Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38
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Braunschweig | Wolfenbüttel<br />
Wolfsburg | Salzgitter | Suderburg<br />
<strong>Ausgabe</strong> 13<br />
Sommersemester 2013<br />
Einfach raus!<br />
Über Urlaub vom Alltag und Alternative Lebensformen<br />
Blickpunkt rechts<br />
Zur aktuellen Situation der<br />
regionalen rechten Szene<br />
Bewerbungsunfälle<br />
Personaler berichten von skurrilen<br />
Bewerbern und Copy-Paste-Fehlern<br />
Bayern, BVB & Co …<br />
Warum Dortmund im TU-<br />
Markenranking Champion ist
Simone Hoffmann<br />
Ehemalige duale Studentin,<br />
Controlling Markt Deutschland<br />
Finanzen im Kopf.<br />
Benzin im Blut.<br />
Der Volkswagen Konzern baut das Auto. Damit es auf die Straße kommt, regeln wir die Finanzen. Mit mehr <strong>als</strong> 10.000 Mitarbeitern<br />
in 42 Ländern weltweit sind wir mehr <strong>als</strong> Europas größter automobiler Finanzdienstleister. Wir sind der Schlüssel zur<br />
Mobilität. Bei uns bewegen Sie etwas – vorausgesetzt, Sie haben den Drive in Finance, Banking, Versicherung, Leasing oder IT.<br />
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Eine Auszeit<br />
vom Alltag …<br />
Ob Nickerchen, Kurzurlaub oder<br />
gleich der <strong>komplett</strong>e Kopfstand<br />
für das eigene Leben –<br />
Auszeiten machen Sinn. Auch wenn<br />
wir nicht wie im Sport die Uhr stoppen<br />
können: Wer innehält, kann anschließend<br />
Gas geben. Wer ausbricht,<br />
entdeckt oft ein völlig neues Lebensgefühl. Davon berichten<br />
Studierende in unserer Titelgeschichte. Passend gibt es<br />
kostenloses Freiluftkino, einen Platz im Grünen und Orientierungshilfe<br />
fürs Markenduell. Denn der letzte Indogermane<br />
holt uns und die Horror-Brüder raus aus der Keller-Mensa.<br />
„Gratis! Kostenlos! For Free! Umsonst!“ Und am Ende<br />
des Tages ohnehin „Unbezahlbar!“<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Holger Isermann<br />
TU Braunschweig, Redaktionsleitung studi38<br />
6<br />
Campus<br />
Der Blick nach Rechts<br />
Zur aktuellen Situation der rechten Szene in der Region<br />
36<br />
Wissenschaft<br />
Markenduell<br />
TU-Forscher haben die Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht<br />
44<br />
Karriere<br />
Aus dem Nähkästchen …<br />
Personaler über skurrile Bewerber und Copy-Paste-Fehler<br />
Inhalt<br />
Campus<br />
4 Challenge accepted?<br />
33 things to do before you exmatriculate<br />
5 Web-Fundstücke<br />
6 Der Blick nach Rechts<br />
Zur aktuellen Situation der rechten Szene in der Region<br />
9 Freiluftkino – kostenlos!<br />
Studierende zeigen zum zweiten Mal Filme im Garten des Kunstvereins<br />
10 Studium offline<br />
Studieren ohne Internet und Co: ein Selbstversuch<br />
12 Die Keller-Mensa<br />
Campus Historie: Geburtsstunde der HBK-Verpflegung<br />
13 Bump in the app before you bump in the bed!<br />
Eine App soll Isländer vor Inzest schützen<br />
14 Einfach raus!<br />
Über Urlaub vom Alltag und alternative Lebensformen<br />
16 Unbezahlbar!<br />
Sechs Studierende erzählen, was sie auf ihren Reisen erlebt haben<br />
19 Tipps für Trips<br />
Günstig und gut verreisen – so gehts!<br />
19 Philipp Cantauw<br />
über das Reisen im Fernbus<br />
20 Ein Platz im Grünen<br />
Das individuelle Lebensmodell einer Studentin<br />
22 Experiment Schrebergarten<br />
Abschied von der Studenten-WG: Clara lebt in einem Schrebergarten<br />
24 Gratis! Kostenlos! For Free! Umsonst!<br />
Welche Produkte sind online gratis zu bekommen: ein Selbstversuch<br />
26 Der letzte Indogermane?<br />
Jagadeesha vereint Spiritualität und Naturverbundenheit<br />
zu einer ganz eigenen Lebensphilosophie<br />
29 Cover: Making of<br />
Wissenschaft<br />
30 „Radfahrer sind keine Rowdys“<br />
Verkehrspsychologe Prof. Mark Vollrath über Unfallursachen,<br />
Helmpflicht und Gründe für Verstöße gegen die Verkehrsregeln<br />
32 Orientierungshilfe CHE?<br />
Vom Nutzen und der Kritik an Deutschlands bekanntestem Hochschulranking<br />
36 Markenduell<br />
Dienstleistungsforscher der TU Braunschweig haben<br />
die Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht<br />
Karriere<br />
38 Gründerstipendium<br />
Die Kolumne von Professor Reza Asghari<br />
40 Neustart IT<br />
Ein Kooperationsprojekt der TU Braunschweig und der IHK ermöglicht<br />
Studienabbrechern der Informatik eine kürzere Ausbildungszeit<br />
42 Horror-Brüder<br />
Marc und Carsten Fehse drehen „Spores“<br />
44 Aus dem Nähkästchen …<br />
Personaler berichten von skurrilen Bewerbern und Copy-Paste-Fehlern<br />
46 Benrocks<br />
Aus dem Leben eines Kulturjournalisten<br />
48 Pixeluniversitas<br />
Coursera verspricht höchstes akademisches Niveau – und zwar Gratis<br />
Schlussakkord<br />
49 Lieblings ... Album? Film? Buch?<br />
50 Mein Kühlschrank und Ich<br />
Kolumne<br />
25 Impressum<br />
3
Campus<br />
Challenge accepted?<br />
Du machst bald deinen Abschluss und auf deiner letzten To-Do-Liste standen „Mama anrufen, Katze füttern, Skript<br />
drucken“? Dann wird es höchste Zeit! Hier hast du die einzig wahre To-Do-Liste für dein Studium in Braunschweig.<br />
Vergiss Abgabetermine, Sentimentalität und Zukunftsangst – genieße dein Studentenleben solange du noch kannst<br />
und hake alle 33 Punkte ab! Nimmst du die Herausforderung an?<br />
Von Elena Patzer & Charlotte Werfling<br />
33 things to do before<br />
you exmatriculate:<br />
1. In der Mensa so oft wie<br />
möglich Nachschlag holen<br />
2. Zwei Minuten vor Schluss im 24 Uhr-<br />
Rewe noch den WG-Einkauf erledigen<br />
3. Auf die Frage: „Fühlen Sie<br />
sich in der Lage die Klausur zu<br />
schreiben?“ den Raum verlassen<br />
4. Samstags um 12 Uhr dem Prediger<br />
vorm Citypoint zuhören<br />
5. Einen Tag lang überall nach<br />
Studentenrabatt fragen<br />
6. Nach dem Feiern zum Heidbergsee<br />
fahren und den Sonnenaufgang sehen<br />
7. Sich am Bonding-Stand mit<br />
Glühwein betrinken<br />
8. Der Erste und der Letzte in der UB sein<br />
9. Im Architektentower bis ganz nach oben laufen<br />
10. „Feuerzangenbowle“ im Audimax sehen<br />
11. Im Botanischen Garten spazieren gehen<br />
12. Im Harz Ski fahren<br />
13. Indoor-Mingolf spielen<br />
14. Ohne Vorbereitung einen guten Vortrag halten<br />
15. Zum Rundgang der HBK gehen<br />
16. Den ungewöhnlichsten Unisportkurs belegen<br />
17. Mit einem Schlafabdruck aus<br />
dem Audimax kommen<br />
4<br />
18. Eine Bootstour auf<br />
der Oker unternehmen<br />
19. In Mehmets Kiosk U-Boot trinken<br />
20. Seinen Doppelgänger auf<br />
dem Campus finden<br />
21. Zur Kittelverbrennung der<br />
Pharmazeuten gehen<br />
22. Die Eintracht im Stadion anfeuern<br />
23. In der Schuntille in den Mai tanzen<br />
24. Pizza in die Uni liefern lassen<br />
25. Möglichst weit mit wenig Geld reisen<br />
26. In den Semesterferien in der<br />
Mensa essen gehen<br />
27. Einkaufswagenrennen im Parkhaus<br />
unter dem Sonnendeck<br />
28. Alle möglichen Strecken mit<br />
dem Semesterticket abfahren<br />
29. Wolters trinken<br />
30. Die Quadriga am Schloss besteigen<br />
31. Nach dem Feiern einen Döner<br />
am Bohlweg essen<br />
32. So lange weiterziehen bis auch<br />
die letzte Bar zu macht und<br />
anschließend direkt zur Vorlesung<br />
33. Den ganzen Ring mit dem Fahrrad<br />
auf der f<strong>als</strong>chen Seite entlang fahren
Campus<br />
Web-Fundstücke<br />
kurz &<br />
knapp<br />
Masterarbeit<br />
Dichterwettstreit: Braunschweig vs. Hannover<br />
Martin Kemps Masterarbeit in Architektur<br />
(TU Braunschweig) <strong>als</strong> Zeitrafferstudie.<br />
„Genial! Eine wirkliche MASTERarbeit!“,<br />
kommentiert „VideOmega888“.<br />
Finden wir auch – unbedingt anschauen!<br />
Torsten Wolff trat beim städtischen Poetry-Duell<br />
für Braunschweig an und fand<br />
das eine oder andere „Haar“ in Hannover.<br />
Genau die richtige Einstimmung<br />
für die kommende Fußballsaison!<br />
Tobias Kunze holte zum verbalen Gegenschlag<br />
aus und entwickelte vor allem<br />
Mitleid – sein Fazit: „Braunschweig<br />
ist das Beste aus dem, was man in anderen<br />
Städten scheiße findet.“<br />
Fotos: Youtube<br />
→youtu.be/AlX4Sscl3TY<br />
→youtu.be/72HMNep1GkU<br />
→youtu.be/99w5-58o3eU<br />
→
Campus<br />
Der<br />
Blick<br />
nach<br />
Rechts<br />
Zur aktuellen Situation der<br />
rechten Szene in der Region<br />
Von Daniel Gerab Wolle<br />
Spätestens seit dem Prozessbeginn gegen Beate Zschäpe und ihre vier mutmaßlichen Mittäter ist der<br />
Rechtsextremismus wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Hinzu kommen immer wieder Diskussionen<br />
um ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren, die besondere mediale Aufmerksamkeit erlangen. Doch das alles scheint<br />
weit weg von Braunschweig und dem eigenen direkten Umfeld zu sein. Es sind Angelegenheiten, die in fernen<br />
Gerichtssälen, Ausschüssen und Talkshows behandelt werden und mit unserem Alltag nichts zu tun haben.<br />
Oder? studi38 hat sich umgehört und die regionalen Aktivitäten der rechten Szene unter die Lupe genommen.<br />
In Braunschweig fällt seit letztem<br />
Jahr vor allem die „Aktionsgruppe<br />
38“ auf. Sie ist eine im niedersächsischen<br />
Verfassungsschutzbericht aufgeführte<br />
Gruppierung von ungefähr<br />
einem Dutzend Neonazis, die ursprünglich<br />
aus verschiedenen subkulturellen<br />
Milieus stammen. Der Internetseite<br />
„Recherche 38“ zufolge, einem Blog<br />
der über rechte Aktivitäten in der Region<br />
informiert, veranstalteten sie im<br />
Juni 2012 ein Konzert in einem Braunschweiger<br />
Gartenverein. Bekannte<br />
rechte Bands wie “Söhne Germaniens”<br />
(Sachsen-Anhalt), “Terroritorium” (Niedersachsen)<br />
und der Liedermacher Rene<br />
Schulze waren eingeladen. Insgesamt<br />
sollen 80 Besucher gezählt worden sein.<br />
„Es war der Hinweis eines wachsamen<br />
Mitglieds des Gartenvereins, der die Polizei<br />
an diesem Abend ausrücken ließ“,<br />
betont Armin Henne von der Staatsschutzabteilung<br />
der Polizeidirektion<br />
Braunschweig. „Eine Auflösung der Veranstaltung<br />
konnte jedoch nicht mehr<br />
veranlasst werden, da das Konzert vertraglich<br />
abgesichert auf einem Privatgrundstück<br />
stattfand.“<br />
Die Aktionsgruppe verbreitet zudem<br />
Aufkleber und Poster mit rechten Botschaften<br />
und Symboliken innerhalb des<br />
Stadtgebietes. 2012 vermeldete die Polizeidirektion<br />
Braunschweig 163 solcher<br />
Propagandadelikte innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs<br />
(Braunschweig,<br />
Gifhorn, Goslar, Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel,<br />
Wolfsburg/Helmstedt). Dazu<br />
gab es acht Vorfälle, bei denen physische<br />
Gewalt gegen Personen ausgeübt<br />
wurde. Eine steigende Tendenz rechter<br />
Kriminalität lässt sich in der Statistik<br />
nicht ablesen. Trotzdem warnt David<br />
Janzen von der Braunschweiger Arbeitsstelle<br />
Rechtsextremismus und Gewalt<br />
(ARUG): „Die lose und offene Struktur<br />
Fotos: elmada, ARUG-Archiv<br />
6
Campus<br />
David Janzen<br />
Freier Mitarbeiter bei der „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ (ARUG)<br />
Kannst du uns einen Einblick in die Arbeitsweisen<br />
eurer Arbeitsstelle geben?<br />
Ein Teil der Arbeit besteht darin die rechte<br />
Szene zu beobachten, Material zu sammeln<br />
und zu analysieren, damit man immer genau<br />
weiß, was da gerade passiert. Darüber<br />
hinaus beraten wir Schulen, Lehrkräfte,<br />
Politik. Zusätzlich bieten wir Hilfe für Jugendliche<br />
an, die den Ausstieg wagen wollen.<br />
Für Eltern und Angehörige haben wir<br />
dann ein eigenes Beratungsangebot. Wie<br />
viel geleistet werden kann, hängt natürlich<br />
auch von den Finanzierungsmöglichkeiten<br />
unserer Arbeitsstelle ab.<br />
Präventionsarbeit ist bei so einem Thema<br />
nicht gerade einfach. Hast du das Gefühl,<br />
dass eure Arbeit richtig greift?<br />
Ich denke schon. Zum einen müssen wir<br />
aufklären wie die Szene strukturiert ist und<br />
mit welchen Symboliken sie operiert, damit<br />
vor allem Lehrkräfte sensibilisiert werden.<br />
Solche Anmietungen in Gartenvereinen für<br />
rechte Events können nur stattfinden, weil<br />
viele Leute die Lage gar nicht richtig einschätzen<br />
können. Zum anderen versuchen<br />
wir aber auch junge Menschen zu motivieren<br />
sich zu engagieren. Nicht nur gegen<br />
Rechts, sondern allgemein politisch zu denken<br />
und zu überlegen was eigentlich Mitbestimmung<br />
in einer Demokratie bedeutet.<br />
Wie hilfreich sind für euch eigentlich<br />
linke Gruppen, wie die Antifa?<br />
Enorm wichtig. Das, was jetzt über Rechtsextremismus<br />
berichtet wird, ist nicht neu.<br />
Die Antifa und Fachjournalisten informieren<br />
seit Jahren darüber und versuchen<br />
mit Aktionen gegen zu steuern. Sich allein<br />
auf die Behörden zu verlassen ist der f<strong>als</strong>che<br />
Weg, wie man nicht nur im Fall der<br />
NSU gesehen hat. Sie haben einen anderen<br />
Blickwinkel auf rechte Gewalt. Vor allem<br />
die Polizei guckt ausschließlich auf Straftaten,<br />
wohingegen linke Gruppierungen auch<br />
gesellschaftliche Tendenzen wie die aufkeimende<br />
Islamfeindlichkeit im Blick haben.<br />
Findest du es nicht problematisch zur<br />
Bekämpfung der extremen Rechte die<br />
extreme Linke einzubinden?<br />
Ich finde schon die Fragestellung f<strong>als</strong>ch,<br />
weil sie entsprechend der umstrittenen „Extremismustheorie“<br />
eine gewisse Gleichheit<br />
der „Extreme“ suggeriert und davon ausgeht,<br />
dass es eine „gute“ und „demokratische“<br />
Mitte der Gesellschaft gibt, die von<br />
den „extremen“ Rändern bedroht werde.<br />
Die extreme Rechte steht für eine Gesellschaft,<br />
in der Menschen allein wegen ihrer<br />
Herkunft ausgegrenzt werden, die Linke<br />
dagegen für eine Gesellschaft, in der alle<br />
Menschen die gleichen Rechte haben. Das<br />
schließt natürlich nicht aus, dass es auch<br />
auf Seite der Linken Strömungen, Einstellungen<br />
und Verhalten gibt, über die man<br />
kontrovers diskutieren kann.<br />
der Aktionsgruppe wirkt sehr attraktiv<br />
auf junge Leute, die sich mit konkreten<br />
Aktionen in der Szene etablieren wollen.“<br />
Der lose Zusammenschluss macht<br />
es den beobachtenden Behörden schwer<br />
alle Aktivisten im Auge zu behalten.<br />
Dass die „Aktionsgruppe 38“ nicht<br />
nur eine subkulturelle Vereinigung ist,<br />
zeigt ihr politisches Engagement. Janzen:<br />
„Über lokale Aktionen hinaus be-<br />
Neonazis aus der Region bei einem „Trauermarsch“<br />
am 12. Januar 2013 in Magdeburg<br />
suchen die Mitglieder rechtsextreme<br />
Demonstrationen, Trauermärsche und<br />
Mahnwachen in ganz Deutschland. Die<br />
politische Bühne wird <strong>als</strong>o keineswegs<br />
gescheut.“ Die Grenzen zwischen rechter<br />
Subkultur und politischer Arbeit<br />
sind <strong>als</strong>o schwammig oder lösen sich<br />
in einzelnen Personen ganz auf. So wie<br />
im Fall von Rene Grahn, einem 20-Jährigen<br />
Neonazi, der über verschiedene<br />
Wolfsburger Aktionsgruppen<br />
zur NPD<br />
fand und jetzt <strong>als</strong> Unterbezirksvorsitzender<br />
für Wolfsburg<br />
und Gifhorn tätig ist.<br />
Die desolate Lage der<br />
zerstrittenen NPD in<br />
Niedersachsen, die bei<br />
der Landtagswahl im<br />
Januar gerade einmal<br />
auf 0,8 Prozent der Stimmen kam, ist<br />
<strong>als</strong>o keineswegs ein Spiegelbild der ganzen<br />
rechten Szene. Jenes einheitliche<br />
Auftreten, das der NPD zuweilen fehlt<br />
und sich in der Neugründung der Konkurrenzpartei<br />
„Die Rechte“ bemerkbar<br />
macht, wird von den Aktionsgruppen<br />
der Region umso intensiver praktiziert.<br />
Seit September 2012 haben sich die Aktionsgruppen<br />
aus Gifhorn, Wolfsburg<br />
und Braunschweig zum „Aktionsbündnis<br />
38“ zusammengeschlossen. Damit<br />
werden die Anzahl der Unterstützer<br />
und ihr Wirkungskreis erweitert. Aktionen<br />
wie der versuchte Übergriff von<br />
25 Neonazis auf eine Filmvorführung<br />
der Dokumentation „Blut muss fließen<br />
- Undercover unter Nazis“ in Goslar im<br />
Februar wären sonst kaum möglich.<br />
„Solche Filmvorführungen, die sich explizit<br />
gegen Rechts richten sind für →<br />
7
Campus<br />
uns immer ein Alarmsignal“, kommentiert<br />
Henne das gelungene Eingreifen<br />
der Polizisten, die bereits mit einer Aktion<br />
rechneten und die Gruppe rechtzeitig<br />
abfing. „Die Ideologie werden wir<br />
aber auch durch beherzteres Eingreifen<br />
nicht aus den Köpfen der Leute bekommen“,<br />
fügt er hinzu.<br />
Auch die vom umtriebigen Hildesheimer<br />
Neonazi Dieter<br />
Riefling angemeldete<br />
Großveranstaltung „Tag<br />
der Deutschen Zukunft“<br />
am 1. Juni in Wolfsburg<br />
kann jetzt auf ein verstärktes<br />
Engagement<br />
der regionalen rechten<br />
Szene hoffen. Viele<br />
Braunschweiger dürften<br />
sich noch gut an die von rund 600<br />
Neonazis besuchte Kundgebung am<br />
Bahnhofsplatz vor zwei Jahren erinnern.<br />
Der Aufmarsch in Wolfsburg ist<br />
jetzt schon der fünfte „Tag der Deutschen<br />
Zukunft“ in Folge und gilt für die<br />
norddeutsche rechte Szene mittlerweile<br />
<strong>als</strong> eines der wichtigsten Treffen im<br />
Jahr. Als Bindeglied zwischen Subkulturen<br />
wie den Skinheads und den Hooligans,<br />
der Rechtsrockszene, den politischen<br />
Aktivisten und den Parteien hat<br />
das „Aktionsbündnis 38“ eine nicht zu<br />
unterschätzende Funktion. Sie kann aus<br />
jungen Mitläufern schnell politisch aktive<br />
Extremisten machen.<br />
Gerade deshalb ist es wichtig, dass die<br />
Gesinnung einiger Fans und Ordner von<br />
Eintracht Braunschweig seit letztem<br />
Oktober genauer geprüft wird. Mit einer<br />
80-seitigen Broschüre legte die »Initiative<br />
gegen rechte (Hooligan)-Strukturen«<br />
Identität und politische Haltung<br />
mehrerer Fans und Ordner offen. Die<br />
detailreichen Auflistungen rechter Hooligans,<br />
wie zum Beispiel der „Die fetten<br />
Schweine/ Hungerhaken Braunschweig“<br />
oder der „Nord Power Dogs“, ergänzt<br />
durch eine Auflistung rechtsorientierter<br />
Gewalttaten durch Fussballfans seit<br />
2007, erlangte großes mediales Aufsehen<br />
in ganz Deutschland. Unter anderem<br />
die taz, die Zeit und der Spiegel berichteten.<br />
Bei der Veröffentlichung der<br />
Broschüre präsentierte sich die linke<br />
„Es wird versucht<br />
jeglichen Imageschaden<br />
abzuwenden,<br />
indem<br />
man Diskussionen<br />
unterdrückt.“<br />
David Janzen, ARUG<br />
Fangruppierung UB01 nach über vier<br />
Jahren Abstinenz mit Anhängern aus<br />
Bremen und Hamburg wieder im eigenen<br />
Stadion und musste aufgrund der<br />
aufgeheizten Stimmung mit Hilfe eines<br />
massiven Polizeiaufgebots über den<br />
Gästeblock hinausbegleitet werden. Der<br />
