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Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38

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Braunschweig | Wolfenbüttel<br />

Wolfsburg | Salzgitter | Suderburg<br />

<strong>Ausgabe</strong> 13<br />

Sommersemester 2013<br />

Einfach raus!<br />

Über Urlaub vom Alltag und Alternative Lebensformen<br />

Blickpunkt rechts<br />

Zur aktuellen Situation der<br />

regionalen rechten Szene<br />

Bewerbungsunfälle<br />

Personaler berichten von skurrilen<br />

Bewerbern und Copy-Paste-Fehlern<br />

Bayern, BVB & Co …<br />

Warum Dortmund im TU-<br />

Markenranking Champion ist


Simone Hoffmann<br />

Ehemalige duale Studentin,<br />

Controlling Markt Deutschland<br />

Finanzen im Kopf.<br />

Benzin im Blut.<br />

Der Volkswagen Konzern baut das Auto. Damit es auf die Straße kommt, regeln wir die Finanzen. Mit mehr <strong>als</strong> 10.000 Mitarbeitern<br />

in 42 Ländern weltweit sind wir mehr <strong>als</strong> Europas größter automobiler Finanzdienstleister. Wir sind der Schlüssel zur<br />

Mobilität. Bei uns bewegen Sie etwas – vorausgesetzt, Sie haben den Drive in Finance, Banking, Versicherung, Leasing oder IT.<br />

Sie sind Student (m/w) der Wirtschaftswissenschaft, (Wirtschafts-) Informatik, (Finanz-) Mathematik oder Rechtswissenschaft?<br />

Sie suchen ein Praktikum, studentische Mitarbeit oder möchten Ihre Abschlussarbeit schreiben?<br />

Oder haben Sie Ihr Studium bereits erfolgreich abgeschlossen und möchten jetzt beruflich durchstarten?<br />

Dann kommen Sie zu uns! Offene Stellenanzeigen finden Sie in unserem Stellenmarkt unter<br />

www.vwfsag-karriere.de


Eine Auszeit<br />

vom Alltag …<br />

Ob Nickerchen, Kurzurlaub oder<br />

gleich der <strong>komplett</strong>e Kopfstand<br />

für das eigene Leben –<br />

Auszeiten machen Sinn. Auch wenn<br />

wir nicht wie im Sport die Uhr stoppen<br />

können: Wer innehält, kann anschließend<br />

Gas geben. Wer ausbricht,<br />

entdeckt oft ein völlig neues Lebensgefühl. Davon berichten<br />

Studierende in unserer Titelgeschichte. Passend gibt es<br />

kostenloses Freiluftkino, einen Platz im Grünen und Orientierungshilfe<br />

fürs Markenduell. Denn der letzte Indogermane<br />

holt uns und die Horror-Brüder raus aus der Keller-Mensa.<br />

„Gratis! Kostenlos! For Free! Umsonst!“ Und am Ende<br />

des Tages ohnehin „Unbezahlbar!“<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Holger Isermann<br />

TU Braunschweig, Redaktionsleitung studi38<br />

6<br />

Campus<br />

Der Blick nach Rechts<br />

Zur aktuellen Situation der rechten Szene in der Region<br />

36<br />

Wissenschaft<br />

Markenduell<br />

TU-Forscher haben die Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht<br />

44<br />

Karriere<br />

Aus dem Nähkästchen …<br />

Personaler über skurrile Bewerber und Copy-Paste-Fehler<br />

Inhalt<br />

Campus<br />

4 Challenge accepted?<br />

33 things to do before you exmatriculate<br />

5 Web-Fundstücke<br />

6 Der Blick nach Rechts<br />

Zur aktuellen Situation der rechten Szene in der Region<br />

9 Freiluftkino – kostenlos!<br />

Studierende zeigen zum zweiten Mal Filme im Garten des Kunstvereins<br />

10 Studium offline<br />

Studieren ohne Internet und Co: ein Selbstversuch<br />

12 Die Keller-Mensa<br />

Campus Historie: Geburtsstunde der HBK-Verpflegung<br />

13 Bump in the app before you bump in the bed!<br />

Eine App soll Isländer vor Inzest schützen<br />

14 Einfach raus!<br />

Über Urlaub vom Alltag und alternative Lebensformen<br />

16 Unbezahlbar!<br />

Sechs Studierende erzählen, was sie auf ihren Reisen erlebt haben<br />

19 Tipps für Trips<br />

Günstig und gut verreisen – so gehts!<br />

19 Philipp Cantauw<br />

über das Reisen im Fernbus<br />

20 Ein Platz im Grünen<br />

Das individuelle Lebensmodell einer Studentin<br />

22 Experiment Schrebergarten<br />

Abschied von der Studenten-WG: Clara lebt in einem Schrebergarten<br />

24 Gratis! Kostenlos! For Free! Umsonst!<br />

Welche Produkte sind online gratis zu bekommen: ein Selbstversuch<br />

26 Der letzte Indogermane?<br />

Jagadeesha vereint Spiritualität und Naturverbundenheit<br />

zu einer ganz eigenen Lebensphilosophie<br />

29 Cover: Making of<br />

Wissenschaft<br />

30 „Radfahrer sind keine Rowdys“<br />

Verkehrspsychologe Prof. Mark Vollrath über Unfallursachen,<br />

Helmpflicht und Gründe für Verstöße gegen die Verkehrsregeln<br />

32 Orientierungshilfe CHE?<br />

Vom Nutzen und der Kritik an Deutschlands bekanntestem Hochschulranking<br />

36 Markenduell<br />

Dienstleistungsforscher der TU Braunschweig haben<br />

die Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht<br />

Karriere<br />

38 Gründerstipendium<br />

Die Kolumne von Professor Reza Asghari<br />

40 Neustart IT<br />

Ein Kooperationsprojekt der TU Braunschweig und der IHK ermöglicht<br />

Studienabbrechern der Informatik eine kürzere Ausbildungszeit<br />

42 Horror-Brüder<br />

Marc und Carsten Fehse drehen „Spores“<br />

44 Aus dem Nähkästchen …<br />

Personaler berichten von skurrilen Bewerbern und Copy-Paste-Fehlern<br />

46 Benrocks<br />

Aus dem Leben eines Kulturjournalisten<br />

48 Pixeluniversitas<br />

Coursera verspricht höchstes akademisches Niveau – und zwar Gratis<br />

Schlussakkord<br />

49 Lieblings ... Album? Film? Buch?<br />

50 Mein Kühlschrank und Ich<br />

Kolumne<br />

25 Impressum<br />

3


Campus<br />

Challenge accepted?<br />

Du machst bald deinen Abschluss und auf deiner letzten To-Do-Liste standen „Mama anrufen, Katze füttern, Skript<br />

drucken“? Dann wird es höchste Zeit! Hier hast du die einzig wahre To-Do-Liste für dein Studium in Braunschweig.<br />

Vergiss Abgabetermine, Sentimentalität und Zukunftsangst – genieße dein Studentenleben solange du noch kannst<br />

und hake alle 33 Punkte ab! Nimmst du die Herausforderung an?<br />

Von Elena Patzer & Charlotte Werfling<br />

33 things to do before<br />

you exmatriculate:<br />

1. In der Mensa so oft wie<br />

möglich Nachschlag holen<br />

2. Zwei Minuten vor Schluss im 24 Uhr-<br />

Rewe noch den WG-Einkauf erledigen<br />

3. Auf die Frage: „Fühlen Sie<br />

sich in der Lage die Klausur zu<br />

schreiben?“ den Raum verlassen<br />

4. Samstags um 12 Uhr dem Prediger<br />

vorm Citypoint zuhören<br />

5. Einen Tag lang überall nach<br />

Studentenrabatt fragen<br />

6. Nach dem Feiern zum Heidbergsee<br />

fahren und den Sonnenaufgang sehen<br />

7. Sich am Bonding-Stand mit<br />

Glühwein betrinken<br />

8. Der Erste und der Letzte in der UB sein<br />

9. Im Architektentower bis ganz nach oben laufen<br />

10. „Feuerzangenbowle“ im Audimax sehen<br />

11. Im Botanischen Garten spazieren gehen<br />

12. Im Harz Ski fahren<br />

13. Indoor-Mingolf spielen<br />

14. Ohne Vorbereitung einen guten Vortrag halten<br />

15. Zum Rundgang der HBK gehen<br />

16. Den ungewöhnlichsten Unisportkurs belegen<br />

17. Mit einem Schlafabdruck aus<br />

dem Audimax kommen<br />

4<br />

18. Eine Bootstour auf<br />

der Oker unternehmen<br />

19. In Mehmets Kiosk U-Boot trinken<br />

20. Seinen Doppelgänger auf<br />

dem Campus finden<br />

21. Zur Kittelverbrennung der<br />

Pharmazeuten gehen<br />

22. Die Eintracht im Stadion anfeuern<br />

23. In der Schuntille in den Mai tanzen<br />

24. Pizza in die Uni liefern lassen<br />

25. Möglichst weit mit wenig Geld reisen<br />

26. In den Semesterferien in der<br />

Mensa essen gehen<br />

27. Einkaufswagenrennen im Parkhaus<br />

unter dem Sonnendeck<br />

28. Alle möglichen Strecken mit<br />

dem Semesterticket abfahren<br />

29. Wolters trinken<br />

30. Die Quadriga am Schloss besteigen<br />

31. Nach dem Feiern einen Döner<br />

am Bohlweg essen<br />

32. So lange weiterziehen bis auch<br />

die letzte Bar zu macht und<br />

anschließend direkt zur Vorlesung<br />

33. Den ganzen Ring mit dem Fahrrad<br />

auf der f<strong>als</strong>chen Seite entlang fahren


Campus<br />

Web-Fundstücke<br />

kurz &<br />

knapp<br />

Masterarbeit<br />

Dichterwettstreit: Braunschweig vs. Hannover<br />

Martin Kemps Masterarbeit in Architektur<br />

(TU Braunschweig) <strong>als</strong> Zeitrafferstudie.<br />

„Genial! Eine wirkliche MASTERarbeit!“,<br />

kommentiert „VideOmega888“.<br />

Finden wir auch – unbedingt anschauen!<br />

Torsten Wolff trat beim städtischen Poetry-Duell<br />

für Braunschweig an und fand<br />

das eine oder andere „Haar“ in Hannover.<br />

Genau die richtige Einstimmung<br />

für die kommende Fußballsaison!<br />

Tobias Kunze holte zum verbalen Gegenschlag<br />

aus und entwickelte vor allem<br />

Mitleid – sein Fazit: „Braunschweig<br />

ist das Beste aus dem, was man in anderen<br />

Städten scheiße findet.“<br />

Fotos: Youtube<br />

→youtu.be/AlX4Sscl3TY<br />

→youtu.be/72HMNep1GkU<br />

→youtu.be/99w5-58o3eU<br />


Campus<br />

Der<br />

Blick<br />

nach<br />

Rechts<br />

Zur aktuellen Situation der<br />

rechten Szene in der Region<br />

Von Daniel Gerab Wolle<br />

Spätestens seit dem Prozessbeginn gegen Beate Zschäpe und ihre vier mutmaßlichen Mittäter ist der<br />

Rechtsextremismus wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Hinzu kommen immer wieder Diskussionen<br />

um ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren, die besondere mediale Aufmerksamkeit erlangen. Doch das alles scheint<br />

weit weg von Braunschweig und dem eigenen direkten Umfeld zu sein. Es sind Angelegenheiten, die in fernen<br />

Gerichtssälen, Ausschüssen und Talkshows behandelt werden und mit unserem Alltag nichts zu tun haben.<br />

Oder? studi38 hat sich umgehört und die regionalen Aktivitäten der rechten Szene unter die Lupe genommen.<br />

In Braunschweig fällt seit letztem<br />

Jahr vor allem die „Aktionsgruppe<br />

38“ auf. Sie ist eine im niedersächsischen<br />

Verfassungsschutzbericht aufgeführte<br />

Gruppierung von ungefähr<br />

einem Dutzend Neonazis, die ursprünglich<br />

aus verschiedenen subkulturellen<br />

Milieus stammen. Der Internetseite<br />

„Recherche 38“ zufolge, einem Blog<br />

der über rechte Aktivitäten in der Region<br />

informiert, veranstalteten sie im<br />

Juni 2012 ein Konzert in einem Braunschweiger<br />

Gartenverein. Bekannte<br />

rechte Bands wie “Söhne Germaniens”<br />

(Sachsen-Anhalt), “Terroritorium” (Niedersachsen)<br />

und der Liedermacher Rene<br />

Schulze waren eingeladen. Insgesamt<br />

sollen 80 Besucher gezählt worden sein.<br />

„Es war der Hinweis eines wachsamen<br />

Mitglieds des Gartenvereins, der die Polizei<br />

an diesem Abend ausrücken ließ“,<br />

betont Armin Henne von der Staatsschutzabteilung<br />

der Polizeidirektion<br />

Braunschweig. „Eine Auflösung der Veranstaltung<br />

konnte jedoch nicht mehr<br />

veranlasst werden, da das Konzert vertraglich<br />

abgesichert auf einem Privatgrundstück<br />

stattfand.“<br />

Die Aktionsgruppe verbreitet zudem<br />

Aufkleber und Poster mit rechten Botschaften<br />

und Symboliken innerhalb des<br />

Stadtgebietes. 2012 vermeldete die Polizeidirektion<br />

Braunschweig 163 solcher<br />

Propagandadelikte innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs<br />

(Braunschweig,<br />

Gifhorn, Goslar, Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel,<br />

Wolfsburg/Helmstedt). Dazu<br />

gab es acht Vorfälle, bei denen physische<br />

Gewalt gegen Personen ausgeübt<br />

wurde. Eine steigende Tendenz rechter<br />

Kriminalität lässt sich in der Statistik<br />

nicht ablesen. Trotzdem warnt David<br />

Janzen von der Braunschweiger Arbeitsstelle<br />

Rechtsextremismus und Gewalt<br />

(ARUG): „Die lose und offene Struktur<br />

Fotos: elmada, ARUG-Archiv<br />

6


Campus<br />

David Janzen<br />

Freier Mitarbeiter bei der „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ (ARUG)<br />

