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Das Magazin - Ausgabe 03 - Systembiologie

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abfällen gewonnen wurde, kann noch in Bakterien hergestellt<br />

werden. Einige Impfstoffe (z. B. der Hepatitis-Impfstoff) werden<br />

in gentechnisch veränderten Hefezellen hergestellt. Bei komplexeren<br />

Eiweißmolekülen, die zusätzlich noch mit Zuckermolekülen<br />

dekoriert werden, muss man jedoch auch zu entsprechend<br />

komplexeren Produktionsorganismen greifen. So kann der Komplementfaktor<br />

C1-Inhibitor zur Behandlung des erblichen Angioödems<br />

(eine seltene Erbkrankheit, bei der es zu immer wiederkehrenden<br />

Schwellungen (Ödemen) der Haut, der Schleimhäute<br />

und der inneren Organe kommt, die unter Umständen lebensbedrohlich<br />

sein können) in der Milch von Kaninchen produziert<br />

werden. <strong>Das</strong> Melken der Tiere ist jedoch sehr mühselig. In der<br />

Maispflanze konnte das Enzym gastrische Lipase hergestellt<br />

werden, welches bei der Behandlung der Mukoviszidose eingesetzt<br />

werden soll. Der Freilandanbau von gentechnisch veränderten<br />

Pflanzen ist jedoch besonders in Deutschland äußerst<br />

umstritten.<br />

<strong>Das</strong> Kleine Blasenmützenmoos (Physcomitrella patens) ist nach<br />

einem Eingriff in sein Erbgut, anders als andere Pflanzen, in<br />

der Lage, die produzierten Proteine mit menschlichen Zuckerstrukturen<br />

zu dekorieren (Decker et al., 2007). <strong>Das</strong> ist wichtig, da<br />

pflanzliche Zuckerreste zu Allergien (wie Heuschnupfen) führen<br />

können. <strong>Das</strong> Moos kann sauber und sicher in einem Bioreaktor<br />

gezüchtet werden und benötigt hierfür nur Wasser, Licht und<br />

Kohlendioxid (Abb. 5).<br />

Erleichternd kommt hinzu, dass das Moos das produzierte Medikament<br />

bereits fertig in seine Nährlösung abgibt und zudem<br />

recht anspruchslos ist, was den pH-Wert der Nährlösung angeht,<br />

die somit an die Ansprüche des produzierten Eiweißes angepasst<br />

werden kann. <strong>Das</strong> Medikament kann also unter den strengen<br />

GMP-Regeln (Good Manufacturing Practice, Richtlinien zur Qualitätssicherung<br />

der Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen),<br />

hergestellt werden und es kann vor allem kontinuierlich<br />

produziert werden. Bei Bioreaktoren gibt es zudem keine Gefahr<br />

der Belastung der Umwelt mit gentechnisch veränderten Organismen<br />

oder deren Erbgut, und anders als bei der Produktion in<br />

Tieren halten sich ethische Bedenken bei Moosen in Grenzen.<br />

Gegenüber der tierischen Zellkultur hat das Moos den großen<br />

Vorteil, dass es nicht so anfällig für Verunreinigungen mit<br />

Krankheitserregern und dabei kostengünstiger, einfacher in der<br />

Haltung und zudem nahezu geruchsneutral ist. Was vor 20 Jahren<br />

als belächelte Nischenforschung begann, hat sich vor allem auch<br />

mit Hilfe der Unterstützung durch das BMBF, auch im Rahmen<br />

Abbildung 4: Lebenszyklus des Kleinen Blasenmützenmooses<br />

Der Lebenszyklus von Physcomitrella patens wird durch zwei <strong>Das</strong>einsformen<br />

gekennzeichnet: den haploiden (1n = ein Chromosomensatz pro Zellkern)<br />

Gametophyten (produziert Gameten) und den diploiden (2n = zwei Chromosomensätze<br />

pro Zellkern) Sporophyten (produziert Sporen).<br />

Sporen entwickeln sich zum fädigen Protonema, das an Knospen Gametophoren<br />

bildet (das Moospflänzchem mit seinen Blättern). Diese Gametophoren<br />

bilden zwei Arten sexueller Organe aus, weibliche (Archegonien) und<br />

männliche (Antheridien), die sich in Gegenwart von Wasser befruchten. Nach<br />

der Befruchtung entsteht der Embryo. Dieser wächst zum Sporophyten bzw.<br />

zur Mooskapsel heran, in welcher die Sporen gebildet werden<br />

(Bild: Pflanzenbiotechnologie Freiburg, Prof. Reski).<br />

www.systembiologie.de Forschung Gegen Altersblindheit ist ein Moos gewachsen 93

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