Januar - THW-historische Sammlung
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Dr. Julius Fischer<br />
Der Sinn unserer Aufgabe<br />
Der letzte Monat des Jahres 1960,<br />
das, unter dem Gesichtswinkel des<br />
Katastrophenschutzes gesehen, verhältnismäßig<br />
glimpflich zu verlaufen<br />
schien, btat schlagartig bewiesen, daß<br />
man sich nie in SOI'glosigkeit wiegen<br />
lassen darf.<br />
Urplötzlich brach in den ersten<br />
Dezembertagen über die Bundesrepublik<br />
ein Sturmtief herein. Orlmne<br />
von selten beobachteter Stärke,<br />
in ihrem GefoJgesintflutartig,e Regengüsse<br />
rd!chteten vor ,allem in den<br />
nord- und westdeutschen Ländern<br />
schwere Verwüstungen an.<br />
In den WäLdern entstanden Schäden.<br />
BäiUme wurden entwurzelt oder<br />
wie Streichhölzer aibg,eknickt. Sie<br />
stürzten auf die Straßen und legten<br />
den Verkehr lahm, rissen im Fallen<br />
Häuser und andere Bauwerke ein.<br />
Dächer wurden vom Sturm abgedeckt<br />
und durch die Luft gew.h1belt, FlensteT<br />
und Mauern eingedrückt.<br />
Der Regen ließ friedliche Flüsse<br />
und Bäche zu reißenden Strömen anschweHen.<br />
Stadtteile, Gehöfte, ja<br />
ganze Dörfer wunden überschwemmt<br />
und war,en durch das Wasser oft<br />
völlig von der Umwelt abgeschnitten.<br />
Versorgungsleitungen wurden zerstört<br />
oder doch empfindlich gestört.<br />
Menschen und Ti,ere gerieten in<br />
höchste Gefahr.<br />
Wo die Not am größten war<br />
So WTUrden von den entfesselten<br />
Naturgew,aIten für weite Landstriche<br />
Notstände hervongerufen, der,en man<br />
nur durch den Einsatz aller Kräfte<br />
Herr werden konnte. Einheiten der<br />
Polizei, der Feuerwehr,en, der Bundeswehr,<br />
sogar der StationieI'Ungsstreitkräfte<br />
arbeiteten Schulter an<br />
Schulter Talg und N acht, um das<br />
Schlimmste zu verhüten und das Leben<br />
wieder in ordentliche Bahnen<br />
zu lenik-en.<br />
Dabei rzeigte sich mit unmißverständlicherEindringlichkeit,<br />
wie wichtig<br />
es i1st, daß darü,ber hirraus den<br />
Behörden, die für die öffentliche Sicherheit<br />
verantwortlich sind, das<br />
Technische Hilfswerk 2'JUr Verfügung<br />
steht, da's überall dort, wo die Not am<br />
größten war, mit seinen für den KatastropheIlJSchrutz<br />
songfältig aus,gebildeten<br />
HeUern eingr,eifen konnte.<br />
Die Helfer des Techni,schen Hilfswerks<br />
bedienten sich bei ihren zahlreichen<br />
Hilfeleistungen während der<br />
Sturmtage ihrer zweckmäßigen Ausrüstung<br />
mit Fahrzeugen und Geräten,<br />
die sie weitgehend von ande-<br />
ren Einrichtungen unabhängig macht.<br />
Sie konnten sich auf ihre elastische<br />
und anpassungsfähi'ge Organisation<br />
stützen, so daß sie im Stande waren,<br />
selbst in scheinbar auswe,glOisen Lagen<br />
allein auf sich selbst gestellt<br />
wirksame Hilfe zu bringen.<br />
Es erübrigt sich, hier auf die versch;i,edenen<br />
Einsätze der Ortsverbände<br />
des Technischen Hilfswerks in den<br />
von der StuI'ffikatastrophe heimgesuchten<br />
Ländern eiThZugehen. Darüber<br />
wird 'an anderen Stellen dies,er Zeitschrift<br />
ausführlich in Wart und Bild<br />
berichtet.<br />
Zum Schutz der Allgemeinheit<br />
Wichtig scheint uns jedoch, unter<br />
dem Eindruck der Erfahrungen, die<br />
dabei gesammeJt werden konnten, die<br />
unabdingbare Notwendigkeit des Bestehens<br />
einer freiwilligen technischen<br />
Hilfsorganisation, wie !Sie im Technischen<br />
Hilfswerk Gestalt angenommen<br />
hat, erneut her.auszustellen. Die elementaI'e<br />
Wucht der entfess·elten Naturgewalten<br />
hat aufs neue bewiesen,<br />
daß man sich zu ihrer Bekämpfung<br />
nicht allein auf die Organisationen beschränken<br />
kann, die als ständige Einrichtungen<br />