Kannst du uns einen Einblick in die Arbeitsweisen<br />

eurer Arbeitsstelle geben?<br />

Ein Teil der Arbeit besteht darin die rechte<br />

Szene zu beobachten, Material zu sammeln<br />

und zu analysieren, damit man immer genau<br />

weiß, was da gerade passiert. Darüber<br />

hinaus beraten wir Schulen, Lehrkräfte,<br />

Politik. Zusätzlich bieten wir Hilfe für Jugendliche<br />

an, die den Ausstieg wagen wollen.<br />

Für Eltern und Angehörige haben wir<br />

dann ein eigenes Beratungsangebot. Wie<br />

viel geleistet werden kann, hängt natürlich<br />

auch von den Finanzierungsmöglichkeiten<br />

unserer Arbeitsstelle ab.<br />

Präventionsarbeit ist bei so einem Thema<br />

nicht gerade einfach. Hast du das Gefühl,<br />

dass eure Arbeit richtig greift?<br />

Ich denke schon. Zum einen müssen wir<br />

aufklären wie die Szene strukturiert ist und<br />

mit welchen Symboliken sie operiert, damit<br />

vor allem Lehrkräfte sensibilisiert werden.<br />

Solche Anmietungen in Gartenvereinen für<br />

rechte Events können nur stattfinden, weil<br />

viele Leute die Lage gar nicht richtig einschätzen<br />

können. Zum anderen versuchen<br />

wir aber auch junge Menschen zu motivieren<br />

sich zu engagieren. Nicht nur gegen<br />

Rechts, sondern allgemein politisch zu denken<br />

und zu überlegen was eigentlich Mitbestimmung<br />

in einer Demokratie bedeutet.<br />

Wie hilfreich sind für euch eigentlich<br />

linke Gruppen, wie die Antifa?<br />

Enorm wichtig. Das, was jetzt über Rechtsextremismus<br />

berichtet wird, ist nicht neu.<br />

Die Antifa und Fachjournalisten informieren<br />

seit Jahren darüber und versuchen<br />

mit Aktionen gegen zu steuern. Sich allein<br />

auf die Behörden zu verlassen ist der f<strong>als</strong>che<br />

Weg, wie man nicht nur im Fall der<br />

NSU gesehen hat. Sie haben einen anderen<br />

Blickwinkel auf rechte Gewalt. Vor allem<br />

die Polizei guckt ausschließlich auf Straftaten,<br />

wohingegen linke Gruppierungen auch<br />

gesellschaftliche Tendenzen wie die aufkeimende<br />

Islamfeindlichkeit im Blick haben.<br />

Findest du es nicht problematisch zur<br />

Bekämpfung der extremen Rechte die<br />

extreme Linke einzubinden?<br />

Ich finde schon die Fragestellung f<strong>als</strong>ch,<br />

weil sie entsprechend der umstrittenen „Extremismustheorie“<br />

eine gewisse Gleichheit<br />

der „Extreme“ suggeriert und davon ausgeht,<br />

dass es eine „gute“ und „demokratische“<br />

Mitte der Gesellschaft gibt, die von<br />

den „extremen“ Rändern bedroht werde.<br />

Die extreme Rechte steht für eine Gesellschaft,<br />

in der Menschen allein wegen ihrer<br />

Herkunft ausgegrenzt werden, die Linke<br />

dagegen für eine Gesellschaft, in der alle<br />

Menschen die gleichen Rechte haben. Das<br />

schließt natürlich nicht aus, dass es auch<br />

auf Seite der Linken Strömungen, Einstellungen<br />

und Verhalten gibt, über die man<br />

kontrovers diskutieren kann.<br />

der Aktionsgruppe wirkt sehr attraktiv<br />

auf junge Leute, die sich mit konkreten<br />

Aktionen in der Szene etablieren wollen.“<br />

Der lose Zusammenschluss macht<br />

es den beobachtenden Behörden schwer<br />

alle Aktivisten im Auge zu behalten.<br />

Dass die „Aktionsgruppe 38“ nicht<br />

nur eine subkulturelle Vereinigung ist,<br />

zeigt ihr politisches Engagement. Janzen:<br />

„Über lokale Aktionen hinaus be-<br />

Neonazis aus der Region bei einem „Trauermarsch“<br />

am 12. Januar 2013 in Magdeburg<br />

suchen die Mitglieder rechtsextreme<br />

Demonstrationen, Trauermärsche und<br />

Mahnwachen in ganz Deutschland. Die<br />

politische Bühne wird <strong>als</strong>o keineswegs<br />

gescheut.“ Die Grenzen zwischen rechter<br />

Subkultur und politischer Arbeit<br />

sind <strong>als</strong>o schwammig oder lösen sich<br />

in einzelnen Personen ganz auf. So wie<br />

im Fall von Rene Grahn, einem 20-Jährigen<br />

Neonazi, der über verschiedene<br />

Wolfsburger Aktionsgruppen<br />

zur NPD<br />

fand und jetzt <strong>als</strong> Unterbezirksvorsitzender<br />

für Wolfsburg<br />

und Gifhorn tätig ist.<br />

Die desolate Lage der<br />

zerstrittenen NPD in<br />

Niedersachsen, die bei<br />

der Landtagswahl im<br />

Januar gerade einmal<br />

auf 0,8 Prozent der Stimmen kam, ist<br />

<strong>als</strong>o keineswegs ein Spiegelbild der ganzen<br />

rechten Szene. Jenes einheitliche<br />

Auftreten, das der NPD zuweilen fehlt<br />

und sich in der Neugründung der Konkurrenzpartei<br />

„Die Rechte“ bemerkbar<br />

macht, wird von den Aktionsgruppen<br />

der Region umso intensiver praktiziert.<br />

Seit September 2012 haben sich die Aktionsgruppen<br />

aus Gifhorn, Wolfsburg<br />

und Braunschweig zum „Aktionsbündnis<br />

38“ zusammengeschlossen. Damit<br />

werden die Anzahl der Unterstützer<br />

und ihr Wirkungskreis erweitert. Aktionen<br />

wie der versuchte Übergriff von<br />

25 Neonazis auf eine Filmvorführung<br />

der Dokumentation „Blut muss fließen<br />

- Undercover unter Nazis“ in Goslar im<br />

Februar wären sonst kaum möglich.<br />

„Solche Filmvorführungen, die sich explizit<br />

gegen Rechts richten sind für →<br />

7


Campus<br />

uns immer ein Alarmsignal“, kommentiert<br />

Henne das gelungene Eingreifen<br />

der Polizisten, die bereits mit einer Aktion<br />

rechneten und die Gruppe rechtzeitig<br />

abfing. „Die Ideologie werden wir<br />

aber auch durch beherzteres Eingreifen<br />

nicht aus den Köpfen der Leute bekommen“,<br />

fügt er hinzu.<br />

Auch die vom umtriebigen Hildesheimer<br />

Neonazi Dieter<br />

Riefling angemeldete<br />

Großveranstaltung „Tag<br />

der Deutschen Zukunft“<br />

am 1. Juni in Wolfsburg<br />

kann jetzt auf ein verstärktes<br />

Engagement<br />

der regionalen rechten<br />

Szene hoffen. Viele<br />

Braunschweiger dürften<br />

sich noch gut an die von rund 600<br />

Neonazis besuchte Kundgebung am<br />

Bahnhofsplatz vor zwei Jahren erinnern.<br />

Der Aufmarsch in Wolfsburg ist<br />

jetzt schon der fünfte „Tag der Deutschen<br />

Zukunft“ in Folge und gilt für die<br />

norddeutsche rechte Szene mittlerweile<br />

<strong>als</strong> eines der wichtigsten Treffen im<br />

Jahr. Als Bindeglied zwischen Subkulturen<br />

wie den Skinheads und den Hooligans,<br />

der Rechtsrockszene, den politischen<br />

Aktivisten und den Parteien hat<br />

das „Aktionsbündnis 38“ eine nicht zu<br />

unterschätzende Funktion. Sie kann aus<br />

jungen Mitläufern schnell politisch aktive<br />

Extremisten machen.<br />

Gerade deshalb ist es wichtig, dass die<br />

Gesinnung einiger Fans und Ordner von<br />

Eintracht Braunschweig seit letztem<br />

Oktober genauer geprüft wird. Mit einer<br />

80-seitigen Broschüre legte die »Initiative<br />

gegen rechte (Hooligan)-Strukturen«<br />

Identität und politische Haltung<br />

mehrerer Fans und Ordner offen. Die<br />

detailreichen Auflistungen rechter Hooligans,<br />

wie zum Beispiel der „Die fetten<br />

Schweine/ Hungerhaken Braunschweig“<br />

oder der „Nord Power Dogs“, ergänzt<br />

durch eine Auflistung rechtsorientierter<br />

Gewalttaten durch Fussballfans seit<br />

2007, erlangte großes mediales Aufsehen<br />

in ganz Deutschland. Unter anderem<br />

die taz, die Zeit und der Spiegel berichteten.<br />

Bei der Veröffentlichung der<br />

Broschüre präsentierte sich die linke<br />

„Es wird versucht<br />

jeglichen Imageschaden<br />

abzuwenden,<br />

indem<br />

man Diskussionen<br />

unterdrückt.“<br />

David Janzen, ARUG<br />

Fangruppierung UB01 nach über vier<br />

Jahren Abstinenz mit Anhängern aus<br />

Bremen und Hamburg wieder im eigenen<br />

Stadion und musste aufgrund der<br />

aufgeheizten Stimmung mit Hilfe eines<br />

massiven Polizeiaufgebots über den<br />

Gästeblock hinausbegleitet werden. Der<br />

langen Abwesenheitsphase von UB01<br />

gingen bereits Auseinandersetzungen<br />

mit anderen Fangruppierungen<br />

voraus, in<br />

dessen Folge die Fangemeinschaft<br />

von der Vereinsführung<br />

mit einem<br />

zweijährigen Stadionverbot<br />

geahndet wurde.<br />

„Ihr kommt hier nicht lebend<br />

raus!“, haben nach<br />

Angaben eines UB01-Anhängers<br />

nicht nur Fans der extrem rechten<br />

Gruppierungen gebrüllt. Die Gegenwehr<br />

bei den unpolitischen Fans, die<br />

in der Broschüre einen Angriff auf den<br />

Verein und den Versuch sahen, das Stadion<br />

<strong>als</strong> linksextreme Bühne zu missbrauchen,<br />

ist laut Janzen eine gängige<br />

Reaktion: „Es wird versucht jeglichen<br />

Imageschaden abzuwenden,<br />

indem man Diskussionen<br />

unterdrückt.“ Doch Diskussionsbedarf<br />

gibt es genug, wie<br />

die jüngsten Gewaltexzesse<br />

von rund 320 Hooligans nach<br />

dem letzten Saisonspiel der<br />

Eintracht in der Braunschweiger<br />

Innenstadt zeigen. Bei den Randalen vor<br />

dem Lokal „Movies“ in der neuen Straße<br />

wurden nach Polizeiangaben 20 Beamte<br />

durch herumfliegende Tische und<br />

Stühle verletzt. Wie Martin Schmidt,<br />

der (fiktive) Gründer der »Initiative gegen<br />

rechte (Hooligan)-Strukturen« gegenüber<br />

der taz erklärt, sollen bei den<br />

Ausschreitungen augenscheinlich Personen<br />

der rechten Hooliganszene mitgemischt<br />

haben. „Wir verurteilen diese<br />

gewalttätigen Übergriffe in aller Deutlichkeit,<br />

sie sind grundsätzlich nicht zu<br />

tolerieren. [...] Sobald die Täter identifiziert<br />

sind und feststeht, dass sie mit<br />

Eintracht Braunschweig in Verbindung<br />

stehen, werden auch wir entsprechend<br />

drastische Strafen verhängen“, lässt Eintracht-Geschäftsführer<br />

Soeren Oliver<br />

Voigt in einer Pressemitteilung verlautbaren.<br />

Auch zu den Vorwürfen es seien<br />

Hooligans aus der rechten Szene beteiligt<br />

gewesen, äußerten sich die Verantwortlichen:<br />

„Eintracht Braunschweig<br />

ist fest entschlossen, alle Möglichkeiten<br />

auszuschöpfen, um jede Äußerung<br />

von rechtem Gedankengut im Zusammenhang<br />

mit Eintracht Braunschweig<br />

zu unterbinden.“ Dass dies keine leeren<br />

Versprechen sind, macht zum Beispiel<br />

das jüngst ausgesprochene Stadionverbot<br />

für den NPD-Bundesvorsitzenden<br />

Holger Apfel deutlich. Dieser ist bekennender<br />

Eintracht-Fan und hat zum Beispiel<br />

das letzte Saisonspiel im Stadion<br />

verfolgt. Die erschreckend naiven Äußerungen<br />

des Vorsängers Thilo Götz<br />

gegenüber dem Fussballmagazin „11<br />

Freunde“, in denen er behauptet Nazis<br />

seien im Stadion geduldet, solange<br />

sie nicht auffällig werden würden, sollten<br />

wohl nun an der Vergangenheit angehören.<br />

Am Ende liegt die Verantwortung<br />

zu allererst bei uns selbst, rechte<br />

Tendenzen in unserer direkten Umgebung<br />

zu erkennen<br />

und<br />

sich ihnen<br />

entgegen zu<br />

stellen. #<br />

Foto: Zeitfixierer<br />

8


Campus<br />

Freiluftkino – kostenlos!<br />

Studierende zeigen zum zweiten Mal Filme im Garten des Kunstvereins<br />

Von Eva Casper<br />

Nach dem Erfolg im letzten<br />

Jahr soll das von Studierenden<br />

der Medienwissenschaften<br />

organisierte Freiluftkino auch in<br />

diesem Sommer wieder Besucher in<br />

den Garten des Kunstvereins locken.<br />

Unter dem Motto „Kult und Klassiker“<br />

gibt es ab dem 18. Juli ein abwechslungsreiches<br />

Programm an Filmen<br />

zu sehen, die schon „seit vielen<br />

Jahren oder gar Jahrzehnten von der<br />

Leinwand verschwunden sind.“<br />

Den Anfang macht das schwarzhumorige<br />

Action-Spektakel „Der blutige<br />

Pfad Gottes“. Danach folgen jeweils im<br />

Wochentakt „Für eine Handvoll Dol-<br />

lar“, „Das Leben des Brian“, „Casablanca“<br />

und „Oldboy“. Der letzte Film am<br />

22. August wird vom Publikum per Abstimmung<br />

bei der ersten Vorstellung<br />

am 18. Juli ausgewählt. Der Beginn der<br />

Vorführungen richtet sich jeweils nach<br />

der Dämmerung (ca. 21 Uhr). Der Eintritt<br />

ist frei. Kunstinteressierte Besucher<br />

können von 19 bis 20 Uhr<br />

kostenlos die Ausstellung des Kunstvereins<br />

besuchen. Für das perfekte<br />

Picknick-Erlebnis sollten Verpflegung,<br />

Decken und Klappstühle <strong>als</strong><br />

Mitbringsel nicht fehlen. Snacks und<br />

Getränke können aber auch vor Ort<br />

gekauft werden.<br />

Seit Januar diesen Jahres ist das Sommerkino-Projekt<br />

übrigens offiziell ein<br />

Verein. Der neue Status soll die Fortsetzung<br />

des Freiluftkinos auch in Zukunft<br />

sicherstellen.<br />

Weitere Informationen gibt es unter<br />

→sommerkino-braunschweig.de #<br />

„And Action!“<br />

Neue Moderatoren gesucht!<br />

Am 1. Oktober 2013 suchen wir ein neues<br />

Moderatorenpaar für das TV-Magazin studi38.tv.<br />

Am Campus der Ostfalia-Hochschule<br />

in Salzgitter kannst Du uns Dein<br />

Talent zum Moderieren beweisen!<br />

stud<br />

?<br />

studi38.tv<br />

38.tv<br />

?<br />

Bewirb Dich unter<br />

studi38@bzv.de<br />

und sei dabei!<br />

Steinofenpizza<br />

Bültenweg 95<br />

38106 Braunschweig<br />

Tel.: 0531 3808202<br />

Bringdienst-<br />

Gutschein 3 für 2 *<br />

* Bei Bestellung von 3 Pizzen der aktuellen Karte ist die günstigste<br />

kostenfrei. Nur gültig bei tel. Bestellung. Gültig bis 31.8.2013<br />

Wir freuen uns auf Dich! Weitere Infos unter → www.studi38.de<br />

Informationen zur Werbeform „GastroTipp“ erhalten<br />

Sie von Katharina Heidmann. Telefon: (0531) 3900-193<br />

E-Mail: katharina.heidmann@bzv.de


Campus<br />

Studium<br />

offline<br />

Internet und Co. sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken.<br />

Doch wie lässt es sich ohne Internet und andere elektronische Begleiter<br />

studieren? Wir haben es ausprobiert.<br />

Von Marina Müller & Christina Zais<br />

Marina hat einen Tag auf Handy, PC und<br />

Fernseher verzichtet.<br />

Das erste Problem habe ich schon morgens<br />

beim Aufstehen. Was tun, wenn<br />

der Wecker mein Handy ist?! Richtig<br />

– ausschlafen! Statt meinen restlichen<br />

(späten) Morgen mit Kaffee und Internetsurfen<br />

zu verschwenden, mache ich<br />

tatsächlich was für die Uni. Dabei fällt<br />

mir die bedrückende Ruhe in der Wohnung<br />

auf. Ohne Laptop und Fernseher<br />

wird der heutige Tag ein sehr leiser werden.<br />

Auf dem Weg zur Uni verpasse ich<br />

kurzerhand meinen Bus. Hätte ich mein<br />

Handy nutzen dürfen, wäre mir das sicherlich<br />

nicht passiert.<br />

Vorlesungszeit: Während die anderen<br />

mit ihrem Handy beschäftigt sind,<br />

starre ich abwechselnd die Präsentation<br />

und mein vollgekritzeltes Blatt an. Da<br />

ich heute nur mit Büchern lernen kann,<br />

begebe ich mich anschließend in die Bibliothek.<br />

Das erste Buch habe ich recht<br />

schnell in der Lehrbuchsammlung gefunden.<br />

Mein nächstes Ziel ist ein Englisch-Wörterbuch,<br />

nach dem ich vergeblich<br />

suche. Jetzt weiß ich, warum ich<br />

mir Bücher sonst online vormerke und<br />

abhole. Der weitere Nachmittag vergeht<br />

ohne Probleme. Wieder zu Hause beschäftige<br />

ich mich mit dem Lesen meiner<br />

Lektüre. Während ich anfangs noch<br />

englische Begriffe nachschlage, wird es<br />

mir nach einiger Zeit zu mühselig und<br />

ich blicke verstohlen auf meinen Laptop,<br />

der mir in Sekunden die Wörter<br />

übersetzen könnte.<br />

Resümee:<br />

Das Lernen geht einfach langsamer voran.<br />

Auch zum Zeitvertreib sind Laptop<br />

und Co. ständige Begleiter, auf die man<br />

ungern verzichtet.<br />

Christina lernte 3 Tage ohne Internet:<br />

Tag 1: Als um 9 Uhr der Wecker klingelt,<br />

scheint die Welt noch normal.<br />

Beim Frühstück informiert mich die<br />

Zeitung über das aktuelle Tagesgeschehen.<br />

Mein Blick schweift durch die Küche<br />

und ich bleibe neben dem Modem<br />

stehen. Ein gelber Post-it „Finger weg!<br />

Alice ist im Urlaub!“ klebt an der verstaubten<br />

weißen Box und erinnert mich<br />

an mein Vorhaben. Ich fahre meinen<br />

Computer hoch. Eine Erinnerung poppt<br />

auf. „Bücher verlängern!“ Normalerweise<br />

wirkt ein Mausklick Mahnungen<br />

entgegen. Nicht heute. Mir bleibt <strong>als</strong>o<br />

nichts anderes übrig, <strong>als</strong> meine Bücher<br />

persönlich zu verlängern. In der Bibliothek<br />

treffe ich einen Kommilitonen,<br />

der mir erzählt, dass Klausurergebnisse<br />

online sind. Was sich normalerweise<br />

<strong>als</strong> praktisch und unkompliziert erweist,<br />

entpuppt sich <strong>als</strong> Albtraum. Die<br />

altbekannten Aushängetafeln haben<br />

schließlich längst ausgedient. Als wäre<br />

das nicht schlimm genug, fällt mir ein,<br />

dass heute im stud.ip die Kursanmeldung<br />

für das nächste Semester ansteht.<br />

Es überkommt mich Panik, dass ich keinen<br />

Platz bekomme, wenn ich nicht um<br />

PUNKT 15 Uhr vor dem Bildschirm sitze<br />

und im Eiltempo auf „Anmelden“ klicke.<br />

Aus der Not heraus bitte ich meine<br />

Freundin dies für mich zu tun.<br />

Tag 2: Lerntreffzeit! Zu dritt machen<br />

wir uns über unsere Skripte her. Dass<br />

gestern bereits Probeklausuren ins Netz<br />

gestellt wurden, bemerke ich erst, <strong>als</strong><br />

eine Freundin ihren frisch gedruckten<br />

Papierstapel auspackt – na toll!<br />

Tag 3: Ich bin nicht die erste, die auf die<br />

Idee kam, ohne Internet zu leben. Buchautor<br />

Christoph Koch machte das Experiment<br />

ganze 40 Tage lang und verspürte<br />

„ein ständiges Phantomvibrieren“. So<br />

geht es mir nach 48 Stunden zwar nicht,<br />

dennoch hat sich der Gedanke von der<br />

Außenwelt abgeschottet zu sein schon<br />

fest in mir verhakt. Um mich abzulenken<br />

lese ich, telefoniere, versuche produktiv<br />

zu sein. Von guter Laune kann<br />

nicht mehr die Rede sein.<br />

Tag 4 (endlich!): Alice ist wieder da,<br />

und das ist gut so!<br />

Resümee:<br />

Ist das Internet da, fühlen wir uns abgelenkt.<br />

Ist es aber weg, scheint das Studium<br />

gefährdet. Recht machen kann es<br />

uns das Internet <strong>als</strong>o nicht! Dennoch:<br />

Die Möglichkeit auf einen unbegrenzten<br />

Zugang ist nicht nur Luxus, sondern für<br />

das Studium überlebensnotwendig. #<br />

Foto: Bibliotheek Krtrijik<br />

10


Samstag<br />

22. Juni 2013<br />

Wissenschaft trifft Musik<br />

TU Braunschweig<br />

19–1 Uhr<br />

www.tunight.de


Campus<br />

Campus<br />

historie<br />

Unter Tage: Der ehemalige<br />

Kneipenbesitzer Peter Kozica und<br />

eine Kollegin belegen Brötchen<br />

Die Keller-Mensa<br />

Geburtsstunde der HBK-Verpflegung<br />

Von Lisa Dauke<br />

Bevor die HBK ihre erste Mensa bekam,<br />

beherbergten die Räumlichkeiten<br />

im Keller des Gebäudes<br />

01 eine Studentenkneipe. Hier trafen<br />

sich Studierende zum Karten<br />

spielen oder auf ein paar<br />

Bierchen. Zu dieser Zeit gingen<br />

die Studenten zum Essen<br />

ins Arbeitsamt. Dafür musste<br />

man sich vorher Verpflegungsmarken<br />

kaufen. Diese<br />

waren mit 10 Stück für 11,20<br />

DM kostengünstig und man<br />

bekam <strong>als</strong> Student etwas<br />

Warmes zu essen.<br />

Im April 1976 war es endlich<br />

soweit und in den Kellerräumen<br />

wurde unter der Leitung<br />

von Peter Kozica eine<br />

heute provisorisch anmutende Mensa<br />

eingerichtet. Der ehemalige Kneipenbesitzer,<br />

der bis zu seinem Ruhestand die<br />

HBK-Mensa leitete, kam immer gut mit<br />

Der Funke war übergesprungen:<br />

Das Mensateam bei der Frühstückspause<br />

den Studierenden klar. Er selbst sagt<br />

heute: „Der Funke war übergesprungen.“<br />

Da gab es dann auch mal ein Essen<br />

umsonst oder einen Teller für zuhause.<br />

Denn das Geld war dam<strong>als</strong> wie<br />

heute chronisch zu knapp bei den Studierenden.<br />

Die Einrichtung und Größe<br />

der Mensa hat sich mit den Jahren immer<br />

weiter entwickelt. Zu Beginn bestand<br />

das Mobiliar noch aus alten kaputten<br />

Sofas. Erst nach und nach wurden<br />

Tische und Stühle angeschafft. Es gab<br />

sogar einen Flipperautomaten und es<br />

war völlig normal, dass an einem Tisch<br />

die Leute aßen und am nächsten wurde<br />

Karten gespielt und geraucht. Eine Zeit<br />

lang waren sogar Boden wie Wände mit<br />

einem Teppich überzogen. Unter Mithilfe<br />

des Technischen Hilfswerks (THW)<br />

wurden dann größere Umbaumaßnahmen<br />

vorgenommen, was das Angebot<br />

attraktiver machte.<br />

Die Mensa wurde mehr und mehr von<br />

den Studierenden angenommen und so<br />

wurden aus einem Gericht, das es zu Beginn<br />

gab, schnell drei verschiedene zur<br />

Auswahl. Ein Essen gab es dam<strong>als</strong> für<br />

1,40 DM und einen Kaffee für 60 Pfennig.<br />

Bevor es richtiges Geschirr in der<br />

Mensa gab, speisten die Studierenden<br />

von Einweggeschirr. Eine Waschstraße<br />

gab es nämlich noch nicht. Dieses wurde<br />

dann in einem großen Container auf<br />

dem Parkplatz entsorgt. „Im Sommer<br />

führte das durchaus zu unangenehmen<br />

Gerüchen“, erzählt Kozica. Einmal erlebte<br />

der Koch sogar einen handfesten<br />

Streik. Es sollten die Mensapreise erhöht<br />

werden. Die Studierenden – dam<strong>als</strong><br />

noch rebellischer – entschieden<br />

sich zu streiken und<br />

schlossen sich in der Mensa<br />

ein. Kozica solidarisierte<br />

sich dam<strong>als</strong> mit seinen Kunden,<br />

kochte ihnen sogar eine<br />

Streiksuppe und riskierte damit<br />

fast einen Rausschmiss.<br />

Die Uni jedoch stand hinter<br />

ihrem Koch und so gab<br />

es noch viele Jahre eine Keller-Mensa<br />

mit Peter Kozica,<br />

bis diese schließlich in ihre<br />

heutigen Räumlichkeiten<br />

umzog. #<br />

Fotos: Privat<br />

12


Campus<br />

Björk soll mit allen Isländern verwandt sein …<br />

Fotos: Inez van Lamsweerde and Vinoodh Matadin, Sad Engineer Studios<br />

Bump in the app<br />

before you bump in the bed!<br />

Eine App Soll Isländer vor Inzest schützen<br />

Von Carolin Unger<br />

Das Smartphone mit all seinen<br />

nützlichen Apps ist aus unserem<br />

alltäglichen Leben nicht mehr<br />

wegzudenken. Bei den meisten Smartphone-Nutzern<br />

geht sowohl abends <strong>als</strong><br />

auch morgens der erste beziehungsweise<br />

letzte Griff zum Telefon. Wer allerdings<br />

nach einer durchzechten Nacht<br />

seine neue Bekanntschaft noch mit auf<br />

einen Kaffee nach Hause nimmt, lässt<br />

den digitalen Begleiter meist unbeachtet.<br />

Ganz anders in Reykjavik. In der<br />

längst <strong>als</strong> Partytipp bekannten isländischen<br />

Hauptstadt entwickelt sich zumindest<br />

unter den Einheimischen das<br />

Smartphone gerade <strong>als</strong> guter Schutz vor<br />

einem bösen Erwachen.<br />

Denn die insgesamt 320.000 Isländer<br />

haben auf ihrer Insel mit dem ernsthaften<br />

Problem des Inzests zu tun. Das<br />

hört sich im ersten Augenblick komisch<br />

an – ist aber bitterer Ernst. Da in Island<br />

nahezu jeder mit jedem verwandt ist,<br />

„passiert es schon mal, dass man auf einer<br />

Familienfeier seinen<br />

One-Night-Stand wiedertrifft“,<br />

erzählt zum Beispiel<br />

Student Ólafur. Damit<br />

aus einem netten<br />

Flirt keine verbotene Liebe<br />

und im Falle der Reproduktion<br />

ein ernsthaftes<br />

Problem wird, gibt es<br />

schon seit Jahrzehnten<br />

das „Buch der Isländer“,<br />

in dem alle Stammbäume<br />

der Einheimischen gelistet<br />

und ihre verwandtschaftlichen<br />

Beziehungen<br />

zueinander aufgezeichnet<br />

sind. Da so ein Wälzer aber nicht gerade<br />

in die Hosentasche passt, haben nun<br />

drei Studenten der University of Iceland<br />

eine App entwickelt, die auf den Daten<br />

des Buches basiert. Der Slogan „bump<br />

in the app before you bump in the bed“<br />

erklärt im Endeffekt schon alles: Ist die<br />

App aktiv, müssen nur noch die beiden<br />

Telefone zusammengestoßen werden<br />

und schon werden die Daten beider Besitzer<br />

abgeglichen und der Verwandtschaftsgrad<br />

ermittelt. Das Ergebnis<br />

könnte dann über den weiteren Verlauf<br />

des Abends entscheiden.<br />

Was für Braunschweiger<br />

Studierende abstrus<br />

klingen mag, kommt bei<br />

den Isländern tatsächlich<br />

gut an. Mehr <strong>als</strong> 5000-mal<br />

wurde die App bereits<br />

installiert und durchschnittlich<br />

mit 4,3 Sternen<br />

bewertet. Ein User<br />

schrieb in die Bewertung:<br />

„Hätte es diese App schon<br />

früher gegeben, wäre<br />

ich wohl nicht mit meinem<br />

Cousin nach Hause<br />

gegangen.“ #<br />

13


Campus<br />

Einfach<br />

Thema<br />

raus!Titel-<br />

Die Semesterferien sind nah. Das ist unsere Chance aus dem Alltag auszubrechen, fremde Länder zu bereisen und<br />

neue Kulturen und Menschen kennenzulernen. studi38 hat <strong>als</strong> Inspiration Studierende nach ihren spannendsten<br />

Reiseerlebnissen gefragt. Dazu gibt es nützliche Tipps für eure Trips. Während die meisten von uns eher das<br />

kurzfristige Abenteuer in der Ferne suchen, wollen andere ihren <strong>komplett</strong>en Alltag dauerhaft ändern. Der Autor<br />

Henry David Thoreau zog dafür 1845 allein in eine Hütte im Wald und schrieb später: „ … intensiv leben wollte ich.<br />

