagspause ein Teil der Kompressoren<br />
ausgeschaltet wird. Ein solches Programm, etwa<br />
eine „Speicherprogrammierbare Steuerung“ oder ein Prozessleitsystem,<br />
kann auch Messwerte verarbeiten und daraus<br />
Entscheidungen für Steuereingriffe ableiten. Dies funktioniert<br />
dann aber in der Regel nicht durch eine einfache mathematische<br />
Funktion, sondern durch Ursache-Wirkungs-Ketten, die<br />
noch weitere Eingangsgrößen berücksichtigen und die z. B.<br />
durch logische Glieder verknüpft sind.<br />
Ein Kraftfahrer, der seinen Wagen nur steuert,<br />
landet schnell im Graben.<br />
Teilweise werden diese Begrifflichkeiten jedoch auch vermischt.<br />
So werden Steuerungen manchmal auch als übergeordnete<br />
Regelungen bezeichnet. Bei einem Kraftfahrer hingegen<br />
spricht man in der Umgangssprache davon, dass er den Wagen<br />
steuert, obwohl er, wenn er aufmerksam ist, kontinuierlich<br />
die Auswirkungen seiner Bewegungen erfasst und korrigiert.<br />
Im strengen Wortsinn steuert ein Kraftfahrer also nicht,<br />
sondern er regelt die Fahrtrichtung und die Geschwindigkeit<br />
unter Zuhilfenahme seiner Sinnesorgane und des Tachometers<br />
als Messinstrumente.<br />
Steuerungen und Regelungen können auch miteinander verknüpft<br />
und ineinander verschachtelt sein. Bei einer Drehzahlregelung<br />
wird die Drehzahl durch einen Frequenzumwandler<br />
gesteuert und die durch die Drehzahländerung hervorgerufene<br />
Änderung des Drucks oder des Volumenstroms mit<br />
einem Sollwert verglichen.<br />
Abb. 27: Steuerung von Druckluftanlagen<br />
Bei Druckluftanlagen sichern die internen Regelvorrichtungen<br />
die Mengen und Qualitäten – die übergeordneten<br />
Steuerungen optimieren die Kosten.<br />
Man unterscheidet innerhalb der Kompressorenstation zwischen<br />
internen und übergeordneten Regelungen der Kompressoren.<br />
Interne Regelungen sind dafür verantwortlich, die<br />
jeweilige Kompressoreneinheit an die geforderten Luftverbräuche<br />
anzupassen und dabei durch eine optimale Koordination<br />
der internen Steuerungsvorgänge eine Überlastung<br />
der Kompressoreneinheit zu verhindern. Da moderne Kompressorenstationen<br />
im Normalfall aus mehreren Einzelkompressoren<br />
bestehen, ist die Aufgabe der übergeordneten Steuerung,<br />
die Einzelanlagen optimal auszulasten und ihren Einsatz<br />
gemäß dem tatsächlichen Luftverbrauch zu koordinieren<br />
und zu überwachen.<br />
4.1 Diskontinuierliche Regelungen.<br />
Bei den internen Regelungsarten für Kompressoren unterscheidet<br />
man zwischen diskontinuierlichen und kontinuierlichen<br />
Regelungen.<br />
Bei diskontinuierlichen Regelungen<br />
bestimmen Grenzwerte den Takt.<br />
Die Volllast-Leerlauf-Aussetzregelung ist derzeit eine der am<br />
häufigsten vorkommenden Regelungen bei nicht drehzahlgeregelten<br />
Antrieben. Erreicht der Betriebsdruck die eingestellte<br />
untere Druckgrenze pmin, so wird der Kompressor gestartet<br />
und fördert Druckluft. Bei Erreichen von pmax wird der<br />
Kompressor nicht stillgesetzt, sondern geht in Leerlaufbetrieb<br />
durch Druckentlastung. Wird während der Leerlaufzeit pmin<br />
erreicht, so geht der Kompressor von dort wieder in Volllastbetrieb.<br />
Bei einem geringen Luftverbrauch wird nach Ablauf einer<br />
Leerlaufzeit der Kompressor in Stillstand gesetzt (Abb. 28).<br />