beI'u:ßsmäßig dem Katastrophenschutz<br />
zu dienen bestimmt<br />
sind.<br />
Wollte man diese Einrichtungen,<br />
deren Wirken nicht hoch genug eingeschätzt<br />
werden kann, so ausbauen,<br />
daß sj,e allen Anforderung,en, die im<br />
Katastrophenfall 'auftreten, gerecht<br />
werden könnten, so bedürfte es dazu<br />
eines gewaltigen Au:llwandes an Menschen<br />
und MaterJal, für den Unsummen<br />
aus öffentlichen Mitteln aufuubringen<br />
wären. Das wäre eine Bindung<br />
von Avbeitskraft und Geldern,<br />
die selbst das reichste Staatswesen<br />
aJUf die Dauer sich nicht leisten<br />
könnte.<br />
Schon 'aus diesem Grund kann auf<br />
die freiwilLige Mitar.beit der BevölkieruTiig<br />
,an den Sicherungsvorkehrungen<br />
Z'UlIl Schutz der Allgemeinheit<br />
nicht vemichtet wenden. Dies·er Ermenntni:s<br />
wird sich kein ver.antwortunglSlbewußter<br />
Staatsbürger verschließen.<br />
Stark in der Gemeinschaft<br />
Die FreiwHligkeit aber ist in diesem<br />
Betracht erst dann !Sinnvoll, wenn<br />
sie sich nicht nur 1m Helfen wo I -<br />
1 e n erschöpft, sondern 1m Helfenk<br />
Ö n n e n äußert.<br />
Immer wieder stellt sich heraus,<br />
daß der einzelne, unJd verfüge er über<br />
noch soviel Muskelkraft und Geschick,<br />
allein machtlos ist, daß es<br />
vielmehr auf den Einmtz von Helfergruppen<br />
v·erschiedener Größen und<br />
Aussta·ttung ,ankommt, deren Mitglieder<br />
'au:Jleinander eingespi,elt sind. Es<br />
ist ,also für den Erfolg der Hilfeleis1Jlmg<br />
von entscheidender Bedeutung,<br />
daß der einzelne Helfer sich jn<br />
eine Gemeinschaft einOll'ldnet, ·die sich<br />
die Hilfe1eistung zur Aufgabe gemacht<br />
hat und sich planmäßig darauf<br />
vO!1ber,eitet. Das gilt für jede Hilfsorgan~sation<br />
schlechthin, in hervorralgendem<br />
Maße aber für da's Technische<br />
Hiliiswerk, das sich der Hilfeleistung<br />
mit technischen Mittel<br />
verschrieben hat, deren Anwendung<br />
ausgeprägte Sachmunde vOI'aJUssetzt.<br />
Daß diese Einordnung freirwillig<br />
geschieht, gibt ihr besonderen Wert.<br />
Darin offenbart ich das menschliche<br />
und !Staatsbürgerliche Verantwortungsgefühl<br />
der Helfer gegenüber der<br />
Allgemeinh,eit. Die freiwillige selbstlose<br />
HiUsbeI'eitschaft ist schließlich<br />
der edelste Awsdruck menschlichen<br />
Gemeinschaftss'inI1s überhaupt.<br />
Die A'l1ISbiLdung in den verschiedenen<br />
Spaxten des Katastrophenschut<br />
ZlElS und der techni,schen Dienste, die<br />
im Technischen HiUswerk betrieben<br />
wiro, die Kraft der ImmeI'adschaftlichen<br />
Bindung der FühooI1Jg1Skräfte<br />
und Helfer untereinander haben sich<br />
auch in den Dezember·einsätzen des<br />
vergmgenen Jahres ermeut aufs<br />
höchste bewährt. Durch ihr blitzschnelles,<br />
sachkundiges, unverdrossenEiS<br />
Eingreifen halben die Helfergruppen<br />
überall, wo rsie eingesetzt<br />
w.aI'en, den von Unheil betroffenen<br />
Mitmenschen oft in lemter Minute<br />
Hilfe bringen können.<br />
Helfen will gelernt sein<br />
Sie ihaben in rastloser, al1!lStrengender<br />
ATbeit Dämme und Deiche gehalten,<br />
Häluser abgestützt und<br />
geräumt, Dächer geflickt, Verkehrshindernisse<br />
beseitigt, Brück,en gesichert,<br />
Notsteg,e gebaut, überflutete<br />
Räume leergepumpt, Vieh gebovgen,<br />
um nUlr einige iihrer vj,elfälti!gen Verrichtungen<br />
zu neIlJIlen. Die materiellen<br />
Werte, die sie dadurch vor der<br />
Vernichtung bewahrten, &ind nicht<br />
abzuschä~en.<br />
Noch höher aber i'st der ideelle<br />
W,ert, der von den Leistungen der<br />
freiwillig,en Helfer ausstrahlt. Er läßt<br />
sdch nicht in Zahlen ausdrücken. Die<br />
Helfer, die im Einsatz waren, und mit<br />
ihnen das ganze Technische Hilfs-<br />
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