Das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten was nicht Leben war …“ Für unsere Titelgeschichte<br />

haben wir zwei moderne Thoreaus getroffen, auf einem Wagenplatz und in einem Kleingartenverein. Also...packt<br />

eure Koffer oder schlagt die nächste Seite auf – und dann: einfach raus!<br />

15


Campus<br />

Unbezahlbar!<br />

Sechs Studierende erzählen, was sie auf ihren Reisen fernab<br />

von Pauschaltourismus und Bettenburgen erlebt haben<br />

Von Teresa Riedel<br />

Südschweden<br />

Name: Friederike Fänger<br />

Reiseziel: Im Sommer 2012 bin ich mit<br />

meinem Freund für drei Wochen mit<br />

dem Auto nach und durch Südschweden<br />

gefahren. Wir haben uns vorher<br />

eine Route überlegt. Von Dänemark<br />

sind wir mit der Fähre bis nach Göteborg<br />

und ab da an der Schärenküste<br />

entlang im großen Bogen nach Stockholm,<br />

weiter durchs Småland und über<br />

Malmö und Kopenhagen wieder gen<br />

Heimat gefahren.<br />

Wir haben fast die ganze Zeit gezeltet,<br />

aber wenn das Wetter ganz schlecht<br />

war, haben wir in den günstigen kleinen<br />

Hütten (Stugas) auf Campingplätzen<br />

übernachtet.<br />

Reisekosten: ca. 600 Euro pro Person<br />

Ich würde es wieder tun, weil … man in<br />

Schweden frei sein kann. Die Landschaft<br />

ist einfach wunderschön und<br />

wenn man durch den Wald läuft, hat<br />

man wirklich das Gefühl, dass einem<br />

jeden Moment Ronja Räubertochter<br />

und Birk über den Weg laufen.<br />

Die Landschaft wechselt zwischen<br />

wunderschöner Küste, Wiesen, Feldern<br />

und Wald. Dazwischen liegen klischeehaft<br />

die roten Schwedenhäuschen. Wie<br />

im Bilderbuch!<br />

Beim nächsten mal würde ich … durch<br />

Norwegen oder Lappland fahren.<br />

Geheimtipp: Das Astrid Lindgren Museum<br />

und ihr Geburtshaus in Vimmerby<br />

in Småland und die 1000 Jahre alte Eiche<br />

im Naturreservat Kvill in Småland<br />

UND natürlich Kanelbullar (schwedische<br />

Zimtschnecken) essen!<br />

Rumänien<br />

Name: Merle Hympendahl<br />

Reiseziel: Rumänien. In zwei Wochen<br />

durch die Karpaten bis zum<br />

Schwarzen Meer und wieder zurück.<br />

Hinfahrt: Zu zweit mit dem<br />

Auto durch Polen, Ungarn, die Slowakei.<br />

Unterkunft meistens bei<br />

Bekannten meiner rumänischen<br />

Freundin. Rückfahrt: Im Bus in 24<br />

Stunden nach Bremen.<br />

Reisekosten: ca. 400 Euro<br />

Ich würde es wieder tun, weil …<br />

es noch so viel zu entdecken gibt<br />

und die Natur überwältigend schön<br />

ist.<br />

Beim nächsten mal würde ich …<br />

auch mal in die Touristengegenden<br />

fahren.<br />

Geheimtipp: Alles.<br />

16


Campus<br />

Titel-<br />

Thema<br />

Brasilien<br />

Name: Theresa Meidinger<br />

Reiseziel: Ich habe von Anfang September<br />

2012 bis Ende März 2013 ein<br />

Auslandssemester in SJdR (ca. 90.000<br />

Einwohner) gemacht. Das liegt im Bundesland<br />

Minas Gerais, im Inland. Man<br />

braucht rund fünf Stunden mit dem<br />

Bus nach Rio de Janeiro. Gewohnt habe<br />

ich in einer 5er WG mit Studierenden<br />

der dortigen Uni. Ich habe hauptsächlich<br />

Theater und Portugiesisch studiert.<br />

Zwischenzeitlich bin ich für 4 Tage<br />

bis 3 Wochen gereist, meist mit Bussen.<br />

Nur für extrem weite Strecken am<br />

Stück bin ich geflogen. Meine Reisen<br />

gingen in unterschiedliche Städte, aber<br />

auch in die Natur. Auf den Straßen<br />

habe ich Samba in Flip Flops getanzt<br />

und zu Funk auf den WG-Partys.<br />

Wenn wir ein Bier in der Bar bestellt<br />

haben, wurde es geteilt. Die Menschen<br />

in Brasilien leben im Moment und<br />

scheinen nicht einmal die nächsten<br />

zehn Minuten zu planen, ich hatte dort<br />

ein ganz anderes Lebensgefühl!<br />

Reisekosten: Ich schätze, dass es für 7<br />

Monate rund 5000 Euro waren.<br />

Ich würde es wieder tun, weil …<br />

Brasilien ein wahnsinnig schönes, riesiges,<br />

vielfältiges und vielseitiges Land<br />

ist und die Brasilianer mit die herzlichsten<br />

Menschen sind, die ich bisher<br />

getroffen habe.<br />

Beim nächsten mal würde ich …<br />

in den Amazonas fliegen und eine Tour<br />

durch den Dschungel machen.<br />

Geheimtipp: In Ponta da Tulha mit einer<br />

riesigen brasilianischen Familie und<br />

selbstgezaubertem brasilianischem Essen<br />

am golden-weißen Sandstrand im<br />

türkis-grünen Meer ins neue Jahr starten<br />

und unter klarstem Sternenhimmel<br />

Samba und Forró tanzen. Ein Caipirinha<br />

darf da natürlich nicht fehlen!<br />

Titelfoto: Florian Koch, Fotos: Privat<br />

Jakobsweg<br />

Name: Eva Dreier<br />

Reiseziel: Im August letzten Jahres bin<br />

ich mit einer Bekannten auf dem Jakobsweg<br />

gepilgert. Wir hatten uns<br />

kaum informiert, wollten einfach mal<br />

sehen, was so passiert ohne uns groß<br />

vorzubereiten. Das Motto auf dem Jakobsweg<br />

lautet: Folge den gelben Pfeilen.<br />

Manchmal gar nicht so einfach!<br />

So liefen wir <strong>als</strong>o 620 Kilometer durch<br />

Nordspanien, nach Sanstiago de Compostela<br />

und weiter an die Küste nach<br />

Finisterre.<br />

Reisekosten: Rund 15 Euro am Tag,<br />

wenn man wirklich sparsam lebt. Je<br />

näher man Santiago de Compostela<br />

kommt, desto teurer werden die<br />

Herbergen.<br />

Ich würde es wieder tun, weil …<br />

man gezwungen ist ein Leben ohne<br />

Handy und Internet zu führen und so<br />

den Fokus auf das Wesentliche<br />

legt, man unglaublich<br />

spannende<br />

Bekanntschaften macht,<br />

weil Dinge auf dem Weg<br />

passieren, die rational<br />

nicht erklärbar sind, weil<br />

ich körperlich so fit wie<br />

schon lange nicht mehr<br />

war, weil man gezwungen wird sich<br />

mit sich selbst zu beschäftigen und so<br />

mal Ordnung im Inneren schafft, weil<br />

man gehen kann, wann man möchte,<br />

weil man bleiben kann, wenn man<br />

möchte, weil man unabhängig ist und<br />

somit eine riesige Freiheit genießen<br />

kann, weil die Natur oft wunderschön<br />

ist, weil man Freunde fürs Leben finden<br />

kann: wie meine Reisebegleitung,<br />

die ich vorher kaum kannte.<br />

Beim nächsten Mal würde ich …<br />

meinen Rucksack mit<br />

Lavendel vollhängen, damit<br />

die Bettwanzen von<br />

mir fern bleiben, mehr<br />

Blasenpflaster einpacken,<br />

mir einen gescheiten<br />

MP3-Player besorgen,<br />

mit dem Bus zurück<br />

nach Deutschland fahren,<br />

um die Erfahrungen und Erlebnisse<br />

nochmal Revue passieren zu lassen.<br />

Geheimtipp: Auf dem Nordweg neben<br />

der Hauptroute hat man vor den parfümierten<br />

Möchtegernpilgern eher seine<br />

Ruhe. Die kleinen, privaten Herbergen<br />

sind oft viel angenehmer, da die Atmosphäre<br />

sehr familiär und herzlich war.<br />

In den Herbergen nie sagen, dass man<br />

Bettwanzen mit sich rumschleppt!<br />

17


Campus<br />

Westeuropa<br />

Name: Stephan Schanda<br />

Reiseziel: Eine Reise möglichst ohne<br />

Ziel im Gebiet Westeuropa (Portugal,<br />

Spanien, Frankreich). Wir flogen mittels<br />

Billigflug nach Faro in Portugal.<br />

Von dort aus trampten wir fast ausschließlich.<br />

Die Strecke ging von Südportugal,<br />

mit vielen Zwischenhalten<br />

und Haltebuchten bis nach Zentralportugal<br />

(Lissabon und nördlich davon)<br />

über Permakulturprojekte, Strandbuchten,<br />

Höhenzüge, wenig Talfahrten,<br />

viele tolle Menschen, Partys in<br />

der Natur, Idylle. Auf der Suche nach<br />

einem Festival schlossen wir uns einer<br />

LKW-Kolonne an, besuchten das<br />

Festival und tourten danach noch mit<br />

rund zehn LKWs, zehn Hunden und<br />

ungefähr 20 Menschen durch Spanien,<br />

von Spot zu Spot bis an die Nordküste<br />

Richtung Frankreich. Ab Frankreich<br />

ging es dann wieder per Anhalter nach<br />

Deutschland.<br />

Reisekosten: Für rund 11 Wochen Reisedauer<br />

ungefährt 570 Euro.<br />

„Ich würde es wieder tun, weil … ich<br />

noch nie so eine tolle Reise hatte, in<br />

welcher ich so vielen verschiedenen<br />

Leuten, Orten, in so kurzer Zeit, für<br />

so wenig Geld begegnet bin! Trampen<br />

würde ich auch immer wieder, ein super<br />

Weg, um die verschiedensten Leute<br />

kennenzulernen und um kostenlos irgendwo<br />

hinzukommen.<br />

Beim nächsten Mal würde ich … so ziemlich<br />

alles anders machen! Ich will ja<br />

nicht zweimal das Gleiche erleben.<br />

Vielleicht ganz aufs Zelt verzichten<br />

oder kürzer gesagt, immer so wenig<br />

wie möglich mitnehmen. Mensch findet<br />

sowieso meist alles vor Ort und<br />

wenn nicht, dann gehört es vielleicht<br />

nicht an den Ort, sprich dann brauchst<br />

du es auch nicht.<br />

Geheimtipps: Zelten ist zwar meist überall<br />

verboten, aber wer weiß denn, dass<br />

du zeltest! Selbstgebrannter Schnaps<br />

von portugiesischen Bauern (Medronho<br />

oder so), harter Sch***! Die Geräusche<br />

im Wald werden meist von Bambi verursacht...<strong>als</strong>o<br />

nicht so schlimm! Naja<br />

ansonsten: Immer offen bleiben, sonst<br />

kannst du ja nichts aufnehmen! Viel<br />

Spaß beim Reisen!!!<br />

Istanbul<br />

Name: Kevin Kurmann<br />

Reiseziel: Istanbul. Inmitten der Wintersemesterklausurenphase<br />

2012 entstand<br />

in unserem Freundeskreis die<br />

Idee in Zweierteams <strong>als</strong> „Wettrennen“<br />

von Braunschweig bis nach Istanbul zu<br />

trampen und das ganze in einem Blog<br />

für die Daheimgebliebenen zu veröffentlichen.<br />

Das Trampen erwies sich<br />

in Deutschland am schwierigsten und<br />

je weiter man dem großen Ziel Istanbul<br />

rückte, desto einfacher wurde es.<br />

Man lernt hierbei die verschiedensten<br />

Menschen kennen und kam in unserem<br />

Fall zum Nulltarif 2300 Kilometer<br />

durch viele Länder. Wir haben auf<br />

dem Weg nach Istanbul sehr viel Gastfreundschaft<br />

erfahren und interessante<br />

Menschen kennengelernt. Jede Stadt<br />

in der wir einen Halt eingelegt hatten<br />

war auf ihre Art und Weise etwas Besonderes,<br />

am besten haben mir jedoch<br />

Budapest und Istanbul gefallen. Diese<br />

Städte sind meiner Meinung nach auf<br />

jeden Fall einen Besuch wert. Für Interessierte<br />

stehen ausführliche Reiseberichte<br />

aller vier Teams online unter:<br />

http://trampchampion2012.blogspot.de<br />

Reisekosten: 420 Euro.<br />

Ich würde es wieder tun, weil … es durch<br />

Trampen möglich ist mit geringem<br />

Budget sehr viele interessante Orte zu<br />

sehen. Auch lernt man schnell viele interessante<br />

Personen kennen und baut<br />

Vorurteile ab.<br />

Beim nächsten mal würde ich … nicht<br />

über meine Tramppartnerin in Wanderschuhen<br />

lachen, sondern selbst welche<br />

anziehen – unbequeme Turnschuhe<br />

sind der Horror!<br />

Geheimtipps: 1. Szimpla in Budapest<br />

(eine riesige und günstige aus Schrott<br />

gebaute Bar). 2. Die Margareteninsel in<br />

Budapest (sehr grüne und ruhige Insel<br />

inmitten von Budapest auf der Donau).<br />

3. Die kleinste der Prinzeninseln in Istanbul<br />

(wenig besiedelte Insel mit viel<br />

Grün, welche <strong>komplett</strong> im Kontrast<br />

zur hektischen Großstadt steht). #<br />

Fotos: Privat<br />

18


Campus<br />

Titel-<br />

Thema<br />

Tipps für Trips<br />

Günstig und Gut verreisen – so gehts!<br />

Von Teresa Riedel, Interview Christian Göttner<br />

Philipp Cantauw<br />

über das Reisen im Fernbus<br />

Couchsurfing: Eine kostenlose<br />

Alternative zu Hotel und Co.<br />

Umso weiter ihr reisen wollt,<br />

umso mehr Zeit und Geld<br />

braucht ihr. Bei Reisen in andere<br />

Kontinente kommt man um den<br />

Billigflieger meist nicht herum und ein<br />

Auslandssemester bietet sich häufig an,<br />

um den Geldbeutel zu entlasten. Natürlich<br />

kann man auch überall hin trampen<br />

und den Daumen in den Wind zu halten<br />

ist immer noch die günstigste Reisemethode.<br />

Besonders bietet sich trampen<br />

bei Reisen ohne lange Überseewege an<br />

und wenn man zu zweit unterwegs ist.<br />

Wenn ihr dann auch noch genug Zeit<br />

und ein Zelt im Gepäck habt, steht einer<br />

abenteuerlichen und günstigen<br />

Reise nichts mehr im Weg. Wildcampen<br />

ist in Teilen Deutschlands, Schweden,<br />

Schottland und Australien erlaubt.<br />

Wer nicht trampen möchte kann sich<br />

<strong>als</strong> preiswerte Alternative auch eine<br />

Mitfahrgelegenheit suchen. Damit<br />

kommt man mittlerweile fast überall<br />

hin und es ist ökologisch unbedenklicher<br />

<strong>als</strong> zu fliegen. Ein Vorteil der Fahrgemeinschaften<br />

ist, dass der Preis sich<br />

nicht verändert, wenn ihr früher oder<br />

später bucht und das Ziel variabler zu<br />

bestimmen ist. Denn für einen günstigen<br />

Flug muss man sich meist sehr<br />

frühzeitig entscheiden oder per Lastminute<br />

sehr spontan sein. Mit Europaticket,<br />

Interrail und dank einer Gesetzesänderung<br />

diversen neuen Busunternehmen<br />

(siehe Interview) kommt man auch mit<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln fast überall<br />

hin und beim Zug und Busfahren ist<br />

lernen, lesen oder Hausarbeit schreiben<br />

doch am angenehmsten. Außerdem<br />

starten diese Verkehrsmittel direkt von<br />

Braunschweig oder deinem Heimatort.<br />

Auch bei der Übernachtung gibt es<br />

außer campen günstige Alternativen.<br />

Beim Couchsurfing bekommt man nicht<br />

nur einen kostenlosen Schlafplatz, man<br />

lernt auch Städte und Leute besonders<br />

gut kennen. Hostels und Wanderherbergen<br />

sind in der Hauptsaison ebenfalls beliebte<br />

Übernachtungsmöglichkeiten. In<br />

der Nebensaison rentieren sich Billighotels<br />

in großen Städten manchmal sogar<br />

mehr. Wenn die Hinfahrt und erste<br />

Schlafplätze erst mal geklärt sind kann<br />

einem entspannten oder wilden Studentenurlaub<br />

nichts mehr im Wege stehen.<br />

Vor allem nicht die Angst, die Studiengebühren<br />

im nächsten Semester nicht<br />

mehr bezahlen zu können. #<br />

Welche Auswirkungen hat die Aufhebung des<br />

70-jährigen Monopols der Deutschen Bahn für<br />

Fernbusse?<br />

Nach Erteilung der Streckenrechte dürfen nun<br />

auch Fernbusse Personen nach einem festen Fahrplan<br />

im Linienverkehr befördern. Hieraus erwächst<br />

ein ganz neues Marktsegment, das längst<br />

nicht nur auf Bahnkunden zielt. Vielmehr nutzen<br />

viele Gäste den Fernbus, die vorher mit dem eigenen<br />

PKW oder der Mitfahrzentrale gereist sind.<br />

Ihre neue Fernbuslinie „Mein Fernbus“ gibt es<br />

seit März. Wie lautet ihr vorläufiges Resümee?<br />

„MeinFernbus“ ist eine Dachmarke, der sich inzwischen<br />

16 Unternehmen in ganz Deutschland<br />

angeschlossen haben. Wir sind der norddeutsche<br />

Partner. Der bisherige Verlauf stimmt uns sehr<br />

zuversichtlich.<br />

Welche Strecken werden bislang gefahren? Welche<br />

sind zukünftig noch geplant?<br />

Gestartet sind wir mit der Strecke Wolfenbüttel<br />

– Braunschweig – Celle – Hamburg, die wir pro<br />

Richtung 4 mal täglich anbieten. Seit Mai 2013 bedienen<br />

wir zudem die Strecke Hamburg – Celle –<br />

Braunschweig – Magdeburg – Leipzig – Nürnberg<br />

– München mit mehreren täglichen Verbindungen.<br />

Foto: Jiuck, Privat<br />

Was kosten die Fahrten und wie oft wird angehalten?<br />

Ist eine Vorreservierung nötig?<br />

Da es sich um ein variables Preissystem handelt,<br />

lohnt sich eine frühzeitige Buchung in jedem Fall.<br />

Die Preise für die Fahrt von Braunschweig nach<br />

Hamburg oder Leipzig beginnen bei 11 Euro, von<br />

Braunschweig nach München geht es schon ab 25<br />

Euro. Den günstigsten Fahrpreis erhält man bei<br />

Buchung unter →www.meinfernbus.de #<br />

19


Campus<br />

Ein Platz im Grünen<br />

Das individuelle Lebensmodell einer Studentin*<br />

Von Elena Schade<br />

* Teresa ist Mitglied unserer Redaktion. Wir fanden ihren Lebensentwurf so spannend, dass wir trotzdem über sie berichten wollten.<br />