langen Abwesenheitsphase von UB01<br />
gingen bereits Auseinandersetzungen<br />
mit anderen Fangruppierungen<br />
voraus, in<br />
dessen Folge die Fangemeinschaft<br />
von der Vereinsführung<br />
mit einem<br />
zweijährigen Stadionverbot<br />
geahndet wurde.<br />
„Ihr kommt hier nicht lebend<br />
raus!“, haben nach<br />
Angaben eines UB01-Anhängers<br />
nicht nur Fans der extrem rechten<br />
Gruppierungen gebrüllt. Die Gegenwehr<br />
bei den unpolitischen Fans, die<br />
in der Broschüre einen Angriff auf den<br />
Verein und den Versuch sahen, das Stadion<br />
<strong>als</strong> linksextreme Bühne zu missbrauchen,<br />
ist laut Janzen eine gängige<br />
Reaktion: „Es wird versucht jeglichen<br />
Imageschaden abzuwenden,<br />
indem man Diskussionen<br />
unterdrückt.“ Doch Diskussionsbedarf<br />
gibt es genug, wie<br />
die jüngsten Gewaltexzesse<br />
von rund 320 Hooligans nach<br />
dem letzten Saisonspiel der<br />
Eintracht in der Braunschweiger<br />
Innenstadt zeigen. Bei den Randalen vor<br />
dem Lokal „Movies“ in der neuen Straße<br />
wurden nach Polizeiangaben 20 Beamte<br />
durch herumfliegende Tische und<br />
Stühle verletzt. Wie Martin Schmidt,<br />
der (fiktive) Gründer der »Initiative gegen<br />
rechte (Hooligan)-Strukturen« gegenüber<br />
der taz erklärt, sollen bei den<br />
Ausschreitungen augenscheinlich Personen<br />
der rechten Hooliganszene mitgemischt<br />
haben. „Wir verurteilen diese<br />
gewalttätigen Übergriffe in aller Deutlichkeit,<br />
sie sind grundsätzlich nicht zu<br />
tolerieren. [...] Sobald die Täter identifiziert<br />
sind und feststeht, dass sie mit<br />
Eintracht Braunschweig in Verbindung<br />
stehen, werden auch wir entsprechend<br />
drastische Strafen verhängen“, lässt Eintracht-Geschäftsführer<br />
Soeren Oliver<br />
Voigt in einer Pressemitteilung verlautbaren.<br />
Auch zu den Vorwürfen es seien<br />
Hooligans aus der rechten Szene beteiligt<br />
gewesen, äußerten sich die Verantwortlichen:<br />
„Eintracht Braunschweig<br />
ist fest entschlossen, alle Möglichkeiten<br />
auszuschöpfen, um jede Äußerung<br />
von rechtem Gedankengut im Zusammenhang<br />
mit Eintracht Braunschweig<br />
zu unterbinden.“ Dass dies keine leeren<br />
Versprechen sind, macht zum Beispiel<br />
das jüngst ausgesprochene Stadionverbot<br />
für den NPD-Bundesvorsitzenden<br />
Holger Apfel deutlich. Dieser ist bekennender<br />
Eintracht-Fan und hat zum Beispiel<br />
das letzte Saisonspiel im Stadion<br />
verfolgt. Die erschreckend naiven Äußerungen<br />
des Vorsängers Thilo Götz<br />
gegenüber dem Fussballmagazin „11<br />
Freunde“, in denen er behauptet Nazis<br />
seien im Stadion geduldet, solange<br />
sie nicht auffällig werden würden, sollten<br />
wohl nun an der Vergangenheit angehören.<br />
Am Ende liegt die Verantwortung<br />
zu allererst bei uns selbst, rechte<br />
Tendenzen in unserer direkten Umgebung<br />
zu erkennen<br />
und<br />
sich ihnen<br />
entgegen zu<br />
stellen. #<br />
Foto: Zeitfixierer<br />
8
Campus<br />
Freiluftkino – kostenlos!<br />
Studierende zeigen zum zweiten Mal Filme im Garten des Kunstvereins<br />
Von Eva Casper<br />
Nach dem Erfolg im letzten<br />
Jahr soll das von Studierenden<br />
der Medienwissenschaften<br />
organisierte Freiluftkino auch in<br />
diesem Sommer wieder Besucher in<br />
den Garten des Kunstvereins locken.<br />
Unter dem Motto „Kult und Klassiker“<br />
gibt es ab dem 18. Juli ein abwechslungsreiches<br />
Programm an Filmen<br />
zu sehen, die schon „seit vielen<br />
Jahren oder gar Jahrzehnten von der<br />
Leinwand verschwunden sind.“<br />
Den Anfang macht das schwarzhumorige<br />
Action-Spektakel „Der blutige<br />
Pfad Gottes“. Danach folgen jeweils im<br />
Wochentakt „Für eine Handvoll Dol-<br />
lar“, „Das Leben des Brian“, „Casablanca“<br />
und „Oldboy“. Der letzte Film am<br />
22. August wird vom Publikum per Abstimmung<br />
bei der ersten Vorstellung<br />
am 18. Juli ausgewählt. Der Beginn der<br />
Vorführungen richtet sich jeweils nach<br />
der Dämmerung (ca. 21 Uhr). Der Eintritt<br />
ist frei. Kunstinteressierte Besucher<br />
können von 19 bis 20 Uhr<br />
kostenlos die Ausstellung des Kunstvereins<br />
besuchen. Für das perfekte<br />
Picknick-Erlebnis sollten Verpflegung,<br />
Decken und Klappstühle <strong>als</strong><br />
Mitbringsel nicht fehlen. Snacks und<br />
Getränke können aber auch vor Ort<br />
gekauft werden.<br />
Seit Januar diesen Jahres ist das Sommerkino-Projekt<br />
übrigens offiziell ein<br />
Verein. Der neue Status soll die Fortsetzung<br />
des Freiluftkinos auch in Zukunft<br />
sicherstellen.<br />
Weitere Informationen gibt es unter<br />
→sommerkino-braunschweig.de #<br />
„And Action!“<br />
Neue Moderatoren gesucht!<br />
Am 1. Oktober 2013 suchen wir ein neues<br />
Moderatorenpaar für das TV-Magazin studi38.tv.<br />
Am Campus der Ostfalia-Hochschule<br />
in Salzgitter kannst Du uns Dein<br />
Talent zum Moderieren beweisen!<br />
stud<br />
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studi38.tv<br />
38.tv<br />
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Bewirb Dich unter<br />
studi38@bzv.de<br />
und sei dabei!<br />
Steinofenpizza<br />
Bültenweg 95<br />
38106 Braunschweig<br />
Tel.: 0531 3808202<br />
Bringdienst-<br />
Gutschein 3 für 2 *<br />
* Bei Bestellung von 3 Pizzen der aktuellen Karte ist die günstigste<br />
kostenfrei. Nur gültig bei tel. Bestellung. Gültig bis 31.8.2013<br />
Wir freuen uns auf Dich! Weitere Infos unter → www.studi38.de<br />
Informationen zur Werbeform „GastroTipp“ erhalten<br />
Sie von Katharina Heidmann. Telefon: (0531) 3900-193<br />
E-Mail: katharina.heidmann@bzv.de
Campus<br />
Studium<br />
offline<br />
Internet und Co. sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken.<br />
Doch wie lässt es sich ohne Internet und andere elektronische Begleiter<br />
studieren? Wir haben es ausprobiert.<br />
Von Marina Müller & Christina Zais<br />
Marina hat einen Tag auf Handy, PC und<br />
Fernseher verzichtet.<br />
Das erste Problem habe ich schon morgens<br />
beim Aufstehen. Was tun, wenn<br />
der Wecker mein Handy ist?! Richtig<br />
– ausschlafen! Statt meinen restlichen<br />
(späten) Morgen mit Kaffee und Internetsurfen<br />
zu verschwenden, mache ich<br />
tatsächlich was für die Uni. Dabei fällt<br />
mir die bedrückende Ruhe in der Wohnung<br />
auf. Ohne Laptop und Fernseher<br />
wird der heutige Tag ein sehr leiser werden.<br />
Auf dem Weg zur Uni verpasse ich<br />
kurzerhand meinen Bus. Hätte ich mein<br />
Handy nutzen dürfen, wäre mir das sicherlich<br />
nicht passiert.<br />
Vorlesungszeit: Während die anderen<br />
mit ihrem Handy beschäftigt sind,<br />
starre ich abwechselnd die Präsentation<br />
und mein vollgekritzeltes Blatt an. Da<br />
ich heute nur mit Büchern lernen kann,<br />
begebe ich mich anschließend in die Bibliothek.<br />
Das erste Buch habe ich recht<br />
schnell in der Lehrbuchsammlung gefunden.<br />
Mein nächstes Ziel ist ein Englisch-Wörterbuch,<br />
nach dem ich vergeblich<br />
suche. Jetzt weiß ich, warum ich<br />
mir Bücher sonst online vormerke und<br />
abhole. Der weitere Nachmittag vergeht<br />
ohne Probleme. Wieder zu Hause beschäftige<br />
ich mich mit dem Lesen meiner<br />
Lektüre. Während ich anfangs noch<br />
englische Begriffe nachschlage, wird es<br />
mir nach einiger Zeit zu mühselig und<br />
ich blicke verstohlen auf meinen Laptop,<br />
der mir in Sekunden die Wörter<br />
übersetzen könnte.<br />
Resümee:<br />
Das Lernen geht einfach langsamer voran.<br />
Auch zum Zeitvertreib sind Laptop<br />
und Co. ständige Begleiter, auf die man<br />
ungern verzichtet.<br />
Christina lernte 3 Tage ohne Internet:<br />
Tag 1: Als um 9 Uhr der Wecker klingelt,<br />
scheint die Welt noch normal.<br />
Beim Frühstück informiert mich die<br />
Zeitung über das aktuelle Tagesgeschehen.<br />
Mein Blick schweift durch die Küche<br />
und ich bleibe neben dem Modem<br />
stehen. Ein gelber Post-it „Finger weg!<br />
Alice ist im Urlaub!“ klebt an der verstaubten<br />
weißen Box und erinnert mich<br />
an mein Vorhaben. Ich fahre meinen<br />
Computer hoch. Eine Erinnerung poppt<br />
auf. „Bücher verlängern!“ Normalerweise<br />
wirkt ein Mausklick Mahnungen<br />
entgegen. Nicht heute. Mir bleibt <strong>als</strong>o<br />
nichts anderes übrig, <strong>als</strong> meine Bücher<br />
persönlich zu verlängern. In der Bibliothek<br />
treffe ich einen Kommilitonen,<br />
der mir erzählt, dass Klausurergebnisse<br />
online sind. Was sich normalerweise<br />
<strong>als</strong> praktisch und unkompliziert erweist,<br />
entpuppt sich <strong>als</strong> Albtraum. Die<br />
altbekannten Aushängetafeln haben<br />
schließlich längst ausgedient. Als wäre<br />
das nicht schlimm genug, fällt mir ein,<br />
dass heute im stud.ip die Kursanmeldung<br />
für das nächste Semester ansteht.<br />
Es überkommt mich Panik, dass ich keinen<br />
Platz bekomme, wenn ich nicht um<br />
PUNKT 15 Uhr vor dem Bildschirm sitze<br />
und im Eiltempo auf „Anmelden“ klicke.<br />
Aus der Not heraus bitte ich meine<br />
Freundin dies für mich zu tun.<br />
Tag 2: Lerntreffzeit! Zu dritt machen<br />
wir uns über unsere Skripte her. Dass<br />
gestern bereits Probeklausuren ins Netz<br />
gestellt wurden, bemerke ich erst, <strong>als</strong><br />
eine Freundin ihren frisch gedruckten<br />
Papierstapel auspackt – na toll!<br />
Tag 3: Ich bin nicht die erste, die auf die<br />
Idee kam, ohne Internet zu leben. Buchautor<br />
Christoph Koch machte das Experiment<br />
ganze 40 Tage lang und verspürte<br />
„ein ständiges Phantomvibrieren“. So<br />
geht es mir nach 48 Stunden zwar nicht,<br />
dennoch hat sich der Gedanke von der<br />
Außenwelt abgeschottet zu sein schon<br />
fest in mir verhakt. Um mich abzulenken<br />
lese ich, telefoniere, versuche produktiv<br />
zu sein. Von guter Laune kann<br />
nicht mehr die Rede sein.<br />
Tag 4 (endlich!): Alice ist wieder da,<br />
und das ist gut so!<br />
Resümee:<br />
Ist das Internet da, fühlen wir uns abgelenkt.<br />
Ist es aber weg, scheint das Studium<br />
gefährdet. Recht machen kann es<br />
uns das Internet <strong>als</strong>o nicht! Dennoch:<br />
Die Möglichkeit auf einen unbegrenzten<br />
Zugang ist nicht nur Luxus, sondern für<br />
das Studium überlebensnotwendig. #<br />
Foto: Bibliotheek Krtrijik<br />
10
Samstag<br />
22. Juni 2013<br />
Wissenschaft trifft Musik<br />
TU Braunschweig<br />
19–1 Uhr<br />
www.tunight.de
Campus<br />
Campus<br />
historie<br />
Unter Tage: Der ehemalige<br />
Kneipenbesitzer Peter Kozica und<br />
eine Kollegin belegen Brötchen<br />
Die Keller-Mensa<br />
Geburtsstunde der HBK-Verpflegung<br />
Von Lisa Dauke<br />
Bevor die HBK ihre erste Mensa bekam,<br />
beherbergten die Räumlichkeiten<br />
im Keller des Gebäudes<br />
01 eine Studentenkneipe. Hier trafen<br />
sich Studierende zum Karten<br />
spielen oder auf ein paar<br />
Bierchen. Zu dieser Zeit gingen<br />
die Studenten zum Essen<br />
ins Arbeitsamt. Dafür musste<br />
man sich vorher Verpflegungsmarken<br />
kaufen. Diese<br />
waren mit 10 Stück für 11,20<br />
DM kostengünstig und man<br />
bekam <strong>als</strong> Student etwas<br />
Warmes zu essen.<br />
Im April 1976 war es endlich<br />
soweit und in den Kellerräumen<br />
wurde unter der Leitung<br />
von Peter Kozica eine<br />
heute provisorisch anmutende Mensa<br />
eingerichtet. Der ehemalige Kneipenbesitzer,<br />
der bis zu seinem Ruhestand die<br />
HBK-Mensa leitete, kam immer gut mit<br />
Der Funke war übergesprungen:<br />
Das Mensateam bei der Frühstückspause<br />
den Studierenden klar. Er selbst sagt<br />
heute: „Der Funke war übergesprungen.“<br />
Da gab es dann auch mal ein Essen<br />
umsonst oder einen Teller für zuhause.<br />
Denn das Geld war dam<strong>als</strong> wie<br />
heute chronisch zu knapp bei den Studierenden.<br />
Die Einrichtung und Größe<br />
der Mensa hat sich mit den Jahren immer<br />
weiter entwickelt. Zu Beginn bestand<br />
das Mobiliar noch aus alten kaputten<br />
Sofas. Erst nach und nach wurden<br />
Tische und Stühle angeschafft. Es gab<br />
sogar einen Flipperautomaten und es<br />
war völlig normal, dass an einem Tisch<br />
die Leute aßen und am nächsten wurde<br />
Karten gespielt und geraucht. Eine Zeit<br />
lang waren sogar Boden wie Wände mit<br />
einem Teppich überzogen. Unter Mithilfe<br />
des Technischen Hilfswerks (THW)<br />
wurden dann größere Umbaumaßnahmen<br />
vorgenommen, was das Angebot<br />
attraktiver machte.<br />
Die Mensa wurde mehr und mehr von<br />
den Studierenden angenommen und so<br />
wurden aus einem Gericht, das es zu Beginn<br />
gab, schnell drei verschiedene zur<br />
Auswahl. Ein Essen gab es dam<strong>als</strong> für<br />
1,40 DM und einen Kaffee für 60 Pfennig.<br />
Bevor es richtiges Geschirr in der<br />
Mensa gab, speisten die Studierenden<br />
von Einweggeschirr. Eine Waschstraße<br />
gab es nämlich noch nicht. Dieses wurde<br />
dann in einem großen Container auf<br />
dem Parkplatz entsorgt. „Im Sommer<br />
führte das durchaus zu unangenehmen<br />
Gerüchen“, erzählt Kozica. Einmal erlebte<br />
der Koch sogar einen handfesten<br />
Streik. Es sollten die Mensapreise erhöht<br />
werden. Die Studierenden – dam<strong>als</strong><br />
noch rebellischer – entschieden<br />
sich zu streiken und<br />
schlossen sich in der Mensa<br />
ein. Kozica solidarisierte<br />
sich dam<strong>als</strong> mit seinen Kunden,<br />
kochte ihnen sogar eine<br />
Streiksuppe und riskierte damit<br />
fast einen Rausschmiss.<br />
Die Uni jedoch stand hinter<br />
ihrem Koch und so gab<br />
es noch viele Jahre eine Keller-Mensa<br />
mit Peter Kozica,<br />
bis diese schließlich in ihre<br />
heutigen Räumlichkeiten<br />
umzog. #<br />
Fotos: Privat<br />
12
Campus<br />
Björk soll mit allen Isländern verwandt sein …<br />
Fotos: Inez van Lamsweerde and Vinoodh Matadin, Sad Engineer Studios<br />
Bump in the app<br />
before you bump in the bed!<br />
Eine App Soll Isländer vor Inzest schützen<br />
Von Carolin Unger<br />
Das Smartphone mit all seinen<br />
nützlichen Apps ist aus unserem<br />
alltäglichen Leben nicht mehr<br />
wegzudenken. Bei den meisten Smartphone-Nutzern<br />
geht sowohl abends <strong>als</strong><br />
auch morgens der erste beziehungsweise<br />
letzte Griff zum Telefon. Wer allerdings<br />
nach einer durchzechten Nacht<br />
seine neue Bekanntschaft noch mit auf<br />
einen Kaffee nach Hause nimmt, lässt<br />
den digitalen Begleiter meist unbeachtet.<br />
Ganz anders in Reykjavik. In der<br />
längst <strong>als</strong> Partytipp bekannten isländischen<br />
Hauptstadt entwickelt sich zumindest<br />
unter den Einheimischen das<br />
Smartphone gerade <strong>als</strong> guter Schutz vor<br />
einem bösen Erwachen.<br />
Denn die insgesamt 320.000 Isländer<br />
haben auf ihrer Insel mit dem ernsthaften<br />
Problem des Inzests zu tun. Das<br />
hört sich im ersten Augenblick komisch<br />
an – ist aber bitterer Ernst. Da in Island<br />
nahezu jeder mit jedem verwandt ist,<br />
„passiert es schon mal, dass man auf einer<br />
Familienfeier seinen<br />
One-Night-Stand wiedertrifft“,<br />
erzählt zum Beispiel<br />
Student Ólafur. Damit<br />
aus einem netten<br />
Flirt keine verbotene Liebe<br />
und im Falle der Reproduktion<br />
ein ernsthaftes<br />
Problem wird, gibt es<br />
schon seit Jahrzehnten<br />
das „Buch der Isländer“,<br />
in dem alle Stammbäume<br />
der Einheimischen gelistet<br />
und ihre verwandtschaftlichen<br />
Beziehungen<br />
zueinander aufgezeichnet<br />
sind. Da so ein Wälzer aber nicht gerade<br />
in die Hosentasche passt, haben nun<br />
drei Studenten der University of Iceland<br />
eine App entwickelt, die auf den Daten<br />
des Buches basiert. Der Slogan „bump<br />
in the app before you bump in the bed“<br />
erklärt im Endeffekt schon alles: Ist die<br />
App aktiv, müssen nur noch die beiden<br />
Telefone zusammengestoßen werden<br />
und schon werden die Daten beider Besitzer<br />
abgeglichen und der Verwandtschaftsgrad<br />
ermittelt. Das Ergebnis<br />
könnte dann über den weiteren Verlauf<br />
des Abends entscheiden.<br />
Was für Braunschweiger<br />
Studierende abstrus<br />
klingen mag, kommt bei<br />
den Isländern tatsächlich<br />
gut an. Mehr <strong>als</strong> 5000-mal<br />
wurde die App bereits<br />
installiert und durchschnittlich<br />
mit 4,3 Sternen<br />
bewertet. Ein User<br />
schrieb in die Bewertung:<br />
„Hätte es diese App schon<br />
früher gegeben, wäre<br />
ich wohl nicht mit meinem<br />
Cousin nach Hause<br />
gegangen.“ #<br />
13
Campus<br />
Einfach<br />
Thema<br />
raus!Titel-<br />
Die Semesterferien sind nah. Das ist unsere Chance aus dem Alltag auszubrechen, fremde Länder zu bereisen und<br />
neue Kulturen und Menschen kennenzulernen. studi38 hat <strong>als</strong> Inspiration Studierende nach ihren spannendsten<br />
Reiseerlebnissen gefragt. Dazu gibt es nützliche Tipps für eure Trips. Während die meisten von uns eher das<br />
kurzfristige Abenteuer in der Ferne suchen, wollen andere ihren <strong>komplett</strong>en Alltag dauerhaft ändern. Der Autor<br />
Henry David Thoreau zog dafür 1845 allein in eine Hütte im Wald und schrieb später: „ … intensiv leben wollte ich.<br />
Das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten was nicht Leben war …“ Für unsere Titelgeschichte<br />
haben wir zwei moderne Thoreaus getroffen, auf einem Wagenplatz und in einem Kleingartenverein. Also...packt<br />
eure Koffer oder schlagt die nächste Seite auf – und dann: einfach raus!<br />
15
Campus<br />
Unbezahlbar!<br />
Sechs Studierende erzählen, was sie auf ihren Reisen fernab<br />
von Pauschaltourismus und Bettenburgen erlebt haben<br />
Von Teresa Riedel<br />
Südschweden<br />
Name: Friederike Fänger<br />
Reiseziel: Im Sommer 2012 bin ich mit<br />
meinem Freund für drei Wochen mit<br />
dem Auto nach und durch Südschweden<br />
gefahren. Wir haben uns vorher<br />
eine Route überlegt. Von Dänemark<br />
sind wir mit der Fähre bis nach Göteborg<br />
und ab da an der Schärenküste<br />
entlang im großen Bogen nach Stockholm,<br />
weiter durchs Småland und über<br />
Malmö und Kopenhagen wieder gen<br />
Heimat gefahren.<br />
Wir haben fast die ganze Zeit gezeltet,<br />
aber wenn das Wetter ganz schlecht<br />
war, haben wir in den günstigen kleinen<br />
Hütten (Stugas) auf Campingplätzen<br />
übernachtet.<br />
Reisekosten: ca. 600 Euro pro Person<br />
Ich würde es wieder tun, weil … man in<br />
Schweden frei sein kann. Die Landschaft<br />
ist einfach wunderschön und<br />
wenn man durch den Wald läuft, hat<br />
man wirklich das Gefühl, dass einem<br />
jeden Moment Ronja Räubertochter<br />
und Birk über den Weg laufen.<br />
Die Landschaft wechselt zwischen<br />
wunderschöner Küste, Wiesen, Feldern<br />
und Wald. Dazwischen liegen klischeehaft<br />
die roten Schwedenhäuschen. Wie<br />