25 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Je näher die Druckschaltwerte beisammen liegen,<br />
desto geringer der Energieverbrauch.<br />
Diskontinuierlich geregelte Anlagen haben eine Gemeinsamkeit,<br />
sie werden über Druckgrenzen pmax und pmin geregelt.<br />
Liegen bei mechanischen Druckschaltern die erforderlichen<br />
Druckgrenzen mitunter bis zu einem bar auseinander, so sind<br />
heute mittels moderner Druckaufnehmer die Druckdifferenzen<br />
der Last- und Leerlaufschaltungen auf 0,2 bar reduzierbar.<br />
Abb. 28: Volllast-Leerlauf-Aussetzregelung<br />
Die Volllast-Leerlauf-Aussetzregelung hat den Vorteil einer<br />
kurzen Reaktionszeit sowie der Möglichkeit, häufig zu schalten<br />
und dabei trotzdem nicht den Motor übermäßig durch Anund<br />
Abschaltvorgänge zu belasten. Ein Nachteil sind erhöhte<br />
Energiekosten. Denn der Kompressor benötigt während des<br />
Leerlaufs Energie, ohne Druckluft zu erzeugen. Diesen Nachteil<br />
versucht die Leerlaufregelung mit optimierter Leerlaufzeit<br />
zu vermindern.<br />
Bei dieser Variante wird die Nachlaufzeit in Abhängigkeit<br />
der Druckschwankungen über Zeit und Motorgröße variiert<br />
und trägt damit besonders bei Grundlastmaschinen zu Einsparungen<br />
im Bereich der Leerlaufkosten bei (Abb. 29). Dies<br />
führt jedoch zu einer etwas längeren Reaktionszeit.<br />
Generell gilt: je geringer die Druckdifferenz, desto genauer<br />
die Regelung und desto geringer auch der Energieverbrauch.<br />
Allerdings müssen die Kompressoren für entsprechend hohe<br />
Schalthäufigkeiten zugelassen sein, was aber bei den heute<br />
erhältlichen Anlagen in der Regel gewährleistet ist. Die bei<br />
kurzen Schalttakten höhere Druckkonstanz an den Abnahmestellen<br />
kann in vielen Fällen auch zu einer Senkung der Produktivitätskosten<br />
führen.<br />
4.2 Kontinuierliche Regelungen.<br />
Eine Drehzahlregelung ist die effizienteste<br />
interne Regelvariante.<br />
Die gängigsten Möglichkeiten, bei modernen Kompressoren<br />
die Drehzahl zu variieren, sind entweder eine Frequenzumrichtung<br />
oder eine Gleichstrommodulation. In beiden Fällen<br />
werden die Anlagen bei einer Druckgrenze pmin gestartet.<br />
Die Motoren fahren dann entlang einer Kennlinie auf eine<br />
Drehzahl, die durch das Verhältnis von Ist-Druck zu Regeldruck<br />
gekennzeichnet wird.<br />
Der Energieeinsatz für Leerlauf kann im günstigsten Fall bei<br />
ca. 20 % der Nennleistung liegen. Messungen ergeben häufig<br />
weit darüber liegende Werte von bis zu 50 % der Nennleistung.<br />
Leerlaufkosten gilt es unbedingt zu minimieren.<br />
Liegt der Luftverbrauch unterhalb des Regelbereichs der Maschine,<br />
so wird je nach Folgesteuerung die Anlage in Stillstand<br />
oder Leerlauf geschaltet (Abb. 30). Die Drehzahlregelung ist<br />
eine sehr energieeffiziente Regelungsart, wenn der Kompressor<br />
bei etwa 35 bis 80 Prozent seiner Nennleistung betrieben<br />
wird. Dies resultiert aus dem spezifischen Energieeinsatz pro<br />
Kubikmeter, der im unteren und oberen Bereich schlechter<br />
ist, als bei sogenannten „starren“ Kompressoren.<br />
Ein erheblicher Vorteil der Drehzahlregelung ist die hohe Genauigkeit<br />
und die schnelle Reaktion. Die dadurch erreichbare<br />
Druckkonstanz führt zu geringen Qualitäts- und Produktivi-<br />
Abb. 29: Volllast-Leerlauf-Aussetzregelung<br />