Keinen Strom. Kein fließendes<br />

Wasser. Im Sommer ein Bett<br />

unter freiem Himmel. Für viele<br />

klingt das wie ein aufregendes Camping-Abenteuer.<br />

Für Teresa sieht so<br />

der Alltag aus. Seit einem Jahr lebt die<br />

24-Jährige auf einem zwischen Bäumen<br />

und Sträuchern versteckten Gelände in<br />

einer Gemeinschaft von Bauwagenbewohnern.<br />

Der genaue Standort bleibt<br />

ein nur selten aufgedecktes Geheimnis.<br />

Als Teresa 2011 in Braunschweig<br />

ihr Studium in den Fächern Germanistik<br />

und Darstellendes Spiel für gymnasiales<br />

Lehramt begann, wohnte sie zunächst<br />

in einer ganz normalen WG.<br />

Doch dann lockte sie die individuelle<br />

Lebensweise auf dem Wagenplatz und<br />

der Traum vom unabhängigen Eigenheim.<br />

Schon einige Male hatte Teresa<br />

zuvor eine Freundin auf dem Platz besucht.<br />

Zusammen mit den anderen Bewohnern<br />

hatten sie am Feuer gesessen,<br />

stundenlange Gespräche geführt und<br />

Meinungen ausgetauscht. Nach einigen<br />

Nächten auf Probe stand dann fest: Diese<br />

Art zu leben gefällt der jungen Frau.<br />

Für 500 Euro kaufte sie den bunt angestrichenen<br />

Wagen von einer Mitbewohnerin<br />

ab und richtete sich auf wenigen<br />

Quadratmetern bescheiden ein. „Die<br />

erste Nacht war toll.“, erzählt Teresa.<br />

„Alles roch nach frischem Holz und unbeschwerter<br />

Natur. Ich spürte ein Gefühl<br />

von Freiheit.“ Den Umzug machte<br />

sie fast ausschließlich mit einem Fahrradanhänger,<br />

viele Sachen konnte sie<br />

ohnehin nicht mitnehmen. Dennoch<br />

fand alles seinen Platz in dem kleinen<br />

Raum. Schlafzimmer, Arbeitszimmer,<br />

Küche. Nur das Bad fehlt. „Ich dusche<br />

entweder bei Freunden, in der Uni oder<br />

im Sommer auch mal draußen mit biologisch<br />

abbaubarer Seife. Meine Wäsche<br />

bringe ich in einen Waschsalon“, klärt<br />

Fotos: Elena Schade<br />

20


Campus<br />

Titel-<br />

Thema<br />

Teresa auf. Strom hat die Studentin<br />

nicht, dafür eine Menge Kerzenständer.<br />

Internet nutzt sie meistens in der Uni.<br />

Dort druckt sie auch Vorlesungsskripte<br />

oder Texte aus und schreibt ihre Hausarbeiten.<br />

Nur das Handy oder den Laptop<br />

lädt sie gelegentlich bei der Nachbarin<br />

auf, die Solarzellen auf dem Dach<br />

hat. Der hintere Teil des Bauwagens ist<br />

durch eine waagerecht angebrachte<br />

Holzplatte in zwei Ebenen aufgeteilt.<br />

Der obere Bereich dient <strong>als</strong> Bett und<br />

Schlafplatz. An den Wänden hängen<br />

überall kleinere und größere Regale, die<br />

bis auf den letzten Millimeter gefüllt<br />

sind. Vieles der Einrichtung hat Teresa<br />

selbstgebaut. „Man muss hier eben immer<br />

ein bisschen improvisieren.“ Sie<br />

lacht. An der Decke direkt über dem<br />

Bett entfaltet sich ein Sternenhimmel<br />

aus selbstklebenden Leuchtstickern. Für<br />

kulinarische Genüsse sorgt die kleine<br />

Kochstelle auf der linken Wagenhälfte.<br />

Mithilfe einer Propangasflasche zaubert<br />

die Studentin dort auf zwei tragbaren<br />

Herdplatten vegetarische Gerichte. Neben<br />

der „Küche“ befindet sich im vorderen<br />

Teil des Raumes ein schwarzer Holzofen.<br />

„Wir heizen mit Öfen und das ist<br />

auch ausreichend warm“, erklärt Teresa.<br />

„Die Holzbriketts, die ich mir kaufe,<br />

sind allerdings nicht ganz günstig<br />

und da wünscht man sich schon, dass<br />

sich möglichst schnell der Frühling einstellt.“<br />

Besonders der lange Winter in<br />

diesem Jahr sei eine zähe Zeit gewesen.<br />

Draußen neben dem kleinen Bauwagen,<br />

steht unter einer Art selbstgebautem<br />

und mit Wellblech bedecktem Carport<br />

ein hübsch verschnörkeltes Bett, unverkennbar<br />

Ikea. „Hier schlafe ich, wenn es<br />

warm ist. Das Bett habe ich aus meiner<br />

früheren Wohnung mitgenommen.“<br />

Im selben Moment fliegt eine dicke<br />

Hummel in den Korb mit Wäsche und<br />

sorgt während des Gesprächs für leise<br />

Geräuschuntermalung aus den Kleidertiefen.<br />

„An Insekten muss man sich<br />

gewöhnen“, kommentiert Teresa. Sie<br />

seien eben Teil der Natur und im Wohnbereich<br />

nicht zu vermeiden, wenn man<br />

quasi unter „freiem Himmel“ schläft.<br />

Lachend zeigt sie anschließend auf die<br />

vielen Spinnenweben über dem Bett<br />

und gesteht eine leichte Spinnenphobie.<br />

Im Sommer verbringt die Studentin<br />

nach der Uni fast die <strong>komplett</strong>e Zeit<br />

draußen. Das ist einer der großen Vorteile<br />

am Leben auf dem Wagenplatz.<br />

Mit Teresa leben noch ungefähr 20 weitere<br />

Bewohner auf dem Platz, der kreuz<br />

und quer mit verschiedensten Bauwagen<br />

und bunt angestrichenen Schuppen<br />

versehen ist. Darunter sind Studierende<br />

wie Berufstätige. Einmal im Monat<br />

versammelt sich das ganze Plenum auf<br />

dem Platz und entscheidet gemeinsam<br />

über bevorstehende Veränderungen. Es<br />

herrscht das Prinzip der Basisdemokratie,<br />

jede Stimme zählt gleich. Das ist<br />

den Bewohnern wichtig. Neben dem<br />

gemeinsamen Treffen von Entscheidungen,<br />

spielt sich auch das restliche<br />

Leben auf dem Wagenplatz hauptsächlich<br />

in der Gemeinschaft ab. Entziehen<br />

kann sich der Einzelne schwer. In der<br />

Gemeinschaftsküche wird gemeinsam<br />

gekocht, am Lagerfeuer erzählt und in<br />

der platzeigenen „Wagenbar“ gefeiert.<br />

Auch Gäste sind jederzeit willkommen,<br />

nicht nur auf den von Platzbewohnern<br />

veranstalteten Festen oder Konzerten.<br />

„Freunde besuchen mich hier öfter“, erzählt<br />

Teresa. „Und auch meine Eltern<br />

waren schon hier und haben eine Nacht<br />

in unserem Gästewagen verbracht. Sie<br />

sind zum Glück sehr tolerant und akzeptieren<br />

meine Entscheidung.“ Toleranz<br />

gegenüber dem Wagenplatz hat<br />

mittlerweile auch die Stadt gezeigt.<br />

Früher ein umstrittenes Gelände, können<br />

die Bewohner den Platz heute <strong>als</strong><br />

ihren offiziellen Wohnort angeben. Die<br />

Post flattert dann in einen der zahlreichen,<br />

bunten und selbstgebauten Briefkästen.<br />

Alle Kästen sind wild um einen<br />

einzigen Baum herum platziert. Unwissende<br />

würden an dieser Stelle wohl ein<br />

modernes Kunstwerk vermuten. Die alternative<br />

Individualität spiegelt sich angefangen<br />

bei der Postkastenarchitektur<br />

auch in den anderen Bereichen des Bauwagenplatzes<br />

wieder. Trotzdem ist neben<br />

lilafarbenen Dreadlocks auch eine<br />

„ganz normale Durchschnittsfrisur“ anzutreffen.<br />

Es gehe <strong>als</strong>o nicht um eine<br />

„auf Teufel komm raus“ praktizierte<br />

Abgrenzung in allen Bereichen, erzählt<br />

Teresa. Das Leben hier dient nicht <strong>als</strong><br />

Komplettausstieg aus der Gesellschaft,<br />

sondern es erfüllt seinen Zweck <strong>als</strong> Alternative<br />

zu einem geregelten „normalen“<br />

Alltag. Natürlich habe eine Wohnung<br />

auch einige Vorzüge, die in dem<br />

Bauwagen manchmal fehlen, gibt die<br />

Bewohnerin gegen Ende des „Hausbesuches“<br />

zu. Trotzdem möchte sie auf<br />

ihre individuelle Lebensweise im Moment<br />

nicht verzichten. „Insgesamt<br />

finde ich es einfach wichtig, sich seine<br />

Lebensräume zu nehmen, sich dafür<br />

einzusetzen, dass die Lebensform<br />

auch anerkannt wird und man keine<br />

Angst vor Räumung haben muss.“<br />

Für die Zukunft plant Teresa, mindestens<br />

bis zum Ende ihres Studiums in ihrem<br />

Wagen wohnen zu bleiben. Danach<br />

würde sie erst einmal wieder eine ganz<br />

normale Wohnung in Erwägung ziehen.<br />

Eine alternative Zukunftsvision hat sie<br />

allerdings jetzt schon. „Irgendwann ab<br />

einem gewissen Alter möchte ich wieder<br />

aussteigen: „Ich stelle mir ein großes<br />

Grundstück auf dem Land vor, auf<br />

dem auch durchaus ein paar Wagen<br />

stehen. Dort möchte ich gerne mit vielen<br />

Tieren und anderen Menschen, vielleicht<br />

auch mit Menschen mit Behinderung,<br />

zusammenleben. Das wäre mein<br />

Traum.“ #<br />

21


Campus<br />

Experiment<br />

Schrebergarten<br />

Abschied von der Studenten-WG: Clara lebt in einem Schrebergarten<br />

Von Nina Sieverding<br />

Oh, ich mag das so, wenn es geregnet<br />

hat“, sagt Clara (Name<br />

vom Verfasser geändert), nachdem<br />

sie eine kleine Führung durch ihren<br />

Garten abgeschlossen hat: Zwei Apfelbäume<br />

stehen da, Pfingstrosen, eine<br />

Hängematte, ein Gartenstuhl, ein Kompostklo.<br />

Die Sonne steht tief und fällt<br />

durch die Blätter der Bäume, die Luft<br />

riecht frisch, das Gras ist noch feucht.<br />

Den Rasen hat sie erst vor kurzem gemäht,<br />

mit einem Handrasenmäher. An<br />

manchen Stellen wächst es noch wild,<br />

mit Löwenzahn und Gänseblümchen.<br />

Clara trägt einen roten Wollpullover<br />

und eine schwarze Stoffhose, dazu Lederstiefel.<br />

Sie ist Anfang Zwanzig, studiert<br />

seit zwei Jahren ein künstlerisches<br />

Fach in einer norddeutschen Großstadt.<br />

Im letzten Sommer traf sie die Entscheidung,<br />

in einen Schrebergarten zu ziehen.<br />

Mit der alten Studenten-WG hatte<br />

es aus persönlichen Gründen nicht<br />

mehr geklappt. Einzelwohnungen waren<br />

zu teuer, potenzielle Mitbewohner<br />

unsympathisch. „Als ich mal mit dem<br />

Zug gefahren bin, hab’ ich die ganzen<br />

Schrebergärten gesehen.“ Einige Besichtigungstermine<br />

später hatte sie<br />

dann ihre Kolonie gefunden.<br />

Legal ist das nicht, dessen ist sie sich<br />

bewusst. Um die 150 Euro Pacht bezahlt<br />

sie im Jahr, das Haus auf dem Grundstück<br />

musste sie kaufen – für einen<br />

Betrag, den eine dreiköpfige Studenten-WG<br />

in Braunschweig pro Monat bezahlt.<br />

Ihre Freunde wissen Bescheid, die<br />

Nachbarn hingegen wissen nichts, aber<br />

ahnen tun sie es wohl. Angst, dass sie je-<br />

Fotos: Nina Sieverding<br />

22


Campus<br />

Titel-<br />

Thema<br />

mand von denen verpfeift, hat sie nicht.<br />

„Ich denk mir halt, solange ich denen<br />

keinen Grund gebe, und meine Hecke<br />

ordentlich schneide, und nett bin...“ Offiziell<br />

gemeldet ist sie, einen Mietvertrag<br />

bei Freunden besitzt sie auch, für<br />

die Post.<br />

Im Haus sieht es nicht anders aus <strong>als</strong><br />

in anderen Studentenzimmern: Sessel,<br />

volle Bücherregale, eine Kommode, Musikinstrumente,<br />

Fotos. Und dann, auf<br />

den zweiten Blick: In der Ecke eine kleine<br />

Kochnische mit Elektroherdplatte.<br />

Ein Brief für potenzielle Einbrecher. Auf<br />

der To-Do-Liste an der Wand stehen Aufgaben<br />

wie „Fenster mörteln“ und „Pumpe<br />

installieren“.<br />

Auf der Kommode liegt eine <strong>Ausgabe</strong><br />

von Henry David Thoreaus Walden.<br />

„Da konnte ich mich sehr mit identifizieren,<br />

<strong>als</strong> er sein Haus gebaut hat“, sagt<br />

sie. Auch Thoreau zog mit Ende zwanzig<br />

in eine Hütte im stadtnahen Wald.<br />

Das war 1845, <strong>als</strong> sich Neuengland im<br />

Prozess der Industrialisierung befand<br />

und die Beschleunigung des damaligen<br />

Lebens zunahm. Thoreau war auf<br />

der Suche nach einem einfacheren Lebensstil,<br />

fand endlich Ruhe <strong>als</strong> Aussteiger<br />

einer sich rasch verändernden Gesellschaft<br />

am Walden-See bei Boston.<br />

Auch Clara hat ihr Häuschen vor dem<br />

Einzug <strong>komplett</strong> renoviert. Vogeleierund<br />

-skelette, Rattenkot und Gerümpel<br />

bedeckten den Boden, der Garten war<br />

Gemütlich im Gartenhaus: Küche und Vorratskammer<br />

<strong>komplett</strong> zugewuchert.<br />

Drei Wochen lang verbrachte<br />

sie damit Wände<br />

zu isolieren, eine<br />

Decke einzuziehen und<br />

Schutt wegzuräumen,<br />

auch den Ofen hat sie<br />

selbst eingebaut. „Jetzt<br />

bin ich Anfang 20 und<br />

habe schon mein eigenes<br />

Haus.“ Sie lächelt.<br />

Viel Vorerfahrung hatte sie dabei nicht,<br />

fragte meist einfach im Baumarkt nach.<br />

Freunde kommen mittlerweile mit Fragen<br />

zur Wohnungsrenovierung zu ihr.<br />

Trotzdem sind die anderen Schrebergärten<br />

im Vergleich zu ihrem luxuriös<br />

eingerichtet. „Die haben Fernseher,<br />

Kühlschrank, supergroße Küche, die<br />

leben halt total high-tech.“ Clara hat<br />

kein fließend Wasser, das zapft sie sich<br />

von der nächsten öffentlichen Wasserstelle,<br />

weswegen sie damit mittlerweile<br />

auch sparsamer umgeht. Für alltägliche<br />

Gewohnheiten benötigt sie mehr<br />

Zeit <strong>als</strong> der Durchschnitts-Student: Warmes<br />

Wasser muss beispielsweise erst im<br />

Wasserkocher erhitzt werden. Dreimal<br />

in der Woche geht sie ins Schwimmbad,<br />

die Wäsche wäscht sie im Waschsalon.<br />

Unkomplizierter geht da Kochen. Clara<br />

bemerkt amüsiert, dass viele Gäste darüber<br />

erstaunt sind, wie wenig sich das<br />

Zubereiten von warmen Mahlzeiten von<br />

dem in einer Wohnung unterscheidet.<br />

„Mir sagen so viele<br />

Leute, dass sie sich<br />

hier so superwohl<br />

fühlen, weil die<br />

einfach mal wieder<br />

runterkommen<br />

können, von diesem<br />

ganzen Stress.“<br />

Durch ihre Erfahrungen<br />

in dem Haus<br />

sei sie naturverbundener<br />

geworden, die Sinne<br />

mittlerweile sensibilisiert:<br />

Bei Geräuschen<br />

weiß sie, ob es sich<br />

um einen Vogel, eine<br />

Maus oder einen Besucher<br />

handelt. Ein ursprünglicheres<br />

Leben<br />

sei das, ein enthaltsameres. Internet<br />

gibt es zum Beispiel nicht in der Hütte:<br />

Das Leben hat sich wieder verlangsamt,<br />

sie liest wieder mehr Bücher, verbringt<br />

weniger Zeit vor dem Laptop.<br />

Angst, zu vereinsamen hatte sie anfangs<br />

schon. Aber Besuch ist oft da, dann sitzt<br />

man draußen, unter den Apfelbäumen.<br />

Die Gespräche, die sie mit Gästen im<br />

Garten führt, werden schneller tiefgründiger<br />

<strong>als</strong> woanders, meint sie. Ein<br />

bisschen so, <strong>als</strong> würden die Menschen<br />

den Stress vor der Gartentür ablegen.<br />

„Mir sagen so viele Leute, dass sie sich<br />

hier so superwohl fühlen, weil sie einfach<br />

mal wieder runterkommen können,<br />

von diesem ganzen Stress, den<br />

sie halt auch zuhause haben, weil sie<br />

die ganze Zeit die Möglichkeit haben:<br />

Die ganze Zeit Internet, die ganze Zeit<br />

Strom. Man merkt auch, dass sich Leute<br />

so verändern.“<br />

Natürlich bringt das Leben in der<br />

Schrebergartenkolonie nicht nur Positives<br />

mit sich. Zum Beispiel im letzten<br />

harten Winter, <strong>als</strong> sie krank war, und<br />

trotzdem oft nach draußen musste.<br />

Dann ist es gut, wenn Freunde da sind,<br />

die sie unterstützen.<br />

Geplant ist das Experiment Schrebergarten<br />

für drei Jahre, danach geht es auf<br />

Weltreise. Ein bisschen Angst ist auch<br />

da, wieder in ein „normales“ Leben mit<br />

Zimmer, Küche und Bad zurückzukehren.<br />

In eine Wohnung zu ziehen, wo<br />

man das Wasser nicht mehr selbst aufwärmen<br />

muss. „Ich glaub, ich werd so<br />

die ersten zwei Wochen voll den Komfort<br />

genießen, von Dusche und Küche,<br />

aber irgendwann fühl ich mich voll eingeengt.<br />

Und ich glaub, dass ist mir irgendwann<br />

zu einfach. Man weiß es halt<br />

irgendwann nicht mehr zu schätzen.“ #<br />

23


Campus<br />

Gratis! Kostenlos!<br />

For Free! Umsonst!<br />

Welche Produkte sind online gratis zu bekommen? ein Selbstversuch<br />

Von Juliane Opielka<br />

Die meisten Studierenden kennen<br />

das Gefühl sparen zu müssen.<br />

Jeder Gutschein, jedes Angebot<br />

und jeder Werbeartikel wird<br />

dankbar angenommen, damit die Kosten<br />

möglichst gering bleiben. Deshalb<br />

habe ich mir die Frage gestellt, welche<br />

Produkte gratis im Internet zu erhalten<br />

sind, wie nützlich sie sind und welche<br />

Folgen das Anfordern dieser Produkte<br />

für mich hat. Mein Ziel: Möglichst viele<br />

Produkte vollkommen gratis zu bestellen,<br />

ohne Versandkosten oder Cashback<br />

Aktionen. Hierbei verzichte ich<br />

auf Artikel wie Zigaretten, Baby- oder<br />

Haustiernahrung usw., da ich diese<br />

selbst nicht verwenden oder verschenken<br />

kann und lieber Anderen überlasse.<br />

24


Campus<br />

Foto: Juliane Opielka<br />

Ich setze mich an meinen Laptop<br />

und tippe in unterschiedliche Suchmaschinen<br />

„gratis Produkte“, „kostenlose<br />

Produkte“, „Produktproben“ ein. Zwei<br />

Stunden lang surfe ich durchs Netz,<br />

schließe immer wieder Pop-up-Fenster<br />

und gelange schließlich auf drei<br />

brauchbare Seiten, die anscheinend<br />

jegliche Gratisaktion auflisten und die<br />

entsprechenden Links gleich zur Verfügung<br />

stellen. Ich werde mit zahlreichen<br />

Kosmetik-, Gesundheits- und Nahrungsmittelproben,<br />

praktischen Minigadgets<br />

(wie eine Taschenlampe im Scheckkartenformat),<br />

Informations- und Aufklärungsmaterial,<br />

Bücher und DVDs für<br />

Kinder und Jugendliche in unterschiedlichsten<br />

Bereichen und vielen weiteren<br />

Produkten fündig.<br />

Es folgt eine etwa fünfstündige Prozedur,<br />

in der ich AGBs lese, Daten eingebe<br />

und Häkchen für „nein, ich möchte<br />

den Newsletter nicht abonnieren“ setze.<br />

Schon jetzt beschleicht mich ein ungutes<br />

Gefühl, meine Adresse dort überall<br />

anzugeben, aber ich<br />

mache trotzdem weiter<br />

und zögere nicht.<br />

Nach etwa zehn Seiten<br />

folgen meine Finger<br />

einem Automatismus<br />

und geben meine<br />

bis jetzt wohlbehüteten<br />

Daten in die vorgegebenen<br />

Felder ein.<br />

Nachdem ich schließlich<br />

keine aktuellen<br />

Proben außer Hundefutter<br />

mehr finden<br />

kann, klappe ich meinen<br />

Laptop zu und bleibe<br />

mit Kopfschmerzen<br />

zurück. Ich habe ein<br />

wenig Angst um meine Identität.<br />

Bereits am nächsten Tag steckt ein<br />

Umschlag mit einer Hautcremeprobe<br />

im Briefkasten. Ich bin begeistert,<br />

wie schnell Post geliefert werden kann<br />

und freue mich. Diese Freude soll allerdings<br />

nicht lange anhalten. Die folgenden<br />

Tage und Wochen quillt mein Briefkasten<br />

bereits über mit Proben und viel<br />

Werbung. Auch unser Postbote wirkt<br />

von Tag zu Tag genervter, wenn er wie-<br />

Die nützlichsten<br />

Gratis-Produkte:<br />

• Welt- und Europakarte<br />

(vom deutschen<br />

Bundestag)<br />

• Thermopflaster für einen<br />

verspannten Nacken<br />

• Gefro Testpaket mit<br />

Tütensuppen und -soßen<br />

• Taschenlampe im<br />

Scheckkartenformat<br />

• Pixi Taschenbücher<br />

für Kinder<br />

• Aufklärungsmaterial<br />

für Jugendliche<br />

der mal einen größeren Umschlag oder<br />

ein kleines Paket zu mir heraufbringen<br />

muss. Ich glaube, ich bin ihm etwas<br />

schuldig.<br />

Derweilen stapelt sich in meinem<br />

Wohnzimmer ein Haufen Altpapier und<br />

auch die gelieferten Produkte nehmen<br />

zusehends Platz weg. Bei den Bestellungen<br />

habe ich nicht bedacht, dass auch<br />

ein Kosmetik- oder Bücherschrank irgendwann<br />

zu klein ist. Es sind bereits<br />

drei Wochen vergangen und ich freue<br />

mich mittlerweile über Tage, in denen<br />

keine Post im Briefkasten ist. Nach und<br />

nach kommen auch die letzten bestellten<br />

Artikel an und sogar die Werbung<br />

vermindert sich fürs Erste. Leider trifft<br />

das nicht auf mein Emailpostfach zu,<br />

innerhalb der angegebenen Zeit vermehrte<br />

sich die Anzahl meiner Spamund<br />

Werbemails auf das hundertfache.<br />

Die Emailadresse ist wohl auf ewig verseucht<br />

und verloren.<br />

Fazit: Gratisartikel im Internet zu<br />

bestellen ist einfach und geht je nach<br />

Menge verhältnismäßig<br />

schnell. Es sind viele<br />

nützliche Artikel dabei,<br />

von denen ich nie<br />

dachte, sie gratis bekommen<br />

zu können,<br />

aber auch viele Produkte,<br />

bei denen ich<br />

mich im Nachhinein<br />

gefragt habe, warum<br />

ich sie bestellt habe.<br />

Vorsicht ist allerdings<br />

bei der Eingabe von<br />

Daten geboten. Ich<br />

habe immer darauf geachtet,<br />

die AGBs zu lesen,<br />

um nicht zufällig<br />

ein Abo abzuschließen<br />

oder plötzlich Vertreterbesuche vor der<br />

Tür zu haben.<br />

Auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen<br />

warnt vor allem vor sogenannten<br />

Abofallen, die nach unaufmerksamem<br />

Lesen, zu Rechnungen<br />

und weiteren nicht gewollten Artikeln<br />

führen. Meiner Meinung nach wäre es<br />

auch nicht schlecht vorher sicherzustellen,<br />

dass sich in eurer Nähe ein Altpapiercontainer<br />

befindet. #<br />

Impressum<br />

Herausgeber: BZV Medienhaus GmbH<br />

Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 39 00-0<br />

Telefax: (0531) 39 00-610<br />

E-Mail: info@bzv.de<br />

www.braunschweiger-zeitungsverlag.de<br />

Geschäftsführer: Harald Wahls<br />

Registergericht: Amtsgericht<br />

Braunschweig, HRA 6991<br />

Ust.-Ident.-Nr.: DE 114 88 11 13<br />

Die redaktionellen Inhalte dieser<br />

<strong>Ausgabe</strong> sind das Ergebnis eines<br />

Projektseminars der Abteilung<br />

Medienwissenschaften der<br />

Technischen Universität Braunschweig<br />

Redaktionsleitung: Holger Isermann<br />

(TU Braunschweig) V. i. S. d. P.<br />

Redaktion: Annekatrin Bock, Eva Casper,<br />

Lisa Dauke, Christian Göttner,<br />

Holger Isermann, Claudia Malecka,<br />

Marina Müller, Kevin Neu,<br />

Juliane Opielka, Elena Patzer,<br />