im Bilderbuch!<br />
Beim nächsten mal würde ich … durch<br />
Norwegen oder Lappland fahren.<br />
Geheimtipp: Das Astrid Lindgren Museum<br />
und ihr Geburtshaus in Vimmerby<br />
in Småland und die 1000 Jahre alte Eiche<br />
im Naturreservat Kvill in Småland<br />
UND natürlich Kanelbullar (schwedische<br />
Zimtschnecken) essen!<br />
Rumänien<br />
Name: Merle Hympendahl<br />
Reiseziel: Rumänien. In zwei Wochen<br />
durch die Karpaten bis zum<br />
Schwarzen Meer und wieder zurück.<br />
Hinfahrt: Zu zweit mit dem<br />
Auto durch Polen, Ungarn, die Slowakei.<br />
Unterkunft meistens bei<br />
Bekannten meiner rumänischen<br />
Freundin. Rückfahrt: Im Bus in 24<br />
Stunden nach Bremen.<br />
Reisekosten: ca. 400 Euro<br />
Ich würde es wieder tun, weil …<br />
es noch so viel zu entdecken gibt<br />
und die Natur überwältigend schön<br />
ist.<br />
Beim nächsten mal würde ich …<br />
auch mal in die Touristengegenden<br />
fahren.<br />
Geheimtipp: Alles.<br />
16
Campus<br />
Titel-<br />
Thema<br />
Brasilien<br />
Name: Theresa Meidinger<br />
Reiseziel: Ich habe von Anfang September<br />
2012 bis Ende März 2013 ein<br />
Auslandssemester in SJdR (ca. 90.000<br />
Einwohner) gemacht. Das liegt im Bundesland<br />
Minas Gerais, im Inland. Man<br />
braucht rund fünf Stunden mit dem<br />
Bus nach Rio de Janeiro. Gewohnt habe<br />
ich in einer 5er WG mit Studierenden<br />
der dortigen Uni. Ich habe hauptsächlich<br />
Theater und Portugiesisch studiert.<br />
Zwischenzeitlich bin ich für 4 Tage<br />
bis 3 Wochen gereist, meist mit Bussen.<br />
Nur für extrem weite Strecken am<br />
Stück bin ich geflogen. Meine Reisen<br />
gingen in unterschiedliche Städte, aber<br />
auch in die Natur. Auf den Straßen<br />
habe ich Samba in Flip Flops getanzt<br />
und zu Funk auf den WG-Partys.<br />
Wenn wir ein Bier in der Bar bestellt<br />
haben, wurde es geteilt. Die Menschen<br />
in Brasilien leben im Moment und<br />
scheinen nicht einmal die nächsten<br />
zehn Minuten zu planen, ich hatte dort<br />
ein ganz anderes Lebensgefühl!<br />
Reisekosten: Ich schätze, dass es für 7<br />
Monate rund 5000 Euro waren.<br />
Ich würde es wieder tun, weil …<br />
Brasilien ein wahnsinnig schönes, riesiges,<br />
vielfältiges und vielseitiges Land<br />
ist und die Brasilianer mit die herzlichsten<br />
Menschen sind, die ich bisher<br />
getroffen habe.<br />
Beim nächsten mal würde ich …<br />
in den Amazonas fliegen und eine Tour<br />
durch den Dschungel machen.<br />
Geheimtipp: In Ponta da Tulha mit einer<br />
riesigen brasilianischen Familie und<br />
selbstgezaubertem brasilianischem Essen<br />
am golden-weißen Sandstrand im<br />
türkis-grünen Meer ins neue Jahr starten<br />
und unter klarstem Sternenhimmel<br />
Samba und Forró tanzen. Ein Caipirinha<br />
darf da natürlich nicht fehlen!<br />
Titelfoto: Florian Koch, Fotos: Privat<br />
Jakobsweg<br />
Name: Eva Dreier<br />
Reiseziel: Im August letzten Jahres bin<br />
ich mit einer Bekannten auf dem Jakobsweg<br />
gepilgert. Wir hatten uns<br />
kaum informiert, wollten einfach mal<br />
sehen, was so passiert ohne uns groß<br />
vorzubereiten. Das Motto auf dem Jakobsweg<br />
lautet: Folge den gelben Pfeilen.<br />
Manchmal gar nicht so einfach!<br />
So liefen wir <strong>als</strong>o 620 Kilometer durch<br />
Nordspanien, nach Sanstiago de Compostela<br />
und weiter an die Küste nach<br />
Finisterre.<br />
Reisekosten: Rund 15 Euro am Tag,<br />
wenn man wirklich sparsam lebt. Je<br />
näher man Santiago de Compostela<br />
kommt, desto teurer werden die<br />
Herbergen.<br />
Ich würde es wieder tun, weil …<br />
man gezwungen ist ein Leben ohne<br />
Handy und Internet zu führen und so<br />
den Fokus auf das Wesentliche<br />
legt, man unglaublich<br />
spannende<br />
Bekanntschaften macht,<br />
weil Dinge auf dem Weg<br />
passieren, die rational<br />
nicht erklärbar sind, weil<br />
ich körperlich so fit wie<br />
schon lange nicht mehr<br />
war, weil man gezwungen wird sich<br />
mit sich selbst zu beschäftigen und so<br />
mal Ordnung im Inneren schafft, weil<br />
man gehen kann, wann man möchte,<br />
weil man bleiben kann, wenn man<br />
möchte, weil man unabhängig ist und<br />
somit eine riesige Freiheit genießen<br />
kann, weil die Natur oft wunderschön<br />
ist, weil man Freunde fürs Leben finden<br />
kann: wie meine Reisebegleitung,<br />
die ich vorher kaum kannte.<br />
Beim nächsten Mal würde ich …<br />
meinen Rucksack mit<br />
Lavendel vollhängen, damit<br />
die Bettwanzen von<br />
mir fern bleiben, mehr<br />
Blasenpflaster einpacken,<br />
mir einen gescheiten<br />
MP3-Player besorgen,<br />
mit dem Bus zurück<br />
nach Deutschland fahren,<br />
um die Erfahrungen und Erlebnisse<br />
nochmal Revue passieren zu lassen.<br />
Geheimtipp: Auf dem Nordweg neben<br />
der Hauptroute hat man vor den parfümierten<br />
Möchtegernpilgern eher seine<br />
Ruhe. Die kleinen, privaten Herbergen<br />
sind oft viel angenehmer, da die Atmosphäre<br />
sehr familiär und herzlich war.<br />
In den Herbergen nie sagen, dass man<br />
Bettwanzen mit sich rumschleppt!<br />
17
Campus<br />
Westeuropa<br />
Name: Stephan Schanda<br />
Reiseziel: Eine Reise möglichst ohne<br />
Ziel im Gebiet Westeuropa (Portugal,<br />
Spanien, Frankreich). Wir flogen mittels<br />
Billigflug nach Faro in Portugal.<br />
Von dort aus trampten wir fast ausschließlich.<br />
Die Strecke ging von Südportugal,<br />
mit vielen Zwischenhalten<br />
und Haltebuchten bis nach Zentralportugal<br />
(Lissabon und nördlich davon)<br />
über Permakulturprojekte, Strandbuchten,<br />
Höhenzüge, wenig Talfahrten,<br />
viele tolle Menschen, Partys in<br />
der Natur, Idylle. Auf der Suche nach<br />
einem Festival schlossen wir uns einer<br />
LKW-Kolonne an, besuchten das<br />
Festival und tourten danach noch mit<br />
rund zehn LKWs, zehn Hunden und<br />
ungefähr 20 Menschen durch Spanien,<br />
von Spot zu Spot bis an die Nordküste<br />
Richtung Frankreich. Ab Frankreich<br />
ging es dann wieder per Anhalter nach<br />
Deutschland.<br />
Reisekosten: Für rund 11 Wochen Reisedauer<br />
ungefährt 570 Euro.<br />
„Ich würde es wieder tun, weil … ich<br />
noch nie so eine tolle Reise hatte, in<br />
welcher ich so vielen verschiedenen<br />
Leuten, Orten, in so kurzer Zeit, für<br />
so wenig Geld begegnet bin! Trampen<br />
würde ich auch immer wieder, ein super<br />
Weg, um die verschiedensten Leute<br />
kennenzulernen und um kostenlos irgendwo<br />
hinzukommen.<br />
Beim nächsten Mal würde ich … so ziemlich<br />
alles anders machen! Ich will ja<br />
nicht zweimal das Gleiche erleben.<br />
Vielleicht ganz aufs Zelt verzichten<br />
oder kürzer gesagt, immer so wenig<br />
wie möglich mitnehmen. Mensch findet<br />
sowieso meist alles vor Ort und<br />
wenn nicht, dann gehört es vielleicht<br />
nicht an den Ort, sprich dann brauchst<br />
du es auch nicht.<br />
Geheimtipps: Zelten ist zwar meist überall<br />
verboten, aber wer weiß denn, dass<br />
du zeltest! Selbstgebrannter Schnaps<br />
von portugiesischen Bauern (Medronho<br />
oder so), harter Sch***! Die Geräusche<br />
im Wald werden meist von Bambi verursacht...<strong>als</strong>o<br />
nicht so schlimm! Naja<br />
ansonsten: Immer offen bleiben, sonst<br />
kannst du ja nichts aufnehmen! Viel<br />
Spaß beim Reisen!!!<br />
Istanbul<br />
Name: Kevin Kurmann<br />
Reiseziel: Istanbul. Inmitten der Wintersemesterklausurenphase<br />
2012 entstand<br />
in unserem Freundeskreis die<br />
Idee in Zweierteams <strong>als</strong> „Wettrennen“<br />
von Braunschweig bis nach Istanbul zu<br />
trampen und das ganze in einem Blog<br />
für die Daheimgebliebenen zu veröffentlichen.<br />
Das Trampen erwies sich<br />
in Deutschland am schwierigsten und<br />
je weiter man dem großen Ziel Istanbul<br />
rückte, desto einfacher wurde es.<br />
Man lernt hierbei die verschiedensten<br />
Menschen kennen und kam in unserem<br />
Fall zum Nulltarif 2300 Kilometer<br />
durch viele Länder. Wir haben auf<br />
dem Weg nach Istanbul sehr viel Gastfreundschaft<br />
erfahren und interessante<br />
Menschen kennengelernt. Jede Stadt<br />
in der wir einen Halt eingelegt hatten<br />
war auf ihre Art und Weise etwas Besonderes,<br />
am besten haben mir jedoch<br />
Budapest und Istanbul gefallen. Diese<br />
Städte sind meiner Meinung nach auf<br />
jeden Fall einen Besuch wert. Für Interessierte<br />
stehen ausführliche Reiseberichte<br />
aller vier Teams online unter:<br />
http://trampchampion2012.blogspot.de<br />
Reisekosten: 420 Euro.<br />
Ich würde es wieder tun, weil … es durch<br />
Trampen möglich ist mit geringem<br />
Budget sehr viele interessante Orte zu<br />
sehen. Auch lernt man schnell viele interessante<br />
Personen kennen und baut<br />
Vorurteile ab.<br />
Beim nächsten mal würde ich … nicht<br />
über meine Tramppartnerin in Wanderschuhen<br />
lachen, sondern selbst welche<br />
anziehen – unbequeme Turnschuhe<br />
sind der Horror!<br />
Geheimtipps: 1. Szimpla in Budapest<br />
(eine riesige und günstige aus Schrott<br />
gebaute Bar). 2. Die Margareteninsel in<br />
Budapest (sehr grüne und ruhige Insel<br />
inmitten von Budapest auf der Donau).<br />
3. Die kleinste der Prinzeninseln in Istanbul<br />
(wenig besiedelte Insel mit viel<br />
Grün, welche <strong>komplett</strong> im Kontrast<br />
zur hektischen Großstadt steht). #<br />
Fotos: Privat<br />
18
Campus<br />
Titel-<br />
Thema<br />
Tipps für Trips<br />
Günstig und Gut verreisen – so gehts!<br />
Von Teresa Riedel, Interview Christian Göttner<br />
Philipp Cantauw<br />
über das Reisen im Fernbus<br />
Couchsurfing: Eine kostenlose<br />
Alternative zu Hotel und Co.<br />
Umso weiter ihr reisen wollt,<br />
umso mehr Zeit und Geld<br />
braucht ihr. Bei Reisen in andere<br />
Kontinente kommt man um den<br />
Billigflieger meist nicht herum und ein<br />
Auslandssemester bietet sich häufig an,<br />
um den Geldbeutel zu entlasten. Natürlich<br />
kann man auch überall hin trampen<br />
und den Daumen in den Wind zu halten<br />
ist immer noch die günstigste Reisemethode.<br />
Besonders bietet sich trampen<br />
bei Reisen ohne lange Überseewege an<br />
und wenn man zu zweit unterwegs ist.<br />
Wenn ihr dann auch noch genug Zeit<br />
und ein Zelt im Gepäck habt, steht einer<br />
abenteuerlichen und günstigen<br />
Reise nichts mehr im Weg. Wildcampen<br />
ist in Teilen Deutschlands, Schweden,<br />
Schottland und Australien erlaubt.<br />
Wer nicht trampen möchte kann sich<br />
<strong>als</strong> preiswerte Alternative auch eine<br />
Mitfahrgelegenheit suchen. Damit<br />
kommt man mittlerweile fast überall<br />
hin und es ist ökologisch unbedenklicher<br />
<strong>als</strong> zu fliegen. Ein Vorteil der Fahrgemeinschaften<br />
ist, dass der Preis sich<br />
nicht verändert, wenn ihr früher oder<br />
später bucht und das Ziel variabler zu<br />
bestimmen ist. Denn für einen günstigen<br />
Flug muss man sich meist sehr<br />
frühzeitig entscheiden oder per Lastminute<br />
sehr spontan sein. Mit Europaticket,<br />
Interrail und dank einer Gesetzesänderung<br />
diversen neuen Busunternehmen<br />
(siehe Interview) kommt man auch mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln fast überall<br />
hin und beim Zug und Busfahren ist<br />
lernen, lesen oder Hausarbeit schreiben<br />
doch am angenehmsten. Außerdem<br />
starten diese Verkehrsmittel direkt von<br />
Braunschweig oder deinem Heimatort.<br />
Auch bei der Übernachtung gibt es<br />
außer campen günstige Alternativen.<br />
Beim Couchsurfing bekommt man nicht<br />
nur einen kostenlosen Schlafplatz, man<br />
lernt auch Städte und Leute besonders<br />
gut kennen. Hostels und Wanderherbergen<br />
sind in der Hauptsaison ebenfalls beliebte<br />
Übernachtungsmöglichkeiten. In<br />
der Nebensaison rentieren sich Billighotels<br />
in großen Städten manchmal sogar<br />
mehr. Wenn die Hinfahrt und erste<br />
Schlafplätze erst mal geklärt sind kann<br />
einem entspannten oder wilden Studentenurlaub<br />
nichts mehr im Wege stehen.<br />
Vor allem nicht die Angst, die Studiengebühren<br />
im nächsten Semester nicht<br />
mehr bezahlen zu können. #<br />
Welche Auswirkungen hat die Aufhebung des<br />
70-jährigen Monopols der Deutschen Bahn für<br />
Fernbusse?<br />
Nach Erteilung der Streckenrechte dürfen nun<br />
auch Fernbusse Personen nach einem festen Fahrplan<br />
im Linienverkehr befördern. Hieraus erwächst<br />
ein ganz neues Marktsegment, das längst<br />
nicht nur auf Bahnkunden zielt. Vielmehr nutzen<br />
viele Gäste den Fernbus, die vorher mit dem eigenen<br />
PKW oder der Mitfahrzentrale gereist sind.<br />
Ihre neue Fernbuslinie „Mein Fernbus“ gibt es<br />
seit März. Wie lautet ihr vorläufiges Resümee?<br />
„MeinFernbus“ ist eine Dachmarke, der sich inzwischen<br />
16 Unternehmen in ganz Deutschland<br />
angeschlossen haben. Wir sind der norddeutsche<br />
Partner. Der bisherige Verlauf stimmt uns sehr<br />
zuversichtlich.<br />
Welche Strecken werden bislang gefahren? Welche<br />
sind zukünftig noch geplant?<br />
Gestartet sind wir mit der Strecke Wolfenbüttel<br />
– Braunschweig – Celle – Hamburg, die wir pro<br />
Richtung 4 mal täglich anbieten. Seit Mai 2013 bedienen<br />
wir zudem die Strecke Hamburg – Celle –<br />
Braunschweig – Magdeburg – Leipzig – Nürnberg<br />
– München mit mehreren täglichen Verbindungen.<br />
Foto: Jiuck, Privat<br />
Was kosten die Fahrten und wie oft wird angehalten?<br />
Ist eine Vorreservierung nötig?<br />
Da es sich um ein variables Preissystem handelt,<br />
lohnt sich eine frühzeitige Buchung in jedem Fall.<br />
Die Preise für die Fahrt von Braunschweig nach<br />
Hamburg oder Leipzig beginnen bei 11 Euro, von<br />
Braunschweig nach München geht es schon ab 25<br />
Euro. Den günstigsten Fahrpreis erhält man bei<br />
Buchung unter →www.meinfernbus.de #<br />
19
Campus<br />
Ein Platz im Grünen<br />
Das individuelle Lebensmodell einer Studentin*<br />
Von Elena Schade<br />
* Teresa ist Mitglied unserer Redaktion. Wir fanden ihren Lebensentwurf so spannend, dass wir trotzdem über sie berichten wollten.<br />
Keinen Strom. Kein fließendes<br />
Wasser. Im Sommer ein Bett<br />
unter freiem Himmel. Für viele<br />
klingt das wie ein aufregendes Camping-Abenteuer.<br />
Für Teresa sieht so<br />
der Alltag aus. Seit einem Jahr lebt die<br />
24-Jährige auf einem zwischen Bäumen<br />
und Sträuchern versteckten Gelände in<br />
einer Gemeinschaft von Bauwagenbewohnern.<br />
Der genaue Standort bleibt<br />
ein nur selten aufgedecktes Geheimnis.<br />
Als Teresa 2011 in Braunschweig<br />
ihr Studium in den Fächern Germanistik<br />
und Darstellendes Spiel für gymnasiales<br />
Lehramt begann, wohnte sie zunächst<br />
in einer ganz normalen WG.<br />
Doch dann lockte sie die individuelle<br />
Lebensweise auf dem Wagenplatz und<br />
der Traum vom unabhängigen Eigenheim.<br />
Schon einige Male hatte Teresa<br />
zuvor eine Freundin auf dem Platz besucht.<br />
Zusammen mit den anderen Bewohnern<br />
hatten sie am Feuer gesessen,<br />
stundenlange Gespräche geführt und<br />
Meinungen ausgetauscht. Nach einigen<br />
Nächten auf Probe stand dann fest: Diese<br />
Art zu leben gefällt der jungen Frau.<br />
Für 500 Euro kaufte sie den bunt angestrichenen<br />
Wagen von einer Mitbewohnerin<br />
ab und richtete sich auf wenigen<br />
Quadratmetern bescheiden ein. „Die<br />
erste Nacht war toll.“, erzählt Teresa.<br />
„Alles roch nach frischem Holz und unbeschwerter<br />
Natur. Ich spürte ein Gefühl<br />
von Freiheit.“ Den Umzug machte<br />
sie fast ausschließlich mit einem Fahrradanhänger,<br />
viele Sachen konnte sie<br />
ohnehin nicht mitnehmen. Dennoch<br />
fand alles seinen Platz in dem kleinen<br />
Raum. Schlafzimmer, Arbeitszimmer,<br />
Küche. Nur das Bad fehlt. „Ich dusche<br />
entweder bei Freunden, in der Uni oder<br />
im Sommer auch mal draußen mit biologisch<br />
abbaubarer Seife. Meine Wäsche<br />
bringe ich in einen Waschsalon“, klärt<br />
Fotos: Elena Schade<br />
20
Campus<br />
Titel-<br />
Thema<br />
Teresa auf. Strom hat die Studentin<br />
nicht, dafür eine Menge Kerzenständer.<br />
Internet nutzt sie meistens in der Uni.<br />
Dort druckt sie auch Vorlesungsskripte<br />
oder Texte aus und schreibt ihre Hausarbeiten.<br />
Nur das Handy oder den Laptop<br />
lädt sie gelegentlich bei der Nachbarin<br />
auf, die Solarzellen auf dem Dach<br />
hat. Der hintere Teil des Bauwagens ist<br />
durch eine waagerecht angebrachte<br />
Holzplatte in zwei Ebenen aufgeteilt.<br />
Der obere Bereich dient <strong>als</strong> Bett und<br />
Schlafplatz. An den Wänden hängen<br />
überall kleinere und größere Regale, die<br />
bis auf den letzten Millimeter gefüllt<br />
sind. Vieles der Einrichtung hat Teresa<br />
selbstgebaut. „Man muss hier eben immer<br />
ein bisschen improvisieren.“ Sie<br />
lacht. An der Decke direkt über dem<br />
Bett entfaltet sich ein Sternenhimmel<br />
aus selbstklebenden Leuchtstickern. Für<br />
kulinarische Genüsse sorgt die kleine<br />
Kochstelle auf der linken Wagenhälfte.<br />
Mithilfe einer Propangasflasche zaubert<br />
die Studentin dort auf zwei tragbaren<br />
Herdplatten vegetarische Gerichte. Neben<br />
der „Küche“ befindet sich im vorderen<br />
Teil des Raumes ein schwarzer Holzofen.<br />
„Wir heizen mit Öfen und das ist<br />
auch ausreichend warm“, erklärt Teresa.<br />
„Die Holzbriketts, die ich mir kaufe,<br />
sind allerdings nicht ganz günstig<br />
und da wünscht man sich schon, dass<br />
sich möglichst schnell der Frühling einstellt.“<br />
Besonders der lange Winter in<br />
diesem Jahr sei eine zähe Zeit gewesen.<br />
Draußen neben dem kleinen Bauwagen,<br />
steht unter einer Art selbstgebautem<br />
und mit Wellblech bedecktem Carport<br />
ein hübsch verschnörkeltes Bett, unverkennbar<br />
Ikea. „Hier schlafe ich, wenn es<br />
warm ist. Das Bett habe ich aus meiner<br />
früheren Wohnung mitgenommen.“<br />
Im selben Moment fliegt eine dicke<br />
Hummel in den Korb mit Wäsche und<br />
sorgt während des Gesprächs für leise<br />
Geräuschuntermalung aus den Kleidertiefen.<br />
„An Insekten muss man sich<br />
gewöhnen“, kommentiert Teresa. Sie<br />
seien eben Teil der Natur und im Wohnbereich<br />
nicht zu vermeiden, wenn man<br />
quasi unter „freiem Himmel“ schläft.<br />
Lachend zeigt sie anschließend auf die<br />
vielen Spinnenweben über dem Bett<br />
und gesteht eine leichte Spinnenphobie.<br />
Im Sommer verbringt die Studentin<br />
nach der Uni fast die <strong>komplett</strong>e Zeit<br />
draußen. Das ist einer der großen Vorteile<br />
am Leben auf dem Wagenplatz.<br />
Mit Teresa leben noch ungefähr 20 weitere<br />
Bewohner auf dem Platz, der kreuz<br />
und quer mit verschiedensten Bauwagen<br />
und bunt angestrichenen Schuppen<br />
versehen ist. Darunter sind Studierende<br />
wie Berufstätige. Einmal im Monat<br />
versammelt sich das ganze Plenum auf<br />