mit optimierter Nachlaufzeit<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
26
tätskosten. Allerdings können Rückkopplungen des Frequenzumrichters<br />
ins Stromnetz zu Störungen an Messgeräten führen.<br />
Dem kann durch Filter vorgebeugt werden. Generell sind<br />
die Anschaffungskosten drehzahlgeregelter Kompressoren<br />
etwas höher als die anders geregelter Kompressoren.<br />
Die Ansaugdrosselregelung ist billig<br />
in der Anschaffung, aber teuer im Betrieb.<br />
Maschinen mit Ansaugdrosselregelung sind normalerweise<br />
Kompressoren, die eine Volllast-Leerlauf-Aussetzregelung haben<br />
und mit einem zusätzlichen Regler versehen sind. Dieser<br />
wird auf einen Regeldruck eingestellt. Wird dieser Regeldruck<br />
erreicht, wird je nach Abweichung des Regeldrucks im Plus-<br />
Minus-Bereich das Einlassventil des Kompressors geschlossen<br />
oder geöffnet. Bei Schraubenkompressoren führt dies zu einer<br />
Reduzierung des Volumenstroms, die nur geringfügigen Einfluss<br />
auf die Leistungsaufnahme des Kompressors hat (Abb.<br />
33). Ein Vorteil der Ansaugdrosselregelung liegt in den geringen<br />
Anschaffungskosten und dem großen Regelbereich. Der<br />
gravierende Nachteil ist aber die schlechte Energieeffizienz.<br />
Abb. 30: Variable Drehzahlregelung<br />
Für die Wirtschaftlichkeit der Regelungsart ist die Leistungskennlinie<br />
des Reglers, des Motors und des Verdichterblocks<br />
im Teillastbereich ausschlaggebend (Abb. 31).<br />
Abb. 33: Ansaugdrosselregelung. Bei der Drosselung wird die<br />
Leistungsaufnahme nur wenig beeinflusst.<br />
Abb. 31: Spezifische Leistungsaufnahme eines drehzahlgeregelten<br />
Kompressors (Standarddruckbereich)<br />
Die Abblaseregelung bläst Druckluft in die Atmosphäre.<br />
Als Abblaseregelung werden Regelungen bezeichnet, bei denen<br />
der Kompressor verdichtete Luft in die Atmosphäre abbläst<br />
und damit die Förderleistung an den tatsächlichen Luftverbrauch<br />
angleicht. Eingesetzt wird diese Regelungsart im<br />
Bereich von Niederdrucksystemen (z. B. Gebläsen) oder auch<br />
bei Turbo-Verdichtern, die temporär zuviel Druckluft erzeugen.<br />
Uneingeschränkte Vorteile hat die Drehzahlregelung<br />
beim Einsatz als Spitzenlastkompressor in einem System mit<br />
mehreren Kompressoren, wenn eine übergeordnete, verbrauchsabhängige<br />
Steuerung dafür sorgt, dass die einzelnen<br />
Kompressoren optimal ausgelastet werden.<br />
Kompressorleistung<br />
60 kW<br />
Leerlaufanteil 30 %<br />
Betriebsstunden<br />
4.000 h/a<br />
Leistungsaufnahme im Leerlaufbetrieb 25 %<br />
Stromkostenersparnis durch Drehzahlregelung 2.520 €/a<br />
Abb. 32: Beispielhafte Einsparung durch Einsatz eines drehzahlgeregelten<br />
Kompressors 1<br />
Abb. 34: Abblaseregelung<br />
Bei dynamischen Verdichtern wird mit dieser Regelung auch<br />
das Leistungsverhalten beeinflusst, jedoch ist dies nur in<br />
einem relativ kleinen Regelbereich möglich (Abb. 34). Diese<br />
Art der Regelung verursacht zwar nur geringe Anschaffungs-,<br />
dafür aber hohe Energiekosten bei stark schwankenden<br />
Druckluftabnahmen.<br />
1<br />
Strompreis 14 Cent/kWh<br />
27 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
4.3 Übergeordnete Steuerungen.<br />
Übergeordnete Steuerungen minimieren<br />
die Lebenszykluskosten.<br />
Gute übergeordnete, verbrauchsabhängige Steuerungen koordinieren<br />