Teresa Riedel, Michaline Saxel,<br />

Elena Schade, Nina Sieverding,<br />

Luciana Tamas, Laura Trommer,<br />

Carolin Unger, Charlotte Werfling.<br />

David Gerab Wolle, Christina Zais<br />

Adresse: TU Braunschweig,<br />

Abteilung Medienwissenschaften<br />

Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 391-8961<br />

Telefax: (0531) 391-8963<br />

E-Mail: redaktion@studi38.de<br />

www.tu-braunschweig.de/<br />

medienwissenschaften<br />

Titelfoto: Florian Koch<br />

Model: Friederike Fuchs<br />

Objektleitung: Daniela Waltemathe<br />

Anzeigen: Michael Heuchert<br />

(verantwortlich)<br />

Koordination Vertrieb/Anzeigen:<br />

Katharina Heidmann<br />

Telefon: (0531) 3900-193<br />

Telefax: (0531) 3900-123<br />

Druck: braunschweig-druck GmbH,<br />

Ernst-Böhme-Str. 20, 38112 Braunschweig<br />

Auflage: ca. 10.000 Exemplare<br />

© BZV Medienhaus GmbH 2013<br />

Das Projekt studi38 wird freundlich<br />

unterstützt durch<br />

25


Campus<br />

Der letzte<br />

Indogermane?<br />

Jagadeesha vereint spiritualität und naturverbundenheit<br />

zu einer ganz eigenen Lebensphilosophie<br />

Von Teresa Riedel<br />

Wer Jagadeesha treffen möchte,<br />

muss sich zunächst in<br />

den „Hexenkessel“ trauen,<br />

der auf der Hoftür angekündigt ist. An<br />

eine Mauer daneben hat jemand in großen<br />

Lettern „Heil Odin“ gesprüht. Die<br />

Klingel ist defekt – immerhin: Ein kurzes<br />

Ziehen an einem roten Strick lässt<br />

eine Kuhglocke erklingen. Die Hoftür<br />

öffnet sich und ein schmächtiger<br />

Mann mit wilden Haaren und Bart erscheint.<br />

Er begrüßt uns und die militärische<br />

Viertelstunde, die wir zu früh<br />

gekommen sind mit dem hinduistischen<br />

Namaste-Gruß. Dabei werden<br />

die Handflächen aneinander gelegt und<br />

in Brusthöhe gehoben, der Kopf leicht<br />

gesenkt.<br />

Hier in Lehndorf wohnt Jagadeesha,<br />

der vor 59 Jahren einmal <strong>als</strong> Ingbert<br />

George geboren wurde. Das Haus<br />

hat er von seiner Mutter geerbt, Früher<br />

war es ein Konsum, dann Gartenbedarfsladen,<br />

später Blumenladen. Heute<br />

befindet sich im Verkaufsraum der<br />

Jaga Radja Hauptaltar. Raja bedeutet<br />

im indischen Sanskrit so viel wie „königlicher<br />

Herrscher“. Jagadeesha legte<br />

seinen Geburtsnamen ab, nachdem er<br />

zunächst den Yoginamen Yogi Bashmabirani<br />

erhielt und später von einem weisen<br />

indischen Wissenschaftler Jagadeesha<br />

genannt wurde. Mit diesem hat er<br />

auch heute noch so gut es geht Kontakt,<br />

auch wenn das ohne Strom und Telefon<br />

nicht leicht ist. Jagadeesha präsentiert<br />

uns ein Butterlicht, das ihm sein indischer<br />

Freund geschickt hat. In Indien<br />

wird Butterschmalz namens Ghee <strong>als</strong><br />

Brennstoff verwendet. Hier bleibt nur<br />

herkömmlicher Schmalz aus dem Supermarkt.<br />

„Wegen der schlechten Kuhhaltung<br />

in Europa erzeugt das Licht leider<br />

keine vergleichbaren ayurvedischen<br />

Heileffekte“, erklärt er. Während er es<br />

entzündet, erzählt er von noch viel größeren<br />

und heilsameren Feuern, die man<br />

bei Sonnenauf- und -untergang machen<br />

sollte. Dazu braucht es das Holz eines<br />

Baumes ohne Dornen, er empfiehlt<br />

hierzulande Birke, Ghee, getrockneten<br />

Kuhdung, kantigen Reis und vier Zauberformeln.<br />

„Dann können die Feuerzeremonien<br />

gegen radioaktive Strahlung<br />

Fotos: Claudia Malecka<br />

26


Campus<br />

„Psychiater können zwischen Psychose<br />

und spiritueller Reise nicht unterscheiden.<br />

Alles was nicht dem Bürgerstandard<br />

entspricht ist für die psychisch krank.“<br />

Kompromiss beim Butterlicht:<br />

Die schlechte Kuhhaltung in<br />

Europa verhindert Heileffekte<br />

und für die Reinigung der Atmosphäre<br />

und Gesundheit eingesetzt werden.<br />

Ich bin der Hüter des Urweistums, der<br />

Herr des Feuers. Hindus wissen, dass<br />

ich Shiva bin.“ Jagadeesha ist ein Mann,<br />

der versucht zwei Kulturen zu einer zu<br />

vereinen – zu seiner eigenen. Geholfen<br />

haben ihm dabei insgesamt drei Reisen<br />

nach Indien. „Die Welt wird aus Schamanismus<br />

und logischer Kasteiung erschaffen.<br />

Die ursprüngliche kosmische<br />

Weisheit stammt vom Nordpol, diese<br />

kann bei Erkenntnis zur Freiheit führen.<br />

Die Arier sind aus Mitteleuropa<br />

über die Türkei in die Gangesebene gewandert,<br />

daraus entstand die indische<br />

Hochkultur. Yoga ist im Ursprung Germanentum.“<br />

In seinem Haus finden<br />

sich neben vielen indischen Instrumenten,<br />

Gebetsflaggen und Götterstatuen<br />

auch mehrere Rennräder, denn der<br />

drahtige alte Mann ist leidenschaftlicher<br />

Radfahrer. 1971 gewann er den 4.<br />

Platz des Passrennfahrens in Hannover.<br />

In dieser Zeit besucht Jagadeesha<br />

noch die Mittelschule in der Maschstraße.<br />

„Ich war ein ganz schlechter Schüler,<br />

nur an Fußball interessiert.“ Mit 16<br />

beginnt er eine Ausbildung zum Feinmechaniker<br />

bei der Physikalisch Technischen<br />

Bundesanstalt (PTB) und<br />

ist schnell so unzufrieden, dass<br />

er beschließt seinem Leben ein<br />

Ende zu setzten. Eines Nachts<br />

rast er <strong>als</strong>o mit seinem unbeleuchteten<br />

Rennrad bei Veltenhof<br />

auf ein sich näherndes Auto<br />

zu. Den Tod vor Augen, tritt er im<br />

letzten Moment voll in die Pedale<br />

und das Auto erwischt ihn nur<br />

am Hinterrad. „Diesen Augenblick<br />

wollte meine Seele haben.<br />

Ich wusste, ich will doch leben.<br />

Seitdem ist mein Wille immer<br />

derselbe geblieben. Der Wahrheit<br />

zu dienen, Gottes wegen.“<br />

Erzählt hat Jagadeesha von seinem<br />

Selbstmordversuch dam<strong>als</strong><br />

niemandem. Nachdem er die Christenbibel<br />

und andere Bücher studiert hatte,<br />

entschloss er sich freiwillig zur Bundeswehr<br />

zu gehen. „Denn schließlich gehöre<br />

ich zur Kriegerkaste und fand es richtig<br />

zu verteidigen, was hier ist.“ Doch<br />

<strong>als</strong> er bei der Grundausbildung das erste<br />

Der Jaga Radja-Hauptaltar im ehemaligen Kiosk<br />

Mal eine Maschinenpistole in die Hand<br />

bekam, begann er zu weinen, „weil mir<br />

die Mutter eingefallen ist, die voller<br />

Mitleid und Herzlichkeit war. Ich dachte:<br />

Wenn ich Wesen erschießen soll, die<br />

von so einem Wesen stammen – und jeder<br />

Mensch stammt von einer Mutter –<br />

ich konnte das nicht.“ Während der 15<br />

Monate beim Militär beginnt er zu meditieren<br />

und ein kosmisches Gehör zu<br />

entwickeln, aber vieles sei bei der Bundeswehr<br />

kaputt gegangen. Bei seinem<br />

Opa im Kaiserreich sei vieles anders gewesen.<br />

Es gab Essen, ein Bett und Vaterlandsbewusstsein.<br />

„Heute drücken<br />

die Technikarmeen nur noch auf Knöpfe.<br />

Das ist doch kein Kämpfen mehr. Die<br />

allerprimitivste Kriegsführung ist die<br />

von den Amerikanern, Massenvernichtungswaffen,<br />

totaler Materialeinsatz.“<br />

Nach der Bundeswehr geht Jagadeesha<br />

zur Akademie für Persönlichkeitsentfaltung<br />

in Bremen Blumenthal. Dort<br />

kommt er zwar in seinen transzendentalen<br />

Zustand zurück, landet aber →<br />

27


Campus<br />

nach zwei Wochen in der Psychiatrie<br />

Königslutter. Wer ihn dort eingewiesen<br />

hat, will oder kann er uns nicht sagen.<br />

Sein Aufenthalt dort hat ihn in der Auffassung<br />

bestärkt, dass die Schulmedizin<br />

eine Verbrecherorganisation ist. Er<br />

hatte das Gefühl die Chemie betoniert<br />

sein Gehirn und beschreibt den Zustand<br />

<strong>als</strong> dreischichtig: unten<br />

transzendental, darüber<br />

Chemie und darüber ist<br />

ihm eine neuer fleischlicher<br />

Körper gewachsen.<br />

„Ich wurde zu einer<br />

wandernden Leiche, zu<br />

einem Plastikmensch.<br />

Psychiater können zwischen<br />

Psychose und spiritueller<br />

Reise nicht unterscheiden.<br />

Alles was<br />

nicht dem Bürgerstandard entspricht ist<br />

für die psychisch krank.“ Heute setzt Jagadeesha<br />

deshalb <strong>komplett</strong> auf auf Naturmedizin<br />

und versucht gesund zu leben.<br />

Er lehnt Drogen grundsätzlich ab,<br />

macht Sport und isst Fleisch nur in Notfällen,<br />

wenn es nach der chinesischen<br />

Medizin dem Aufbau neuer Zellstrukturen<br />

dient.<br />

Als wir Jagadeesha besuchen, ist sein<br />

Energiezentrum verseucht. Er zeigt uns<br />

die Vibhuti -Kriyatechnik, bei der knackende<br />

Laute aus seinem Mund kommen.<br />

„Ich pumpe Energie hoch, das ist<br />

Jagadeesha baut ausschließlich auf Naturmedizin<br />

„Ich kann auch<br />

Tote auferwecken.<br />

wenn ich mit<br />

meinem Rennrad an<br />

Friedhöfen vorbeifahre<br />

und nicht<br />

schnell genug bin,<br />

dann stehen immer<br />

so zwei, drei auf.“<br />

Vibuti – das Urlebensplasma. Ich bin<br />

der einzige, der das kann.“ Doch das ist<br />

noch nicht alles. „Ich kann auch Tote<br />

auferwecken. Das ist stärker <strong>als</strong> bei Jesus.<br />

Zum Leben holen sie sich bei mir<br />

den Lebensimpuls. Wenn ich mit meinem<br />

Rennrad an Friedhöfen vorbeifahre<br />

und nicht schnell genug bin, dann<br />

stehen immer so zwei,<br />

drei auf.“ Mit den drei<br />

umliegenden Kirchen<br />

ist er wegen solcher<br />

Fähigkeiten natürlich<br />

auch schon aneinander<br />

geraten. Er hat dort<br />

Hausverbot. Und die<br />

Kirchengemeinden sind<br />

nicht seine einzigen erklärten<br />

Feinde. Neuerdings<br />

fühlt er sich von<br />

Amerika und der CIA bedroht. „Wegen<br />

der starken Arierenergie“, erklärt er.<br />

Für die hiesige Polizei hegte er lange<br />

Zeit große Sympathie, weil sein Vater<br />

früher in der dortigen Verwaltung tätig<br />

war. „Später haben sie sich oft gemein<br />

benommen.“<br />

Der gebürtige Bremerhavener wollte<br />

deshalb schon nach Indien flüchten.<br />

Kurzerhand fuhr er mit dem Rennrad<br />

nach Berlin, um bei der indischen Botschaft<br />

Asyl für politisch und religiös<br />

Verfolgte zu beantragen. Aber man ließ<br />

ihn nicht hinein. „Da hat wohl die BRD-<br />

Stasi vorgearbeitet. Aber Berlin ist echt<br />

dufte. Die Leute sind da so wie ich. Berlin<br />

ist die Stadt des goldenen Lichts, das<br />

ist eine Lichtoktave da! Ich dachte ich<br />

bin in Indien!“ Nach dieser Liebesode<br />

an die Hauptstadt gibt Jagadeesha auch<br />

gleich noch sein Dialektrepertoire zum<br />

besten: berlinerisch, bayrisch, sächsisch,<br />

norddeutsch und englisch mit indischem<br />

Akzent beherrscht er aus dem<br />

Stehgreif: „There is a special place for<br />

Meditation in the forest, than you will<br />

call the master after once.“<br />

In Zukunft möchte er die Projekte seines<br />

Namensgebers in Bangladesch unterstützen,<br />

dessen Name wiederum so<br />

lang und lautfremd klingt, dass wir ihn<br />

hier leider nicht wiedergeben können.<br />

Er sei ein Weiser, der die Industriewisschenschaften<br />

des alten Indien wiederentdeckt<br />

habe und mit diesen Kenntnissen<br />

gerade ein Auto entwickelt, das nur<br />

mit Luft und Wasser betrieben werden<br />

kann. „Mit Religion allein kann man<br />

die Welt nicht mehr verbessern, weil<br />

es nicht mehr aufgenommen wird. Das<br />

geht nur noch finanziell.“ Am Ende des<br />

Treffens bietet er seine Dienste <strong>als</strong> Yogi<br />

Bashmabirani an. Durch Gegentantra<br />

möchte er unsere Schönheit, Gesundheit<br />

und Intelligenz aufladen. Als Lohn<br />

wünscht er sich ganz wie ein Guru ein<br />

Gurudakshina – eine Spende in Form<br />

einer Banane, einem Biojoghurt oder<br />

Haferflocken. #<br />

Erinnerungen: Jagadeesha war und<br />

ist begeisterter Rennradfahrer<br />

Fotos: Claudia Malecka<br />

28


Campus<br />

Cover: Making of<br />

Die Baugenossenschaft Wiederaufbau<br />

ließ uns nicht nur aufs Dach, sondern<br />

dafür sogar ein Schloss aufbrechen.<br />

In der Regenpause: Zeltaufbau hoch<br />

oben in der Kreuzstraße.<br />

Fotograf Florian Koch und Model<br />

Friederike Fuchs beim Shooting über<br />

den Dächern der Stadt.<br />

Fotos: Florian Koch, Sascha buhle


Wissenschaft<br />

„Radfahrer<br />

sind keine Rowdys“<br />

Verkehrspsychologe Prof. Mark Vollrath über Unfallursachen,<br />

Helmpflicht und Bequemlichkeit auf der StraSSe<br />

Von Kevin Neu<br />

Laut Verkehrsstatistik 2012 der Polizeidirektion<br />

hat die Beteiligung von Radfahrern<br />

an Unfällen zugenommen. Wo sehen Sie die<br />

Ursachen für diese Entwicklung?<br />

Zum einen ist das natürlich witterungsbedingt.<br />

Bei schönem Wetter fahren mehr Leute<br />

Rad. Auch insgesamt sind aber immer mehr<br />

Radfahrer unterwegs. Fahrrad fahren ist wieder<br />

In. Dann kommen noch die Elektroräder<br />

hinzu, was Älteren und eher unsportlichen<br />

Leuten einen Anreiz gibt. Gleichzeitig sind<br />

diese Fahrräder mit bis zu 30 Stundenkilome-<br />

tern sehr schnell. Geschwindigkeit ist eine der<br />

Hauptunfallursachen in allen Segmenten. Ansonsten<br />

geschehen Unfälle im Zusammenspiel<br />

der Verkehrsteilnehmer. Beinahe die Hälfte aller<br />

verunglückten Radfahrer wird von Autos<br />

angefahren, speziell bei Einmündungen und<br />

im Kreuzungsbereich.<br />

Welche Maßnahmen würden Sie empfehlen,<br />

um die Sicherheit für Radfahrer zu<br />

erhöhen?<br />

Die Radwege sind noch weit davon entfernt<br />

verkehrssicher zu sein. Natürlich müsste zunächst<br />

mal breiter gebaut werden. Dann gäbe<br />

es zudem noch die Möglichkeit Radfahrer in<br />

zwei Richtungen fahren zu lassen. Das gibt es<br />

vereinzelt schon. Und es gibt Überlegungen die<br />

Radfahrer wieder stärker auf die Straße zu<br />

holen. Da haben sich der ADFC und die Straßenbauer<br />

schon gute Lösungen ausgedacht.<br />

Die wissen im Prinzip wie man sichere Wege<br />

baut, aber bei der Menge an Verkehrswegen ist<br />

das natürlich eine komplizierte Aufgabe und<br />

Finanzierungsfrage.<br />

Fotos: KJM-427, J-Cornelius, indrarado, Privat<br />

30


Wissenschaft<br />

Tagträume eines<br />

Zweiradfahrers<br />

Welche Ursachen sind für die andere Hälfte<br />

der Unfälle verantwortlich?<br />

Hier handelt es sich um sogenannte Alleinunfälle.<br />

Also Radfahrer, die die Kontrolle über<br />

das Rad verlieren, weil sie beispielsweise Bordsteine<br />

oder Schienen übersehen. Natürlich sind<br />

auch viele Unfälle dabei, die durch den Einfluss<br />

von Alkohol verursacht werden, wahrscheinlich<br />

mehr <strong>als</strong> man nachweisen kann. Hier könnte<br />

man versuchen mehr Kontrollen einzuführen.<br />

Wo liegt die gesetzliche Promillegrenze für<br />

Radfahrer?<br />

Die absolute Grenze liegt bei 1,6 Promille. Prinzipiell<br />

ist es aber so, dass man schon bei Auffälligkeiten,<br />

wie das Fahren in Schlangenlinien<br />

belangt werden kann. Da liegt die Grenze<br />

bei 0,3. Jedoch wäre es natürlich auch ein Signal,<br />

wenn die Promillegrenze insgesamt auf<br />

0,5 heruntergesetzt werden würde. Aber das<br />

müsste man auch kontrollieren, wenn das<br />

wirksam sein soll. Und das ist wahrscheinlich<br />

nicht realistisch.<br />

Was sagen Sie zur Aussage von Verkehrsminister<br />

Ramsauer Radfahrer seien Rowdies?<br />

Das ist totaler Blödsinn. Der Ausdruck unterstellt,<br />

dass Radfahrer sich bewusst, aggressiv<br />

und verkehrswidrig verhalten, dabei ist es viel<br />

trivialer. Wir haben in unserer Studie beobachtet,<br />

wo Radfahrer f<strong>als</strong>ch fahren und Befragungen<br />

durchgeführt. Es ist Bequemlichkeit. Man<br />

muss ständig Nachteile in Kauf nehmen, an<br />

Ampeln warten, Umwege machen. Das führt<br />

einfach dazu, dass man sich nicht an die Regeln<br />

hält. Ich denke, da wird an der f<strong>als</strong>chen Stelle<br />

diskutiert. Es gibt andere Punkte, die bezüglich<br />

der Ursache von Radunfällen wichtiger sind,<br />

wie beispielsweise mehr Überquerungsmöglichkeiten<br />

zu bieten. Speziell am Ring könnte man<br />

durch Mittelinseln den Radfahrern den Überweg<br />

auf die andere Seite erleichtern.<br />

Ramsauer zeigt weniger Verständnis und<br />

plant stattdessen härtere Strafen für Radfahrer<br />

...<br />

Natürlich würde auch das zur Einhaltung der<br />

Verkehrsregeln führen, aber ich halte es nicht<br />

für den richtigen Weg. Entweder man macht<br />

den Radfahrern klar, dass es gefährlich ist, sich<br />

so zu verhalten beziehungsweise versucht ein<br />

Bewusstsein zu wecken. Oder man kommt der<br />

Bequemlichkeit entgegen und tut baulich etwas,<br />

damit das Radfahren bequemer wird.<br />

Wie viele Verkehrsverstöße konnten Sie in<br />

Ihrer Studie feststellen?<br />

Von den 2000 Leuten die wir beobachtet haben,<br />

sind nur 10 bis 20 Prozent in die f<strong>als</strong>che<br />

Richtung gefahren. Jeder Zehnte hat die Straße<br />

bei rot überquert. Beim Fahren ohne Licht sind<br />

es mehr. Auch das hat Bequemlichkeitsgründe,<br />

die Reparaturen sind umständlich und dauern<br />

seine Zeit und im städtischen Bereich kann<br />

man auch ohne Licht sehen. An der Stelle finde<br />

ich es wichtig, dass man sich an die Regel hält.<br />

Man sieht Radfahrer mit Licht im Dunkeln einfach<br />

besser und schneller.<br />

Wo liegen die Unfallschwerpunkte in<br />

Braunschweig?<br />

Zum Beispiel an der Autobahnauffahrt an der<br />

Celler Straße und dann an der Kreuzung Altewiekring<br />

und Jasperallee. Also an großen Kreuzungen,<br />

an denen die Radfahrer grün haben<br />

und speziell Linksabbieger, die neben dem Gegenverkehr<br />

auch auf die Radfahrer achten<br />

müssen, vorhanden sind. Davon gibt es bekanntlich<br />

viele. Auch Ausfahrten von Parkplätzen<br />

sind gefährlich.<br />

Baustellen und kaputte Radwege sind die Regel<br />

Professor Mark Vollrath<br />

lehrt und forscht in der<br />

Abteilung Ingenieur- und<br />

Verkehrspsychologie des<br />

Instituts für Psychologie<br />

der TU Braunschweig.<br />

Zusammen mit Kollegen hat<br />

er knapp 2600 Radfahrer in<br />

Braunschweig beobachtet<br />

und befragt und kam zu<br />

überraschenden Ergebnissen.<br />

Welche positiven Entwicklungen sehen Sie?<br />

Gibt es Beispiele?<br />

Gibt es. Am Hagenring Kreuzung Gliesmaroder<br />

Straße hat man beispielsweise die Ampelphasen<br />

entzerrt. Die Radfahrer stehen auf der<br />

Straße mit eigener Ampelschaltung. Die rechtsabbiegenden<br />

Autofahrer müssen die Ampelphase<br />

der Radfahrer abwarten und erst dann<br />

wird die Ampel auf Grün geschaltet. Das funktioniert<br />

sehr gut.<br />

Wie viele Radfahrer tragen eigentlich<br />

Helme?<br />

Rund 6 Prozent tagsüber. An<br />

der Stelle gibt es viel Potential,<br />

denn gerade bei Toten und<br />

Schwerverletzten gibt es einen<br />

hohen Prozentsatz an Kopfverletzungen.<br />

Die Einführung der<br />

Helmpflicht für Motorradfahrer<br />

hat die Zahl der Kopfverletzungen<br />

beinahe ganz reduziert.<br />

Das wäre auch für Radfahrer<br />

sinnvoll.<br />

31


Wissenschaft<br />

Orientierungshilfe<br />

CHE?<br />

Vom Nutzen und der Kritik an Deutschlands bekanntestem<br />

Hochschulranking<br />

Von Annekatrin Bock & Holger Isermann<br />

Studieren, ja gerne! Aber wo? Egal ob<br />

Studienanfänger oder Bachelorabsolvent<br />

auf dem Weg zum Master,<br />

wer einen Studienplatz sucht, braucht<br />

Beratung und Hilfe. Denn wer die Wahl<br />

hat, hat die Qual. Welche Hochschule<br />

passt zu mir? Wo will ich studieren?<br />

Das vom ZEIT-Studienführer veröffentliche<br />

CHE-Ranking soll Orientierung<br />

bieten im unübersichtlichen<br />

Hochschuldschungel und Studienanfängern<br />

helfen, den richtigen Studienplatz<br />

zu finden. Jedoch wird die Kritik am Ranking<br />

des Centrums für Hochschulentwicklung<br />

(CHE) seit einiger Zeit immer<br />

lauter. Mehrere Universitäten und Fach-<br />

bereiche verweigern schon länger die<br />

Teilnahme am Verfahren. Verschiedene<br />

Fachgesellschaften – allen voran der Verband<br />

der Historiker und Historikerinnen<br />

und die Gesellschaft für Soziologie – haben<br />

bereits öffentlich zum Ausstieg aus<br />

dem CHE-Ranking aufgerufen. Die Fachgesellschaften<br />

kritisieren insbesondere<br />

Fotos: Marfis 75, Privat<br />

32


Wissenschaft<br />

Prof. Dr. Manfred Hamann<br />

Vizepräsident für Lehre,<br />

Studium und Weiterbildung,<br />

Ostfalia<br />

Derzeit ist das CHE-Ranking das umfassenste Ranking<br />

der Hochschulen im deutschsprachigen Raum,<br />

doch sollten dessen Ergebnisse nicht überbewertet<br />

werden. Auch an der Ostfalia Hochschule gibt es geteilte<br />

Meinungen dazu, denn die Auswertungen und<br />

Darstellung der Ergebnisse führen immer wieder zu<br />

Missverständnissen und Irritationen. Dazu gehört<br />

zum Beispiel die Bewertung gleicher oder ähnlicher Fächer, die im Ranking aus verschiedenen<br />

Fakultäten (Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Versorgungstechnik bei den Fächern<br />

Maschinenbau, Verfahrenstechnik) bunt zusammengemischt werden. Es antworten nur<br />

relativ wenige Studierende von den Befragten, so dass auch Minderheiten-Meinungen<br />

stärker erscheinen können. Eine objektive Messung der Studienqualität ist kaum möglich.<br />

Eine fehlende Ausstattung ist nicht gut, aber viele Möglichkeiten sind noch keine Garantie<br />

für gute Ergebnisse bei den Fähigkeiten der Absolventinnen und Absolventen.<br />

Dennoch kann das CHE-Ranking für die Studieninteressierten <strong>als</strong> Orientierungs- oder<br />