dem Platz und entscheidet gemeinsam<br />
über bevorstehende Veränderungen. Es<br />
herrscht das Prinzip der Basisdemokratie,<br />
jede Stimme zählt gleich. Das ist<br />
den Bewohnern wichtig. Neben dem<br />
gemeinsamen Treffen von Entscheidungen,<br />
spielt sich auch das restliche<br />
Leben auf dem Wagenplatz hauptsächlich<br />
in der Gemeinschaft ab. Entziehen<br />
kann sich der Einzelne schwer. In der<br />
Gemeinschaftsküche wird gemeinsam<br />
gekocht, am Lagerfeuer erzählt und in<br />
der platzeigenen „Wagenbar“ gefeiert.<br />
Auch Gäste sind jederzeit willkommen,<br />
nicht nur auf den von Platzbewohnern<br />
veranstalteten Festen oder Konzerten.<br />
„Freunde besuchen mich hier öfter“, erzählt<br />
Teresa. „Und auch meine Eltern<br />
waren schon hier und haben eine Nacht<br />
in unserem Gästewagen verbracht. Sie<br />
sind zum Glück sehr tolerant und akzeptieren<br />
meine Entscheidung.“ Toleranz<br />
gegenüber dem Wagenplatz hat<br />
mittlerweile auch die Stadt gezeigt.<br />
Früher ein umstrittenes Gelände, können<br />
die Bewohner den Platz heute <strong>als</strong><br />
ihren offiziellen Wohnort angeben. Die<br />
Post flattert dann in einen der zahlreichen,<br />
bunten und selbstgebauten Briefkästen.<br />
Alle Kästen sind wild um einen<br />
einzigen Baum herum platziert. Unwissende<br />
würden an dieser Stelle wohl ein<br />
modernes Kunstwerk vermuten. Die alternative<br />
Individualität spiegelt sich angefangen<br />
bei der Postkastenarchitektur<br />
auch in den anderen Bereichen des Bauwagenplatzes<br />
wieder. Trotzdem ist neben<br />
lilafarbenen Dreadlocks auch eine<br />
„ganz normale Durchschnittsfrisur“ anzutreffen.<br />
Es gehe <strong>als</strong>o nicht um eine<br />
„auf Teufel komm raus“ praktizierte<br />
Abgrenzung in allen Bereichen, erzählt<br />
Teresa. Das Leben hier dient nicht <strong>als</strong><br />
Komplettausstieg aus der Gesellschaft,<br />
sondern es erfüllt seinen Zweck <strong>als</strong> Alternative<br />
zu einem geregelten „normalen“<br />
Alltag. Natürlich habe eine Wohnung<br />
auch einige Vorzüge, die in dem<br />
Bauwagen manchmal fehlen, gibt die<br />
Bewohnerin gegen Ende des „Hausbesuches“<br />
zu. Trotzdem möchte sie auf<br />
ihre individuelle Lebensweise im Moment<br />
nicht verzichten. „Insgesamt<br />
finde ich es einfach wichtig, sich seine<br />
Lebensräume zu nehmen, sich dafür<br />
einzusetzen, dass die Lebensform<br />
auch anerkannt wird und man keine<br />
Angst vor Räumung haben muss.“<br />
Für die Zukunft plant Teresa, mindestens<br />
bis zum Ende ihres Studiums in ihrem<br />
Wagen wohnen zu bleiben. Danach<br />
würde sie erst einmal wieder eine ganz<br />
normale Wohnung in Erwägung ziehen.<br />
Eine alternative Zukunftsvision hat sie<br />
allerdings jetzt schon. „Irgendwann ab<br />
einem gewissen Alter möchte ich wieder<br />
aussteigen: „Ich stelle mir ein großes<br />
Grundstück auf dem Land vor, auf<br />
dem auch durchaus ein paar Wagen<br />
stehen. Dort möchte ich gerne mit vielen<br />
Tieren und anderen Menschen, vielleicht<br />
auch mit Menschen mit Behinderung,<br />
zusammenleben. Das wäre mein<br />
Traum.“ #<br />
21
Campus<br />
Experiment<br />
Schrebergarten<br />
Abschied von der Studenten-WG: Clara lebt in einem Schrebergarten<br />
Von Nina Sieverding<br />
Oh, ich mag das so, wenn es geregnet<br />
hat“, sagt Clara (Name<br />
vom Verfasser geändert), nachdem<br />
sie eine kleine Führung durch ihren<br />
Garten abgeschlossen hat: Zwei Apfelbäume<br />
stehen da, Pfingstrosen, eine<br />
Hängematte, ein Gartenstuhl, ein Kompostklo.<br />
Die Sonne steht tief und fällt<br />
durch die Blätter der Bäume, die Luft<br />
riecht frisch, das Gras ist noch feucht.<br />
Den Rasen hat sie erst vor kurzem gemäht,<br />
mit einem Handrasenmäher. An<br />
manchen Stellen wächst es noch wild,<br />
mit Löwenzahn und Gänseblümchen.<br />
Clara trägt einen roten Wollpullover<br />
und eine schwarze Stoffhose, dazu Lederstiefel.<br />
Sie ist Anfang Zwanzig, studiert<br />
seit zwei Jahren ein künstlerisches<br />
Fach in einer norddeutschen Großstadt.<br />
Im letzten Sommer traf sie die Entscheidung,<br />
in einen Schrebergarten zu ziehen.<br />
Mit der alten Studenten-WG hatte<br />
es aus persönlichen Gründen nicht<br />
mehr geklappt. Einzelwohnungen waren<br />
zu teuer, potenzielle Mitbewohner<br />
unsympathisch. „Als ich mal mit dem<br />
Zug gefahren bin, hab’ ich die ganzen<br />
Schrebergärten gesehen.“ Einige Besichtigungstermine<br />
später hatte sie<br />
dann ihre Kolonie gefunden.<br />
Legal ist das nicht, dessen ist sie sich<br />
bewusst. Um die 150 Euro Pacht bezahlt<br />
sie im Jahr, das Haus auf dem Grundstück<br />
musste sie kaufen – für einen<br />
Betrag, den eine dreiköpfige Studenten-WG<br />
in Braunschweig pro Monat bezahlt.<br />
Ihre Freunde wissen Bescheid, die<br />
Nachbarn hingegen wissen nichts, aber<br />
ahnen tun sie es wohl. Angst, dass sie je-<br />
Fotos: Nina Sieverding<br />
22
Campus<br />
Titel-<br />
Thema<br />
mand von denen verpfeift, hat sie nicht.<br />
„Ich denk mir halt, solange ich denen<br />
keinen Grund gebe, und meine Hecke<br />
ordentlich schneide, und nett bin...“ Offiziell<br />
gemeldet ist sie, einen Mietvertrag<br />
bei Freunden besitzt sie auch, für<br />
die Post.<br />
Im Haus sieht es nicht anders aus <strong>als</strong><br />
in anderen Studentenzimmern: Sessel,<br />
volle Bücherregale, eine Kommode, Musikinstrumente,<br />
Fotos. Und dann, auf<br />
den zweiten Blick: In der Ecke eine kleine<br />
Kochnische mit Elektroherdplatte.<br />
Ein Brief für potenzielle Einbrecher. Auf<br />
der To-Do-Liste an der Wand stehen Aufgaben<br />
wie „Fenster mörteln“ und „Pumpe<br />
installieren“.<br />
Auf der Kommode liegt eine <strong>Ausgabe</strong><br />
von Henry David Thoreaus Walden.<br />
„Da konnte ich mich sehr mit identifizieren,<br />
<strong>als</strong> er sein Haus gebaut hat“, sagt<br />
sie. Auch Thoreau zog mit Ende zwanzig<br />
in eine Hütte im stadtnahen Wald.<br />
Das war 1845, <strong>als</strong> sich Neuengland im<br />
Prozess der Industrialisierung befand<br />
und die Beschleunigung des damaligen<br />
Lebens zunahm. Thoreau war auf<br />
der Suche nach einem einfacheren Lebensstil,<br />
fand endlich Ruhe <strong>als</strong> Aussteiger<br />
einer sich rasch verändernden Gesellschaft<br />
am Walden-See bei Boston.<br />
Auch Clara hat ihr Häuschen vor dem<br />
Einzug <strong>komplett</strong> renoviert. Vogeleierund<br />
-skelette, Rattenkot und Gerümpel<br />
bedeckten den Boden, der Garten war<br />
Gemütlich im Gartenhaus: Küche und Vorratskammer<br />
<strong>komplett</strong> zugewuchert.<br />
Drei Wochen lang verbrachte<br />
sie damit Wände<br />
zu isolieren, eine<br />
Decke einzuziehen und<br />
Schutt wegzuräumen,<br />
auch den Ofen hat sie<br />
selbst eingebaut. „Jetzt<br />
bin ich Anfang 20 und<br />
habe schon mein eigenes<br />
Haus.“ Sie lächelt.<br />
Viel Vorerfahrung hatte sie dabei nicht,<br />
fragte meist einfach im Baumarkt nach.<br />
Freunde kommen mittlerweile mit Fragen<br />
zur Wohnungsrenovierung zu ihr.<br />
Trotzdem sind die anderen Schrebergärten<br />
im Vergleich zu ihrem luxuriös<br />
eingerichtet. „Die haben Fernseher,<br />
Kühlschrank, supergroße Küche, die<br />
leben halt total high-tech.“ Clara hat<br />
kein fließend Wasser, das zapft sie sich<br />
von der nächsten öffentlichen Wasserstelle,<br />
weswegen sie damit mittlerweile<br />
auch sparsamer umgeht. Für alltägliche<br />
Gewohnheiten benötigt sie mehr<br />
Zeit <strong>als</strong> der Durchschnitts-Student: Warmes<br />
Wasser muss beispielsweise erst im<br />
Wasserkocher erhitzt werden. Dreimal<br />
in der Woche geht sie ins Schwimmbad,<br />
die Wäsche wäscht sie im Waschsalon.<br />
Unkomplizierter geht da Kochen. Clara<br />
bemerkt amüsiert, dass viele Gäste darüber<br />
erstaunt sind, wie wenig sich das<br />
Zubereiten von warmen Mahlzeiten von<br />
dem in einer Wohnung unterscheidet.<br />
„Mir sagen so viele<br />
Leute, dass sie sich<br />
hier so superwohl<br />
fühlen, weil die<br />
einfach mal wieder<br />
runterkommen<br />
können, von diesem<br />
ganzen Stress.“<br />
Durch ihre Erfahrungen<br />
in dem Haus<br />
sei sie naturverbundener<br />
geworden, die Sinne<br />
mittlerweile sensibilisiert:<br />
Bei Geräuschen<br />
weiß sie, ob es sich<br />
um einen Vogel, eine<br />
Maus oder einen Besucher<br />
handelt. Ein ursprünglicheres<br />
Leben<br />
sei das, ein enthaltsameres. Internet<br />
gibt es zum Beispiel nicht in der Hütte:<br />
Das Leben hat sich wieder verlangsamt,<br />
sie liest wieder mehr Bücher, verbringt<br />
weniger Zeit vor dem Laptop.<br />
Angst, zu vereinsamen hatte sie anfangs<br />
schon. Aber Besuch ist oft da, dann sitzt<br />
man draußen, unter den Apfelbäumen.<br />
Die Gespräche, die sie mit Gästen im<br />
Garten führt, werden schneller tiefgründiger<br />
<strong>als</strong> woanders, meint sie. Ein<br />
bisschen so, <strong>als</strong> würden die Menschen<br />
den Stress vor der Gartentür ablegen.<br />
„Mir sagen so viele Leute, dass sie sich<br />
hier so superwohl fühlen, weil sie einfach<br />
mal wieder runterkommen können,<br />
von diesem ganzen Stress, den<br />
sie halt auch zuhause haben, weil sie<br />
die ganze Zeit die Möglichkeit haben:<br />
Die ganze Zeit Internet, die ganze Zeit<br />
Strom. Man merkt auch, dass sich Leute<br />
so verändern.“<br />
Natürlich bringt das Leben in der<br />
Schrebergartenkolonie nicht nur Positives<br />
mit sich. Zum Beispiel im letzten<br />
harten Winter, <strong>als</strong> sie krank war, und<br />
trotzdem oft nach draußen musste.<br />
Dann ist es gut, wenn Freunde da sind,<br />
die sie unterstützen.<br />
Geplant ist das Experiment Schrebergarten<br />
für drei Jahre, danach geht es auf<br />
Weltreise. Ein bisschen Angst ist auch<br />
da, wieder in ein „normales“ Leben mit<br />
Zimmer, Küche und Bad zurückzukehren.<br />
In eine Wohnung zu ziehen, wo<br />
man das Wasser nicht mehr selbst aufwärmen<br />
muss. „Ich glaub, ich werd so<br />
die ersten zwei Wochen voll den Komfort<br />
genießen, von Dusche und Küche,<br />
aber irgendwann fühl ich mich voll eingeengt.<br />
Und ich glaub, dass ist mir irgendwann<br />
zu einfach. Man weiß es halt<br />
irgendwann nicht mehr zu schätzen.“ #<br />
23
Campus<br />
Gratis! Kostenlos!<br />
For Free! Umsonst!<br />
Welche Produkte sind online gratis zu bekommen? ein Selbstversuch<br />
Von Juliane Opielka<br />
Die meisten Studierenden kennen<br />
das Gefühl sparen zu müssen.<br />
Jeder Gutschein, jedes Angebot<br />
und jeder Werbeartikel wird<br />
dankbar angenommen, damit die Kosten<br />
möglichst gering bleiben. Deshalb<br />
habe ich mir die Frage gestellt, welche<br />
Produkte gratis im Internet zu erhalten<br />
sind, wie nützlich sie sind und welche<br />
Folgen das Anfordern dieser Produkte<br />
für mich hat. Mein Ziel: Möglichst viele<br />
Produkte vollkommen gratis zu bestellen,<br />
ohne Versandkosten oder Cashback<br />
Aktionen. Hierbei verzichte ich<br />
auf Artikel wie Zigaretten, Baby- oder<br />
Haustiernahrung usw., da ich diese<br />
selbst nicht verwenden oder verschenken<br />
kann und lieber Anderen überlasse.<br />
24
Campus<br />
Foto: Juliane Opielka<br />
Ich setze mich an meinen Laptop<br />
und tippe in unterschiedliche Suchmaschinen<br />
„gratis Produkte“, „kostenlose<br />
Produkte“, „Produktproben“ ein. Zwei<br />
Stunden lang surfe ich durchs Netz,<br />
schließe immer wieder Pop-up-Fenster<br />
und gelange schließlich auf drei<br />
brauchbare Seiten, die anscheinend<br />
jegliche Gratisaktion auflisten und die<br />
entsprechenden Links gleich zur Verfügung<br />
stellen. Ich werde mit zahlreichen<br />
Kosmetik-, Gesundheits- und Nahrungsmittelproben,<br />
praktischen Minigadgets<br />
(wie eine Taschenlampe im Scheckkartenformat),<br />
Informations- und Aufklärungsmaterial,<br />
Bücher und DVDs für<br />
Kinder und Jugendliche in unterschiedlichsten<br />
Bereichen und vielen weiteren<br />
Produkten fündig.<br />
Es folgt eine etwa fünfstündige Prozedur,<br />
in der ich AGBs lese, Daten eingebe<br />
und Häkchen für „nein, ich möchte<br />
den Newsletter nicht abonnieren“ setze.<br />
Schon jetzt beschleicht mich ein ungutes<br />
Gefühl, meine Adresse dort überall<br />
anzugeben, aber ich<br />
mache trotzdem weiter<br />
und zögere nicht.<br />
Nach etwa zehn Seiten<br />
folgen meine Finger<br />
einem Automatismus<br />
und geben meine<br />
bis jetzt wohlbehüteten<br />
Daten in die vorgegebenen<br />
Felder ein.<br />
Nachdem ich schließlich<br />
keine aktuellen<br />
Proben außer Hundefutter<br />
mehr finden<br />
kann, klappe ich meinen<br />
Laptop zu und bleibe<br />
mit Kopfschmerzen<br />
zurück. Ich habe ein<br />
wenig Angst um meine Identität.<br />
Bereits am nächsten Tag steckt ein<br />
Umschlag mit einer Hautcremeprobe<br />
im Briefkasten. Ich bin begeistert,<br />
wie schnell Post geliefert werden kann<br />
und freue mich. Diese Freude soll allerdings<br />
nicht lange anhalten. Die folgenden<br />
Tage und Wochen quillt mein Briefkasten<br />
bereits über mit Proben und viel<br />
Werbung. Auch unser Postbote wirkt<br />
von Tag zu Tag genervter, wenn er wie-<br />
Die nützlichsten<br />
Gratis-Produkte:<br />
• Welt- und Europakarte<br />
(vom deutschen<br />
Bundestag)<br />
• Thermopflaster für einen<br />
verspannten Nacken<br />
• Gefro Testpaket mit<br />
Tütensuppen und -soßen<br />
• Taschenlampe im<br />
Scheckkartenformat<br />
• Pixi Taschenbücher<br />
für Kinder<br />
• Aufklärungsmaterial<br />
für Jugendliche<br />
der mal einen größeren Umschlag oder<br />
ein kleines Paket zu mir heraufbringen<br />
muss. Ich glaube, ich bin ihm etwas<br />
schuldig.<br />
Derweilen stapelt sich in meinem<br />
Wohnzimmer ein Haufen Altpapier und<br />
auch die gelieferten Produkte nehmen<br />
zusehends Platz weg. Bei den Bestellungen<br />
habe ich nicht bedacht, dass auch<br />
ein Kosmetik- oder Bücherschrank irgendwann<br />
zu klein ist. Es sind bereits<br />
drei Wochen vergangen und ich freue<br />
mich mittlerweile über Tage, in denen<br />
keine Post im Briefkasten ist. Nach und<br />
nach kommen auch die letzten bestellten<br />
Artikel an und sogar die Werbung<br />
vermindert sich fürs Erste. Leider trifft<br />
das nicht auf mein Emailpostfach zu,<br />
innerhalb der angegebenen Zeit vermehrte<br />
sich die Anzahl meiner Spamund<br />
Werbemails auf das hundertfache.<br />
Die Emailadresse ist wohl auf ewig verseucht<br />
und verloren.<br />
Fazit: Gratisartikel im Internet zu<br />
bestellen ist einfach und geht je nach<br />
Menge verhältnismäßig<br />
schnell. Es sind viele<br />
nützliche Artikel dabei,<br />
von denen ich nie<br />
dachte, sie gratis bekommen<br />
zu können,<br />
aber auch viele Produkte,<br />
bei denen ich<br />
mich im Nachhinein<br />
gefragt habe, warum<br />
ich sie bestellt habe.<br />
Vorsicht ist allerdings<br />
bei der Eingabe von<br />
Daten geboten. Ich<br />
habe immer darauf geachtet,<br />
die AGBs zu lesen,<br />
um nicht zufällig<br />
ein Abo abzuschließen<br />
oder plötzlich Vertreterbesuche vor der<br />
Tür zu haben.<br />
Auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen<br />
warnt vor allem vor sogenannten<br />
Abofallen, die nach unaufmerksamem<br />
Lesen, zu Rechnungen<br />
und weiteren nicht gewollten Artikeln<br />
führen. Meiner Meinung nach wäre es<br />
auch nicht schlecht vorher sicherzustellen,<br />
dass sich in eurer Nähe ein Altpapiercontainer<br />
befindet. #<br />
Impressum<br />
Herausgeber: BZV Medienhaus GmbH<br />
Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig<br />
Telefon: (0531) 39 00-0<br />
Telefax: (0531) 39 00-610<br />
E-Mail: info@bzv.de<br />
www.braunschweiger-zeitungsverlag.de<br />
Geschäftsführer: Harald Wahls<br />
Registergericht: Amtsgericht<br />
Braunschweig, HRA 6991<br />
Ust.-Ident.-Nr.: DE 114 88 11 13<br />
Die redaktionellen Inhalte dieser<br />
<strong>Ausgabe</strong> sind das Ergebnis eines<br />
Projektseminars der Abteilung<br />
Medienwissenschaften der<br />
Technischen Universität Braunschweig<br />
Redaktionsleitung: Holger Isermann<br />
(TU Braunschweig) V. i. S. d. P.<br />
Redaktion: Annekatrin Bock, Eva Casper,<br />
Lisa Dauke, Christian Göttner,<br />
Holger Isermann, Claudia Malecka,<br />
Marina Müller, Kevin Neu,<br />
Juliane Opielka, Elena Patzer,<br />
Teresa Riedel, Michaline Saxel,<br />
Elena Schade, Nina Sieverding,<br />
Luciana Tamas, Laura Trommer,<br />
Carolin Unger, Charlotte Werfling.<br />
David Gerab Wolle, Christina Zais<br />
Adresse: TU Braunschweig,<br />
Abteilung Medienwissenschaften<br />
Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig<br />
Telefon: (0531) 391-8961<br />
Telefax: (0531) 391-8963<br />
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Anzeigen: Michael Heuchert<br />
(verantwortlich)<br />
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Katharina Heidmann<br />
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© BZV Medienhaus GmbH 2013<br />
Das Projekt studi38 wird freundlich<br />
unterstützt durch<br />
25
Campus<br />
Der letzte<br />
Indogermane?<br />
Jagadeesha vereint spiritualität und naturverbundenheit<br />
zu einer ganz eigenen Lebensphilosophie<br />
Von Teresa Riedel<br />
Wer Jagadeesha treffen möchte,<br />
muss sich zunächst in<br />
den „Hexenkessel“ trauen,<br />
der auf der Hoftür angekündigt ist. An<br />
eine Mauer daneben hat jemand in großen<br />
Lettern „Heil Odin“ gesprüht. Die<br />
Klingel ist defekt – immerhin: Ein kurzes<br />
Ziehen an einem roten Strick lässt<br />
eine Kuhglocke erklingen. Die Hoftür<br />
öffnet sich und ein schmächtiger<br />
Mann mit wilden Haaren und Bart erscheint.<br />
Er begrüßt uns und die militärische<br />
Viertelstunde, die wir zu früh<br />
gekommen sind mit dem hinduistischen<br />
Namaste-Gruß. Dabei werden<br />
die Handflächen aneinander gelegt und<br />
in Brusthöhe gehoben, der Kopf leicht<br />
gesenkt.<br />
Hier in Lehndorf wohnt Jagadeesha,<br />
der vor 59 Jahren einmal <strong>als</strong> Ingbert<br />
George geboren wurde. Das Haus<br />
hat er von seiner Mutter geerbt, Früher<br />
war es ein Konsum, dann Gartenbedarfsladen,<br />
später Blumenladen. Heute<br />
befindet sich im Verkaufsraum der<br />
Jaga Radja Hauptaltar. Raja bedeutet<br />
im indischen Sanskrit so viel wie „königlicher<br />
Herrscher“. Jagadeesha legte<br />
seinen Geburtsnamen ab, nachdem er<br />
zunächst den Yoginamen Yogi Bashmabirani<br />
erhielt und später von einem weisen<br />
indischen Wissenschaftler Jagadeesha<br />
genannt wurde. Mit diesem hat er<br />
auch heute noch so gut es geht Kontakt,<br />
auch wenn das ohne Strom und Telefon<br />
nicht leicht ist. Jagadeesha präsentiert<br />
uns ein Butterlicht, das ihm sein indischer<br />
Freund geschickt hat. In Indien<br />
wird Butterschmalz namens Ghee <strong>als</strong><br />