den Einsatz mehrerer Kompressoren so, dass die<br />
Lebenszykluskosten der Anlage insgesamt minimiert werden.<br />
Die Energiekosten werden z. B. dadurch reduziert, dass die<br />
Leerlaufzeiten „starrer“ Kompressoren reduziert werden. Die<br />
Steuerung „weiß“ zu jedem Zeitpunkt in welchem Zustand<br />
(Last-, Leerlauf, Aus, Drehzahl) sich die Kompressoren befinden.<br />
Anhand des Druckgradienten des oder der Drucksensoren<br />
erkennt die Steuerung selbständig, ob viel Druckluft<br />
benötigt wird oder weniger. Dementsprechend werden dann<br />
die Kompressoren zu- und weggeschaltet. Wichtig dabei<br />
ist, dass die Steuerung die Leistungsdaten der Kompressoren<br />
kennt und eigenständig die optimale Kombination anwählt.<br />
Durch eine gute übergeordnete Steuerung lassen sich oft 20<br />
Prozent der Energiekosten einsparen. Die Instandhaltungskosten<br />
werden dadurch optimiert, dass Lauf- und Wartungszeiten<br />
der einzelnen Kompressoren aufeinander abgestimmt<br />
werden. Der Betrieb der internen Regelungen in Bereichen hoher<br />
Regelgenauigkeit optimiert Qualitäts- und Produktivitätskosten<br />
und vorgesehene „Notbänder“ beim Ausfall einzelner<br />
Komponenten sorgen dafür, dass immer ausreichend Druckluft<br />
vorhanden ist.<br />
Abb. 35: Kaskadenregelung<br />
Die Druckbandregelung schafft eine feine Abstimmung.<br />
Moderne übergeordnete Steuerungssysteme nutzen die Möglichkeit,<br />
beliebig viele Anlagen über ein Druckband zu steuern.<br />
Die kleinste Steuerungsdifferenz ist 0,2 bar (Abb. 29). Der<br />
Vorteil dieser Steuerungsart ist eine Reduzierung des maximalen<br />
Druckes in der Druckluftstation wodurch Energiekosten<br />
verringert werden.<br />
Die anfänglichen Anschaffungs- und Installationskosten<br />
hochwertiger Steuerungssysteme liegen höher als die von<br />
einfachen Steuerungen. Diese werden aber durch die Reduzierung<br />
der Energiekosten schnell kompensiert. Darüber hinaus<br />
kann ein optimierter Betrieb zu einer höheren Lebensdauer<br />
der Gesamtanlage führen, so dass nach einem gleichen<br />
Betrach tungszeitraum der Restwert einer Anlage mit intelligenter<br />
Steuerung höher ist als der einer Anlage ohne entsprechendes<br />
Steuerungssystem.<br />
Abb. 36: Druckbandregelung<br />
Heutzutage sind übergeordnete Steuerungen mit einer Vielzahl<br />
zusätzlicher Mess-, Analyse- und Auswertesystemen<br />
kombinierbar, so dass eher von Energiecontrollingsystemen<br />
mit Druckluftspezialisierung gesprochen werden kann.<br />
Die Kaskadenregelung ist einfach, aber wenig flexibel.<br />
Die bekannteste Art mehrere Kompressoren zu koordinieren<br />
ist die sogenannte Druckkaskade. Hierbei ist jedem Kompressor<br />
ein bestimmter Schaltbereich durch die übergeordnete<br />
Regelung zugewiesen (Abb. 35). Die Kaskadenregelung ist für<br />
Anlagen mit bis zu vier Kompressoren geeignet. Die Anpassungsmöglichkeiten<br />
dieser Steuerung sind jedoch begrenzt,<br />
so dass keine Optimierung in dem Maße möglich ist, wie dies<br />
mit weiterentwickelten Steuerstrategien gelingt. Ein wesentlicher<br />
Nachteil der Kaskadenregelung liegt in dem hohen<br />
Druck, der durch die Kaskadierung bewirkt wird. Denn zu<br />
hoher Druck erhöht die Energie- und Lebenszykluskosten.<br />
Erweiterte Druckbandregelungen können auch verschiedene<br />
