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CHRISTEN MÜSSEN KEINE<br />
„DAUERGRINSER“ SEIN<br />
NOCH IMMER HAFTET CHRISTEN DAS IM<strong>AG</strong>E DER HUMORLOSIGKEIT AN. UND MANCHE VERTRETER DER SACHE JESU<br />
SEHEN JA TATSÄCHLICH WIE LEICHENBESTATTER AUS. EIN LOCKERER, WELTZUGEWANDTER UND FRÖHLICHER STIL STEHT<br />
UNS GUT ZU GESICHT. DER ATHEIST FRIEDRICH NIETZSCHE BEMERKTE EINMAL IN BEISSENDEM SPOTT: „DIE CHRISTEN<br />
MÜSSTEN ERLÖSTER AUSSEHEN.“ SICHER LIEGT ER DAMIT NICHT GANZ DANEBEN.<br />
Aus S paß wird Stress<br />
Dennoch, ich kann Nietzsches Vorwurf nicht<br />
mehr hören. Er hat sich nämlich längst auch<br />
unter uns Christen breitgemacht. Die christliche<br />
Szene scheint gegenüber dem drögen<br />
Mittelalter ins gegenteilige Extrem gekippt<br />
zu sein. Inzwischen gilt Dauerfröhlichkeit als<br />
Erkennungszeichen. Die einen landen dann<br />
beim verkrampft-erlösten Lächeln, die an<strong>der</strong>en<br />
geben sich in regelmäßigen Abständen<br />
den „religiösen Kick“ als Fröhlichkeitspille.<br />
Statt Ecstasy gibt’s dann den frommen<br />
„dope“, abzuholen bei Großveranstaltungen<br />
mit Non-Stop-Praise.<br />
Ich bin überzeugt: Eine Frömmigkeit, die keine<br />
Abgründe, kein Scheitern, keinen Zweifel mehr<br />
kennt, zielt weit an <strong>der</strong> frohen Botschaft vom<br />
Gekreuzigten vorbei. Wir müssen aufpassen,<br />
dass wir mit unseren gut gemeinten, frommen<br />
Szenetreff s diesem Happy-Clappy-Trend<br />
nicht Vorschub leisten. Nietzsches Religionskritik<br />
könnte sonst irgendwann umgekehrt<br />
ausfallen: „Die Christen müssten ernsthafter<br />
und tiefgründiger aussehen.“<br />
Die Grenze <strong>der</strong> Freiheit<br />
Und sie müssten couragierter sein. Es gehört<br />
schon Mut dazu, sich am Arbeitsplatz bei <strong>der</strong>ben<br />
Späßen auf Kosten an<strong>der</strong>er nicht einzureihen,<br />
son<strong>der</strong>n Stellung zu beziehen. Auch<br />
manche Schlüpfrigkeiten sind unterm Strich<br />
nur noch als Verachtung menschlicher Sexualität<br />
und somit als Menschenverachtung<br />
zu werten. Glaubwürdige Christen müssen<br />
hin und wie<strong>der</strong> den Vorwurf in Kauf nehmen,<br />
Spielver<strong>der</strong>ber zu sein!<br />
Ich frage mich, wie weit wir Christen noch als<br />
solche identifi zierbar sind, wenn selbst Geschmacklosigkeiten<br />
wie <strong>der</strong> Film „Das Leben<br />
des Bryan“ in christlichen Jugendcafés gezeigt<br />
DAUERFRÖHLICHKEIT IST INZWISCHEN DAS<br />
ERKENNUNGSZEICHEN DER CHRISTEN.<br />
werden. Hier ist aus meiner Sicht die Grenze<br />
christlicher Freiheit längst erreicht: nicht nur,<br />
weil dort religiöse Tabus verletzt werden. Auch<br />
deshalb, weil sich die Monty-Python-Crew in<br />
menschenverachten<strong>der</strong> Weise über Gelähmte,<br />
Gesteinigte und Gekreuzigte lustig macht. Mit<br />
schwarzem Humor hat das nichts mehr zu<br />
tun. Die Grenze <strong>der</strong> Freiheit ist die Freiheit und<br />
Würde des an<strong>der</strong>en. Das sollte nicht nur unter<br />
uns Christen selbstverständlich sein.<br />
Erkennungszeichen: das Osterlachen<br />
Last, no t least noch ein Hinweis auf eine spezielle<br />
Sorte Humor, die nur Christen haben: In<br />
Osteuropa hat sich bis heute eine alte Tradition<br />
erhalten, die zum Ostersonntag gehört.<br />
Priester und Gemeinde unterbrechen die heilige<br />
Liturgie für ein herzhaftes Gelächter. Christus<br />
ist auferstanden! Tod und Teufel haben es<br />
seither verdient, von uns Christen ausgelacht<br />
zu werden! Ein Traum: Was passiert wohl,<br />
wenn in unseren Gruppen, Cafés und Kirchen<br />
etwas von <strong>der</strong> Souveränität <strong>der</strong> lachenden Ostergemeinde<br />
spürbar wird?<br />
Artikel mit freundlicher Genehmigung<br />
entnommen von www.18plus.cvjm.de<br />
Peter Rostan,<br />
Pfarrer in Dettingen