Brennstoff verwendet. Hier bleibt nur<br />
herkömmlicher Schmalz aus dem Supermarkt.<br />
„Wegen der schlechten Kuhhaltung<br />
in Europa erzeugt das Licht leider<br />
keine vergleichbaren ayurvedischen<br />
Heileffekte“, erklärt er. Während er es<br />
entzündet, erzählt er von noch viel größeren<br />
und heilsameren Feuern, die man<br />
bei Sonnenauf- und -untergang machen<br />
sollte. Dazu braucht es das Holz eines<br />
Baumes ohne Dornen, er empfiehlt<br />
hierzulande Birke, Ghee, getrockneten<br />
Kuhdung, kantigen Reis und vier Zauberformeln.<br />
„Dann können die Feuerzeremonien<br />
gegen radioaktive Strahlung<br />
Fotos: Claudia Malecka<br />
26
Campus<br />
„Psychiater können zwischen Psychose<br />
und spiritueller Reise nicht unterscheiden.<br />
Alles was nicht dem Bürgerstandard<br />
entspricht ist für die psychisch krank.“<br />
Kompromiss beim Butterlicht:<br />
Die schlechte Kuhhaltung in<br />
Europa verhindert Heileffekte<br />
und für die Reinigung der Atmosphäre<br />
und Gesundheit eingesetzt werden.<br />
Ich bin der Hüter des Urweistums, der<br />
Herr des Feuers. Hindus wissen, dass<br />
ich Shiva bin.“ Jagadeesha ist ein Mann,<br />
der versucht zwei Kulturen zu einer zu<br />
vereinen – zu seiner eigenen. Geholfen<br />
haben ihm dabei insgesamt drei Reisen<br />
nach Indien. „Die Welt wird aus Schamanismus<br />
und logischer Kasteiung erschaffen.<br />
Die ursprüngliche kosmische<br />
Weisheit stammt vom Nordpol, diese<br />
kann bei Erkenntnis zur Freiheit führen.<br />
Die Arier sind aus Mitteleuropa<br />
über die Türkei in die Gangesebene gewandert,<br />
daraus entstand die indische<br />
Hochkultur. Yoga ist im Ursprung Germanentum.“<br />
In seinem Haus finden<br />
sich neben vielen indischen Instrumenten,<br />
Gebetsflaggen und Götterstatuen<br />
auch mehrere Rennräder, denn der<br />
drahtige alte Mann ist leidenschaftlicher<br />
Radfahrer. 1971 gewann er den 4.<br />
Platz des Passrennfahrens in Hannover.<br />
In dieser Zeit besucht Jagadeesha<br />
noch die Mittelschule in der Maschstraße.<br />
„Ich war ein ganz schlechter Schüler,<br />
nur an Fußball interessiert.“ Mit 16<br />
beginnt er eine Ausbildung zum Feinmechaniker<br />
bei der Physikalisch Technischen<br />
Bundesanstalt (PTB) und<br />
ist schnell so unzufrieden, dass<br />
er beschließt seinem Leben ein<br />
Ende zu setzten. Eines Nachts<br />
rast er <strong>als</strong>o mit seinem unbeleuchteten<br />
Rennrad bei Veltenhof<br />
auf ein sich näherndes Auto<br />
zu. Den Tod vor Augen, tritt er im<br />
letzten Moment voll in die Pedale<br />
und das Auto erwischt ihn nur<br />
am Hinterrad. „Diesen Augenblick<br />
wollte meine Seele haben.<br />
Ich wusste, ich will doch leben.<br />
Seitdem ist mein Wille immer<br />
derselbe geblieben. Der Wahrheit<br />
zu dienen, Gottes wegen.“<br />
Erzählt hat Jagadeesha von seinem<br />
Selbstmordversuch dam<strong>als</strong><br />
niemandem. Nachdem er die Christenbibel<br />
und andere Bücher studiert hatte,<br />
entschloss er sich freiwillig zur Bundeswehr<br />
zu gehen. „Denn schließlich gehöre<br />
ich zur Kriegerkaste und fand es richtig<br />
zu verteidigen, was hier ist.“ Doch<br />
<strong>als</strong> er bei der Grundausbildung das erste<br />
Der Jaga Radja-Hauptaltar im ehemaligen Kiosk<br />
Mal eine Maschinenpistole in die Hand<br />
bekam, begann er zu weinen, „weil mir<br />
die Mutter eingefallen ist, die voller<br />
Mitleid und Herzlichkeit war. Ich dachte:<br />
Wenn ich Wesen erschießen soll, die<br />
von so einem Wesen stammen – und jeder<br />
Mensch stammt von einer Mutter –<br />
ich konnte das nicht.“ Während der 15<br />
Monate beim Militär beginnt er zu meditieren<br />
und ein kosmisches Gehör zu<br />
entwickeln, aber vieles sei bei der Bundeswehr<br />
kaputt gegangen. Bei seinem<br />
Opa im Kaiserreich sei vieles anders gewesen.<br />
Es gab Essen, ein Bett und Vaterlandsbewusstsein.<br />
„Heute drücken<br />
die Technikarmeen nur noch auf Knöpfe.<br />
Das ist doch kein Kämpfen mehr. Die<br />
allerprimitivste Kriegsführung ist die<br />
von den Amerikanern, Massenvernichtungswaffen,<br />
totaler Materialeinsatz.“<br />
Nach der Bundeswehr geht Jagadeesha<br />
zur Akademie für Persönlichkeitsentfaltung<br />
in Bremen Blumenthal. Dort<br />
kommt er zwar in seinen transzendentalen<br />
Zustand zurück, landet aber →<br />
27
Campus<br />
nach zwei Wochen in der Psychiatrie<br />
Königslutter. Wer ihn dort eingewiesen<br />
hat, will oder kann er uns nicht sagen.<br />
Sein Aufenthalt dort hat ihn in der Auffassung<br />
bestärkt, dass die Schulmedizin<br />
eine Verbrecherorganisation ist. Er<br />
hatte das Gefühl die Chemie betoniert<br />
sein Gehirn und beschreibt den Zustand<br />
<strong>als</strong> dreischichtig: unten<br />
transzendental, darüber<br />
Chemie und darüber ist<br />
ihm eine neuer fleischlicher<br />
Körper gewachsen.<br />
„Ich wurde zu einer<br />
wandernden Leiche, zu<br />
einem Plastikmensch.<br />
Psychiater können zwischen<br />
Psychose und spiritueller<br />
Reise nicht unterscheiden.<br />
Alles was<br />
nicht dem Bürgerstandard entspricht ist<br />
für die psychisch krank.“ Heute setzt Jagadeesha<br />
deshalb <strong>komplett</strong> auf auf Naturmedizin<br />
und versucht gesund zu leben.<br />
Er lehnt Drogen grundsätzlich ab,<br />
macht Sport und isst Fleisch nur in Notfällen,<br />
wenn es nach der chinesischen<br />
Medizin dem Aufbau neuer Zellstrukturen<br />
dient.<br />
Als wir Jagadeesha besuchen, ist sein<br />
Energiezentrum verseucht. Er zeigt uns<br />
die Vibhuti -Kriyatechnik, bei der knackende<br />
Laute aus seinem Mund kommen.<br />
„Ich pumpe Energie hoch, das ist<br />
Jagadeesha baut ausschließlich auf Naturmedizin<br />
„Ich kann auch<br />
Tote auferwecken.<br />
wenn ich mit<br />
meinem Rennrad an<br />
Friedhöfen vorbeifahre<br />
und nicht<br />
schnell genug bin,<br />
dann stehen immer<br />
so zwei, drei auf.“<br />
Vibuti – das Urlebensplasma. Ich bin<br />
der einzige, der das kann.“ Doch das ist<br />
noch nicht alles. „Ich kann auch Tote<br />
auferwecken. Das ist stärker <strong>als</strong> bei Jesus.<br />
Zum Leben holen sie sich bei mir<br />
den Lebensimpuls. Wenn ich mit meinem<br />
Rennrad an Friedhöfen vorbeifahre<br />
und nicht schnell genug bin, dann<br />
stehen immer so zwei,<br />
drei auf.“ Mit den drei<br />
umliegenden Kirchen<br />
ist er wegen solcher<br />
Fähigkeiten natürlich<br />
auch schon aneinander<br />
geraten. Er hat dort<br />
Hausverbot. Und die<br />
Kirchengemeinden sind<br />
nicht seine einzigen erklärten<br />
Feinde. Neuerdings<br />
fühlt er sich von<br />
Amerika und der CIA bedroht. „Wegen<br />
der starken Arierenergie“, erklärt er.<br />
Für die hiesige Polizei hegte er lange<br />
Zeit große Sympathie, weil sein Vater<br />
früher in der dortigen Verwaltung tätig<br />
war. „Später haben sie sich oft gemein<br />
benommen.“<br />
Der gebürtige Bremerhavener wollte<br />
deshalb schon nach Indien flüchten.<br />
Kurzerhand fuhr er mit dem Rennrad<br />
nach Berlin, um bei der indischen Botschaft<br />
Asyl für politisch und religiös<br />
Verfolgte zu beantragen. Aber man ließ<br />
ihn nicht hinein. „Da hat wohl die BRD-<br />
Stasi vorgearbeitet. Aber Berlin ist echt<br />
dufte. Die Leute sind da so wie ich. Berlin<br />
ist die Stadt des goldenen Lichts, das<br />
ist eine Lichtoktave da! Ich dachte ich<br />
bin in Indien!“ Nach dieser Liebesode<br />
an die Hauptstadt gibt Jagadeesha auch<br />
gleich noch sein Dialektrepertoire zum<br />
besten: berlinerisch, bayrisch, sächsisch,<br />
norddeutsch und englisch mit indischem<br />
Akzent beherrscht er aus dem<br />
Stehgreif: „There is a special place for<br />
Meditation in the forest, than you will<br />
call the master after once.“<br />
In Zukunft möchte er die Projekte seines<br />
Namensgebers in Bangladesch unterstützen,<br />
dessen Name wiederum so<br />
lang und lautfremd klingt, dass wir ihn<br />
hier leider nicht wiedergeben können.<br />
Er sei ein Weiser, der die Industriewisschenschaften<br />
des alten Indien wiederentdeckt<br />
habe und mit diesen Kenntnissen<br />
gerade ein Auto entwickelt, das nur<br />
mit Luft und Wasser betrieben werden<br />
kann. „Mit Religion allein kann man<br />
die Welt nicht mehr verbessern, weil<br />
es nicht mehr aufgenommen wird. Das<br />
geht nur noch finanziell.“ Am Ende des<br />
Treffens bietet er seine Dienste <strong>als</strong> Yogi<br />
Bashmabirani an. Durch Gegentantra<br />
möchte er unsere Schönheit, Gesundheit<br />
und Intelligenz aufladen. Als Lohn<br />
wünscht er sich ganz wie ein Guru ein<br />
Gurudakshina – eine Spende in Form<br />
einer Banane, einem Biojoghurt oder<br />
Haferflocken. #<br />
Erinnerungen: Jagadeesha war und<br />
ist begeisterter Rennradfahrer<br />
Fotos: Claudia Malecka<br />
28
Campus<br />
Cover: Making of<br />
Die Baugenossenschaft Wiederaufbau<br />
ließ uns nicht nur aufs Dach, sondern<br />
dafür sogar ein Schloss aufbrechen.<br />
In der Regenpause: Zeltaufbau hoch<br />
oben in der Kreuzstraße.<br />
Fotograf Florian Koch und Model<br />
Friederike Fuchs beim Shooting über<br />
den Dächern der Stadt.<br />
Fotos: Florian Koch, Sascha buhle
Wissenschaft<br />
„Radfahrer<br />
sind keine Rowdys“<br />
Verkehrspsychologe Prof. Mark Vollrath über Unfallursachen,<br />
Helmpflicht und Bequemlichkeit auf der StraSSe<br />
Von Kevin Neu<br />
Laut Verkehrsstatistik 2012 der Polizeidirektion<br />
hat die Beteiligung von Radfahrern<br />
an Unfällen zugenommen. Wo sehen Sie die<br />
Ursachen für diese Entwicklung?<br />
Zum einen ist das natürlich witterungsbedingt.<br />
Bei schönem Wetter fahren mehr Leute<br />
Rad. Auch insgesamt sind aber immer mehr<br />
Radfahrer unterwegs. Fahrrad fahren ist wieder<br />
In. Dann kommen noch die Elektroräder<br />
hinzu, was Älteren und eher unsportlichen<br />
Leuten einen Anreiz gibt. Gleichzeitig sind<br />
diese Fahrräder mit bis zu 30 Stundenkilome-<br />
tern sehr schnell. Geschwindigkeit ist eine der<br />
Hauptunfallursachen in allen Segmenten. Ansonsten<br />
geschehen Unfälle im Zusammenspiel<br />
der Verkehrsteilnehmer. Beinahe die Hälfte aller<br />
verunglückten Radfahrer wird von Autos<br />
angefahren, speziell bei Einmündungen und<br />
im Kreuzungsbereich.<br />
Welche Maßnahmen würden Sie empfehlen,<br />
um die Sicherheit für Radfahrer zu<br />
erhöhen?<br />
Die Radwege sind noch weit davon entfernt<br />
verkehrssicher zu sein. Natürlich müsste zunächst<br />
mal breiter gebaut werden. Dann gäbe<br />
es zudem noch die Möglichkeit Radfahrer in<br />
zwei Richtungen fahren zu lassen. Das gibt es<br />
vereinzelt schon. Und es gibt Überlegungen die<br />
Radfahrer wieder stärker auf die Straße zu<br />
holen. Da haben sich der ADFC und die Straßenbauer<br />
schon gute Lösungen ausgedacht.<br />
Die wissen im Prinzip wie man sichere Wege<br />
baut, aber bei der Menge an Verkehrswegen ist<br />
das natürlich eine komplizierte Aufgabe und<br />
Finanzierungsfrage.<br />
Fotos: KJM-427, J-Cornelius, indrarado, Privat<br />
30
Wissenschaft<br />
Tagträume eines<br />
Zweiradfahrers<br />
Welche Ursachen sind für die andere Hälfte<br />
der Unfälle verantwortlich?<br />
Hier handelt es sich um sogenannte Alleinunfälle.<br />
Also Radfahrer, die die Kontrolle über<br />
das Rad verlieren, weil sie beispielsweise Bordsteine<br />
oder Schienen übersehen. Natürlich sind<br />
auch viele Unfälle dabei, die durch den Einfluss<br />
von Alkohol verursacht werden, wahrscheinlich<br />
mehr <strong>als</strong> man nachweisen kann. Hier könnte<br />
man versuchen mehr Kontrollen einzuführen.<br />
Wo liegt die gesetzliche Promillegrenze für<br />
Radfahrer?<br />
Die absolute Grenze liegt bei 1,6 Promille. Prinzipiell<br />
ist es aber so, dass man schon bei Auffälligkeiten,<br />
wie das Fahren in Schlangenlinien<br />
belangt werden kann. Da liegt die Grenze<br />
bei 0,3. Jedoch wäre es natürlich auch ein Signal,<br />
wenn die Promillegrenze insgesamt auf<br />
0,5 heruntergesetzt werden würde. Aber das<br />
müsste man auch kontrollieren, wenn das<br />
wirksam sein soll. Und das ist wahrscheinlich<br />
nicht realistisch.<br />
Was sagen Sie zur Aussage von Verkehrsminister<br />
Ramsauer Radfahrer seien Rowdies?<br />
Das ist totaler Blödsinn. Der Ausdruck unterstellt,<br />
dass Radfahrer sich bewusst, aggressiv<br />
und verkehrswidrig verhalten, dabei ist es viel<br />
trivialer. Wir haben in unserer Studie beobachtet,<br />
wo Radfahrer f<strong>als</strong>ch fahren und Befragungen<br />
durchgeführt. Es ist Bequemlichkeit. Man<br />
muss ständig Nachteile in Kauf nehmen, an<br />
Ampeln warten, Umwege machen. Das führt<br />
einfach dazu, dass man sich nicht an die Regeln<br />
hält. Ich denke, da wird an der f<strong>als</strong>chen Stelle<br />
diskutiert. Es gibt andere Punkte, die bezüglich<br />
der Ursache von Radunfällen wichtiger sind,<br />
wie beispielsweise mehr Überquerungsmöglichkeiten<br />
zu bieten. Speziell am Ring könnte man<br />
durch Mittelinseln den Radfahrern den Überweg<br />
auf die andere Seite erleichtern.<br />
Ramsauer zeigt weniger Verständnis und<br />
plant stattdessen härtere Strafen für Radfahrer<br />
...<br />
Natürlich würde auch das zur Einhaltung der<br />
Verkehrsregeln führen, aber ich halte es nicht<br />
für den richtigen Weg. Entweder man macht<br />
den Radfahrern klar, dass es gefährlich ist, sich<br />
so zu verhalten beziehungsweise versucht ein<br />
Bewusstsein zu wecken. Oder man kommt der<br />
Bequemlichkeit entgegen und tut baulich etwas,<br />
damit das Radfahren bequemer wird.<br />
Wie viele Verkehrsverstöße konnten Sie in<br />
Ihrer Studie feststellen?<br />
Von den 2000 Leuten die wir beobachtet haben,<br />
sind nur 10 bis 20 Prozent in die f<strong>als</strong>che<br />
Richtung gefahren. Jeder Zehnte hat die Straße<br />
bei rot überquert. Beim Fahren ohne Licht sind<br />
es mehr. Auch das hat Bequemlichkeitsgründe,<br />
die Reparaturen sind umständlich und dauern<br />
seine Zeit und im städtischen Bereich kann<br />
man auch ohne Licht sehen. An der Stelle finde<br />
ich es wichtig, dass man sich an die Regel hält.<br />
Man sieht Radfahrer mit Licht im Dunkeln einfach<br />
besser und schneller.<br />
Wo liegen die Unfallschwerpunkte in<br />
Braunschweig?<br />
Zum Beispiel an der Autobahnauffahrt an der<br />
Celler Straße und dann an der Kreuzung Altewiekring<br />
und Jasperallee. Also an großen Kreuzungen,<br />
an denen die Radfahrer grün haben<br />
und speziell Linksabbieger, die neben dem Gegenverkehr<br />
auch auf die Radfahrer achten<br />
müssen, vorhanden sind. Davon gibt es bekanntlich<br />
viele. Auch Ausfahrten von Parkplätzen<br />
sind gefährlich.<br />
Baustellen und kaputte Radwege sind die Regel<br />
Professor Mark Vollrath<br />
lehrt und forscht in der<br />
Abteilung Ingenieur- und<br />
Verkehrspsychologie des<br />
Instituts für Psychologie<br />
der TU Braunschweig.<br />
Zusammen mit Kollegen hat<br />
er knapp 2600 Radfahrer in<br />
Braunschweig beobachtet<br />
und befragt und kam zu<br />
überraschenden Ergebnissen.<br />
Welche positiven Entwicklungen sehen Sie?<br />
Gibt es Beispiele?<br />
Gibt es. Am Hagenring Kreuzung Gliesmaroder<br />
Straße hat man beispielsweise die Ampelphasen<br />
entzerrt. Die Radfahrer stehen auf der<br />
Straße mit eigener Ampelschaltung. Die rechtsabbiegenden<br />
Autofahrer müssen die Ampelphase<br />
der Radfahrer abwarten und erst dann<br />
wird die Ampel auf Grün geschaltet. Das funktioniert<br />
sehr gut.<br />
Wie viele Radfahrer tragen eigentlich<br />
Helme?<br />
Rund 6 Prozent tagsüber. An<br />
der Stelle gibt es viel Potential,<br />
denn gerade bei Toten und<br />
Schwerverletzten gibt es einen<br />
hohen Prozentsatz an Kopfverletzungen.<br />
Die Einführung der<br />
Helmpflicht für Motorradfahrer<br />
hat die Zahl der Kopfverletzungen<br />
beinahe ganz reduziert.<br />
Das wäre auch für Radfahrer<br />
sinnvoll.<br />
31
Wissenschaft<br />
Orientierungshilfe<br />
CHE?<br />
Vom Nutzen und der Kritik an Deutschlands bekanntestem<br />
Hochschulranking<br />
Von Annekatrin Bock & Holger Isermann<br />
Studieren, ja gerne! Aber wo? Egal ob<br />
Studienanfänger oder Bachelorabsolvent<br />
auf dem Weg zum Master,<br />
wer einen Studienplatz sucht, braucht<br />
Beratung und Hilfe. Denn wer die Wahl<br />
hat, hat die Qual. Welche Hochschule<br />
passt zu mir? Wo will ich studieren?<br />
Das vom ZEIT-Studienführer veröffentliche<br />
CHE-Ranking soll Orientierung<br />
bieten im unübersichtlichen<br />
Hochschuldschungel und Studienanfängern<br />
helfen, den richtigen Studienplatz<br />
zu finden. Jedoch wird die Kritik am Ranking<br />
des Centrums für Hochschulentwicklung<br />
(CHE) seit einiger Zeit immer<br />
lauter. Mehrere Universitäten und Fach-<br />
bereiche verweigern schon länger die<br />
Teilnahme am Verfahren. Verschiedene<br />
Fachgesellschaften – allen voran der Verband<br />
der Historiker und Historikerinnen<br />
und die Gesellschaft für Soziologie – haben<br />
bereits öffentlich zum Ausstieg aus<br />
dem CHE-Ranking aufgerufen. Die Fachgesellschaften<br />
kritisieren insbesondere<br />
Fotos: Marfis 75, Privat<br />
32
Wissenschaft<br />
Prof. Dr. Manfred Hamann<br />
Vizepräsident für Lehre,<br />
Studium und Weiterbildung,<br />
Ostfalia<br />
Derzeit ist das CHE-Ranking das umfassenste Ranking<br />
der Hochschulen im deutschsprachigen Raum,<br />
doch sollten dessen Ergebnisse nicht überbewertet<br />
werden. Auch an der Ostfalia Hochschule gibt es geteilte<br />
Meinungen dazu, denn die Auswertungen und<br />
Darstellung der Ergebnisse führen immer wieder zu<br />
Missverständnissen und Irritationen. Dazu gehört<br />
zum Beispiel die Bewertung gleicher oder ähnlicher Fächer, die im Ranking aus verschiedenen<br />
Fakultäten (Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Versorgungstechnik bei den Fächern<br />
Maschinenbau, Verfahrenstechnik) bunt zusammengemischt werden. Es antworten nur<br />
relativ wenige Studierende von den Befragten, so dass auch Minderheiten-Meinungen<br />
stärker erscheinen können. Eine objektive Messung der Studienqualität ist kaum möglich.<br />
Eine fehlende Ausstattung ist nicht gut, aber viele Möglichkeiten sind noch keine Garantie<br />
für gute Ergebnisse bei den Fähigkeiten der Absolventinnen und Absolventen.<br />
Dennoch kann das CHE-Ranking für die Studieninteressierten <strong>als</strong> Orientierungs- oder<br />
Entscheidungshilfe und den Hochschulen <strong>als</strong> Barometer in ihrem kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />
dienen.<br />
Jesco Heyl<br />
Pressesprecher HBK<br />
Wir können die geäußerte Kritik durchaus nachvollziehen.<br />
Zumindest ist die Frage berechtigt, inwieweit<br />
ein Ranking, welches beispielsweise auf ZEIT<br />
ONLINE veröffentlicht ist, ausschlaggebend sein<br />
kann <strong>als</strong> Entscheidungskriterium für die Studienplatzwahl.<br />