Kompressorengrößen lastabhängig auswählen und bei entsprechendem<br />
Druckluftbedarf miteinander koordinieren. Die<br />
richtige Auswahl der Kompressorengrößen verhindert, dass so<br />
genannte „Regellöcher“ entstehen (Abb. 36). Darunter versteht<br />
man Regelbereiche, in denen die Kompressorstation nicht die<br />
gerade benötigte Druckluftmenge erzeugt. Die verschiedenen<br />
Möglichkeiten haben dabei unterschiedliche Vor- und Nachteile<br />
z. B. hinsichtlich der Redundanz bzw. der Anpassung an<br />
unterschiedliche Druckluftverbräuche. Bei stark schwankendem<br />
Druckluftverbrauch fehlt die Integration eines drehzahlgeregelten<br />
Kompressors.<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
28
5. Wärmeanfall und Wärmerückgewinnung.<br />
Druckluft – ein wertvoller Energieträger.<br />
Druckluft ist eine teure Energie, der Kubikmeter kostet etwa 1,5<br />
bis 3 Cent. Bei Anlagen mit wenigen Betriebsstunden machen<br />
die Stromkosten nur etwa 20 Prozent der Betriebskosten aus,<br />
bei Anlagen, die rund um die Uhr laufen, können es bis zu 80<br />
Prozent sein. Die vielen Kilowattstunden elektrischer Ener gie,<br />
die der Verdichter aufnimmt, entsprechen bei weitem nicht der<br />
Arbeitsleistung der Druckluft, die am Ende vom Kompressor geliefert<br />
wird. Der theoretische Wirkungsgrad eines Verdichters<br />
kann zwar bei bis zu 50 Prozent liegen. Über das ganze System<br />
von der Erzeugung bis zum Verbraucher wird aber meistens<br />
nur ein Gesamtwirkungsgrad von etwa fünf Prozent erreicht. In<br />
anderen Worten, nur ein zwanzigstel der eingesetzten, hochwertigen<br />
elektrischen Energie wird am Ende in nutzbare Arbeit<br />
umgewandelt. Ein solcher Wirkungsgrad wäre zum Beispiel bei<br />
der Stromerzeugung aus Brennstoffen nicht akzeptabel.<br />
Ist die Temperatur zu niedrig, besteht die Gefahr des Einfrierens<br />
der Kompressor-Sicherheitsorgane. Ist die Temperatur zu hoch,<br />
kann es zum Problem der Überlastung von Bauteilen kommen.<br />
Abb. 38: Natürliche Be- und Entlüftung des Kompressorraums<br />
bei kleinen Antriebsleistungen<br />
Abb. 37: Energienutzen ohne Wärmerückgewinnung<br />
Die Nutzung der erzeugten Wärme kann Energie sparen.<br />
Bei der Drucklufterzeugung fallen große Mengen an Wärme<br />
an. Allein ein 18,5-kW-Kompressor erzeugt so viel Wärme, dass<br />
man damit mühelos ein Einfamilienhaus beheizen könnte. Das<br />
ist nicht nur technisch möglich, sondern auch wirtschaftlich.<br />
Die zusätzlichen Aufwendungen für die Installation einer Wärmerückgewinnungsanlage<br />
in dieser Größenordnung rentiert<br />
sich erfahrungsgemäß bereits innerhalb weniger Jahre. Bedingung<br />
für die effiziente Abwärmenutzung ist jedoch, dass die<br />
Wärme möglichst an Ort und Stelle verwendet werden kann.<br />
Eine Luftkühlung ist die einfachste Art der Wärmeabfuhr.<br />
Die einfachste Art der Wärmeabfuhr geschieht mittels Kühlluft.<br />
Hierbei muss kalte Luft dem Kompressor zu- und die erwärmte<br />
Kühlluft vom Kompressor wieder abgeführt werden.<br />
Die Kühlluft kann jeweils durch freie Öffnungen zu- und wieder<br />
abgeführt werden. Ist diese natürliche Be- und Entlüftung,<br />
die vorwiegend bei kleinen Kompressoren Anwendung findet,<br />
nicht ausreichend, dann muss entweder die Zu- oder die Abluftführung<br />
durch einen Ventilator unterstützt werden. Reicht<br />
das ebenfalls noch nicht aus, um den Kompressor ausreichend<br />