Entscheidungshilfe und den Hochschulen <strong>als</strong> Barometer in ihrem kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

dienen.<br />

Jesco Heyl<br />

Pressesprecher HBK<br />

Wir können die geäußerte Kritik durchaus nachvollziehen.<br />

Zumindest ist die Frage berechtigt, inwieweit<br />

ein Ranking, welches beispielsweise auf ZEIT<br />

ONLINE veröffentlicht ist, ausschlaggebend sein<br />

kann <strong>als</strong> Entscheidungskriterium für die Studienplatzwahl.<br />

Wir vertrauen aber auf den reflektierten<br />

Umgang der Studienbewerber mit diesen Informationen<br />

und erachten die von der CHE angewendete<br />

Methode grundsätzlich <strong>als</strong> angemessen. Auch sind<br />

Methoden und Bewertungskriterien transparent<br />

dargelegt. Deshalb wird sich die HBK auch weiterhin<br />

am CHE-Ranking beteiligen.<br />

das methodische Vorgehen, aber auch<br />

die Datengewinnung und -präsentation.<br />

Das CHE-Ranking nutzt einen Daten-<br />

Mix, den es aus Befragungen von Professoren,<br />

Studierenden und Hochschulverwaltungen<br />

gewinnt. Ergänzend sammelt<br />

das CHE Informationen über online zugängliche<br />

Modulhandbücher der einzelnen<br />

Studiengänge. Von den Kritikern<br />

besonders beanstandet, wird dabei die<br />

Studierendenbefragung. Für einige Fächer<br />

finden sich zu wenige Studierende,<br />

die ihre Meinung in einem Online-<br />

Fragebogen an das CHE zurück melden.<br />

Aus den wenigen Antworten wird dann<br />

jedoch ein Meinungsbild für den gesamten<br />

Studiengang an der jeweiligen Hochschule<br />

erstellt. Die Befragten tragen dabei<br />

ihre ganz persönliche Einschätzung<br />

unter anderem zu Lehrpersonal, Laborausstattung<br />

oder allgemeiner Studienzufriedenheit<br />

im Bogen ein. Den Studienanfängern<br />

fehlt jedoch zumeist ein<br />

Vergleich mit anderen Standorten. Wie<br />

soll ein Architekturstudent der Technischen<br />

Universität Braunschweig einschätzen,<br />

ob ein 500.000 Euro teures<br />

Zeichenlabor mit zwanzig Arbeitsplätzen<br />

sehr gut oder sehr schlecht ausgestattet<br />

ist, wenn er noch nie an der TU<br />

Ilmenau an einem Massenarbeitsplatz<br />

versucht hat, eine technische Zeichnung<br />

zu Ende zu bringen, während fünf<br />

Kommilitonen genervt über die Schulter<br />

schauen?<br />

Auch die Gesellschaft Deutscher Chemiker<br />

(GDCH) rief im vergangenen Semester<br />

zum Boykott der CHE-Befragungen<br />

auf. Für die GDCH ist neben<br />

solchen methodischen Herausforderungen<br />

besonders die Darstellung des<br />

Rankings im ZEIT-Studienführer problematisch:<br />

„Die Skala mit grünen, gelben<br />

und blauen Punkten führt unweigerlich<br />

dazu, dass die Leser in gute und<br />

schlechte Fachbereiche unterteilen“,<br />

sagt GDCH-Geschäftsführer Professor<br />

Dr. Wolfram Koch. „Wenn das CHE bereit<br />

wäre, ohne Ampeldarstellung zu arbeiten<br />

und einfach nur die Informationen<br />

bereit stellt, könnten wir unseren<br />

Ausstieg überdenken.“<br />

Der Verzicht darauf ist unwahrscheinlich.<br />

Denn das CHE-Ranking wird maßgeblich<br />

von der Bertelsmann Stiftung<br />

und der ZEIT finanziert. Gerade Deutschlands<br />

auflagenstärkste Wochenzeitung<br />

möchte weiterhin die Daten journalistisch<br />

aufbereiten und verkaufen. Auch<br />

ist für Studienanfänger, die noch nicht<br />

wissen, worauf man bei der Hochschulwahl<br />

achten sollte, gerade die plakative<br />

Rangliste besonders leicht verständlich.<br />

Ein Blick auf die Liste der Ranking-Verweigerer<br />

zeigt, dass vor allem Fächer<br />

der Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

das Verfahren skeptisch sehen. Für diese<br />

Fächer ist insbesondere die Wahl der<br />

Kriterien zur Gütebestimmung, wie<br />

beispielsweise hohe Drittmitteleinnahmen<br />

oder viele Journalpublikationen,<br />

weniger relevant. Dennoch müssen sie<br />

sich – wenn auch fachintern – an diesen<br />

Kategorien messen lassen. Für die<br />

Naturwissenschaften ist diese Kriterienwahl<br />

weniger problematisch. „Wir stö- →<br />

33


Wissenschaft<br />

ren uns mehr daran, wenn<br />

das CHE nicht Lehrleistungen<br />

evaluiert, sondern Forschungsleistungen<br />

ranken<br />

möchte“, betont Koch. Dafür<br />

gebe es ein deutlich besseres<br />

Verfahren des deutschen<br />

Wissenschaftsrates. Das Signal<br />

der GDCH ist <strong>als</strong>o ‚Schuster<br />

bleib bei deinen Leisten‘.<br />

Die Evaluation von Lehr- oder Studienqualität<br />

und damit verknüpfte Hilfestellung<br />

und Orientierung für Studierende<br />

bei der Studienplatzwahl ist durchaus<br />

gewünscht. „Aber dann muss das auf<br />

eine Art und Weise passieren, die wissenschaftlich<br />

und methodisch korrekt<br />

„Die Skala mit grünen,<br />

gelben und blauen Punkten<br />

führt unweigerlich<br />

dazu, dass die Leser in<br />

gute und schlechte Fachbereiche<br />

unterteilen.“<br />

GDCH-Geschäftsführer<br />

Professor Wolfram Koch<br />

ist und zum anderen den<br />

Studierenden die Informationen<br />

liefert, die für<br />

sie tatsächlich nützlich sind“, so Koch.<br />

„Ein Rating ist gut und wichtig. Was wir<br />

nicht wollen, ist ein Ranking, bei dem<br />

eine Arte Bundesliga-Tabelle aufgestellt<br />

wird und wo dann unweigerlich<br />

auch Interpretationen<br />

und Fehlentscheidungen<br />

folgen<br />

können.“<br />

Im Moment steigt<br />

die Zahl der Ranking-<br />

Verweigerer. Das CHE<br />

reagiert darauf, indem<br />

es den Dialog sucht und<br />

über neue Formen der<br />

Datenerhebung und andere<br />

Kriterien zur Bestimmung<br />

der Lehrqualität nachdenkt.<br />

(Siehe Interview) Inwieweit die noch<br />

größere Datenmenge dann mehr Durchsicht<br />

bringen wird, bleibt abzuwarten.<br />

„Vielleicht sind Braunschweiger<br />

nörgeliger <strong>als</strong> Aachener“<br />

TU-Präsident Professor Jürgen Hesselbach ist trotz<br />

aller Kritik am CHE-Ranking gegen einen Ausstieg<br />

Immer mehr Fächerverbände und Hochschulen<br />

steigen aus Zweifeln an der Repräsentativität<br />

oder aufgrund methodischer<br />

Kritik aus dem CHE-Ranking<br />

aus. Wie steht die TU<br />

dazu?<br />

An der TU gibt es sehr differenzierte<br />

Positionen zum<br />

CHE-Ranking. Die Position<br />

der Leitung ist, dass wir<br />

nicht aussteigen sollten.<br />

Das möchte ich begründen.<br />

Im aktuellsten Ranking<br />

taucht zum Beispiel unsere<br />

Architektur gar nicht mehr<br />

auf, weil es nicht genügend<br />

Rücklauf bei der Erhebung<br />

gab. Dies führt zum Eindruck,<br />

dass man an der TU<br />

gar nicht Architektur studieren kann. Wenn<br />

man <strong>als</strong>o aussteigt, dann sollte es standortübergreifend<br />

passieren, damit es nicht zu einer<br />

Verzerrung der Außenwahrnehmung kommt.<br />

Wer aus einer solchen Bewertung aussteigt,<br />

sieht sich außerdem schnell dem Vorwurf ausgesetzt,<br />

dass der wirkliche Grund das schlechte<br />

eigene Abschneiden ist. Den<br />

Eindruck wollen wir nicht<br />

erwecken. Im Übrigen gibt<br />

es momentan auch kein besseres<br />

Ranking, das die Themen<br />

Studienzufriedenheit<br />

und Reputation aufgreift.<br />

Es gibt zwar andere Rankings,<br />

wie das DFG-Ranking<br />

oder das der Wirtschaftswoche,<br />

aber alle haben ihre<br />

Schwächen.<br />

Können Sie sich erklären,<br />

warum vor allem sozialund<br />

geisteswissenschaftliche<br />

Fächer das Ranking kritisieren?<br />

Die Sozialwissenschaften üben ja eine methodische<br />

Kritik. Die hat durchaus ihre Berechtigung.<br />

Ob etwa die zur Studienzufriedenheit<br />

befragten Studierenden eine ausreichende Repräsentativität<br />

gewährleisten, lässt sich hinterfragen.<br />

Sind es genug? Sind es die richtigen?<br />

Ist es ein sinnvoller Mix aus verschiedenen Semestern?<br />

Hier kann Kritik sinnvoll ansetzen.<br />

Was ist mit der Vergleichbarkeit zwischen<br />

einzelnen Standorten?<br />

Das ist ein weiteres Problem. Man fragt ja<br />

nicht die Studierenden, ob Aachen oder Braunschweig<br />

besser ist, sondern nach ihrer subjektiven<br />

Befindlichkeit. Vielleicht sind Braunschweiger<br />

aber nörgeliger <strong>als</strong> Aachener oder<br />

<strong>als</strong> Münchner, das wissen wir nicht.<br />

Bei aller Kritik: Freuen Sie sich denn<br />

trotzdem, wenn die TU im Ranking gut<br />

abschneidet?<br />

Das ist doch logisch. Ich bin ein glühender Anhänger<br />

jedes Rankings, das positiv für uns ist.<br />

(lacht) Rankings beeinflussen die Wahrnehmung<br />

einer Hochschule, ob uns das gefällt<br />

oder nicht.<br />

Fotos: Privat, Gramann<br />

34


Wissenschaft<br />

„Ein Problem ist die verkürzte<br />

Darstellung der Ergebnisse“<br />

Dr. Sonja Berghoff vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)<br />

über die Kritik am Ranking und Wege dieser zu Begegnen<br />

Das CHE Ranking wird derzeit heftig diskutiert.<br />

Woher kommen Ihrer Meinung nach<br />

die Missverständnisse und die Kritik am<br />

CHE-Ranking?<br />

Die verkürzte Darstellung der Ergebnisse<br />

im journalistischen Kontext u.a. auch in Berichten<br />

der lokalen Presse kann durchaus zu<br />

Missverständnissen führen. Liest man etwa<br />

nur den ZEIT-Studienführer, der zwangsläufig<br />

angesichts der Datenmenge nicht vollständig<br />

sein kann und schaut gar nicht weiter in<br />

das Online-Ranking, entgehen einem einige Informationen.<br />

Die Zugriffszahlen zeigen aber,<br />

dass die jungen Studieninteressierten auch<br />

das online-Ranking nutzen und nicht nur den<br />

Studienführer<br />

Wer misst und Rangfolgen bildet, unterstellt<br />

doch implizit, dass es ein Optimum<br />

geben müsste. Ist das nicht vielleicht auch<br />

ein Problem, dass ihrem Ranking innewohnt<br />

und immer wieder zu Kritik führt?<br />

Wir haben unterschiedliche Indikatoren und<br />

dabei keine, bei denen es ein Optimum gibt.<br />

Bei den meisten sind es relative Rangfolgen.<br />

Wir gucken <strong>als</strong>o, wer besser und wer schlechter,<br />

<strong>als</strong> der Durchschnitt ist. Das andere sind<br />

Rating-Indikatoren. Da werden vorab Grenzen<br />

gesetzt. Wenn man diese nach oben überschreitet,<br />

ist man super. Liegt man darunter,<br />

gehört man zur Schlussgruppe. Zwar gibt es<br />

kein Optimum, aber wir haben immer einen<br />

Vergleich und bei einem solchen wird immer<br />

jemand schlecht abschneiden.<br />

Sie würden <strong>als</strong>o sagen, dass weniger Ihre<br />

Erhebung <strong>als</strong> die Interpretation Ihrer Daten<br />

durch andere zur Kritik führt?<br />

Ein Ranking beobachtet nur und interpretiert<br />

nicht. Man kann aber natürlich eigene Schlüsse<br />

ziehen aus den Indikatoren. Wir weisen jedoch<br />

immer wieder darauf hin, dass unsere Daten<br />

lediglich Studieninteressenten informieren<br />

sollen. Sie dienen nicht dazu, eine Hochschule<br />

oder einen Fachbereich zu bewerten oder andere<br />

<strong>als</strong> schlecht zu betiteln. Das geben unsere<br />

Daten gar nicht her. Wir können aber niemandem<br />

verbieten mit unseren Daten weiter zu<br />

arbeiten oder sie <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage<br />

zu nutzen. Bedauerlich ist, dass unsere Daten<br />

leider immer wieder für andere Zwecke verwendet<br />

und zum Teil missbraucht<br />

werden.<br />

Kritisiert wird unter anderem,<br />

dass Sie Studierende<br />

zur persönlichen<br />

Einschätzung der Studiensituation<br />

befragen.<br />

Da gab es zum Beispiel<br />

die Psychologie in Österreich,<br />

die im Gegensatz zu<br />

Deutschland keine Zulassungsbeschränkung<br />

hat.<br />

Wenn wir dann mit unserer<br />

Befragung erfassen, dass sich zu viele Studierende<br />

auf zu wenige Studienplätze bewerben,<br />

kann das natürlich Gründe haben, die die<br />

Hochschule nicht beeinflussen kann. Das ist sicher<br />

richtig, aber trotzdem müssen deutsche<br />

Studieninteressierte wissen, dass das in Österreich<br />

eine ganz andere Studiensituation ist.<br />

Wie gehen Sie mit der Kritik um?<br />

Wir suchen den Dialog mit den betroffenen<br />

Fachgruppen und Fächern in Workshops und<br />

Arbeitsgruppen. Ich muss sagen, die Kritik<br />

macht zwar viel Arbeit, aber bisher hat sie<br />

auch immer Verbesserungen gebracht. Wir<br />

haben beispielsweise die Ampelfarbgebung<br />

verändert und verzichten nun auf das negativ<br />

besetzt ‚rot‘ für die Schlussgruppe. Auch<br />

wird es in naher Zukunft für Bachelor-, Master-<br />

und Promotionsstudierende unterschiedliche<br />

Kriterienprofile geben. Dadurch möchte<br />

das CHE den unterschiedlichen Bedürfnissen<br />

der Interessengruppen besser gerecht werden.<br />

Glauben Sie denn, dass ein Studienanfänger,<br />

all diese Dimensionen erfassen kann?<br />

Der wird sich auf bestimmte Faktoren konzentrieren,<br />

die ihn interessieren. Die Studienanfänger<br />

gucken vielleicht nach Studierendenurteilen<br />

und ihnen sagen ein Publikationsindikator<br />

oder Forschungsgelder relativ wenig. Aber<br />

wenn man dann die nächste Stufe anschaut,<br />

nach dem Bachelor zum<br />

Master oder zu einer Promotion<br />

hin, da werden<br />

dann andere Indikatoren<br />

interessanter. Und ich<br />

denke, da wird auch unser<br />

Weg hingehen, dass es für<br />

verschiedene Studieninteressentengruppen<br />

verschiedene<br />

Indikatorensets gibt.<br />

Das heißt Sie glauben,<br />

dass ein Studienanfänger<br />

mit dem CHE Ranking<br />

eine gute Entscheidungshilfe bei der Studienplatzsuche<br />

an der Hand hat?<br />

Ich sage Studienanfängern immer, dass das<br />

CHE eine Hilfe sein kann, aber dass man sich<br />

durchaus noch vor Ort informieren sollte. Also<br />

zu den Hochschulen hinfahren, sich Material<br />

beschaffen. Die Adressen sind ja auch im Ranking<br />

enthalten. Unser Ranking kann eine Hilfe<br />

sein. Es sollte aber eben nicht die alleinige<br />

Entscheidungsbasis liefern.<br />

Es gibt noch andere Rankings. Was macht<br />

das CHE besser <strong>als</strong> die anderen?<br />

Die internationalen Rankings verwenden ein<br />

völlig anderes Vorgehen und arbeiten nicht<br />

mit unserem multidimensionalen Ansatz. Bei<br />

uns wird nicht nur ein Einzelwert erfasst, der<br />

dann einen ganzen Fachbereich abbildet, sondern<br />

unser Typ Ranking mit vielen verschiedenen<br />

Indikatoren und Datenquellen erfasst eine<br />

Vielzahl von Kriterien. Das ist der Verdienst<br />

des CHE Rankings. Im Grunde kann man sagen,<br />

die anderen haben da von uns abgeguckt.<br />

Das CHE-Ranking war wegweisend für viele<br />

nationale Rankings. #<br />

35


Wissenschaft<br />

Markenduell<br />

Was<br />

Zum zweiten Mal haben die Dienstleistungsforscher der TU Braunschweig die<br />

Wahrnehmung der Bundesligavereine untersucht. Rund 4000 Bundesbürger<br />

wurden dazu befragt. Mit Jan Dreisbach sprachen wir über die Ergebnisse.<br />

Von Holger Isermann<br />

ist der Antrieb für die Fußballstudie<br />

gewesen?<br />

Das Markenmanagement von Fußballvereinen<br />

ist für uns <strong>als</strong> Dienstleistungsforscher besonders<br />

interessant, da hinter dem Erfolg von<br />

Vereinsmarken ein komplexes Zusammenspiel<br />

zahlreicher Faktoren steckt und keineswegs<br />

nur der sportliche Erfolg. Das zeigt unter anderem<br />

das erneut gute Abschneiden des Fußball-Zweitligisten<br />

FC St. Pauli.<br />

Welche Faktoren stehen denn hinter dem<br />

Erfolg von Vereinsmarken?<br />

Sehr wichtig ist sicherlich der Prozess der Bestimmung<br />

und Umsetzung der Markenstrategie.<br />

Wofür steht mein Verein? Was macht ihn<br />

besonders? Wie soll mein Verein in meinen<br />

Zielgruppen wahrgenommen werden? Wie<br />

kann ich diese Markenwahrnehmung erreichen?<br />

Aus diesen Kernfragen sollten sich dann<br />

eine klare Markenstrategie sowie entsprechende<br />

Umsetzungsmaßnahmen ableiten lassen.<br />

Hilfreich ist es zudem, wenn wichtige Repräsentanten<br />

wie Spieler, Trainer und Manager<br />

die Markenwerte des Vereins authentisch verkörpern<br />

und somit der Marke ein Gesicht geben.<br />

In der Fußball-Bundesliga sind hier BVB-<br />

Coach Jürgen Klopp oder SC Freiburg Trainer<br />

Christian Streich, aber vor den Vorwürfen der<br />

Steuerhinterziehung auch Uli Hoeneß <strong>als</strong> Präsident<br />

des FC Bayern München <strong>als</strong> passende<br />

Beispiele zu nennen.<br />

Schadet die Steueraffäre von Uli Hoeneß der<br />

Marke FC Bayern München?<br />

Die Vorwürfe der Steuerhinterziehung wurden<br />

erst nach der Erhebung der Fußballstudie bekannt,<br />

von daher können wir hier keine datengestützte<br />

Einschätzung abgeben. Jedoch erscheint<br />

es mir nicht <strong>als</strong> unwahrscheinlich, dass<br />

auch die Vereinsmarkenwahrnehmung durch<br />

einen solchen Vorfall negativ beeinflusst werden<br />

kann. Der FC Bayern München steht für<br />

eine integere und glaubwürdige Führung – die<br />

aktuellen Vorwürfe der Steuerhinterziehung<br />

stehen diesem Bild jedoch entgegen.<br />

Was nützt einem Verein die Tatsache, dass<br />

er im Markenranking gut abschneidet?<br />

In der Fußball-Bundesliga ist die Entwicklung<br />

zu erkennen, dass die Vereine Ressourcen in<br />

ein professionelles Markenmanagement investieren<br />

und entsprechende Kompetenzen aufbauen.<br />

Letztlich muss es das Ziel der Vereine<br />

Fotos: Friedemann Vogel/Getty Images, Privat<br />

36


Wissenschaft<br />

Jan Dreisbach kam aus der<br />

Sponsoringberatung an die TU<br />

Braunschweig. Er forscht und<br />

promoviert am Lehrstuhl für<br />

Dienstleistungsmanagement im<br />

Bereich Sponsoring.<br />

sein, die Abhängigkeit der Einnahmesituation<br />

des Vereins vom sportlichen Erfolg möglichst<br />

weit zu reduzieren und noch bestehende<br />

Marktpotenziale zu heben. Eine starke Marke<br />

bzw. Markenwahrnehmung kann beispielsweise<br />

dem Verein dazu verhelfen, neue Sponsoren<br />

für den Verein zu gewinnen oder auch<br />

bestehende Sponsoringpartner weiterhin an<br />

den Verein zu binden oder gar die Beziehung<br />

finanziell noch auszubauen. Weitergehend gelingt<br />

es Vereinen mit einer positiven Markenausstrahlung<br />

aber auch einfacher, neue Fans<br />

zu gewinnen und die Fanloyalität bestehender<br />

Fans zu erhöhen, was sich wiederum primär<br />

in höheren Einnahmen aus dem Bereich Ticketing<br />

und Merchandising niederschlagen sollte.<br />

Beeinflusst ein positives Image auch die Medienberichterstattung<br />

über einen Verein?<br />

Gewiss. Beispielsweise stand Borussia Dortmund<br />

in dieser Saison stark im Betrachtungsfokus<br />

ausländischer Medien. Hierdurch wird<br />

Borussia Dortmund mehr und mehr auch für<br />

international ausgerichtete Sponsoren interessant,<br />

wie der jüngste Abschluss der Sponsoringpartnerschaft<br />

mit Turkish Airlines zeigt.<br />

Werder Bremen ist in diesem Jahr der<br />

große Verlierer Ihres Rankings. Sehen<br />

Sie einen Zusammenhang mit dem neuen<br />

Hauptsponsor Wiesenhof?<br />

Ich denke, dass Werder Bremen sowohl auf<br />

dem Platz <strong>als</strong> auch in der Außendarstellung<br />

des Vereins nicht mehr mit dem Werder Bremen,<br />

das wir noch vor Jahren kannten, übereinstimmt.<br />

Werder Bremen hat bisher immer<br />

von einem positiven Vereinsmarkenfundament<br />

profitiert, das jetzt aber anscheinend ein wenig<br />

bröckelt. Inwiefern die Partnerschaft mit Wiesenhof<br />

zu einer schlechteren Vereinswahrnehmung<br />

von Werder Bremen führt, ist anhand<br />

der erhobenen Daten der Fußballstudie nicht<br />

explizit zu beantworten. Jedoch muss sich ein<br />

Verein bei der Auswahl seiner Sponsoringpartner<br />

stets bewusst sein, dass auch ein negativer<br />

Imagetransfer von der Sponsoren- auf die Vereinsmarke<br />

stattfinden kann. Dies halte ich gerade<br />

in einer Konstellation wie bei Wiesenhof<br />

und Werder Bremen für möglich.<br />

Was macht eigentlich den Erfolg der Marke<br />

St. Pauli aus? Der Markenname scheint sich<br />

fast vom Fußball emanzipiert zu haben…<br />

Das Image von St. Pauli ist zu einem großen<br />

Teil faninitiiert und wurde irgendwann vom<br />

Verein aufgegriffen und <strong>als</strong> Marke etabliert.<br />

Dazu gehört etwa der Totenkopf <strong>als</strong> Markensymbol.<br />

St. Pauli ist irgendwie anders, St. Pauli<br />

ist rebellisch und mittlerweile auch ein bisschen<br />

Lifestyle. Wenn jemand <strong>als</strong>o ein T-Shirt<br />

des Vereins trägt oder eine Kaffeetasse des Vereins<br />

im Schrank stehen hat, muss er nicht zwingend<br />

großer Anhänger des Vereins sein.<br />

Die Braunschweiger Eintracht springt im<br />

Ranking auf Platz 18 und ist damit sozusagen<br />

Bundesligaschlusslicht. Wie lässt sich<br />

das Image des Vereins skizzieren?<br />

Ich glaube, diese Interpretation wird der<br />

Vereinsmarkenwahrnehmung von Eintracht<br />

Braunschweig nicht ganz gerecht. Die positive<br />

zurückliegende Entwicklung des Vereins findet<br />

auch in den diesjährigen Daten der Fußballstudie<br />

Bestätigung. Insbesondere hinsichtlich der<br />

erzielten Markeneinstellung zeigt sich die Eintracht<br />

auf Rang 14 - knapp hinter dem lokalen<br />

Rivalen Hannover 96 (12. Rang), aber noch vor<br />

dem VfL Wolfsburg (19. Rang) - schon erstligareif.<br />

Im Gesamtmarkenranking muss der BTSV<br />

aufgrund der geringeren Vereinsbekanntheit<br />

jedoch beide lokalen Vereine noch an sich vorbeiziehen<br />

lassen. #<br />

Rang Verein markenindex r*<br />

1 Borussia Dortmund 70,53 + 8,12 ± 0<br />

2 FC Bayern München 58,84 – 0,98 ± 0<br />

3 FC St. Pauli 55,10 + 0,14 + 1<br />

4 FC Schalke 04 53,68 + 3,25 + 2<br />

5 Bayer 04 Leverkusen 53,31 + 7,67 + 5<br />

6 Hamburger SV 52,26 + 3,37 + 2<br />

7 VfB Stuttgart 51,09 + 4,09 + 2<br />

8 Bor. Mönchengladbach 50,95 – 2,34 – 3<br />

9 Werder Bremen 50,94 – 5,02 – 6<br />

10 SC Freiburg 50,72 + 7,40 + 6<br />

11 1. FC Nürnberg 49,43 + 0,49 – 4<br />

12 1. FC Köln 48,78 + 3,81 ± 0<br />

13 Hannover 96 48,62 + 4,27 + 2<br />

14 Eintracht Frankfurt 47,92 + 2,93 – 3<br />

15 1. FSV Mainz 05 47,78 + 4,65 + 2<br />

16 1. FC Kaiserslautern 45,80 + 1,08 – 3<br />

17 VfL Wolfsburg 45,67 + 5,85 + 3<br />

18 Eintracht Braunschweig 44,86 + 3,49 + 1<br />

19 Hertha BSC Berlin 43,66 – 0,82 – 5<br />

20 Fortuna Düsseldorf 42,06 + 2,84 + 3<br />

21 TSV 1860 München 40,48 + 2,52 + 4<br />

22 FC Augsburg 39,18 + 0,96 + 2<br />

23 1899 Hoffenheim 39,01 – 2,95 – 5<br />

24 VfL Bochum 38,35 neu neu<br />

25 MSV Duisburg 36,95 neu neu<br />

26 SpVgg Greuther Fürth 35,58 – 4,20 – 5<br />

27 Dynamo Dresden 35,21 – 4,26 – 5<br />

28 1. FC Union Berlin 33,89 neu neu<br />

29 FSV Frankfurt 33,67 neu neu<br />

30 FC Energie Cottbus 33,33 neu neu<br />

31 FC Erzgebirge Aue 30,10 neu neu<br />

32 SC Paderborn 07 26,91 neu neu<br />

33 FC Ingolstadt 04 25,61 neu neu<br />

34 VfR Aalen 25,28 neu neu<br />

35 SSV Jahn Regensburg 24,76 neu neu<br />

36 SV Sandhausen 20,34 neu neu<br />

* Veränderung im Markenindex sowie in der Platzierung im Vereinsmarkenranking<br />