Wir vertrauen aber auf den reflektierten<br />
Umgang der Studienbewerber mit diesen Informationen<br />
und erachten die von der CHE angewendete<br />
Methode grundsätzlich <strong>als</strong> angemessen. Auch sind<br />
Methoden und Bewertungskriterien transparent<br />
dargelegt. Deshalb wird sich die HBK auch weiterhin<br />
am CHE-Ranking beteiligen.<br />
das methodische Vorgehen, aber auch<br />
die Datengewinnung und -präsentation.<br />
Das CHE-Ranking nutzt einen Daten-<br />
Mix, den es aus Befragungen von Professoren,<br />
Studierenden und Hochschulverwaltungen<br />
gewinnt. Ergänzend sammelt<br />
das CHE Informationen über online zugängliche<br />
Modulhandbücher der einzelnen<br />
Studiengänge. Von den Kritikern<br />
besonders beanstandet, wird dabei die<br />
Studierendenbefragung. Für einige Fächer<br />
finden sich zu wenige Studierende,<br />
die ihre Meinung in einem Online-<br />
Fragebogen an das CHE zurück melden.<br />
Aus den wenigen Antworten wird dann<br />
jedoch ein Meinungsbild für den gesamten<br />
Studiengang an der jeweiligen Hochschule<br />
erstellt. Die Befragten tragen dabei<br />
ihre ganz persönliche Einschätzung<br />
unter anderem zu Lehrpersonal, Laborausstattung<br />
oder allgemeiner Studienzufriedenheit<br />
im Bogen ein. Den Studienanfängern<br />
fehlt jedoch zumeist ein<br />
Vergleich mit anderen Standorten. Wie<br />
soll ein Architekturstudent der Technischen<br />
Universität Braunschweig einschätzen,<br />
ob ein 500.000 Euro teures<br />
Zeichenlabor mit zwanzig Arbeitsplätzen<br />
sehr gut oder sehr schlecht ausgestattet<br />
ist, wenn er noch nie an der TU<br />
Ilmenau an einem Massenarbeitsplatz<br />
versucht hat, eine technische Zeichnung<br />
zu Ende zu bringen, während fünf<br />
Kommilitonen genervt über die Schulter<br />
schauen?<br />
Auch die Gesellschaft Deutscher Chemiker<br />
(GDCH) rief im vergangenen Semester<br />
zum Boykott der CHE-Befragungen<br />
auf. Für die GDCH ist neben<br />
solchen methodischen Herausforderungen<br />
besonders die Darstellung des<br />
Rankings im ZEIT-Studienführer problematisch:<br />
„Die Skala mit grünen, gelben<br />
und blauen Punkten führt unweigerlich<br />
dazu, dass die Leser in gute und<br />
schlechte Fachbereiche unterteilen“,<br />
sagt GDCH-Geschäftsführer Professor<br />
Dr. Wolfram Koch. „Wenn das CHE bereit<br />
wäre, ohne Ampeldarstellung zu arbeiten<br />
und einfach nur die Informationen<br />
bereit stellt, könnten wir unseren<br />
Ausstieg überdenken.“<br />
Der Verzicht darauf ist unwahrscheinlich.<br />
Denn das CHE-Ranking wird maßgeblich<br />
von der Bertelsmann Stiftung<br />
und der ZEIT finanziert. Gerade Deutschlands<br />
auflagenstärkste Wochenzeitung<br />
möchte weiterhin die Daten journalistisch<br />
aufbereiten und verkaufen. Auch<br />
ist für Studienanfänger, die noch nicht<br />
wissen, worauf man bei der Hochschulwahl<br />
achten sollte, gerade die plakative<br />
Rangliste besonders leicht verständlich.<br />
Ein Blick auf die Liste der Ranking-Verweigerer<br />
zeigt, dass vor allem Fächer<br />
der Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
das Verfahren skeptisch sehen. Für diese<br />
Fächer ist insbesondere die Wahl der<br />
Kriterien zur Gütebestimmung, wie<br />
beispielsweise hohe Drittmitteleinnahmen<br />
oder viele Journalpublikationen,<br />
weniger relevant. Dennoch müssen sie<br />
sich – wenn auch fachintern – an diesen<br />
Kategorien messen lassen. Für die<br />
Naturwissenschaften ist diese Kriterienwahl<br />
weniger problematisch. „Wir stö- →<br />
33
Wissenschaft<br />
ren uns mehr daran, wenn<br />
das CHE nicht Lehrleistungen<br />
evaluiert, sondern Forschungsleistungen<br />
ranken<br />
möchte“, betont Koch. Dafür<br />
gebe es ein deutlich besseres<br />
Verfahren des deutschen<br />
Wissenschaftsrates. Das Signal<br />
der GDCH ist <strong>als</strong>o ‚Schuster<br />
bleib bei deinen Leisten‘.<br />
Die Evaluation von Lehr- oder Studienqualität<br />
und damit verknüpfte Hilfestellung<br />
und Orientierung für Studierende<br />
bei der Studienplatzwahl ist durchaus<br />
gewünscht. „Aber dann muss das auf<br />
eine Art und Weise passieren, die wissenschaftlich<br />
und methodisch korrekt<br />
„Die Skala mit grünen,<br />
gelben und blauen Punkten<br />
führt unweigerlich<br />
dazu, dass die Leser in<br />
gute und schlechte Fachbereiche<br />
unterteilen.“<br />
GDCH-Geschäftsführer<br />
Professor Wolfram Koch<br />
ist und zum anderen den<br />
Studierenden die Informationen<br />
liefert, die für<br />
sie tatsächlich nützlich sind“, so Koch.<br />
„Ein Rating ist gut und wichtig. Was wir<br />
nicht wollen, ist ein Ranking, bei dem<br />
eine Arte Bundesliga-Tabelle aufgestellt<br />
wird und wo dann unweigerlich<br />
auch Interpretationen<br />
und Fehlentscheidungen<br />
folgen<br />
können.“<br />
Im Moment steigt<br />
die Zahl der Ranking-<br />
Verweigerer. Das CHE<br />
reagiert darauf, indem<br />
es den Dialog sucht und<br />
über neue Formen der<br />
Datenerhebung und andere<br />
Kriterien zur Bestimmung<br />
der Lehrqualität nachdenkt.<br />
(Siehe Interview) Inwieweit die noch<br />
größere Datenmenge dann mehr Durchsicht<br />
bringen wird, bleibt abzuwarten.<br />
„Vielleicht sind Braunschweiger<br />
nörgeliger <strong>als</strong> Aachener“<br />
TU-Präsident Professor Jürgen Hesselbach ist trotz<br />
aller Kritik am CHE-Ranking gegen einen Ausstieg<br />
Immer mehr Fächerverbände und Hochschulen<br />
steigen aus Zweifeln an der Repräsentativität<br />
oder aufgrund methodischer<br />
Kritik aus dem CHE-Ranking<br />
aus. Wie steht die TU<br />
dazu?<br />
An der TU gibt es sehr differenzierte<br />
Positionen zum<br />
CHE-Ranking. Die Position<br />
der Leitung ist, dass wir<br />
nicht aussteigen sollten.<br />
Das möchte ich begründen.<br />
Im aktuellsten Ranking<br />
taucht zum Beispiel unsere<br />
Architektur gar nicht mehr<br />
auf, weil es nicht genügend<br />
Rücklauf bei der Erhebung<br />
gab. Dies führt zum Eindruck,<br />
dass man an der TU<br />
gar nicht Architektur studieren kann. Wenn<br />
man <strong>als</strong>o aussteigt, dann sollte es standortübergreifend<br />
passieren, damit es nicht zu einer<br />
Verzerrung der Außenwahrnehmung kommt.<br />
Wer aus einer solchen Bewertung aussteigt,<br />
sieht sich außerdem schnell dem Vorwurf ausgesetzt,<br />
dass der wirkliche Grund das schlechte<br />
eigene Abschneiden ist. Den<br />
Eindruck wollen wir nicht<br />
erwecken. Im Übrigen gibt<br />
es momentan auch kein besseres<br />
Ranking, das die Themen<br />
Studienzufriedenheit<br />
und Reputation aufgreift.<br />
Es gibt zwar andere Rankings,<br />
wie das DFG-Ranking<br />
oder das der Wirtschaftswoche,<br />
aber alle haben ihre<br />
Schwächen.<br />
Können Sie sich erklären,<br />
warum vor allem sozialund<br />
geisteswissenschaftliche<br />
Fächer das Ranking kritisieren?<br />
Die Sozialwissenschaften üben ja eine methodische<br />
Kritik. Die hat durchaus ihre Berechtigung.<br />
Ob etwa die zur Studienzufriedenheit<br />
befragten Studierenden eine ausreichende Repräsentativität<br />
gewährleisten, lässt sich hinterfragen.<br />
Sind es genug? Sind es die richtigen?<br />
Ist es ein sinnvoller Mix aus verschiedenen Semestern?<br />
Hier kann Kritik sinnvoll ansetzen.<br />
Was ist mit der Vergleichbarkeit zwischen<br />
einzelnen Standorten?<br />
Das ist ein weiteres Problem. Man fragt ja<br />
nicht die Studierenden, ob Aachen oder Braunschweig<br />
besser ist, sondern nach ihrer subjektiven<br />
Befindlichkeit. Vielleicht sind Braunschweiger<br />
aber nörgeliger <strong>als</strong> Aachener oder<br />
<strong>als</strong> Münchner, das wissen wir nicht.<br />
Bei aller Kritik: Freuen Sie sich denn<br />
trotzdem, wenn die TU im Ranking gut<br />
abschneidet?<br />
Das ist doch logisch. Ich bin ein glühender Anhänger<br />
jedes Rankings, das positiv für uns ist.<br />
(lacht) Rankings beeinflussen die Wahrnehmung<br />
einer Hochschule, ob uns das gefällt<br />
oder nicht.<br />
Fotos: Privat, Gramann<br />
34
Wissenschaft<br />
„Ein Problem ist die verkürzte<br />
Darstellung der Ergebnisse“<br />
Dr. Sonja Berghoff vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)<br />
über die Kritik am Ranking und Wege dieser zu Begegnen<br />
Das CHE Ranking wird derzeit heftig diskutiert.<br />
Woher kommen Ihrer Meinung nach<br />
die Missverständnisse und die Kritik am<br />
CHE-Ranking?<br />
Die verkürzte Darstellung der Ergebnisse<br />
im journalistischen Kontext u.a. auch in Berichten<br />
der lokalen Presse kann durchaus zu<br />
Missverständnissen führen. Liest man etwa<br />
nur den ZEIT-Studienführer, der zwangsläufig<br />
angesichts der Datenmenge nicht vollständig<br />
sein kann und schaut gar nicht weiter in<br />
das Online-Ranking, entgehen einem einige Informationen.<br />
Die Zugriffszahlen zeigen aber,<br />
dass die jungen Studieninteressierten auch<br />
das online-Ranking nutzen und nicht nur den<br />
Studienführer<br />
Wer misst und Rangfolgen bildet, unterstellt<br />
doch implizit, dass es ein Optimum<br />
geben müsste. Ist das nicht vielleicht auch<br />
ein Problem, dass ihrem Ranking innewohnt<br />
und immer wieder zu Kritik führt?<br />
Wir haben unterschiedliche Indikatoren und<br />
dabei keine, bei denen es ein Optimum gibt.<br />
Bei den meisten sind es relative Rangfolgen.<br />
Wir gucken <strong>als</strong>o, wer besser und wer schlechter,<br />
<strong>als</strong> der Durchschnitt ist. Das andere sind<br />
Rating-Indikatoren. Da werden vorab Grenzen<br />
gesetzt. Wenn man diese nach oben überschreitet,<br />
ist man super. Liegt man darunter,<br />
gehört man zur Schlussgruppe. Zwar gibt es<br />
kein Optimum, aber wir haben immer einen<br />
Vergleich und bei einem solchen wird immer<br />
jemand schlecht abschneiden.<br />
Sie würden <strong>als</strong>o sagen, dass weniger Ihre<br />
Erhebung <strong>als</strong> die Interpretation Ihrer Daten<br />
durch andere zur Kritik führt?<br />
Ein Ranking beobachtet nur und interpretiert<br />
nicht. Man kann aber natürlich eigene Schlüsse<br />
ziehen aus den Indikatoren. Wir weisen jedoch<br />
immer wieder darauf hin, dass unsere Daten<br />
lediglich Studieninteressenten informieren<br />
sollen. Sie dienen nicht dazu, eine Hochschule<br />
oder einen Fachbereich zu bewerten oder andere<br />
<strong>als</strong> schlecht zu betiteln. Das geben unsere<br />
Daten gar nicht her. Wir können aber niemandem<br />
verbieten mit unseren Daten weiter zu<br />
arbeiten oder sie <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage<br />
zu nutzen. Bedauerlich ist, dass unsere Daten<br />
leider immer wieder für andere Zwecke verwendet<br />
und zum Teil missbraucht<br />
werden.<br />
Kritisiert wird unter anderem,<br />
dass Sie Studierende<br />
zur persönlichen<br />
Einschätzung der Studiensituation<br />
befragen.<br />
Da gab es zum Beispiel<br />
die Psychologie in Österreich,<br />
die im Gegensatz zu<br />
Deutschland keine Zulassungsbeschränkung<br />
hat.<br />
Wenn wir dann mit unserer<br />
Befragung erfassen, dass sich zu viele Studierende<br />
auf zu wenige Studienplätze bewerben,<br />
kann das natürlich Gründe haben, die die<br />
Hochschule nicht beeinflussen kann. Das ist sicher<br />
richtig, aber trotzdem müssen deutsche<br />
Studieninteressierte wissen, dass das in Österreich<br />
eine ganz andere Studiensituation ist.<br />
Wie gehen Sie mit der Kritik um?<br />
Wir suchen den Dialog mit den betroffenen<br />
Fachgruppen und Fächern in Workshops und<br />
Arbeitsgruppen. Ich muss sagen, die Kritik<br />
macht zwar viel Arbeit, aber bisher hat sie<br />
auch immer Verbesserungen gebracht. Wir<br />
haben beispielsweise die Ampelfarbgebung<br />
verändert und verzichten nun auf das negativ<br />
besetzt ‚rot‘ für die Schlussgruppe. Auch<br />
wird es in naher Zukunft für Bachelor-, Master-<br />
und Promotionsstudierende unterschiedliche<br />
Kriterienprofile geben. Dadurch möchte<br />
das CHE den unterschiedlichen Bedürfnissen<br />
der Interessengruppen besser gerecht werden.<br />
Glauben Sie denn, dass ein Studienanfänger,<br />
all diese Dimensionen erfassen kann?<br />
Der wird sich auf bestimmte Faktoren konzentrieren,<br />
die ihn interessieren. Die Studienanfänger<br />
gucken vielleicht nach Studierendenurteilen<br />
und ihnen sagen ein Publikationsindikator<br />
oder Forschungsgelder relativ wenig. Aber<br />
wenn man dann die nächste Stufe anschaut,<br />
nach dem Bachelor zum<br />
Master oder zu einer Promotion<br />
hin, da werden<br />
dann andere Indikatoren<br />
interessanter. Und ich<br />
denke, da wird auch unser<br />
Weg hingehen, dass es für<br />
verschiedene Studieninteressentengruppen<br />
verschiedene<br />
Indikatorensets gibt.<br />
Das heißt Sie glauben,<br />
dass ein Studienanfänger<br />
mit dem CHE Ranking<br />
eine gute Entscheidungshilfe bei der Studienplatzsuche<br />
an der Hand hat?<br />
Ich sage Studienanfängern immer, dass das<br />
CHE eine Hilfe sein kann, aber dass man sich<br />
durchaus noch vor Ort informieren sollte. Also<br />
zu den Hochschulen hinfahren, sich Material<br />
beschaffen. Die Adressen sind ja auch im Ranking<br />
enthalten. Unser Ranking kann eine Hilfe<br />
sein. Es sollte aber eben nicht die alleinige<br />
Entscheidungsbasis liefern.<br />
Es gibt noch andere Rankings. Was macht<br />
das CHE besser <strong>als</strong> die anderen?<br />
Die internationalen Rankings verwenden ein<br />
völlig anderes Vorgehen und arbeiten nicht<br />
mit unserem multidimensionalen Ansatz. Bei<br />
uns wird nicht nur ein Einzelwert erfasst, der<br />
dann einen ganzen Fachbereich abbildet, sondern<br />
unser Typ Ranking mit vielen verschiedenen<br />
Indikatoren und Datenquellen erfasst eine<br />
Vielzahl von Kriterien. Das ist der Verdienst<br />
des CHE Rankings. Im Grunde kann man sagen,<br />
die anderen haben da von uns abgeguckt.<br />
Das CHE-Ranking war wegweisend für viele<br />
nationale Rankings. #<br />
35
Wissenschaft<br />
Markenduell<br />
Was<br />
Zum zweiten Mal haben die Dienstleistungsforscher der TU Braunschweig die<br />
Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht. Rund 4000 Bundesbürger<br />
wurden dazu befragt. Mit Jan Dreisbach sprachen wir über die Ergebnisse.<br />
Von Holger Isermann<br />
ist der Antrieb für die Fußballstudie<br />
gewesen?<br />
Das Markenmanagement von Fußballvereinen<br />
ist für uns <strong>als</strong> Dienstleistungsforscher besonders<br />
interessant, da hinter dem Erfolg von<br />
Vereinsmarken ein komplexes Zusammenspiel<br />
zahlreicher Faktoren steckt und keineswegs<br />
nur der sportliche Erfolg. Das zeigt unter anderem<br />
das erneut gute Abschneiden des Fußball-Zweitligisten<br />
FC St. Pauli.<br />
Welche Faktoren stehen denn hinter dem<br />
Erfolg von Vereinsmarken?<br />
Sehr wichtig ist sicherlich der Prozess der Bestimmung<br />
und Umsetzung der Markenstrategie.<br />
Wofür steht mein Verein? Was macht ihn<br />
besonders? Wie soll mein Verein in meinen<br />
Zielgruppen wahrgenommen werden? Wie<br />
kann ich diese Markenwahrnehmung erreichen?<br />
Aus diesen Kernfragen sollten sich dann<br />
eine klare Markenstrategie sowie entsprechende<br />
Umsetzungsmaßnahmen ableiten lassen.<br />
Hilfreich ist es zudem, wenn wichtige Repräsentanten<br />
wie Spieler, Trainer und Manager<br />
die Markenwerte des Vereins authentisch verkörpern<br />
und somit der Marke ein Gesicht geben.<br />
In der Fußball-Bundesliga sind hier BVB-<br />
Coach Jürgen Klopp oder SC Freiburg Trainer<br />
Christian Streich, aber vor den Vorwürfen der<br />
Steuerhinterziehung auch Uli Hoeneß <strong>als</strong> Präsident<br />
des FC Bayern München <strong>als</strong> passende<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Schadet die Steueraffäre von Uli Hoeneß der<br />
Marke FC Bayern München?<br />
Die Vorwürfe der Steuerhinterziehung wurden<br />
erst nach der Erhebung der Fußballstudie bekannt,<br />
von daher können wir hier keine datengestützte<br />
Einschätzung abgeben. Jedoch erscheint<br />
es mir nicht <strong>als</strong> unwahrscheinlich, dass<br />
auch die Vereinsmarkenwahrnehmung durch<br />
einen solchen Vorfall negativ beeinflusst werden<br />
kann. Der FC Bayern München steht für<br />
eine integere und glaubwürdige Führung – die<br />
aktuellen Vorwürfe der Steuerhinterziehung<br />
stehen diesem Bild jedoch entgegen.<br />
Was nützt einem Verein die Tatsache, dass<br />
er im Markenranking gut abschneidet?<br />
In der Fußball-Bundesliga ist die Entwicklung<br />
zu erkennen, dass die Vereine Ressourcen in<br />
ein professionelles Markenmanagement investieren<br />
und entsprechende Kompetenzen aufbauen.<br />
Letztlich muss es das Ziel der Vereine<br />
Fotos: Friedemann Vogel/Getty Images, Privat<br />
36
Wissenschaft<br />
Jan Dreisbach kam aus der<br />
Sponsoringberatung an die TU<br />
Braunschweig. Er forscht und<br />
promoviert am Lehrstuhl für<br />
Dienstleistungsmanagement im<br />
Bereich Sponsoring.<br />
sein, die Abhängigkeit der Einnahmesituation<br />
des Vereins vom sportlichen Erfolg möglichst<br />
weit zu reduzieren und noch bestehende<br />
Marktpotenziale zu heben. Eine starke Marke<br />
bzw. Markenwahrnehmung kann beispielsweise<br />
dem Verein dazu verhelfen, neue Sponsoren<br />
für den Verein zu gewinnen oder auch<br />
bestehende Sponsoringpartner weiterhin an<br />
den Verein zu binden oder gar die Beziehung<br />
finanziell noch auszubauen. Weitergehend gelingt<br />
es Vereinen mit einer positiven Markenausstrahlung<br />
aber auch einfacher, neue Fans<br />
zu gewinnen und die Fanloyalität bestehender<br />
Fans zu erhöhen, was sich wiederum primär<br />
in höheren Einnahmen aus dem Bereich Ticketing<br />
und Merchandising niederschlagen sollte.<br />
Beeinflusst ein positives Image auch die Medienberichterstattung<br />
über einen Verein?<br />
Gewiss. Beispielsweise stand Borussia Dortmund<br />
in dieser Saison stark im Betrachtungsfokus<br />
ausländischer Medien. Hierdurch wird<br />
Borussia Dortmund mehr und mehr auch für<br />
international ausgerichtete Sponsoren interessant,<br />
wie der jüngste Abschluss der Sponsoringpartnerschaft<br />
mit Turkish Airlines zeigt.<br />
Werder Bremen ist in diesem Jahr der<br />
große Verlierer Ihres Rankings. Sehen<br />
Sie einen Zusammenhang mit dem neuen<br />
Hauptsponsor Wiesenhof?<br />
Ich denke, dass Werder Bremen sowohl auf<br />
dem Platz <strong>als</strong> auch in der Außendarstellung<br />
des Vereins nicht mehr mit dem Werder Bremen,<br />
das wir noch vor Jahren kannten, übereinstimmt.<br />
Werder Bremen hat bisher immer<br />
von einem positiven Vereinsmarkenfundament<br />
profitiert, das jetzt aber anscheinend ein wenig<br />
bröckelt. Inwiefern die Partnerschaft mit Wiesenhof<br />
zu einer schlechteren Vereinswahrnehmung<br />
von Werder Bremen führt, ist anhand<br />