zu kühlen, sind Zu- und/oder Abluft über einen speziellen Kanal<br />
zu führen. Bei langen Kanälen ist zur Überbrückung von<br />
Druckverlusten im Kanal ein Zusatzventilator anzubringen.<br />
Besondere Steuerungen lassen im Winter einen Mischluftbetrieb<br />
zu. Über eine Jalousieklappe wird dabei aus dem Kompressorraum<br />
warme Luft mit der von außen angesaugten<br />
kalten Luft vermischt. Das Zuführen von Kühlluft über Kanäle<br />
von außen ist auch dann zu bevorzugen, wenn im Kompressorraum<br />
selbst keine saubere Kühlluft zur Verfügung steht.<br />
Die erzeugte Wärme muss vom<br />
Kompressor abtransportiert werden.<br />
Die vom Verdichter erzeugte Wärmemenge ist so groß, dass sie<br />
zu einer Erhitzung der Umgebungsluft über die für den Kompressor<br />
zulässigen Bedingungen führt, wenn sie nicht abtransportiert<br />
wird. Diese Wärme – und damit fast die gesamte Energie,<br />
die dem Kompressor aus dem elektrischen Leitungsnetz zugeführt<br />
wird – muss wieder abgeführt werden. Die zulässigen<br />
Temperaturen im Kompressorraum sind im VDMA-Einheitsblatt<br />
4363 festgehalten. Sie liegen zwischen +5 °C und +40 °C.<br />
Abb. 39: Kanalisierte Abluftführung bei größeren<br />
Kompressoren<br />
29 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Große Kompressoren werden meist mit Wasser gekühlt.<br />
Bei großen abzuführenden Wärmemengen, das heißt bei<br />
großen Kompressoren oder bei der Aufstellung mehrerer<br />
Kompressoren in einem Raum, ist es oft ein Problem, die erforderliche<br />
Kühlluftmenge bereitzustellen. In diesem Fall können<br />
die Maschinen über Kühlwasserkreisläufe gekühlt werden.<br />
Frischwasser scheidet von vornherein wegen der hohen Kosten<br />
aus. Kompressoren können problemlos an offene oder geschlossene<br />
Kühlwasserkreisläufe angeschlossen werden.<br />
Bei der Entscheidung für eine Wasserkühlung muss sichergestellt<br />
sein, dass der Kühler der Kompressoren auch für die<br />
Qualität des Kühlwassers ausgelegt ist. Aggressives Kühlwasser<br />
benötigt Kühler mit resistenten Materialien. Sowohl die<br />
Wassertemperatur als auch die Ausgestaltung und Sauberkeit<br />
des Kühlers können die Leistung und Effizienz der Drucklufterzeugungsanlage<br />
beeinflussen.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt wird dabei oft übersehen:<br />
Trotz Wasserkühlung muss die im Kompressor von einzelnen<br />
Bauteilen abgestrahlte Wärme ebenfalls abgeführt<br />
werden. Dafür wird zusätzlich noch Kühlluft benötigt.<br />
Wärmerückgewinnung erhöht die Effizienz<br />
der Druckluftanlage.<br />
Die Wärme aus der Druckluftverdichtung lässt sich zum Heizen<br />
und für weitere Prozesszwecke nutzen. Bis zu 90 Prozent<br />
der dem Kompressor zugeführten Energie kann als nutzbare<br />
Wärme zurückgewonnen werden. Lediglich für den Einbau<br />
der Rückgewinnungsanlage fallen Anschaffungs- und Installationskosten<br />
an. Nach wenigen Jahren haben sich diese Investitionen<br />
über die Energiekosteneinsparung finanziert. Danach<br />
steht die Wärme, von geringen Wartungs- und ggf. Zusatzenergiekosten<br />
abgesehen, kostenlos zur Verfügung. Produktivitätseinschränkungen<br />
oder zusätzliche Stillstandskosten<br />
sind bei fachgerechter Planung und Auslegung üblicherweise<br />
nicht zu befürchten. In der Lebenszykluskosten-Analyse<br />