gegenüber den Ergebnissen der Fußballstudie 2012<br />

Tabelle: Vereinsmarkenranking der Fußballstudie 2013<br />

37


Gründerstipendium<br />

Die systematische Überführung<br />

der wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

in innovative Produkte<br />

und Dienstleistungen ist eine der<br />

wichtigsten Voraussetzungen nachhaltiger<br />

Wettbewerbsfähigkeit deutscher<br />

Volkswirtschaft. Das EXIST-Gründerstipendium<br />

verfolgt das Ziel, die jungen<br />

Akademiker in der Vorgründungsphase<br />

(Pre-Seed und Seed) zu unterstützen,<br />

damit die in den Hochschulen gewonnenen<br />

Kenntnisse in Startups münden<br />

können.<br />

Early Stage<br />

Pre-Seed Seed Start-Up<br />

Gerade diese Phase zeigt sich <strong>als</strong> komplex<br />

und risikohaft. Neue Forschungsergebnisse<br />

und innovative Ansätze für<br />

die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

in der Wirtschaft gehen deshalb<br />

verloren, weil die Gründer in der<br />

anfänglichen Gründungsphase die Investitionen<br />

finanzieren und selbst für<br />

ihre wirtschaftliche Existenz sorgen<br />

müssen. Hier sind attraktive Jobangebote<br />

der Industrie ein weiterer Faktor, der<br />

das Gründungsengagement der Absolventen<br />

und Doktoranden einschränkt.<br />

Mit einem Stipendium bis zu 2400<br />

Euro im Monat für die Dauer eines Jahres<br />

und weiteren 17000 Euro Zuschuss<br />

für Sachinvestitionen werden Anreize<br />

für die Gründung von Startups aus<br />

den Hochschulen geschaffen. Gründerteams<br />

bis zu drei Personen werden im<br />

Rahmen des Programms gefördert.<br />

Die Voraussetzung für den Erhalt des<br />

Gründerstipendiums ist, dass die Gründungsidee<br />

innovativ ist und die Verwertung<br />

wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

zum Ziel hat. Etwa über die Hälfte der<br />

Anträge wird vom Bundeswirtschafts-<br />

Kolumne<br />

Prof. Reza Asghari<br />

gibt an dieser Stelle<br />

Einblicke in die Welt<br />

des Entrepreneurships.<br />

Hier erklärt er die<br />

Chancen des Exist-<br />

Gründerstipendiums.<br />

ministerium positiv entschieden. Die<br />

Studierenden und Absolventen der Ostfalia<br />

Hochschule und TU Braunschweig<br />

sind in der Vergangenheit mehrfach in<br />

den Genuss des Gründerstipendiums<br />

gekommen. „Capical“ und „Askozia“<br />

sind Beispiele für Startups beider Hochschulen,<br />

die im Vorfeld ihrer Gründungen<br />

dieser Förderung erhalten haben.<br />

Weitere Informationen zur formalen<br />

Beantragung des Stipendiums sind erhältlich<br />

unter →www.exist.de<br />

Mehr Informationen unter:<br />

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Ihre Ansprechpartnerin ist Frau Andrea Henning.


Karriere<br />

Neustart IT<br />

Ein KooperationsProjekt der TU Braunschweig und der IHK ermöglicht<br />

Studienabbrechern der Informatik eine kürzere Ausbildungszeit<br />

Von Holger Isermann<br />

Früher einmal galten Studienabbrecher<br />

<strong>als</strong> schwer vermittelbar. In<br />

Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels<br />

allerdings rücken die<br />

unvollendeten Akademiker immer<br />

mehr in den Blickpunkt der Arbeitgeber.<br />

Zumal, wenn sie Erfahrungen<br />

in Arbeitsmarktsegmenten<br />

gesammelt haben, die<br />

seit Jahren leergefegt sind.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die<br />