der erhobenen Daten der Fußballstudie nicht<br />
explizit zu beantworten. Jedoch muss sich ein<br />
Verein bei der Auswahl seiner Sponsoringpartner<br />
stets bewusst sein, dass auch ein negativer<br />
Imagetransfer von der Sponsoren- auf die Vereinsmarke<br />
stattfinden kann. Dies halte ich gerade<br />
in einer Konstellation wie bei Wiesenhof<br />
und Werder Bremen für möglich.<br />
Was macht eigentlich den Erfolg der Marke<br />
St. Pauli aus? Der Markenname scheint sich<br />
fast vom Fußball emanzipiert zu haben…<br />
Das Image von St. Pauli ist zu einem großen<br />
Teil faninitiiert und wurde irgendwann vom<br />
Verein aufgegriffen und <strong>als</strong> Marke etabliert.<br />
Dazu gehört etwa der Totenkopf <strong>als</strong> Markensymbol.<br />
St. Pauli ist irgendwie anders, St. Pauli<br />
ist rebellisch und mittlerweile auch ein bisschen<br />
Lifestyle. Wenn jemand <strong>als</strong>o ein T-Shirt<br />
des Vereins trägt oder eine Kaffeetasse des Vereins<br />
im Schrank stehen hat, muss er nicht zwingend<br />
großer Anhänger des Vereins sein.<br />
Die Braunschweiger Eintracht springt im<br />
Ranking auf Platz 18 und ist damit sozusagen<br />
Bundesligaschlusslicht. Wie lässt sich<br />
das Image des Vereins skizzieren?<br />
Ich glaube, diese Interpretation wird der<br />
Vereinsmarkenwahrnehmung von Eintracht<br />
Braunschweig nicht ganz gerecht. Die positive<br />
zurückliegende Entwicklung des Vereins findet<br />
auch in den diesjährigen Daten der Fußballstudie<br />
Bestätigung. Insbesondere hinsichtlich der<br />
erzielten Markeneinstellung zeigt sich die Eintracht<br />
auf Rang 14 - knapp hinter dem lokalen<br />
Rivalen Hannover 96 (12. Rang), aber noch vor<br />
dem VfL Wolfsburg (19. Rang) - schon erstligareif.<br />
Im Gesamtmarkenranking muss der BTSV<br />
aufgrund der geringeren Vereinsbekanntheit<br />
jedoch beide lokalen Vereine noch an sich vorbeiziehen<br />
lassen. #<br />
Rang Verein markenindex r*<br />
1 Borussia Dortmund 70,53 + 8,12 ± 0<br />
2 FC Bayern München 58,84 – 0,98 ± 0<br />
3 FC St. Pauli 55,10 + 0,14 + 1<br />
4 FC Schalke 04 53,68 + 3,25 + 2<br />
5 Bayer 04 Leverkusen 53,31 + 7,67 + 5<br />
6 Hamburger SV 52,26 + 3,37 + 2<br />
7 VfB Stuttgart 51,09 + 4,09 + 2<br />
8 Bor. Mönchengladbach 50,95 – 2,34 – 3<br />
9 Werder Bremen 50,94 – 5,02 – 6<br />
10 SC Freiburg 50,72 + 7,40 + 6<br />
11 1. FC Nürnberg 49,43 + 0,49 – 4<br />
12 1. FC Köln 48,78 + 3,81 ± 0<br />
13 Hannover 96 48,62 + 4,27 + 2<br />
14 Eintracht Frankfurt 47,92 + 2,93 – 3<br />
15 1. FSV Mainz 05 47,78 + 4,65 + 2<br />
16 1. FC Kaiserslautern 45,80 + 1,08 – 3<br />
17 VfL Wolfsburg 45,67 + 5,85 + 3<br />
18 Eintracht Braunschweig 44,86 + 3,49 + 1<br />
19 Hertha BSC Berlin 43,66 – 0,82 – 5<br />
20 Fortuna Düsseldorf 42,06 + 2,84 + 3<br />
21 TSV 1860 München 40,48 + 2,52 + 4<br />
22 FC Augsburg 39,18 + 0,96 + 2<br />
23 1899 Hoffenheim 39,01 – 2,95 – 5<br />
24 VfL Bochum 38,35 neu neu<br />
25 MSV Duisburg 36,95 neu neu<br />
26 SpVgg Greuther Fürth 35,58 – 4,20 – 5<br />
27 Dynamo Dresden 35,21 – 4,26 – 5<br />
28 1. FC Union Berlin 33,89 neu neu<br />
29 FSV Frankfurt 33,67 neu neu<br />
30 FC Energie Cottbus 33,33 neu neu<br />
31 FC Erzgebirge Aue 30,10 neu neu<br />
32 SC Paderborn 07 26,91 neu neu<br />
33 FC Ingolstadt 04 25,61 neu neu<br />
34 VfR Aalen 25,28 neu neu<br />
35 SSV Jahn Regensburg 24,76 neu neu<br />
36 SV Sandhausen 20,34 neu neu<br />
* Veränderung im Markenindex sowie in der Platzierung im Vereinsmarkenranking<br />
gegenüber den Ergebnissen der Fußballstudie 2012<br />
Tabelle: Vereinsmarkenranking der Fußballstudie 2013<br />
37
Gründerstipendium<br />
Die systematische Überführung<br />
der wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
in innovative Produkte<br />
und Dienstleistungen ist eine der<br />
wichtigsten Voraussetzungen nachhaltiger<br />
Wettbewerbsfähigkeit deutscher<br />
Volkswirtschaft. Das EXIST-Gründerstipendium<br />
verfolgt das Ziel, die jungen<br />
Akademiker in der Vorgründungsphase<br />
(Pre-Seed und Seed) zu unterstützen,<br />
damit die in den Hochschulen gewonnenen<br />
Kenntnisse in Startups münden<br />
können.<br />
Early Stage<br />
Pre-Seed Seed Start-Up<br />
Gerade diese Phase zeigt sich <strong>als</strong> komplex<br />
und risikohaft. Neue Forschungsergebnisse<br />
und innovative Ansätze für<br />
die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
in der Wirtschaft gehen deshalb<br />
verloren, weil die Gründer in der<br />
anfänglichen Gründungsphase die Investitionen<br />
finanzieren und selbst für<br />
ihre wirtschaftliche Existenz sorgen<br />
müssen. Hier sind attraktive Jobangebote<br />
der Industrie ein weiterer Faktor, der<br />
das Gründungsengagement der Absolventen<br />
und Doktoranden einschränkt.<br />
Mit einem Stipendium bis zu 2400<br />
Euro im Monat für die Dauer eines Jahres<br />
und weiteren 17000 Euro Zuschuss<br />
für Sachinvestitionen werden Anreize<br />
für die Gründung von Startups aus<br />
den Hochschulen geschaffen. Gründerteams<br />
bis zu drei Personen werden im<br />
Rahmen des Programms gefördert.<br />
Die Voraussetzung für den Erhalt des<br />
Gründerstipendiums ist, dass die Gründungsidee<br />
innovativ ist und die Verwertung<br />
wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
zum Ziel hat. Etwa über die Hälfte der<br />
Anträge wird vom Bundeswirtschafts-<br />
Kolumne<br />
Prof. Reza Asghari<br />
gibt an dieser Stelle<br />
Einblicke in die Welt<br />
des Entrepreneurships.<br />
Hier erklärt er die<br />
Chancen des Exist-<br />
Gründerstipendiums.<br />
ministerium positiv entschieden. Die<br />
Studierenden und Absolventen der Ostfalia<br />
Hochschule und TU Braunschweig<br />
sind in der Vergangenheit mehrfach in<br />
den Genuss des Gründerstipendiums<br />
gekommen. „Capical“ und „Askozia“<br />
sind Beispiele für Startups beider Hochschulen,<br />
die im Vorfeld ihrer Gründungen<br />
dieser Förderung erhalten haben.<br />
Weitere Informationen zur formalen<br />
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Früher einmal galten Studienabbrecher<br />
<strong>als</strong> schwer vermittelbar. In<br />
Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels<br />
allerdings rücken die<br />
unvollendeten Akademiker immer<br />
mehr in den Blickpunkt der Arbeitgeber.<br />
Zumal, wenn sie Erfahrungen<br />
in Arbeitsmarktsegmenten<br />
gesammelt haben, die<br />
seit Jahren leergefegt sind.<br />
Ein Beispiel hierfür ist die<br />
IT-Branche. Die Industrieund<br />
Handelskammern aus<br />
Braunschweig und Hannover<br />
haben deshalb jetzt mit<br />
der TU Braunschweig das<br />
Modellprojekt „Neustart<br />
IT“ ins Leben gerufen. Wer<br />
mindestens zwei Semester<br />
an einer Hochschule Informatik<br />
studiert und 20 Leistungspunkte<br />
erworben hat,<br />
kann ab diesem Jahr die<br />
Ausbildungszeit zum Fachinformatiker<br />
um mindestens<br />
ein Jahr verkürzen.<br />
Potenzielle Bewerber für<br />
das Projekt müsste es eigentlich<br />
zahlreich geben.<br />
Laut einer Studie der Hochschul-Informations-System<br />
GmbH (HIS) liegt die<br />
Abbrecherquote im Fach Informatik mit<br />
47 Prozent weit über dem Durchschnitt.<br />
„Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig.<br />
F<strong>als</strong>che Erwartungen, Schwierigkeiten<br />
mit dem Stoff aber auch<br />
Finanzierungsprobleme sind Ursachen“,<br />
erklärt Soziologe Markus Voitel,<br />
der das Projekt an der TU betreut.<br />
Nicht selten hapert es auch am Vorwissen.<br />
Durchfallquoten von bis zu 88 Prozent<br />
im Mathevorkurs der TU deuten je-<br />
denfalls an, dass der Übergang von der<br />
Schule an die Uni für viele Studienanfänger<br />
zur Herausforderung wird. Mit<br />
Mathe hatte der Braunschweiger Andre<br />
Biel keine Probleme. „Es war eher die<br />
Freiheit. Das Studium ist dann so vor<br />
sich hin geplätschert. Mir fehlte einfach<br />
Mehr Infos unter →is.gd/NeustartIT<br />
ein wenig die Perspektive und Reife für<br />
das selbstständige Arbeiten.“ Nach fünf<br />
Semestern Informatikstudium an der<br />
TU Braunschweig hat der heute 26-Jährige<br />
schließlich eine Ausbildung zum<br />
Fachinformatiker begonnen. Dam<strong>als</strong><br />
gab es das Projekt „Neustart IT“ noch<br />
nicht und Biel organisierte sich selbstständig<br />
eine Ausbildungszeitverkürzung<br />
um ein halbes Jahr.<br />
Rund ein Drittel der Abbrecher gehen<br />
diesen Weg und beginnen eine Ausbildung,<br />
genauso viele schaffen den Quereinstieg<br />
in den Beruf und der Rest versucht<br />
sich in der Selbstständigkeit,<br />
absolviert ein Praktikum oder meldet<br />
sich arbeitslos. „Hätte es den Neustart<br />
IT dam<strong>als</strong> schon gegeben, wäre es für<br />
mich natürlich leichter gewesen. Ein<br />
großer Vorteil ist der Kontakt zu anderen<br />
Studienabbrechern,<br />
weil man merkt, dass man<br />
nicht alleine ist und sich<br />
nicht schämen muss“, sagt<br />
Biel. Das größte Problem<br />
für Voitel und die Projektpartner<br />
ist die Kontaktaufnahme<br />
mit den ehemaligen<br />
Studierenden. Der Großteil<br />
von ihnen exmatrikuliert<br />
sich nicht per Antrag, sondern<br />
verschwindet einfach.<br />
„Wir haben <strong>als</strong>o keine Adresse<br />
oder Möglichkeit sie<br />
über unser Projekt zu informieren“,<br />
betont Voitel. Das<br />
ist doppelt tragisch. Denn<br />
allein in der Region gibt<br />
es mehr <strong>als</strong> 70 freie Ausbildungsplätze<br />
zum Fachinformatiker,<br />
die Studienabbrechern<br />
eine Perspektive<br />
bieten und schließlich Fachkräfte in<br />
der Region halten könnten. Auch darum<br />
geht es bei „Neustart IT“.<br />
Andre Biel sieht seinen zweijährigen<br />
Umweg über die Universität mittlerweile<br />
gelassener. „Man geht ja nicht durch<br />
das Studium und kriegt überhaupt<br />
nichts mit. Gegenüber anderen Auszubildenden<br />
habe ich in der Regel einen<br />
Wissensvorsprung.“ Selbst ein Studium<br />
kann er sich mittelfristig noch einmal<br />
vorstellen. „Erstmal steht nach der Ausbildung<br />
aber arbeiten an.“ #<br />
Foto: HerrKrueger<br />
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Herz des Horrors –<br />
hier liegt die Zentrale von Marctropolis.<br />
Richtig produktiv sieht es hier aus: Computer<br />
und große Bildschirme zieren die<br />
schlichten Tische, aber auch jede Menge<br />
Film-Accessoires wie Papp-Aufsteller,<br />
Poster und Plattencover stehen säuberlich<br />
angeordnet in den hohen Regalen.<br />
„Wir sind eine Agentur für Hörspiele,<br />
Design und Filme, die auch <strong>als</strong> Verlag<br />
fungiert“, erklärt Marc Fehse, der Industrial<br />
Design an der HBK studiert hat<br />
und heute mit seinem Bruder Carsten<br />
auf vielen kreativen Hochzeiten tanzt.<br />
Angefangen hatte es mit der Idee, einen<br />
selbst ausgedachten Film zu produzieren.<br />
Dam<strong>als</strong> war Marc noch Student,<br />
Carsten arbeitete <strong>als</strong> Koch. Schnell stellte<br />
sich heraus, dass ein Film zu teuer ist<br />
und so entschieden sie sich für ein Hörspiel.<br />
Marctropolis war geboren. Mittlerweile<br />
haben die beiden Brüder in<br />
fünfzehn Jahren vom Hörbuch namens<br />
„Skinwalker“ bis zum „Art of Nature“-<br />
Film schon über 1000 Werke publiziert<br />
und können von ihrer Arbeit leben.<br />
Der neueste Streich ist ein Kurzfilm<br />
namens „Spores“ und spielt in einer kanadischen<br />
Kleinstadt. Die dortigen Bewohner<br />
werden in einem Bergwerk von<br />
Sporen aus einer unterirdischen Höhle<br />
infiziert und mutieren zu Monstern, die<br />
andere Menschen infizieren. „Uns war<br />
es wichtig, dass es nicht zu einem typischen<br />
Zombie-Ding wird, sondern eine<br />
neue Art von Horror erzeugt“, erklärt<br />
Carsten Fehse. Als Inspiration diente<br />
eine die brasilianischen Urwald vorkommende<br />
Pilzart „Ophiocordyceps<br />
unilateralis“. Diese setzt ihre Sporen<br />
auf die dort lebenden Ameisen und kontrolliert<br />
nach der Infektion das „Opfer“<br />
über Veränderungen im Gehirn. Die<br />
quasi fremdgesteuerten Ameisen arbeiten<br />
danach gegen ihren eigenen Stamm<br />
und infizieren andere Ameisen.<br />
Genau das passiert auch den Bewohnern<br />
der kleinen Stadt, sie werden zu so<br />
genannten „Sporeheads“. Im Film darf<br />
natürlich die Optik nicht zu kurz kommen,<br />
den Infizierten wachsen schwarze<br />
„Wurzeln“ aus dem Gesicht, ihre Au-<br />
Horror-<br />
Brüder<br />
Marc und Carsten Fehse drehen „Spores“<br />
Von Michaline Saxel<br />
Fotos: Marctropolis<br />
42
Karriere<br />
Die Gebrüder Fehse am Set von „Spores“<br />
gen werden schwarz und ihr Atem speit<br />
schwarze Pollen.<br />
Grund genug dort ein Praktikum zu<br />
beginnen, dachte sich Horrorfan Lars<br />
Bernert von der Ostfalia Hochschule.<br />
Der Mediendesign-Student ist seit einigen<br />
Wochen mit „sehr viel Spaß“ dabei,<br />
auch wenn er schon mal <strong>als</strong> Auffangpolster<br />
für Stunts der Schauspieler<br />
herhalten musste. Gedreht<br />
wurde der Film<br />
jedoch nicht in Kanada,<br />
sondern in einem Filmstudio<br />
in Braunschweig<br />
sowie im Harz, wo die<br />
Filmcrew sogar einen<br />
Autounfall samt Explosion<br />
inszenierte. Die Szenen<br />
unter Tage drehten<br />
die Braunschweiger in<br />
einer Mine in Schulenberg.<br />
„Der Sohn des Minenbesitzers<br />
war zum Schluss sogar<br />
Horror-Fan, das war schon lustig“, erzählt<br />
Marc Fehse.<br />
Als Schauspieler konnten Szenegrößen<br />
wie Damian Chapa (Blood in,<br />
Blood out) und Thomas Morris (Illuminati)<br />
gewonnen werden. Doch leider<br />
müssen sich Fans des Genres noch gedulden,<br />
denn die Fertigstellung ist erst<br />
im nächsten Jahr geplant. Dann möchten<br />
die Brüder mit „Spores“ zum Kurzfilmfestival<br />
nach Cannes zugelassen<br />
werden, um dort weitere Kontakte zu<br />
knüpfen und bald noch mehr Filme produzieren<br />
zu können.<br />
Weitere Informationen zum Kurzfilm<br />
gibt es unter →sporesthemovie.com #<br />
Deine Diskussionsrunde<br />
Campus Talk<br />
Perspektive trotz Sparzwang?<br />
Welchen Weg die HBK jetzt gehen sollte …<br />
Schick uns deine Fragen<br />
bitte bis zum 20.6. an<br />
→ studi38@bzv.de<br />
Weitere Infos unter<br />
Tel.: 0531/39 00 193<br />
Den<br />
Ausstrahlungstermin<br />
erfahrt<br />
ihr über unsere<br />
Facebook-<br />
Seite
Karriere<br />
Aus dem<br />
Nähkästchen…<br />
… der Personaler<br />
Fotos: LederundSpitze, Privat<br />
Dein Bewerber, das<br />
unbekannte Wesen<br />
Von Markus Rottwinkel & Frank Gießelmann, Salzgitter AG<br />
Warum in aller Welt finden<br />
Personaler ihren Job eigentlich<br />
interessant, wenn<br />
es um das Führen von Vorstellungsgesprächen<br />
geht? Ist es nicht eine Wiederholung<br />
des ewig Gleichen? Ein gut<br />
informierter Bewerber erscheint in angemessener<br />
Kleidung rechtzeitig zum<br />
Gespräch. Er/sie verhält sich höflichprofessionell<br />
und erwartet dies auch<br />
von seinem Gegenüber. Es werden klare<br />
Fragen gestellt und klare Antworten<br />
gegeben, schließlich wissen alle um Ziel<br />
und Bedeutung des Termins. Man gibt<br />
sich Mühe miteinander, will es auch<br />
mal genau wissen und vergisst niem<strong>als</strong><br />
eine eindeutige Vereinbarung, wie weiter<br />
vorzugehen ist. Und so läuft das immer<br />
und immer wieder ab.<br />
Nein, tut es nicht.<br />
Die unterschiedlichen spannenden Lebensläufe<br />
einmal völlig ausgeblendet,<br />
ist das Vorstellungsgespräch mit Sicherheit<br />
das Überraschungsei im Berufsleben<br />
eines Personalers. Wir reden hier<br />
nicht etwa von Bewerbern, die nach<br />
Markus Rottwinkel & Frank Gießelmann<br />
dem Termin von ihrer Mutter mit dem<br />
Pausenbrot auf dem Parkplatz erwartet<br />
werden. Wir meinen auch nicht diejenigen<br />
unter unseren Gästen, die nach<br />
dem Betreten des Werkgeländes plötz-<br />
44
Karriere<br />
Copy-Paste-Fehler sind häufig<br />
Von Tobias Brunkhorst, David Software GmbH<br />
Dass man <strong>als</strong> Personaler in Bewerbungsanschreiben<br />
mit<br />
dem Namen eines anderen angesprochen<br />
wird oder ein Bewerber<br />
eine andere Firma <strong>als</strong> Adressat nennt,<br />
kommt wirklich schon häufiger vor.<br />
Das resultiert in der Regel aus Copy-<br />
Paste-Fehlern bei Massenbewerbungen.<br />
Ich hatte jedoch mal einen Bewerber<br />
im Vorstellungsgespräch, der scheinbar<br />
nicht mehr wusste, bei welcher Firma<br />
er sich gerade vorstellt. Erst <strong>als</strong> er<br />
in den ersten 15 Minuten des Vorstellungsgesprächs<br />
zum dritten Mal sagte,<br />
wie sehr er sich für die Arbeit bei der<br />
Firma XY interessieren würde, habe<br />
ich ihn auf seinen Irrtum hingewiesen.<br />
Ein weiteres amüsantes Beispiel eines<br />
Copy-Paste-Fehlers fand ich in der Bewerbung<br />
eines jungen Absolventen. Im<br />
Anschreiben einer sehr guten elektronischen<br />
Bewerbung verwies mich der<br />
Kandidat auf einen Link, hinter dem<br />
sich nach seinen Worten seine komplet-<br />
ten Bewerbungsunterlagen in digitaler<br />
Form zum Download verbergen sollten.<br />
Als ich auf den sehr langen und kryptisch<br />
wirkenden Link klickte, meldete<br />
der Smartfilter meines Browsers „Zugriff<br />
verweigert“. Als ich mir jetzt den<br />
Link genauer anschaute, stellte ich fest,<br />
dass er auf die Homepage eines Erotikport<strong>als</strong><br />
führte.<br />
Sehr interessant sind regelmäßig Bewerbungen,<br />
die nicht wirklich „ernst<br />
gemeint“ sind. Hintergrund sind häufig<br />
behördliche Aufforderungen zur Bewerbung,<br />
um weiterhin Leistungen beziehen<br />
zu dürfen. Die Bewerber lassen sich<br />
die skurrilsten Formulierungen einfallen,<br />
um auf keinen Fall zu einem Vorstellungsgespräch<br />
eingeladen zu werden:<br />
„Ich bewerbe mich bei Ihnen, weil man<br />
es mir befohlen hat“ oder „Ich möchte<br />
bei Ihnen arbeiten, weil ich dringend<br />
Geld brauche“ sind schon fast Standard.<br />
In Erinnerung blieb mir jedoch die Beschreibung<br />
der bevorzugten Freizei-<br />
Tobias Brunkhorst<br />
taktivitäten eines Bewerbers, der die<br />
Worte „ich trinke gern mal einen, siehe<br />
Anlagen“ verwendete. Im Anhang<br />
der Bewerbung befanden sich dann tatsächlich<br />
mehrere ausgedruckte Fotos,<br />
auf denen eine stets wechselnde Gruppe<br />
deutlich erkennbar alkoholisierter<br />
Menschen in verschiedensten Locations<br />
abgelichtet war. Nur ein Gesicht war auf<br />
jedem Foto präsent und jeweils mit Rotstift<br />
gut erkennbar umkreist – das war<br />
scheinbar mein Bewerber. #<br />
lich mitsamt Auto spurlos verschwunden<br />
sind. Personaler sind ja generell<br />
wesentlich toleranter <strong>als</strong> ihr Ruf. Mit<br />
Turnschuhen, Branding oder Irokesenschnitt<br />
konnte man die Personalchefs<br />
in den frühen 1960ern erschrecken (das<br />
Branding war nicht erfunden, soweit<br />