kann für die zurückgewonnene Wärme eine Gutschrift in<br />
Höhe der eingesparten Heiz- bzw. Prozesswärmekosten von<br />
den Energiekosten der Druckluftanlage abgezogen werden.<br />
Abb. 41: Energienutzen bei maximaler Wärmerückgewinnung:<br />
Eine eingesparte Kilowattstunde ist besser als eine zurückgewonnene.<br />
Eine eingesparte Kilowattstunde ist besser als<br />
eine zurückgewonnene.<br />
Auch bei einer hundertprozentigen Wärmenutzung sollte<br />
nicht darauf verzichtet werden, den Druckluftverbrauch zu<br />
reduzieren bzw. den Druckluftwirkungsgrad zu erhöhen.<br />
Schließlich benötigt die Erzeugung einer Kilowattstunde<br />
Strom im Kraftwerk fast dreimal soviel Primärenergie wie die<br />
Erzeugung einer Kilowattstunde Heizwärme. Sie ist daher<br />
nicht nur mit entsprechend höheren CO 2<br />
-Emissionen, sondern<br />
auch mit höheren Kosten verbunden.<br />
Die warme Abluft lässt sich<br />
direkt zum Heizen verwenden.<br />
Die einfachste Art der Wärmerückgewinnung ist die Ausnutzung<br />
der Verdichterwärme als Luftheizung. Voraussetzung<br />
hierfür ist ein luftgekühlter Kompressor, über den die Kühlluft<br />
gezielt hinweggeführt wird. Wirtschaftlich ist diese Art<br />
der Wärmerückgewinnung deshalb, weil alle Wärme, auch<br />
die abgestrahlte Wärme im Kompressor, ausgenutzt wird und<br />
der apparative Aufwand gering ist. Die erwärmte Kühlluft<br />
kann z. B. über ein Kanalsystem weitergeführt werden oder<br />
direkt in angrenzende Hallen gefördert werden. Dabei ist zu<br />
beachten, dass möglichst kurze Wege eingehalten werden.<br />
Erstens bedeuten lange Wege Druckverluste im Kanal, die<br />
wiederum nur durch einen Zusatzventilator zu kompensieren<br />
Kompressorleistung<br />
Nutzbare Wärme<br />
Betriebsstunden<br />
Eingesparte Heizenergie<br />
Gaseinsparung<br />
Gaskosteneinsparung<br />
18,5 kW<br />
16,65 kW<br />
4.000 h/a<br />
66.600 kWh<br />
74.000 kWh<br />
2.220 €/a<br />
Abb. 40: Beispielhafte Einsparung durch Wärmerückgewinnung<br />
<strong>EnergieEffizienz</strong> lohnt sich.<br />
30
sind und zweitens treten bei langer Verweilzeit der Kühlluft<br />
im Kanal Wärmeverluste auf. Eine Alternative sind isolierte<br />
Kanäle, die aber auch höhere Investitionskosten verursachen.<br />
Eine Brauchwassererwärmung erlaubt<br />
eine ganzjährige Ausnutzung der Abwärme.<br />
Wird das heiße Kompressoröl zur Erwärmung von Brauchwasser<br />
eingesetzt, lässt sich ein deutlich höherer Rückgewinnungsgrad<br />
erzielen als bei der Heizwassererwärmung, da der<br />
Brauchwasserwärmebedarf über das Jahr in etwa konstant ist.<br />
Voraussetzung ist allerdings, dass derart hohe Wärmemengen<br />
im Brauchwasser benötigt werden. Auch Mischsysteme<br />
sind möglich.<br />
Abb. 42: Luftheizung<br />
Kompressoren mit Öleinspritzung<br />
eignen sich zur Heizwassererwärmung.<br />
Bei Schraubenkompressoren mit Öleinspritzung führt das Öl<br />
ca. 72 Prozent der zugeführten elektrischen Energie in Form<br />
von Wärme ab. Diese Energie kann zurückgewonnen werden.<br />
Zur Wärmerückgewinnung wird das Öl über einen Wärmeübertrager<br />
geführt, der Heizungswasser um 50 K auf bis zu<br />
70° C erwärmen kann. Der Wärmeübertrager – in der Regel<br />
ein Plattenwärmeübertrager – ermöglicht eine hohe Wärmeausnutzung,<br />
kann platzsparend eingebaut werden und ermöglicht<br />
diese hohen Wassertemperaturen.<br />