IT-Branche. Die Industrieund<br />

Handelskammern aus<br />

Braunschweig und Hannover<br />

haben deshalb jetzt mit<br />

der TU Braunschweig das<br />

Modellprojekt „Neustart<br />

IT“ ins Leben gerufen. Wer<br />

mindestens zwei Semester<br />

an einer Hochschule Informatik<br />

studiert und 20 Leistungspunkte<br />

erworben hat,<br />

kann ab diesem Jahr die<br />

Ausbildungszeit zum Fachinformatiker<br />

um mindestens<br />

ein Jahr verkürzen.<br />

Potenzielle Bewerber für<br />

das Projekt müsste es eigentlich<br />

zahlreich geben.<br />

Laut einer Studie der Hochschul-Informations-System<br />

GmbH (HIS) liegt die<br />

Abbrecherquote im Fach Informatik mit<br />

47 Prozent weit über dem Durchschnitt.<br />

„Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig.<br />

F<strong>als</strong>che Erwartungen, Schwierigkeiten<br />

mit dem Stoff aber auch<br />

Finanzierungsprobleme sind Ursachen“,<br />

erklärt Soziologe Markus Voitel,<br />

der das Projekt an der TU betreut.<br />

Nicht selten hapert es auch am Vorwissen.<br />

Durchfallquoten von bis zu 88 Prozent<br />

im Mathevorkurs der TU deuten je-<br />

denfalls an, dass der Übergang von der<br />

Schule an die Uni für viele Studienanfänger<br />

zur Herausforderung wird. Mit<br />

Mathe hatte der Braunschweiger Andre<br />

Biel keine Probleme. „Es war eher die<br />

Freiheit. Das Studium ist dann so vor<br />

sich hin geplätschert. Mir fehlte einfach<br />

Mehr Infos unter →is.gd/NeustartIT<br />

ein wenig die Perspektive und Reife für<br />

das selbstständige Arbeiten.“ Nach fünf<br />

Semestern Informatikstudium an der<br />

TU Braunschweig hat der heute 26-Jährige<br />

schließlich eine Ausbildung zum<br />

Fachinformatiker begonnen. Dam<strong>als</strong><br />

gab es das Projekt „Neustart IT“ noch<br />

nicht und Biel organisierte sich selbstständig<br />

eine Ausbildungszeitverkürzung<br />

um ein halbes Jahr.<br />

Rund ein Drittel der Abbrecher gehen<br />

diesen Weg und beginnen eine Ausbildung,<br />

genauso viele schaffen den Quereinstieg<br />

in den Beruf und der Rest versucht<br />

sich in der Selbstständigkeit,<br />

absolviert ein Praktikum oder meldet<br />

sich arbeitslos. „Hätte es den Neustart<br />

IT dam<strong>als</strong> schon gegeben, wäre es für<br />

mich natürlich leichter gewesen. Ein<br />

großer Vorteil ist der Kontakt zu anderen<br />

Studienabbrechern,<br />

weil man merkt, dass man<br />

nicht alleine ist und sich<br />

nicht schämen muss“, sagt<br />

Biel. Das größte Problem<br />

für Voitel und die Projektpartner<br />

ist die Kontaktaufnahme<br />

mit den ehemaligen<br />

Studierenden. Der Großteil<br />

von ihnen exmatrikuliert<br />

sich nicht per Antrag, sondern<br />

verschwindet einfach.<br />

„Wir haben <strong>als</strong>o keine Adresse<br />

oder Möglichkeit sie<br />

über unser Projekt zu informieren“,<br />

betont Voitel. Das<br />

ist doppelt tragisch. Denn<br />

allein in der Region gibt<br />

es mehr <strong>als</strong> 70 freie Ausbildungsplätze<br />

zum Fachinformatiker,<br />

die Studienabbrechern<br />

eine Perspektive<br />

bieten und schließlich Fachkräfte in<br />

der Region halten könnten. Auch darum<br />

geht es bei „Neustart IT“.<br />

Andre Biel sieht seinen zweijährigen<br />

Umweg über die Universität mittlerweile<br />

gelassener. „Man geht ja nicht durch<br />

das Studium und kriegt überhaupt<br />

nichts mit. Gegenüber anderen Auszubildenden<br />

habe ich in der Regel einen<br />

Wissensvorsprung.“ Selbst ein Studium<br />

kann er sich mittelfristig noch einmal<br />

vorstellen. „Erstmal steht nach der Ausbildung<br />

aber arbeiten an.“ #<br />

Foto: HerrKrueger<br />

40


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Karriere<br />

Am Anfang einer Seitenstraße<br />

der Celler Straße schlägt Braunschweigs<br />

Herz des Horrors –<br />

hier liegt die Zentrale von Marctropolis.<br />

Richtig produktiv sieht es hier aus: Computer<br />

und große Bildschirme zieren die<br />

schlichten Tische, aber auch jede Menge<br />

Film-Accessoires wie Papp-Aufsteller,<br />

Poster und Plattencover stehen säuberlich<br />

angeordnet in den hohen Regalen.<br />

„Wir sind eine Agentur für Hörspiele,<br />

Design und Filme, die auch <strong>als</strong> Verlag<br />

fungiert“, erklärt Marc Fehse, der Industrial<br />

Design an der HBK studiert hat<br />

und heute mit seinem Bruder Carsten<br />

auf vielen kreativen Hochzeiten tanzt.<br />

Angefangen hatte es mit der Idee, einen<br />

selbst ausgedachten Film zu produzieren.<br />

Dam<strong>als</strong> war Marc noch Student,<br />

Carsten arbeitete <strong>als</strong> Koch. Schnell stellte<br />

sich heraus, dass ein Film zu teuer ist<br />

und so entschieden sie sich für ein Hörspiel.<br />

Marctropolis war geboren. Mittlerweile<br />

haben die beiden Brüder in<br />

fünfzehn Jahren vom Hörbuch namens<br />

„Skinwalker“ bis zum „Art of Nature“-<br />

Film schon über 1000 Werke publiziert<br />

und können von ihrer Arbeit leben.<br />

Der neueste Streich ist ein Kurzfilm<br />

namens „Spores“ und spielt in einer kanadischen<br />

Kleinstadt. Die dortigen Bewohner<br />

werden in einem Bergwerk von<br />

Sporen aus einer unterirdischen Höhle<br />

infiziert und mutieren zu Monstern, die<br />

andere Menschen infizieren. „Uns war<br />

es wichtig, dass es nicht zu einem typischen<br />

Zombie-Ding wird, sondern eine<br />

neue Art von Horror erzeugt“, erklärt<br />

Carsten Fehse. Als Inspiration diente<br />

eine die brasilianischen Urwald vorkommende<br />

Pilzart „Ophiocordyceps<br />

unilateralis“. Diese setzt ihre Sporen<br />

auf die dort lebenden Ameisen und kontrolliert<br />

nach der Infektion das „Opfer“<br />

über Veränderungen im Gehirn. Die<br />

quasi fremdgesteuerten Ameisen arbeiten<br />

danach gegen ihren eigenen Stamm<br />

und infizieren andere Ameisen.<br />

Genau das passiert auch den Bewohnern<br />

der kleinen Stadt, sie werden zu so<br />

genannten „Sporeheads“. Im Film darf<br />

natürlich die Optik nicht zu kurz kommen,<br />

den Infizierten wachsen schwarze<br />

„Wurzeln“ aus dem Gesicht, ihre Au-<br />

Horror-<br />

Brüder<br />

Marc und Carsten Fehse drehen „Spores“<br />

Von Michaline Saxel<br />

Fotos: Marctropolis<br />

42


Karriere<br />

Die Gebrüder Fehse am Set von „Spores“<br />

gen werden schwarz und ihr Atem speit<br />

schwarze Pollen.<br />

Grund genug dort ein Praktikum zu<br />

beginnen, dachte sich Horrorfan Lars<br />

Bernert von der Ostfalia Hochschule.<br />

Der Mediendesign-Student ist seit einigen<br />

Wochen mit „sehr viel Spaß“ dabei,<br />

auch wenn er schon mal <strong>als</strong> Auffangpolster<br />

für Stunts der Schauspieler<br />

herhalten musste. Gedreht<br />

wurde der Film<br />

jedoch nicht in Kanada,<br />

sondern in einem Filmstudio<br />

in Braunschweig<br />

sowie im Harz, wo die<br />

Filmcrew sogar einen<br />

Autounfall samt Explosion<br />

inszenierte. Die Szenen<br />

unter Tage drehten<br />

die Braunschweiger in<br />

einer Mine in Schulenberg.<br />

„Der Sohn des Minenbesitzers<br />

war zum Schluss sogar<br />

Horror-Fan, das war schon lustig“, erzählt<br />

Marc Fehse.<br />

Als Schauspieler konnten Szenegrößen<br />

wie Damian Chapa (Blood in,<br />

Blood out) und Thomas Morris (Illuminati)<br />

gewonnen werden. Doch leider<br />

müssen sich Fans des Genres noch gedulden,<br />

denn die Fertigstellung ist erst<br />

im nächsten Jahr geplant. Dann möchten<br />

die Brüder mit „Spores“ zum Kurzfilmfestival<br />

nach Cannes zugelassen<br />

werden, um dort weitere Kontakte zu<br />

knüpfen und bald noch mehr Filme produzieren<br />

zu können.<br />

Weitere Informationen zum Kurzfilm<br />

gibt es unter →sporesthemovie.com #<br />

Deine Diskussionsrunde<br />

Campus Talk<br />

Perspektive trotz Sparzwang?<br />

Welchen Weg die HBK jetzt gehen sollte …<br />

Schick uns deine Fragen<br />

bitte bis zum 20.6. an<br />

→ studi38@bzv.de<br />

Weitere Infos unter<br />

Tel.: 0531/39 00 193<br />

Den<br />

Ausstrahlungstermin<br />

erfahrt<br />

ihr über unsere<br />

Facebook-<br />

Seite


Karriere<br />

Aus dem<br />

Nähkästchen…<br />

… der Personaler<br />

Fotos: LederundSpitze, Privat<br />

Dein Bewerber, das<br />

unbekannte Wesen<br />

Von Markus Rottwinkel & Frank Gießelmann, Salzgitter AG<br />

Warum in aller Welt finden<br />

Personaler ihren Job eigentlich<br />

interessant, wenn<br />

es um das Führen von Vorstellungsgesprächen<br />

geht? Ist es nicht eine Wiederholung<br />

des ewig Gleichen? Ein gut<br />

informierter Bewerber erscheint in angemessener<br />

Kleidung rechtzeitig zum<br />

Gespräch. Er/sie verhält sich höflichprofessionell<br />

und erwartet dies auch<br />

von seinem Gegenüber. Es werden klare<br />

Fragen gestellt und klare Antworten<br />

gegeben, schließlich wissen alle um Ziel<br />

und Bedeutung des Termins. Man gibt<br />

sich Mühe miteinander, will es auch<br />

mal genau wissen und vergisst niem<strong>als</strong><br />

eine eindeutige Vereinbarung, wie weiter<br />

vorzugehen ist. Und so läuft das immer<br />

und immer wieder ab.<br />

Nein, tut es nicht.<br />

Die unterschiedlichen spannenden Lebensläufe<br />

einmal völlig ausgeblendet,<br />

ist das Vorstellungsgespräch mit Sicherheit<br />

das Überraschungsei im Berufsleben<br />

eines Personalers. Wir reden hier<br />

nicht etwa von Bewerbern, die nach<br />

Markus Rottwinkel & Frank Gießelmann<br />

dem Termin von ihrer Mutter mit dem<br />

Pausenbrot auf dem Parkplatz erwartet<br />

werden. Wir meinen auch nicht diejenigen<br />

unter unseren Gästen, die nach<br />

dem Betreten des Werkgeländes plötz-<br />

44


Karriere<br />

Copy-Paste-Fehler sind häufig<br />

Von Tobias Brunkhorst, David Software GmbH<br />

Dass man <strong>als</strong> Personaler in Bewerbungsanschreiben<br />

mit<br />

dem Namen eines anderen angesprochen<br />

wird oder ein Bewerber<br />

eine andere Firma <strong>als</strong> Adressat nennt,<br />

kommt wirklich schon häufiger vor.<br />

Das resultiert in der Regel aus Copy-<br />

Paste-Fehlern bei Massenbewerbungen.<br />

Ich hatte jedoch mal einen Bewerber<br />

im Vorstellungsgespräch, der scheinbar<br />

nicht mehr wusste, bei welcher Firma<br />

er sich gerade vorstellt. Erst <strong>als</strong> er<br />

in den ersten 15 Minuten des Vorstellungsgesprächs<br />

zum dritten Mal sagte,<br />

wie sehr er sich für die Arbeit bei der<br />

Firma XY interessieren würde, habe<br />

ich ihn auf seinen Irrtum hingewiesen.<br />

Ein weiteres amüsantes Beispiel eines<br />

Copy-Paste-Fehlers fand ich in der Bewerbung<br />

eines jungen Absolventen. Im<br />

Anschreiben einer sehr guten elektronischen<br />

Bewerbung verwies mich der<br />

Kandidat auf einen Link, hinter dem<br />

sich nach seinen Worten seine komplet-<br />

ten Bewerbungsunterlagen in digitaler<br />

Form zum Download verbergen sollten.<br />

Als ich auf den sehr langen und kryptisch<br />

wirkenden Link klickte, meldete<br />

der Smartfilter meines Browsers „Zugriff<br />

verweigert“. Als ich mir jetzt den<br />

Link genauer anschaute, stellte ich fest,<br />

dass er auf die Homepage eines Erotikport<strong>als</strong><br />

führte.<br />

Sehr interessant sind regelmäßig Bewerbungen,<br />

die nicht wirklich „ernst<br />

gemeint“ sind. Hintergrund sind häufig<br />

behördliche Aufforderungen zur Bewerbung,<br />

um weiterhin Leistungen beziehen<br />

zu dürfen. Die Bewerber lassen sich<br />

die skurrilsten Formulierungen einfallen,<br />

um auf keinen Fall zu einem Vorstellungsgespräch<br />

eingeladen zu werden:<br />

„Ich bewerbe mich bei Ihnen, weil man<br />

es mir befohlen hat“ oder „Ich möchte<br />

bei Ihnen arbeiten, weil ich dringend<br />

Geld brauche“ sind schon fast Standard.<br />

In Erinnerung blieb mir jedoch die Beschreibung<br />

der bevorzugten Freizei-<br />

Tobias Brunkhorst<br />

taktivitäten eines Bewerbers, der die<br />

Worte „ich trinke gern mal einen, siehe<br />

Anlagen“ verwendete. Im Anhang<br />

der Bewerbung befanden sich dann tatsächlich<br />

mehrere ausgedruckte Fotos,<br />

auf denen eine stets wechselnde Gruppe<br />

deutlich erkennbar alkoholisierter<br />

Menschen in verschiedensten Locations<br />

abgelichtet war. Nur ein Gesicht war auf<br />

jedem Foto präsent und jeweils mit Rotstift<br />

gut erkennbar umkreist – das war<br />

scheinbar mein Bewerber. #<br />

lich mitsamt Auto spurlos verschwunden<br />

sind. Personaler sind ja generell<br />

wesentlich toleranter <strong>als</strong> ihr Ruf. Mit<br />

Turnschuhen, Branding oder Irokesenschnitt<br />

konnte man die Personalchefs<br />

in den frühen 1960ern erschrecken (das<br />

Branding war nicht erfunden, soweit<br />

wir uns erinnern). Heutzutage muss<br />

man schwerere Geschütze auffahren.<br />

Nehmen wir folgenden Dialog:<br />

Herr Krüger, Sie haben viel von ihren Erfolgen<br />

gesprochen, uns würde interessieren,<br />

wie Sie mit Misserfolgen umgehen. Haben<br />

Sie mal ein Beispiel für eine kritische Situation,<br />

mit der Sie umgehen mussten?<br />

Ja, <strong>als</strong>o, meine Freundin hat mich verlassen.<br />

Okay, wir wollen da nicht zu sehr auf Ihr<br />

Privatleben eingehen, haben Sie vielleicht<br />

ein Beispiel aus der Uni?<br />

Nee, das war schon hart. Außerdem war sie ja<br />

schwanger. Sie ist dann gleich bei<br />

einem anderen eingezogen.<br />

Gut …<br />

Das war ja noch nicht alles: Als ich nach Hause<br />

kam, hat mein Vater mir <strong>als</strong> erstes vorgerechnet,<br />

was mich das an Alimenten kostet<br />

nach der Düsseldorfer Tabelle. Jetzt brauch<br />

ich natürlich nen Job.<br />

Ehrlichkeit und Offenheit im Bewerbungsgespräch<br />

sind ja grundsätzlich<br />

richtig. Manchmal schießen aber die<br />

Gesprächspartner weit über das Ziel hinaus.<br />

Hier ein weiteres Beispiel: die Frage<br />

war: Warum haben Sie sich bei uns<br />

beworben? Die Antwort lautete: “Ich<br />

habe gehört, die Kantine soll bei Ihnen<br />

so gut sein.“ Da ist die Motivationslage<br />

schnell klar.<br />

Einen unvergesslichen Eindruck hinterließ<br />

auch die Bewerbungsunterlage<br />

eines Juristen, der sein halbseitiges Anschreiben<br />

mit nicht weniger <strong>als</strong> 26 Fußnoten<br />

ergänzte. Darin stellte er Fragen<br />

nach der Anzahl der ihm zustehenden<br />

Grünpflanzen, nach der Größe des Arbeitszimmers<br />

und der Anzahl der Fenster,<br />

nach der Kategorie der buchbaren<br />

Mietwägen – um nur ein paar zu nennen.<br />

Das Anschreiben endete mit der Information,<br />

dass eine Einladung zum Gespräch<br />

seinerseits nur akzeptiert werde,<br />

wenn im Vorfeld die gestellten Fragen<br />

zu seiner vollsten Zufriedenheit beantwortet<br />

würden.<br />

Ehrlich gesagt, haben wir uns diese<br />

Mühe gespart und mit einem netten<br />

Antwortschreiben diesen Kontakt<br />

beendet.<br />

Glückauf! #<br />

45


Karriere<br />

Benrocks<br />

Aus dem Leben eines Kulturjournalisten<br />

Von Benjamin Foitzik<br />

Montag, 10 Uhr morgens, Arbeitsbeginn.<br />

Man nimmt sich<br />

einen (Gratis-)Kaffee, gibt sein<br />

Handy beim Sicherheitsteam ab, lässt<br />

Leibesvisitation und Metalldetektor<br />

über sich ergehen,<br />

setzt sich in den Sessel und<br />

gegebenenfalls eine 3D-Brille<br />

auf die Nase. Manchmal mit<br />

fünf, manchmal mit 50 anderen<br />

Journalisten im Kinosaal<br />

– je nachdem, wie hoch<br />

der Geheimhaltungsfaktor<br />

der jeweiligen Produktion<br />

ist. Und dann zieht man sich<br />

zwei bis drei Stunden den<br />

neuen Tom Cruise oder den<br />

neuen Brad Pitt rein.<br />

Aber Moment, noch mal zurück zum<br />

Anfang: Hat der Typ tatsächlich „Arbeitsbeginn“<br />

geschrieben? Erdreistet er<br />

sich ernsthaft, das Privileg des Besuchs<br />

Beim Interview mit der Band Steel Panther<br />

einer exklusiven Pressevorführung eines<br />

bis dato unveröffentlichten Films<br />

<strong>als</strong> Arbeit zu bezeichnen? Ja, tut er.<br />

Auch wenn man dafür stets grollende<br />

Blicke erntet. Als Redakteur<br />

für ein Filmmagazin muss<br />

ich pro Monat beziehungsweise<br />

<strong>Ausgabe</strong> im Schnitt 30<br />

bis 40 Filme sichten – im Kinosaal<br />

oder Heimkino. Darunter<br />

sind 80 Prozent, die<br />

ich mir nie freiwillig angucken<br />

würde. Und von den<br />

restlichen Streifen sind die<br />

Hälfte hinterher eine Enttäuschung.<br />

Bleiben drei bis vier<br />

Filme im Monat, die es sich<br />

wirklich lohnt, gesehen zu<br />

Fotos: Ben Foitzik; Toni B. Gunner – www.mondkringel-photography.de<br />

46


Karriere<br />

Zwischen Genie und Wahnsinn: Tenacious D<br />

haben. Der Rest ist Arbeit und fordert<br />

seinen Preis: Nach fünf Jahren im „Business“<br />

brauche ich plötzlich eine Brille.<br />

Dass Filmegucken keine Arbeit ist,<br />

fand auch der Chef meines Ex-Arbeitgebers.<br />

Wenn man die Filme unbedingt<br />

gucken muss, dann bitte nicht während<br />

der Arbeitszeit. Und überhaupt: Wieso<br />

muss man die denn eigentlich gucken?<br />

Haben doch andere schon gemacht,<br />

kann man sich doch aus dem Internet<br />

zusammenklauen. Dass die Bewertung<br />

eines Films eh nur selten dem eigenen<br />

Empfinden, sondern vielmehr Interessen<br />

aus dem Marketing unterliegt, ist<br />

eine der ersten Lektionen, die ein Kulturredakteur<br />

lernen muss. Klassiker: Besuch<br />

des Anzeigenverkäufers in der Redaktion.<br />

„Warum hast du diesem Film<br />

nur soundsoviele Punkte gegeben? Der<br />

Anbieter ist doch Anzeigenkunde bei<br />

uns!“ Oder direkt: Anruf des Anzeigenkunden.<br />

„Wieso hat unser Film nur soundsoviele<br />

Punkte bekommen, wir<br />

schalten doch Anzeigen bei euch?“ Objektiver<br />

Journalismus muss in dieser<br />

Branche hartnäckig verteidigt werden.<br />

Immerhin: Seit drei Jahren und von der<br />

ersten <strong>Ausgabe</strong> an arbeite ich nun beim<br />

Filmmagazin BIG PICTURE, bei dem<br />

wir stolz sind sagen zu können, dass<br />

wir nicht für Anzeigen unsere Seelen<br />

verkaufen, auch wenn wir dafür stets<br />

am Rande des finanziellen Abgrunds<br />

wandeln.<br />

Um nicht <strong>als</strong> Fachidiot zu verenden<br />

und mit 40 noch geradeaus gucken zu<br />

können, entschied ich mich für ein<br />

zweites thematisches Standbein: Die<br />

Musik. Problem: Auch der Musikindustrie<br />

geht es schlecht, illegale Downloads<br />

haben das Geschäft<br />

geschädigt.<br />

Statt dem Konsumenten<br />

legale Alternativen<br />

anzubieten,<br />

hat sich<br />

die Industrie jahrelang<br />

im Tauschbörsen-Kleinkrieg<br />

aufgerieben. Mit<br />

fatalen Folgen,<br />

vor allem für die<br />

Künstler: Von Album-Verkäufen<br />

kann heute kaum noch<br />

ein Musiker leben – Touren und Merchandise-Verkauf<br />

sind das täglich Brot.<br />

Der schlechte Zustand der Musikindustrie<br />

wird direkt an uns weitergereicht:<br />

Printmagazine zahlen immer schlechter<br />

oder stehen vor dem Aus, und Online-Medien<br />

zahlen oft immer noch gar<br />

nicht. Genau wie beim Film träumen<br />

unendlich viele Hobby-Autoren davon,<br />

Musikjournalist zu sein, und bombardieren<br />

die Chefredaktionen mit Mails,<br />

in denen sie kaum einen klaren Satz<br />

formulieren können. Einige kommen<br />

trotzdem durch und drücken die Honorare<br />

für die ausgebildeten Journalisten<br />

zusätzlich nach unten.<br />

Der verbitterte Kulturjournalist versinkt<br />

in Selbstmitleid? Aus karrieretechnischer<br />

Sicht ist dieser Job keine<br />

Erfüllung. Woche für Woche heißt es<br />

hausieren und Klinken putzen. Und irgendwann<br />

kommt unweigerlich das,<br />

was jeder Journalist am meisten fürchtet:<br />

Man sitzt in einer Agentur und<br />

schrubbt lobhudelnde PR-Texte. Immerhin:<br />

Manchmal gibt es diese ganz besonderen<br />

Momente. Wenn man nach London<br />

eingeflogen wird, um beim „Game<br />

Of Thrones“-Press-Junket teilzunehmen<br />

oder man spannende, intelligente Musiker<br />

trifft, die sich nicht <strong>als</strong> abgehobene<br />

Freaks, sondern sympathische, eloquente<br />

Gesprächspartner erweisen (wie Serj<br />

Tankian oder Jared Leto). Dann trudelt<br />

unerwartet eine E-Mail von der Chefredaktion<br />

eines großen deutschen Rockmagazins<br />

ein: „Hallo, wir kennen uns<br />

nicht, aber ich habe viel Gutes von dir<br />

gehört – hättest du eventuell Zeit und<br />

Lust, für uns nach L.A. zu fliegen und<br />

Black Sabbath für eine Titelstory zu interviewen?“<br />

Also: Zwölf Stunden nach<br />

L.A. düsen, dort einen Tag mit Jetlag<br />

flachliegen und am nächsten mit einem<br />

Taxi zu einer Ranch in Malibu fahren,<br />

wo man 45 Minuten mit Ozzy Osbourne<br />

und Geezer Butler reden darf. Direkt danach<br />

wieder ins Taxi, zum Flughafen, in<br />

den Flieger und zwölf Stunden zurück.<br />

Stressfaktor: hoch. Spaßfaktor: mäßig.<br />

Fame-Faktor: gering. Stundenlohn-Faktor:<br />

besser nicht ausrechnen. Zu Hause<br />

verzweifelt man dann über besagtes<br />

Interview, weil man jeden Satz von<br />

Nuschel-Ozzy mindestens zehnmal hören<br />

muss, um ihn dechiffrieren zu können.<br />

Und wenn man schon nicht reich<br />

oder berühmt damit wird, ist doch immerhin<br />

die Mama stolz – auch wenn sie<br />

Ozzy Osbourne gar nicht kennt. #<br />

Schon während seines<br />

Medienwissenschaften-Studiums<br />

in Braunschweig heuerte<br />

Ben Foitzik beim lokalen<br />

Stadtmagazin an und stieg<br />

nach dem Abschluss dort <strong>als</strong><br />

Musikredakteur ein. Nach dem<br />

Wechsel zu einem DVD-Magazin<br />

in Hamburg wagte er schließlich<br />

den Weg in die Selbstständigkeit.<br />

Seinen fiebrigen Schreibwahn<br />

niem<strong>als</strong> befriedigend, betreibt<br />

der Mann auch einen eigenen<br />

Blog →benrocks.de<br />

47


Karriere<br />

Pixeluniversitas<br />

Coursera verspricht höchstes akademisches Niveau – und zwar Gratis<br />

​Von Luciana Tamas<br />

Die Chance dieser Generation ist,<br />

dass das Internet uns erlaubt,<br />

die Grenzen von Zeit und Raum<br />

zu überwinden. Dies führt zu einer neuen<br />

Architektur des Wissens, in der Individuen<br />

unabhängig von räumlichen<br />

Entfernungen miteinander interagieren<br />

und ihre Denkleistung sich gegenseitig<br />

ergänzen und verlängern können. Das<br />

erstaunlichste Beispiel in diesem Sinne<br />

ist vielleicht das transnationale Projekt<br />

„CERN“, zu dessen Erfolg tausende Forscher<br />

aus der ganzen Welt aktiv beitragen.<br />

Es ist bekannt, dass das Fernstudium<br />

eine ziemlich lange Geschichte hat,<br />

seine Popularität ist jedoch exponentiell<br />

gewachsen, <strong>als</strong> die moderne Technologie<br />

die Distanzen effektiv sprengte.<br />

Ein neues Stadium des Fernstudiums<br />

wurde <strong>als</strong>o das Online-Studium – ein<br />

Konzept, das von zahlreichen Institutionen<br />

eingeführt wurde; die einzigen<br />

Voraussetzungen sind, die Gebühren zu<br />

bezahlen und einen Computer mit Internetanschluss<br />

zu besitzen. Da diese<br />

Bildungsform zwar attraktiv, aber teuer<br />

ist, haben einige Anleger aus dem Silicon<br />

Valley – zusammen mit der Stanford<br />

University – Coursera entwickelt.<br />

Die Initiatoren waren zwei junge Professoren,<br />

Daphne Koller und Andrew Ng.<br />

„Wir gründeten Coursera, mit dem Ziel,<br />

die besten Kurse der besten Dozenten<br />

an den besten Universitäten Menschen<br />

rund um die Welt kostenlos anzubieten“,<br />

sagt Daphne Koller, in einer Präsentation<br />

dieses globalen Projekts. Das<br />

Prinzip nennt sich „Massive Open Online<br />

Course“, kurz MOOC. Wie sich die<br />

Überwindung von Zeit und Raum ganz<br />

konkret auswirkt, hat Andrew Ng bei<br />

seinem Kurs „Machine Learning“ an der<br />

Stanford University erfahren. Normalerweise<br />

unterrichtet er rund 400 Studierende.<br />

Bei der Übertragung seines<br />

Kurses über die Coursera-Plattform haben<br />

sich dagegen 100.000 Teilnehmende<br />

registriert. Um diese Anzahl von Zuhörern<br />

zu erreichen, müsste der junge<br />

Professor normalerweise 250 Jahre unterrichten.<br />

Nach Abschluss eines Kurses<br />

erhalten die Studierenden ein Zertifikat,<br />

das sie beispielsweise einem potentiellen<br />

Auftraggeber vorlegen können.<br />

Viele Studierende haben die Zertifikate<br />

auch bei ihren Universitäten vorgelegt<br />

und Leistungspunkte dafür angerechnet<br />

bekommen, wie Daphne Koller in<br />

derselben Präsentation erklärte (die<br />

Juni 2012 gedreht und August 2012<br />

auf www.ted.com hochgeladen wurde).<br />

Ohnehin gleichen Coursera-Kurse<br />

in einigen Punkten Veranstaltungen an<br />

normalen Universitäten: „Die Kurse beginnen<br />

an einem bestimmten Tag, es<br />

gibt wöchentlich wechselnde Einheiten,<br />

Aufgaben und Abgabetermine für<br />

die Aufgaben“, so Koller. Insgesamt stellen<br />

mittlerweile 62 Universitäten mehr<br />

<strong>als</strong> 300 Kurse via Coursera bereit. Neuerdings<br />

nehmen mit der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München und der<br />

Technischen Universität München auch<br />

zwei deutsche Hochschulen teil. Wer<br />

<strong>als</strong>o das Studium Generale verpasst hat<br />

oder immer schon mal einer internationalen<br />

Koryphäe lauschen wollte, der<br />

virtuelle Hörsaal ist nur einen „Klick“<br />

entfernt →coursera.org #<br />

Foto: Yuko Honda<br />

48


Schlussakkord<br />

Lieblings …<br />

… Album? Film? Buch?<br />

Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben!<br />

Laura Trommer<br />

Daniel Gerab Wolle<br />

Christina Zais<br />

Lieblingsalbum<br />

Seeed<br />

(Seeed)<br />

Sie können es einfach. Wenn jeder Track für<br />

sich entweder gute Laune macht, zum Aufdrehen<br />

animiert oder entspannt, dann muss am<br />

Ende auch ein tolles Album herauskommen.<br />

Lieblingsfilm<br />

Anleitung zum Unglücklichsein<br />

(Sherry Hormann)<br />

Der Film erzählt aus dem Leben von Tiffany<br />

Blechschmid. Der Name der Protagonistin ist<br />

Programm – alles irgendwie zum schmunzeln.<br />

Etwas für die leichte Unterhaltung mit<br />

viel Fantasie und Witz.<br />

Lieblingsbuch<br />

Die nachhaltige Pflege von Holzböden<br />

(Will Wiles)<br />

Oskar bittet einen alten Freund auf seine edle<br />

Designerwohnung und die beiden Katzen aufzupassen.<br />

Alles was schief gehen kann, packt<br />

Will Wiles in dieses Buch. Ein Werk, bei dem<br />

man sich das ein oder andere Mal beim schadenfrohen<br />

Lachen erwischt.<br />

Lieblings-EP<br />

Liebe ist<br />

(Stephan Bodzin)<br />

Weil: Abgefahren und Deep<br />

Bodzin holt aus seinen Moog Synthesizer krasse<br />

Soundlanschaften heraus. Die Beats sind<br />

wahnsinnig komplex und treibend.<br />

Lieblingsfilm<br />

Zurück in die Zukunft 1-3<br />

(Robert Zemeckis)<br />

Weil: Zeitreisen!<br />

Verschrobener Wissenschaftler, der mit seinem<br />

Homie durch die Zeit reist. Perfekt erzählt<br />

und super Soundtrack.<br />

Lieblingsbuch<br />

1984<br />

(George Orwell)<br />

Weil: angsteinflößende Zukunftsvision<br />

Packende Schilderung einer Zukunftsdystopie.<br />

Winstons Schicksal regt zum Nachdenken an<br />

und ist zu jeder Zeit aktuell.<br />

Lieblingsalbum<br />

Letter To The Lord (Irma)<br />

Pop trifft Soul. Die Kamerunerin Irma Pany<br />

überzeugt in ihrem Debütalbum mit großem<br />

Facettenreichtum. Die Lieder sind emotional<br />

ohne dabei kitschig zu wirken, beobachtend<br />

aber nicht belehrend.<br />

Lieblingsfilm<br />

Der Gott des Gemetzels<br />

(Roman Polanski)<br />

Zwei Elfjährige prügeln sich. Die Eltern des<br />

Opfers laden die Eltern des Täters ein, um<br />

den Vorfall zu klären. Was <strong>als</strong> friedlicher<br />

Austausch über Gewalt und die Grenzen der<br />

Verantwortlichkeit beginnt, entwickelt sich<br />

prompt zum Streit. Widersprüche und groteske<br />

Vorurteile lassen die kultivierte Fassade<br />

der gutbürgerlichen Paare bröckeln.<br />

Lieblingsbuch<br />

The Perks Of Being A Wallflower<br />

(Stephen Chbosky)<br />

Unverblümt und direkt statt poetisch und<br />

verschnörkelt. In Briefen, adressiert an einen<br />

erfundenen Freund, erzählt Charly von wahrer<br />

Freundschaft und gibt dem Leser nebenbei<br />

eine Liste von Büchern an die Hand, die er<br />

unbedingt gelesen haben muss.<br />

49


Schlussakkord<br />

Mein Kühlschrank<br />

und Ich<br />

Wie der Haushalt zum leben erwacht<br />

Von Eva Casper<br />

Bis vor kurzem habe ich<br />

mir keine großen Gedanken<br />

über meinen<br />

Kühlschrank gemacht. Er<br />

stand einfach stumm in der<br />

Ecke und hielt mein Essen<br />

kalt. Nur hin und wieder<br />

stieß er ein dezentes Gurgeln<br />

aus, wenn es ihm zu<br />

warm geworden war und<br />

zog damit für kurze Zeit die<br />

Aufmerksamkeit auf sich.<br />

Aber vielleicht habe ich<br />

meinen Kühlschrank ja völlig<br />

unterschätzt? Vielleicht<br />

steckt hinter seiner frostigen<br />

Aura ein bisher unbekanntes<br />

Potenzial?<br />

Führende Elektronikhersteller<br />

wollen dieses Potenzial<br />

zumindest erkannt haben.<br />

Der Kühlschrank der<br />

Zukunft ist „smart“, das<br />

heißt er ist intelligent. Was<br />

damit gemeint ist, führt<br />

die Firma LG sehr schön<br />

aus: Bei ihnen wird der<br />

herkömmliche kleine Arbeiter-Kühlschrank<br />

zum<br />

hochkomplexen „Lebensmittel-Manager“.<br />

Er scannt<br />

Lebensmittel, merkt sich ihren<br />

Standort (Wie oft hat man<br />

sich schon in den Irrwegen seines<br />

eigenen Kühlschranks verirrt?) und<br />

das Haltbarkeitsdatum. Außerdem ist<br />

er – natürlich – mit einem LCD-Bildschirm<br />

ausgestattet, Internetverbindung<br />

inklusive. Jetzt kann man endlich<br />

seine E-Mails, Fotos und sein facebook-<br />

Profil am Kühlschrank aufrufen, während<br />

man sich gestresst eine Pizza in<br />

den Mund stopft. Zu guter Letzt<br />

ist er natürlich mit unserem Smartphone<br />

verbunden, schickt uns Einkaufslisten<br />

und erinnert uns an ablaufende<br />

Lebensmittel.<br />

Ja, der moderne Kühlschrank ist kein<br />

bloßes Küchengerät mehr, sondern ein<br />

gleichberechtigter Partner neben<br />

Laptop und Handy. Und<br />

nicht nur er. Auch Fernseher,<br />

Herd und sogar das <strong>komplett</strong>e<br />

Haus wollen von uns online beachtet<br />

werden. Aber was bedeutet<br />

das für unseren Alltag? Werden<br />

wir in Zukunft wütende<br />

SMS von unserem Kühlschrank<br />

bekommen, weil der olle Joghurt<br />

jetzt schon seit zwei Wochen<br />

vor sich hingammelt?<br />

Wird er seine Türen verriegeln,<br />

wenn er von der Waage im Badezimmer<br />

erfahren hat, dass<br />

wir schon wieder zugenommen<br />

haben? Vielleicht wird er sich<br />

ein facebook-Profil anlegen,<br />

auf dem er sich, zusammen mit<br />

den anderen Haushaltsgeräten,<br />

über seinen Besitzer auslässt,<br />

weil der schon wieder vergessen<br />

hat ihn zu putzen und überhaupt<br />

sich konsequent weigert<br />

ihn <strong>als</strong> Freund zu adden.<br />

Schließlich wird er – frustriert<br />

und gelangweilt – heimlich<br />

Daten über unser Essverhalten<br />

sammeln, sie an Firmen<br />

verkaufen und sich mit dem<br />

Geld nach Grönland absetzen,<br />

um endlich seinen verdienten<br />

Ruhestand zu genießen.<br />

So werden wir eines Tages nach<br />

Hause kommen und eine große klaffende<br />

Lücke in unserer Küche vorfinden,<br />

darin ein alter gammliger Joghurt<br />

und ein Abschiedsbrief. Von Zeit zu Zeit<br />

werden wir dann noch MMS bekommen<br />

von einem unbekannten Absender mit<br />

Fotos von verschneiten Landschaften<br />

und zugefrorenen Seen. #<br />

Foto: Samsung Electronics Co., Ltd.<br />

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lassen sie sich verführen durch innovative entwicklungen und neueste technologien in der Welt der elektronik<br />

ein erfolgreicher karrierestart<br />

beginnt im studium.<br />

Sie können schon während Ihres<br />

Studiums wertvolle Erfahrungen<br />

in einem langjährig erfolgreichen<br />

Unternehmen sammeln,<br />

indem Sie frühzeitig an Projekten<br />

der ESG mitarbeiten. In klei-<br />

nen Teams werden Sie optimal<br />

betreut und lernen nicht nur,<br />

Ihr Wissen in die Praxis umzusetzen,<br />

sondern bekommen<br />

zusätzlich einen Einblick in die<br />

Prozesse eines hightech-Unternehmens.<br />

Wenn Sie studieren<br />

oder kurz vor Ihrem Abschluß<br />

stehen, eine Affinität zu Elektronik-<br />

und Software-Themen<br />

besitzen, dann sind Sie bei uns<br />

genau richtig.<br />

Wir bieten Ihnen die Chance, an<br />

unterschiedlichen Projekten mitzuwirken,<br />

gute Betreuung durch<br />

erfahrene Mitarbeiter, kleine<br />

Teams, in die man sich schnell<br />

integriert, Freiräume durch<br />

flexible Arbeitszeiten, attraktive<br />

Bezahlung und eine angenehme<br />

und kollegiale Arbeitsatmosphäre,<br />

in der Leistung Spaß macht,<br />

Anerkennung findet und der Einzelne<br />

wertgeschätzt wird.<br />

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Automotive Systems – Fahrzeugtechnik – Technische Informatik – Softwaretechnik<br />

esG elektroniksYstem- und loGistik-Gmbh4Livry-Gargan-Straße 6482256 Fürstenfeldbruck4www@esg.de<br />

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Denn unser Stahl ist ein ressourcenschonender Werkstoff, der immer wieder zu 100% recycelt<br />

werden kann. So entstehen aus Schrott unterschiedlichste Stahlprodukte von perfekter Qualität.<br />

Energie und Rohstoffe sparen aber auch unsere innovativen Stähle, an denen wir ständig arbeiten –<br />

zum Beispiel unser neuer HSD®-Stahl, der das Gewicht von Autokarosserien deutlich senkt und<br />

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