wir uns erinnern). Heutzutage muss<br />
man schwerere Geschütze auffahren.<br />
Nehmen wir folgenden Dialog:<br />
Herr Krüger, Sie haben viel von ihren Erfolgen<br />
gesprochen, uns würde interessieren,<br />
wie Sie mit Misserfolgen umgehen. Haben<br />
Sie mal ein Beispiel für eine kritische Situation,<br />
mit der Sie umgehen mussten?<br />
Ja, <strong>als</strong>o, meine Freundin hat mich verlassen.<br />
Okay, wir wollen da nicht zu sehr auf Ihr<br />
Privatleben eingehen, haben Sie vielleicht<br />
ein Beispiel aus der Uni?<br />
Nee, das war schon hart. Außerdem war sie ja<br />
schwanger. Sie ist dann gleich bei<br />
einem anderen eingezogen.<br />
Gut …<br />
Das war ja noch nicht alles: Als ich nach Hause<br />
kam, hat mein Vater mir <strong>als</strong> erstes vorgerechnet,<br />
was mich das an Alimenten kostet<br />
nach der Düsseldorfer Tabelle. Jetzt brauch<br />
ich natürlich nen Job.<br />
Ehrlichkeit und Offenheit im Bewerbungsgespräch<br />
sind ja grundsätzlich<br />
richtig. Manchmal schießen aber die<br />
Gesprächspartner weit über das Ziel hinaus.<br />
Hier ein weiteres Beispiel: die Frage<br />
war: Warum haben Sie sich bei uns<br />
beworben? Die Antwort lautete: “Ich<br />
habe gehört, die Kantine soll bei Ihnen<br />
so gut sein.“ Da ist die Motivationslage<br />
schnell klar.<br />
Einen unvergesslichen Eindruck hinterließ<br />
auch die Bewerbungsunterlage<br />
eines Juristen, der sein halbseitiges Anschreiben<br />
mit nicht weniger <strong>als</strong> 26 Fußnoten<br />
ergänzte. Darin stellte er Fragen<br />
nach der Anzahl der ihm zustehenden<br />
Grünpflanzen, nach der Größe des Arbeitszimmers<br />
und der Anzahl der Fenster,<br />
nach der Kategorie der buchbaren<br />
Mietwägen – um nur ein paar zu nennen.<br />
Das Anschreiben endete mit der Information,<br />
dass eine Einladung zum Gespräch<br />
seinerseits nur akzeptiert werde,<br />
wenn im Vorfeld die gestellten Fragen<br />
zu seiner vollsten Zufriedenheit beantwortet<br />
würden.<br />
Ehrlich gesagt, haben wir uns diese<br />
Mühe gespart und mit einem netten<br />
Antwortschreiben diesen Kontakt<br />
beendet.<br />
Glückauf! #<br />
45
Karriere<br />
Benrocks<br />
Aus dem Leben eines Kulturjournalisten<br />
Von Benjamin Foitzik<br />
Montag, 10 Uhr morgens, Arbeitsbeginn.<br />
Man nimmt sich<br />
einen (Gratis-)Kaffee, gibt sein<br />
Handy beim Sicherheitsteam ab, lässt<br />
Leibesvisitation und Metalldetektor<br />
über sich ergehen,<br />
setzt sich in den Sessel und<br />
gegebenenfalls eine 3D-Brille<br />
auf die Nase. Manchmal mit<br />
fünf, manchmal mit 50 anderen<br />
Journalisten im Kinosaal<br />
– je nachdem, wie hoch<br />
der Geheimhaltungsfaktor<br />
der jeweiligen Produktion<br />
ist. Und dann zieht man sich<br />
zwei bis drei Stunden den<br />
neuen Tom Cruise oder den<br />
neuen Brad Pitt rein.<br />
Aber Moment, noch mal zurück zum<br />
Anfang: Hat der Typ tatsächlich „Arbeitsbeginn“<br />
geschrieben? Erdreistet er<br />
sich ernsthaft, das Privileg des Besuchs<br />
Beim Interview mit der Band Steel Panther<br />
einer exklusiven Pressevorführung eines<br />
bis dato unveröffentlichten Films<br />
<strong>als</strong> Arbeit zu bezeichnen? Ja, tut er.<br />
Auch wenn man dafür stets grollende<br />
Blicke erntet. Als Redakteur<br />
für ein Filmmagazin muss<br />
ich pro Monat beziehungsweise<br />
<strong>Ausgabe</strong> im Schnitt 30<br />
bis 40 Filme sichten – im Kinosaal<br />
oder Heimkino. Darunter<br />
sind 80 Prozent, die<br />
ich mir nie freiwillig angucken<br />
würde. Und von den<br />
restlichen Streifen sind die<br />
Hälfte hinterher eine Enttäuschung.<br />
Bleiben drei bis vier<br />
Filme im Monat, die es sich<br />
wirklich lohnt, gesehen zu<br />
Fotos: Ben Foitzik; Toni B. Gunner – www.mondkringel-photography.de<br />
46
Karriere<br />
Zwischen Genie und Wahnsinn: Tenacious D<br />
haben. Der Rest ist Arbeit und fordert<br />
seinen Preis: Nach fünf Jahren im „Business“<br />
brauche ich plötzlich eine Brille.<br />
Dass Filmegucken keine Arbeit ist,<br />
fand auch der Chef meines Ex-Arbeitgebers.<br />
Wenn man die Filme unbedingt<br />
gucken muss, dann bitte nicht während<br />
der Arbeitszeit. Und überhaupt: Wieso<br />
muss man die denn eigentlich gucken?<br />
Haben doch andere schon gemacht,<br />
kann man sich doch aus dem Internet<br />
zusammenklauen. Dass die Bewertung<br />
eines Films eh nur selten dem eigenen<br />
Empfinden, sondern vielmehr Interessen<br />
aus dem Marketing unterliegt, ist<br />
eine der ersten Lektionen, die ein Kulturredakteur<br />
lernen muss. Klassiker: Besuch<br />
des Anzeigenverkäufers in der Redaktion.<br />
„Warum hast du diesem Film<br />
nur soundsoviele Punkte gegeben? Der<br />
Anbieter ist doch Anzeigenkunde bei<br />
uns!“ Oder direkt: Anruf des Anzeigenkunden.<br />
„Wieso hat unser Film nur soundsoviele<br />
Punkte bekommen, wir<br />
schalten doch Anzeigen bei euch?“ Objektiver<br />
Journalismus muss in dieser<br />
Branche hartnäckig verteidigt werden.<br />
Immerhin: Seit drei Jahren und von der<br />
ersten <strong>Ausgabe</strong> an arbeite ich nun beim<br />
Filmmagazin BIG PICTURE, bei dem<br />
wir stolz sind sagen zu können, dass<br />
wir nicht für Anzeigen unsere Seelen<br />
verkaufen, auch wenn wir dafür stets<br />
am Rande des finanziellen Abgrunds<br />
wandeln.<br />
Um nicht <strong>als</strong> Fachidiot zu verenden<br />
und mit 40 noch geradeaus gucken zu<br />
können, entschied ich mich für ein<br />
zweites thematisches Standbein: Die<br />
Musik. Problem: Auch der Musikindustrie<br />
geht es schlecht, illegale Downloads<br />
haben das Geschäft<br />
geschädigt.<br />
Statt dem Konsumenten<br />
legale Alternativen<br />
anzubieten,<br />
hat sich<br />
die Industrie jahrelang<br />
im Tauschbörsen-Kleinkrieg<br />
aufgerieben. Mit<br />
fatalen Folgen,<br />
vor allem für die<br />
Künstler: Von Album-Verkäufen<br />
kann heute kaum noch<br />
ein Musiker leben – Touren und Merchandise-Verkauf<br />
sind das täglich Brot.<br />
Der schlechte Zustand der Musikindustrie<br />
wird direkt an uns weitergereicht:<br />
Printmagazine zahlen immer schlechter<br />
oder stehen vor dem Aus, und Online-Medien<br />
zahlen oft immer noch gar<br />
nicht. Genau wie beim Film träumen<br />
unendlich viele Hobby-Autoren davon,<br />
Musikjournalist zu sein, und bombardieren<br />
die Chefredaktionen mit Mails,<br />
in denen sie kaum einen klaren Satz<br />
formulieren können. Einige kommen<br />
trotzdem durch und drücken die Honorare<br />
für die ausgebildeten Journalisten<br />
zusätzlich nach unten.<br />
Der verbitterte Kulturjournalist versinkt<br />
in Selbstmitleid? Aus karrieretechnischer<br />
Sicht ist dieser Job keine<br />
Erfüllung. Woche für Woche heißt es<br />
hausieren und Klinken putzen. Und irgendwann<br />
kommt unweigerlich das,<br />
was jeder Journalist am meisten fürchtet:<br />
Man sitzt in einer Agentur und<br />
schrubbt lobhudelnde PR-Texte. Immerhin:<br />
Manchmal gibt es diese ganz besonderen<br />
Momente. Wenn man nach London<br />
eingeflogen wird, um beim „Game<br />
Of Thrones“-Press-Junket teilzunehmen<br />
oder man spannende, intelligente Musiker<br />
trifft, die sich nicht <strong>als</strong> abgehobene<br />
Freaks, sondern sympathische, eloquente<br />
Gesprächspartner erweisen (wie Serj<br />
Tankian oder Jared Leto). Dann trudelt<br />
unerwartet eine E-Mail von der Chefredaktion<br />
eines großen deutschen Rockmagazins<br />
ein: „Hallo, wir kennen uns<br />
nicht, aber ich habe viel Gutes von dir<br />
gehört – hättest du eventuell Zeit und<br />
Lust, für uns nach L.A. zu fliegen und<br />
Black Sabbath für eine Titelstory zu interviewen?“<br />
Also: Zwölf Stunden nach<br />
L.A. düsen, dort einen Tag mit Jetlag<br />
flachliegen und am nächsten mit einem<br />
Taxi zu einer Ranch in Malibu fahren,<br />
wo man 45 Minuten mit Ozzy Osbourne<br />
und Geezer Butler reden darf. Direkt danach<br />
wieder ins Taxi, zum Flughafen, in<br />
den Flieger und zwölf Stunden zurück.<br />
Stressfaktor: hoch. Spaßfaktor: mäßig.<br />
Fame-Faktor: gering. Stundenlohn-Faktor:<br />
besser nicht ausrechnen. Zu Hause<br />
verzweifelt man dann über besagtes<br />
Interview, weil man jeden Satz von<br />
Nuschel-Ozzy mindestens zehnmal hören<br />
muss, um ihn dechiffrieren zu können.<br />
Und wenn man schon nicht reich<br />
oder berühmt damit wird, ist doch immerhin<br />
die Mama stolz – auch wenn sie<br />
Ozzy Osbourne gar nicht kennt. #<br />
Schon während seines<br />
Medienwissenschaften-Studiums<br />
in Braunschweig heuerte<br />
Ben Foitzik beim lokalen<br />
Stadtmagazin an und stieg<br />
nach dem Abschluss dort <strong>als</strong><br />
Musikredakteur ein. Nach dem<br />
Wechsel zu einem DVD-Magazin<br />
in Hamburg wagte er schließlich<br />
den Weg in die Selbstständigkeit.<br />
Seinen fiebrigen Schreibwahn<br />
niem<strong>als</strong> befriedigend, betreibt<br />
der Mann auch einen eigenen<br />
Blog →benrocks.de<br />
47
Karriere<br />
Pixeluniversitas<br />
Coursera verspricht höchstes akademisches Niveau – und zwar Gratis<br />
Von Luciana Tamas<br />
Die Chance dieser Generation ist,<br />
dass das Internet uns erlaubt,<br />
die Grenzen von Zeit und Raum<br />
zu überwinden. Dies führt zu einer neuen<br />
Architektur des Wissens, in der Individuen<br />
unabhängig von räumlichen<br />
Entfernungen miteinander interagieren<br />
und ihre Denkleistung sich gegenseitig<br />
ergänzen und verlängern können. Das<br />
erstaunlichste Beispiel in diesem Sinne<br />
ist vielleicht das transnationale Projekt<br />
„CERN“, zu dessen Erfolg tausende Forscher<br />
aus der ganzen Welt aktiv beitragen.<br />
Es ist bekannt, dass das Fernstudium<br />
eine ziemlich lange Geschichte hat,<br />
seine Popularität ist jedoch exponentiell<br />
gewachsen, <strong>als</strong> die moderne Technologie<br />
die Distanzen effektiv sprengte.<br />
Ein neues Stadium des Fernstudiums<br />
wurde <strong>als</strong>o das Online-Studium – ein<br />
Konzept, das von zahlreichen Institutionen<br />
eingeführt wurde; die einzigen<br />
Voraussetzungen sind, die Gebühren zu<br />
bezahlen und einen Computer mit Internetanschluss<br />
zu besitzen. Da diese<br />
Bildungsform zwar attraktiv, aber teuer<br />
ist, haben einige Anleger aus dem Silicon<br />
Valley – zusammen mit der Stanford<br />
University – Coursera entwickelt.<br />
Die Initiatoren waren zwei junge Professoren,<br />
Daphne Koller und Andrew Ng.<br />
„Wir gründeten Coursera, mit dem Ziel,<br />
die besten Kurse der besten Dozenten<br />
an den besten Universitäten Menschen<br />
rund um die Welt kostenlos anzubieten“,<br />
sagt Daphne Koller, in einer Präsentation<br />
dieses globalen Projekts. Das<br />
Prinzip nennt sich „Massive Open Online<br />
Course“, kurz MOOC. Wie sich die<br />
Überwindung von Zeit und Raum ganz<br />
konkret auswirkt, hat Andrew Ng bei<br />
seinem Kurs „Machine Learning“ an der<br />
Stanford University erfahren. Normalerweise<br />
unterrichtet er rund 400 Studierende.<br />
Bei der Übertragung seines<br />
Kurses über die Coursera-Plattform haben<br />
sich dagegen 100.000 Teilnehmende<br />
registriert. Um diese Anzahl von Zuhörern<br />
zu erreichen, müsste der junge<br />
Professor normalerweise 250 Jahre unterrichten.<br />
Nach Abschluss eines Kurses<br />
erhalten die Studierenden ein Zertifikat,<br />
das sie beispielsweise einem potentiellen<br />
Auftraggeber vorlegen können.<br />
Viele Studierende haben die Zertifikate<br />
auch bei ihren Universitäten vorgelegt<br />
und Leistungspunkte dafür angerechnet<br />
bekommen, wie Daphne Koller in<br />
derselben Präsentation erklärte (die<br />
Juni 2012 gedreht und August 2012<br />
auf www.ted.com hochgeladen wurde).<br />
Ohnehin gleichen Coursera-Kurse<br />
in einigen Punkten Veranstaltungen an<br />
normalen Universitäten: „Die Kurse beginnen<br />
an einem bestimmten Tag, es<br />
gibt wöchentlich wechselnde Einheiten,<br />
Aufgaben und Abgabetermine für<br />
die Aufgaben“, so Koller. Insgesamt stellen<br />
mittlerweile 62 Universitäten mehr<br />
<strong>als</strong> 300 Kurse via Coursera bereit. Neuerdings<br />
nehmen mit der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München und der<br />
Technischen Universität München auch<br />
zwei deutsche Hochschulen teil. Wer<br />
<strong>als</strong>o das Studium Generale verpasst hat<br />
oder immer schon mal einer internationalen<br />
Koryphäe lauschen wollte, der<br />
virtuelle Hörsaal ist nur einen „Klick“<br />
entfernt →coursera.org #<br />
Foto: Yuko Honda<br />
48
Schlussakkord<br />
Lieblings …<br />
… Album? Film? Buch?<br />
Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben!<br />
Laura Trommer<br />
Daniel Gerab Wolle<br />
Christina Zais<br />
Lieblingsalbum<br />
Seeed<br />
(Seeed)<br />
Sie können es einfach. Wenn jeder Track für<br />
sich entweder gute Laune macht, zum Aufdrehen<br />
animiert oder entspannt, dann muss am<br />
Ende auch ein tolles Album herauskommen.<br />
Lieblingsfilm<br />
Anleitung zum Unglücklichsein<br />
(Sherry Hormann)<br />
Der Film erzählt aus dem Leben von Tiffany<br />
Blechschmid. Der Name der Protagonistin ist<br />
Programm – alles irgendwie zum schmunzeln.<br />
Etwas für die leichte Unterhaltung mit<br />
viel Fantasie und Witz.<br />
Lieblingsbuch<br />
Die nachhaltige Pflege von Holzböden<br />
(Will Wiles)<br />
Oskar bittet einen alten Freund auf seine edle<br />
Designerwohnung und die beiden Katzen aufzupassen.<br />
Alles was schief gehen kann, packt<br />
Will Wiles in dieses Buch. Ein Werk, bei dem<br />
man sich das ein oder andere Mal beim schadenfrohen<br />
Lachen erwischt.<br />
Lieblings-EP<br />
Liebe ist<br />
(Stephan Bodzin)<br />
Weil: Abgefahren und Deep<br />
Bodzin holt aus seinen Moog Synthesizer krasse<br />
Soundlanschaften heraus. Die Beats sind<br />
wahnsinnig komplex und treibend.<br />
Lieblingsfilm<br />
Zurück in die Zukunft 1-3<br />
(Robert Zemeckis)<br />
Weil: Zeitreisen!<br />
Verschrobener Wissenschaftler, der mit seinem<br />
Homie durch die Zeit reist. Perfekt erzählt<br />
und super Soundtrack.<br />
Lieblingsbuch<br />
1984<br />
(George Orwell)<br />
Weil: angsteinflößende Zukunftsvision<br />
Packende Schilderung einer Zukunftsdystopie.<br />
Winstons Schicksal regt zum Nachdenken an<br />
und ist zu jeder Zeit aktuell.<br />
Lieblingsalbum<br />
Letter To The Lord (Irma)<br />
Pop trifft Soul. Die Kamerunerin Irma Pany<br />
überzeugt in ihrem Debütalbum mit großem<br />
Facettenreichtum. Die Lieder sind emotional<br />
ohne dabei kitschig zu wirken, beobachtend<br />
aber nicht belehrend.<br />
Lieblingsfilm<br />
Der Gott des Gemetzels<br />
(Roman Polanski)<br />
Zwei Elfjährige prügeln sich. Die Eltern des<br />
Opfers laden die Eltern des Täters ein, um<br />
den Vorfall zu klären. Was <strong>als</strong> friedlicher<br />
Austausch über Gewalt und die Grenzen der<br />
Verantwortlichkeit beginnt, entwickelt sich<br />
prompt zum Streit. Widersprüche und groteske<br />
Vorurteile lassen die kultivierte Fassade<br />
der gutbürgerlichen Paare bröckeln.<br />
Lieblingsbuch<br />
The Perks Of Being A Wallflower<br />
(Stephen Chbosky)<br />
Unverblümt und direkt statt poetisch und<br />
verschnörkelt. In Briefen, adressiert an einen<br />
erfundenen Freund, erzählt Charly von wahrer<br />
Freundschaft und gibt dem Leser nebenbei<br />
eine Liste von Büchern an die Hand, die er<br />
unbedingt gelesen haben muss.<br />
49
Schlussakkord<br />
Mein Kühlschrank<br />
und Ich<br />
Wie der Haushalt zum leben erwacht<br />
Von Eva Casper<br />
Bis vor kurzem habe ich<br />
mir keine großen Gedanken<br />
über meinen<br />
Kühlschrank gemacht. Er<br />
stand einfach stumm in der<br />
Ecke und hielt mein Essen<br />
kalt. Nur hin und wieder<br />
stieß er ein dezentes Gurgeln<br />
aus, wenn es ihm zu<br />
warm geworden war und<br />
zog damit für kurze Zeit die<br />
Aufmerksamkeit auf sich.<br />
Aber vielleicht habe ich<br />
meinen Kühlschrank ja völlig<br />
unterschätzt? Vielleicht<br />
steckt hinter seiner frostigen<br />
Aura ein bisher unbekanntes<br />
Potenzial?<br />
Führende Elektronikhersteller<br />
wollen dieses Potenzial<br />
zumindest erkannt haben.<br />
Der Kühlschrank der<br />
Zukunft ist „smart“, das<br />
heißt er ist intelligent. Was<br />
damit gemeint ist, führt<br />
die Firma LG sehr schön<br />
aus: Bei ihnen wird der<br />
herkömmliche kleine Arbeiter-Kühlschrank<br />
zum<br />
hochkomplexen „Lebensmittel-Manager“.<br />
Er scannt<br />
Lebensmittel, merkt sich ihren<br />
Standort (Wie oft hat man<br />
sich schon in den Irrwegen seines<br />
eigenen Kühlschranks verirrt?) und<br />
das Haltbarkeitsdatum. Außerdem ist<br />
er – natürlich – mit einem LCD-Bildschirm<br />
ausgestattet, Internetverbindung<br />
inklusive. Jetzt kann man endlich<br />
seine E-Mails, Fotos und sein facebook-<br />
Profil am Kühlschrank aufrufen, während<br />
man sich gestresst eine Pizza in<br />
den Mund stopft. Zu guter Letzt<br />
ist er natürlich mit unserem Smartphone<br />
verbunden, schickt uns Einkaufslisten<br />
und erinnert uns an ablaufende<br />
Lebensmittel.<br />
Ja, der moderne Kühlschrank ist kein<br />
bloßes Küchengerät mehr, sondern ein<br />
gleichberechtigter Partner neben<br />
Laptop und Handy. Und<br />
nicht nur er. Auch Fernseher,<br />
Herd und sogar das <strong>komplett</strong>e<br />
Haus wollen von uns online beachtet<br />
werden. Aber was bedeutet<br />
das für unseren Alltag? Werden<br />
wir in Zukunft wütende<br />
SMS von unserem Kühlschrank<br />
bekommen, weil der olle Joghurt<br />
jetzt schon seit zwei Wochen<br />
vor sich hingammelt?<br />
Wird er seine Türen verriegeln,<br />
wenn er von der Waage im Badezimmer<br />
erfahren hat, dass<br />
wir schon wieder zugenommen<br />
haben? Vielleicht wird er sich<br />
ein facebook-Profil anlegen,<br />
auf dem er sich, zusammen mit<br />
den anderen Haushaltsgeräten,<br />
über seinen Besitzer auslässt,<br />
weil der schon wieder vergessen<br />
hat ihn zu putzen und überhaupt<br />
sich konsequent weigert<br />
ihn <strong>als</strong> Freund zu adden.<br />
Schließlich wird er – frustriert<br />
und gelangweilt – heimlich<br />
Daten über unser Essverhalten<br />
sammeln, sie an Firmen<br />
verkaufen und sich mit dem<br />
Geld nach Grönland absetzen,<br />
um endlich seinen verdienten<br />
Ruhestand zu genießen.<br />
So werden wir eines Tages nach<br />
Hause kommen und eine große klaffende<br />
Lücke in unserer Küche vorfinden,<br />
darin ein alter gammliger Joghurt<br />
und ein Abschiedsbrief. Von Zeit zu Zeit<br />
werden wir dann noch MMS bekommen<br />
von einem unbekannten Absender mit<br />
Fotos von verschneiten Landschaften<br />
und zugefrorenen Seen. #<br />
Foto: Samsung Electronics Co., Ltd.<br />
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sondern bekommen<br />
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