Beim direkten Einsatz des Öls zur Erwärmung des Wassers<br />
sind besondere Vorkehrungen zu treffen, damit kein Öl in<br />
den Wasserkreislauf gerät. Üblicherweise kommen Sicherheitswärmeübertrager<br />
zum Einsatz. In diesen befindet sich<br />
zwischen der Öl- und der Wasserseite eine gut wärmeleitende<br />
Sperrflüssigkeit, deren Druck sich bei einem Öldurchbruch<br />
ändert. Über einen Druckschalter wird dann ein Signal zum<br />
Ausschalten des Systems gegeben. Aufgrund des zusätzlichen<br />
Wärmedurchgangswiderstands ist die mögliche<br />
Temperaturspreizung etwas geringer als bei der Heizwassererwärmung<br />
im Plattenwärmetauscher. Das Brauchwasser<br />
kann um ca. 35 K auf bis zu 55° C erwärmt werden.<br />
Zu beachten ist hierbei, dass natürlich nur dann Heizungswasser<br />
erwärmt wird, wenn der Kompressor im Lastbetrieb arbeitet.<br />
Da die Kompressoren nicht immer im Lastbetrieb sind<br />
und somit auch nicht immer warmes Wasser abgegeben wird,<br />
bedarf es entweder einer Zusatzheizung oder entsprechend dimensionierter<br />
Wärmespeicher. Idealerweise sind Drucklufterzeugungszeiten<br />
und Wärmenutzungszeiten synchronisiert.<br />
Abb. 43: Brauchwassererwärmung eines<br />
öleingespritzten Kompressors<br />
31 Druckluftsysteme für Industrie und Gewerbe.
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)<br />
Chausseestraße 128 a<br />
10115 Berlin<br />
Kontakt<br />
Tel: +49 (0)30 72 61 65-600<br />
Fax: +49 (0)30 72 61 65-699<br />
E-Mail: info@dena.de<br />
Internet<br />
www.stromeffizienz.de<br />
Stand: 12/2012<br />
Alle Rechte sind vorbehalten. Die Nutzung steht<br />
unter dem Zustimmungsvorbehalt der dena.<br />
Die Angebote der<br />
<strong>Initiative</strong> <strong>EnergieEffizienz</strong>.<br />
Mit der bundesweiten Kampagne „Effiziente Stromnutzung<br />
in Industrie und Gewerbe“ unterstützt die dena im Rahmen<br />
ihrer <strong>Initiative</strong> <strong>EnergieEffizienz</strong> Unternehmen bei der Erschließung<br />
von Energie- und Kosteneinsparpotenzialen. Sie wird<br />
gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Technologie (BMWi).<br />
Zentrale Zielgruppen sind kaufmännische und technische<br />
Entscheidungsträger in Unternehmen. Die dena informiert<br />
im Rahmen der Kampagne über Maßnahmen zu Energieeffizienzsteigerungen<br />
bei branchenübergreifenden Querschnittstechnologien.<br />
Mit umfangreichen Informationsangeboten<br />
und praktischen Hilfsmitteln sollen Industrie- und Gewerbeunternehmen<br />
aller Branchen, insbesondere kleine und mittlere<br />
Unternehmen, dazu motiviert werden, diese Chancen zu<br />
ergreifen und Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen.<br />
Beispielsweise helfen verschiedene interaktive Tools beim<br />
Identifizieren von Energieeffizienzpotenzialen und geben<br />
Hinweise auf geeignete Maßnahmen zur Erschließung dieser<br />
Potenziale. Detaillierte Informationsblätter zeigen für alle Bereiche<br />
der verschiedenen Systeme auf, wo Unternehmen bei<br />
Planung und Betrieb von Querschnittstechnologien ansetzen<br />
können, um durch ein Mehr an Energieeffizienz erhebliche<br />
Kosteneinsparungen zu erzielen.<br />
Bildnachweis: Titelbild © Rainer Plendl, 2012 / shutterstock.com; Seite 14 © Michael Blann / thinkstockphotos.com<br />
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www.stromeffizienz.de